Skip to main content

Full text of "Sahidisch-griechische psalmenfragmente"

See other formats


Sahidisch-gri... 
psalmenfrag... 


Carl Wessely 








STANFORD-VNIVERSITY- LIBRARY 





Digitized by Google 
І 





SITZUNGSBERICHTE 


PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN KLASSE 


DER KAISERLICHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


HUNDERTFÜNFUNDFÜNFZIGSTER BAND, 


(MIT 14 TAFELN UND 1 TEXTABBILDUNG.) 


WIEN, 1908. 
IN KOMMISSION BEI ALFRED HÖLDER 


К. U. К. НОР. UND UNIVERSITATS-BUCHRANDLKR 
BUCHBÄNDLER DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


391160 


Druck von Adolf Holzhausen, 
k. und К. Hof- und Universitäts-Buchdrucker in Wien. 


INHALT. 


I. Abhandlung. Wessely: Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. (Mit 
«AR 2 Tafeln.) 
cap T. Abhandlung. Schorr: Altbabylonische Rechtsurkunden aus der Zeit 
der I. babylonischen Dynastie (ca. 2300—2000 v. Chr.). 

III. Abhandlung. Beer: Die Handschriften des Klosters Santa Maria 
зх de Ripoll. I. (Mit 1 Kärtchen im Texte und 12 Schrifttafeln.) 

lY. Abhandlung. Steinschneider: Rangstreit-Literatur. Ein Beitrag 

zur vergleichenden Literatur- und Kulturgeschichte. 
V. Abhandlung. Schönbach: Studien zur Geschichte der altdeutschen 


' » 


ра Predigt. Achtes Stück: Über Leben, Bildung und Persönlichkeit 
Bertholds von Regensburg. II. 


a* 


XV. SITZUNG VOM 23. MAI 1906. 


Der Sekretär legt das vom russischen Komitee übersandte 
Bulletin Nr. 6 der ‚Association internationale pour l’exploration 
historique, archéologique, linguistique et ethnographique de 
l'Asie Centrale et de l'Extréme Orient, St. Petersburg, Jünner 
1906‘, vor. 


Das К. М. Herr Dr. Karl Wessely in Wien übersendet 
eine Abhandlung mit dem Titel: ‚Sahidisch-griechische Psalmen- 
fragmente‘ und bittet um deren Aufnahme in die Sitzungs- 
berichte der Klasse. 

Die Abhandlung wird in die Sitzungsberichte aufgenommen. 


XVI. SITZUNG VOM 13. JUNI 1906. 


Die Vorstehung des historischen Seminars der К. К. Uni- 
versität in Graz dankt für die geschenkweise Überlassung der 
Bände 51, 52 und 54 der zweiten Abteilung der Fontes rerum 
austriacarum. 





Se. Exzellenz Dr. Gustav Marchet teilt mit, daß Se. 
k. und k. Apostolische Majestät ihn zum Minister für Kultus- 
und Unterricht allergnädigst zu ernennen geruht haben. 


Der Sekretär legt eine Abhandlung des Herrn Dr. Moses 
Schorr in Mödling-Vorderbrühl vor, betitelt: ‚Altbabylonische 


VI 


Rechtsurkunden aus der Zeit der ersten babylonischen Dynastie. 
Umschrift, Übersetzung und Kommentar‘. Der Autor ersucht 
um Aufnahme seiner Abhandlung in die Sitzungsberichte. 


XVH. SITZUNG VOM 20. JUNI 1906. 


Der Sekretär legt das an die Klasse gelangte Druckwerk 
vor „Initia Patrum aliorumque scriptorum ecclesiasticorum lati- 
norum ex Mignei Patrologia et ex compluribus aliis libris con- 
legit ac litterarum ordine disposuit Marcus Vatasso, biblio- 
thecae Vaticanae scriptor. Volumen I: A—M. Romae 1906.‘ 

Es wird hierfür der Dank ausgesprochen. 


Der Sekretär überreicht das vom Direktor des öster- 
reichisch-archüologischen Instituts, Herrn Sektionschef O. Benn- 
dorf, übersandte Werk ‚Forschungen in Ephesos. Veröffentlicht 
vom österreichischen archäologischen Institute. Band I. Wien 
1906,‘ 

Es wird hiefür der Dank ausgesprochen und das Werk 
wird der akademischen Bibliothek einverleibt. 


Das у. М. Herr Hofrat D. Н. Müller überreicht im Namen 
des Autors die Schrift ‚Jakob Krall. Von A. Wiedemann. Paris 
1906‘ (S.-A. aus dem ‚Recueil des Travaux relatifs à la Philo- 
logie et à l’ Archéologie égyptiennes et assyriennes. Vol. ХХ. VII‘). 

Es wird hierfür der Dank ausgesprochen. 





XVIII. SITZUNG VOM 4. JULI 1906. 


Der Sekretär legt die an die Klasse gelangten Druck- 
werke vor, und zwar: 

1. Oskar Waldeck: ‚Das latente Ich. Das Quellengebiet 
der Psychologie eines Individuums. Wien 1905‘: 


vu 


2. ,Die neuesten Entdeckungen auf dem Gebiete der 
Sprachwissenschaft. Wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht 
des Realgymnasiums zu Duisburg-Ruhrort von Dr. E. Meyer. 
Duisburg-Ruhrort 1906*; 

3. ,Inventaire général des Richesses d'art de la France. 
Province. Monuments civils, Tome VII. Paris 1904 (Міпівідге 
de l'instruction publique et des beaux-arts)', übersendet durch 
das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht; 

4. ,La Biblioteca Marciana nella sua nuova sede. XXVII 
Aprile MDCCCCV. Venezia 1906.‘ 

Es wird für diese Spenden der Dank der Klasse aus- 
gesprochen. 


Die Vorstehung des k. k. Statthalterei-Archives in Graz 
übermittelt ihren Dank für die dem Archive bewilligte geschenk- 
weise Überlassung akademischer Publikationen. 

Das Königliche Lyzeum in Bamberg übersendet das 
Festprogramm zu der am 21. Juli l. J. stattgehabten Johann 
Kaspar Zeuss-Feier. 

Seine Exzellenz der vorsitzende Vizeprüsident Ritter von 
Hartel legt eine Abhandlung des Kustos der k. k. Hofbibliothek, 
Herrn Dr. Rudolf Beer in Wien, vor, betitelt: ,Die Hand- 
schriften des Klosters Santa Maria de Ripoll I.“ und beantragt 
namens der akademischen Kirchenväterkommission die Auf- 
nahme derselben in die Sitzungsberichte der Klasse. 


Das w. M. Herr Hofrat Gomperz überreicht eine kurze 
Mitteilung des Herrn Professors Dr. Adolf Wilhelm in Wien 
über eine Inschrift aus Athen. 


In der Gesamtsitzung vom 28. Juni l. J. wurden folgende 
Subventionen aus den Mitteln der philosophisch-historischen 
Klasse bewilligt: 

1. zur Herausgabe des Werkes ‚Arabia Petraea‘ von Prof. 
Dr. A. Musil 10.000 K (in zwei Raten à 5000 K pro 1906 
und 1907); 


VIII 


2. Herrn Privatdozenten Dr. Rudolf Brotanek in Wien 
zur Herausgabe einer Serie von Neudrucken früh-neuenglischer 
Grammatiken ein Druckköstenbeitrag von 1800 K (in drei Raten 
à 600 K pro 1906, 1907 und 1908); 

3. Herrn Kustos Konrad Stefan in Laibach zur Heraus- 
gabe einer ,Geschichte der Entstehung und Verwaltung der 
k. k. Studienbibliothek in Laibach‘ ein Druckkostenbeitrag von 
300 K; 

4. der prühistorischen Kommission, wie alljährlich, für 
Ausgrabungszwecke 600 K und zur Herausgabe ihrer Mittei- 
lungen 400 K, zusammen 1000 K. 


XIX. SITZUNG VOM 11. JULI 1906. 


Der Sekretür macht folgende Mitteilung: 

Die Kommission zur Herausgabe mittelalterlicher Biblio- 
thekskataloge hat sich mit einem Rundschreiben (Mürz 1906) 
an die Vorstehungen der Archive, Bibliotheken und Museen 
Zisleithaniens mit dem Ersuchen gewendet, an die Akademie 
über das Vorhandensein von mittelalterlichen Bücherkatalogen 
oder anderen zweckdienlichen Dokumenten Mitteilung zu 
machen. 

Auf diese Anfrage hin sind von folgenden Bibliotheks- 
vorständen Zuschriften bei der Akademie eingelangt: 

1. K. und k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, 

2. K. k. Universitätsbibliothek in Lemberg und Prag, 
К. К. Studienbibliothek in Klagenfurt, К. К. Statthaltereiarchiv 
in Graz. 

3. Steiermärkische Landesbibliothek in Graz, Stadtrat 
von Eger und Wiener-Neustadt, Biblioteca civica in Ro- 
vereto, Museum  Francisco-Carolinum in Linz, Gemeinde- 
bibliothek in Freiberg (Mühren). 

4. Graf Wilezeksche Bibliothek in Kreuzenstein, Fürst 
Dietrichsteinsche Fideikommifbibliothek in Nikolsburg, Graf 
Lambergsche Fideikommifbibliothek in Steyr, Graf Falken- 
haynsche Schloßbibliothek in Walpersdorf. 


IX 


5. Dominikanerkonvent in Eger, Erzdekanal-Vikariats- 
bibliothek St. Niklas in Eger, Benediktinerstift Góttweig, 
fürsterzbischöfliche Bibliothek in Kremsier, Benediktinerstift 
in Kremsmünster, bischöfliche Bibliothek in Leitmeritz, 
fürsterzbischöfliche Bibliothek in Olmütz, reg. Chorherrenstift 
in Reichersberg, Zisterzienserstift in Szczyrzyc (Galizien), 
Prämonstratenserstift in Tepl, Augustiner-Chorherrenstift in 
Vorau, Servitenkonvent in Wien, Zisterzienserstift in Zwettl. 


Das k. M. Herr Professor Dr. Moritz Steinschneider 
in Berlin übersendet eine Abhandlung, betitelt: ,Rangstreit- 
Literatur. Ein Beitrag zur vergleichenden Literatur- und Kultur- 
geschichte‘. 

Die Abhandlung wird in die Sitzungsberichte aufgenommen. 


XX. SITZUNG VOM 10. OKTOBER 1906. 


Seine Exzellenz, der vorsitzende Vizepräsident der Kais. 
Akademie, Dr. W. Ritter von Hartel, begrüßt die Mitglieder 
bei der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit nach den akademischen 
Ferien und heißt die beiden erschienenen neugewählten wirk- 
lichen Mitglieder, Herren Professor Dr. Josef Seemüller und 
Professor Dr. Hans von Arnim herzlich willkommen. 


Sodann macht derselbe Mitteilung von dem großen Ver- 
luste, den die Akademie durch das am 5. September 1. J. 
zu Duino erfolgte Hinscheiden des wirklichen Mitgliedes der 
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse, Herrn Hofrates 
Professors Dr. Ludwig Boltzmann, erlitten hat. 

Die Mitglieder geben ihrem Beileide durch Erheben von 
den Sitzen Ausdruck. 


Der Sekretär verliest den nachstehenden Kuratorial- 
Erlaß vom 15. September 1. J., Zahl 52, C.-St., betreffend die 


X 


Allerhöchste Bestätigung, beziehungsweise Ernennung der neu- 
gewählten Mitglieder der Akademie. 

‚Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit Aller- 
höchster Entschließung vom 27. Juli 1906 die Wiederwahl des 
Geheimen Rates, Ministers a. D. Dr. Wilhelm Ritter v. Hartel 
zum Vizepräsidenten der Akademie der Wissenschaften in Wien 
für die statutenmäßige Funktionsdauer von drei Jahren, sowie 
die Wahl des Geheimen Rates, Ministerpräsidenten a. D. Dr. 
Ernest v. Koerber, Kuratorstellvertreters der Akademie, zum 
Ehrenmitgliede der Gesamtakademie im Inlande allergnädigst 
zu bestätigen und zu wirklichen Mitgliedern der Akademie, und 
zwar in der philosophisch-historischen Klasse den ordentlichen 
Professor der klassischen Philologie an der Universität in Wien 
Dr. Hans v. Arnim, sowie den ordentlichen Professor für 
ältere deutsche Sprache und Literatur an der Universität in 
Wien Dr. Josef Seemüller und in der mathematisch - natur- 
wissenschaftlichen Klasse den ordentlichen Professor der Ana- 
tomie an der Universität in Wien, Hofrat Dr. Emil Zucker- 
kandl, sowie den ordentlichen Professor der angewandten 
medizinischen Chemie an der Universität in Wien Hofrat Dr. 
Ernst Ludwig huldvollst zu ernennen geruht. 

Seine k. und k. Apostolische Majestät haben ferner die von 
der Akademie vorgenommenen Wahlen korrespondierender Mit- 
glieder im Inlande huldvollst zu bestätigen geruht, und zwar: 

In der philosophisch-historischen Klasse die Wahl des 
ordentlichen Professors der Geographie an der Universität in 
Wien Dr. Eugen Oberhummer, des ordentlichen Professors 
der Philosophie an der Universitüt in Graz Dr. Alexius Mei- 
nong Ritter v. Handschuchshein, des ordentlichen Pro- 
fessors der neueren Geschichte an der Universität in Graz Dr. 
Hans v. Zwiedineck-Südenhorst, des ordentlichen 
Professors der politischen Ökonomie an der Universität in 
Wien Hofrates Dr. Friedrich Freiherrn v. Wieser, des ordent- 
lichen Professors des Bibelstudiums des alten Bundes und der 
orientalischen Dialekte an der theologischen Fakultät in Olmütz 
Dr. Alois Musil, des ordentlichen Professors der allgemeinen 
Geschichte an der Universität in Innsbruck Hofrates Dr. Ludwig 
Pastor, Direktors des Istituto austriaco di studii storiei in Rom, 
und des Professors für Linguistik und Ethnologie an der philo- 


ХІ 


sophisch-theologischen Lehranstalt St. Gabriel bei Mödling Р. 
Wilhelm Schmidt, von der Gesellschaft des Göttlichen Wortes; 


in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse die 
Wahl des ordentlichen Professors der allgemeinen und experi- 
mentellen Pathologie an der Universität in Graz Dr. Rudolf 
Klemensiewiez, des außerordentlichen Professors der Histo- 
logie an der Universität in Wien Dr. Josef Schaffer, des 
ordentlichen Professors der darstellenden Geometrie an der 
Technischen Hochschule in Wien Dr. Emil Müller und des 
außerordentlichen Professors der Chemie an der Universität in 
Wien Dr. Josef Herzig.‘ 


Im Anschlusse daran verliest der Sekretär die einge- 
laufenen Dankschreiben der neugewählten korrespondierenden 
Mitglieder im Inlande, und zwar der Herren: Professor Dr. 
Alexius Ritter von Meinong in Graz, Professor P. Wilhelm 
Schmidt in St. Gabriel bei Mödling, Professor Dr. Eugen Ober- 
hummer in Wien, Professor Dr. Hans Zwiedineck Edler 
von Südenhorst in Graz, Hofrat Professor Dr. Ludwig Pastor 
in Innsbruck und Professor Dr. Alois Musil in Olmütz. 


Der Sekretär überreicht die im Verlaufe der akademi- 
schen Ferien erschienenen Publikationen der Klasse, und zwar: 

Sitzungsberichte, CLIII. Band. Jahrgang 1906. Wien 
1906; 

Register zu den Bänden 141 bis 150 der Sitzungs- 
berichte. XV. Wien 1906; 

Archiv für österreichische Geschichte. XCV. Band. Erste 
Hälfte. Wien 1906. 


Der Sekretär überreicht ferner folgende an die Klasse 
gelangten Druckwerke, und zwar: 

1. Schweden. Ein kurzer Führer durch Schwedens Ge- 
schichte, Wirtschaftsgebiete, soziale Verhältnisse, Unterrichts- 
wesen, Sport, Kunst, Natur etc. Herausgegeben vom Verein 





XII 


zur Förderung des Fremdenverkehrs (Turisttrafikfürbundet) 
Stockholm. Stockholm 1906; 

2. Das Zeitalter des Humanismus. Von Dr. Rudolf Wolkan 
in Wien (S.-A. aus den Mitteilungen der Gesellschaft für deutsche 
Erziehungs- und Schulgeschichte. XVI. Jahrgang 1906). Berlin 
1906; 

3. Österreich-Ungarn und die Vereinigten Staaten von 
Amerika in ihren handelspolitischen Beziehungen. Wien und 
Leipzig 1907. Überreicht vom mitteleuropäischen Wirtschafts- 
verein in Österreich; 

4. Deutsche Volkskunde aus dem östlichen Böhmen von 
Dr. Eduard Langer. 1906. VI. Band, 1. und 2. Heft. Braunau 
1. В. 1906. 

Es wird für diese Spenden der Dank der Klasse aus- 
gesprochen. 


Das k. M. Herr Hofrat Dr. Johann Loserth in Graz 
übersendet eine Arbeit unter dem Titel: ‚Die Reformations- 
ordnungen der Städte und Märkte in Innerösterreich aus den 
Jahren 1581—1628“ und bittet um deren Aufnahme ins Archiv 
für österreichische Geschichte. 

Die Abhandlung geht an die historische Kommission. 


Das w. M. Herr Hofrat Prof. Dr. Anton E. Schönbach 
in Graz legt eine Abhandlung vor: ‚Studien zur Geschichte der 
altdeutschen Predigt. Achtes Stück: Über Leben, Bildung und 
Persönlichkeit Bertholds von Regensburg II‘ und ersucht um 
Aufnahme in die Sitzungsberichte. 

Die Abhandlung wird in die Sitzungsberichte aufgenommen. 


Der Sekretär überreicht eine zu spät eingelangte Ein- 
ladung der Società storica subalpina in Turin zu einem vom 
3. bis 6. September |. J. stattgehabten Congresso storico sub- 
alpino. 

Die königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 
übermittelt die Tagesordnung für die am 15. und 16. Oktober 
zu Göttingen stattfindende Kartellkonferenz. 


XIII 


Das w. M. Herr Professor Dr. Oswald Redlich überreicht 
als Obmann der akademischen Atlas-Kommission die eben er- 
schienene erste Lieferung der I. Abteilung des Werkes ,Нівіо- 
rischer Atlas der österreichischen Alpenländer‘; diese erste 
Lieferung enthält ‚Die Landgerichtskarte, bearbeitet unter Lei- 
tung von weiland Eduard Richter: Salzburg (von Eduard 
Richter), Oberösterreich (von Julius Strnadt), Steiermark 
(von Anton Mell und Hans Pirchegger). Wien 1906‘. 

Desgleichen legt derselbe die ‚Erläuterungen zum histori- 
schen Atlas der österreichischen Alpenländer‘ etc. vor. 


Das w. M. Herr Professor Jireček überreicht als Obmann 
der historischen Kommission den nachstehenden Bericht des 
k.M. Herrn Hofrates Prof. Dr. Joh. Loserth über seine mit 
Unterstützung der Kais. Akademie der Wissenschaften unter- 
nommene Durchforschung von Archiven in Ungarn und Kroatien 
behufs Herausgabe des II. Teiles der Akten und Korrespon- 
denzen zur Geschichte der Gegenreformation in Innerösterreich 
unter Ferdinand II. 


In der Gesamtsitzung vom 13. Juli l. J. wurden folgende 
Subventionen aus den Mitteln der philosophisch-historischen 
Klasse bewilligt, und zwar: 


l. zur Fortführung der Regesta Habsburgica 3000 K; 


2. an die Weistümer- und Urbar-Kommission als Do- 
tation pro 1906 5000 K; 


3. als außerordentlichen Beitrag der Klasse zum ‚The- 
saurus linguae latinae* 1200 K. 


Ferner wurden in der Gesamtsitzung der Akademie vom 
28. Juni l. J. aus dem auf die philosophisch-historische Klasse 
entfallenden Anteile an dem Ertrügnisse der Treitl- Erbschaft 
folgende Dotationen an die einzelnen Kommissionen der Klasse 
pro 1906 bewilligt, und zwar: 


l. an die linguistische Abteilung der Balkan-Kommis- 
sion 1600 К; 


XIV 


2. an die antiquarische Abteilung der Balkan-Kommis- 
sion 4000 K; 

3. an die Südarabische Kommission 4000 K; 

4. an die Sprachen-Kommission 2000 K; 

5. an die Kommission zur Herausgabe der Trienter 
Konzils-Korrespondenz 2570 K; 

6. an die Kommission zur Erforschung des römischen 
Limes in Österreich 6830 K; 

7. an die Kommission zur Herausgabe eines historischen 
Atlas der österreichischen Alpenländer 4500 K; 

8. an die Kommission für die mittelalterlichen Biblio- 
theks-Kataloge 2000 K, zusammen 27.500 K. 


ХХІ. SITZUNG VOM 24. OKTOBER 1906. 


Seine Exzellenz, der vorsitzende Vizepräsident, macht 
Mitteilung von dem am 23. Oktober 1. J. zu Petersburg erfolgten 
Ableben des korrespondierenden Mitgliedes im Auslande, Herrn 
Professors Dr. Alexander Wesselofsky. 

Die Mitglieder geben ihrem Beileide durch Erheben von 
den Sitzen Ausdruck. 





Der Sekretär überreicht den eben erschienenen ‚Bericht 
über die Tagung des Ausschusses der Internationalen Asso- 
ziation vom 30. Mai bis 1. Juni 1906 in Wien. Wien 1906“, 

Ferner legt derselbe (in Vertretung des Obmannes der 
Weistümer- und Urbarkommission) den kürzlich ausgegebenen 
ersten Band der dritten Abteilung (‚Urbare geistlicher Grund- 
herrschaften‘) des Werkes ‚Österreichische Urbare‘ vor; dieser 
Band enthält ‚Die Urbare des Benediktinerstiftes Göttweig von 
1302 bis 1536. Im Auftrage der Kais. Akademie der Wissen- 
schaften bearbeitet von Dr. Adalbert Fr. Fuchs. Wien und 
Leipzig 1906‘. 

Weiters überreicht der Sekretär die eben erschienene 
Lieferung XV des Werkes ‚Die attischen Grabreliefs. Heraus- 
gegeben im Auftrage der Kais. Akademie der Wissenschaften 


XV 


zu Wien. Berlin 1906*, womit das Werk nach einem Berichte 
des Generalredaktors, k. M. Herrn Dr. Alexander Conze in 
Berlin, bis zum Ende der II. Hauptperiode (bis zu Demetrios 
von Phaleron) gediehen ist. 

Endlich folgende eingelaufene Druckwerke, und zwar: 

1. ‚Führer durch das Rómerkastell Saalburg bei Homburg 
vor der Höhe von H. Jacobi, königl. Landbauinspektor. 2. Auf- 
lage. Homburg v. d. Н. 19055; 

2. ‚Ankündigung einer neuen Ausgabe des hebräischen 
Pentateuchs der Samaritaner. Von Dr. A. Freiherrn von Gall 
in Mainz‘ (S.-A. aus der Zeitschrift für die alttestamentliche 
Wissenschaft. 1906); überreicht vom Verfasser; 

3. ,Licinus Tonsor. Carmen (Aloisii Galante Florentini) in 
certamine poetico Hoeufftiano praemio aureo ornatum. Accedunt 
duo carmina laudata. Amstelodami 1906'; übersendet von der 
niederlándischen Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam; 

4. ,Die Reichenauer Handschriften beschrieben und er- 
läutert von Alfred Holder. I. Band: Die Pergamenthand- 
schriften. (Die Handschriften der großherzoglich Badischen Hof- 
und Landesbibliothek in Karlsruhe. V.) Leipzig 19065, 

Es wird für diese Spenden der Dank der Klasse ausge- 
sprochen. 


Der Sekretär verliest eine Zuschrift der Deutsch-akade- 
mischen Lese- und Redehalle in Wien, worin diese bekannt- 
gibt, daß sie sich laut Beschluß der Vollversammlung vom 
14. Juli 1906 aufgelöst hat, und der Akademie für das bisher 
bewiesene Wohlwollen dankt. 


Der Sekretär legt ein an die Klasse gelangtes Manuskript 
des Herrn Dr. Nikolaus Rhodokanakis, Privatdozenten an der 
К. К. Universität in Graz, vor, welches betitelt ist: ‚Der nord- 
arabische Dialekt im Dofär (Zfär). I. Teil: Prosaische und 
poetische Texte, Übersetzung und Indices‘. 





Das w. M. Herr Hofrat Dr. У. Jagić überreicht die 
beiden kürzlich erschienenen Bände IV und V der Schriften 


XVI 


der linguistischen Abteilung der Balkankommission, enthaltend: 
‚Das Dalmatische von Dr. Matteo Giulio Bartoli. I. Ein- 
leitung und Ethnographie Illyriens. (Mit einer Karte.) II. Glos- 
sare und Texte. Grammatik und Lexikon. (Mit einer Tafel.) 
Wien 1906. 


Sodann überreicht derselbe das Manuskript einer Abhand- 
lung von Herrn Dr. Milan Ritter von Re&etar, Professor an 
der k. К. Universität in Wien, das betitelt ist: ‚Der stokavische 
Dialekt‘ und das für die Fortsetzung der Schriften der Balkan- 
kommission, linguistische Abteilung, bestimmt ist. 


XXII. SITZUNG VOM 31. OKTOBER 1906. 


Der Sekretür verliest ein Telegramm des auswürtigen 
Ehrenmitgliedes der Klasse, Herrn Leopold Delisle in Paris, 
worin dieser für die ihm zu seinem 80. Geburtstage seitens 
der Akademie übersandte Glückwunschadresse seinen Dank 
ausspricht. КА 

Der Sekretär verliest ein Schreiben des Е. М. Herrn Hof- 
rates Professors Dr. Friedrich Freiherrn von Wieser in Wien, 
worin dieser für seine Wahl zum korrespondierenden Mitgliede 
der Klasse im Inlande dankt. 


Der Sekretär legt drei in Angelegenheit der geplanten 
Herausgabe mittelalterlicher Bibliothekskataloge an die 
Klasse gelangte Zuschriften vor, und zwar von den Vorständen 
der k. k. Universitätsbibliotheken zu Wien und Graz sowie 
vom k. k. Statthaltereiarchive zu Prag. 





Der Sekretär überreicht die eben erschienenen akademi- 
schen Publikationen, und zwar: 


ХҮП 


1. ‚Almanach der Каз. Akademie der Wissenschaften. 
LVI. Jahrgang 1905. Wien 19065; 

2. ‚Sitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissen- 
schaften, philosophisch-historische Klasse, CLI. Band, Jahr- 
gang 1905. (Mit fünf Tafeln.) Wien 1906‘; 

3.,Fontes rerum austriacarum (Österreichische Geschichts- 
quellen). Herausgegeben von der historischen Kommission der 
Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Zweite Abteilung: 
Diplomataria et acta. LIX. Band (enthaltend: „Urkunden und 
Regesten zur Geschichte der aufgehobenen Kartause Aggsbach 
V. O. W. W. Bearbeitet von Dr. Adalbert Fr. Fuchs“.) Wien 
1906.“ 

Der Sekretär legt weiters die eingelaufenen Druckwerke 
vor, und zwar: 

1. Thesaurus linguae latinae. Editus auctoritate et con- 
silio academiarum quinque germanicarum Berolinensis Gottin- 
gensis Lipsiensis Monacensis Vindobonensis. Vol. IV, fase. I 
und Vol. II, fasc. X. Leipzig, bei Teubner, 1906; 

2. Statistik des Unterrichtswesens der Hauptstadt Buda- 
pest für die Jahre 1895/96 — 1899/1900. Von Dr. Josef von 
Körösy, Direktor des Budapester kommunal - statistischen 
Bureaus. Berlin 1906; 

3. Die Sterblichkeit der Haupt- und Residenzstadt Buda- 
pest in den Jahren 1901—1905 und deren Ursachen. Von dem- 
selben. II. (tabellarischer) Teil. Berlin 1905; 

4. Statistisches Jahrbuch der Haupt- und Residenzstadt 
Budapest. VII. Jahrgang 1904. Redigiert von Professor Dr. 
Gustav Thirring. Budapest 1906; 

[Nr. 2 bis 4 als Publikationen des statistischen Bureaus 
der Haupt- und Residenzstadt Budapest übersendet]; 

5. Bulletin de l'institut international de statistique. Tome 
XV. Deuxiéme Livraison. Londres 1906; 

6. Nouveaux fragments syropalestiniens de la bibliothé- 
que impériale publique de Saint-Petersbourg. Publiés par Р. 
Kokowzoff. (Avec quatre planches en phototypie.) Saint- 
Petersbourg 1906. 

Es wird für diese Geschenke der Dank der Klasse aus- 


gesprochen. 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. b 





XVIII 


XXIII. SITZUNG VOM 7. NOVEMBER 1906. 


Der Sekretär legt die von Mme. У" J. B. André Godin, 
Directrice des Familistére in Guise (Aisne) und Herausgeberin 
der Zeitschrift ‚Le Devoir‘, übersandten Publikationen vor, 
und zwar: 

1. ‚Solutions sociales par Godin. Paris 18715; 

2. Von demselben: ,Le Gouvernement ce qu'il a été, ce 
qu'il doit être, et le vrai socialisme en action. Paris 1883‘; 

3. Von demselben: ,La Hépublique du travail et la ré- 
forme parlementaire (Oeuvre posthume). Paris 1859‘; 

4. ‚Documents pour une biographie complete de Jean- 
Baptiste-André Godin rassemblés par sa veuve, née Marie 
Moret. I. Volume. Guise 1897—1901*. (Mit dem Porträt von 
J. B. André Godin.) 

Es wird für diese Spenden der Dank der Klasse an die 
Einsenderin ausgesprochen. 


Der Sekretür überreicht weiters das vom Autor, k. M. 
Herrn Professor Dr. Friedrich Thaner in Graz, übersandte 
Werk: ‚Anselmi episcopi Lucensis collectio canonum una cum 
collectione minore iussu instituti Savigniani recensuit Fridericus 
Thaner. Fasciculus I. Oeniponte 1906*. 

Ferner folgende Werke: 

l. ,La revue de Paris. 13"* année. No. 16. Paris 1906*; 

2. ‚Eine obersteirische Bauerngemeinde in ihrer wirtschaft- 
lichen Entwicklung 1498—1899. Von Dr. Hubert Wimbersky. 
I. Teil. Graz 190%‘. 

Die Klasse spricht auch hierfür ihren Dank aus. 





Endlich legt der Sekretär die von der Université St. 
Joseph in Beyrouth, Faculté Orientale, übersandten sämtlichen 
bisher erschienenen Bände der Zeitschrift ,Al-Machriq. Revue 
catholique orientale bimensuelle, Sciences—Lettres— Arts. Sous 
la direction des Pères de l'Université St. Joseph. Paraissant le 1 


XIX 


et le 15 de chaque mois‘ vor, und zwar die kompletten Jahr- 
gänge [—VIII, Beyrouth 1898—1905, sowie die bisher erschie- 
nenen 18 Hefte des Jahrganges 1906 (Band IX). 


XXIV. SITZUNG VOM 14. NOVEMBER 1906. 


Der Sekretür verliest eine Zuschrift des hohen Kura- 
toriums, wonach Seine kaiserliche und kónigliche Hoheit, der 
durchlauchtigste Herr Erzherzog-Kurator, mit der Anbe- 
raumung der nächstjährigen Feierlichen Sitzung der Kaiser- 
lichen Akademie auf Dienstag den 28. Mai 1907, um 7 Uhr 
abends, einverstanden sei. 


Der Sekretür legt die vom russischen Justizministerium in 
St. Petersburg eingesandten Hefte 1—7 des ‚Journal mini- 
sterstwa justizi. God dwjenadzatij. St. Petersburg 1906* vor. 
Es wird hierfür der Dank der Klasse ausgesprochen. 


XXV. SITZUNG VOM 21. NOVEMBER 1906. 


Seine Exzellenz, der vorsitzende Vizepräsident Ritter von 
Hartel, legt in Vertretung des erkrankten Herrn Sekretärs 
die vom Landesarchivare in Kärnten, Herrn Dr. August Ritter 
von Jaksch, übersandten Pflichtexemplare seines mit Sub- 
vention der Kais. Akademie der Wissenschaften gedruckten 
Werkes vor: ,Monumenta historica ducatus Carinthiae. Ge- 
schichtliche Denkmäler des Herzogtumes Kärnten. Vierter Band: 
Die Kärntner Geschichtsquellen 1202 — 1269. Zweiter Teil: 
1263 — 1269. Klagenfurt 1906“. 


Das w. M. Herr Professor Oswald Redlich überreicht ein 


an ihn als Obmann der Atlas-Kommission gelangtes Manuskript 
b* 


XX 


des Herrn k. k. Oberlandesgerichtsrates Dr. Julius Strnadt in 
Graz, betitelt: ,Das Land zwischen Traun und Enns'; dasselbe 
ist für die ,Abhandlungen zum historischen Atlas der óster- 
reichischen Alpenländer‘ (Archiv für österr. Geschichte, Band 
XCIV, zweite Hälfte) bestimmt. 


Das w. M. Herr Hofrat Leo Reinisch überreicht der 
Klasse zwei Broschüren des französischen Konsuls in Stuttgart, 
Herrn Gabriel Ferrand, und zwar: 

1. ‚Le dieu malgache Zanahari. (Extrait du „T’oung-pao“, 
Serie II, Vol. VII, No. 1.) Leide 1906‘, und 

2. ,Priéres et invocations magiques en malgache sud- 
oriental. Transcrites, traduites et annotées d'aprés le manuscrit 
8 de la bibliothèque nationale. (Extrait du tome II des „Actes 
du XIV* Congrès International des Orientalistes^.) Paris 1906*, 

Die Klasse spricht für diese beiden Spenden ihren 
Dank aus. 


Das w. M. Herr Hofrat Theodor Gomperz erstattet 
namens der Kommission für den Thesaurus linguae latinae 
den Jahresbericht. 


Das w. M. Herr Hofrat D. H. Müller überreicht als Ob- 
mann der nordarabischen Kommission die nunmehr fertigge- 
stellte ‚Karte von Arabia Petraea. Nach eigenen Aufnahmen 
von Professor Dr. Alois Musil. Ausgeführt im k. und k. militür- 
geographischen Institute*. 


Das w. M. Herr Hofrat Friedrich Kenner erstattet als 
Obmann der Limes-Kommission den vorläufigen Bericht des 
Leiters der Ausgrabungen, Herrn k. und k. Obersten Maximilian 
Groller von Mildensee, über die im Jahre 1906 ausgeführ- 
ten Grabungen dieser Kommission. 





ХХІ 


XXVI SITZUNG VOM 5. DEZEMBER 1906. 


Von dem am 22. November l. J. zu Graz erfolgten Ableben 
des k. M., Herrn Professors Dr. Hans Zwiedineck Edlen von 
Südenhorst, wurde schon in der Gesamtsitzung der Kais. 
Akademie vom 29. November l. J. Kenntnis gegeben. 

Die Mitglieder haben ihrer Trauer durch Erheben von 
den Sitzen Ausdruck gegeben. 


Der Sekretär verliest eine Zuschrift des Vorarlberger 
Landesarchivs in Bregenz betreffs dort vorrütiger Dibliotheks- 
kataloge des Mittelalters. 


Das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht über- 
mittelt in zwei Bänden die Reproduktion eines äthiopischen 
Manuskriptes des British Museums in London als Geschenk 
der ehemaligen Besitzerin des ósterr.ungar. Botschaftspalais in 
London, Lady Meux, an die Kais. Akademie der Wissen- 
schaften; das Werk ist betitelt: ‚The Life of Takla Häymänöt 
in the Version of Dabra Libanós, and the Miracles of Takla 
Háymánót in the Version of Dabra Libanós and the Book of 
the Riches of Kings. The ethiopie Texts from the British 
Museum Ms. Oriental 723, edited with English Translations, 
to which is added an English Translation of the Waldebbán 
Version. By E. A. Wallis Budge (with 165 Coloured Plates). 
Privately Printed for Lady Meux. London 1906.‘ 

Der erste Band enthält: ‚The Life and Miracles of Feshha- 
Séyón who was named by our Lord Takla Häymänöt‘, der 
zweite: ,The Book of the History of the Translation of the 
Body of our Father the Holy Man Takla Háymánót which 
took place 57 years after his Death, and was revealed by the 
Holy Spirit to John Каша 

Es wird für diese wertvolle Spende der Dank der Klasse 
ausgesprochen und die beiden Bünde werden der akademischen 
Bibliothek einverleibt. 


XXI 


Der Sekretär legt im Namen des Autors, Herrn Viktor 
A. Reko, dessen Schrift: ‚Über einige neuere Versuche mit 
Sprechmaschinen (S.-A. aus dem ХХХІ. Jahresberichte der 
К. К. Franz Josef-Realschule im XX. Bezirke in Wien), Wien 
1906*, vor. 

Das w. M. Herr Hofrat Leo Reinisch überreicht ferner 
im Namen des Verfassers das Werk: ,Mota Musê (La mort 
de Moise) Texte éthiopien traduit en hébreu et en francais, 
annoté et accompagné d'extraits arabes par Jacques Faitlovitch. 
Paris 1906*. 

Die Klasse spricht für diese beiden Spenden ihren Dank aus. 


Der Sekretär überreicht eine mit der Bitte um Aufnahme 
in die Sitzungsberichte der Klasse eingesandte Arbeit von Herrn 
Dr. Bernhard Wachstein in Wien, welche betitelt ist: , Wiener 
hebräische Epitaphien*. 


XXVII. SITZUNG VOM 12. DEZEMBER 1906. 


Seine Exzellenz, der vorsitzende Vizeprüsident Ritter von 
Hartel, überreicht als Obmann der akademischen Kirchen- 
vüter-Kommission den kürzlich erschienenen Band XX XX VIII 
des ‚Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum‘, enthaltend: 
‚Атей Manlii Severini Boethii operum pars I: In isagogen 
Porphyrii commenta copiis a Georgio Schepps comparatis 
suisque usus recensuit Samuel Brandt. Vindobonae, Lipsiae 
1906*. cT 

Der Sekretär verliest eine Zuschrift des Präsidenten der 
königl. serbischen Akademie der Wissenschaften in Belgrad, 
worin derselbe den Dank dieser Akademie für die ihr bewil- 
ligte geschenkweise Komplettierung der in den dortigen Be- 
ständen akademischer Publikationen vorhandenen Lücken sowie 
für die Neubewilligung akademischer Schriften ausspricht. 


XXIII 


Der Sekretür überreicht das im Wege der hiesigen mexi- 
kanischen Gesandtschaft vom  mexikanischen Ackerbaumini- 
sterium für die akademische Bibliothek gespendete Werk: ,Le 
Mexique. Son évolution sociale. Synthése de l'histoire politique, 
de l'organisation administrative et militaire etc. Inventaire mo- 
numental qui résume en immenses travaux les grands progrès 
de la nation au ХІХ siècle. Directeur littéraire: M. Just 
Sierra, Licencié. Directeur artistique: Mr. Jacques Ballesca. 
Traduction française par M. Lamole de Tamayo. Tome 
I—1IL Мехіко 1900—1902.‘ 

Ferner überreicht der Sekretär das vom R. Istituto Ve- 
neto di scienze, lettere ed arti in Venedig geschenkweise 
übersandte Werk: ,Monumenti Veneti nell' isola di Creta. Ri- 
cerche e descrizione fatte dal dottor Giuseppe Gerola per 
incarico del R. Istituto. Volume primo parte seconda. Venezia 
1906*. 

Es wird hiefür der Dank ausgesprochen und die beiden 
Werke werden der akademischen Bibliothek einverleibt. 


Der Sekretür verliest eine Zuschrift der künigl. Gesell- 
schaft der Wissenschaften zu Göttingen, worin dieselbe unter 
gleichzeitiger Einsendung der ,Protokolle der Kartellversammlung 
des Verbandes wissenschaftlicher Körperschaften in Göttingen 
am 15. und 16. Oktober 1906‘ Mitteilung macht über die Be- 
schlüsse und die Delegierten für die einzelnen Fachkommis- 
sionen. 

Die Klasse designiert als ihren Vertreter in der speziellen 
Fachkommission für die Herausgabe mittelalterlicher Bibliotheks- 
kataloge das w M. Herrn Professor Dr. Emil von Ottenthal. 


Der Sekretär verliest ein Schreiben der ethnographischen 
Sektion der ‚kais. Gesellschaft der Freunde der Naturwissen- 
schaften, der Anthropologie und der Ethnographie‘ in Moskau, 
worin mitgeteilt wird, daß am 15. Dezember 1. J. das 25jührige 
Jubiläum des Professors Vsevolod Fedorovié Miller als Präsi- 
denten dieser Sektion gefeiert wird, und zwar durch eine Jubi- 
läumssitzung und durch die Sammlung von Beiträgen zu einem 


XXIV 


Kapital, das als Miller-Stiftung zur Herausgabe einer Serie 
ethnographischer Publikationen dienen soll. 


Das w. M. Herr Hofrat D. H. Müller bringt als Obmann 
der südarabischen Kommission zur Kenntnis, daß diese Kom- 
mission beschlossen habe, die Abhandlung des Privatdozenten 
an der k. k. Universität in Graz, Herrn Dr. Nikolaus Rhodo- 
kanakis: ‚Der vulgärarabische Dialekt von Dofär‘ in die 
‚Schriften der südarabischen Expedition‘ aufzunehmen. 





Sitzungsberichte 


der 


Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 
Philosophisch-Historische Klasse. 
155. Band, 1. Abhandlung. 


= = жшт Dei کے‎ ни 











і 


Sahidisch-griechische 


Psalmenfragmente. 


Dr. Carl Wessely, 


korresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften. 


(Mit 2 Tafeln.) 


Vorgelegt in der Sitzung am 23, Mai 1906. 


Wien, 1907. 
In Kommission bei Alfred Holder 


k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 
Buchhändler der kaise:lichen Akademie der Wissenschaften. 


Periodische Publikationen. 


Schriften der Balkancommission. Linguistische Abtheilung. I. Band. 


Die serbokroatische Betonung südwestlicher Mundarten von 
Milan Rešetar. 4°. 1900. 10 K = 9 M. 
— II. Band. Das Ostbulgarische von Lj. Miletič. 49. 1903. 

14 K 50 h — 13 M. 
— Ш. Band. Die Dialekte des südlichsten Serbiens von 


Olaf Broch. 49. 1903. 16 K 40 h — 14 M. 
— ТУ. und V. Band. Das Dalmatische von M. G. Bartoli. 
49. 1906. 40 K — 36 M. 


— VI. Band. Der heutige lesbische Dialekt verglichen 
mit den übrigen nordgriechischen Mundarten von Paul 
Kretschmer. 4?. 1905. 30 К = 25 М. 


Quellenwerke der altindischen Lexikographie. Band I: Der 


Anekarthasamgraha des Hemachandra, mit Auszügen aus 
dem Kommentar des Mahendra, herausgegeben von 
Th. Zachariae. Grofi-59, 1893. 12 K — 10 M. 
— Band II: Das Unadiganasutra des Hemachandra mit 
dem selbstverfassten Kommentare des Autors, herausgegeben 
von Joh. Kirste. СгоВ-8°. 1895. 10 K 40 h = 8 M. 70 Pf. 
— Band III: Der Mankhakosa, mit Auszügen aus dem 
Kommentare und drei Indices, herausgegeben von Theodor 
Zachariae. СгоВ-8°. 1897. 8 K 60h —' M. 
— Band IV: Der Dhátupátha des Hemachandra mit dem 
selbstverfassten Kommentar des Autors, herausgegeben 
von Joh. Kirste. Groß-8°. 1901. 18 K — 16 M. 


Schriften der südarabischen Expedition. I. Band. Die Somali- 


sprache von Leo Reinisch. I. Texte. 49. 1900. 20 К = 18 M. 
II. Band. Die Somalisprache von Leo Reinisch. П. Wörter- 


buch. 4°. 1902. 50 К = 45 М. 
III. Band. Die Mehrisprache in Südarabien von Alfred Jahn. 
Texte und Wörterbuch. 4°. 1902. 24 К == 22 М. 
IV. Band. Die Mehri- und Sogotrisprache von Dav. Неїпг. 
Müller. I. Texte. 49, 1902. 24 К = 21 М. 
V. Band. Teill. Die Somalisprache von Leo Reinisch. 
III. Grammatik. 4°. 1903. 12 К = 10 М. 40 РЕ 


— VI. Band. Die Mehri- und Sogotrisprache. II. Sogotritexte. 


49, 1905. 48 K — 42 M. 
Selbständige Werke. 


Aptowitzer, V.: Das Schriftwort in der rabbinischen Literatur. 


Prolegomena. 8?. 1906. 1 К 90 h — 1 M. 90 Pf. 


Bittner. Maximilian: Der vom Himmel gefallene Brief Christi 


in seinen morgenlündischen Versionen und Rezensionen. 4°. 


1906. 16 K — 16 M. 


I. Abhandlung: Wessoly. Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 1 


L 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. Er 


Dr. Carl Wessely. 





(Vorgelegt in der Sitzung am 23. Mai 1906.) 





Es gibt eine doppelte Übersetzung der Psalmen ins Kop- 
tische nach den beiden Dialekten, in die sie gemacht wurde, 
dem boheirischen und dem sahidischen. Während nun der 
boheirische Psalter schon lange bekannt ist, besitzen wir die 
vollständige sahidische Psalmenübersetzung erst seit ganz kurzer 
Zeit. Diese Ungunst der Verhältnisse, die den sahidischen 
Text so sehr zurücksetzte, waltet in der Überlieferung über- 
haupt vor; denn eine Anzahl Handschriften stehen nur für den 
boheirischen Psalter zur Verfügung, welche H. Hyvernat, Etude 
sur les versions coptes de la bible (Revue biblique juill.-oct. 
1896 — janv. 1897) aufzählt; es sind dies der Vaticanus Copt. 5 
(12. Jahrh.): Turin Bibliot. Nazionale (12—13. Jahrh.); British 
Museum or. 427 C. А. (12.—13. Jahrh.); Bodleianus Maresc. 3 
(12.—13. Jahrh.); Berlin Dietz. A. fol. 37 C. A. (13. Jahrh.); 
Bodleianus Hunterian. 50 (a. 1261); Vaticanus Copt. 7. С. A. 
(13. Jahrh.); Berlin or. 4° 276 C. A. (13.--14. Jahrh.); or. 4° 157 
C. A. (14. Jahrh.); Bibliotheque Nationale 5 (16--17. Jahrh.); 
3 (a. 1627), Barberinus 31. Die Editionen sind folgende: Tuki 
(R) neun NTE MIYAATHPION NTE AAYIA Rom 1744 
nach dem cod. Vaticanus Copt. 5, hier sind die Psalmen in 
5 Bücher eingeteilt, die folgende Gruppen umfassen: 1. Buch 
Psalm 1—40; 2. Buch Psalm 41—71; 3. Buch Psalm 72—88; 
4. Buch Psalm 89—105; 5. Buch Psalm 106—150 (151). Auf 
den cod. Berolinensis or. 4° 157 und ein ehemals Ilgensches 

Sitrungsber. d. phil.-hist, КІ, CLV. Bd. 1. Abh. 1 


2 I. Abbandlung: Wessely. 


Manuskript (Berlin or. 4° 276. nach Schwartze) gründet sich 
die Ausgabe L. Idelers Psalterium coptice, ad codicum fidem 
recensuit, lectionis varietätem- et psalmos apocryphos sahidica 
dialecto conscriptos ас primum а Woidio editos adiecit. Berlin 
1837. An diese.reiht sich die M. G. Schwartzes psalterium in 
dialectum -linguae copticae memphiticam translatum ad fidem 
trium codicum mss. regiae bibliothecae Berolinensis inter se et 
, ceri. T'ükii et Ideleri libris neenon cum graecis Alexandrini 


"7. <odieis ac Vaticani, Hebraicisque psalmis comparatorum edidit 


notisque criticis et grammaticis instruxit. Lipsiae 1843. Reicher 
waren die kritischen Grundlagen für Paul de Lagardes psalterii 
versio memphitica accedunt psalterii thebani fragmenta parha- 
miana, proverbiorum memphiticorum fragmenta berolinensia 
(Berlin 1875), nämlich: 1. der Berliner eodex or. 4° 157. 2. Dietz 
A. fol. 37. 3. Oxford, Hunterian 121. 4. Oxford Maresch. 31. 
5. Paris copte 5. 6. Paris copte 6 (in 16°, saec. 16). Endlich 
ist zu nennen Fr. Rossi, Cinque manoscritti copti della biblioteca 
nazionale di Torino in den Memorie della R. Academia delle 
Scienze di Torino П. ser. XLII, 1893 auch unter dem Titel 
Di aleuni manoseritti copti che si conservano nella Biblioteca 
nazionale di Torino, 1894; er gibt den boheirischen Psalter 
von Turin mit Varianten aus Idelers Ausgabe (s. o.). 

Eine Überraschung für alle Fachgenossen war aber die 
endlieh im Jahre 1898 erfolgte Ausgabe des ganzen sahidischen 
Psalters, seine editio princeps: NXWWME NNEYAAMOC The 
earliest known Coptic Psalter the text, in the dialect of upper 
Egypt, edited from the unique papyrus Codex Oriental 5000 
in the British Museum by E. A. Wallis Budge, London. Zwei 
Jahre zuvor war dieses Papyrusbuch von 156 Blättern (11°/, : 81/, 
engl. Zoll) von wunderbarer Erhaltung, in einem rechteckigen 
Steinbehältnis eingeschlossen, in den Ruinen einer koptischen 
Kirche ausgegraben worden. Erst diesem glücklichen Funde 
und seiner mit anerkennenswerter Schnelligkeit erfolgten Ver- 
öffentlichung verdanken wir die Kenntnis des ganzen sahidi- 
schen Psalmentextes. 1901 brachten dann die Abhandlungen 
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philo- 
logisch-historische Klasse, N. F., Band IV, Nr. 4 eine neue 
wichtige Publikation: die Berliner Handschrift des sahidischen 
Psalters herausgegeben von Alfred Rahlfs mit drei Lichtdruck- 


Sahidisch-griechisehe Psalmenfragmente. 3 


tafeln. Die um 400 geschriebene Pergamenthandschrift P. 3259 
der ägyptischen Abteilung der kónigl. Museen zu Berlin, er- 
worben 1889 in Theben (vgl. A. Erman, Zeitschrift für ägypti- 
sche Sprache und Altertumskunde 28 [1890], 62) ist hier mit 
musterhaft peinlieher Sorgfalt ediert; von allen Psalmen sind 
größere Partien vorhanden, Lücken sind nur im Psalm 84, hier 
fehlt ein Blatt, und Psalm 105—144, hier fehlen etwa 30 Blätter. 
Eine bloße Kollation wäre infolge der schlechten Erhaltung der 
Handschrift zu unpraktisch gewesen, ‚denn entweder hätte ich 
nur die Abweichung von Budges Text angeben können, dann 
hätte, da die meisten Zeilen der Handschrift unvollständig er- 
halten sind, noch niemand gewußt, ob er aus meinem Still- 
schweigen auf Fehler der Berliner Handschrift oder auf ihre 
Übereinstimmung mit Budges Text zu schließen hat; oder ich 
hätte jeden Defekt einzeln buchen müssen, dann wäre die 
Kollation durch die vielen Defektnotizen ganz unübersichtlich 
geworden. So habe ich mich entschlossen, die Verantwortung 
für eine volle Edition auf mich zu nehmen, und gebe hier zu- 
nächst diese allein mit einer über die Handschrift, die Art 
der Herausgabe und ihre orthographischen und grammatischen 
Eigentümlichkeiten orientierenden Einleitung und einer Kolla- 
tion unserer Handschrift mit den übrigen Zeugen‘ (Rahlfs p. 4). 

An diesen Grundsätzen Rahlfs habe auch ich in dieser 
Ausgabe der sahidischen Psalmenfragmente, welche in der 
Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer aufbewahrt werden und 
die ich mit gütiger Erlaubnis des Direktors der Hofbibliothek, 
Hofrat R. v. Karabacek, herausgebe, festgehalten. Da aber ein- 
zelne Handschriftenfragmente sehr klein sind, sind größere 
Einleitungen nur bei den beiden umfangreicheren Papyrushand- 
schriften gegeben worden. Bei der in jedem Falle angegebenen 
adnotatio eritica habe ich grundsätzlich nur die Varianten inner- 
halb der sahidischen Psalmenübersetzung gebracht, denn vor- 
derhand ist die Beschaffung des kritischen Apparats innerhalb 
dieses Textes die erste Etappe der Erforschung derselben; ich 
finde einen ähnlichen Gedanken schon von В. Peyron (Psalterii 
Copto-Thebani specimen, Turiner Akademie 1875, p. 10) aus- 
gesprochen, der im Gegensatz zu Schwartze, dem der am 
meisten hebraisierende koptische Text für den reinsten galt, den 


Grundsatz aufstellte: jam non quaero quid іп familia aegyptia 
1* 


4 I. Abhandlung: Wessely. 


propius accedat ad hebraicum textum, sed quid familia ipsa 
adoptandum duxerat‘, und so die selbständige Erforschung der 
koptischen Version anbahnte. 

Ich gebe nunmehr eine Übersicht der sonstigen Über- 
lieferung des sahidischen Psalters, indem ich an Rahlfs Anord- 
nung festhalte (p. 5ff.). 


Größeren Umfangs sind folgende Handschriften: 


B der oben genannte codex Berolinensis ed. Rahlfs. Um 
400 n. Chr. geschrieben. 

L der Londoner Papyruspsalter, herausgegeben von Wallis 
Budge (ca. 6. Jahrh. nach paläographischer Schätzung 
Budges). 

Lagarde: Parhamer Pergamenthandschrift jetzt im British Mu- 
seum, früher Besitz des Lord de la Zouche іс, der Paul 
de Lagarde die Editionserlaubnis gab (Ps. 9, 32 — 11, 9 
mit zwei kleineren Lücken), siehe das oben angeführte 
Werk Psalterii versio memphitica 1875. Nach Hyvernats 
paläographischer Schätzung 9.—10. Jahrhundert. 

T Turiner Papierhandschrift (saec. 14.) herausgegeben von 
Bernardino Peyron: Psalterii Сорќо- Thebani specimen 
quod omnium primum in lucem prodit continens praeter 
decem psalmorum fragmenta, integros psalmos duos et 
triginta ad fidem codicis Taurinensis cura et criticis anim- 
adversionibus . . . Turin 1875 in den Memorie della 
В. Accademia di Torino Ser. II, 28 Scienze morali... 
117 ff. Enthält Psalm 3—11. 20—26. 59—13. 15—19. 
84—89 ganz oder teilweise. 


Kleinere Bruchstücke: 


R verschiedene Fragmente des Museum Borgia teils in Rom, 
Propaganda, teils in Neapel, Nationalbibliothek, berühmt 
durch Zoégas Catalogus. Zitiert nach Ciasca, Sacrorum 
Bibliorum fragmenta copto-sahidica musei Borgiani vol. II, 
Rom 1889. Nach Hyvernat datieren die Pergamenthand- 
schriften aus dem 9.— 12. Jahrhundert. 

У die hier publizierten Wiener Papyri und Pergamente. Die 
bisherigen Mitteilungen sind: Krall, Mitteilungen aus der 
Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer I, 67 f. (Ps. 135. 
141. 142 fragmentarisch) ИЛИ, 267; І, 68. П, 67 (Ps. 


Babidisch-griechische Psalmenfragmente. 5 


109, 1.2. 111). Führer durch die Ausstellung Wien 1894 
р. 46, mit der reduzierten Photographie von Psalm 
112,6 — 113, 6. 

Masp. G. Maspero, Etudes égyptiennes I, Paris 1881—83, 267 — 
275 Fragmente des 5—6. Jahrhunderts mit Psalm 34. 
35. 38—41. 44. 45. 

Psalm 101 bei Lagarde, Aegyptiaca р. 207f. Jung. 

Psalm 49f. 118f. nach einer Handschrift W. Golenischtschews 
aus dem 9. Jahrhundert: publiziert von О. у. Lemm, Sa- 
hidische Bibelfragmente П, im Bulletin de l'académie de 
St. Pétersbourg, N. S. I, 1890, p. 315—318. 

Psalm 33. 50. 70. 96 in kleinen Stücken bei Urb. Bouriant, 
Mémoires publiés par les membres de la mission archéo- 
logique française au Caire I, fasc. 3, Paris 1887, 398—401. 

Psalm 117, 24—29. 121, 1—4. 148—150 aus dem Pariser Codex 
der bibliothéque nationale Copt. 68 bei Ch. Ceugny, Quel- 
ques fragments coptes-thébains im Recueil de travaux re- 
latifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assy- 
riennes II, Paris 1880, 96 sq. Jung. 

Tuki: Zitate in Tukis Rudimenta linguae Coptae, Rom 1778. 
Aus einer handschriftlichen koptischen Grammatik mit 
Beispielen aus den Psalmen excerpiert, Museum Borgia 
saec. 13—14. 

Pistis Sophia. Die zahlreichen Psalmenzitate in diesem gnosti- 
schen Werke verzeichnet A. Harnack, Über das gnostische 
Buch Pistis Sophia, Texte und Untersuchungen VII (1891). 
‚Während die Zitate auf S. 53—82 (ed. Schwartze-Peter- 
mann) und 111—181 sich an die gewöhnliche sahidische 
Psalmenübersetzung anschließen und nur relativ leichte 
Varianten zeigen, weichen die dazwischen auf S. 86 —110 
stehenden Zitate total ab' (Rahlfs). Von ersterer Kate- 
gorie sind nach Rahlfs: 6 ganze Psalmen 24 (Pistis 80. 6), 
68 (53. 4), 69 (62. 4), 87 (12. 7), 90 (141. 8), 129 (75. 1); 
9 in größeren oder kleineren Stücken zitierte: 7, 2—7, 
12—17 (172, 13. 175, 10), 29, 2—4, 11(2)—12 (161, 15. 
162, 10), 39, 2—4 (165, 10), 50 (3—6) (111, 22), 70, 1—18 
(58, 10), 84, 11—12 (118, 19), 101, 2—22 (65, 21), 102, 1—5 
(163, 15), 106, 1—21 (179, 6). Auf p. 86—110 werden 
folgende Psalmen zitiert: p. 86 Psalm 31, 2—19 — p. 93 


6 I. Abhandlung: Wessely. 


Psalm 35, 1—28 vollständig — p. 100 Psalm 120, 1—7 
vollständig — p. 102 Psalm. 52, 3—11 vollständig — p. 108 
Psalm 109, 1—27 — 

Psalm 82, 6—19 bei Guidi aus dem cod. Borg. 115 in den 
Atti della R. Accademia dei Lincei Ser. 4, Rendiconti 4, 1 
(Rom 1888) 64. 


Diese Übersicht ist, wie gesagt, nach Rahlfs, dessen Edi- 
tion des Berolinensis ferner die Handschriften L, R, T, Lagarde 
der Hauptsache nach unsere Adnotatio geliefert haben. 


Die Sammlung P. E. В. bewahrt auch die Notizen auf, die von 
Professor Kralls Hand stammen; sie sind alle hier reproduziert 
zu den einzelnen Stücken zu denen sie gehören. Kralls Haupt- 
verdienst besteht in der mit großer Mühe und peinlicher Sorg- 
falt vollbrachten Zusammentragung der einzelnen Bruchstücke 
aus dem ungeordneten Zustand des Papyrusmaterials; auf dieser 
so notwendigen und wichtigen Arbeit fußt jede weitere Bear- 
beitung; um so mehr muß diese seine stille Vorarbeit hervor- 
gehoben werden. 


К. 1231—1238. Ausstellung Nr. 133—140. 


Die nachstehenden sahidischen Psalmenfragmente stehen 
auf den Resten einer Papyrushandschrift, die in Kodexformat 
geschrieben war, und repräsentieren eine ausgerissene Lage 
dieser Handschrift, welche 9 ineinander gelegte Doppel- 
blätter umfaßte; auf diesen zweiseitig beschriebenen Doppel- 
blättern standen 36 Seiten Text; weitere Fragmente, etwa von 
einer anderen Lage des Papyruskodex sind nicht erhalten. 

Aber kein einziges dieser Doppelblätter liegt so voll- 
ständig vor, daß wir durch den Augenschein uns von der Sach- 
lage überzeugen könnten; es beruht vielmehr obige Darstellung 
auf einer Prüfung der Überreste. Die ersten 9 einfachen Blätter 
sind nämlich, wie die Reste zeigen, so beschrieben, daß immer 
auf der ersten Seite die Schrift senkrecht gegen die Fasern 
läuft, auf der zweiten Seite sind Schrift und Fasern parallel. 
Aber auf den 9 letzten Blättern ist dies Verhältnis umgekehrt; 
es standen also ursprünglich auf demselben Doppelblatt die 
Seiten: 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 7 


Blatt І: S. 1. 2 und 35. 36 | Blatt VI: S. 11.12 und 25. 26 
II: S. 3. 4 und 33. 34 „ УП: 8.13.14 und 23. 24 
ПІ: S. 5. 6 und 31. 32 » VIII: S. 15. 16 und 21. 22 
IV: S. 1. 8 und 29. 30 IX: S. 17. 18 und 19. 20 
V: S. 9. 10 und 27. 28 


з з 3 з 





Gegenwärtig sind auch diese 9 Doppelblätter der Hand- 


schrift zertrümmert, oft fehlen einzelne Stücke der Blätter, 
andere Blätter sind ganz zerrissen, ein Blatt, nämlich das 12. 
der Handschrift fehlt. Mit dieser letzteren Angabe stehe ich 


in 


Widerspruch zu J. Krall, der von 18 erhaltenen Blättern 


spricht und Mitteilungen über die Handschrift gemacht bat.) 


1 


Mitteilungen aus der Sammlung Papyrus Erzherzogs Rainer ИЛИ, 67 f. 
‚Aus dem Papyrusbuch, aus welchem wir oben [Mitt. I, 65] einen Teil 
des 110. Psalms mitgeteilt haben, geben wir den folgenden 111. Über 
das Alter und die Zugehörigkeit dieser Papyrusblätter vgl. die Bemer- 
kungen oben 8.55 und A. 2. Die Texte geben keine Interpunktion.‘ — 
Mitt. IL III, 267. ‚Endlich gehören hierher 18 zum Teil ganz erhaltene 
Blätter eines Papyrusbuches, welches einen Teil der Psalmen, mit dem 
102. (nach der Zühlung der Septuaginta) beginnend und mit dem 124. 
schließend, enthält. Die Blätter messen 14 cm Breite, 17 cm Höhe. 
Dieses Papyrusbuch zeigt den sahidischen Dialekt. Aus den oben 8. 67 
und 1,68 mitgeteilten Proben ersieht man seine orthographischen und 
sonstigen Eigentümlichkeiten. Wichtiger als diese sind die sachlichen; 
denn die Handschrift läßt einzelne Psalmen aus und hat in einigen 
Fällen eine von dem griechischen und hebräischen Text abweichende 
Zählung ...*. Führer durch die Ausstellung p. 46, Nr. 133—140: ‚8 Blätter 
eines Psalters in sahidischer Mundart aus dem 6, Jahrhundert. Dies 
Blatt 136, auf Tafel VII reproduziert, enthält Psalm 112 (113), 6 bis 
113 (114), 4. Papyrus, Breite 13cm, Höhe 17 ст, Inventar Корі. Papyr., 
Nr. 1231—1238. Dieses Papyrusbuch stammt aus Panopolis-Schmin, dem 
Zentrum eines eigenartigen Dialekts . . .' 

Außerdem existieren noch von Kralls Hand folgende Aufzeich- 
nungen, die auf den Papierbogen stehen, in denen die Papyrusblätter 
früher gelegen waren. Die Zahlen bedeuten die Seitenzahlen: 


,15. 16 | 31. 32. 31 Anfang des Ps. 116 (pts), 
17. 18 X beginnt Psalm 107 fehlt 117. 118. Psalm 
19. 20 10 beginnt Psalm 108 32 Psalm 119, Anfang 120 
21. 22 xß beginnt Psalm 109 7. 8 n oben 
95. 96 d 8.25 Psalm pa Beginn des Psalms 104 
8.26 Psalm gpp 9.10 
27.28 | 8.97 Psalm ру 11. 12 ı8 Beginn des Psalms 105 
S. 28 Ps. pô eigent. 113.12 | 13. 14 
29.30 8. 30 Anfang ре 35. 36 Psalm 123. 124.* 


Andere Angaben liegen nicht vor. 


8 1. Abbandlung: Wessely. 


ohne jedoch eine erschöpfende Studie zu publizieren. Ich glaube 
die Quelle des Irrtums darin gefunden zu haben, daß Krall 
die Zahl ‚18 Blätter‘ von der höchsten erhaltenen Paginabe- 
zeichnung der Handschrift abstrahiert zu haben scheint, die 
7, 36 beträgt; er mochte die Überreste der fehlenden Blätter 
unter den Fragmenten vermutet haben, die er aber nicht zu 
Blättern zusammengesetzt hat. Letzteres beweist insbesonders 
der Umstand, daß selbst das von ihm ausgestellte Blatt, Aus- 
stellungsnummer 134, unvollständig ist; ich habe seitdem das 
fehlende Stück unter den Fragmenten dazugefunden. Es liegen 
also die Überreste von nur 17 Blättern vor. 

Der Fundort soll Achmim sein. Diese Angabe rührt wohl 
von Theodor Graf, dem Verkäufer aus zweiter Hand her, der 
seinerseits diese wieder von einheimischen Antiquitätenhändlern 
gehört haben mochte. Aber abgesehen davon, daß mit dem 
Namen Achmim viel Unfug getrieben wurde,! findet sich in 
den erhaltenen Resten nicht der geringste Anhaltspunkt sprach- 
licher oder paläographischer Natur vor, der auf einen Zusammen- 
hang mit Achmim hindeuten würde. 

Die Schrift, von der eine Probe im Führer durch die 
Ausstellung der Papyrus Erzherzog Rainer Tafel VII vorliegt, 
ist eine schöne, regelmäßige Unziale, griechischen Charakters, 
welche die wesentlichen Eigenschaften der bei Gardthausen, 
Griechische Paläographie, Tafel I analysierten ältesten Unzial- 
schrift zeigt.” A beginnt mit der Schleife, die oben an dem 
geneigten Strich angeknüpft wird; B mit einem rechten Winkel, 
an den eine der З ähnliche Schlangenlinie sich legt. Г und Т 
zeigen herabhängende Punkte am Ende der Querbalken; diese 








1 8. С. Schmidt, Zeitschr. für ägypt. Sprache 34, 1896, S, 80. Bei der An- 
gabe Achmim hat man bisher viel ха wenig beachtet, daß die in der 
Nekropole von Sohag gefundenen Altertümer von den sämtlich in Achmim 
ansässigen Antiquitätenhändlern angekauft sind und dadurch eine heil- 
lose Verwirrung eingetreten ist. So möchte ich bei dieser Gelegenheit 
darauf hinweisen, daß die große ägyptische Bibliothek, welche so viele 
Stücke den verschiedenen Museen geliefert hat, sehr häufig fälschlich 
als die Bibliothek von Achmim bezeichnet wird, während sie doch im 
Kloster des Schenudi, welches auf der Stätte des alten Athribis liegt, 
entdeckt ist. 

Vergleiche insbesonders die Schrift des Dioscorideskodex kurz nach 500 
geschrieben, 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 9 


sind nie bei П zu bemerken, bei dem der Querstrich über die 
beiden Schafte hinausgeht. ECOW6 haben die Kreisform zum 
Element, € hat manchmal am Ende der Zeile einen verlän- 
gerten Mittelstrich, dem gelegentlich ein Punkt am Ende an- 
gehängt wird. Letzteres geschieht auch bei 7. М hat gerun- 
dete Mittelteil. Y erhebt sich manchmal über die normale’ 
Größe der Buchstaben und zeigt unten die Verbindung der 
beiden Schäfte zu einem Knopf. Bei ^| gehen die Äste vom 
Stamme in der Mitte schräg fort. A und X haben außerordent- 
lich ähnliche Formen, der Grundstrich ist nur nach links ver- 
längert. €) ist ein durch den abwärts geführten rechten An- 
hang vergrüfertes W. "Р ist einer der größten Buchstaben 
wie ф und ^Y, größer, als die Buchstaben T und 1 überein- 
andergesetzt würen. 2 besteht aus der oberen Hülfte eines O, 
der Rest reicht nur wenig unter die Zeile, ebenso 4. 

Die palüographischen Indizien weisen wohl auf das frühe 
6. Jahrhundert hin. 


Der Text ist stichisch geschrieben, jeder Stichos beginnt 
mit einer neuen Zeile; es sind im wesentlichen dieselben wie 
in den ültesten Handschriften. Die Breite der Zeilen betrügt 
durchschnittlich 17—22 Buchstaben. Genügt für den Stichos 
die erste Zeile nicht, so wird bei der nüchsten eingerückt, ge- 
nügt aber auch diese nicht, so wird entweder bei der dritten 
neuerdings eingerückt, oder es bleibt die zweite intakt. Selten 
wird am Ende der Zeilen übergeschrieben. 


Die Überschriften der Psalmen werden ebenso eingerückt 
wie die Fortsetzungen des Stichos, sonst sind keine Unter- 
schiede bemerkbar. Oft machen auf neue Psalmen wagrechte 
Striche, bald Kombinationen mit Schrägen oder schiefe Winkel. 
zeichen aufmerksam, immer aber die Numerierung. 


Nur ganz selten erscheint in der scriptura continua ein 
Zeichen der Worttrennung OYGIWT` 102, 13, роко" 105, 18. 

(D ist mit einem zirkumflexartigen Zeichen versehen in 
116, 6. 

Die Vokalisierungsstriche sind wagrecht und so, wie 
es in den ältesten Handschriften der Fall ist, angebracht. Bemer- 
kenswert sind folgende Formen: die Krümmung der Linie in 
EYTWpn 103, 21; die Aufrichtung gegen rechts in NTAlI- 


10 1. Abhandlung: Wessely. 


KAIOCYNH 105,3; МПХОЇС 105, 2 nach links in MN 103, 25; 
NNIMNTNO6 105, 31; NOGE 113, 5. 

Der Gebrauch der Abkürzungen ist schwankend; wir 
finden OIEPOYCAAHM 121, 6 neben OJI(AHM] 121, 2; MHA 
114, 6, ПІНА 113, 2; MHCKHHNA 103, 30 neben MHNCYMA 
103, 4. 

Häufiger, wenn auch unregelmäßig ist der Gebrauch der 
Diürese: am Anfange in IOY A AC 107, 8; ТАКОВ 104, 6. 23. 
113, 1. 6; in М, und zwar: АЇАЄЇ 103, 24; ммере 115, 1; 
?POYBBAT 103, 7; NMMAI 108, 3; МММАТ 108, 21; мм 107, 9. 
115, 7. 116, 3. 119, 5. 120, 1. 121, 1; МАТАТЧ 111, 1; МАЄЇА- 
TOY 105, 3; ПАЇ 103, 26. 115, 1. 116, 1; тетм 108, 27; 
хаухі 105, 29; NOYXAI 116, 1; MOYXAI 107, 12; оужхіє 
105,9; пХМЕ 119,4; C2pAT 104, 23. 38. 105, 26; (орхі сорхі 
мораї 29). 107. 108, 2. 98. 113, 9. 11. 115, 2. 4. 119, 1. 120, 1. 
122, 1; in Ні und zwar: ОУБВНІ 119, 7; ПЄСНЇ 112, 9; печн 
104, 21. 111, 3; NEYHI 108, 10; emt 114, 9. 121, 5; мпні 
116, 6; пні 113, 1. 114, 6; in Ol, und zwar: AY TA20l 115,3; 
OYOi 119, 5; noyoin 111, 4; Epoi 107, 6. 108, 2. 25. 29. 
115, 2. 119, 1; MMOI 108, 3. 109, 1. 115, 3. 118, 20; MATOY- 
X Oil 107, 6; schwankend in ПХОЮ 102, 2. 14. 20. 103, 1. 21. 
24. 31. 104, 1. 3. 4. 7. 21. 105, 1. 16. 34. 40. 41: (PX.OIC) 108, 
20. 21. 21. 109, 2; (KNAPX.OIC) 111, 1. 4. 6. 114, 6. 8. 9. 11. 
12. 13. 14. 15. 115, 1. 9. 116, 6. 119, 2. 120, 2. 5. 121, 1. 4. 9. 
122, 2. 123, 1. 2; daneben ПХОБІС 103, 33; 105, 47; 108, 15. 
30. 111, 7. 116, 3. 190, 5; PXOIC 113, 2; ПХО 113,9. 115, 
5.6; ЄПХОІС 119, 1; in Wï, und zwar: Єх) 108, 2. 28; 
TOYwei 121, 8; HOI 107, 8; in ОУЇ, und zwar: AMAHAO YA 
105, 1. 107. 113. 114, I. 115,1. 116; M[MJO Yi 103, 21; KOYÎ 
103, 25. 114, 10. 115, 6. 


Zu den bemerkenswerten Eigentümlichkeiten der Hand- 
schrift gehört die Behandlung der Stichoi und, da die ganze 
Handschrift stichisch geschrieben ist, die Behandlung der Vers- 
abteilungen, endlich die Aufnahme der Psalmen oder 
deren Weglassung. 


102,12 kein neuer Stichos vor | 109, 3 vor МЧМАКІМ 
A4YTPE 1 kein Absatz bei dem 


22 vor ОМ MA NIM Versbeginn 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 


24 kein neuer Stichos vor 10 
AKTAMOY 
25 vor МІКОУЇ 48 
104, 5 vor мечэвнуе 


11 


zwei Stichen sind um- 
gestellt 

kein neuer Stichos vor 
хим ENE? 


16 vor АЧОУСРИ)Ч 108, 4 vor ANOK AG 
34 vor AYO ПЄБрРОУ- 15 vor МСЄЧЄТ 
хос 15 vor АЧВОК 
37 vor NE MNNETGOOR 51 kein Absatz vor dem 
39 vor MN OYKO?T Versbeginn ЖЄ 
105, 8 vor EOYWN2 114, 4 die Stichen sind um- 
15 vor АЧХ О0У gestellt 
23 kein Absatz bei dem | 116, 7 kein Absatz vor dem 


Versbeginn A4X.OOC | 
kein neuer Stichos vor | 
хуме» 
vor NTCOOY | 
‚ 2 vor 6ВОХ 2N NIAAXOC 
9 vor НТА NAMOPY- 
AOC 


Versbeginn Fnayon 
Psalm 117 und 118 fehlen 
113, 2 kein neuer Stichos vor 
NENTAYTAMIG 
120, 7 vor 4NA2APE2 
123, 3 vor NGYNAOMK. 


Wir wenden uns nun zu den orthographischen und 
sprachlichen Eigentümlichkeiten der Handschrift. Durch 
die ganze Handschrift zieht sich die Vereinfachung der 
Doppelvokale: АЧКАЧ V sonst АЧКААЧ 104, 20; печмлхе 
sonst ПЄЧМААХЄ 115, 2; TNCMAMAT sonst TNCMAMAAT’ 
114, 12; NETOYAB sonst NETOYAAB 105, 16. 107. 48; Gl- 
C?HT€ sonst ЄІСІННТЄ 120, 2; 2MOC sonst 2MOOC 109, 1; 
H[TAY]?MOC 121,5; NCESOAOY sonst КІСЄСООХОУ 108, 
29; 6d)A46OA€4 neben €0)A460OA€4 108, 19; ETOTOY 
sonst €TOOTOY 105, 41; OYKAOA€ sonst OYKAOOAE 
104, 39; nGTGOB sonst NETGOOB 104, 37; АЧХОС sonst 
A4X.00C 104, 31. 34. 105, 23; AEIX.OC sonst АЇХООС 115,2; 
EIEX.OC sonst EIEX.OOC 107, 45; ХОЧ sonst ХООС 113, 
10. 123, 2; GJON sonst Moon 105, 1. 111, 3. 9. 120, 2. 
123, 1.2; мета)оп sonst NETAJOON 121, 6; FWON sonst 
moon 103, 33; CENAMOW)E sonst СЄМАМООЦ)Є 103, 20; 
NNEYMOWE sonst NNCYMOOQ)G 114, 4; EX.OPOY sonst 
EXOOPOY 105, 27; NNEITWBE sonst NNEITWWEBE 102, 2; 
NTAYTWBE sonst NTAYITW@WBE 102, 10; EY2EBWN sonst 


12 I, Abhandlung: Wessely. 


EY2EBDON 104, 16; AN'CCOX sonst ХУ СЧ 105, 39; эрч 
sonst 2102024 108, 18; FNAYWDT sonst FNAYWWT 116, 7; 
MNX.WP sonst МПХООРЄ (London) МПР Pistis So- 
phia 119, 4. Ähnlich ist die Reduzierung von Doppelkonso- 
nanten: NPEYMOOYT, besser: NPPEIMOOYT (London) 105, 
27; ENMANCEMEPIT V ENMANCEMEPITT 108, 4. Vgl. AYƏ- 
BIE У 104, 18 neben AYOBBIE L, AYOBBIO У 105, 41; 
ХЇӨБВІО У 115, 6. 

Wo andere Handschriften T haben, erscheint hier ©: 
NAGIATOY Vindob., NAIATOY London 105,3; NCwei V, 
NCW І, 108, 31; 4460€1A6€ V, АЧСОЇХЄ І, 104, 23; AGIOY W2? 
V, мо > І, 119, 1; EEIWANWAX.E У, єїаулмаухх Є LR 
ibid. AEIYAXE У, хіаулх Є L; АЄІОБВІОЄЇ У, АЇӨВВІО L 
115, 1; лахос У, АЇХООС L 115, 2. Der umgekehrte 
Fall ist regelmäßig in ПХОЇС V, ПХОЄІС L; ПІ V, nei L 
113, 1 (das Gehen). 

Die Variante HOY für НУ (Rahlfs, р. 31) erscheint in 
NTNHOY У neben NFTNHY L 107, 11; OYHOY V neben 
OYHY І, 102, 12. 

Statt der Pluralform XIXEEY finden wir in unserer 
Handschrift regelmäßig XIXEOY : NEIXIXEOY 104, 24; 
NEYXIX.COY 105, 41; NENXIX.EOY 105, 47; NEKXIXEOY 
109, 1; NNEAXIXEOY 111, 8. 

Die Assimilation eines auslautenden Nasals vor folgendem 
Wortanfang mit N ist selten: ATM NX.OiC 120, 2 sonst z. В. 
€BOA?H ПКА? 103, 14. 

Schwankend ist auch die Verwendung von ф neben n2: 
dur V neben n2HT L 103, 15; ЄП?АП V neben ЄФАП L 
105, 3; N20 V neben фо L 103, 50; pe V neben ME L 
105, 29. Vorzuziehen ist AddCT im V der Lesart AdBCT im 
В. s. Rahlfs p. 37f. Ps. 105. 40. 

Das härtere Є in OYNOG (L) ist vertreten durch X: 
O[y]M[O]X. V 107, 2. 

Für XIN erscheint хм: XN ENE2 107, 48; хм NEEIBT 
112, 1; XN TENOY 124, 2. 

Die ältere Form des Pronomen person. Plural 1. Person 
ANN für ANON steht in 102, 14 (ANON І, [Ммм B prima 
manus, [A]JNON В correct.). Dagegen finden wir ANOK im У 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 13 


wo andere Handschriften ANT haben: 108, 22 L und Pistis ХЄ 
ANT OY?HK€ AY(O ANT OYEBIHN; 106, 6 ANT L. 

Über bemerkenswerte Formen des verbalen status con- 
structus haben wir folgendes zusammengestellt: Ps. 102, 11 А 
NXOEIC TAXPE У neben TAX.PO L vgl. Steindorff 260. Ps. 
104, 39 лчпфра) оүклолє V, besser хчпера) OYKAOOAG 
Г vgl. Steindorff 212. Ps. 104, 14 A4XNIO 2ENEPWOY У, 
besser АЧХПІЄ L vgl. Steindorff 262. Ps. 108, 11 торп У 
neben ТЄРП L. Ps. 123,5 ФУТРТР V neben YIPTWP L. 

Für die Konstruktion des Objekts mit N habe ich folgende 
Fälle notiert: ETXICE МОУЄВІНМ V neben ETXICE ОУЄ- 
BIHN L Ps. 112, 7; NENTA4YTAMIE мтпе V 124, 12. 120, 2 
neben TNE L vgl. Stern $ 494. Dagegen ohne N: АЧЧІ ТЄЧСІХ. 
V neben АЧЧІ МТЄЧСІХ, L Ps. 105, 26 Atdl NABAA V 122, 1 
ХЄГПЧІ NABAA V 120,1 neben NNABAA L. 

Formen des Artikels älterer Texte finden sich in den 
Varianten NNITOY€IH У, NNTOYEIH L 103, 12; NNIOCIAE : 
NNOCIA€ (Widder) 113, 4; dagegen ENMA У, ЄПІМА L 115,3; 
2N N2EONOC V, 2N мэвенос L 107, 2. 

Es folgen andere Zusammenstellungen orthographisch-lexi- 
kalisch bemerkenswerter Varianten: NNI22XX6 У und Pistis 
NNIG)X.€ І, 108, 23, es erscheint demnach dieses Wort in drei 
Formen: YX.E, 6х6 und 2X€ (Heuschrecke). — NNAOYPHTE 
V, NTAOYEPHTE L 120, 2; NNEKOYPHTE V, NNEKOYE- 
PHTE L 109, 1 (Каб) — N]AWO2BE[K V, NAG)OB?K L 120, 6, 
vgl. d)(DE2 exsiccari arescere mit U)W2T combustio flamma. 
— NOYMAC V, NOYMACE L 105, 19: MMAC V, MMACE L 
105, 20 (МАСІ: MACE Kalb, MAC Junges) — МПНОУ У, 
мпнує І, 113, 11 — пекмхе V, MEKNA L Pistis 108, 26 
— 2PEKPIKE V, PEKPIKE І, 120, 4 — NNTWPT V, NNTOPTP 
І, 124 — 06 V richtig, OH L 102, 12 — NXOEIC nETP2X- 
EIBEC V, п. пвохвес І, 120, 5 — плифа)с монт хе 
раме V, плпоа)є хе раме L 115, 2 — AiXIG)KAK L, 
хера) У 119, 1. 

Die Varietas lectionum ist nur in wenigen Fällen eine 
Abspiegelung der griechischen: TWOYN €?pAi плєооү 
TWOYN NEFAATHPION MNTGIOAPA V ‚steh auf, meine 
Ehre, steh auf mein Psalter und Harfe‘, wo griechische Hand- 
schriften den Zusatz tragen û 855 роо бд TWOYNT NE- 


14 I. Abhandlung: Wessely. 


YAATHPION MN TKIOAPA L 107,2. Besonders klar ist die 
Abhängigkeit von der griechischen Varietas lectionum in 121, 1 
врат imi toig gieraie цого... elg olov журоо wopsucóps0a, var. 
лоресфєба; ersteres ist repräsentiert durch TNNABWK L letz- 
teres durch MAPNB[CODK V. 

Es erscheinen Varianten, die im Griechischen kein Gegen- 
stück haben: 102, 6 n2[A]n NE ‚er ist das Gericht‘ L; n2an V 
zolua Griech. — 115,5 ПХ.ОЄІС NGENNOYTE ‚der Herr unser 
Gott‘ V NXOEIC AYW nGHNOY'TG L der Herr und unser 
Gott‘. — 112,3 XN ПЄСІВТ V ‚vom Osten! AYW XIN ENE2 
UJA ENE? XIN NEEIBT І, ‚und von Ewigkeit zu Ewigkeit vom 
Osten. — 112, 1 смоу GENGCAPAN У ‚Lob seinem Namen‘ 
CMOY прам MNXOIC ‚Lob (dem) Namen des Herrn‘. — 
115, 2 лахос У, ANOK AIXOOC L бр 8 ата Griech. — 
107, 1 2N эеммнае V, 2N мєммнна)с L wie im Griechi- 
schen èv 5215 Зоудрастм Augen, — 104, 15 AYO мпрпомнре\уе V 
xai un rovngebeche : МПрРПОМНРЄУЄ L. — 103, 6 ‚Die Wasser 
standen EXN [H]TOOY V vor den Bergen‘; besser: AXN 
NTOOY über den Bergen Zei зу Хого L. — 103, 15 прп 
ETEYPPANE V, ‚daß der Wein erfreue des Menschen Herz‘ 
пнрпе сүфрлме L а. і. xai оїуос єйбрраїче: Griech. — 102, 19 
мечеронос V, псчоронмос L а. i. 055%, Singular, Griech. 
— 102, 20 по:обутгс Toy héyov айтоб tou duoc steht im Griecht, 
schen, wie GCWTM in L; nicht aber &«252v::z, dem die Variante 
CTCWTM im V entsprechen würde. — 103,3 eis т>у alva тод 
ду im Griechischen entspricht YA GENE? МЄМЄ? im L; 
der Vindobonensis hat nur OOA ENE2, läßt also тоб 210725 weg. 
— 108, 34 NAWAXE AE NAWWNE У; im L fehlt das AC. 
— 104, 5 нмапнре V, мыечаннре L wie im Griechischen 
збу бхоразіву айтоб. — 107, 7 "РМАЖІСЄ мтхпеа) — NTAEN 
V, Fnaxıce Tanca — ТАЄП LR (zu NTA vgl. Steindorff 


250*) ‚darum frohlocke ich, ich will teilen — vermessen‘. — 
103,29 EKWAN4I У dem vorhergehenden €KQ)ANKTO an- 
geglichen; КМАЧІ L und В. — 103, 13 ПКА? NAMOY?2 


NNKAPHOC NNEK2BHYE У ‚von der Frucht deiner Werke 
wird übervoll die Erde‘ ПКА2 NAMOY? GBOA 2N NKAPNOC 
ммечэвнуе L &=> хартоб zën Zen cov уортасбйстт d, үй 
Griech. — 114,5 EYEPTEY2E NGI NETTAMIO MMOOY У, 
besser als NENTAYTAMIOOY L ‚ihnen gleichen die sie machen‘, 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 15 


d туты. — 105, 38 AY OYt(OG)T V richtig, von ОУФФИ)Т 
ууегебгеп'; AYG)OXODT L falsch von YWWT schneiden. — 
104,5 ечтхчллу V, besser als МТЄЧАЛХУ L; vgl. Steindorff 
512. — 104, 14 МПЄЧКА У gleichwertig mit МПЧКА; vgl. Stein- 
dorf 313. — 102, 20 єпороу V, епегроо\у L (richtiger 
nach Steindorff 150). — 108, 5 N2NNGTNANOY4 У, N2N- 
NETNANOYOY L, besser. — 105, 34 N2EONOC ENTA 
пхоїс X.OOY NAY V, besser nach Steindorff 512 als NTA L. 
— 107, 11 GNTAKKAN У, NTAKKAAN L; vgl. Steindorff 512. 
— 105, 32 ETBHTOY V, ETBHHTOY L, besser nach Stein- 
dorff 391. 

Unsere Handschrift bevorzugt reinkoptische Worte den 
griechischen Lehnwörtern gegenüber: 115, 4 лекра) егрм 
ЄПхО[]С V, мегклле MHpAN MNXOEIC L. — 115, 3 
NTAXOd) €EOA V, TAGHIKAACI L. — 113, 8 моут V, 
пнгн L. 

Auffallende Formen griechischer Wörter sind 107, 2 61- 
OAPA V, KIOAPA L. — 104, 15 ENAXPHCTOC V. ENAXPI- 
CTOC L. Der Eigenname фінєєс steht im У (wie im Grie- 
chischen): dagegen PENEEC L 105, 30. 


1. Blatt. 


Aus drei Fragmenten von mir zusammengesetzt. Höhe 
182, Breite 9-7 cm. Kollesis rechts 3:6 ст. 

A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2cm, linker Rand 1:5 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pagina A 
Psalm 102 MAAAYEIA PB 
1 TIAY]YxH смоу enxoeic 
ме[т 2M] NACAN2OYN THPOY 
смогу) EeNE4PAN ETOYAAB 


1 ме[т У, ато» мет L, [a] TO wer... B, xal Gr. — 
NACANHOTH У, пасамостум L. — (метмпає)амости В, 
метеми. Ind., метии. Pistis Sophia. 


16 І, Abbandlung: Wessely. 


з TAY[y]xH смоу enxoic 
м[прјрпова) NNEYTWBE 
THPOY 
з п[еткоф NE EBOA NNOYA 
NOMIA THPOY 
N[ETT]JAASO NNOYO)ONE THPO[Y] 
4 [п@тсфте MNOYWN? EBOA 
эм NTAKO 
п[єт+{] NO[Y]KAOM ежа NNA 
[21 MINTWAN2TH4 
5 [NETTCIo мпоуфа) NAFA 
OON 
[TOYMN]TK[OYi] NAPBPPE N 
[0]€ NTA OYAETOC 
6 [n]xoeic neT[e]ipe N2ENMN[TNA] 
[AY] n2[A]n N[O]YON NIM 
гєтрену NG[ONC] 
т |хуоу)ємо) uea(2100y 6€ EMW/CHC] 
[мечоујо[о)) еманре мпїнх] 


B. Schrift und Fasern parallel. Oberer Rand 22 ст, 
rechter Rand 1—15 em. 


Anfang des Blattes. 
Pagina: B 
Psalm 102 
10 OYA€ NTAITWBE N[AN] AN 


КАТА NENANOMIA 


2 епо oic V, епосоєтс LB. — миров V, ATO ми. 
L, [arw ми ррисз)бш В, ue ул ції Emihavdävon Gr. — 


negtwoße LB, Pistis. 4 [мио]хомеф B. — ом DKCH 
Pistis. — HMA 9120) OI мит. Pistis. — митшаиотич L. 

5 миотото»пу Pistis, — мех Pistis. 6 no[a]n У, wie 
біда Gr, Ngan ме ‚ist das Gericht L. т еищире L. 


10 итачтове У, nraqroobe LB. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 17 


11 XE KATA NXICE NTN[E E]BOA 
aN NK[A2 ] 
AnXOGIC TAXPE печ[м]х . 
EXN метрготе 2HT[4] 
12 KATA OG ETEPE пеейвт] 
OYHOY MNEMNT лат[ре] 
NENANOMIA OTT HI 
CABOA MMON 
13 NOE ETEWAPE OYEIWT` 
ауметня 24 мечанре 
A пхоїс d)N2TH4 24 NETP 
20те ?HT4 
14 хе [N]TO4 хчеме ENEN 
ПЛАСМА 
[apın]meye пхоїс хе ANN ОГУ)КГА? 
15 |хуа» NOE] NOYXOPTOC NE NE[20OY] 
мпром(є6 
NOE NOY2PHPE NTC[WAJE 
TAT T[E] өв ETEUNAAJ[OOYE 
16 [XE A nje[lajnna єї EBO[A N2HT4 
[AY Mjeaayone 


11 ити[е e]àoÀ ом mnm[ao BL У, wie das griechische, 


ehoA om. В*. — a nxoeic таре V, à nocoere таро Г, 
Inparalwse xpi; aber аЧтах]ре В = M. — exn LB. 

12 ee V, он І. — ownow V, отит L. — Neuer Stichos mit 
ачтре L, kein Stichos V. — оті V, оте LB. 13 nee ете- 
wape V, мәе ещаре Г, [noe] epua B. — посоїс У, 
nxoeic І. 14 ами У, [а]ии В", anon L, [ajnon B°. 

15 ATW om. В, #убрөл Фо! уфртов Gr. — емте(оущіе) V, 
мтесще B. — ererjtaw[oore V, етчиащовте L, [erq][na- 
{о]з в B. 


те 


Sitzungsber. d. phil.-hist. КІ, CLV. Bd. 1. Abh, 


18 1. Abhandlung: Wessely. 


2. Blatt. 
A. Die Schrift läuft senkrecht zu den Fasern. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: r 
Psalm 102 x » 
18 мпмєєує мнечечт]охн €AAY 
Сз 
19 [A]NXOIC CETE n640PONOC 
aN TNE 


хуга) TE4MNTEPO о NX.OIC 
EXN OYON NIM 
20 C[M]OY ЄПХОЇС МЄЧАГГ6 ЛОС 
THPOY 
[NXW]WPE 2N теубом ете 
ре мпечахже 
ETCWTM EN2POOY ммеч 
аухх є 
21 CMOY єпхоїс мечбом THP[O]Y 
мечаумаутт ETEI[PE мпеч 
оуса) 

22 смоү ENXOIC мечэ[внүє 
THPOY 2N MA мим N] 
T€4MNTXOIC 

[T]aYYXH смоу ENX.OIC 
— 2 3 23 3 >>> — >> >>> — 


_ 19 меҷеромос У, пеҷеромос L, feinen Gr. — Tox oic У, 
мосоєгс Г. — етефтм V, parallel zu пообутес тоу Aóyov abrod 
етегре Мпецщаже; есотм L, wie тоб Acten im Gr. — 
епороот V, eneopoov L, ,е[пјеороот B. 21 emo oic V, 
enxoeic L, епос о|еге, В. 29 emo oic V, emocoeic L, 
‚e[noe|se B. — neuer Stichos mit Ө ма HIM LB kein Stichos V. 
— on ма V, ом ма LB, ou ma B. — епт отс V, епох oere 
LB. — Der Schluß im VL wie im Griechischen; add. AAH- 


Aozilal B. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 19 


Psalm 103 [pr] NAAAYEIA 
1 TAYYXH смоу en[xjoic (пхоїс 
(пхЛоїс HANO[Y T€ лар 2ENMNTNOG EMATE 


Höhe 195 em, Breite 13:5 cm. Aus 8 Fragmenten von 
mir zusammengesetzt. 

B. Schrift und Fasern parallel. Oberer Rand 22 cm. 
Linker Rand 2—25 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pim 103 EE: 
з (|є)лчка» NNE[KAOOAJE ETPEA 
AAG EPAI GXOOY 
NETMOWE EXN NTN? NN 

THOY 
4 NETTAMIO NNEYATTEAOC 
MIINEYMA 
NEAAITOYPTOC NUJA? N[CAT]G 
5 A4CMNCNTE MKA? [2N OY] 
DPX NYNAKIM AN WA 
ENC2 
6 Aq6O0OAC4 MNNOYN NOG N 
OYPOQO)N 
MMOJOY NAA2EEPATOY EXN 
(7) N]TOOY 7 CENANWT EBOA 
N]TEKENITIMIA 


103 1 erster Stichos є|посоєгс ~ В, — einmal [nox oic] B 
wie im Griechischen die Vulgata; zweimal: L und der Kodex B im 
Griechischen. 

_ 3 єрраї V, egpai L — митнох У, митит В. 
5 MERAQ B — neuer Stichos mit ицилиум В. — Wa enep У, 
ща enco и eneo L, elc тоу alva тоб alavos Gr. 6 отрощи 
ү, оуршои L — eon (м|тосту У bis zu den Bergen: IH 
NTOOT über den Bergen L, êri zim Spdwyv Смесь. — Keine neue 
ә 


20 1. Abhandlung: Wessely. 


NCEJPPCWB эм пегрооу N 
NE]K2POYEBAI 
8 NTJOYEIH XOCE NCWa)e 
20BE 
зм NEYMA €NTAKCMNCN 
TE MMOOY NAY 
9 AKKW] NA[Y] NOYTOU) EINNEY] 
[EWCAATA] ` 


3. Blatt. 


Von mir aus 4 Fragmenten zusammengesetzt. 
A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: € 
Psalm 103 "EM 
12 60)AYO YO» AXWOY NGI N 


N2AAAT6 мтпе 


Zeile bei dem Anfang des 7. Verses У — on пеороот VL, ми [е- 
ороот| В, And ic çavî роутїс Griech. — Оротіібаї У, ороу- 
A [бат B, оротфат L. 

9 ноттощ e[ und am Ende der Lücke im nüchsten Stichos ein 
horizontaler Strich, der auf q hindeutet: V nos Ton ниєтещ- 
салат L. ‚91 Dedit große Schwierigkeiten. L hat МОПУТОУЦ) имеу- 
eujca a TG, was bis auf das orthographisch falsche TOU (statt TOW) 
griechisches Zeen 8 ob таредебсоутаї richtig wiedergibt. B's mies" rouj 
ist ja nicht unmöglich, aber doch gewiß nicht ursprünglich , sondern 
vielleieht durch Vermittelung eines HNOTTOW (vgl. МИОУЦУІМе 
88 46) aus MOTTOL entstanden. Das folgende emte[$] ist entweder 
falsche Schreibung für Tute? oder für ein sonst freilich noch nicht be- 
legtes enner. Am Schluß hat man ca A [TOT] zu ergänzen, falls die 
Form dem sekundären мметутощ angepaßt war‘. Rahlfs миєттощ 
ene[ve]jycaa,-- 

12 ешатотод У, щатотою І, [ugavovo]o, B, х2- 
samınywası тх петиуя Griech. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 21 


wayt NTEYCMH NTMHTE- 
NMNETPA 
13 NETTCO NNITOYEIH EBOA 
ом мечпетхосе 
NKA? MAMOY? NNKAPNOC 
NNEK2BHYE 
14 ner] oyw NOYXOPTOC N 
NTENOOY€ 
OYOTOYET NTMNT2M2AX 
NNPOMG 
ETAYEOEIK €BOA?N MKA? 
15 AYO nupn ETEYPPANE M 
PHT MnpaMe 
ETPE пєчго OYPOT 2N OYNE2 
NOEIK NETTAX.PO MN2HT 
MNPWME 
16 CJENACEI NGI маны THPOY 
NTCWU)E 
NKEAPOC MHAIBANOC EN 
TAKTOGOY 
11 6p]€ NXAX M[OCE N2]HTOY 
[пні мпєелсов XOCE EPOJOY 


13 мшитотеи V, митотєї І, птотен B — инао 
namoro микарпос ммекобнте У, [ңар мамо)тд 
чик LapnJo[e] В, 32 картов rûv Epyov тоо уортаабіаєта ў үў MRAP 


намото CROA on MRAPHOC миєцойнтє L. 14 ебећом 
пкаф У, єболом тка? L. 15 пири етеуфраме У, 
пирие суфраме L, xal olg рамы Grieeb. — понт У, 


PHT L. 


22 I. Abhandlung: Wessely. 


Höhe 22 cm, Breite 13:5 ст. 


B. Die Schrift und Fasern laufen parallel. Oberer Rand 
25cm, linker Rand 2 cm, rechter Rand 2 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: © 
Psalm 103 EE Е 
20 CENAMOWE мгнтс NGI NOH 


PION THPOY NTCWA)JE 
21 ММАС М[м]оүї EYA2HM єутерп 
EYÜ)INE NCA TEY2PE EBOAATN 
пхоїс 
29 A MPH WA AYCOOO y? E2OYN AYN 
KOTK 2N NEYBHB 
A проме CL EBOA ENE42WB 
23 хуФ ETEAEPFACIA UJA DHA 
NPOY2E 
24 NOG ENTA NEK2BHYE мха 
пхоїс AKTAMIOOY THPOY 
2N OYcodıa 
А ПКА? MOY? EBOA 2N NEK 
CONT 
25 TGOAAACCA TEINO6 ETOY 
OU)C EPE NXAT4E ментс 
ETG MNTOY HNE мкоүї 
СТОМ? MN NINOG 


V. 99 1 in а Ум außergewöhnlich groß ebenso V. 24 in тироу. 


20 семамоще У, (сем а | моощує) B, cenamoowe L — 
менріом У, neenpion LB. 21 |ммотєї В — ewropn 
D, етори B*L, wie das griech. wpuspevar Apräsaı — езщиме У, 
[ециме] В — ehoAgırn ижое У, ehoAgır мимозте L, 
еболоітм, пи os[Te] B. 24 wo оїс V, nxoeic L — neuer 
Stichos mit ARTAMOOF L — ARTAMIOOT V, ARTAMOOT Г. 
25 Temos V, {мос І, — neuer Stichos mit MIROTY L. 


26 


27 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 


EPE межну сєнр N2HTC 
E4MMAY NGI NEAPAKWN 

ПАЇ G[NTA]KNAACCE 
[|  MMO4 есфве ммоч] 
в[убфат 


. oh è è% ù ç 9 9 9 э 2 9 o 9*9 


4. Blatt. 


Rand 2 ст, linker Rand 2 ст, rechter Rand 25 ст. 


Pagina: 
Psalm 103 
29 


30 


31 


32 


Anfang des Blattes. 


7 


EKWANKTO EBOA MNEK2O 
CENAWTOPTP 

єкаухмчі мпеупмх CENAW 
XN NCEKOTOY ENEYKA2 

KNATNNOOY мпекпмх 

NCECWNT 

NTP пго MrKA? вврре N 
кесоп 

Mape NEOOY мпхоїс QW 
пе ал ENE? 

пхое{с] млеуфрлме EXN 
NE42BHYE 

NETEWWT EXM NKA? ET 
тречстот 

петєаулчх а» ENTOOY N 
ce] клпмос 


29 lies мпезупиа. 


23 


Oberer 


_ 29 enwangı V, вмафі В — cenacox i У, мсео|жи) В. 
30 исесомт L — фо B — Ёћрре У, neppe г, [u]óppe B. 


31 мпосоїс V, мпогоєгс L. 


32 mereujaqoe oo ємтосу 


24 1. Abhandlung: Wessely. 


зз Fnaxw enxoeic ?N NAWN 
Рим лі ENANOYTE EN 
госом Fwon 
34 плалхе AE нлафпе єч 
20۸6 МАЧ 
ANOK AG | млеуфрлме 
[EIXM nX[ocıc] 
[сре NPE4PNOBE WXN] 21 
[XM HKA2] 


Höhe 13:5 cm, Breite 13:5 cm. 
B. Die Schrift und Fasern laufen parallel. Linker Rand 
2'5 cm, rechter Rand 1:5 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: H 
Psalm 104 Е Е m 
1 OYWN2 EBOA МПХОЇС NTE 
тнешклм MNE4PAN 
NTETNXW NNE42BHYE 2N 
N2EONOC 
2 хо ероч NTETNYAXx! EPON 
мтєтиха» миєчаупнрє 
THPOY 
з NTETNXIı TAEIO 2N печрхм 
ETOYAAB 
MAPE пгнт EYPPANE N 
NETWINE NCA пхоїс 


У, neujaqoeoo емтоот L, [пеща2х00] euro[ow B. 

33 on пасмо У, ом паюиф L — TuawaAA: V, $ra- 

Pader L — емоосом V, досом L — twon У, {шоо L. 

34 Me zwischen NAWARE und NAWJONE fehlt in L — eqooA5 L. 
3 мтєтижітаАЙО B — on пецрам У, ом печрам LB 

— пос V, посоєіс L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 25 


4 WINE НСА NXOIC NTETNSM 
GOM 
MINE NCA печго моуовю) 
NIM 
5 APINMEYE NNWNHPE 6NTA4 
AAY мечэвнуе 
AYO м2хп NTEYTANPO 
6 H6CH6PMA NABPA2AM меч 
2M2AX 
NQ)HP6 NIAKWB NEICWTN 
т мточ пе пхоїс NENNOYTE 
N€42Anl 2N NKA? тнр[ч] 
8 A4P[NMEYJE NTE4[AJAOH[KH] 
[QA ENE2] 


5. Blatt. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2:5 ст, linker Rand 2:2 cm, rechter Rand 2 ст. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: Ө 
Psalm 104 B 
10 NAJA ENE2 


11 вахо ммос хє Ем} 
МАК MIIKA2 NXAN[AA]N 
NCKNO Y? NTETNKAHPONO 
MIA 


——  — 


V. 6 T in COTH hat die doppelte Größe. 





4 итетибмбом L. 5 мищиире У, ммечиутире L, 
10у Ompaclov 2000 Griech. — емтацаату У, мтецаат L — 
neuer Stichos mit мечойнтє BL. 7 мточ L — noer L. 


11 менмото У, менното L. 


26 I. Abbandlung: Wessely. 


12 эм NTPEYWYWNE єусовк 2N 
TEYHNE 
EYCOBK EYO NPMNGOCIAC 
N?HT4 
13 AYEI EBOA 2N OY2EONOC EY 
?260NOC AYO EBOA2N 
КЄ MNTEPO EKE AAOC 
14 Мпечкх PWME EXITOY NGONC 
хчхліо 2ZENEPWOY ETBHTOY 
15 XE Mnpxo? ENAXPHCTOC 
AYW мпрпоннреуе 2N NA 
профнтнс 
16 ламоүте EY2EBWN EXM 
ПКА? лхчоү@а)уч мп 
TAXPO MNOEIK 
17 хчхеу оурфме 2AT€Y?H 
AY мажнф евох €y2M2AX 
18 AYOBBIE мєч[оүер]н[тјє 2N 
[NEINE N2OMNT] 


Höhe 22 cm, Breite 19:5 cm. 


В. Schrift und Fasern parallel. Oberer Rand 25 cm, 
linker Rand Эст, rechter Rand 2 cm. 


12 өй птретщоте У, ом TX. L — ирмибоеме У, 
ирмибогАе L. 14 миечиа У, Anqua L — ngone У, 
мбоме L — adqpoemio У, ve Kack L. 15 ENAXCPHCTOR У, 
емо рістос L — гто› мприомиретє V, ха! рі; поупрейєовє 
Griech., &$9« om. LB. 16 espehon У, стоебоон І, — 
neuer Stichos mit àdqowvouyq LB. 17 evmoM[o&A B — aT- 
обе V, (аттобдіє) B, атеббіє L — ом [neme] У, ом 
neme І, ом име] В. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 27 


Anfang des Blattes. 





Pagina: 1 
Psalm 104 = 
20 HAPXON NNAAOC АЧКАЧ € 
BOA 
21 A4KAOICTA ммоч NX.OIC 
EXM печні 
АҮФ NAPXON MNETNTA4 
тнрч 
22 ECBO NNE4APXWN NTE42E 
АҮ ETCABO мечоххо 
23 A MICPAHA BWK Є?РАЇ екнме 
TAKWB AqGOCIAC ENKA? N 
XAN sie 
24 AYAYZANE МП6ЧААОС 6 
MATE 
aqt бом мла E2OYN ємеч 
хахвоу 
25 лактє печзнт EMECTE 
NEYAAOC 
AYW еркроч 2N NE42M2AA 
26 AdX€Y MWYCHC печ2м?лл 
MN AAPON MENTAACOTTNA 
27 лако N2HTO Y NNWAX.E 
NNE4MAEIN 
AYW пєча)пнрє 2N NKA? 
[NXA]M 
20 Anert V, ачнаац L. 23 тісрані V, тиий L 
= Aore L, &qóooerAe У — ефоти емнецжижеот У, 
90те neqoe ioc еет L. 26 n[e]qoo,& [A] В, ,L hat noch 


МИ vor Aapan, im B reicht der Raum auch bei Fortlassung von ми 
nur knapp‘ Rahlfs; praemittit ха! 210 et Aaron Vet. Lat. 27 en 
MA? V, ом TRAY L. 


28 I. Abhandlung: Wessely. 


6. Blatt. 


Gegenwärtig zwei Fragmente. 
A. Schrift senkrecht zu den Fasern. Oberer Rand 22 cm, 
linker Rand 2cm, rechter Rand 3-2 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: 
Psalm 104 2.2 _ И 
30 2N NTAMION NNE€YPPOOY 
31 АЧХОС Au NGI NAYNOY2OP 

AYO пегхфм эм NEYTOU) THPOY 
32 лако NOY2WOY NAA MNE 
NKW2T €4MOY? 2N NEYKA2 
33 A4NATACCE NNEYBW NE 
AOAC мннеува NKNTE 
34 хчоуфач маны мм N 
меутоа) 
хчхос лче NGI пеа)хе AYW 
певроүхос єтє MNT4 HNE 
35 A4OYWM мпехортос THp4 
MNEYKA2 
36 АЧПАТАССЄ NWPN MMICE 
NIM MIIEYKA2 
TAHAPXH NNEY2ICE THPOY 
37 AdNTOY EBOA 2N П?АТ MN 
пмоув NE MN петбов — 


2N меуфулн 


LA 


_ 81 àaqmooc L — п]ечмо[хфор В. 32 мотооот У, 
мметооот L, tàs 820745 Gr. — ом пезнао V, ом m. L. 
34 aqzxooc L — neuer Stichos mit ATO пеброт ос L — 
мито L. 36 мурпммісе B. зт gm поат V, ỌM 
NAT L — neuer Stichos mit ме мипетбоой LB — мет] 5 0o, 
B, nevróoob L, петбой V. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 29 


38 A кнме еуфрлме 2N ney 
EI EBOA XE A TEY2OTE 
61 егрм EX.WOY 
39 АЧПОРа) OYKAOAC євох 
[6р)2ле[вес E]POOY MN OY 
(карт EP оуобім E]POOY N 
[теуфн 
40 [AYAITEI N26NA4 ACEI] NAY 
(мет OY2H мпнр]є 
[A4TCIOOY MNOEIK NTNE] 
41 [An NOYNETPA A 26N] 


Höhe 23 cm, Breite 19:5 cm. 
B. Schrift und Fasern parallel. Oberer Rand 2-2 cm, 
linker Rand 2:2 ст, rechter Rand 1:5 ст. 


Anfang des Blattes. 


Радїпа: IE 
Psalm 104 
41 MOOY ауру О €EOA : A 2ENGIE 
PWOY сок 2N 2ENMA EMNMO 
OY №нтоу | 
42 хе AYPIIMEYE MNEIWAXE є 
TOYAAB ENTAICMNT4 MN ABPA 
2AM TIE42M2AA 
43 АЧМ П6ЄЧААОС ЄБОХ эм OYTGAHA 
AYW мєчсотп 2N OYOYNO4 
44 Ad NAY NNEXWPA NN2EONOC 
AYKAHPONOMI NN2ICE NN 





AAOC 
38 au never І, on m. У. 39 aqnopuy OTRAoNe 
V, ачпершу отиЛосЛе L, [ayııpıy о] T RAO che, B —- neuer 
Stichos mit An ownooT L, — |а тагтет)а cer B. 


44 а7кАнромомех L. 


30 I. Abhandlung: Wessely. 


45 XEKAC EYELAPE2 емечлкм 
WMA 
AYW NCEWINE NCA печномос 
— >>>>>>> — %\>>> — 
Psalm 105 PE AXAHAOYÍA 
1 OYWN? EBOA мпхоїс хе OYXPHC 
TOC пе лү NENA а)оп 
WA ENE2 
2 NIM NETNAX@ NNGOM МП 
хоїс NITPEYCWTM ємеч 
смоу THPOY 
з NACIATOY NNET2APE2 En2Al 
ETEIPE NTAIKAIOCYNH 
NOYOEId) NIM 
4 A[PININMEYE | nxoeic 2)м ol) 
[MNEKAAOC 
(нгемпємаумє 2M NEKOYXAI) 
5 [ETPENNAY 2N TMNTXPC NNEKCWTN] 
[NTNEYPPANE зм поумоч мпек2сөнос) 


7. Blatt. 
A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2 ст, linker Rand 2°5 cm. 
Pagina: [ır] 


Psalm 105 Beginn der Seite. 


5 GTPENXI TAEIO M[N] TEKKAH 


PONOMIA 
105, 1 o?Xc L — won V, woon Г. 2 мибом L. 
3 маїатот L — ефаи L. 4 &pmmemaeese г — ох 


nos[ow VL, Mno [Tow] B. 
5 ми Г, [pn B. ‚Statt [o] hat L МИ == perd; dies kann 
man in B nicht ergänzen, weil es hier nach ausnahmsloser Regel мА 





10 


13 


14 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 31 


хе ANP мове MN NENEIOTE 
ANANOMI ANXINGONC 
NENEIOTE мпоүєемє є 
мекаупнрРЄ 2N KHME 
мпоурпмєує мпла)х[й M 
NEKNA. 
Ayt ноубс єумну өгрм 2N 
T€PYOPA OAAACCA 
AYO лчтоүхооү ETBE 
NE4PAN EOYWN2 EBOA 
NT€460M 
AIENITIMA NTEPYOAA өл 
МАССА ACWOOYE 
A4XIMOGIT 2HTOY эм [NNOYN 
NOE 2N OYX.AIE 
лчтоүхооү єтбіх NN[ETMOCTE 
AdCOTOY €BOA2N тбіх MN 
XAX6 
A HIMOOY XDBC EXN N[CTOAI 
BE MMOOY 
MNE оүл шохп N?HTOY 
AYTICTEYE 2N NEIW[AX.E 
AYC[MOY 2]N п[єч]смоү 
[мубепн єрпажа)) NN[EA2BHYE] 
[MNOY2YNOMEINE 2M пєчауох ме) 
[лүєпөүме єуєпівуміх 21 пхме] 
[AYNEIPAZE мпмоуте 2N OYMA] 
[EMNMOOY N2HT4] 


heißen müßte. Statt usr hat nur S* (im Griechischen) ёу, was dem er- 
gänzten (оїм entspricht‘ Rahlfs. 

7 artnorõe L. — мпаща[ї] У, unJaujae[t] B. 
8 neuer Stichos mit Corong. | 9 lies мтертера. 10 мижа- 
хе V, мпогаже L. 


32 І, Abhandlung: Wessely. 


Höhe 20cm, Breite 14-1 ст. Aus drei Fragmenten von 
mir zusammengesetzt. 

B. Schrift und Fasern laufen parallel. Oberer Rand 2 cm, 
rechter Rand 16 cm. 
Pagina: [1A] 


Psalm 105 Beginn der Seite. 


15 Ad] му) MNETOYAW4 лахо 
oy No[yce]ı ммєеуУухн 
16 AY-FNO[yJ6C MMWYCHC 2N т 
nA[PJEMBOAH 
MN A[AP|DN NETOYAB MNX.OIC 
17 A HKA[2] OYXON хчфмк NAA 
OAN 
A42WBC NTCYNATWTH NABEI 
PON 
18 хука»т MOY2 2N TEYCYNA 
TOTH 
хүл? роко NNPE4APNOBE 
19 AYTAMIO NAY NOYMAC 2N 
XWPHB 
хуготуфаут NNEYMOYNT N6IX. 
20 [^У]алве мпеувооу 2N оүе 
че ММАС EWAYOYWMXOPTOC 
[лүр)поов MNNOYTE ETNOY 
2M MMOOY 
21 NENTA4EIPE NNIMNTNOG 
2N KHME мапнре 2N п 





o KA? NXAM 
15 MNETOTAWY B — neuer Stichos mit 42007 L — 
nemyvocnu B. 16 nerovaab LB — Amxoeic L. 
17 итетмасоси L — naßıpon Г. 19 МАУ nach AT- 
TAMIO omisit L, im Griechischen nur Єпоїусау — NMOTMAC V, NOT- 
масе L — ат[ојуошт V, атотоут L. 20 ммас V, 


ммоасе L. 21 он nnao V, ом MRA? L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 33 


29 2EN2ZOTE EXN TEPYOPA өл 
23 МАССА | лахос [в] чотоу EBOA 
[NCA]BH[A ем]ау[снс печсфтп] 
[емтхчхэерхтч 2M поуфач мпечмто] 
[EBOA] 
[EKTO EBOA мтєчоргн етмчотоу] 
[EBOA] 
24 [хүсєйуч NKA? CTNANOY4] 
(мпоупістєує ємєчаухх є) 


8. Blatt. 
А. N. 138. 
A. Die Schrift läuft senkrecht auf die Fasern. Oberer 
Rand 2-5 em, linker Rand 2 ст, rechter Rand 17 ст. 


Anfang des Blattes. 
Рай 105 | _ 
25 AYKPMPM 2N NGYMANGOJ[M] 
пе MNOYCWTM ENE42POOY 
26 A44 T€461X. егрм EXWOY 
EPA2TOY горлі эм TEPHMOC 
эт ерегт NEYCNEPMA 2N N 
2EONOC 
EX.OPOY €BOA эм NEXWPA 
28 AYWMWE мвеєлфегор 
AYOYWM өүсіл NPEIMOOYT 
29 хуРмоуєс млч гм NEY2BHYE 
A фе лалї мәрлї NEHTOY 


23 Neuer Stichos bei 23 Aqxooc L — adqoeoc У, ay- 
хоое Г, 25 епеороот Amoeoerc L. 

26 ау: тецбіос V, AO nTeysi L. 27 феемос У, 
9enoc В. — ежороз V, ехоорот Г. — атотом У, AT- 


ITOM L. — мреҷмоотт ү, пррецмооут L. 29 av- 
Bitzungsber. d. phil.-hist. КІ. СГУ, Bd. 1. Abh. 3 


36 


46 


І, Abhandlung: Wessely. 


[AdTAAY E2ENMNTAJANZTHA] 
[мпемто євох моуом) 
[NIM ENTAYAIXMAAD] 


9. Blatt. 


А. М. 139. Höhe 23 ст, Breite 13 cm. 


A. Die Schrift läuft senkrecht auf die Fasern. 


Rand 2:4 ст, linker Rand 2 cm, rechter Rand 2 cm. 


Pagina: 
Psalm 105 
46 


47 


48 


Anfang des Blattes. 
17 
тхе MMOOY 
MATOYXON пхос NENNOY 
те NTCOOY2 мегоум 
эм NENXIXEOY 
ETPENOYWN? EBOA мпек 
PAN ETOYAAB 
ETPENWJOYWOY MMON 2N 
пексмоу 
qCMAMAT ПХОбІС NIETOYAB 
NNOYTE MHICPAHA XN € 
NE? WA €N62 
хуа» єчехос NGI DAAOC TH 
pd хє EIEWDWNE E46 
Pz dune >-> AAAHAOYIA 
m aec ue 





Oberer 


47 mov oic V, næoeic L. — Neuer Stichos mit МССООУ L. 
— wenoixeoyw V, nenxixeer Г. — етремотооф ekod 
48 nerovatb V, ппетогаай Г. — Neuer 
Stichos mit as exeo L. — жи enep У, xm emeg Г. — 
erte ос V, eqeoeooc L. 


Tuki p. 200. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 37 


Psalm 107 ТФАН NEYAAMOC NAAYEIA 
1 NNOYTE nA?HT СЕТОТ 
nAeHT СЕТОТ FNAX® N 
тхУллм ENEKEOOY 
з TWOYN E2PAl плєооу TWOYN! 
NEYAATHPION MN TGIOAPA 
фихтфоум MINAY NOM 
(3) РП | з NTAOYWN2 NAK 
евох ПХОЇС 2N NAAOC 
[1] мхУллм EPOK 2N ме 
(4) емос |4 хє O[Y]N[O]X. пе 
(пуєкма EXN M[n]Hy6 
[AYM T6]KM[6] NH2 WA NE 
[KAOOAE] 
5 [Х1СЄ MMOK nNOYT]E [62р]м 
(єхм мпнує) 





107, 1 мталуа ЛА: enereoos У, тачуаЛАєгї ом ne- 

REOOT L. — ототи еодраї плеоот TOOTH пераЛтирюм 
ми Tóíeapa THATWOTH ею. У, «ЕеєуЄрвут й 2552 роо 25сүѓо0тт: 
Yahrıpıov xal мара 18 48 65 66 67 (69 marg. 80 81 99 100 
101 102 106 111 112 113 114 140 143 144 145 146 150 151 
152 154 156 162 163 164 166 167 168 169 172 173 174 175 
177 178 179 180 183 186 187 189 190 191 193 194 195 196 
197 199 200 201 202 203 204 205 206 208 211 212 213 214 
215 216 217 226 227 262 263 264 265 266 267 269 270 271 
273 (274 ohne you) 275 278 279 280 282 283 284 285 286 287 
290 291 292 293 Compl. Ald. Theodoret I 1378, praemitt. #5290“ 
ў 952a роо 55; ohne das zweite ёЁєүёрбүүп 141 170 TWOTHT NE- 
YAATHPION ми TRIEAPA фиатооти ete. Г. — {. nitas 
пуори итаотомо wan V, Ж. X. м. тастомо м. L. 
3 choA погоїс ом nAaoc V, cbah on міЛаос пожоєте L. 
Neuer Stichos mit e&oA ом nıAaoc L. — МАаос У, міЛаоє L. 
— haya V, Tapae L. — ом моеемос У, on 
моееное L, 4 о[у] [0]2= V, отмо L. 


38 Г. Abhandlung: Wessely. 


А. N. 139. Höhe 23 cm, Breite 13 ст. Links beginnt die 
2 cm breite Kollesis. 


B. Schrift und Fasern parallel. Oberer Rand 27 ст, 
linker Rand З ст, rechter Rand 177 cm. у 


Anfang des Blattes. 


Pagina: iH 
Psalm 107 EN 
AYO пєкєооү EXM NKA? 


тнрч` 
6 XEKAC EPE NEKMEPIT NOY2M 
MATOYX.OI 2N TEKOYNAM 
лү NTCWTM єрої 
т A пмоутє UJAXE 2N пєчрпє 
хє Fnaxıce NTArIEU) CIKIMA 
NTAEN MIA NMMANA)WNE 
8 пах пе FAXAAA. пал IE MA 
MACCH 
єфрмм пе npeaayon Epoa 
NTAANE 
TOYAAC NE NAPPO 
9 MWAB NE NAEBHC NTA2EANIC 
Ina2wM MNATOOYE EXN + 
AOYMAIA NTE нлллофу 
AOC 2YNOTACCE им 
5 пенеоот сораї EXM NRA? тирч R p. 1406. 
6 мотом Lë потом L. Ton У, ом vor пеҷрпе В. — 
Äuas tee М пталещ, итлеп У, T. Tanew Taen LR (фобісоша 
хай бідцеріо Griech. — Dë LV, мета В. 8 сААлам AO 
moi К. — ефраїм пе npequjon epoq V, eppaım пе 
ищет epog LR. — парро ҮЕ, app L. 9 Neuer 
Stichos mit мта naAAopsAoe L. — ите nadAoprAoc 97- 
noTacce VR, мта м. ©. Г. — маХАофудос У, maAAo- 
Proc LR. 


Sabidisch-griechische Psalmenfragmente. 39 


10 мм NETNAXIMOEIT энт UJA 
TAOYMAA 
мм NETNAXIT ах тпомс CTOPX 
11 MH NTOK AN пе пмоутє EN 
TAKKAN NCOK 
лү NTNHOY AN €BOA пноуте 
2N 2еммнае 
12 МА NAN NOYEOHOIA 2N[ TEN] 
exrYıc 
хе [п]оүхлї мпро[мє QOYEIT] 
13 TNNAP O[YGOM 2м NENNOYTE] 
AYW NT[O4 петнхсаа)ч NNEN] 
[XAX6 THPOY] ` 


10. Blatt. 


А. М. 134. Höhe 26:5 cm, Breite 12:5. Eine 2:5 ст breite 
Kollesis ist hart am rechten Rande. Dazu wurde von mir ein 
kleines Fragment gefunden. 

A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Rand 
oben 23 ст, links 2 cm, unten 1'5 ст, rechts 2:3 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: Ө 


Psalm 108 


PH NAAYEIA 


1 пмоутє мпркхрак ENA 
CMOY 


10 HIM V, и HIM Г. — петмажит У, NETHARITT L, 
2Зтугисе це Griech. — Die beiden Stiehen von 10 stellt В um — 
емтаннам V, птайнаам LR. — Qn gerne У, ом nen 
минще L, ом мембом В, èv «aig duvapscıv Тру Griech. 

13 тимар V, тимар LR. 
108 епох ськ eĝo пефалмос по. L. 


40 І. Abhandlung: Wessely. 


2 XE ттлпро HUPGOPHORG 
MN тлпєкроч AYCOYWN 
G2pAi ехал 
хуаухх,є EPOT 2N OYAAC N 
Kpo4 
з хукаутє єрої 2м 26NQ)À 
хе MMOCTE 
ху? мммаї епхімхн en 
MA NCEMEPIT 
4 AYAIABAAE ММОЇ ANOK 
AG N6€€IQ)AHA пе 
AYCMINE N2ENNEOOOY 
€poi єпмх N2NNET 
NANOY4 
AYW OYMOCTE ЄПМА MNAME 
6 KAOICTA мпречрмове Єх ч 
MAPE TAIABOAOC A2EPATI 
21 OYNAM MMO4 
т эм NTPEAX.IEAN MAPEAEI 
GBOA €4TGAGIHY 
MAPE печаухнх WWNE 
МАЧ EYNOBE 


C 


2 ттапро V, TTAMpÓ L, тапро R. — ми V, ми LE. 
— TaWenpoq VLR, nerpoy Pistis. — aweowon V, азотом 
RL, &TWowown просту Pistis. — en oemuaoxe VL, HENYA- 
xe В. — DAAG) У, HMMAT L. — Neuer Stichos mit епма 
исемергт В, исемеритт L. 4 asıtahbaNe R. 
Stichos mit AMOR ae Г. — HeesyAHA У, MEWAA L, mi- 
WAHA R. 5 атсміме R, аземине VL, Pistis: AVCMME 
nowHi (OVÅHI) et omisit ерої. — Wonnernanosq V, ngen- 
NETHAHOTOT LR. — Мпаме V, мпаме В, Anaarann 
Pistis. 6 нотречриєве сорал: CS ATO маре Pistis. 
т ом птрецхлохи HAAG) мареце В, єущамУТдат epog 
марец ehoA ецтӯулїну ато mape Pistis. — етме 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente, 41 


8 NTE NE4200Y CBOK 
NTE кєоүл хи NTE4IMNT 
ENICKONOC 
9 мАР[Є м]ечанре P[OP]PA 
NOC A[YW] T6[dC?]lMC NXHPA 
10 2N O[Y]K(IM MA]JPOYTIENE 
мегчаунрує [E]BOA N 
CET[WB2] 
Ende des Blattes. 


A.N. 134. 

B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2:2 ст, linker Rand 2:5 cm, unterer Rand 1:7 cm, rechter 
Rand 2 ст. 

Anfang des Blattes. 
Pagina: K 
Psalm 108 _ 
10 MAPOYNOXOY €BOA 2N 
NEYHI 
11 NTE NAANICTHC мет 
NETNTA4 THP4 
NTE 2ENU)MMO торп 
N€42IC€. 


VL, eqróaei R. — nequjAwA VL, пецшАиА Е, nag 
etiam Tuki p. 175, Pistis cum ceteris omisit. — миобе Pistis. 

8 chon VL, Chon В, маремецесот chon ато» mape REOTA 
Pistis. 9 ATW von течсорме VL, Pistis, deest in R. — її 
хира VL, p ира В. 10 маротпеме VL, мароу- 
пееме R. — MAPOTRIM enequiHpe ATO MAPOTNOOHOT 
ehoA Pistis. 


11 ато ите NAANICTHC R, маре NAAMICTHC MEWT 
метщооп HAY THPOT ATW MAPE оемшммо ... инечосе 
тироту Pistis. — тори У, тери Г. — meqorce VL, имеҷ- 
осе В. — щамотная VL, щемефтич R. 





42 I. Abhandlung: Wessely. 


12 MNPTPEIWWNE NAG 
He петмха)опч 
epo4 
MNPTPE аухметня QW 
ne ммечорфлнос 
13 MAPOY4ET мечанре 
EBOA 
МСЄЧЄТ печрлм EBOA 2N 
OYXWM NOYWT 
14 NCEPIMEYE NNANOMIA 
NNE4EIOTE MNM 
TO євох MNNOYTE 
мсетмчфте євох мп 
мове NT€4MAAY 
15 мароуауриє мпмто 
EBOA мпхоес моуова) 
мм NCE4ET NEYMEYE 
евох AXM ПКА? 
16 6вох хе MNOYPNMEYE 
EEIPE NNOYNA 


19 Anprpequjone мої петма{ тосту оте миртре 
шамотяч Pistis. 13 маротчет мецшире ебоћ ато 
маротчет печрам ehon a отсемех HOTOT Pistis. 

13 маротримеете Amnobe . . ATO миртрезчете eho’ 
HTANOMIA MTe{MaaT Pistis, 14 мимто V, мпемто LR. 
— мМпмотте У, михове LR. — ато» vor исетмчете gibt 
hinzu R. — мотоецу нім VLR, мотоєпу MIM Pistis. 

15 MIIMTO V, MneMTo LR, neuer Stichos mit исецет Г. — 
исецет VLR, маротожере Pistis. — петмете У, пецри- 
меєте ВІ. — еболога м пңао VL, ом ива R. 

16 мпоурпмете У, мичримеете L. — "мистна V, nor 
ма Г. — enma же мицрпмеете сегре HOTIHA ` ATO 
AGIT nea отроме HOHRE ATO мебтни ` ато» асо rone 
исх ота єҷмоно MOHT' EMOOTTY Pistis. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 43 


17 AYNWT [N]CA OYEBIHN MN 
OY2HKE MN NET 
мок[2] мнт EMOOYT4 

18 A4YMEPE [nCAPOY 64661 МАЧ 

мпао[уејо (пејсмоү €a[6] 
NOT N[EBOA] MMO4 
Ende des Blattes. 


11. Blatt. 


А. М. 135. Höhe 26:8 cm, Breite 23 cm, 
A. Schrift und Fasern parallel. Oberer Rand 2:3 cm, 
linker Rand 1'5 ст, unterer Rand 2:5 ст, rechter Rand 2 cm. 


Anfang des Blattes. 
Pagina: KA 
Psalm 108 
18 Aq] ncazoy 204 нее NOY 
20EITE AdBCDK E2OYN 
ENE4MA2T NOE NOYMOOY 
AYO моє ноуме? 2N NC4K6C 
19 MAPEIWWNE МАЧ NOE мпго 
EITE валхчболеч MMO4 
AYW NOE NOYMOX2 EUJA4M° 
ра MMO4 NOYOCIU) NIM 
20 ПАЇ пе NWB NNETALABAAE 
ММОЇ 2ATM NX.OIC 
18 еҷ[ејпоти У, єҷепот L, ецеотує Pistis. 
18 олбу V, окос L, Pistis. — мотдоєтте У, мотостте 
L, NOTWTHN Pistis. — Neuer Stichos mit Aybwr L; ATO ay- 
bon eneqeauooyn мее Pistis. — мецнес V, neqneec Г; 
ayp ee HOTMEH nequec Pistis. 19 Amooerre У, мпооїте 
L, nohew Pistis. — ещацтолеч V, ещљацбооћеҷ L, er: 
мазооћеҷ Pistis. — OTMOXQ еіс. V. МОУМТОМИ enz: 
морд MMOC Pistis. 20 посі У, фоб Pistis. — ММО! 


44 I. Abbandlung: Wessely. 


AYO нетхф N2NNEEOOY 
NCA TAYYXH 
21 МТОК AG ПХОЇС nxoic лире 
МММАЇ ETBE NEKPAN 
XE OYXPHCTOC NE пекна. 
22 NA2MET хе ANOK OY2HKE 
ANOK OYEBIHN 
XE A nA?HT WTOPTP MNACAN 
үн 
23 AGIAO NTMHTE NOE NOY2A 
EIBEC EACPIKE 
AYNOWNT євох NOE NNI2X.€ 
94 A МАПАТ GEBE €BOA 2N TA 
NHCTIA 
А NACAPZ ()IEC ETBE ме? 
25 АҮФ ANOK ACIQ)DNC NAY N 
NOGNEG 
AYNAY єрої AYKIM NNEY 
хпнує 
26 воне! EPO! NXOIC NANOY[TJE 
МАТОҮХО! KATA NEKNAE. 


om. Pistis, момпееоот Mca таун VL, HICHNAPAHOMON 
egow етмуухХи Pistis. 21 nxoïc V, похоєгс LP. — 
MOTNA fehlt im V vor erbe, API оза иммаї erbe nenpan 
МАТОУЖ OI Pistis. — хе OTXPHCTOC ete. fehlt in Pistis. 

22 AMOR У, Aut L, Pistis; же амс OTPHRE ати ant 
озейни ANAQHT ete. Pistis. — MTACANQOTH V, мпасаи- 
gorn Г, мпасамости Pistis. 23 ео У, amo L, 
ATYIT Pistis. — NOTgaerkee У, nosgaibee L, Inorgashee 
Pistis. — мито е V und Pistis, nnuuzse L. 24 She У, 
Sühe L, Pistis, ећоћ fehlt in Pistis. — ATW hinzugefügt vor A 
TACApZ (L) Pistis. — пме Pistis, teo ГУ. 25 ATO aon У, 
anon Ae Pisti. — aeiujyo[n]e У, aiuyone L, Pistis. — ATW 
hinzugefügt vor ATRIM Pistis. 26 памотте VL, пиозте 


Sabidisch-griechische Psalmenfragmente. 45 


А. N. 135. Psalm 109, 1 und 2 ist zitiert von Krall, 
Mitteilungen I, 68 (Druckfehler ММОЇ). 

B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2:5 ст, linker Rand 2:5 ст, unterer Rand 2:1 cm, rechter 
Rand 1'7 cm. 

Anfang des Blattes. 


Pagina: KE 
Psalm 108 
эт NCEEIME хе TEKSIX. тетм 


NTOK ПХОЇС АКТА 
MIOC 
28 CENACA2OY NTOK AG EKE 
CMOY 
NETTWOYN E2PAl ехал 
NAXIWINE 
NEK2M2AX лє млеуфрлме 
29 MAPE NETFTWTOYHT ерої 
+2ıwoy мпаупє 
NCEGOAOY ммоч NOE N 
OYAINAOEIC 
30 Fnaoywn?2 EBOA MNAXO 
ес EMATE- 
AYO |члсмоү єроч ZN TA 
TANPO NTMHTE NOY 
(31) мнае | 31 же хчхэерхтч 
21 OYNAM мпгнке 
ємегм TAYYXH єметпнт 
РӨ >>— NCWEI: *>>— 


Pistis. — MATOT2.01 VL, ATU TOTXOY Pistis. — Пеннає У, 
певна. L, Pistis. 
27 nceesme У, мсеегме L; моротеме me TAI TE- 


RIX ATO MTOR ARTAMIOC поеоее Pistis. — посоїс V, 
nxoeic Г. — мсобоЛот V, мсебоолот L. 30 MNA- 
х.0ес У, mnaxorc Г. — Kein neuer Vers beginnt bei 31 же. 


— AmoHRe У, Anonne L. — newer У, MEM L. 


46 1. Abhandiung: Wessely. 


Psalm 109 п neYAAMOC NAAYEIA 
nexe NXOEIC МПАХОІС 
XE 2MOC 21 OYNAM ммої 
GJANFKA NEKXIXEOY 2A 

NECHT NNEKOYPHTE 
2 NTA nXOCIC TNNOOYK N 
сера NGOM EBOA 
2N см 
AYO KNAPX.OIC NTMHTE 
NNEKXAX.E 
з TEKAPXH NMMAK MNE 


Ende des Blattes. 


13. Blatt der Handschrift. 


А. М. 133. Höhe 26 ст, Breite 13 ст. Eine 15 cm breite 
Kollesis ist 2-4 ст vor dem rechten Rande. Der Psalm 111 
ist abgedruckt von Krall, Mitteilungen II/III 67 f. (darin Druck- 
fehler). 

A. Die Schrift und die Fasern laufen parallel. Rand 
oben 1:5 cm, links 2 ст, unten 2:3 ст, rechts 1:8 ст. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: кє 
Psalm 110 
PIA 

10 Ende N€2 МЄМЄ? >>> AAAHAOYIA 


Psalm 111 1 МАЇХТЧ MNPOWME €TP20T6 
?HT4 мпхоїс 

109, 1 омос V, өмоос І. — ммої У, ммої Г. — 
wanra V, wan Tio Г. — nerxixeor У, мекото ees L. 
— WnenovpHTe V, инеңотерите L. З WAMMAR У, 
пмман, L. 110 АЛАНЛОТІМ om. L. 

111,1 A mox oie V, Ans оете L. — HOON addidit ante en Е. 
— мецемтоли V, мецитоЛн R et Tuki. — емате addidit L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 47 


хү EPE NEIOYWU) 2N меч 
ENTOAH 
2 nEACNEPMA NAGMGOM 2M 
ПКА? 
TTENEA NNETCOYTWN NA 
XICMOY 
з пеооу MN TMNTPMMAO NET 
2M печні 
AYO TEYAIKAIOCYNH Won 
WA ENE? МЄМЄ? 
4 A NOYOIN WA 2M пкхке N 
NETCOYTWN 
OYNAHT NG)AN2TH4 N 
AIKAIOC NE NXOIC 
NENNOYTE 
5 NEXPHCTOC NNPWME пе п 
WAN2TH4 Np6a]T 
q4NAOIKONOMI NNEIWAX.E 
2N oyan 
6 хе мамлюм AN ал ENE2 
NAIKAIOC NAWONE NP 
NMEYE UJA ENE? 
7 NANAPZOTE AN 2HT4 N 
OYCOEIT €4200Y 
печгнт CBTOT E2EAMI 
ze ENX.OEI[C] 
Ende des Blattes. 


2 набмбом V, HAGAGOM Г. — махлемот Е. 3 WON 
V Woon LR. 4 потоїм У, novoent L. — ищамотна Lv, 
пщемедтна В. — nxore У, пжоес Г. — пеннотте ү, 
отте L, пмотте В. 5 пехре В. — Wape мотнагос 
пещидит ATO мч Tuki р. 122. — мироме У, мроме LR. — 
їщанотня LV, nujereoThusq В. — qunaomonoar V. — ert, 
Maomomomer В. 6 ци L. — иримете У, прпмеете LR. 





48 1. Abhandlung: Wessely. 


A.N. 133. Zweite Seite. 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 14 ст, unterer Rand 2cm, linker Rand 2 ст, rechter 
Rand 2:4 cm. 


Anfang des Blattes. 


Be E 
8 печент TAXPHY мамл 
P2OTE AN 
WDANTAME2EIATI NNE4 
жахвоу 


9 A4XWWPE EBOA Aq] NN2H 
ке TEYAIKAIOCYNH 
WON а)х ENE? меме? 
AYO NEATAN NAXICE 
зм OYEOOY 
10 пречрмове NANAY NG 
NOYSC 
N42POX.PEX. NNC4OB26 
МЧВФА EBOA 
тепөүміл NNPE4PNO 
рів | ве NATAKO 
Psalm 112 AXAHAOYIA TEXWPIA 
1 N2M2AX CMOY ENX.OIC 
CMOY ENE4PAN 
111,8 WAHTQMEgerarg VL, щантецмереїату R. — 
ммецо 12: eo) V, ммеҷ тх ee LR. 9 _%ҷ осоре Е. — 
won V, woon LR. — ато» В. 10 мчорожреж VL, 


мчороз реж. В. — Wq&oX ehoA тепіотміа VL, NYAWA 
мтепеютм В. 


112, 1 emo oic V, епосоєгс Г, єпогоєїс Б. — смог 
епрам мпжоєїс В, cmos прам михове Г, emor eneg- 
рам V. — ецемлмат Ende von В. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 49 


2 EPE npAN MNXOIC MWNE 
€4CMAMAT XN TENOY 
WA ENE2 

з XN NEEIBT WA NEMNT CMOY 
ENPAN МПХОІС 

4 NXOIC XOCE EXN N2EONOC 
THPOY 

EPE печеооу 2N мпнує 

5 NIM NETO моє MNX.OIC 

NENNOYTE 
Ende des Blattes. 


14. Blatt der Handschrift. 


А. N. 136. Höhe 26:5 cm, Breite 13 cm. 
A. Schrift und Fasern laufen parallel. Oberer Rand 2 ст, 
linker Rand 17 ст, unterer Rand 2:4 ст, rechter Rand 2 ст. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: KZ 
Psalm 112 9 
6 NETOYH2 2N NETX.OCE 


етофат єхметоввіну 
2N TNE AYO AXM ПКА? 
т петтоумос мпонкє 21 


XM NKA? 
етхасе NOYEBIHN евол 2N 
TKONPIA 
8 GOMCO4 MN NAPX(ON мпеч 
AAOC 
з en V, XIM 1. — жи пеефт V, avo xm енед 
Wa enep 21м пеет Г. 4 пос V, nxoeic L. 
112, 6 ex метоб ит У, ехи nerobüruw L. "er 


хлсе nowebinw У, ETXICE отемиим L. 
Sitzangsber. d. phil.-hist, Kl. CLV. Bd. 1. Abh, 4 





wc 


50 1. Abhandlung: Wessely. 


9 петтре OYAGPHN OYW2 2M 
песн? ECO MMAAY мон 
Рг ре eceydpaue. 
Psalm 113 AXAHAOYÍA TEXOPIA 
1 2M ПІ EBOA MHICPAHA 2N 
KHME 
ПНІ NIAKDB €BOA 2M ПАА 
OC NNBAPBAPOC 
2 A {оүллмх афпе мла N 
TBBO A ПІНА PXOIC єрос 
3 А OAAACCA NAY ACHOT 
A MOPAANHC КОТЧ ENA2OY 
4 A NTOOY CNAEIN NOE NNI 
O€IA€ 
лү NCIBT NOE N2EN2I 
EIB NECOOY 
5 АЭРО OAAACCA XE лрп® т 
AYO NTOK MOPAANHC 
хє AKKTOK ENA2OY 
NTOOY хе ATETNCKIPTA 
NOE NNIOCIAC 


Ende des Blattes. 


A.N. 136. Zweite Seite. 

B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2:2 ст, linker Rand 2-6 cm, unterer Rand 2:6 cm, rechter 
Rand 15 cm. 


118, 1 ом пр У, ом те Г. Der Anfang lautet bei Tuki 


р. 327 so: QM Trees ehOAHM IRAQ минме. — мтиераиА 
У, MUHA L. 4 мигоєїЛе V, ммоеЛе L. — мет У, 
мефт L. 5 же apnoT У, хе a пот L. — ARRTOR У. 
ARROTR L. 5 wie 4 имюе!е V, имоегАе L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 51 


Anfang des Blattes. 


Раріпа: кн 
Psalm 113 "E" | d 
5 АҮФ NCIBT МОЄ N2GN?ICIB 


NECOOY 
6 A ПКА? KIM МПМТО EBOA 
(1) мпхоїс | 7 AYO MNMTO EBOA 
MNNOYTE N DROE 
з пемтхчкто NTNETPA E2N 
NOYT MMOOY 
AYW «owe ETNAGT E2N 
NOYT MMOOY 
9 мпр epon nxoic Mnwp 
Epon AAAA Feooy M 
NEKPAN 
E2PAl EXN ПЄКМА MN TEK 
ME. 
10 мнпоте NTE N2EONOC 
хоч хе єчтфм NEY 
NOYTE 
11 NENNOYTE грхі эм MNH 
оу AYO 2KM пк? 
пєтчоүлауч тнрч AAA 
PIA. ‚ AAAHAOYIA 
Psalm 114 1 NELAWAON NN2EONOC 
2EN 2AT NE 21 NOYE: 


IP 
113, 6 und 7 мимто V, Мпемто L. — MH ое Y 

ATmxoerc L. 7 Neuer Vers und Stichos mit ATO L. — epr- 

NOTT У, egennostL. — MOTT MMOOT V, писи MMOOT L. 

3 мпр epon moore У, мпор epon посоєгс Г. — ежи 

пеких V, ежм nerna L. 10 xoy V, жоос L. 

П пеммотте драї У, m. ae eopaí Г. — минот У, 


Annze L. 
4* 


52 I. Abhandlung: Wessely. 


2ENZBHYE NENGIX. N 
PWME 
2 OYN вА MMOOY CENAY 
€EOA AN 
OYN MAAXE MMOOY CECW 
TM AN 
Ende des Blattes. 


15. Blatt der Handschrift. 


A. N. 137. Höhe 26:2 cm, Breite 13:6 cm. Eine 2 cm breite 
Kollesis läuft 6 cm von links entfernt. 

A. Schrift und Fasern laufen parallel. Oberer Rand 2 ст, 
linker Rand 1:9 ст, unterer Rand 2:1 ст, rechter Rand 2 ст. 


Anfang des Blattes. 
Pagi 


rina: KO 
Psalm 114 ge wi 
3 OYN TANPO MMOOY NNEY 
WAX.E 
WAANTOY MMOOY NNEYA)W 
AM 


4 NEY6IX MMOOY NNCYGOMGM 
NNEYMOYTE 2N TEYWJOYWBE 
NEYOYPHTE MMOOY NNEY 

MOWE 
MN DHA CAP 2NPWOY 
5 6үєр TEY2E NGI NETTAMIO 
MMOOY 
MN OYON мм €TNA?T€ EPOOY 


114, 2 cena® V, исемат L. — сесотм V, исесотл L 
4 umgestellt in L: метотерите ete., пметмотте ete. — метот: 
рите V, нетотерите L. — мметмоще V, мметмооще Y. 
5 иеттамю MMOOT V, HMENTATTAMIOOT Г. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente, 53 


6 пні МПІНА A426ATHIZ6 ENX.OIC 
пеувонеос пе AYW TEYNA 
аутє пє 
7 NHY NAAPON АЧ?ЄАП!7Є 
ENX.OIC 
пеувонеос пе хуф TEY 
млаутє пе 
8 метрготе энтч мпхос лү 
зелгихе ЄПХОІС 
NEYBOHOOC пе AYW TEY 
млаутє пє 
э A пхоїс рпеммеуе лчсмоу 
EPON 
€4€CMOY епнї мпісрлнл 
€4€CMOY єпні NAAPON 
10 ечесмоу EOYON мм ETP 
20TE ?HT4 
NKOYi MN NNOG 
Ende des Blattes. 


À. N. 137. Zweite Seite. 
B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2 ст, linker Rand 2:5 ст, unterer Rand 3:2 ст, rechter 


Rand 2 em. 
Anfang des Blattes. 


Pagina: ^ 
Psalm 114 a = 
11 пхоїс EIEOYW2 EPON MN 
мєма)нрє 


12 TNCMAMAT ANON MnXoic 
NENTAYTAMIE NTNE MN 





MKA? 
па, 7 enxoïc У, enmoere L ebenso 8. 9. — млиерамА 
VAURA L. 10 ФИТЧ dazu михове І. 11 moxoie У, 


Мове L. 12 тисмамат V, тисмамаат L. — nen- 


54 І. Abhandlung: Wessely. 


13 TNE мтпе TAnxoic TE 
xq} NKA? дє мманре NN 
раме 
14 NETMOOYT AN NETNACMOY 
EPOK nxoic 
OYA€ OYON мм AN ET’BHK 
ENECHT EAMNTE 
15 AAAA ANON NETON? NET 
NACMOY епхою XIN 
ре TENOY UJA еме 
Psalm 115 AXAHAOYÍA 
1 AIMEPE пм хе nXxoic NA 
COTM €rie2poovy MIA 
conc 
2 хе хчрект печмлхе ерої 
+nawa) єорхі ероч 2N NA 
200Y 
3 AYAMA2TE MMOI NGI NNA 
ке мпмоу 
NKINAYNOC NAMNTE AY 
ТА?ОЇ 
AGIGINE ноүөлүс MN 
OYMOK2C 
4 AGIW) егрм eno o[t]c 
а» nxoic NEM TA[Y y]xn 


Ende des Blattes. 


тачталие итпе V, пемтачтамие тпе Г. 14 moxoic V, 
nxoeic L. 

115, 1 посоїс У, nxoeic L. 2 пецмажже V, пе 
quaaoe Г. 3 aeısine V, аїбтме L. 4 aerww еораї 


ema ole V, afenınader мпрам AIS дес L. 


c 
л 


Sabidisch-griechische Psalmenfragmente, 


16. Blatt der Handschrift. 


А. N. 140. Höhe 26'5 cm, Breite 13:3 cm. 
A. Schrift und Fasern laufen parallel. Oberer Rand 2:5 ст, 
linker Rand 2 ст, unterer Rand 2:0 cm, rechter Rand 2:3 ст. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: [АЈА 
Psalm 115 
5 OYNAHT AO OYAIKAIOC пе 


NX.OIC NENNOYTE UJANA 
6 NXOIC NET2APE2 вманре 
коуї 
ACIOBBIO AYO A nXOIC TOY 
xoi 
т A TAYYXH KTOC EYMTON 
хе ANXOIC р NETNANOYA4 HAT 
8 XE АЧМЄ?М TAYYXH EBOA 
2M пмоу 
NABAA €BOA 2M приме 
NAOYEPHTE ENECAATE 
9 -NAPANA4 мпхоїс 2N 
TE ХОРА NNCTON?2 
Psalm 116 PIS AXAHAOYIA 
1  АЄІПІСТЄУЄ ETBE пм AGI 
аухх є 
ANOK AE АЄІЮБВІОЄІ EMATE 


115, 5 nxore mennowre V "Soen, neuer Scho ATO 
пеммотте L. 6 посоєгс L. — _еищире ү, емщире L. — 
aerebó:o V, afehkıo У. т p nernanoyq У, p mme- 
тнамоті L. 8 enecAaaTe І. 9 мтосоїс V, михоес 
L — миєтомо Y, миетомо L. 

116, 1 acsiyaxe У, alyame Г. — аєгобйгоєг У, 
эмо L — Aeımoc V, anor aimooce І, à 3i dea Gr. 





56 1. Abhandlung: Wessely. 


2 AEIXOC эм плифас N 
энт хе PWME мм 2N 
CA NMNTNOYX. NE 
з EEINATEBE OY МПХОЄІС en 
МА NNENTAYAAY HA 
THPOY 
4 Нихри ноухф поухлі NTA 
фа) EBOA мпрлм MNX.OIC 
NIMOY NNETOYAAB мпхоіс 
TAEIHY мпечмто ЄБОХ 
(D NX.O[E]IC ANOK NEKZM2AA 


Ende des Blattes. 


En 


с 


А. N. 140. Zweite Seite. 

B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 25cm, linker Rand 2:5 ст, unterer Rand 2:2 cm, rechter 
Rand 1:7 cm. 

Anfang des Blattes. 
Pagina: [XE] 
Psalm 116 = Е 
6 ANOK па[нре] NTE[K]2M2AA 
(т) AKCWAN N[NAMJPPE | т Tu 
QOT NAK NOYOYCIA NCMOY 
Tux] NNAEPHT Mnxoic 
2N NAYAH MIHÎ M 
NENNOYTE 


nanouje монт хе роме V, nanouje же poe L. — on 
ca V, ден cà L. — HAUT OE V, MMMTHOS?S. L. 

3 eeina efe V, ематеве І, ena Tech Tuki р. 218. — ema 
V, enma L. 4 rëm ekod У, raensraler L. 

4. 5 мижоес У, Amoxoerc L. 6 anon V, айс L. — 
Neuer Stichos bei er 1. — THAWOT У, _ машет L. — 
An Or У, мижоее Г. — мимто У, мпемто L. — eie- 
ротсалим У, FAHM І. — Psalm 117. 118 fehlt. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 57 


МПМТО EBOA MHAAOC THP4 
гм TOYMHTE өероүсл 
Psalm 119 РӨ AHM `>— ТФАН NNTOPT 
1 лес‹оа) €?pAi EPOK NXOIC 
NTEPIZWU) AKCWTM €poi 
2 пхоїс MATOYXE TAYYXH 
EBOA2N 2ENCNOTOY N 
XINGONC 
хуа» €EOA2N OYAAC NKPO4 
з €yux] оу NAK нсєоүо оу 
EPOK NNA2PN HAAC N 
KPO4 
4 NCOTE мпхор THM MN N 
ANOPAZ NTE пхліє 
5 OYoi млі XE A HAMANG)O 
ne оүє 
AEIOYW2 2N MMANG)ODIIE 
NKHAAP 
6 A TAYYXH P рымбоейле EMATE] 
NEEIO NEIPHNIKOC M[N NET] 
MOCTE NFPHNH 


m 


119, 1 айнан L, дес V. — ATO ante ARCOTAM 
addidit Г. — AOL еораї ероң mocoere ом итрафощ AR- 
COTM Lepor Pistis. 2 по оїс MATOTXE тфуу и VL, пос оєте 
потом ителү и Pistis. — ehoAgrrn osÀac Pistis, e&oAn 
Такі p. 314, CROA eu VL. 3 исеотоо V ү, йтсеотоо L, à ато 
стнастео Pistis. — имаорм V, миадри Pistis, мигорм L. 
+ Amxop У, Мпогомуре Г, ANoo0p Pistis. — тим VL, 
OAT Pistis. 5 210709 Pistis, L, &eiovoo V. — оте VL, 
оте ehoN Pistis. 6 емате L, on озминще мма Pistis, 


114 Griech. — меєго V, meio L, В. — NEIPHHIROC у, 
пеїримеїнос Е, мегриминос Tuki р. 814. — мегримікос 
пешатмице HMMA NINH Pisti. — Gemenge У, 


еїщ. LR. 


58 I. Abhandlung: Wessely. 


євідухмаухх є NMMAY MAY 
TovsHi єпхімхн 
Psalm 120 PR — — — — – — — 


1 Ae[ılaı NABAA €2p[A]i EXN 
Ende des Blattes. 


17. Blatt der Handschritt. 


Höhe 21:2 cm, Breite 23cm. Gegenwärtig 4 Fragmente. 
A. Schrift und Fasern laufen parallel. Oberer Rand 2 cm, 
rechter Rand 2-4 cm, linker Rand 1°8 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: AF 
Psalm 120 = 
(1) [NT]OOY XE EPE TAEOHOI[A NHY 


мм TON 
2 EPE TABOHOIA WON EBOA атм 
ПХОЇС NENTAYTAMIE N 
TNE MN ПКА? 
Mnp] NNAOYPHTE EYKIM 
мпртре NET2APE2 EPOI хи PEK 
PIKE 
4 €IC?HT€ NN€4XI 2PEKPIKE 
OYAE NNEIWEB’A) NGI NETPOEIC 
ENICPAHA 


120, 1 аїҷі L, eil V. — maba У, ингйг\ L. 
2 won У, moon Г. — Neuer Stiehos mit NENTAYTAMIE L. -- 
итле V, тие І. — миаотернте V, мтаотернте І. — 
отте миртре петоарео L. 4 EICHHTE У, EICHHHTE Г. 
— 9perpire У, рекріке І. — emiepagA У, eniHÀ L. — 
пох ое с _-петрәгейес У, м. neeaibec І. — м)ащовбеГк У, 
нащобок L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 59 


5 пхоїс NETNA2APE2 EPOK 
NX.OEIC] NETP2AEIBEC EXN тек 
[6х NOYNAM 
6 мпрн N]AG)O?EG(K AN мпегооу 
AYO NOJO? мтєуаун 
т nxoeic NAJ2Ap[EI2 EPOK[ епетгооу 
NIM 4NA2APE2 EJTERY[YXH 
8 4ANA2A]PE2 G[TCKGINEI E2LOYN 
[M]N TEKSINE[I EBOA WA ENE2 
мемег cà 
Psalm 121 PKA ТФАН NNTWPT 
1 ACIEYPPANE EXN N[ENTAY 
ХОС МАЇ хе MAPNB[OK ЄПНЇ 
[м]пх.оїС 
2 мере мемоурнте A[2EPATOY 
[2N NOYAYAH ө][хнм] 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2cm, rechter Rand 2 ст, linker Rand 2:5 ст. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: 
Psalm 121 - IR 
(4) [NTA] мефулн FAP BWK [E2PAI 


EMAY 


120, 7 Neuer Stichos bei qaoa peo L. 

121, 1 аєгеуфранме V, аїєуфраме L, arerppane Р. 
мариё [он V, тимайок І, марембої P, тореосбраба, var. 
тореосюреба 13 66 69 80 99 106 111 112 113 140 143 145 
152 165 167 171 173 175 177 186 189 190 191 193 195 196 
200 202 203 204 206 208 219 223 262 271 278 279 280 282 
284 289 (292 corr. 293 Ald. Cyrill. Alex. vol. I, part. II, p. 99. — 
[nera т) ос V, мемтатожоос PL. — мотрите V, nov- 
ерите Г, ммотерите Р. 4 сар om. Р. — имитре LV, 


60 I. Abhandlung: Wessely. 


NEPYAH мпхоїс пмитрє 
MHICPAHA EOYWN? 
EBO[A )мпекрам пхоїс 
5 хе МтАурмос MMAY Hei 
2ENOPONOC EYAN 
2ENOPONOC ENHI NAAYELA. 
6 WINE CA метадоп EYEIPHNH 
BIEPOYCAAHM 
AYO OYOYPOT NNETME MMOK 
т MAPE OYEIPHNH WYWNE 2N 
текбом 
AYO OYOYPOT 2N N[EKOYOMTE] 
8 ETBE] NACNHY MN [NET21] 
тоуаеї 
NCÍX)D AE NOYEI[PHNH 
[CTBHH]TK 
9 [ETBE пні мп]хос пмоутіє 
[AIMINE] NCA 2ENATAOON 
Psalm 122 [PKB ТФАН] NNTWPT 
1 IA NABAA GPA EPOK 
пхоїс NETOYH2 2N 
[T]n€ 
2 [NOE] NNBAA NN[2CEM2AA 
[6убфа)т ет[оотоү NNEYXICOOYE 
гхуа NOE NNBAA NOY2M2AA] 
[ETSIX. NTECX.OEIC] 
[TAT TE өв EPE NENBAA] 


еумитмитре І, ATucpaHA V, MIHA PL. — Neuer Stichos 
bei еотомо L. — woe У, næoeie т. 5 м(та у)дмос У, 
мтатдмосс І. 6 щимеса У, щименса Г. — метщоп Y, 
HETWOON Г. — етеротсайнм У, меїХнм І. 8 Гиєтої) 
тотомї У, -QF L. — (етвбин)ти У, -TR L. 9 посоїс У, 
те ес Г. — пмоуте У, пенмотте L. 


122, 1 à ba У, имайл L. — иво У, пос ое L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 61 


18. Blatt der Handschrift. 


Höhe 20 cm, Breite 13:5 em. Gegenwärtig 3 Fragmente. 
B. Schrift und Fasern parallel. Oberer Rand 1:5 cm, 
linker Rand 2 cm, rechter Rand 2 cm. 


Anfang des Blattes. 


е ia €] 
(2) єфаут enxoic NENN[OYTE 
UJANTAWN2TH4 эхом 
3 МАМАМ ПХОЇС HA NAN 
хе ANMOY? мс[0]а)а EMATE 
4 X6 A темфуфн міоу? EMATE 
2X nNOG[N]GG NNETCOG)A 
AYO псфач NNXACI?HT 
Psalm 123 PKT  TOAH NNTOPT 
САЕНА XE пхоїс WON NAN 
2 MAPE [M]IC[PJAHA хоч хе CA 
[BHA .. Же пхоїс Yon NAN 
[гм птре] NPXOM6 TXOOYN 
Го EXON 
з [NEYNAOM]K NENON? пе 
[2M птре пјеусонт NOYGC 
4 [ EPA] EXON NEYNA 
[ сомк NCNOJN? пе 


. 122, 2 enxoic V, епос oerc Г. — _мтушмотич V, мтф 
шмотич L. 3 Auch bei Tuki р. 476; месощуц Tuki. 
123, 1 eabuh У, мсабий L. — ижо V, næoe L. 
— won V, woon Г. | 2 герані У, ША L. — ca&nA У, 
NCABHA І. — won У, woon L. 3 моубе V, norse L 
— Neuer Stichos mit метунаоми L. 4 omisit epe moo? 
маомем пе V. 


62 Г. Abhandlung: Wessely. 


5 [A TENYYXH Ei] EBOAATN 
го оумоу nc]wpM 
[мере TENYYXH] мну 6вох 
го атм пмооу ета] тртР 
6 [NXOEIC CMAMAAT E]TE мпеч 
TAAN N2PE NNEY]NAX.2[E] 
7 [A тємфухн моүгм] Noe МОУ 
[XAX. єппла) NN66PHG] 
AnnA[d) оү‹оа AO ANON] 
AN[NOY2M] 
8 OYN B[OHOGIA WON NAN 2M] 
HPA[N мпхоею NENTAYTAAME] 
[TNE MN NKA?] 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Im 
oberen Rande von 1'7 cm steht die Aufschrift des Psalms. 
Linker Rand 2 cm, rechter Rand 2 cm. 


Anfang des Blattes. 


Pagina: Ae 
Psalm 124 ze Е Së 
[PK]A. TDAH NNTOPT 
1 [мет)мл2те єпхоїс єүо NOE 
MNTOOY исм 
[N]JETOYH2 2N ӨІНА [ман км 
AN ФА ENE2 
2 NTOOY M[NE]ÇKWTE Da пхок] 
мпко[тје M[n]jea(4]A[OC] 
XN тємоу WA ENE? 


123, 5 етщ]тртр У, erujrprop L. 

124 Überschrift имторт У, митортр L. 1 өш У, 
‘этлим Г. 29 мтоот У, MTOOT L. — жи Tenor У, хи 
темот L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 63 


з хє NINAKD [AN Mr66[XOE] 
NNPE[4]PNO[BE эхм NE] 
KAHPOC [NNJAI[KJAIOC 

XEKAC ENE N[AIKAI] 
гос C]OYTN n[e]ysıx. [EBOA 2N] 
2ENANOM[IA] 

4 NXOEIC APINET[NANOY4 N] 
NATAOO[C MN NETCOY] 
том 2]M n[eY2HT] 

5 NETPIKE A[E MMOOY EBOA] 
€NIMN[TCANKOTC пхоес] 
NANOX.O[Y MN NETP2WB] 
€TANO[MIA] 

[TJPHNH e[xM _NICPAHA] 
Psalm 125 [PKE] TW[AH NNTCOPT] 


r7 c fren fa 
لا‎ 


KG. 9907—9979. 


Zu einem Konvolut mit der Bezeichnung Koptisch-Griechisch 
9901—9912 sind von Professor Krall folgende Fragmente ver- 
einigt worden: 9907, 9909—9916, 9918—9972. Davon sind 
einige ganz unbedeutende, winzige Stückchen, kaum mit ein- 
zelnen Buchstaben, die Nummern 9907 9911 9912 9926 9936 
9945 9946 9948 9954 9955 9960 9971; alle anderen Fragmente 
liegen in nachstehender Bearbeitung vor. Der Papyrus ist 
rotbraun, äußerst brüchig; daher die Menge der Fragmente. 

Die große Mühe und der Fleiß, mit dem Professor Krall 
diese Fragmente zusammengetragen hat, sind umsomehr ver- 
dienstlich, als er dadurch die Grundlage für eine spätere Bear- 
beitung legte, einer gemeinschaftlichen Arbeit, die wir mit 


64 I. Abhandlung: Wessely. 


einander vorhatten, die ich aber nunmehr allein machen muß. 
Ich habe die Fragmente identifiziert und zu größeren Stücken 
vereinigt, so daß ein Bild dieser in viele Stücke zerschlagenen 
Handschrift rekonstruiert werden kann. Über ihre Provenienz 
kann nichts Sicheres gesagt werden. Professor Krall hatte 
zwar ein Fragment miteinbezogen, das allerdings auf das be- 
stimmteste für Achmim gesprochen hätte, aus paläographischen 
und sprachlichen Indizien: 


N. 9972, 1. Seite, Schrift und Fasern parallel: 


]NGAM.[ 

Joy eapA[ 

ya naam G[ 
Rp WAL 

10 A4AAOY ті 


2. Seite, die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern: 


1...1 

мема 

1. ТбАМА. [ 

Jpo мпрро [ 

1.6 мернгі 

)мтє ммм 

тјнроү `. [ 

Wir sehen hier das gestrichelte 2 und sonstige Eigentümlich- 
keiten des Achmimer Dialektes. Allein eine genauere Unter- 
suchung zeigt, daß dieses Fragment offenbar nicht zu unserer 
Handschrift gehört, wenn auch eine gewisse Ähnlichkeit nicht 
in Abrede gestellt werden kann; auch der Papyrus ist ebenso 
brüchig. Hiermit schwindet die Möglichkeit genaueres über 
die Provenienz zu sagen, wir können nur im allgemeinen Ober- 
ägypten als die Heimat angeben. 

Durch die so zeitraubende Zusammensetzung der Frag- 
mente ergab sich ein Bild über die Art und Anlage der Hand- 
schrift. Sie war in Kodexformat paginiert; eine Paginazahl 
liegt gut erhalten vor auf Blatt XXI: poy 173, Rückseite [р] 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 65 


[1]74. Ich habe die Anordnung der Fragmente nach Blättern 
vorgenommen. Die griechischen und koptischen Psalmen waren 
nicht gegenüberstehend, sondern aufeinanderfolgend geschrieben, 
und zwar der griechische voran, dann der entsprechende kop- 
tische. Die Handschrift bestand aus Doppelblättern zu vier 
Seiten, etwa 15°5ст breit und mindestens 23 ст hoch; der 
Rand wurde in 3cm Ausdehnung freigelassen. Die Doppel- 
blätter wurden geheftet und nicht ineinandergelegt. Ein solches 
Doppelblatt lege ich in Rekonstruktion vor unter Nr. УШ. 
Auf der 1. und 4. Seite läuft die Schrift senkrecht gegen die 
Fasern, auf der 2. und 3. parallel mit ihnen. 

Der griechische und der koptische Text sind stichisch 
geschrieben; die Überschriften sind eingerückt und durch Striche 
gekennzeichnet, die Nummer des Psalmes steht seitlich; sonst 
ist die Handschrift schmucklos geschrieben, ohne größere An- 
fangsbuchstaben. Die Schrift ist steif und eckig, nur O und 
6 zeigen eine Rundung; koptisch und griechisch sind grund- 
sätzlich dieselbe Schrift. Auffallend sind besonders С und Є, 
der obere Teil wird wie eine Haube dem abgetrennten Unterteil 
aufgesetzt. 5 erscheint als ein Doppelstrich mit der Schlangen- 
linie in der Mitte. B hat die untere Hälfte zu der Form А 
vergrößert, der obere Teil ist bedeutend kleiner, es erinnert 
entfernt an ein cyrillisches в. Die spezifisch koptischen Laute 
62 X а) Ч haben keine besonders abweichenden Formen. 
Y trägt in der Mitte einen spitzen Winkel. Die konstitutiven 
Merkmale des ganzen Schrifttypus glaube ich in einem halb- 
unzialen Papyrus, aus dem 4. Jahrhundert datierbar, wieder- 
zufinden, der in der erzherzoglichen Sammlung die Nummer 
unc. 41 trägt. Auch unser Psalter muß, nach der Schrift zu 
urteilen, ein hohes Alter haben, eher das 4. als 6. Jahrhundert 
n. Chr. Sonstige paläographische Eigentümlichkeiten sind in 
folgendem zusammengestellt. Im griechischen Text: ‘zum Kenn- 
zeichen der Eigennamen am Ende ave?’ 38 Überschrift, Ge- 
бол” 38 Überschrift. 5 und i: iva 38, 5, ov 38, 6, трох 54, 18, 
Barwy 31, 6, сто» 56, 3, утостасс 38, 6, 8, бешу 16, 15; Aspi- 
ration in der Form eines kleinen Rechtecks 5 50, 16, ёт: 50, 18, 
irrzrwpara 50, 18; vgl. auch оЗоутас 3, 8, das у am Ende der 
Zeile ist ein horizontaler Strich у]хомоуу 38, 8; Abkürzungen: 
бо 28, 1, бо 48, 8, пух 50, 12, ти 50, 14, avo; 48, 8, «ушу 48, 3, 

5 


Sitzungsber, d. phil.-hist. Kl. CLV. Ва. 1. Abh. 


66 I. Abhandlung: Wessely. 


хо 31, 5, x» 3, 9, ж 28, 8; Uberschreibungen am Ende der 
Zeile соу: `o х< 38, 8; als Korrekturen ewmkeipn’scv 4, 2. 

Im koptischen Text treten besonders hervor die Bezeich- 
nungen des Wortendes, ein Häkchen, ein nach rechts oder 
links geneigter Strich, oder ein Punkt, das nüchste Wort mag 
mit einem Vokal oder einem Konsonanten beginnen: EPHMOC’ 
N[KAAHC 28, 8; СЕТОТ: €26NMACTIUZ 31, 17; NCETEAHA 
мпемто 67, 3. 

€TOY]AAB' AIAYAAMA 3, 4; NETP2W]B’ ET[A]NO- 
MIA 52, 4. 

NNIAX ЄТЄ 37, 13; EYTEAHA' MN 50, 8. 

G]POK'X[6 58, 12; ANOK’ EEINA2TE 55, 3; впежажк’ 
€BOA; 53 Überschrift FN[AJXACTK' nxoeic 29,1; WN- 
?THK' EX.WEI 4, 1; ACLXIQ)KAK' е2рм 3, 4. 

єчкім" ETEPHMOC 28, 8. 

ANASWA IT EBOA 28, 9; CEWOON XIN 24, 6; эмп 
2A2TH[N 53 Überschrift; nrpex-tzan’ Epor 50, 4. 

M]APOYP Mno 30, 18. 

AKW)ONT’ EPOK 29, 1; кмлхокмет” €EOA 50, 7; 
кмлбеа)боат” NNOY2YCCWNOC 50, 7; чхайут” хе 
36, 13; AYNOX T^ EBOA 37, 20; PEIMOOYT’ [єчв]нт 37, 20; 
AJYCTWT’ TA2OOY 47, 6; ENECHT’ епаах 29, 3; MNA- 
?HT' OYO{O)C 24,17; OY?HT' C4[O]YAAB 50,10; адтоунт 
[6рОЄІ 37, 20; NN]ETN2HT’ €T€CGO[M 47, 13; MAPOYOY- 
POT’ 2N 67, 3, CMAMAAT XE 30,21; NTAPEAINDT’ 2нтч, 
3 Überschrift OYT’ AY[W 24, 16. 

NNAJSIX ERAY 27, 2. 

Im Innern des Wortes bei Konsonantenhäufungen 2POX.- 
pex. 36, 12, Mnparr'a 50, 11; CONT 50, 10. 

Der Punkt am Ende kennzeichnet den Eigennamen NAA- 
YEIA. 4 Überschrift. 

Die Diärese, bald zwei, seltener ein Punkt, ist auf einige 
Worte beschränkt AiK]A?TH€I 30, 6; epot 50, 4; MMOI 50, 5; 
NAT 50, 6; 55, 11; €2pAi 24, 16; 27, 2; 36, 14; 31, 16; 67, 4; 
EPAI 3, 1; п]єүхлї 52, 6; MNT4OYXAÏ 3, 2. 

Die kritische Bedeutung der Texte erhellt aus der Ad- 
notatio. Die wichtigste Frage ist zunächst, ob der vorliegende 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 67 


griechische Text mit dem koptischen der Handschrift, in zweiter 
Linie mit dem Text der sahidischen Übersetzung, wie sie 
anderweitig vorliegt, übereinstimmt. Diese Frage ist von großer 
Wichtigkeit; denn erscheint eine Übereinstimmung, so haben 
wir zu schließen, daß der griechische Urtext der sahidischen 
Übersetzung uns erschlossen vorliegt. Der direkte Vergleich 
der beiden Texte in der Handschrift selbst ist leider infolge 
der mangelhaften Erhaltung selten möglich, nur der 30. Psalm 
liegt teilweise, und zwar auch da lückenhaft vor im Koptischen 
auf Blatt X, griechisch auf Blatt IX. Die Übereinstimmung 
ist hier augenscheinlich, so 30, 23, wo are[p]pppx: alpx aro mit 
Вс т ш. wegen der Größe der Lücke zu ergänzen ist (Variante: 
адероцщии aro ohne dpa), dem entsprechend im Koptischen: 
M€Q)AK AI2€ ево». 


In anderen Fällen müssen wir die anderweitig vorliegende 
griechische oder sahidische Übersetzung vergleichen: 


4, D Фу тойс харас шу == ЭМ NETN2HT im Vindobonensis; 
Variante èv хара Zei, 

25,7 тоб ёхобож = ECWTM Vindob.; Variante тоб àxcücal pe. 

28, 5 суутріфеї бро = MXOEIC NAOY(OQ)4 Vindob.; Va- 
riante ха! соутріфе! хрос. 

29 Überschrift eis т> тёз; == впжежк €BOA Vindob.; Va- 
riante ohne diese Worte. 

31,5 тім ápapzlaw роо Eyvweısa xal Thy &voplav pou oly. ixdAua == 
мха MMANOBE МПІ26П TAANOMIA Vindob.; Va- 
riante ті» Avoplav роо dyvapısa xal Thy брортіау роо ойх 
Zaika. 

48, 3 Besonders wichtig ist diese Stelle, wo der Vindobonensis 
allein zAcóct: xai пёуттес bietet, entsprechend dem kop- 
tischen NPMMAO ... MN N2HKE. Sonst ist im Griecht, 
schen der Singular überliefert 27055105 xai т. 

48, 13 sbAe[áscos» == CENACMOY Vindob.; Variante ej3oxá- 
COUCt, 

50, 15 xai туєбшаті fe[suovux ото Hz = АҮФ NUTAXpOI 
aN OYNNA N2HTEMONIKON; Variante ohne xat. 


So erfreulich die Übereinstimmung in diesen Fällen ist, 
so dürfen wir doch nicht andere Fülle übersehen, in denen 


das Gegenteil stattfindet: 
bg 


68 1. Abbandlung: Wessely. 


25,7 alvessws Vindob.; Variante alvécsóg cou == MNEKCMOY. 

38, 4—5 von хех bis У.О трас роо ist ein einziger Stichos im 
Vindobonensis, ebenso in BS; sonst dagegen zwei Stichen, 
auch im Koptischen малхе эм ПАЛМАС | XE MA- 
TAMOI NIXOEIC ЄТАгАН. 

54,8 Зіміфадра im Vindob.; es fehlt dagegen auch im Kopti- 
schen wie in anderen Handschriften. 

Alles in allem abwügend, werden wir aber doch die 
große Verwandtschaft des Vindobonensis mit der sahi- 
dischen Übersetzung anerkennen müssen, zumal da wir ihre 
Fassung im Vindobonensis nicht unmittelbar kennen, der ja 
auch sonst Varianten im koptischen Text von bemerkenswerter 
Art bringt.! 

In grammatischer Hinsicht sind, von sporadischer Ver- 
wechslung von 4 und B, У und OY etc. abgesehen, nur wenige 
Punkte zu bemerken; es sind dies Erscheinungen, die in der 
ganzen Handschrift durchgängig anzutreffen sind: der Kon- 
junktiv mit NK für NT 4, 1 NKCODTM V, NTCWTM L, 9, 33 
NKNAGJINE V, NrNAG)INE LT; 24, 16 NKN[A V, NTNA LT; 
27,1 NKKAPOXK V, мгкхрак L Lagarde; 36, 27 NKEIPE V, 
Wr€ipe LB Lagarde; 50, 4 NX pO L Lagarde, NKXpO У; 
die unterlassene Assimilation des Nasals vor Labialen: 3, 8 
EXN NEKAAOC V, EXM NEKAAOC LT; 30,7 EXN NA- 
OBBIO V, EXM П. L Lagarde; 52, 4 NNN[OYTE V, мпмоу- 
T€ L; dagegen die Assimilation des pluralischen N vor anlau- 
tendem р 30,20; 48, 2 мррамме V, NNPWME LR (Lagarde); 
36, 16 мрреч[рчовє V, NNPE4PNOBE Lagarde L; 52, 5 
NJPPE4A[PECKE V; endlich die Entwicklung eines Vokals vor 
M, м, P (B), 29, 4 MriepriMee ye У, мпримевуе LR; 30, 1 
OY. A€ MNKPO4V, cf. OY A€ МММКРОЧ Lagarde B, ОУАЄ 
EMNKPO4 L; 53, 2 EN[YAXE У, NWAX.E Lagarde. 


t Ich erinnere ап 48, 7; dann 37, 12 моемироч В == Zei, 
Tiras, vulg. МОУВРОЧ LV Graec. 5! 184 Arm. Ed. == $омттла. 
30, 11 fehlt im Vindobonensis. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 69 


I. 


Die Fragmente 9910 und 9967" gehören zusammen. 

KG. 9910. Höhe 15:3 cm, Breite 14:3 cm; überall ab- 
gerissen. 

KG. 9961». Höhe 11:5 cm, Breite 13:5 ст. Unterer Rand 
25cm. Oben rechts und links abgerissen. 

A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 3 griechisch KG. 9910 
7 [ANAC]TA ке сфсон ме о oC MOY] 
8 [O]TI су ENATAZAC HANTAC TOYC € 
XOPAINONTAC MOI MATAIDC 
OAONTAC AMAPTWADN CYNETPLYAC 
9 TOY KY н CWTHPIA ет TON AAON 
COY H EYAOTIA COY 
Psalm 3 koptisch 
>>>— ~ 
nEYAAMOC N AAYEIA’ NTAPEA 
ПОТ” 2HT4 NABECCAAWM 
г печаунрє 


1 пхобіс ETBE Є[ү] хулалхе NGI [NET] 
OXIEC MMOEI 
OYN 2л? TWOYN 62рм EX.WEI. 
2 OYN 22 XQMMOC NTAYYXH De 
` мытаоухл NNA2PM печ 
NOYTE : AIAYYAAMA 
Зр 8 & cù deg 201. 9 ў ebhoyla coo Мафаїра 27. 

_ 3k in L (Такі p. 49) ab V. 2 in T. — Überschrift MTA- 
рециот V, итерециот Г. — мабесхАюм І, мабесса- 
Хом У. 1 оз L Такі, еў V. — атаще VL, awar Tuki. 
— nerjoAske VL, merhe Tuki. — ммої L, ммоег У. — 
ewer V, exi L. 2 отм gap УТ, pap L. — митч- 
Ov ài V, мимтцот А: АМАТ Г. 


10 I. Abhandlung: Wessely. 


з NTOK лє NXOEIC NTOK пхреча)о 
пт EPOK 
NTOK HA€OOY AY(O ETXICE NTAA[NE] 
4 [2]N TACMH AGIXIQ)KAK' езрм [ENX.OIC] 
[A4]CXODTM ероєі 2M печтоо[у ETOY] 
AAR AIAYAAMA 
5 [ANJOK лє AEINKOTK лева) 
[ATWOYN хе nxoeig) N[ETNAMONT] 
[E]PO4 KG. 9967» 
6 NFN[A]P2OT[E AN ?HTOY] N2E[NTBA] 
NAAOC €Yy-Foysuei MNAKWT[E] 
т TWOYN NXOEIC MATOYXOEI NANOY[TE] 
хе NTOK пе NTAKNATACCE OYON 
NIM ето мхлхе epoeı € 
пхамхн 
NOB2E мм)РєчрМОВвЄ AKOYOQ)[4OY] 
8 NANX.OEIC пе NOYXAEI Ayw пекгоу? 
Фа) EXN пекллос >> — — 


Psalm 4 griechisch 
ес TO TEAOC EN "YAAMOIC 
WAH TW AAYEIA > — — 
1 [EIN TO ENIKAAEICOAI ME EICHK[OYCE] 


Ende des Blattes. 


Зк 3 MTOR У dreimal, MTR L dreimal, MTOR das erste, МТК 
das zweite und dritte Mal T. 4 ACIXIWRAR У, AÏXIWRAR LT. 
— ALCHTM У, ATO аҷеотм L. — epor ehoA LT, epoer У. 
— пецтотаай T, пецтооу erowaa& LV. 5 àainRoTR LT, 
ACIHROTR V. — aso аїовщ L, aeroby V, aow T. 
6 ewtoshnuer V, ewlosün: LT. 7 матотогоєг V, ма- 
тоухої Г. — MTOR ARTIATACCE T, MTOR пе нптанпатас- 
ce VL. — озон LV, тотон T. — epoer V, ерог ТГ. 8 nor- 
oe Aer V, поза: L. — ежм nen aoc V, еж М nenAaoc LT. 

4g & фадуоїс : & Duvois papós var. Ф2% om. var. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 11 


B. Schrift und Fasern laufen parallel. 


Psalm 4 griechisch KG. 9910 
(2) deg A EN өл] 
„ya ENAATYNAC MOI 
[OIK]TCICON ME км EICAKOYCON THC 
NPOCEYXHC MOY a 
3 YIOI лмерфифы EWC NOTE BAPYKAPAI 
INA TI АГАПАТЄ MATAIOTHTA км ZH 
тете Уеулос AupAxMA 
4 км гнфте OTI велумхстасен KC 
TON OCION AYTOY 
[KC] EICAKOYCE[TJAL MOY єм TW KEKPA 
(гуємхі ME прос AYTON 
5 [ОРГг1!]7ЄСӨМ! км MH AMAPTANETE 
[A легетм EIN TJAIC KAPALAIC YMON 
Lem TAIC KOITAIC YMWN KA 
TANYTHTAI : АІАЧААМА 
6 [е]усхте OYCIAN AIKAIOCYNHC км 
EANICATE Ent KN 
т [nO]AXO! хегоусшм TIC девке HMIN 
TA ATAOA 
[6сн]мкоен Ep HMAC TO фос тогу) 
[npjoewnoy COY KE u 
8 [EAWIKAC EYPPOCYNHN EIC KAPA[IAN MOY] 
[ANO KAP]NOY CIT[OY к]м OINOY [км EAAIOY] 
[AYT]WN [ENAHOY]|NƏ[HCA]N KG. 9967» 
9 [EN EJIPHN[H EM то хут]о KOIMHOHCOM[AI] 
км YINDCW 
[ОЈТІ СҮ КЄ КАТА MONAC EMI EAMIAI 
KATOKICAC ME 


Ag 5 друбузсве : срү:бєесдх: У. — Хеуєте ; Хеуєто У. — ev харда єт! 
B!*?3 : фу 104$ napdlars Орбу ёті. — матаміуттє : кололи У. 7 їі» 
ABSV : оу. — Фотулємову, : ёстрлюбу У. 9 ёт! бт ВУ : тм, 


12 I. Abhandlung: Wessely. 


Psalm 4 koptisch 
[A] єпхак вол NEYAAMOC NAAYEIA ` 
1 [2]M птрлоа) егрм EPOK AKCODTM 
[E]poEı пмоуте NTAAIKAIOCYNH 
м теелгуеюс AKOYWA)C мле EBOA 
гаумотнк" EXWEI AYO NKCWTM 
NNOYTE ENAUJAHA 
з Ім)дунрє мрромє YATNAY NETN[2HT] 
гора) EPWTN 


Ende des Blattes. 


II. 


KG. 9924. Höhe 8:5 ст, Breite 3:6 ст. Oberer Rand ІЗ ст. 
Sonst abgerissen. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 6 griechisch. 
Beginn des Blattes. 


(9) [OTI EINHKOYCE [KC THC фомнс TOY] 
[кЈллуөмоү [MOY] 

10 [CICH]KOYC€N KIC THC АЄНСЄФС МОУ кс) 
[T]HN NPOC[EYXHN MOY проседеххто} 

11 [AICX]YNOGCIHCA(N км TAPAXOCIHCAN] 
[Cp O APA п[лмтес O1 єхөро MOY епі] 
[CITPAPEIH[CAN км мсхунеен] 
[C]AN СФОГАРА ліл TAXOYC] 


4k in LT. — emoecon еол пе ухАмое nova mer L, 
епо сум ейоА recom пеухАмос DE T. 1eporL 
epoer У. — AROTOWCL, anovotujc V. — MAI Г, мае V. — 
exor L, eoe oer V. — мисотм У, исеотм Г. 2 nppoaeY, 
мироме L. 

6g 5и Zkoaues У : би clo*ouce. 11 србЗра prius om. BS’. 
— ünxco:pagiinoa» ie та Orlow xal AS. — xa:xwyuvüstcav АВ. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 13 


Psalm 6 koptisch — 
[6є)пхо[к евох 2N NECMOY 2A] 
[s )пмераумоум пеүллмос NAAYIA] 


B. Schrift und Fasern laufen parallel. 


Psalm 6 koptisch. 
Beginn des Blattes, 


9 [A пхобіс COTM 6na]conc 
[A пхобіс WEN пхла)]лнх^ ероч 
10 Гєуєхлаупє NCEWJTOPTP EM[ATE NGI 
[NAXAXE TH]POY 
[MAPOYKOTOY ENA2JOYN мс[єх1а0)іпє 
[EMATE 2]N оубепн 


Psalm 7 griechisch 
[YAAMOC то AAY]LA. ON[ HCE 
[TM KO YNEPITON логан хоүс! 
[уюу 1]eMEIN- 
1 [K6 O ӨС MOY єп! COY HANJICA 


ПІ. 


KG. 9934 + 9947. Höhe 7:2 ст, Breite 6:8 cm. 
A. Schrift und Fasern laufen parallel. Linker Rand 2 cm. 


Psalm 9 koptisch 


IL] — ہے‎ 
21) [A]KOBQ)K 2M пєуоєпа) NNeoxrY1C] 
22 эм птре HACCBHC XICE [MMO4 WAPE] 
фнкє жеро 


6k in ТІ. 10 епафот мсежиціпе TL. 

Tg Überschrift (еру М : tepever; перем 39 156 203 263 Compl. 
Alex. Isp? 154, teuevn 164 165 171, teppevet 170 273, cppevet 194, 
ever 290, eupever 293. 

ЭК іп TL(V.1—11in В). 21 neosoenyT, nesoe|ru У. 
22 NOHREL, Purre V. 





74 I, Abhandlung: Wessely. 


C€HAGOHOY 2N NEYW[OXNE ETOY] 
MEEYE EPOOY 
23 XE пречрнове CETAE[IO ммоч 2N] 
NENIOYMIA NTE4[YYXH] 
AYW NIETXINSONC[ CECMOY EPONJ 
24 A npeapu[ose Fnoyst мпхов!с] 
KATA пх[а)м мтечоргн NINA] 
ауме AN 


В. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 9 koptisch 
31 [A4KTE пєчго) EBO[A етмефат] 
[ єптнрч] 
32 [TWOYN NX.OJEIC MAPECKICE NGI TEK[GI]X 
мпррпов]а)у NINJ2HK[E] 
зз [ETBE оу AN]ACEBHC Fnoysc мпно]у 
те 
[хүх Оос FAP] 2M пєчәнт' же NKNA 
WINE AJN 
34 [KMAY хе нтојк ETFN2THK EYA 
[се MN OYSJW[NT] 
[ETPEYTAAY 62рм енек]6их. 


ТУ. 
KG. 9961. Höhe 8 ст, Breite 16:5 cm. Überall abgerissen. 
A. Schrift und Fasern laufen parallel. 
Psalm 16 (17) griechisch. 
4 ОПИС AN[MH AAAHCH TO CTOMA MOY TA] 

eprA[ TON ANOPWNWN] 

AIA TOY[C лог]оүс TION XEIAEWN CJOY 
ETW EbyYAAZA OAOYC CKAHPAC 


ЭК 22 eper L, ероот УТ. E 
Эк 32 nxoeic V, nxoeic пиотте LT. 33 мета 
циме LT, niita unte У. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 15 


5 KATAPTICAI ТА AIAMATA MOY EN TAIC 
TPIBOIC COY 
NA MH CAA€YOH TA AIABHMATA [COY] 
6 [EITW 6[к]екрлхл OTI ENHKO[YCAC MOY O өс] 
KAINON TO OYC COY EMOI[ км €IC] 
[AKO]YCON там PHMA[T)D[N MOY] 
т [EAY]MACTWC[ON TA €A€H COY] 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 16 (17) griechisch 
as [ ANO €xopao]N T[HC] хе 
[POC COY KC ANOAYW]N AnO[THC FHC] 
AIAMEPICON AYTOYC єм TH хон AY! o" 
км TWN KCKPYMMGNON COY ENAH 
СӨН H TACTHP AYTWN 
€XOPTACOHCAN YEIWN 
[Км AP[HKJAN TA KATAAOINA TOI[C] 
[NHHIJOIC AY TWN 
15 [его AE en AIKAIOCYNH офөнс[омл) 
ста пр]о[сјопо [CO]Y XOP[TACOHCOMAI] 


ү. 


KG. 9915. Höhe 8:9 cm, Breite 6:4 cm. Überall abgerissen. 
A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 24 koptisch 
6 [APINMEEYE NJNEKMNTG)[AN2TH4] 
| nxoeic ] 
[AYW NEKNJA хе свадооп’ хім еме?] 


165 5 садеюбі : var. cxAcvðöct AS alii. 6 ёт: ётўхоџсос : б 
Eishnoysas 8139 55. 
168g 14 xexpupévwv В. 15 то просото Bisi? 281, 


16 


1 


8 


9 


І, Abbandlung: Wessely. 


[NNOBE] N[TA]JMNTKOYEI| MN NAMNTATCOOYN] 
[ ]мпррпвүм[євүє] 

[APINMEEYE шток KATA пмам MNEKNA] 
[ETBE TCKMN]TXPHCTOC nXo[eic] 
[OYXPHCTOC Aly є|чс)0уГтам пе nxoeic] 
[ETBE пм a]natclew NNETPNOBE 21 тєгїн] 


[ANAXIMOEIT] ?2HT[OY NNPMPAGd) эн OY2AN] 


B. Schrift und Fasern laufen parallel. 


Psalm 24 koptisch 
(15) [XE мточ NETNATEKM NAOYEPHTE] 


16 


17 


18 


19 


20 


[ €BOAJ?M ппла) 

[бат 62]рлї EXWEI NKN[A NAT] 

[хе ANT оуїаунрє OYWT’ AY[O ANT] 
[OY2HKE A]NOK 

[a nEeornfıc] мплэнт” OYW[a)C євох) 
[ANIT €EO]A2N NAANAT[KH 

[ANAY €]HAOBBIO MN пх[ асе NTKW] 
[EBOA] NNANOBE THPO[Y] 

[ANAY ENJAXAXE хе AYOY[WDU)C євох) 
[AYW AYMECTWI) 2N [OYMOCTE NXINXONC] 
[2APE2 ETAYYXH NKTOYX.OI] 
[MnpTpPAAXid)in]e хе AlIzEANIZE EPOK] 


VI. 
KG. 9927 + 9945° + 99517», Überall abgerissen. Diese 


drei von mir zusammengefundenen Fragmente passen aneinander 
und messen 7:8 cm Höhe, 9:5 cm Breite. 


A. Schrift und Fasern parallel. 


24k in LT. 7 м(та)митнотег V, ктамитноті LT. 


— миррпозмеетзе T, мпрриєумГеєте VL. 


24k 16 ежоег У, ехої LT. — ини[^ V, мема LT. — 


OTOT V, Host LT. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 11 


Psalm 25 koptisch 
5 [AIMECTE TCOOYy?C NNETO MNONHPOC] 
[AYO NN]JA2M[O]OC MN N[ACEBHC] 
в [Fnajeıw ENNAGIX. 2N N[ETOYAAB] 
[TAK]|WTE €n[6]KoYCIACTHP[ION] 
[пхо]с 
[ECIBTM єпєгрооү мпексм[оу] 
[EX]W NNEKWN[HPJE THPOY 
з [NX]oeıc AEIMEPE NCA MNEKH[I] 
[MN NMANGWNE мпекво[оу] 
9 [Mn]pTAKO NTAYYXH MN N[ACGEHC] 
(Ach NAWN? [м]м 2ENPWM[E NCNO4] 
10 [NAT EPE TAN[OMIA 2N меубих] 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 25 (26) griechisch ....... 
6 [url OMA! EN] лефою T(A]C X€IPAC moy] 
(клі KYKAW]CW TO OYCIACTHPION 
[ COY JKE 
т [TOY AK]OYCM PONHN AINECEWÇ 
(Км AIHITHCACOAL M[A]NTA TA OAY[MA] 
[ CJA соу 


25k in LT. 7 MIIERCMOT alvisews cov vide textum Grae- 
eum. 8 легмере У, аїмере LT. 10 аморла S1, at avoptat 
AS? alii 13 91 27 39 55 65 iidem fere qui infra, ў àvopla 264 
286 289. 


25g 6 xpi om. В. 7 тоб com : тоб йхобса! ре 13 21 
39 65 66 67 69 80 81 99 100 101 102 106 111 112 113 114 
140 143 144 145 146 151 152 154 156 164 165 166 167 168 
169 170 171 172 173 174 175 177 179 180 181 182 184 185 
187 189 190 193 194 195 196 197 199 200 201 202 203 204 
206 208 210 211 212 216 217 219 222 223 226 227 263 264 
265 267 268 269 270 271 272 274 275 276 277 278 279 280 
281 283 284 285 286 289 290 291 292 293 Compl. Ald. Cyrill. 





18 


8 


I. Abhandlung: Wessely. 


(ке нг]лпнсх єупрєпечхм OIK(O]Y [coy] 

(клі ТО]ПОМ CKHNOMATOC AOXH[C COY] 

[мн CY]NATIOAECHE META ACEBW[N] 

[T]HN YyxHN [MOY] 

(клі META ANAPWN AIM]AT[ON THN YYXHN MOY] 


KG. 9917. Überall abgerissen. Höhe 10-6 cm, Breite 5 cm. 
A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 25 griechisch 


11 


EITW [A]€ EN AKA[KIA MOY ENOPEYOHN] 
A]JYTPWCAI ME км EAEHCON ME ] 

о) ГАР поус MOY[ естн єм вуеутнти 
EJN EKKAHCIAIC| EYAOTHCW CE KE] 


Psalm 25 koptisch 


1 


4 


пе\улхлмос[ N AAYEIA] 
K]PINE MMOEI N[XOEIC XE ANOK AI] 
мооа)є 2N[ TAMNTBAA2HT] 
AYO еко N2[THI єпхоєіс HI 
МАКІМ AN 
AOKIMAZE M[MOEI ПХОбІС мгпей 
PAZE ММ(ОЄІ) 
NICE NNAGS[AOTE MN MA2HT] 
ке TIEKNA[ мпемто NNABAA GBOA] 
AYW AEIPAN[AK 2N TEKME] 
мпемо[ос MN OYCYN2EAPION €40)OYCIT] 


Alex. I, 1 р. 372, 2 p. 330. Theodoret I, 765 Arm. Ed. Slav.Vindob. 
Tou anouce pat 27 282, т. а. pov 115 215, axcocax: pe 141. — 


туч 


ABS! түу gwviv Bi. фшуїс varii fere iidem. — aiézw:: 


діс co) Vers. Copt. et iidem fere varii. 


25g 12 o yap zoue pou АВ! S! Cyrill. Alex. I, 1, p. 500: т. 
25k 1 ммоєг V, Аме LT. 3 Re V, xe LT. — 


apanan LT. — MTteroAooc T. 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 19 


В. Schrift und Fasern parallel. 


Psalm 25 koptisch 

12 [A TAOYEPHTE FAP A2]epATC 2M пс[ о] 
[OY TN ] cı[A] 
[YnacMoy EPOK п]ховс 2N NEKK[AH] 

Psalm 26 griechisch 


]— unm. Dude 
(TOY AAYIA про ] TOY XPEICOH : >— 
1 (KC PWTICMOC MOY] км сотнр MOY[TINA] 
г фовненсуома! 
[KC уперхсгистнс T]HC ZWHC MOY Alno] 
[  TINOC A€IAIJACOD 
2 [EN то €rrizeiN єп Є]МЄ KAKOYNTA[C TOY 
[| флгем TAC C]APKAC MOY 
[O! емвомтес ME км Ol] ехеро! MOY 
[ Ауто HCBENHCAN к]м ENECAN 
3 [EAN MAPATASZHTAI еп EME NAPEM 
[BOAH OY POBHOHCJETAI H KAP 
[AIA MOY ] 


УП. 
KG. 9962. Höhe 12 cm, Breite 6:8 ст. Unterer Rand 
22 ст. Sonst abgerissen. 
A. Schrift senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 27 koptisch 
1 DUSIDRAK E2PA[ı EPOK пхов!с] 
NANOYTE мпрклрок €poi] 
[мн]пос NKKAPO[K EPO! TAP op 
NNETBHK ENEC[HT єпа)нї] 





25k 12 ом merrAncıa L. 


20g ур:с0т S prova Vulg. — xal cwtnpla pou 156. 
3 єтєтам ` кесоу varii iidem fere qui supra. 
27k in L, Lagarde, V. 3—4 іп В. 1 мвнаронк V, 


NCRAPOR L, Lag. 





80 I. Abhandlung: Wessely. 


2 [CXD]TM єпєгрооу [MnAconc] 
[2]M nTpacencw[nk мтхч ММА) 
1х’ егрм єпе[крпє ETOYAAB] 
з [м]прсєк TAYYXH [MN NPE4PNOBE] 
AO MNPTAKOEI [MN NETP2WB] 
ETANOMIA 
[NEITYAXE эм OYEI[PHNH MN NET] 
ATOYWOY | 
гєр)є мпвөооү эн N[EY2HT] 
4 [FN]AY KATA нчеузвнуе AYO KATA тпонних 
Ende des Blattes. 


В. Schrift und Fasern parallel. Unterer Rand 22 cm. 
Psalm 28 griechisch 
сулАмос т) AAYEIA CSO 
[AIOY CKHNHC] KH 
1 [ENETKATE то] ко Ylıloı өү 
[ENETKATE TW] KO утоус KPIW[N] 
[ENETKATE TW] KW AOZAN км TI(MHN] 
2 [ENEFKATE TW] KO AOXAN ONO 
[MATI AYTOY] 
[NPOCKYNHCA]TE та» KW EN AYA[H] 
[Aaria хүто]ү 
з [фомн Ky EN] TON үллтом 
го OC THC AO3Z]HC EBPONTHCEN 
4 [фомн кү ем IC]XYI 
гфомн ку EN MJETAXONPENEIA 
Ende des Blattes. 


_ 21К3 мпртаної І, миртакоєг У, мпртано Lag. — 
ом neooo7 R, мпееоот VL. 
28g Überschrift 225200 силуїс то AawB файубс 175, E: 
cunvns Фарос то Дам 914. 2 èv дуёрат: 268, тф 2. 210. Dazu- 
gefügt wird in 154 äpare Üuclac xai єіспоребесбє el; Tag ай айт. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 81 


VIII. 


Die Fragmente 9913, 9925, 9940, 9959, 9965, 9968, 9970 
und 9971* gehüren zusammen und sind die Reste eines Doppel- 
blates mit 4 Seiten Text. Die Breite eines Blattes betrug 
135cm; ein Teil der Höhe ist noch erhalten, nämlich 23 cm. 
Der obere und der untere Rand liegt ebenfalls noch vor, er 
mißt 3cm. Gegen die Mitte des Doppelblattes sind je 2 cm frei. 

Das Doppelblatt ist in der Mitte, obwohl nicht gerissen, 
mit einem Bindfaden geheftet, die beiden Löcher sind 1:4 ст 
voneinander entfernt. 

Die Fragmente sind so anzuordnen: 


9968 9971 
9925 9959 
9965 
9940 9913 9970 


Das Fragment 9968 hat 4:5 ст Höhe, 11 ст Breite. Es 
enthält den oberen Rand des einen Blattes mit 3cm Höhe. 

Das Fragment 9971 hat 4cm Höhe, 108 ст Breite. Es 
enthält ebenfalls den oberen Rand, und zwar des anderen Blattes. 
Gestalt und Lage dieser beiden Fragmente ist so, daß man 
annehmen muß, daß sie durch denselben Riß oder Bruch von 
dem Doppelblatt in gefaltetem Zustand abgetrennt worden sind. 

Das Fragment 9925 hat 1562 ст Höhe, 15 ст Breite. Es 
enthält den oberen Rand bei beiden Blättern sowie die gegen 
das Innere zugewendeten Ränder der Schrift des Doppelblattes. 
In der Mitte, 3:2 ст unterhalb des oberen Endes, steckt der 
Bindfaden. Diese drei genannten Fragmente schließen knapp 
aneinander an. 

Das Fragment 9959 schließt nur an 9971 knapp an. 
Höhe 15cm, Breite 67 ст. 

Das Fragment 9965 grenzt ebensowenig unmittelbar an 
als die anderen folgenden Fragmente; es stammt von der 
unteren Ecke des einen Blattes. Höhe 6:4 ст, Breite 5:3 cm. 
Rand nach außen 2cm. 

Das Fragment 9940 ist vom unteren Ende desselben 
Blattes wie 9965; Höhe бст, Breite 8'7 ст, unterer Rand З ст. 

Das Fragment 9913 ist ebenso wie 9970 vom unteren 
Teile des anderen Blattes. Höhe Tem, Breite 6 cm. 

Das Fragment 9970 hat 5em Höhe, 3:5cm Breite. 

Sitzangsber. d. phi Met Kl. 155. Bd 1. Abb. 6 


82 І, Abhandlung: Wessely. 


1. Blatt. 
1. Seite. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Anfang des Blattes. 
Psalm 28 griechisch 
6 фомн ку CYINTP[IBONTOC KEAPO[YC] 
CYNTPIYEI KIC TAC KJEAPOYC | TOY м) 
BANOY o 
6 км AENTY[NEI AYTAC WC TON мо] 
CXON TO[N AIBANON] 
KAI О нглпн(мємос WC YIOC MONO] 
KEPATWN 
т фомн Ky AILAKONTONTOC PAOTA] 
nypoc 
8 фомн ку сү[м]сєпомтос єрнмом) 
CYNCEICEI KC THN [EPHMON KAAHC] 
9 фомн Ky KATAPTIIZOMENOY EAAPOYC] 
км ANOKAAYYEI АГРУМОУС) 
км EN TW NAW AY[TOY NAC TIC A€] 
ге AOZAN 
10 KC TON KATAKAYC[MON KATOIKIEI KAI] 
[K]JA01E1 T[Aı KC BACIAEYC EIC TON] 
[AIOJN[A 
11 exciderunt 4 uel Ö lineae 
[NEYAAMOC NAAYEIA євох 2N TE2IH] 


Psalm 28 koptisch 
[ NTECKHNH ] KH 
1 [ANINE MNXOEIC NO)HPC] мпноү 
[ANINE MNIXOEIC N2EN]WHPE N 


28g 5 ха! ооутріре: S? et 13 21 27 39 66 67 etc. varii iidem 
fere qui supra. 6 ромориратшу У 156 (185 ex corr. primae manus): 
HOVOREPWTWVY. 8 ха! oos S 13 61 66 etc. varii iidem fere ut 
supra. 10 хабієта: В!°?З 51, 28k in L, Lagarde. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente, 83 


Lee З -- 
[ANI OYTAEIO MN OY'TIM]H мпхо 
[ANI OYGOOY мпечрлм) 
[оүфот MnXO€IC 2N] течхухн 

ETOYAAB 
TECMH мпхое{с AXN MMOOY] 
A пчоүтє MN[EOOY WU) EBOA] 
NXOEIC AXN N2[ENMOOY €NAQ)OOY] 
TECMH MNXOE[IC 2N OYGOM] 

Ende des Blattes. 


1. Blatt, 2. Seite. Schrift und Fasern laufen parallel. 


Anfang des Blattes. 


Psalm 28 koptisch 


4 


[TJECMH мпхов!с 2N OYMNTNOG 


[TJECMH мпхоєцс єчоу)фазч NN 
[KEAPOC] 

[nxoeic млоуса)а NINKEAPOC M 
[NAIBANOC] 

пачтрєурауіє мплИвлмос NOE 
|МПМАСЄ) 

(хуа пмеріт €40 NOE] NNOYWH 
[PE MMONOKEPWC] 

[TECMH MNX.OEIC єчо]ү@ауч N 
[оүа)л? NCATE] зн 

[TECMH MNX.OE]C єчкім" ETEPH 

пхоею NAKIM] етернмос’ N 





[KAAHC] 
28k 2 asde L, ahn V, Lag. — етотай Lag., ЄТОУ- 
aah VL. 8 oeren HENMOOT L, Lag., PIM мо[еммост У. 


(5 ми nAshanoe Lagarde) 7 м[оущаф У, noswyag La- 
garde, EMOTWAQ В. 8 ERIM Lag., L, ECRIM К. 


Gg 


84 I. Abhandlung: Wessely. 


_ _ €IOYA 
9 [TECMH мпхо]ес €4COBT€ NNIE 


[АУФ 4NASWA]N’ EBOA NMMA 

(маунм) 

[OYON мм ET2M] печрпе xw M 

[ne4eooy] 

10 exciderunt quattuor lineae 

HXO€I(C NACMOY ENE4AAOC 2N] 
OYEI[PHNH] 

un 
ес о TEAOC YAAMOC WAHC] 
TOY | ETKAINICMOY TOY Oi] 

KO KOY [TOY AAYELA 


Psalm 29 griechisch 


2 уүосо се KE OTI yneAABec Me] 
км OYK[ EYPPANAC тоус єхероус) 
MOY e[n EME] 
з KE O ӨС M[OY EK]EKPAZA прос сє 
[Км FACW ME] 
4 [KE ANHFATEC EIS AAOY THN Yy 
[XHN MOY] 


Ende des Blattes. 


2. Blatt. 


1. Seite, im ganzen die 3. Seite. Schrift und Fasern 
parallel. 


Psalm 29 griechisch 
ECWCAC ME EK TWN KATABAINO[NTODN] 
EIC AAKK[ON 


28k 9 mmeeiosA І, mireerosA У, михеотА В, Lag. 

29g eis т> zéie om. 21 27 66 140 144 146 150 156 166 
172 173 180—9 185 197 199 206 210 217 222 262 268 272 
278/9 282 285 286 289 291 Compl. Alex. 1 ёуброо< cou 289. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 85 


5 YAXATE TO КІФ о]! OCIO! AYTOY 
клі ехомох[огелсее TH MNHMH 
THC ATKD[CY]NHC хутоу 
оті оргн EN т[Ф өјүмо хутоу 
клі хон EN [TW] BEAHMATI AYTOY 
6 TO есперхс A[YAJICOHCETAI кллу 
емос 
км ес TO пГрал A]TAAALACEIC 
т єго AG ein[A є) TH EYOHN[I] MOY 
OY MH[ CAXE]YEWw EIC TON AKDNA 
8 ке EN TW | BEAH]MATI COY паресхоу 
та» КА[ААЄІ M]OY AYNAMIN 
ANECTPE[YAC AE T]o npocwnon coy 
KAI ETE[NHOHN] TETAPATM[E]NOC 
э пр[ојс CE кє [KEKPAJZOMAI [KAI] 
[n]POC том өм) MOY AE&HOHC[OMAI] 
10 [тіс оЈфе[лем єм) TI AUM[AT! MOY] 
єм [TW KATAEHN]AI ME IC) 
AlA[PEOPAN] 
MH е[омохогнсе]тх со! XOYC] 
Н ANA[TTEAEI THN AAHOCIAN COY] 


29g 3 dc Adwxov Муха 196. 4 cf when: ТТУ рмпрлу 
13 67 156 167 184 194 206 208 269 275—278 286. 5 фа- 
Хате : фай Аате В. 6 èyù 3è srov 190 210 262 Basil. M. I 364, 
Theodoret I 789, Procop. П 458. — (aXXdcetg : ауай мата V. 
T zagegyou : порасуоо ABS 21 27 55 (66 ut videtur) 67 81 151 
178 183—185 (190 corr. ut in Ed.) 202 204 206 210 211 273 
215 278 279 (286 corr.) Ald. Didym. de Trin. р. 11. — xal &yev- 
Ут» 169 184 277 282 286. 9 dv то xaxafwat: & TD xata- 
vw 13 21 66 67 69 80 81 99 100 102 106 111—115 146 
150—152 154 162—195 178—184 187 189—191 193—195 200 
—206 210 211 214—217 219 222 223 226 227 263 267—286 
289—293 Compl. Ald., хатараму Si. 10 єуємувт pot 156, 
evrê 184 277. 


86 I. Abhandlung: Wessely. 


11 HKOYCE[ KC км EAE]HCE M[E 
KC егемнен в[оне]ос MOY 
12 ECTPEYAC TO[N к]опєто[м 
[MOY €]IC XAPAN [EMJOI 
[AIEPPJHZAC том CAJKKON MO[Y кл] 
[neplıe[zwcac] Me EYPP[OCYNHN] 
13 [опос An }лАН СО]! [н АО5ЗА MOY] 


2. Blatt, 2. Seite; im ganzen die 4. Seite. Die Schrift 
läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 29 koptisch 
1 TN[A]JXACTK' nxoeic хе хкаопт” 
EPOK 3 
Ayw MNKEYPPA[NE милхлхе EXW 
2 nxoeic NANOYT[E AJİXIU)KAK ег 
PAI EPOK AKTAA[C]OEI 
з nxoeic AKN TAY[Y]xH єграї 2N 
AMNTE 
AKTOYX.OEI EBOA [24] NETBHK’ € 
пєснт” ena)[oi] 
4 Yalalacı enxoeic м(єчпєЄ]тоүллв 
NT[6]TNOY DN? г евох] мперпме 
eye мпечоуоп 
5 хе OYN оуоргн 2[M n64J6ONT AY 
а» OYWN2 2M[ печоујоа) 
прме чмлооп[є epoy?]e NTE пт[е) 
AHA Q)yone E[2TOOYE] 





29g 12 фі: Фу (143) 145 146 165 (166 ex corr.) 110 
—173 181 184 185 189 121 203 204 216 223 270 274 277 279 
280 283—985 290—292 Chrysost. 9, 643, Фолл: 144 169 202 
989, фало 156, jaXAov 188, daier 194 (278 corr.). 

29k 1 eoe o LR, eoe oer У. 2 ARTAA[6 ]oer V, arral- 
Зої L. 3 гңтоъотое: VB, антоко OI LR. 4 мперпмеєте 
VB, мпримеєте LR. 5 meqótonv VLB, neqóonT Lagarde 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 87 


6 ANOK AC AEIXOO[C 2M N]AOYWDWAE 
[хе NFNAJKIM[ AN] аул емєгг] 
т nxoeic ом пеко[уфа) л)к|м[оүбом 


(ЄППАСАГА 
AKKTE] NIEK2O | AG €BOA Allywn[e 
[Cia)]TPTOD[P 
8 [. o UE uk. th CINAXIG)KA]K nxo 


[CIC] TACOn[C MrANOYT]e 
9 [оу ne пуну м[плс]моч 2M ПТРХ 
[BW]K ENEC[HT ептхко 
[MH €p]6 пехо[ус N]AEZOMOAOTI N[AK 
[MH €]dNAX.D [N]TEKME 
10 ГА noe CWT[M AqdN]A HA) 
[A nx]oeıc а[фпе мм NBO]H(OOC] 


IX. 


Von dem Blatte sind sechs Fragmente erhalten, die so 
anzuordnen sind: 
9936* (Fragmente) 
9936» (Fragmente) 
9949» + 9949» 
9945 (Fragmente) + 9938 


99362 hat 45cm Höhe, 45cm Breite; es ist überall ab- 
gerissen. 

9936" hat 32 ст Höhe, 4:4 ст Breite; es ist überall ab- 
gerissen. 

9949» hat 45cm Höhe, 37cm Breite; es ist vom linken 
Beginne der griechischen, respektive vom rechten Ende der 
koptischen Seite; daher trägt es noch den freien Rand in der 
Breite von 1 ст, 

29k 6 aeızeooc V, aïxooc І. 7 anẸsom Lagarde, 
кз {от бом. VL. 8 єглажиувка)я пжо[ес] У, ema- 
RIWRAR eopar епжое с L, емахішкан eopar EPOR 
пх оєгс Lagarde. 9 маетомоћосет Lagarde. 





88 I. Abhandlung: Wessely. 


9949» hat 47cm Höhe, 4cm Breite; es schließt sich un- 
mittelbar an das vorhergehende an. 

9945 (Fragm.) hat 6:4em Höhe, 42 ст Breite; es ist so 
zu beurteilen wie 9949», Rand von 1 ст Breite. 

9938 hat 4cm Höhe, 3:5 ст Breite, es schließt sich un 
mittelbar an 9945 an. 


A. Schrift und Fasern parallel. 
Psalm 30 griechisch 
(19) | EZOYAEINWcC[Eı 
20 [ ос поху) то плнео[с THC XPHCTOTHTOC] 
[ їсоу KE 
[ нс erpy‘fac ] тос $POB[OYMENOIC ce] 
г вехерглсф ] тос EANI[ZOYCIN] 
г єтї CE €NAN]TION ТОМ үм TWN] 


[ ANOPJODnON 
21 [KATAKp]Y eic AyTO[YC єм anokpypw) 
[ т]оү npocwn[oy coy ano TA 
[ PJAXHC ANOP[ONODN 
[скеплсес AYTOYC єм CKHNH] 
[ ANO AN]TIAO[FIAC TADCCDN] 


22 [є]үло[гн]тос K[C OT! вөлүмлсто) 
сем то EAEOC[ AYTOY єм по] 
ме! перюхнс 

23 ETW AG GINA EN тін EKCTACEI МОУ? 
AnEe[PJPIMMAı A[PA ano про] 
сопоү том [ офөл^мон coy] 

AIA TOYTO €ICH[KOYCAC K€ THC] 
фомнс THC | ленсефс MOY] 
EN TW KEKP[ATENAI ME прос CE] 


29g 20 xpi ош. 51, 28 21% 22 єїтоу 184 190 210 
Theodoret I 799, cf. 216, Bè om. 289. — дт [Јери A[rö? oder 
бе louer Фра? 4. dpa Bere. 51 55 156. — тросфтої om. 8". 
— pit om. AS, | 


24 


25 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 89 


АГАПНСАТЄ TO[N KN HANT6C ой 
ociof[t] AY[TOY] 

OTI | AAHBEIAC EKZHTEI KC] 

км A[NTANOALACDCI TOIC перс] 
сос NOIOYCIN ynepHoANIAN] 

AN[APIZGCOGC 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 30 koptisch 
(1) [ TEKAIKAJIOC[YNH ] 


2 


[PIKE MNEKMAJAXE epoer[t мг] 

[ CENH ETOYX.OE] 

г MWNE nacı ] EYNOYT[E NNAQ)TC] 

г AYO оүнє! ) єемлмпо[т’ етоухоей 
[хє NTOK п)є nATA[XpO Ayw] 

[ TIAMAMIIODT] 

[ETBE NEKPA]N KNAXIMO[GIT 2HT] 

[ AYO NTJCANOYA)T 

[KNANT €80]^ 2N 76616[0р6С] $ 
[ ENTAY2ONC EPOE! ] 

[же NTOK пе TANA]QTE 

(мАсоїлє Mna]nNA єм[є|кбїх, 
[AKCWTE MMOE]I nxoeic [n]NOY Te 

[ NTME ] 

[AKMECTE NET2A]PE2 EMNETWOY 

[ віт ENXINXH] 


[ANOK AE AIKJA2THEI ENX.OEIC 


29g 24 ol Soo: ot бум! 72. — Zen om. 81. 

30k liegt vor in L, Lagarde, у. 6 in В. 2 етумотте VL, 
EOTHOTTE Lag. — емампаот У, MMAMIOT Lagarde. 4 те- 
ei$[opoc V, TEISOPST Lag. 6 MNETWOTEIT Lag. емпет- 
Шотет V. — AIRAHTHEI V, AIRAQTHI Lag. 


90 1. Abbandlung: Wessely. 


т [{ЧАТ6АНА тхеуфрхме EXM 
[ NIEKNA ] 
[хе NTOK AKG]Dü)T EXN плеввіо 
[АҮФ AKTOYXE ) TAYYXH EBOA 2N 
[ NAANATKH] 

8 [лүФ MNKTAATE €TOOT4 м)пхлхє 
[AKTA2E NAOYEPHTE €pATJOY 2N 
[ OYOYOCTN] 


X. 
Die Fragmente 9928, 9937, 9966, 9958» gehören zu- 


sammen. Sie lassen auf eine Hóhe des Blattes von mindestens 
21 ст schließen. Die Anordnung der Fragmente ist folgende: 
9928 
9966 
9937 
9958» 
Kein Fragment schließt unmittelbar an. 
Fragment 9928 hat 9cm Höhe, 8em Breite; es ist auf 
allen Seiten abgerissen. 
Fragment 9937 hat 11cm Höhe, Tem Breite; es ist eben- 
falls überall abgerissen. 
Fragment 9966 hat 6`5 ст Höhe, 5:5 ст Breite; es zeigt 
1:4 ст Rand. 
Fragment 9958» hat 5`5ст Höhe, Зст Breite; es ist 
überall abgerissen. 


A. Schrift und Fasern laufen parallel. 
Psalm 30 koptisch 
10 [A naaRE X(DXM [2N OYMKA2N2HT] 
[Ay] NAPMNO[OYE 2N 2ENAU)A2OM] 
[A TA]GOM GEBE 2N OY[MNT?HK€] 
[AYO] хуаутортр Hei NAKEEC] 


зок 7 em naeB&iro L, Lag. een m. V. — maebéio 
У, naohbeıo Lag. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 91 


11 |АєПиуапє NNOGNE[S NAPA NA] 
г XA]xe THPOY 
[AYO] NNETATOYWEL EMATE] 
[AYW]N2OTE NNET[COOYN ммої) 
#12 [хе AYPN]WBEQ) 2N пє[ү?нт] 
(моє) NNIKWW[C] 
[A€]ipoe NNe[n]aay в[хчсФрм] 
13 [xE] ласф]тм [впсаж)ч N2A2] 
[EYOYH2 2M NAKWTE] 
[aM птреусфоу? ?10ycon єроєї) 
[^луфохме EXN то Кухні) 
14 [ANOK AE AIKA2THI EPOK NXOJEIC 
[мхоос хе NTOK пе пхмоуте 
15 ЄРЄ NAK[AHPOC 2N мєк)сіх, 
MATOYX[OJEI ET[SIX. NNA]X.AX€ MN 
метпнт NC[WI) 
16 [OYE]N?2 NEK2O EBO[A EXM] NEK2M2AX 
[M]ATOYX.OEI 2M NIEKNJA пхов!с 
17 [М]пртрххаупє х[е лера) GPA 
EPOK 
[eJyexıaıne Hei N[ACG]EHC AYO [N] 
cexiTO[y €AMNTG] ER 
18 [M]APOYP' М(по He месјпотоү N 
(муєтх а» N[OYANOMIA €2JOY[N] 
ENAIK[AIOC 2N OY ]MNTAX.A 
Ci2H[T MN оүсоо)а] 


30k in L, Lagarde. 11 мметоттото L, Lag., ммето:- 
тотое[: V. — Der Stichos метмат epoi атотє масавбол 
ммої fehlt in V. — атрпойбщ VL, атрпасбс Lag. — 
петонт V, метонт RL. 12 мотдиаат LR, митом дат 
V. 18 &icoTA L, acıclo]Tm У. 15 nennt І, метинт 
ВУ. 16 матото OI І, матоз2 ое! У. 16—17 TERHA 
пе оес gehört zu 16 in LV, посоєїс zu 17 zieht В. 
17 aiouj L, Lag., ем У. 


92 


19 


I. Abhandiung: Wessely. 


[хе NAWE NAWAI NTE]JKMINTXPHCTOC] 
[n.x.oeıc] 
[TAT ENTAK2ONC NNETP2OTE ?HTK] 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 30 koptisch 


19 


20 


21 


22 


23 


24 


зок 20 мироме LR, ирроме У. — ероот LR, epoet 
| AE ngenAac LR, ми OTAac У. 
osnoAse L, ди ownoAse VR. — таєттасіс Е. 
шанаюе R (ме щуанаїоє L). 


[AKTOQ)C NNET2JEANIZE ер[ок) 
[MNEMTO €BOA] NNOHPE N[(NPOD] 
[ M€] 
[KNA2ONOY 2M] ппвөнп мпек[20] 
[enea)TO]P.[T]P мрраме 
[KNAP2A]IBEC EPOEI 2N OY?[AIBGC] 
[err]oy !»M MN OYAAC 
[nxoeic CMJAMAAT' хе A«T6[ooy] 
[Mri€4N]A 2N OYNOAEIC E[CTA] 
[ XpulY " 
[ANOK AE A€]JUCOOC эм TACKCTAC[IC 
[XE M€Q)A)K A[I2E ев]ох NNA2P[N NEKBAA] 
[ETBE пм AKCWTM ENEC2POOY] 
|МПАСОПС 2M птрлоа) 62рм OYBHK] 
M[EPE NXOEIC NEANETOYAAB THPOY] 
хе EPE n[XO€IC WINE NCA] ммитіме 
AYW 4NA[TOYEIO мчет]хосе N 

2HT EM[ATE] 
хро NTE N[ETN]EHT ємсом OYON 
мм’ ET[2EA]MIZE ЄПХОЄІС 
кы 


жое: с L. 


21 ефрат eoco 9и 
22 MH 
24 епжоес VR, enad- 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 93 


Psalm 31 griechisch 


AA TO АГАУТА. сучесефс »— 
1 MAKAPI(O! WIN APEOHCAN м ANO 
MI[AI 
(Км ON E[K]AAYÞOHCAN м A[MAP] 
TUA 
2 [M]AKAPIO[C ANHP W OY] MH AOTIC[H] 
тм KC [AMAPTIAN] 
(Оу АЄ ест EN TW CTO]MATI AY[TOY лолос] 
з Tomm ЄСІГІНСА €nAAAKD]eH TA-[ 
гост M[OY] 
[^по TOY [KPAZEIN ME OAHN TH]N HM[6PAN] 


XI. 


Die Fragmente 9958* und 9935° gehören zusammen. 
Keines von beiden schließt unmittelbar an das andere an. 

Das Fragment 99582 hat 12/7 ст Höhe, 87 ст Breite; 
es hat ап der Seite einen Rand von 1'7 cm. 

Das Fragment 9935? hat 7 cm Höhe, 3 cm Breite; es ist 
überall abgerissen, 


A. Die Schrift und die Fasern laufen parallel. 
Psalm 31 griechisch 


4 [OTI HMEPAC км мукт]ос EBAPY[NOH 
[en є]мє H [хер coy] 


315 соубсєюс то Axu: то А. covécseog VS 13 55 80 150 
156 164 165 174 182 187 183 202 203 206 286 Theodoret. I, 800 
Фау т. А. c. 91 27 39 81 100 106 113 143 144 146 154 
166 170 172 179 181 183 185 190 194 195 197 199 201 205 
208 210 212 214 215 219 222 223 227 264 265 267 268 270 
—273 275 277—283 285 289 290. 1 Ageldncav S 39 69 101 
106 144 165 169 172 181 199 210 264 (272 mg) 281 284 285 
(299 mg). —  sxaAugÜncav V 188, Флєхадофбтусам vulg., дтемадорбтсам 
106 144 154 165 194 205 208 222 m. rec. 276 277 279 282 283. 





94 1. Abhandlung: Wessely. 


[ECTPAJPHN епс TAAAJNWPIAN EN TW 
[E]MNATH[NAI] AKANOAN 
[A] AX[M]A 

5 [THN] AMAPT(IA]N MOY ETNWPICA 
[KAI T]HN AN[O|]MIAN MOY OYK EKA 
XY Y^ 
[EINA] €XAFO[P6]Y COD KAT EMOY THN 
[A]NOMIA[N мо]ү та» ка 
[км CY] AP[HKAC] THN ACEBEIAN 
[THC KAPAIAC] MOY AIA AAMA 


81g 4 ѓу то ëussrëuat ро: 21 39 55 66 67 69 80 81 99— 
102, 106 111—115 140 143—146 150—152 162—166 168—115 
177—181 183 185 187—191 198—197 199—206 208 210 214 
—216 219 222 223 226 263 264 268—286 289—293 Chrysost. 
XII, 103, Theodoret. I, 802 in Cat. Nic. II, 184, Syr. Bar.-Hebr., 
Arm. Ed. Slav. Vindob. ev tw eraynvar ро: 27 + pe 154 ev то zayi; 
vat ро: 156, Alex. cy Tw sz ро: 267 — žnavðav: amavlas 55 
184, Arm. Ed. auavda 195 204 215 277 278 290 Ald. — Bıabarua 
om. 21 102 106 111 113 140 146 151 156 162—168 171—175 
181—184 187—189 191 193—197 199 204 208 217 226 221 
263 269—271 274 275 211 280 282—286 289—293. 
5 Thy драртіау роо: Thy дуошіау роо AS? 13 21 39 66 67 69 80 
81 99—102 106 111—115 140 143—145 150 151 154 162— 
175 171—183 187 189—191 193 194—197 199—206 208 
210—212 214—217 219 222 223 226 263—265 261—211 
273 — 286 289—293 Basil. M. I, 123 Chrysost. XII, 98. Slav. 
Vindob. delictum Vet. Lat. — xai thy ймодіау роо: жа: TMY agagzun 
pou AS? 21 39 66 67 69 80 81 99—102 106 111—115 140 
142 144 145 150 151 154 162—175 171—183 187 189—191 
193—197 199—206 208 210—212 214—217 219 222 223 226 
263—265 267—286 289—293 Basil. M. Chrysost. Slav. Vindob. 
— йцартіау pro Avoplav secundo loco B. Cyrill. Alex. I, 1, p. 368. 
— Эзра om. 91 55 99 102 106 111—113 140 146 151 
156 162—175 179—184 187—191 193 194 196 197 199 208 


217 226 227 269—271 274 275 211 279 280 282 283—286 
289—293. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 95 


6 [үпер TAYTHC п]росєүзєтм NAC о 
[сос] єм KAIP® EYOETW 
[MAHN EN KATA]KAYCMO YAATDN 
[поллом прос [AYT]ON оү 
[к erryoycı) 

т [CY e моу KATAPYTH Anjo ө[муү[ејос 


B. Die Schrift läuft senkrecht zu den Fasern. 
Psalm 31 griechisch 


11 [EYPPANEHTE eni KN км АГАЛА!) 
АСӨЄ AJIKA[IOI] 
км KAYXAC[BE NANTE]C OI вуе[ес] 


TH KAPAIA 
سنو‎ 


Psalm 31 koptisch 
XX NATMNTPMN[2H]T МАЛУЄПА) 
1 NAEIATOY NNEN[TA]YKW €B[OA] 
NNEYANOMIA 
MN NCNTAY?2OEC [E]BOA EXN [NEY] 
NOBE 
2 млахтч мпром[є є]тє мп[хов!с] 
NAEN мове єро[ч хм 
OYAE MNKPO4 2N [TE]aTan[po] 
3 хе AEIKAPWEI A N[AKEEC PAC 2M] 
HTPAXIG)KAK [EBOA M] 
пєгооү THP[4 


31р 6 тросебдЕта! прос сё vulg., трос cé om. У. 211 289. Theo- 
doret. I, 803 — 795 5540$ прос сё BS! ?, 11 dYya^Xucüa. 165 184 
285, xavyãcða: 278 283. 

31k іп LB, Lagarde. 1 cf. 2 маєтатог У, маїатот L, 
Lag. 2 маермойе Lag, maen моће VLB. — отље ми- 
проц У, orac EMHRPOG І, orae MMM проч Lag, отље 
м)ми ppo B. 3 же acırapwer V, аїкариї же L, 
amapas же Lag. 


96 I. Abhandlung: Wessely. 


4 хе 2M пегооу HIH TEYWH A тек] 
віх. 2POU) E2pAlı EXOD] 
AEIKTOE[ EJYTA[AAINWPIA 2M] 
NTPALTWAC NOE NNIWONTE] 


хп. 


Die Fragmente 9963 und 9939 passen so aneinander, daß 
an ersteres unten sich das zweite anschließt: 
9963 
9939 


Das Fragment 9963 hat 9 cm Höhe, 6:2 cm Breite. 


Das Fragment 9939 hat 12:5 cm Höhe, 9:5 cm Breite. 
Beide sind überall abgerissen. 


A. Die Schrift und die Fasern laufen parallel. 
Psalm 36 koptisch 


(12) (пречрумовє [NAT ?TH4 ENAIKAIOC] 
[N42]POX’PEX. N[NE4OB2E єх ч] 
13 [nX0]eiC AE NAC[WBE МСО) 
[XE] чефаут" хє [печгооу мну] 
14 [A] мрєчрмовє [токм NTEYCH4E] 
AYCOMNT мтмт[еуште ETAYO €2] 
раї NOY2HK[E MN OYEBIHN] 
15 €KXONC NNETC[LOYTWN 2M NEY2HT] 
EPE теуснче BW[K E2OYN ENEY2HT] 
AYO NTE NEY[COTE Op) 


31k 4 aeınroels V, аїнтої І, aIRTOI Lagarde. 

36k in LB, Lagarde У. 14f. in В. 13 3 eqóour Lag., ЧЕТ 
VL. 14 ATCWMHT RVL, ASCWMT Lagarde. — HIE, 
тите V, nes TuTe В, м [r]evruTe B. — (ATTATO B, eT&0T0 
Lag. ЄТАОТО» В, erà vo L). 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 91 


16 NANOY оүкоү[ї мпліклос €2] 
оує OYMNT[PMMAO] 
[6мха)]аж NPPEq[PNOEG] 
17 хе NECBOEI NPPLEAPNOBE NAOYWAJ4] 
[n]xO€IC лє TAXPO NNA[IKAIOC] 
18 пхоєс COOYN NTEAH [NN€4] 
NETOYAAB 
AYO TEYKAHPONOMIA [NAG)OD 
пе UJA ENE2 
19 NCENAXIQINE AN 2N [OYOEIG)] 
64200ү 
(ху) cenaceı MNE200[Y MN2EBWWN] 
20 [XE мурєчрмовє NATAK[O] 
[чх.]ххє мпхоею 2M [NTPEYX.ı] 
[CO]OY мсежсе 2м оуфіхм) 
(хуфхи нө]є NOYKA[NNOC] 
21 WAPE пречрнов]е хі EX.W[A 
[NATMTAAY] 
WAPE NAIKAIOC AJE a)N[2TH4 AYO nat 


B. Die Schrift läuft senkrecht auf die Fasern. 


Psalm 36 koptisch 
(23) [^уФ чмлоүєва) теч]2{н 
24 [EPWAN MAIKAIOC 2]6 NANAW[TOPTP AN] 
[xe nxoeic | нто]отч 
25 [мео NKOY]EI пе AYO хер[2ххо] 
(HAN €AIKAIJOC EA4YKAA4 N 


36k 16 прречіриобе У, мирецриобе Lag., L. 
17 mechoer У, мебћот Lag., L, cf. nghor, on Shoe М. 2 фо 
braechium. — миречрмове Lag. L, pplegprioße VB 
18 мтефін У, ите дін, B, ммефіооте L, Lag., Tag "A vulg. 
зас hppa 55 156. 19 ом педоот L, Lag., ммедос у ү. 
25 мнозї L, мнотег VB, мнотєї пе Lagarde. — ато) 
Sitzungsber. 4. эм, -hist. Kl. 155. Bd. 1. Abb. 7 





98 І, Abhandlung: Wessely. 


| on - ок 
[OYAE печсперм)х EAIWINE NCA 
26 [MNE2OOY THPT] Q)AdNA лү 
[ ма) 
[лу печспермх] NAQWNE ву 
27 [CA2WK EBOA мп)пеөооү NKEIPE 
[MNNETNANJoy4 
[NTOYW2 QA €N6]? NENE2 хе [NXOEIC ME] 
[Мпәх]п 
28 [AYO мамјлко AN мсоч ммеч 
[NET]OYAAB 
[CENA2]APE2 EPOOY WA ENE2 
[сбмлрп]гхп NNETOYAAB 
[AYW песпе]рмх NNACEBHC СЄМАЧО[ТЧ] 
k. E]BOA од 
29 [NAIKA]IOC NAKAHPONOMEI MNK 
[Ayw CEJNAOYW2 2%04 ах ENE2] 
NNE2NE2 
30 [TTAn]PO MNAIKAIOC MEA[ETA NT] 
codıa 
[Ayw п]6ечхлхс их ха MN2AN] 
31 |пмом)ос мп[ечноуте 2M печгнт] 
[АҮФ че]чтхб[ се NACAAATE AN] 
32 [NPE4P]NOBE [FN2TH4 ENAIKAIOC] 


CMOY 


acıp[geAAo V, aro aippAAo L, arpoNAo Lagarde. — 
eayraay LV, e à nooerc Raay Lag. 26 wayna VL, Lag., 
шатиа B. 27 AnneeooT Lag. — NRespe V, nceipe LB, 
Lag. — meneo LV, naneo В. EN 28 ициако HCO an Lag., 
HARD AM neo VL. 29 nneoneg V, мемеф L, Lag. 
30 мед] ета V, nanmeAeTa L, Lag. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 99 


XIII. 


Die Fragmente 9951, 9950, 9954, 9918, 9919 gehören 
zusammen, sie sind in folgender Weise anzuordnen: 


9954 

Das Blatt, dessen Reste sie sind, maß mindestens 28 cm 
Höhe und 16 cm Breite. Der obere Rand hatte 2 cm, der 
linke Rand 2 cm, der rechte Rand 1:5 cm und der untere 
Rand mindestens 0'8 cm. 

Das Fragment 9951 hat 8:8 cm Höhe, 6:5 ст Breite; der 
Rand rechts beträgt 2 cm, sonst ist es überall abgerissen. 

Das Fragment 9918 hat 10:7 cm Breite, der obere Rand 
beträgt 2 cm, links 1:2 cm. 

Das Fragment 9950 hat 11:5 ст Höhe, б cm Breite, der 
Rand rechts beträgt 1:5 cm, sonst abgerissen. 

Das Fragment 9954 hat 3 cm Höhe, 6 cm Breite; es 
stammt vom linken Ende. Unterer Rand 0'8 cm, linker Rand 
1:5 ст. 

Das Fragment 9919 hat 14:8 cm Höhe, 9:6 cm Breite, 
rechter Rand 1:2 cm, unterer Rand 1:5 cm (zufällig so groß 
durch Wegfall der letzten Zeile, die nur auf 9954 steht). 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Anfang des Blattes. 
Psalm 37 koptisch 
12 AYXINGONC He NETUJINE NCA TA] 
фухн 11 
хуа» NETAJINE NCA [26нп6]е[оо]\ EPO 
EI AYXW N2ENNE[TIWOYEIT — 
AYMCACTA моукроч MIIC20OY TH 


37k іп LB, Lagarde, У. 18. 20—21 in К. 12 ерое V, еро 
L, Lag. — npejurpoy В, 2057172 Gr. vulg., МОУМРОЧІУ = 
Gr. 8! 184 Arm. Ed. Зомотило, ди откро Lag. 
1* 





100 I. Abhandlung: Wessely. 


13 ANOK AG NEEIAU)E NIE] EBOA A TOOTOY 
AGIP OG NNIAX ETE [M]CY CCOTM 
AYO ное NNOYM[NO] EMEIOYWN 
тон РРР 
14 AGIPOG NNOYPWM[E EINICDTM AN 
AYW EMMN хпо 2[N] TEATANPO 
15 AEINA2TE E[POK пхо]ес 
(мток ETNACOTM Є]ров! NXOEIC 
[NANOYTE] 
16 [XE AEIXOOC] X[6 MHNOT]E мте NAXA] 
х6 PAWE ммоей 
[2]M nTP€ NAYEPH[TE] KIM хухе мос 
NWAXE E2PAl EX[WJE1 
11 же ANOK СЕТОТ E2ZENMACTITZ 
AYW MAMKA? мпекмто EBOA OY 
ова) NIM 
18 хе FNAXW ANOK NTAANOMIA 
ayw -|-нлчрооуа) 24 NANOBE 
19 NAXAXE NTOOY ON? AYW CE6M 
сом E2OYOEPOEI 
37k 13 meerauje У, меїацує L, мезаще Lag. — аер 
ee У, [aıpee] В, ато мр өе L, Lag. — nad ere | м)єт- 
COTM У, MIAN ете метсотм B, NOTAN EMEYCOTM L, Lag. 
— NOTANO PHA nnosafno] Tine PPoq V, npo L, 
ирро > [3] B 14 acıpee У, älpee Г. — nnospanfe V. 
Lag., Hos pone LB. — emeqeoTA Lag., ENYCOTM VL. — 
еми 2€ TUO L, емми XIO У, ем] м [м] B. 15 aemntagre 
«Гром ижо]ее VB wie im Griech., атмадте єроң L, Lag. — 
ерої пох oic L, Lag., epoer nxoeic У. 16 ауе V, ATXI 
L. — eco Г, eo oer V. — мтема мажазжє Lag., ne 
паха хе V. 17 хе амон У, Lag., L, anon В. — egen 
MACTIUZ У , Lag., EHENMACTIZ L, EINMACTITZT R, egenm[a] 
стус B. — мотоенц нім LR, Lag., оуоецу мім V. — egor 
ерої L, epore epor Lag., eogowo epoer V. — памнао У, 
МАМА? Tuki р. 276. — ммої L, ммлмоєг У. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente, 101 


AYOYWU)C євох NG[I] NETMOCTE 
MMOEI 2N OYX[N]6ONC 
20 NETTWWBE NA[GI н)гєемпеөооү 
ENMA N26Nn[CT]HANO Y 7 
ху ятоунт” | epoe]ı 
EBOA хе AEINWT[L NCA] TAIKAIOCYNH 
AYNOX.T’ євох | NIMEPIT] NOE NNI 
речмооүт” [ EYB]HT 
21 MMPKAAT N[CWK пхобіс пм]оуте мпрсл 
Ende des Blattes. 


B. Schrift und Fasern parallel. 


Anfang des Blattes. 

Psalm 37 koptisch 

[ зак EBOX MM]O€I 
22 [ F2THK’ етлвоне]ех nxoeic МПА 

[NOYTE MNAOYX.AI] 
— 

Psalm 38 griechisch 
ep EIC TO TE[AOC TW LAGCIOOYN' 

WAH TO AAYEIA’ 


37k 20 м)бемпевосту VL, момлеесот в. — ngen- 
пГєт)мамота У, помпетнанотот В, моемпетнанотот L. 
— летот У, aimo LR. — мотреҷмоотт L, Lag., MNT- 
pejmoosT V. — Die Worte атможт e&oA (пмергт) мее 
пигрецмоостт" (єуб)нт (V), отоо хуберват ehoA ànon 
лімемріт мфри{ мотрецмоютт egopeh 0709 artıyr 
eTacapz fehlen in der Vulg. hebr. Graec.; страта!) Футаба zpos- 
вез (о xai &méppuyaw vb» Ayamızov те! vexpby 222=Аоүрќёуоу 13 marg. 
ул! àmégguydw ре Toy бфуатитбм doe! wegen ФрЗеЙочубуву 39 idem sed 
srr uévoy sub asterisco 55. — ммое! У, ммог Г. 22 nxoeic 
мпаА|мотте MNAOFRAI У, mocoerc пмоуте мпаотжаї 
Г, Lag., TIMOTTE abest а Memphitica versione, hebr. Syr. Graec. 

88g ‹22:0оџу У, Bouvy vulg., 9955. ПІ 21 39 80 81 99— 
102 106 111—113 142 143 146 150 154 156 162—166 168— 








102 I. Abbandlung: Wessely. 


2 EMA фулляф ТАС OAOYC MOY TOY 
MH AMAPTANGIN EN TAWCCH MOY. 
єеємни TO [C]TOMATI MOY PYAAKH 
EN TO, CYCT(H)NA! TON AMAPTO 
. хом ENA[N]TION MOY 
з. екффеонм [Км ETANEINWOHN 
KAI GCITH[CA] CS ATAOWN. 
KAI TO AATH[MA M]OY ANGKAINICOH 


со» га. 


км EN TH мієлетн MOY €KKAY OH] 
Cc[6]TÀt пүүр) 
4—5 [EAAAHJCA E[N глф]ссн M[OY | 5 | гморі) 
сом м[о K€ TO п]ерхс MOY 
км TON Ap[IOMO]N TWN HMEPWN 
MOY TIC [GC]TIN 
INA TNO TI[YJCTEP® era 


181 184 186 187 191 194—196 200 201 204—206 210— 216 
219 222 223 262 264 267—269 271—273 275—278 284—986 
289—293 Theodoret I, 849; 55 193 202 265 274 281 983 (um 
ıd:doup.); 152 185 203 270 — (арос tw Aouë 55 66 101 174 
177 178 185 187 196 (208 ut videtur) 213 216 264 284. 

1 Ярлартхуе» ре А5?°3 13 21 27 39 66 67 69 80 81 99—102 
106 111—114 146 150 154 156 168—166 169—176 180 182 
183 185—187 189—191 193 195 197 199—206 208 210 213 
914 217 219 222 223 227 263 265 268 270—214 277 219— 
286 289 291—293 Theodoret. 4/5 Фауста bis 5 трас роо ist 
ein Stichos in BSV. 5 zahato: naratas Bi? S? 91 27 39 55 
66 67 69 80 81 99—102 106 111—114 140 145 150 152 154 
156 162—166 160—184 186 187 189—191 198—197 199 200 
—1203 205 206 208 210—217 219 222 223 226 227 263—965 
267—275 211—280 282 286 289—293 Theodoret I, 851, Athan. 
II, 241, Arm. Ed. Slav. Vindob. — ха! jzxóczacig: xal ў бота 
ACSV 21 39 66 67 69 81 99—102 106 111—113 140 142— 
144 154 164—166 168—176 178 179 181 185—187 189—191 
193—197 199—203 205 206 210 213—216 219 222 223 262 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 103 


Е MOY 
в IAOY HAAA[IJAC EOOY ТАС HMEPAC 


км H YHOCTACIC MOY WCEI OY A€N 
ENWNION COY 

ПАНМ TA CYMHANTA MATAIOTHC 
ПАС лмерфпос ZWN: AIAYAAMA 


т MENTOITE EN веком AIANOPEYETAI 
ANOPOnOC 
MAHN MATHN TAPACCONTAI 
OHCAYPIZC[! кум OY TINWCKEI TINI 
CYNAZ[EI A]YTA КЕ 
8 км мүм түс н уупомомн MOY оухі 
км H YNOCT[AC]IC MOY оухі NAPA 
COY єстїм 
9 ANO nACON [TW]N ANOMION MOY 
KAOAIP[E ME] 
ONELAOC хф[ром EJAWKAC ме 


263 267—270 272 273 275 311—219 281—286 290—293 Theo- 
doret. — Зідфайра om. 21 55 99 102 111—113 146 156 162 
168—166 168—176 181—183 187 191 193—197 199 213 217 
226 227 262 963 270—271 275 211—285 989—293. — 3 
valg.: 202 у VBS!. 1 rapacserar vulg., тарассоута; VBS 81 
Athan. ПТ, 1, p. 67. — (обу!) 5 (Корс) om. S? 13 91 27 66 69 
8081 99—102 106 111—113 140 142 146 152 154 156 162— 
166 168—176 178—181 184—191 193—197 200 202 203 205 
206 208 211 213 215 217 219 223 996 262—264 267—272 
213 215 218—286 289—293 Origenes I, 302, IV, 306. — тарх 
21: тара соб AB!*? SV 13 91 27 55 66 69 80 81 99 101 102 
106 111—113 141 142 144 146 150—159 163-- 166 168—176 
118 179 181—187 189—191 193 195—197 199—203 205 208 
210 213—217 219 222 223 262--265 267—269 272 274 276 
—286 289—293 Theodoret 1. e. — б'дфайиа om. 13 et reliqui iidem 
fere ut supra. 9 20х24 рє: 220х204 ро 80 99 100 113 140 
142 156 168 174 185 186 194 199 201 202 214 264 271 273 
215 218 283 985. — хаваці Є ре) У, хабаріссу S!t рбса! pe vulg. 


104 I. Abhandlung: Wessely. 


10 екофоө[нч км оу)к HNOIZA TO сто 
МА M[OY] 
Ende des Blattes. 


XIV. 


Fragment 9930, Höhe 14:5 cm, Breite 25 cm. Auf allen 
Seiten abgerissen. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 39 koptisch 
15 [MAPOYXı WINE NTEYNOY] 
[NG]! NE[TXW MMOC NAGI] 
хе вүг[є eyre] 
16 [EYEITERHA [мсевуфрлме epa] 
EIXWK N[61 OYON мм етай 
ме NCW[K пхоес] 
[AY] NCEX[OOC ноуова) мм XE MA] 
Pe пхоейс мм] 
[ме]тме мпекоухле NOYOEIG) мм] 
17 [ANJOK AG A[NT оузнке лмг оү] 
[6]BiHN п[хоею ne napoovya)] 
[NTJOK пе п[лвонеос АҮФ TANAQ)] 
TE NAN[OYTE мпроск] 





Psalm 40 griechisch 
EIC TO[TEAOC YAAMOC та) 
[М] ^хуекл] 
2 [M]AKAPIO[C O сумом ENI NTWXON] 
км пе[мнтА) 
[EN] HMEPA [NONHPA русетм AYTON о KC] 
39k L, Lagarde. 15 маротжі пезциие Lagarde. 
408 eis Th zéie ош. 55 66 69 144 167, c) Aauıd jah 
173 200. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 105 


3 [KC JAIADYA[AXAL AYTON км ZHCAI] 
AYTON[ км MAKAPICAI AYTON] 
EN TH[ TH км MH DAPAAOU 
[AYTO]N[ EIC X€ipAC €xopoy AYTOY] 


B. Schrift und Fasern parallel. 
Psalm 40. griechisch 


т [CYNHTATEN ANJOM[IAN EAY] 
[TO] 
(єхєпорєуєто CSO KAJI GAAA[EI] 
8 [ent TO AYTO] 
[KAT ємоу EYIEYPIZON плмтес ої) вехеро! MOY] 
[KAT EMOY EXAOTIZON]TO KA[KA MOI] 
9 [AOTON HAPANOMON KA]TCOG[MTO KAT] 
(ємоу) 
[MH о KOIMWMENOC оухі) просөн[сє! TOY] 
[ANACTHNAI] 
10 [Км TAP O ANOC ТН]С EIPHN[HC MOY €4] 
[ON НАПІСА] 
го ECOIWN APTOYC M]OY CME[TAAYNEN єп) 
[EME птермсјмом 
11 [CY лє КЄ EAEHCON ME км] ANACT(HCON ME] 
[KAI ANTANOA WCW A]YTOIC 
12 [EN тоутф ETNWN оті TJEOGAHK[AC ME OTI OY] 
[MH ENIXAPH о ежерос Moy [єп EME] 


405 3 quAdza: vulg. dtagurakaı AS 13 21 27 55 66 69 80 
81 99—102 106 111—113 140 148—146 150 151 154 156 
162—175 178 179 181—188 185—191 193—197 199—205 208 
210 211 218—216 219 222 297 262—265 269—285 289—293 
Euseb. Dem. Evang. р. 463, Theodoret I, 865. — xai (ca: até» om. 
B 186. 7 фФЕєторебєто bis мат époU0 ist ein Stichos in BS, ebenso 
uhbsrlov bis хат гроб in B. — хот {роб fehlt in 51. 12 76:- 
Areas 81 21, Zëëinie pe 184. 


106 1. Abhandlung: Wessely. 


13 |ЄМОУ AG AIA THN AKAKIJAN ANT[GAABOY КА 
[WCAC ME ENWIJnION (СОУ !EBEBAIÎ 


XV. 


Fragment 9909. Höhe 22:5 ст, Breite 12 ст, auf allen vier 
Seiten abgerissen. 





A. Schrift und Fasern laufen parallel. 
Psalm 47 koptisch 
4 [хе] есэн/ппе A NECJEPPWOLY CWOY2 E2OYN 
AYEI EYMA OYWT 
NTOOY AYNAY NTEENE глураупнрє 
хуаутортр KIM 
6 [AJYCTWT’ TA2OOY MMAY [NOE NNNA 
AKE NTETNAMICE 
т (Зм OYTHOY NGONC анл[оүса)а N 
H€XHOY NOAPCIC 
8 [KJATA O6 NTANCOTM тм ON TE 
ое NTANNAY 
[?]H ТПОАЄІС МПХОЄІС N[NGOM 2N 
TNOAIC MNENNOYTE 
[A] пиоутє CMNCNTE M[MOC ал € 
NE2: AIAYYAAMA 
9 Імеуммєєсує EPOK пмоүт[є хе NEK 
NA NTMHTE MHEK[AAOC 


yt 


40g 13 Auaniav роо 66 67 143 156 167 174 188 194 208 
210 222 275 279 280. 

47k in LR, Lagarde, B. 4 necJeppoo[(* У, месрроот 1. 
Lag., месерооу К. — ETMA охот V, ЄУМА озот LR, 
Lag. 5 мтеєтоє V, "Teioe LR, Lag. — ATWTOPTP AT 
RIM LR, Lag., APWTOPTP RIM V. т оутну LR, Lag. 
OTTHOT V. — ммежну Г, ммех ноту У. — quaesour 
VRL, «(ма у)оу ці 4: B. 8 NTAHCOTM V, еитаисотм L. 
— тийс LB, тпоћее V. — смиситє VLR, Lag., смите В. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 107 


10 [KA]TA пекрхм пмоутє тм ON те 
ое MNEKKECMOY X[N] хр нхч 
МПКА? 
[6р6] TEKOYNAM ME2 NAIKAIOCYNH 
11 [MA]peaey pane NGI птооу NCIW[N] 
[АЈҮФ MAPOYTEAHA NGI маеере N 
Toy A AA ETBE NEK2AN nxo 
єс 
12 [K]WTE ECIWN NTETN2ZWAG [EPOC 
13 [WA]XE эм NECOYOMTE 
[ко NN]ETN2HT’ етесбо[м 
[хүш нт]етмпфа) NN[ETTAEIHY 
[NTAC] 
[XEKAC €TCTNG€XO|OY EIKETENEA 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 48 griechisch 
2 [AKOYCACOE TAY]TA DATA TA] GONH[ENW 
[TICACOE] NANTEC IO K[A]JTOIKOYN[TGC 
THN] OIKOYMENHN 
з [Ot TE THTEINEIC км Ol үо TON ANON[ EMI 
TO AY]TO nAOYCIOI км NENHTE[C 


а ` age ae 
> 


47k 10 ж[м] ap[nxy У, ежи арижа LR, eocw na- 
рих dq B. 13 NECOTOMTe VL, Lag., месотоомте К. — 
нтетитощ) LR, Lag, мт)єтм оц В. 

48g 2 ann om. Greg. Nyss. I, 334, таута ош. 488, ravıss 
om. 188, of ххт01х00ут $ om. 276. 8 vAcóctog xai тете vulg.: 
пуб! war пёуттес V. — xal ol viol: xai el 66 102 106 112 113 
142—144 164 166—168 170 171 173 182 184 185 187 190 
191 193 195 196 201 202 204 208 214 219 222 2233 226 262 
263 271 274 216—219 281—283 285 290—293 Theodoret І, 914, 
ул! 2 ош. 188. 


A——— — 6 =—- 
D 





108 I. Abhandlung: Wessely. 


4 [TO CTOMA] МОУ AAAHCEI COPIAN 
(клі H MEAJETH THC KAPAIAC MOY CY[NE 
CIN] 

5 [Ка €I]C HAPABOAHH TO OYC MOY] AN 
оғо EIN YA\THPID TO ПРОВХАН МХ 
м)оү 

6 [INA ті фо]воумм EN HMEPA NONHP[A н 
хноміх THC NTEPNHC MOY кү 
KAWCEJI ME 

т [01 пепоцеотес єпі TH AYNAMEI му 

[TON км ENI т) NAHOEI TOY плоүто[ү ху 
[TO]N KAYXWMENOI 

з [^л^ехлфос] OY AYTPOYTAI AYTP[WCE 

ТАП AJNOC 
[O]Y Awceı TW ба» EZIAACMA AYT[OY 

9 [км THN TIMHN THC AYTPWC[EWC 

THC Хүхнс хутоу 

(10) кумі EKONIACEN EIC TON МОМА | 10 | Км 
хнсетм EIC TEAOC 

(11) оту OYK офетм KATAPOOPAN | 11 | OT[AN 
(мн софоус An'ooNHCKONTA[C ет 
[TO] AYTO лфром км AN[OYC ANO 
[AOYN]TAI 

[KAI KATAJAErFOYCIN AXAO[TPIOIC 
[TON плоү[то]ч AYT@L[N 
12 [км Ol TAJj[O]I мутон OIKIAL AYTWN 


48g 10 Auch in ABS endet der Stichos mit 12755, von 27: bis 
11 йтобуфсисутає ist ein Stichos in BS. 11 oly operat B!*??, 
£v davor fehlt in 53. — Фусо; xai йфроу В. 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 109 


XVI. 


Die Fragmente 99517», 9944 und 9960 gehören zusammen 
und sind so zu ordnen: 
SH schließen eng aneinander an 
9944 
Sie ergaben ca. 20 cm Höhe, das Blatt hatte einen inneren 
Rand von ca. 1 ст frei. 
Das Fragment 99572 hat 7 cm Breite, 3*1 cm Höhe, Rand 
1 ст, sonst an drei Seiten abgerissen. 
Das Fragment 9944 hat 47 cm Breite, 65 cm Höhe, 
ebenso an drei Seiten abgerissen. 
Das Fragment 9960 hat 6-1 cm Breite, 5 ст Höhe, ebenso 
an drei Seiten abgerissen. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 48 griechisch 
(12) [ENEKAAECANTO TA ONOMATA AYTWN] 
еп TON г[м@м хутам) 
13 км ANOPWNOC [EN TIMH ФМ OY CYNHKE] 
HAPACYNGCBAHO[H тос KTHNECI ток] 
ANOHTOIC [км фмоюкюен AY'TOIC] 
14 AYTH Н OAOC A[YT@N CKANAAAON AYTOIC] 
км META TAYT[A EN TW CTOMATI AY'TODN] 
EYAOTHCO[YCIN AIAYAAM\] 


48g 13 rapacuvefk40n : rapecuvef 40n AS? 140 156 (166 ex 
сот.) 167 168 170 171 185 202—206 208 262 263 216—218 
281 290. 14 ebAoyhsousw : ebdonfsousıw AS? 13 27 39 55 66 
67 69 80 81 99—102 106 111—113 142 144—146 150—152 
154 162—171 173—175 177—180 182—191 193—196 199— 
206 208 210—217 227 262—268 271—273 275—286 289—293 
Theodoret. Psalt. Syr. et Aethiop. — Zähauuz om. 21 55 80 99 
102 106 111—113 146 156 162—171 173—175 179 182 183 
193—195 197 199 208 213 217 226 227 263 271 274 275 277 
—280 282—286 289—293. 








110 


15 


16 


18 


19 


I. Abhandlung: Wessely. 


WC NPOBATA CH AAH EOENTO] 

OANATOC NO[IMANEI AYTOYC] 

км KATAKYP[IEYCOYCIN AYT@N] 
гої EYJeeıc TO[ npo] 

(клі H воневлх [AY TON HAAAIDDOHCETAI] 
[EN TW AAH EK THC AOSHC AYTWN] 

[MAHN о OC AYTPWCETAI THN YYXHN] 
м[оү EK херос AAOY OTAN AAM] 
BAN[H ME 


MH фо[воү OTAN NAOYTHCH ANOC] 

км OTAN п[лнеумен H AOZA TOY OIKOY] 
хутоу 

оті OYK єм [TW AHOONHCKCIN AYTON] 
AHMYE[TAI TA NANTAJ 

OYAE CYNK[ATABHCETAI AYTW H AO3A] 
хутоу 

оті H Хухн [AY TOY єм тн ZWH хутоу) 
[EYAOTHOHCETAI) 


B. Schrift und Fasern laufen parallel. 


Psalm 48 koptisch 


2 


3 


[NEX.NO MHKA2 AYO м]анре NPPOMe 
[NPMMAO 21 OYcon' MIN N2HK€ 
[TATAHPO МАХИ» NO]Ycodıa 

[^уфФ TMEAETH MHA2]HT 2N OYMNT 


[PMN2HT] 
48g 15 in fine add. 250с0тсху AS? 13 21 39 ete. iidem fere 
ut supra. 17 xat tav : 1 бтам 13 21 39 ete. iidem fere ut 
supra. 18 5! omisit uersum, supplevit 8%, — ў 2552 тоб 2022 


aro S? 177 188 269 281: Te 225a] aisen, 


ми VL, им В. 


48k in L, Lagarde, В. 2 мироме L, Lag, прроме V. — 
3 тмєЛета Lag., тмеЛеєти V. — Qi 


отмитрмионт У, поумитрмионт Lag. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 111 


4 [Fnapıke MNAMAAXE EJYNAPABOAH 
(Fnaoywn Mnanpo]BAHMA 2N OY 
[YAATHPION] 
5 [EINAPZOTE хе оу Bn OY200Y MNO 
[NHPON] 
[TANOMIA МПАТЕС NJAKDTE epoi 
в [NEYNA2TE €T€YGOM] 
ETWOYWOY MMOOY 6х]м[ NAWAI] 


[NTEYMNTPMMAO] 

ЕТО ЕРИ 
со но э: dioe D 
[ ] 


[Nana t} AN мпмоутє ємтє)чаувве ) 
8 (AYO TACOY MNCWTE мутєчфухн 
9 |хугісє WA ENE? 4NACO]N2 (Q)ABO[A 
10 [хе NdNANAY AN ептхко €40)AN 
(млу ємсофос єумоу) 


1 Nach Ausweis des griechischen Textes auf der anderen Seite ist 
nieht ex Jana uj auf den beiden Fragmenten zu verbinden. Der 
Text lautet sonst (L): 


1 мсемасоте ам HOTCON 
ми отроме MACHTE 
una ete. 


س .= 


48k 7 MMM Lag., [nmn отроме мајсет ome[on] 
(wa t B. ‚Da сет отче: in dem Texte уоп L, Lag. einer in der 
zweiten Hälfte freien aber sinngemäßen Wiedergabe von griechisch (32:7 
7$ oh Auspoörar . Aurpwserat dyÜpw moz), überhaupt nicht vorkommt, und 
man nieht [cesta Jeer ogclon ам) ergänzen kann, weil dafür der 
Raum am Anfang des Stichos viel zu breit ist, vermute ich, daß in B die 
beiden Sätze zu einem einzigen zusammengezogen waren‘. уе 6] 
У, ewrequjB&ro L, mrequjBGerio Lag, nregfwhßro] В. 
3.10 ya enep | 10 | qtono WAROA Lagarde. 


112 1. Abbandlung: Wessely. 


= con 
[NAOHT MN ПАТСВО) N]ATAKO A OY 


[CENAKD NTE4MNTP]MMAO N2[EN 
[KooYe] 


ХУП. 


Die Fragmente 9914 und 9956 gehören zusammen. Sie 
bilden die Reste eines Blattes von 21 cm Höhe, 17 cm Breite. 
A: Rand oben 2:4 ст, links 2 ст, unten 1:5 cm, rechts 1:5 cm. 


Die Seite hatte 37 Zeilen. 
Das Fragment 9914 hat 27 cm Höhe, 10:1 ст Breite; es 


enthält die kleinere Seite vom inneren Rande. 
Das Fragment 9956 hat 18:5 cm Höhe, 6 cm Breite. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Anfang der Seite. 
Psalm 50 griechisch 
(11) [KAI П]АСАС ТАС ANOM[IAC MOY €xAAerlon 
12 [KAPJAIAN KABAPAN K[TICON EN EMO! о ӨС 
[KAI] DHA EYOEC €NKAI[NICON EN TOIC 
ENKATOIC MOY 
13 [мн лпоргүнс ме Ano[TOY npoconoy СОУ 
[Км TO NNA TO ATION COY HIH ANTAN 
€AHC хп EMOY 
14 АПОАОС MOI THN ATAAMA[CIN TOY 
COTHPIOY COY 
км пм нгемомко CTHPI[ZO]N M[E 
15 AIAAX( ANOMOYC TAC [0]AOYyC [coy 
км ACEBEIC єтї CE ENICTPEYOYCIN 


48k 10 итехмитр]ммао У, NTETMHTPMAO L. 

50g 13 «торут: жлторр'ф vulg. — то &ү:оу соб : соб тб үш” 
13 27 39 etc. iidem fere ut supra. 14 xxi туєбраті : xxi om. 13 
106 111—113 142—144 162—171 173—175 184 193—197 193 
910 914 215 264 267 272 276 277 Clem. Rom. ad Corinth. Ep. I, 
$ 18; Clem. Alex. p. 320; Athan. І, 766; Basil. M. I, 318. И, 383; 
Greg. Nyss. IIT, 300; Theodoret I, 941. 


16 


18 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 113 


русмі ME ES ммхтфн О ӨС О ÖC THC 
(CKDTHPIAC MOY 

ATAAMACETAI H TAWCCA MOY THN 
[AJIKAIOCYNHN COY | 17 | ке 

TA XEIAH МОУ ANOIZEIC км TO сто 
MA МОУ ANATTEAEI THN Al 
NECIN COY 

ОТ! © HOCAHCAC OYCIAN САФКА AN 

OAOKAYTWMATA OYK EYAOKHCEI[C] 


19 өүсіл TW OW DHA CYNTETPIMMENO[N] 
KAPAIAN CYNTETPIMMENHN км) 
TETANEINDMENHN о OC OY 
к ехоуленасе 
20 ATAOYNON ке EN тн €YAOKIA CO[Y] 
THN CEIWN 
км OIKOAOMHOHTW TA техн DNH! 
21 TOTE EYAOKHCEIC OYC[HAN AIKAI(O] 
CYNHC 
ANAPOPAN км OAOK[A]YTWOMAT[A] 
TOTE ANOICOYCIN ет TO OYC[IA) 
CTHPION COY M[OC]XOYC »— 
епхаж EBOA NE[YAJAMOC N A[AY] 
ал 2M птре HA[OA]N пепро 
фнтнс єї нач [N]TAPE[49BWK] 
чо  €?20[y]H WA EH[PC]AB[6C] 
Ende der Seite. 
БОЕ 17 aere cum praecedenti uersu coniunxit BSV post davolketg 
collocavit Theodoretus 1, 941. 18 & si : єї om. 167 173 183 


184 201 208 213 222 277 282 Arm. Ed. 19 то еф : zw хорі 
Clem. Alex. p. 307. —EEoudevuser : 2Zoudevwos: B. 


50k in R (Titel ı und 9—12) Lagarde BL. 
БОК ей QR — H2 A Pera reliqua omisit В. — ]ra pe[«&on 


V, wrepeq&on Lag., BL. — &epca&ee Lag., SM peines VL. 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 1. Abh, 


114 1. Abhandlung: Wessely. 


В. Schrift und Fasern miteinander parallel. Oberer 
Rand 3 cm. 
Anfang der Seite. 


Psalm 50 koptisch 


1 [NA им пмоу]те KATA пекмоб [NNA] 
[KATA NAWA]! NNEKMNTAJAN[2TH4] 
[4WTE] EBOA MNANOBE 
2 [EIAAT ЄМАТ]Є ЄВОХ 2N TAANOMIA 
[АҮФ NKTBBJOGI EBOA 2M TIANOBE 
з [хе Fcoo]yn ANOK NTAANOMIA 
[АУФ nA]NOBE MHAMTO EBOA OYO 
[EID] NIM 
4 ([NTAIP]NOBE EPOK MAYAAK лер 
nE[80]OY мпекмто EBOA 
[X6]KAAC GKCTMACIO 2N NEKWAX.E 
NKXpO 2M птрек|2лп’ epoi 
EIC 2HHTE FAP NTAYW MMOEI 2N 2 
ENANOMIA 
АҮФ NTA TAMAAY хоуф ммої [24] 2EN 
NOBE 
6 EIC эннте ГАР AKMEPE TME 
мєтонп MN NETE NCEOYON € 
BOX AN 2N тексофх AKOY 
ON2OY МАТ EBOA 


{л 


БОК 1 ммеимитуиетич Lag., nienaarrujan[ori 
VL. 2 митёёјое V, истйёйо L, Lag. 3 мотоєпц І, Lag, 
ewo[enmg У. — Wraipnohe L, итариове Lag. — гер У, 
аїр І, Lag. — ?*enac L, Lag., женлас У, сименщахе L, 
ом менщаже У, Гар. — мех ро І, Lag, миро У. 
5 мтатс» У, nTàÀ?OO0 L. — ммое V, ммог Г, Lag. — 
ROTW V, 21070) L, Lag. 6 аимере У, екмере L. — 
метонт У, меени Г, меенр Lag. — nceosono ehoN Lag., 
мееотом ehon LV. — фм Tercopia У, nTeRcopia L. 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 115 


7 KNAG€Q)GOXQ)T' NNOY2YCCWNOC 
€BOA 2M пегмоч MIWE TA 
TEBO 
KNAX.OKMET” EBOA N2HT4 Ayw + 
NAOYBAU) єгоүє OYXIWN 
8 [KNJATPACOTM EYTEAHA MN OYOY 
[CE]NATEAHA NGI NKEEC NNET 
T2BBEIH[Y)] 
9 [KT]E nEK2[O] NCABOA NNANOBE 
[АУ] NAAN[O]MIA THPOY 4OTOY CBO[A] 
10 [OY]2HT’ eq[O]YAAB CONTI N?HT NA 
NOYTE 
[AY D OYNNA (єчсоутам мхрєч р 
[BPPE] 2M n[A]CAN2O YN 
11 І|мпрумохт [ ев]ох MNEK20 
[AYO N6€]KHN[A] ETOYAAB Mriparra 


Ende der Seite. 


ноч 


XVIII. 


Die Fragmente 9907, 9921 9933, 9942 gehören zusammen; 
sie passen aneinander und gehören zum Anfang eines Blattes. 
Sie messen 18 ст Höhe, 11'1 cm Breite. Der obere Rand, 2 ст 
hoch, ist noch erhalten. 

Das Fragment 9907 ist 7:5 ст hoch, б ст breit. 


50k 7 mmosvosyccooe V, пототссопом L, фи o: 


99»cco)moe Lag, өй отоуесопое R. — пецемос L, Lag., В, 
meonoq V, — avo Traoskaw VL. Tuaosbaug R, Lag. et 
versio Memph. 8 етебыит L, mnuerrobbei(w] У cf. B, 


миєтейбіну Lag., najowmo[q] B, ми ототиоч VL. 
10 conT'q NOHT V, contra монтт L, сомтҷ монт В. — 


ламоттє VR, пиозте І. — [aT] ornina Lag. VL, Syr. 
Graec., Ow Vu R et versio Мешрь. — МПАСАМОСТМ R, ом 


NSCAHNIOTN LV. 
8* 


116 I. Abhandlung: Wessely. 


Das Fragment 9921 ist 92cm hoch, бст breit; es trägt 
den oberen Rand. 

Das Fragment 9983 ist 6:9 ст hoch, 5T ст breit. 

Das Fragment 9942 ist 9:5 ст hoch, 6 cm breit. 


A. Schrift und Fasern laufen parallel miteinander. 


Anfang der Seite. 
Psalm 52 koptisch 


(2) [EIWINE NCA пумоутє 
з [AYPIKE EBOA TH]POY AYP ATYAY 2 O[Y] 
[con MN nETEIPE] NNOYMNTXPHC 
[ TOC uc.) 
4 [MH NCE]NAEIM]JE THPOY AH NGI 
[NGTP2XD]B' ET[A]JNOMIA 
[NETJOYWM м[пјлллос 2N OY2P[E N] 
оек MNOYENIKAAEI NNN[OYTE] 
5 [С@]мхрготе MMAY 2N OY?O[T€ M] 
[П]МА ETE MN 20TE N2HT[4] 
хе A пмоутіє хере NKEEC €B[OA N] 
PPE4A[PECKE] NP[W]ME 
[Ay ]xa)i[n6] хе A пмоутє COQ)4O Y 
6 [мм neT(u]A]- [6во]^ 2N CIWN M 
(пуєужаї MN[IC]PAHA 
т [2м птре NXOEI[C] кто CNTAIXMA 
ADCIA MNE[4A]JAOC 


52k L, Lagarde, B nur bis У. 3. 3 OMM петегре І, MA 
Jt. Lag. — _ моумитХ ристос L, Lag., миозмит христос ү. 
= мотумитҳристос ми (мми Гар.) отом ща ораї сота 
L, Гар, ММОУмМИТУ ристос °’ |хеГ..) У. 4 мим(отте У, 
Annoste L. — mnoreneinaAer Lag., MItoserimaer V. 
5 жере | инеес LV, жеер еинеес Lag. — мирецаресне L, 
Lag., njppeyafpeene V. — ми 90Te VL, man фоте Lag. 
— проме VL, mnpoae Lag. 6. 7 мптсрані У, Am 
L, Lag. 7 птагу ма ость L, Lag., ema маРоса т, 


Sshidisch-griechische Psalmenfragmente. 117 


[A]NA[TJEAHA N[61 акав N4OY 
NO4 NGI HIC[PAHA] »— 
Psalm 53 griechisch —— 


EIC TO TEAOC EIN YMNJOIC сум 
есваж TW A[AYLA. єм) TW EA 
(6бім прос лефмоүс ] км е 

[NF пам TW CAOYA OYK IAJOY AAY 
[IA кєкрүптм NAP HMIN] 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. Oberer 
Rand 2 ст. 
Anfang der Seite. 
Psalm 53 griechisch 
(5) [AYTO]N AA AAMA] 
6 [IAOY] ГАР O ӨС MOY во[нөє мой 
[км О] KC ANTIAHMNT[WP THC YYXHC MOY] 
т [ANOC]TPE YON TA KAK(A тос вхерою MOY] 
[EN T]H AAHOEIA COY E[Z]OAO[OPEYCON] 
AYTOYC ~- ~ 
8 [eko]yciwc вуса COI 
[EZ]OMOAOTHCOMAI [T]W ONOMA[TI СОУ) 
[K]E OTI ATAOON 
9 [оті єјк плснс oarleoc єрусо ME 
[KAI EN] тос вхерою M[O]Y EMAEN [0] 
[офөллмос] MOY 





53g (алеу Bir, оуу ou B!*39) 5 Зідфайух om. 13 21 
55 99 102 111 146 162—175 182 183 187—190 193—197 199 
208 217 226 227 263 (266) 269—271 274 275 277 278 282— 
285 289—293. 6 ó 0=5$ mou Pomel pot V: 5 Oeds Bonder 
uot vulg. 5. Ө. Bonds pou 21 175, Gerät pe 156 188. 1 àzé- 
стоєусу У 172 ех corr.: дпострефе! vulg., #тострёфа 274, Arootpeim 
150 168, Theodoret I, 956. 9 Episw УВІЄ?, ёрросо vulg. 


220 ух V, cou (om. xe) B (214). — ітидєу У (140 185), ЄтеїЗєу vulg. 


118 I. Abbandlung: Wessely. 


Psalm 53 koptisch [——] 
єпехаж' євол [2]N R[CMJOY N 
TMNTPMN?[H]T N[AA]YCLA. 
__ 9M NTPENALNPAIOC е NCE 
NF ХООС N CAOY[A] хе EIC AAYEIA 
2H П 2A2TH[N] 
1 MATOYX.OEI nA[N]OY T6 2M TIEKPA[N] 
AYO KPINE М/МОД 2N текбом 
2 [N]ANOYTE CW[TM E]NAWAHA 
X.ICMH ємаухх є) ров! xwi 
з жел 2ENW[MMO т)ФОУМ €2[PAJi € 
A ?6uX4D[XOp6 WINE NCA TAYYXH] 
MI[OYKA 


XIX. 


Die Fragmente 9952, 9953, 9964; 9911 fr. gehören zu- 
sammen und zwar bilden die drei ersten ein zusammenhängendes 
Ganze von 15cm Höhe und 13cm Breite mit einem inneren 
Rand von 2:5 ст Abfolge: 


я 


9953 9952. 
9911 fr. 

Das Fragment 9964 hat 55 ст Höhe, 9 ст Breite. 

Das Fragment 9953 hat 9:9 ст Höhe, 8 ст Breite. 

Das Fragment 9952 hat 92cm Höhe, бст Breite, es 
má den inneren Rand. 

53k епежои ebo пеухАмос na amer ом ттре 
могратос er исежосе ncaosA же еҥ м. enn дати L; 
A[ri]paroc VL, чекратос Lag., Griech, — матем. өң m 
омготнім) V, хате): oao[rHn B, ^. они да eru 
Lag., eis Tb Allee iv Орус соуёсеюс то А2002 vulg. Graec. è» 


брус daApóc 216. 1 м[мо] V, Lag, M]Auceersr B. — Ma 
төз ое V, матоуж от L, Lag. 2 пјәмотте VL, ммоттє 
Lag. — ем(щаже У, Wujaoe Lag. — прое У, про! 


L, Lag. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 119 


Das Fragment 9911fr. hat 4cm Höhe, 43 cm Breite, mit 


einem unteren Rand von 2 ст. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 54 (55) griechisch. 


4 Ano PWNHC] €xo[PO]Y км ANO 

өмҹҖєФс AM]APTOAOY 
оті EZEKA]JINAN еп EME ANOM[IAN 
км E]N оргн ENEKOTOYN M[OI 

5 Н КАРАПА MOY ETAPAXOH єм €MOI 
км ^]емлх OANATOY єме[пјє 
CEN] EN EME 

5 фовос км] TPOMO[C HAJOEN [EN E]ME 

клі EKAAY|YEN ME CKOTO[C] 

т км GINA TI]C AWCEI MOI птерүглс WC 
EI NEJPICTEPAC км NETACOH 
COMJAI км KATAHAYCOD 

8 1AOY €]MAKPYNA фү[гллјєүфн км ну 
^ICO]HN EN TH EPH[M]W AIAY[AAM]A 

з NPOCEJAEXOMHN TON CO[ZONTA] ME 
хп]о ОЛІГОФУХІАС кА KATAI 
TI] AOC 


nn nun. 


54g V.6 B!***L.3 ош. — ZxXAwyzw V, будкофе vulg. 

8 йлуа%ра om. 21 55 99 111—113 140 146 156 162—175 182 
183 187 189—191 193—195 197 199 208 213 217 226 227 
263 269—271 274—279 282—286 290—293. — тоу бєзу тім 
sov: 13 27 39 65—67 69 80 81 99—102 106 111—113 140 
—146 150 152 154 162—180 182—187 189—191 193—197 
199—206 208 210—215 217 219 222 223 227 262 263 265— 
271 273 274—286 290—293, Theodoret I, 962, Arm. Ed. Slav. 
Vindob. — хо xararyldos vulg. xai And хатагуідос 13 27 etc. iidem 
fere ut supra. 


120 


10 


12 


L Abhandlung: Wessely. 


KATA]HONTICON КЄ | KATAAICAC 
TAC TAWCCA[C AY TON 
OT! ELAO]N ANOM[IAN KAI ANTIAOTIAN 
єм) TH [пјо[ле 
КА] AAIK[IA 
км OYK] GZEA[IN{EN EK TON плхтеюм AY 


THC TOKOC[ KAI AOAOC 
Ende der Seite. 


B. Schrift und Fasern parallel. 


Psalm 54 griechisch 


(15) 


16 


17 


19 


20 


oTO 


EN OMOJNOIA 
EABETW] BANATOC [EIN AYT[oYc 
KAI KATABJHTWCAN EIC AAOY ZIWNTEC 
оті NO]NHPIAT EN TAIC NIAPOI[KIAIC 
AYTO]N єм месо AYTWN 
Gr AE прос TON ON EKEKPAZ[A 
км о кс EICHKOYCEN МОУ 
€C]RGPAC км прої км MGCH[MBPIAC 
A[IH]HCOM[A]I 
AJNATT[EA)® KAI [ EICJAKOYCE[TAI THC фо 
NHC M[O]Y 
хүтросєтл EN EIPHNH T[HN Уухны 
MOY ANO TWN 6rTrIZONTON [MOI 
OTI EN DOAAOIC HCAN CYN EMOI 
EICAKOYCET[AI о] OC км TANE[INWCEI 
[A]JYTOYC г о yn]APXON про там 
[м] мм AIA F AAMA 





54g 10 xa xazalizAs vulg. |хатадієме V. | 19 tónog:xóroç BS!, 
217. 16 тоупріа: VBS (27 55), поутріа vulg. — xai àræyyehü 


xal om. VBS!; BS initium stichi. 20 Srälaua om. 55 99 109 111— 


113 146 162—175 182 185 187 189—191 193 





197 199 208 213 


217 226 227 270 271 274 275 277—279 282—286 289—293. 


Sahidisch-grieehische Psalmenfragmente. 121 


OY Г[АР ECTJIN AYTOIC ANTAAA[ATMA 
K[AI OYK еф]овненсхн TON ON 
21 EZETEINE THN] херл AYTO[Y єм "TO 
ATIOALAONAI] 
EBEBHAWCAN THN AJIAOHK[HN AYTOY 
(22) [KAI AYTOI EICI BJOALA[EC 
(23) empprfon em KN т)нм MEPIMN[AN СОУ 
[км AYTOC ce A1AJope ei 
Ende der Seite. 


ХХ. 


Die Fragmente 9911 fr. und 9945” gehören zu einem 


Blatte. 
Fragment 9911 fr. hat 4:2 cm Höhe, 5:3 cm Breite. Innerer 


Rand 1:3 cm. 
Fragment 9945" hat 2:5 cm Höhe, 4 ст Breite. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 54 koptisch 
21 хлч[?]фм E2O[YN нсі NE42HT] 
A мечаухх Є KNNE E2OYE оуме?] 
[Ay]w NTO[OY EYO NOE N2ENCOTE] 
22 N4NAKA N[AIKAIOC AN EKIM’ а)х] 
ємє?[ 
°З NTOK[ AE пмоүтєе 


V. 22. Es fehlt мех пепроотщ єпохоєї AT Wroq 
Чиасацозщи. 


54g 20 xai om ёфоб0таху : Se оби à. 13 21 65—67 80 81 
339—102 106 111—114 140 142—146 152 154 162—180 183. 
23 B!*35 S єтіріфом : ётіррирсу vulg. 

54k У. 21 ete. іп L, Lagarde. — ad[o]om L, ато ay- 
gom У. 22 (NETHACANOTWWR Lag.). 


122 I. Abhandlung: Wessely. 


Psalm 55 griechisch 


[ONOTE екрхтн]слм AYT[ON о! 
[һ^ллофүло! EIN reo : >>>— 
2 GAG]JHCON ME K[6 OTI кхтепхтнсе МЄ] 
ANO[C 


B. Schrift und Fasern laufen parallel. 


Psalm 55 griechisch 

т [THN птермАм) MOY фүллзоү 
[CI KAOAHCP YNEMJEINAN TH 
[Түхн Moy ] 

8 [үпєр TOY MHOENOC CWCEIC] AYTOYC 
[EN ОРГН AAXOYC KATAXCIC] 

9 [о OC THN ZWHN MOY GXHFT]CIAA COI 


13 [EN EMOI О ӨС Al €YXAI] AC A[HOAXDCCOD мнесефс 


[ coy] 
14 [OTI EPPYCW® THN YY]XHN MOY EK[ OANATOY 
[KAI TOYC NOAAC MOJY 65 OAICOH[MATOC 


55g 272105 ре 5 Üsóg vulg. Zu ж(орі)є У. T роддом: 
фодабьну 112 169 201 209 204 274 276. — ітбремам V 13 21 
27 39 65--67 69 80 81 99—102 106 111—113 115 140 142— 
146 150—152 154 156 162—166 168—175 177—180 182 183 
185—187 188—191 193—197 201—206 208 210—217 219 22? 
223 227 263 265 266 268--270 274—276 219—286 289—293 
Theodoret I, 974. — së dung роо : vn» Quy» роо 13 21 27 ete. 
iidem fere ut supra. 13 ccu om. B а! єфуаі : их iidem fere ut 
supra. 14 ix Havarou той дебайуобс pou arb Barpiwy xai ete. 
21 39 55 65—67 etc. iidem fere ut supra. — 25 2/00ротос : т: 
$. 13 21 27 39 65—67 ete. iidem fere ut supra. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 123 


ХХІ. 


Die Fragmente 9920, 9911 fr., 9932, 9941, 9971», 9945" 
gehören zu einem Blatte zusammen, dessen Höhe, unter Er- 
wägung der fehlenden Zeilen berechnet, 28:5 ст betrug. Die 
Breite war über 15 cm, soviel ist die größte erhaltene 
Breiten-Dimension. Davon gehören 9920 + 9911 fr. enger 
aneinander, sie bilden ein Stück von 11:5 cm Höhe, 15°5 Breite, 
das den oberen Rand mit 2:2 cm Höhe und den inneren Rand mit 
23 ст Breite trägt. Ebenso stoßen 9932 und 9941 zusammen, 
sie haben 8 ст Höhe und 12cm Breite, innerer Rand 25 cm. 

Fragment 9920, 11:5 ст Höhe, 10'7 cm Breite, es trägt 
den oberen Rand. 

Fragment 9911, 6 ст Höhe, Gem Breite, mit dem oberen 
und inneren Rand. 

Fragment 9932, 7 ст Höhe, 6:5 ст Breite. 

Fragment 9941, 8 cm Höhe, 5:5 cm Breite, mit dem inneren 
Rand. 

Fragment 9971", 45cm Höhe, 3:5 ст Breite, mit dem 
unteren Rand. 

Fragment 9945*, Эст Höhe, 3cm Breite, mit dem unteren 
Rand. 


A. Schrift und Fasern parallel. 


Anfang der Seite. 

Psalm 55 koptisch pagina POT 
(2) х)є млаує NETFOYBHEI эм оулхаун 
N200Y зб 
з NJFNAP2OTE AN ANOK’ EEINA?TE € 
4 FINATAEIO NNAWAXE гм плмоуте 

мпегооу тнрч 

AEINA2TE ENNOYTE NFN[AJP2OTE 

AN XE EPE CAPX NAP OY NAGI 


K 


55k in L, Lagarde, B (1. 9. 10). 2 нетїотіні L, 
мет{отёнег У. 4 MRAMOTTe Lag. ом памоттє У. — 


124 


11 


12 


1. Abhandlung: Wessely. 


хуватє NNAWAX.E MNE2OO[Y тнрч 

E]PE NEYMEEYE THPOY ооо[п E2OYN 
EPOEI єппєөооү 

сенлбоале NCELWN 

NTOOY cena2ape2 enx]s[c 

KATA её NTAYZYNOMINE E[TAYY 
[XH] €KeG[TAN]20O0 Y A AAAY 

гпиоуттє (KNXTAYO] єгрмі NN2EONOC 
[24 TEKOPFH] 

[AEIXW NAK NNA2BHYE] 

[AKKW NNAPMEIOOYE мпекмто EBOA] 
[NOE ом 2M пєкернт) е 
[NAXIXEEY NAKOTO]Y є[плә]оү м[пє) 
гору є}|]члоа) е>рм EPOK 

[CIC?HHT€ AJEIEIME хе NTOK пе 
[HANOY]T6 

-FNACMO]Y єплмоутє 2м NAWAXE 

-FNACMO]Y 2M плаухх є ENANOYTE 

AEREANIJZE єпноутє NFNAP2O 

TE AN х)є EPE PWME NAP OY нм 

NNOYTE epje NEPHT м2)нт вич 
[TAAY] 

Fnacmoy E]POK’ x[6 AKTOYXE TAYYXH] 
[EBOA 2M IIMOY] 

[AYO NAOYEPHTE ENECAAATE] 

[ETPA PANA4] MNNO[YTE мпеч] 

[MTO EBOX 2]M ПОУЄІМ питомі 


&entaore У, àamaoTe Lag. — Мої L, иле! У. — эуцоте 
Lag. AThwTe V. — epor L, Lag., epoer V. 6 семабоїме L, 
сенабоєїє V. — NTATFITNONIME V, птатрупомете L. 
т ммоеемос У, иоемоеемос Lag. 9 геме L, ajeıer 


ме У. 


12 Nach Tnacmo® ером ist ein neuer Stichos bei 


Lagarde, der mit XE ARTAXE beginnt. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 125 


Psalm 56 griechisch 
[CIC то т]елос MH [AJAPBEI[PHC TO] 
[AAY]EIA ес Cc[T]HAOFPA [IAN] 


Ende der Seite. 


B. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Pagina P]O.A. Anfang der Seite. 


Psalm 56 griechisch. 


EN TW ANOALAPACKEIN ANO Про 
Hs COn[O]Y CAOY^ GIC TO CHHAAION 
2 еленсом ME О ӨС €A€HCON МЄ 
оті єтї COI пепоюем H Уухн MOY 
км EN TH скі TON птеругон C[OY 
ели 
важ оү ]ихрехен н ANOMIA MOY orion 
з KEKPAZO]MAI прос TON ON TON үң! 
TON OJN TON EYEPTFETHCANTA ME 
AlA]YAAMA 
4 EZANJECTGIAEN €X OYPANOY км 
EC]WCEN ме 
слаж]ен ес [O]HCLA.OC TOYC KATANA 
TOYNTA]C мє 


7.9 am Ende undeutliche Sehriftspuren. 


56 д dv zw ab» Arodıdparzsıy vulg. абтбу om. V 106 144 194 
136. — zapéAUn : rapél 65 66 145 165 169 172 199 263 219 
283—286 293. 9 у &àvcpía роо У 67 206 214 216, 1 дмоція 
vg. 3 BdyaAua om. 18 55 (80) 99 102 111—113 140 146 
156 162—175 179 182 183 185 187—191 193—197 199 208 
213 217 227 263 269—271 214 211—219 282—286 289—293. 
4 су ре У, 005 pz vulg. 


126 


5 


I. Abhandlung: Wessely. 


EZANECTJEIINEN о ес TO €xJeo[c] ALYTOY] 
[KAI THN AAHOECIAN AYTOY] 

[KAI EPPYCATO THN FYXHN MOY єк] 
[MCCOY CKYMN@N] 

[EKOIMHOHN TETAPATMENOC] 

ую! A[N]OPXDrIOON. о! OLAONTEC AYTON] 
ONAON км BEAH 

км Н TADCCA AYTON MA[XAIPA ох@лх 

үүоөнті em тоус OYPA[lNOYC о өс 

км ENI ПАСАМ THN FHN[ H AOZA COY 

MATIAAC HTOIMACAN[ TOIC NOCI MOY 

клі KATEKAMYAN TH[N YYXHN MOY 

wWPYZAN про просоп[оу MOY воөром 
клі E[NENECA]N EIC A[YTON AIA AAMA 

[ETOIMH H KAPAIA MOY] 

[ETOIMH н KAPJAIA M[OY ACOMAI км Алло 

гехегєрентіі [H] AOZA МОУ 

[6хе]геренти [YJAXTHPIO[N км KIOAPA 

[EZE]TEPOHCOMAI орөр[оү 


Ende der Seite. 


58g 5 Örhoy:čqrhx 13 55 ete. iidem fere ut supra. 
ас У, vulg., тауда В (4?) S? 21 27 39 55 65—67 69 80 81 99 
—102 106 111—114 140 142 143 144 146 150—152 154 156 
163—175 177 179 180 182 185 187 189—191 193—197 193 
—906 908 210—917 219 222 223 226 227 263 265 266 268 
— 910 913—980 982—986 289—293 Greg. Nyss. I, 354, Theodoret 
І, 980, Arm. Ed. Slav. Vindob. — dsopa: «at Aan om. 142, add. 5 


тй 3521 pou 13 65 66 67 69 ete. iidem fere ut supra. 


7 хх 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 137 


XXII. 


Fragment 9971 fr. Höhe 6:4 cm, Breite 3 em. Überall 
abgerissen. 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 67 griechisch 
із (о EJACI[A€ YC TON AYNAMEDN TOY 

ATADn[HTO Y клі (ODPAIOTHTI TOY 
OIKOY[ AI€A€COAI CKYAA 

14 [€A]N KOIMH[OHTE ANA MECON TON KAHPWN 
[п]тєрүгєс[ nepiCTepAC пєрїнргү 
PODMEN[AI 
КАЙ TA ME[TAPPENA AYTHC EN XAM 
рРотнт[! XPYCIOY 

15 [EIN TI мхстеллем 


B. Die Schrift und die Fasern laufen parallel. 
Psalm 67 griechisch 


(21) км TOY КУ м AIEZOAOI TOY] OAN[ATOY 

22 MAHN О ӨС CYNOAACEI KEPJAAAC [EXEPWN 
хутоу 

коруфнм трхос млтореуомемом EN 

плнммелалх]с AYTWI[N 

23 EINE КС EK BACAN ENICT]PEF@ [enicrpe 
uw єм вүөос OJAAAC[CHC 

м ONWC AN BAPH О поус COY CH AIM[ATI 


-—— 0.0. 


67g 13 тоб Ayannrod тоб Хүхтүтоб: semel tantum 66 67 69 
80 81 99—102 106 111—115 140 142—146 150 151 154 156 
162—164 166—174 177—180 182 183 186—191 198—197 199 
—206 208 211 212 217 219 222 223 263—967 269—286 289 
—293 Euseb. Dem. Evang. р. 100, Theodoret I, 1061 Vet. Lat. — 
(xài брату vulg., тї Фржбтут! 13 21 etc.) 21 тоб Üavdtou 
ош, 188, 


128 1. Abbandlung: Wessely. 


XXIII. 


Die Fragmente 9922», 9923" und 9936 fr. gehören zu 
sammen. 9922 und 9923 stoßen eng aneinander und ergeben 
ein Stück von 12cm Höhe und 5’dcm Breite. Oberer Rand 
lcm, innerer Rand Іст. 

Das Fragment 9922" hat 6:5 ст Höhe, b'i em Breite, es 
trägt den oberen und inneren Rand. 

Das Fragment 9923" hat 6:Dem Höhe, 5'1 cm Breite. 

Das Fragment 9936 fr. hat 6:5 ст Höhe, 3-2 ст Breite. 


A. Schrift und Fasern parallel. 


Anfang der Seite. 
Psalm 67 griechisch 


(30) COI ОІСОУСІМ [BACIACIC AMPA 
31 ЄПІТІМНСОМ| тос OHPIOIC TOY KAAAMOY 
н CYNATWT[H TON TAYPON EN TAIC 
AAMAAG[CI TON AADN 
TOY MH AN[OKAECICOHNAI TOYC AG 
AOKIMA[CMENOYC : TW Аргүрю 
AIACKOPNIC[ON вемн TA TOYC NOAG 
MOYC O6A[ONTA 
32 HZOYCI[ пресвеюс єз мгүптоү 
мөютх профөлсе херх AYTHC TW өф 
33 м влалам T[HC THC ACATE TW ӨФ 
YaxaTEe TW КФ AIA AAMA 


67g 31 тоб рл Anon.herdtvar vulg., тоб ѓухћесбӯух: 13 65—61 
69 80 81 99—102 106 111—115 142 145 146 150 163—167 
169—175 177 178 182 183 186 187 189—191 193—197 199-- 
206 208 210—217 219 222 223 226 227 263 264 267—271 
213—219 281—286 289—291 293, Theodoret I, 1072, тоб Euxke:- 
cÜZvz 21 142 143 162 179 180 185 266 280 292. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 129 


34 VAxxT6 TW OM та» EN[IBEBHKOTI 
em TON [O]YPANON( TOY OYPA 
NOY K[AT]A ANAT[OAAC 

ШАОУ A[lwceı EN T]H фом[н хутоу 

(фаомни AYNAME]WC 

35 [AOTE AOXAN T]0 OQ [em TOY ІС 
[PAHA H] META[AONPE 
[neia AYT]OY 


B. Schrift senkrecht gegen die Fasern. 
Psalm 67 koptisch 
(2) {он 
3 мхроуеуфрлме NGI NJAIKAIOC 
NCETEAHA мпем]то EBOA 
MINOYTE ] 
MAPOYOYPOT' ?N OYOY]NO4 
4 XW ENNOYTE нтетнуүллле є 
печрлм ] 

CETE TEAH мпемтх]члле €2pAi 
EXN MMAN?OTTI п)хобіс 
n6 печрлм ] 

CENAWTOPTP мпеч]м[т]о EBOA 

5 пекот` NNOPPJANOC A[Y]W NEKPITHC 
NNEXHPA ] 
NINOYTE 2м NJEMA G[(TJOYAAE 


Z. 2. Die Schriftreste könnten auch ]. dora gelesen werden. 
Jedenfalls passen sie nicht zu dem Texte маротоє ehoA nreige 
мої мрецриобе маорм поо MIINOTTE. 


675 34 páhats zw Üs om. 13 55 ete, тб хор 65 145 150 
178 182 193—195 197 284 Arm. Ed. Psal. Syr. 
67k in TL (diese Verse 3—7 fehlen in B), 5 ете LV, 
сейте T. 
Sitzungsber. d. phíl.-hist. Kl. 155. Bd. 1. Abh. 9 





130 I. Abhandlung: Wessely. 


6 пмоүте NATPE] мсм[от` ноут OY 
(D? 2N OYHi] 
NENTA4YEINE E]BOA N[NETTO MNEINE 
N2OMNT 2)м OY MH[TXOXDp6€ 
т MN NETFNOYSC] ET[OYH2 2N NTAPOC 


XXIV. 


Die Fragmente 9916 а und b, 9948 fr., 9969, 9929 re 
hören zusammen; und zwar grenzen eng aneinander 9910 a 
und b, sie ergaben 10:4 ст Höhe, 6 ст Breite mit dem inneren 
und unteren Rand. Ebenso 9948 fr. und 9969 mit 105 ст 
Höhe und 5'5 ст Breite mit dem unteren Rand. Der untere 
Rand betrug bei dem Blatte O'T cm, der innere 2 ст. 

Das Fragment 9916* hat 4 cm Höhe, 47 cm Breite; es 
trägt den inneren Rand. 

Das Fragment 9916" hat 6:6 ст Höhe, 4:5 ст Breite; es 
trägt den unteren und inneren Rand. 

Das Fragment 9948 fr. hat 6 cm Höhe, 6 cm Breite. 

Das Fragment 9969 hat 6:5 cm Höhe, 6 cm Breite; es 
trügt den unteren Rand. 

Das Fragment 9929 hat 7:8 ст Höhe, 6'2 ст Breite. 

Die Anordnung der Fragmente ist folgende: 


9929 
9916* 9948 
9916» 9969 


A. Die Schrift läuft senkrecht gegen die Fasern. 


Psalm 68 griechisch 
(18) км MH ANOCTPEYHC то nPJocwno[n coy 
мо TOY DALAOC COY) 
OTI емвомм TA]XY GHAKOY[CON MOY 
19 npocxec THIYYXH MOY км A[Y TPODCAL AYTHN 
ENEKA T|DN €XopQN MOY[ руслі ME 


67k 6 місмот ГУ, иесмот T. 
68g 19 {угул usque ad 20 дукідісцбу pou stichus. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente, 131 


20 СҮ ГАР FIINDCKEIC TON O[NELAICMON 
MOY 
км THN] AI[C]XYNHN MOY км THN ENTPO 
MHN MOY 
ENANTIJON COY N[A]NTEC | Ol өмвомтес ME 
21 ONEIAICMON] про[селокнсем H Уухн MOY 
км оух) YNHP[ZE 
клі NAPAKAAOYN[TA км O]YX [G]YPON 
22 км EJADKAN EIC [TO BPW]MA MOY XOAHN 
км ем TH лун моу ENOTJICAN ме охос 
23 гемн]ента н TP[ANEZA AY]TON ENW 
MON AYTCON[ EIC NATIAJA "T 
км CG ANTA[NOAOCIN КА]! EIC CKANAA 
24 CKOJTICOHTWCA[N о! OBBAAMO]JI ху 
там) TOY мн [BAENEIN] 
км TON] NDTO[N AYTCON AJIA NAN 
TOC сүгкА[мүом) 
25 єкухєом єп A[YTOYC THN O]PFHN COY 
KAI] О OYMOC тніс оргнс COJ]Y KATAAA 
B]OI AYTOYC PEU 
26 генн]ентф н [ENAYAIC AJY TON HPHMCD 
Ende des Blattes. 


B. Schrift und Fasern laufen parallel. 
Psalm 68 griechisch 
(28) [EN AIKAIOCYNH CO]Y 
29 [ехллефјөнто[слм ЄК BIBAOY ZWNTWON 
км META] макх[ком MH TPABHTW 


CAN] 
68g 22 i| тў {фт V, :=5 zn» З(фам vulg. — xal Edunav: 
zai om. Chrysost. 8. 17, Cyrill. Alex. I, 2, р. 259. 23 Zar 
тфу» om. 21 183 286. 25 хатала бо: : xava^dpv 274 289 290. 


— 22105 : т 166. 
де 


132 I. Abhandlung: Wessely. 


30 NTWXOC км] AATON EMI [ ETW KAI H 
сот]нрл TOY просо[поү coy o ec 
AN]TEAABETO MOY 
з ммесф TJO ONOMA TOY өү M[OY MET WAHC 


METAAYN]W AYTON єм AINE[CEI 
км APECEI] TM өф упєр MOC[XON NEON 
KEPATA екфв]ромтлх | км ONAAC 
зз [IAETWCAN птохо км EYPPAN] 
ORT[WCAN 
EKZHTHCA[TE TON] ON KAI Z[HCECOE 





68g 30 xai ў cwtnpla : xal om. 39 55 65—67 69 80 99— 
102 106 111—115 140—143 (145) 146 150 152 154 156 162 
164—175 177—180 182 183 185—187 190 191 193—197 199 
—201 203—206 208 210—217 219 222 226 227 263—267 
269—272 274—286 289—293 Theodoret I, 1084 Arm. Ed. Slav. 
Vindob. Psalt. Syr. et Aethiop. — тоб просотоо cou : тоб тросцудою om. 
13 27 66 69 80 81 99—102 106 111—115 140—142 145 146 
150—152 156 162 164—175 177—180 182 183 185—187 189 
—191 193 195—197 199 200 202—206 208 211—217 226 227 
263—265 267—271 214—286 289—293 Psalt. Syr. Arm. Ed. Slav. 
Vindob. — 5 De, àwcAdge:ó роо 18 65 67 69 81 99 100 106 
111—115 140 (143) 144 146 150—152 156 162 164—171 173 
—175 118—180 185—191 195 196 201 (202) 203 204 206 
211—218 216 217 219 263—265 268—271 276 280—982 285 
286 290 292 Theodoret. ó Osos Avsınadaorrö роо 66 80 101 102 
141 142 145 172 177 182 183 189 193 197 199 200 205 208 
214 215 222 223 226 227 267 270 274 275 277 278 (279) 
(283) 284 289 291 293 Arm. Ed. Slav. Vindob. Psalt. Syr. et Copto- 
Arab. Avreraßerd роо vulg. 31 pco om. BS! 27 99 180 206. 
33 xai (йсєсбє v.: xal Goen роу 13 21 27 39 65—67 69 
80 99 100 102 106 111 112 115 140 141 151 152 154 156 
162 164—166 170—172 182 183 185 186 189—191 194--197 
199 200 204—206 208 210 212—215 217 226 263—266 268 
269 271 272 275 216 280—286 291 292 Clem. Alex. p. 84 Theo- 
doret. Slav. Vindob. Psalt. Aethiop. (Psalt. Syr.) xai Chosta ў Wuyi 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 133 


34 оті EICHK[OYCE] том NE[NHTWN о KC 
км TOYC M[ENEAH]MENOYC AY[TOY оу 
к EZOY[AENWCEIN 
35 AINECATW[CAN AYTON Ol O]YPANOI KAI[ H TH 
BAAACCA КАП NANTJA TA ерпомт[х 
EN AYTOJıc 
36 OTI O E[C CWCEI THN ском 
км OIK[OA.OMHOHCON]TA[I м NOAEIC 
THC ПОУАМАС 
км KATO[IKHCOYCIN] EKEI км KA[HPO 
NOMHCO[YCIN AYT]HN 
зт км TO сперм[л TWN AO]YAON A[Y TOY KAGE] 
зоусім AY[THN 


Ende des Blattes. 


K. 9864—9867 Pergament. 


Diese vier losen, aufeinander folgenden Blätter einer 
Handschrift des 7.—8. Jahrhunderts messen 31 cm Hóhe, 23 cm 
Breite. Der Rand oben beträgt 2:1 ст, links З cm, unten 2:5 ст, 
rechts 2-5 ст. Die wenigen Randnotizen enthalten Nachträge 
ausgelassener Worte des Textes. Die Rastrierung ist unkenntlich. 





ûy 55 81 101 113 114 143—155 150 163 167—169 (173) 
174 175 177—180 187 193 201--203 211 216 219 222 223 
227 267 270 278 274 276 218 279 289 290 293 x. (істо: ў 9. 
û. 188 х. Сфосути а! d. û, Arm. Ed. 34 ойи ESoudlevwsev]: cix 
Мсодєносє: 27 263 273. — èv айт: & айті 13 97 55 65—61 
69 80 81 99—102 106 111—113 140 141 145 146 151 152 
154 162—180 182 183 185—191 198—197 199—206 211—217 
226 227 263 (264) 265—972 276—286 290—293 Theodoret 
I, 1087 Psalt. Aethiop. 37 тбу 800А®у 2[0т05 : тфу Zou sov 
13 39 65 66 69 80 81 100—102 106 111—114 140—146 151 
152 164 162—174 177—180 183 186 187 189 (190) 191 193 
195—197 199 206 208 210—212 216 217 219 222 223 227 
263 264 266—969 271—286 290 292 293 Theodoret I, 1087. 


134 Г. Abhandlung: Wessely. 


Die Handschrift ist nachlässig geschrieben; ich habe daher 
Varianten, die sich auf die Setzung des zur Andeutung des 
sogenannten Hilfsvokals dienenden Strichs beziehen, unbeachtet 
gelassen. Die Handschrift ist nicht stichisch geschrieben, oft 
werden Zeilen ohne ersichtlichen Grund eingerückt. Viele 
Fehler verursachten auch die Punkte, die sogar mitten in die 
Wörter gesetzt wurden. Die Anfangsbuchstaben der Psalmen 
sind groß und springen in den Rand vor; sie sind ebenso wie 
viele Interpunktionen und Unterstreichungen mit roter Farbe 
ausgezogen. Alle Seiten sind paginiert und zwar liegen die 
Seiten exa 121 bis en 128 vor. Seite 121 und 128 sind be- 
sonders schlecht erhalten und abgerieben; es muß diese Lage 
der Handschrift von Seite 121—128 schon lange ausgerissen 
gewesen sein. Auch ist für diese Seiten eine ältere Abschrift 
von Professor Krall vorhanden, die zwar nicht vollstündig ist, 
aber bemerkenswerte Entzifferungen enthält, die unter dem 
Text zitiert werden. 


I. 1. Fleischseite. 

Pagina PKA 

Psalm 104 B 
21  A[d4K]AOICTA ммоч NXOEIC EXM HE4'HI (m. 2)... (.) AYO M 
(22) |хурм EXM NETNTA4 тнрч <? EFCBW NNE4APXWT 
(23) мтєч2є - AYW [€T]CAEC мечглхо. * A ПІНА BWK CEA 

EKHME · А [ЈАКОБ боле ENKA? NXAM: — 

24 AYAYZANE MNI[EJ4AAOC . MMATE Ak сом мАч 620Y · € 
(25) NEAXINXEYE. 35 лчктє пєчгнт EMECTE печллос 
(26) AYW EEPKP[O4] ом NE42M2AX. 28 лчхєү MODYCHC 


104, 21 neg Hi (m.2) ....(.) nach neg folgt eine Gruppe 
von Buchstaben, die Professor Krall Амос las; dieses wurde in einer 
unkenntlichen Weise korrigiert. — 24 egor nie Krall. 


104, 21 nequi m. 2 meqAaoc m. 1: V, nequi L. 
22 марҳом AnernTraq І, nap[oc]on esu memwTA V. 


23 тати aqooràe L, a Панно Gore V. 24 ємате І, 
ммате V. — epore meqoeixeeyv L, egor. є negam- 
хеєте У. 25 epRpoy L, eepnp[oq] ү. 26 NENTAY 


соти Г, nemTja«p[co]r[nq В, netarageong V. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 135 


т) n642M2AA . MN [AJAPCDN MIENATAACONA. ? Aq 
ко мгәнтоү [NN]JYAXE ммечмлем - AYO меч 
8) апнре · 21м nKA?2]NXAM. 23 AqXOOY NOYKAKE A4 
9) гочсоу AYO AYJ NOYSC NNEAWJAXE. » хчкто 
NNEIMO[OY €YCNO4 °] AYW A4MOOY" T NNEYTBT 
о ATn€yYKA?[ TAYO EPAI N]2NKPOYP 2N мемллмюн 
1) NNEY[PPIWOY. з: лахооү лче NGI плчмоуғоор 
2| хүр NEA2WM 2м NEYTOU) THPOY. °? лако NNEY 
200¥ NAA EMNE · чкфгт €4MOYy? 2M NEY 
3) КА. 33 АЧПАТАССЄ NNEYBW HEAOOAG (:) MN NEY 
) BO NKNTE () * лчоуфач маун'м" мім(.) ет 2N’ NEY 
тоа). A4X:0OC лче NGI пва)хє (-) AYW печ 
у роүхос емытч HNE. 3 AdOYOM NEXOPTOC TH 
4)P4 MNEYKA2. 35 TAHAPXH NNEY2ICE THPOY () 3 Aq 
EINTOY €BOA 2M DAT мм IINOYB · үш 
i) ENE ммпетбоов - 2N меуфулн. 28 л кнмє EYPPA 
NE гм NEYE! EBOA : XE A TEY2OTE CU ерл є)хооү 
) хчпера) OYKAOOAE [CB0]A - A4[P 2AIBGC] EPOOY 
104, 29 ачито: Krall Auf — AYMOOFT имезтёт: 
aqueos- ниєттбо? Krall. 
104, 28 аҷооёсот Г, аҷооцсот У. 29 NMETMOOT 
L, мме)умост B, mnequooy V. — AYMOOTT V, ачмот- 
ev L. 30 n]on кротр V, моем кротр 1. — фм HTA- 
міом І, ‚фм neno.a ron у. 31 гч соот У, &dqoeooc Г. 
— maqnosyoop L, п)єц мо[тфор) В, пачиотоор V. — 
ne9AWwM L, пеАоом у. 32 NMET9OOT У, en L. 
— МАМ nne L, мал ‘емле У. 34 мметтощ Г, ет 9и 
неттощ V. — _пеҷротҲ ос У, nehposxoc L. — емитч 
Hme V, ere мита ипе L. 35 ачотюм миехортое L, 
%ҷотом пехортое ү. 36 in V fehlt der Anfang, ayna- 
тассе DDT MMICE HIM AnesRago (L). 37 àqnTo? L, 
AGEINTOT V. — ато» еме мипетбооё B, еме м. L. 
39 ep gashec L, ep[pa(e)skec] B, aale gashee] V. — ероот 
мпооот V, ерост L. 





(39) 
(40) 
(41) 


49 
(43) 
(44) 


(45) 


(2) 


136 I. Abhandlung: Wessely. 


мпгооу . мм оука»т E4IEPOYOEIN €p[OO]Y NT[EY) 

ан THPC (-) 4% AYAITI N2NA4 ACEI NAY NGI [OY2HM 

пнре. AdTCIOOY мпоек NTNE. 1 лчпо[2 NOY] 
NETPA A 2NMOOY аоуо EBOA. (—) 

A 2NEIEPWOLY] саж 2N 2NM[A] NMNMOOY N[2HTOY] 

хе хчерпме[еуе] мпєчаухх | Є) ETOYAAB NTAN 

CMNT4 MN A4PA2AM TIEA2[EM2A]A З AYEN печ 
AAOC €BOA 2N OYTEAHA - [A]Y п мечса» т! 

гм OYOYNO4. “ aqt NAY NNEXWPA NNEN2E 
емос . AYKAHPONOMI NN2ICE NNENAAOC 

X€KAC EEYELAPE2 ENEYAIKAIO[MJA - лу NCE 

WINE NCA печномос (——) 


ШЕ І. 2. Haarseite. 
Pagina PKB 


Psalm 105 | 

РЄ AAAHAOYIA 

о үм? EBOA ENXOEIC хє OY XPHCTOC пе AYO печ 

NA WOON UJA €N€2. ? мм NETNAXW NNGOM 
MNXOEIC - етмтреусфтм ємечсмоү TH 


104, 41 Шото : WoTe Krall. — имимост: EMHMOOT 
Krall. — 43 Saul: гче Krall. — neen : мечсоутії 
Krall. — 45 enegaskaıo[lMm]a entziffert von Krall. 


105, 1 Großes Anfangs-O. 

104, 39 еротоєги L, ецеротоеги У, e]po[#loe[ın] В. 
— NTETIUH тире V, итеущи L. | 40 ATAITEI L, ата 
V. — моємач L, om. В, момаҷ У. 41 gem MOOT L, on 
MOOT V. — фм омм[а] У, ом емма L. 42 ацериме- 
[eve] V, ачрмеєте L. 43 aym L, nebeon'Tr У, мечсаути L. 
44 миреемос І, имемдеемос У. — аунАнромомі У, AT- 
иАнромомег L. — имАзос І, имемлаос У. 45 емеч- 
Asmrarolm]a V, AMA L. — ATO исештме У, мсещиме L. 

105 in LB. 1 Мт жое с L, епос oerc У. — CL pn 


стос V. _ 2 ибом У, иибом L. — wqrpescoTM L, ETM- 
третсотм У. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 137 


POY ? нмхто\/ NNET2APE2 EN2AN - ETEIPE NTAI 
KAIOCYNH NOYOEIG) мм: 

хріп'м'мєєує пхобіс гм поуфа) MNEKAAOC. 
MF6M NENGJINE 2M пекоухм. ° ETPENNAY · ет 
MNTXPHCTOC NNEKCON[T NTJENNEYPPANE 


2M поумоч ENEK2EONOC в[тремхитмю 2N тек 


KAHPONOMIA ° XE ANPNOBE [MN NE]NEIOTE . ANA 
чфме. ANXINGONC. 7 AYW [NENEIOT]JE MNOYEIME 
емекапнре · 2N KEME (.) [хү{мо]үвс єумну 


E2PAI 2м TEAYOPA NOAAACCA, ° Ay[w] ачтоуховру 


ETBE NIEYPAN вом? EBOA мтечбом. ° АЧЄП! 
TIMA - NTEAYOPA NOAAACCA - ACWOOYE АЧ 
XIMOGIT . 2HTOY NN - NOYN моє ноухме. 
хчтоухоо\у ENETMOCTE MMOOY . A4COTOY EBOA 
aN тех мпхлхе. 
A nMOOY 2WBC EXN нетемве MMOOY . MNE OYA 
а)фхп ментоу. ? хупістєує 2M пєчаухх є 
хусмоу 2M печсмоу. !? AYGENH єрпажа) - 
ENEY2BHYE - MNOY2YTIOMINEI 2M пєчауох ме : 
AYENIBOYMEI 2м OYENEIOYMIA 21 пхме 


105, 3 epan Г, engan У. — ApIUA Meere V, api- 
пеммеєте L. — 9м потому VLB, м,по[тощ) В. 5 en 
TAM TOC именсоти І, етмитхристос мменсоп(т V. — 
мтиетфране L, мтјенметфраме V. — emenoeenmoc У, 
Amengeernoc LB. — e[vpen]osrraq0 У, erpenoc rTAero L. — 
ми TERRÄHPOoNOoMIA Г, ом T. V, [on in B recte supplevit 
Rablfs. — Anane У, &nanoaer L. T ATW om. V. — 
Reme V, киме L. — У omisit мпотрпмеете мпащаї 
Mrierna (LB) ante љу{мотбе. 7. 9. 22 те\тера У, те- 
prepa Г. — меаМаєса У, eMAacca Г. 9 ом HHOTH 
L, ми моти У. 10 аЧтоухосу ETSIN. иметмосте L, 
STOT ооу емезмосте MMOOT У. 12 ом nequjaxe У, 
on nequjao e L. 13 wnovo?vnouner У, MIOTOTNO- 
MEME L. 14 OTEO TMIA У, OTENCIOTMIA L. 





14 
(15) 
(16) 


(17) 


18 


(19) 
(20) 
(21) 


(22) 
(23) 


(23) 


(24) 


138 1. Abhandlung: Wessely. 


AYNI[P]AZE MINOYTE 2N OYMA EMNMOOY 
N2HT[4] 5 ayw aqt NAY мпетеуоулха . лч 
хооу [моүјсе NNEY[Y]YXH. 1 ху|ноубс ємоүс 

зм TNAPYMBOAH - MN APWON NNETOYAAB 

(мпухобіс. 1" A MKA? OYWN EPWN - A4WMK 

[м^х]ехм - A42DBC NTCYNATWTH NABIPWN 

ів AYKW2T моу? 2N TEYCYNATWTH 
A O[y]q)A? PWw2K NNPE4PNOBE 19 AdTAMIO 
NOYMACE 2м X[W]PHB - луоуфат NNEY 

MOYNT H[6l]X. - 29 хуцувє MNEYEOOY зм 
OYEINE MMACE ма)лчоүєм хортос хурпажа) 
GHNOYT€ NTAdNOY?M MMOOY. ?' TIENTAA 

EIPE NNEIMNTNOG 2N KHME. 
нею)пнре [2]M пкл? NXAM. ?? 2N 20TE EXN 
TEAYOPA NOAAACCA. 2° АЧХООС €4OTOY EBOA 


П. 1. Haarseite. 


Pagina 
Psalm 105 
NCABHA MWYCHC печсфпт NTAYA2EPATA 
2м NOYWU) мпечмто EBOA - EKTOOY євох 2H - 
торгн €TM4OTOY 6вол. * AYC6Q)4 пк» - 
ETNANOYA MNOYTICTEYE ємечаухх 


e 
7 
^ 


105, 14 asııı[p]aze V, атпеграте L. 16 EMOTCHC 
V, ммотенс LB. — тпаремасАн І, тпартмёоЛи V. — 
хром У, aapon Г. — mnerovaab У, nerovaah L. 
17 OTON ацоми LB, отом ером aqoAamn У. 18 TET- 
агар L, мтехмасоси мабтром V. — pone L, 
рофи V. — мріречриове) В, пмреҷрмобе УГ. 20 nwa- 
цотєм Y, eujaqosyA L. — мпмотуте Г, ennosre V. — 
етистом L, HTAGNOTOM У; 21 имемитиоб У, мин 
митної L. — миупире L, мепупнре У. 23 ємотєне L, 
MOTCHE V. — пецеоти L, meqeonr V. — мтачадератчу 
V, еитачаоератч L. — novouj У, потоцуҷ L. — ERTOOT 
V, ERTO L. — ом торси V, итецорси L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmenje. 139 


AYKPMPM 2N NEYMANA)WNE 
мпоүсотм ENE2POOY мпхобіс. * хчч м: 
тє461х, EPAI €XDOY - EPA2TOY ?рм ом TEPH 
мос. 27 EPE2T NEYCNEPMA 2м N260HOC . EXOO 
€POY €BOA 2N NXWPA. ## AY'd)MQ)6 NBEA 
фнгор - AYOYEM - OYCIA NPE4MOOYT. ? Ay] 
NOYGC мАч · 2м NEY2BHYE - A п2є - лам N2HTO Y. 
0 AqA26PAT4 NGI PYNNAIOC · лчсопс є · 
XXOOY. A поуфа)ч 60. * AYOnC єроч · EYAIKAI 
OCYNH - єсухам MN оүхом YA ENE2. 9? ayt 
HOYGC МАЧ AXM HMOOY NTANAIAOTIA : 
AYOMKE MOYCHC · €TEHHTOY.. 9 хє лү-|мчоүсбс . 
спечпих . лам €TOOTOY 2N мечспотоү 
ч мпоувет N2EONOC EBOA NTA NX.OEIC 
XOOY NAY. 3° AYTW2 MN N2€0NOC . хухісва» 
ENEY2BHYE. 3 AYP2M2AX ENEYMOYN г нех . 
хуауриє NAY NCKANAAAON. м AYG)OXDT 
NNEYU)HPE мм NEYU)GEPE . ENNETWOYEIT 
хупа»т EBOA NOYCNO4 NATNOBE.  песноч 
NNEYÜ)HPE MN NEYUJEEPE NNAAIMW 
NION - AYG)OXDT NNEYMOYNT NGUX. NXA 
NAAN AYME? MKA? NCNO4. 3° AYO AYCOXDA 
2м неузвнуе · хупорнеус [2]N NEYMGEY[E] 





105, 27 єхосерот V, ехоорот 1. — wW'Xopa У, 

neocopa LB. 28 пВе\фигөр ү, мее ресор L. — 
ATOTM L, ATOTEM V. — прецмоотт V, мррецмоотт L. 
29 ope! монтот L, монтот V. — Ффтнмаїос У, гремеєс 
L. — ER WOT У, EXOT ATM L. 31 ми отом V, 
nos oa L. 33 мпецина V, епецима L. 34 мпотуйвет 
V, Mnoster L. 35 атбісби» У, asmıcıchvo L. 
36 имезмотис V, емеумотис Г. — merRanaadon L, 
eswcranaakon V. 37 пмпетщотетт L, еппетщотент У. 
38 mecnoq V, петусноч L. — мижмармоміом У, пила 
моон L. — мммотис У, ниєтумотиє L. 


140 » 1. Abhandlung: Wessely. 


(40) мент 0 A NXOEIC SWNT ENE4AAOC · 
(41) X4BET теч(кјлнромоміл. * AYTAAY ETOOTOY - | 
[NNEYXAX]E - ANETMOCTE MMOOY PX.OEIC 
(42) EPO[OY є A неу]хежевуе өмвє MMOOY ayos 
(43) 2X м[є]үбіх. 4 AYNA2MOY мәл? МСОП NTOOY 
[A6] Aytnoysc nasg - 2M neEygoxne · лү. | 
(44) OBB[IO] ом NEYANOMIA. ** AdNAY EPOOY 2M NTPEY | 
(45) OXIBC. * 2M птречсотм ENEYCONC - AYPIMEEYE 
NTC4AJAOHKH - АЧОЈН?ТНЧ КАТА ПА 
(46) UJAL МПЄЧМА (:) 4 AYTAAYE эм ммта)мотня мпєм 
TO 6вох NOYON NIM - 


II. 2. Fleischseite. 


Pagina — PKA. — 
(41) NTAYAIXMATIZE MMOOY. “ MATOYXON HX O€IC 
NENNOYTE - NFCOY2 N E2OYN 2N NNXINXEEYE 
ETPENOYWN? EBOA ENEKPAN ETOYAAB ETPEN 
(48) Q)OYGQ)OY MMON эм TIEKCMOY. 55 4CMAMAAT м6. 
NX.OEIC NNETOYAAB пмоутє MIHA - XIN NE 
NE? UJA ENE? GC - ечвеафпте —— 
Psalm 106 pz AAAHAOYIA 


1 о YWN2 €BOA ENX.OEIC хе оухрнстос пе хе Oyq)A CH 
(3) NE MEANA. ? MAPE NENTA NXOEIC COTOY же пм. 


105, 42 иез]жержеете V, меужихеет L. 45 Aq 
шиотич у, ачротич L. 46 gen митщамотич L, on 
митщиотич У. — HTATAIXKMATITE У, ENTATAIK MANO- 
туе. 47 месото м У, necoom ом Г. — nnmımee® L, 
nio] nio eee У. — Anenpan L, епекрам У. 48 мб 
nxoeic V, nxoeic Г. — жї meneo V, жимемео L. — 
ща У, ато» wa Г. — ечещоупе еҷещопе У, ay eye- 
жоос HSI mAaoc тиру xe еҷещопе eqeujome L. 

106 liegt vor іп L und in der Pistis Sophia. Großes Anfangs-O. 
1 епжоес V, Мпогоєтс Р. 5. L. — OFKPHCTOC У, отож ре 
L. 2 мемтацсотот У, пе AycoToT P. 5. ме мтачсотоу 
L. — enxaxe У, miesocaoxe Р. 5. нижаже L. 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 141 


NE NTAICOTOY EBOA2N тех ЄПХАХЄ 3 АЧ 
сФү?оү E2OYN- 2N NEYX[W]PA - EBOA 2м пінвт 
MN NEMNT AYO пмат AYO BAAACCA - 

* AYTIAANA 21 пхме. 2м OYMA GMN MOOY ` 
N2HT4 - мпоубн TERAH NTNOAIC ENEYMAN 
ауаапє. 5 EY2KOEIT - вуове. — 

A TEYYYXH MXN N2HTOY - ° лужюклк 
E2PAI ENX.OEIC 2M птреузаа). лчсотм EPOOY 
A4YNA2MOY - EBOA 2N NEYANATTH ° AYXIMOEIT 2H 
TOY 2N OY2IH €CCOYTON ETPEYBWK GPA 
етпомс . вепвумлма)фпе. ° MAPOY 

о OH? EBOA ENXOEIC NNEANA · AYO мєечаупнрє 

NNGO)HPE NNPOMG ° хе латоүхо NOYYYXH 
ECHOYEIT - оүүүхн EC2KOEIT - A4MA2C 
NATAOON 1° N€T2MOOC 2M ПКАКЄ MN OAIEC 

мпмоу - ETMHP 2м OYMNT2HKE MN п iGON'T 
пемпє п [x]e Ay Tuoycoc єпаух)сє мпно`ү'тє ayt- 


106, 3 ачеотдот V, adqcoosoo Р. S. L. — мет ора 
V, мехора L. — пінйт У, тет Р. S. neeib Г. — nm- 
фут V, мемогт Р. 5. Г. — ато eaXacca У, ми еаМаєсса 
P, S. І. — емеуманщотпе V, мпеуманщомте L. 5 er: 
оноєг У, єтднаєгт Р. S. L. 6 ациаомот choù ом 
HEFAHATRH ^ ATXIWRAR Р. S. ATXIWRAR VL, — ом 
птретовщ aqcoTA ероот ациаомот eho on nev- 
&MACCH VL (mit метамаскн): AYCOTM EPOOT (aqitagaov 
e&oX ом мехамаски früher) ом птретосу Р. S. 
1 agayxs моет Р. S. acqpoeruoerr VL. — erpin Р. 8. L, on 
озон V. — ептопос P.S. ernoAie У. — мпеуманщоме Р. 5. 
enxevAangone У, мимлищеолпе Г. 8 Großes Anfangs-O En- 
жое:с У, AS cere P. S. L. — ммечиа VL, negna Р. 8. — on 
ищире Р. 5. мищире У. 9 ачтоэжо У, ayreıo Р. 8. L. — 


мозаутосн econaiT отти єсонаїт ачмадс Maracon 


P. S. nom yo н есщотєгт отут econoerr AQqMAQC MA- 
Taso VL (mit ecgraeıT). 10. 14 eaıhc V, емес P. S., 


eaerbec L. — етмир У, метмир P.S. 11 aqtiorsc E S., 





(11) 
12 
(13) 
(14) 
15 


(16) 


(17) 


(18) 
(19) 


(20) 


142 I. Abhandlung: Wossely. 


| ([мпфожмще || мупєт" || LOCE (auf dem І. Rand von 12. 13 
із [A n]ey?H[T ) өввю . 2N 2N-21C€ ` AYPEWB AYO 
EN MEN NETBOHOIA EPOOY () 13 AYXIQ)KAK 
CEA ENX.OEIC 2M NTPEY2W[A] - A4NA2MOY 
EBOA 2N NEYANATTH · !# AYEN[TOY EBOA] 2м 
ПКАКЄ MN OAIBC MNMOY АҮ АЧС]ОАП 
NNEYMPPE. — 
MAPOYOYWN? EBOA ENX.OEIC NNCQ4NA |х)уФ 
мєчаўупнрв NNO)HPC NNPWME. '5 х[є AMOY 
WUJA єгмпухн N2OMNT () лчгорч 
MMOYXAOC MNENINE () 17 хчаопоу єроч 2N 
TEAH NTGYANOMIA () NTAYOBBIO ГАР ETBE- 


| III. I. Fleischseite. 2d 
Pagina "m 
Psalm 106 я 
TEYANOMIA. #8 A пеугнт веб GINOYWM мм 
лүм E2OYN · єммпулн. мпмоу () "° лухю 
KAK €2pA[T] ENX.OEIC - 2M NTPEY2WU) лч 
NA2MOY €BOA эм NEYANATTH (.) 29 хчхооу HIT 
AXE AYTAACOOY ۰ AdTOYX.OOY 6вох 2N NEYACE 


astnorse V. — мищасее Р. S. І, emug[a]xe У. — ar 
Xoowr V, astswnt Р. S. L, darauf folgt мищоое ме миє 
тосе Р. S, мищожме Amerxoce Г, от. У. _ 12 Ом дм 
өзсе Р. 8., ди genorce І, ом метдтсе У, -AVO ми nerbonel 
ерост P.S., ато ем мем петбонета epooT V, ато ме 
ми петћонее ерооу І. — метамасси У, метамаєкі 
P.S. L. 14 ацемтоу V, ацитот Г. — eaibec І, еаійс V 
15 Großes Anfangs-M moere P. S. L, епох oeie V. — on negna 
P. S, ммециа V. — м nnwHpe Wppoe P. S., мишире 
чироме V. 16 ngennsAn Р. 5.1, еомизАи V. — aggopg), 
ацосурі P. 8., агудоурії L. — ngenmoxAoc мпените LP.5. 
ммоуХ ос мпении У. 17 мехамомта P. 5. L, Tevane 
Mia V. — бет P. S. L, веб V. — emnsAn P. S., ennt 
V, EMMAN L. 19 METAHAUHKH Р. S. L, nevanaccen V. 


Sabidisch-griechische Psalmenfragmente. 143 


1 MAPOYOY(ODN? €BOA ENXOEIC ENEANA · AYW меч. 


3 


AM 
—— 


WNIHPE NNWHPE - NNPXDM€. 29 MAPOYU)W 
(DT NOYOYCIA - NCMOY - NCEXW NNE42BHYE 
?M OYTEAHA. * мел NETBHK ENIECHT €OAAACCA 
2N NEYEXHY ETP2WE 2N ?N -MOOY ENAU)WOY · 
ч NTOOY ме NTAYNAY ENE2BHYE MNIX.OEIC - лү 
нечапнре 2M пмоум. 2 A4XOOC AYTINA мол 
THY YWNE - AYW AYXICE - NGI NEC2OEIM . 
% цпухувак EPAI WA мпнуе. NCEEI ENECHT (.) 
QA NNOYN () A TEYYYXH BWA 6евол 2N 2N 


NEBOOY (.) зт AYWTOPTP · AYKIM NOE MNETTA2E : 


A теусофх THPC MXN N2HTOY. ?9 лух) 
KAK EPAI ENIX.OEIC · 2M NTPEY2WU) AYNA? 
МОУ : EBOA эм NEYANATTH (.) 29 АЧПАТАССЄ. 
NOATHY - ACWWNE NGI OY 2H NTHY. (—) 
A N6C20€IM KA PWOY (-) ?" хувуфрлме хе AYKA 


PWOY () A4XIMOEIT 2HTOY - 2N NEMA - MMOONE : 


€T€2NAY — 
MAPOY(ON? EBOA ENX.OEIC ENEANA - AYO мечаупнрє 


| нмаунрє - NINPCDME (-) ? MAPOYXACTA- 2N TEKKAHCIA : 


MHAAOC NCECMOY EPO4 2N NEKABEAPA 
NNNPECBYTEPOC. 23 хчка) N2NNEIE[PIWOY 


— 
a 


28 А(м)мафмот Krall. 

106. Mit V. 21 hört P. S. auf. 21 Großes Anfangs-M 
Мпжоее P. S. L, епжоес V. — фи nequa P. S., enegna У, 
negra L — нщире прроме P. 8., пищнре мироме У. 
23 деммоот L, фи MOOT V. 26 ом певоот V, мпееоот L. 
28 wem rta CCH. V, иетайгасин Г. 30 фи мема ү, ом 
MMA L. 31 Großes Anfangs-M марототомо L, маротомо 
V.— мижое Г, emo oerc V. — емециа У, nnequa L. 

32 менаеємра V, инеем pa Г. — инепресйёттерос L, 
ипресв утерос у. 33 момиегроют У, мсемеероот 
mare L. — моее L, ом oen У. 


144 1. Abbandlung: Wessely. 


(34) 2м OOH MMOOY EYEIBE. * лар OYKA2 мрєч[{к]хр || o 
пос MM6A2. ETBE TKAKIA - NNETOYR2 || (55) OYKX? 

(35) 2р[10 іи.) 29 хчка [NOY]XAIE N2NAIMNH || MMOOY A 

(36) сгмоен(....*.... JAaGT2KOGIT · OYW2 N2HT[4] 
[A4CMN]T4 MHOAIC MMANOY(O? (—) 

37 AYX[O] момсфаує - AYTWEE - N2MMA N6AO[OAC€] 


38 AYTAY €KAPHOC EBOA ETHNHMA. 3 A4CMOY EPOOY 
^уха)м EMATE LI AYW мпечтсвк. NEY'TB 
39 мооує() 3? AYCAAATE - AYEMKA2 EBOA 2M плох? 


NNMNEBOOY - AYO пасе - MN TINOGNES · 
(35) AYO OYKA2 EMNMOOY мгн[тч €26NOO€ 
Иза ik 2H. «ss ]MMOY 
feriore 


“= III. 2. Haarseite. 
Pagina PKs 
Psalm 106° 
40 “® Апо2т NOYCWU) EXEN NEYAPXDN . хчп 
(41) AANA MMOOY 2N OYX.AIE · эм OY2IH AN. “1 AdEOH 
OIA епечины эм течммтгнке · АЧКА 
(42) MHATPIA моє N2NNECOOY. Є NETCOYTWDN- NA 
NAY NCEEYPPANE . NTE ANOMIA мм TWM EPWC . 


84. 35 Am г. Rande rechts von || die dreizeilige Marginalnote. 


106, 34 MMAO L, ммело V. — мметотно op[ У, 
миєтотно ORT L. 35 еоемл:мин ммост І, момАг 
мин. Darauf folgt іп L ато отнаф емимосту монт eoe 
noee ммоот(36)ачтре метонаєтт dieser Stichos ist in V auf dem 
Rande; als Variante von MMOOT steht ом...) — метоваегт L, 
метокоегт V. 37 Großes Anfangs-A момма мело[оде V, nge- 
nma neAooAe Г. — екарпос есимима V, екарпос псе- 
инма Г. 38 mnegtehr У, мпатебио І. — nesthnooseV, 
mnesThwooseL. 39 ATMRA9L, ATEMRAQ У. — MIO 8 
L, омићо ә V. — нимпевосу V, ммпеесот L. 

40 мотусо»ці ` у, мотсоша L. — exen V, ежи L. — Her 
ар өн У, марҳом L. 41 епебтни І, eneqàina У. — 
моемесодту Г, моммесооту V. 49 epoc V, poc L. 


3 


1 


E 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 145 


43 мм T€ псофос E4NA2APE2 ем! NCEEIME - 
NNA МПХОЄІС —.—..—. — 
Psalm 107 
PZ AWTH MNEYAAMOC NAAYEIA : — 
NNOYTE плент CBTOT NA2HT CBTWT FNA 
XD TAYAAX€) ENEKEOOY 3 TWOY EPAI NAEOOY - 
TOOYN nEYAATHPION - MN TKIOAPA - 
TNATDOYN мпмху моорп TAOYON? NAK 
EBOA 2N NEIAAOC NIX.OEIC - тхУллле! EPOK 
гм N260NOC * хе OYNOG пе TIEKNA EXN 
мпнує AYO TEKMH ПН? UJA NEKKAOOAE 
XICE MMOK пмоуте GPA EXN мпнуе AYO NEK 


EOOY - EPAI EXM NKA? THPd в XEKAC EPE чек 


MEPIT - NOY2M (-) мхтоухм ом TEKOYNAM 
AYO мгсаутм 6pOl. т л пмоутє WAXE 2M печ 
epne - хє Fnaxıce TANEU) CIKIMA TAEN 
MA NNECMANAJWNE ê пах NE- KAAAAA · 
пал пе MANACCH - веуфрлем ne npeaa)yon 
ероч мплоухм. IOYAA NE NAPPO ° MWAB 
NE плнвнс NTA2EANIC млм мпатооує 
EXN ALAOYMEIA NTE млллофулос 2YNO 


106, 43 me псофос І, те псофос V. — мчоарео L, 
ефиадарео У, ATO vor исеетме eingefügt in V, fehlt in L. 

107 іп L und von У. 6 an in К. 1 ом TIEREOOT L, ene- 
REOOT ys тоот едраї паеоот eingeschoben in V, fehlt in L. 
2 TWosFHu Г, TOOTH V. 3 тлотомо ман eĝoA V, ман 
fehlt in L. — wfAaoc І, мећаос V. — moeeroc У, мідее- 
NOC L. 4 TERMH У, TERME L. 5 минте VL, мпноте 
R. — педесоз сораї ехм У, MEREOOT ех М Г. 6 ma- 
тоухої LR, MATOFM.AI У. 7 weqpne LR, печерпе У. 
— пах LR, më V. — ммесмамщопе V, кммамщомє 
LR. 8 waAaaa LR, ихАла> V. — пон пе мамаесн 
V, ато пох пе мамассн В. — етфрљегм V, ефраїм 
LR — преҷщоп V, nwon Г. — Amaosoea: V, мтаате 


LR, — узма V, 107 àC LR. 9 пАивие V, nAehnc 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155, Bd. 1. Abh. 10 


(10) 
(11) 
(12) 


(13) 


146 I. Abhandlung: Wessely. 


TACCE HAL 19 мм NETNAXIMOEIT ?HT 
[ya] {А[оүм]мхл. н мм NETNAXIT WA TNOAIC 
ETOPX - "мн NTAK AN пе TINOYTE NTAK 

KAAN NCDK (-) AYW NTNHY Мм E]BOX - 
NNOYTE - ZN 2N[MH]H@E () в мух NAN NOY]BOH 
[614] гм ммелгую xe [nOJyYxX[aı MNPWME] 

WOYEIT : TNP оубом зм NIEN[NOYT]E 
ху) мточ петмлсоо)ч NNXAXE T(H]POY 


Psalm 108 


рн. ENXWK євол MNEYAAMOC NAAY[ENA - 


1 (2) NNOYTE мперклрож - ENACMOY. ? же ттлпро 


(3) 
(4) 
(5) 


мпречрмове MN тлпекроч AYOY(ON 
EPWOY 62рм ежал. AYMWAXE евро! 2N оу. 


IV. 1. Haarseite. 
Pagina PK[z) 
Psalm 108 
AAC мкроч. 3 AYKWTE еро 2N ZNWAXE MMOCTE 
ху ммо: єпхімхН . EMMA - NCEMEPIT. * лү} 
ABAAEI MMOI - ANOK AE NEIUJAHA. 5 AYCMINE 
ммпвөооү єрої ENMA N2NHCTNANO Y4 





LR. — {лота LR, aiaormera V. — ите V, ита L. 
10 петнажіт VR, петмазетт Г. Die Stichen sind umgestellt 
in R. 11 MTAR У, WTOR LR. — ом [мн]нще У, nen- 


минще L, ом мембом в. 18 mueAnpre Lë TeneAnpie 
І, veneÄnfseR. 13 тир У, тимар RL. 

108 in LR. 2 Tanerpog LRV, пекроч Pistis. — AT 
отом ероот eopar ехо V, атотои мроот Pistis Sophia; 
ероот om. LR. — азщазхе сооз Pistis, avwazxe ерої LV. 
з ononigaoe У, Mongjaoe Е, в, on genwane L. — ато 
шатноуте ерої ом оемшщаж є ммосте ATO ^тмице идда! 
eneen PS. 4 aT ммо V, aT мммах R, art 
иммау Г. — атТабаМег V, аз ва Ле R, MR 
L, PS. — wengAHA V, PS, MWAHA me ВІ. 5 moenne 
өоот L, nonneeooy V. — HIEHNETHANOTOT RL, nonne 


(6) 
(3) 
(8) 


(9) 
10) 


11) 


12) 


13) 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 147 


AYO OYMOCTE EMMA - MIAME () 5 KAOICTA 
мпречрмове EX.WA4 (-) MAPE плахвохос 
A26PAT4 21 OYNAM ммоч ° 2м mnTpeaxi2An - 
NMMO4 ° MAPE4EI EBOA E4T6AIHY - MAPE печ 
(AHA ауфпє мла EYNOBE. ê NTE меч 
200¥ CBOK : NTE KEOYA хі мтечммтепіс : 
KONOC. ° MAPE мєчаунрє WWNE NOPPA 
мос - NTE течсаме - EPXHPA. 19 эм OYKIM 
MAPOYTIGENE (.) мечанре EBOA · NCETWE? 
MAPOYNOXOY EBOA2N NEYHI. и NTC HAY 
NACTHC M€Q)T NETNTA4 тнра NTE 
змауммло TEPEN мечасе. 1: мпертреч 
QONE HA NGI петечнлаопч EPON 
MNEPTPEWN2ZTH4 MWNE NNE4OP 
PANOC. ? MAPOYBET мечанре EBOA 
NCEBET пєчрам €BOA 2N оухфм NOYWIT - 


тнаноуч V. — мпаме PVL, миласаии PS. — атеміне 
озн: (отбит) et om. ерог PS. 6 мозречриове eopa1 
е 04. А70 mape PS. 7 МММОҶ V, иммач В om. L. — 
eswantgan epos. мареч ейоА ецтбмінт ато mape 
PS. — eqróarm У, єцтбаєїмт RL. — may vor етнобе 
fehlt in PS. 8 mape мецооот chor ATW mape ReoTa 
PS. 9 wore морчамос V, p орфамос RL. — ато 
теҷсогме L, мте € теҷсогме VR, avo mape тецсоїме PS. 
— ерҳира У, ря яра R, HXCHPA L. 10 MAPOTRIME 
мечшире ATW маротпоомот ehoA PS. — маротпееме 
V, маротиене L. 11 ите NATHACTHC V, ите NAAMI- 
стис L, ATO ите NAANICTHC В. — mape NAANICTHC 
мешт METWOON NAY THPOT AT) мареремщммо ... 
миецогсе THPOT PS. -- омцуммо RL, ; PMWMMAO V. — 
тереп neqorce У, тери neqorce Г, тори миєцоге В. _ 
12 миртреционе Г, мпертреҷщопе У. — петмащопау 
L, nereqnatjonq V. — Anprpequjone мої nerna T тосту 
V, отље миртре шамотна PS. — миертрешиотич ү, 
миртре щемеоти R, миртре WAHOTHY L. 13 ма- 
розбет У, маротчет RL, мароуцет мециире e&oÀ aso 
10* 


(14) 
((15)) 


16 


17 


(18) 


148 L Abhandlung: Wessely. 


^ нсеерпмевуе NNANOMIA NNE4EIOTE : 
мпмто €BOA ENX.OEIC NOYOEIG) мм. 

(15) NCEBET пєчрпмєєүє €BOA AXM MIKA? - 

1 евох хе мпечримевуе . EEIPE NOYNA - 
хчпфт NCA OY2HKE . MN OYEBIHN · MN 
HCTMOK2 мнт €MOOY'T4. 

и AqM6PpG NCA2OY . 64661 МАЧ. мпеч[оу] 
EU) NECMOY - ечепфт NCAEOA ммоч "8 Gah? 
HCA2OY ADW4 моє NOY2OITE - AUBWDK 

€20YN €NE€4MA?T NOE NOYMOOY үш] 
NOE NOYNE2 эм МЄЧКЄЄС. 1° MApedQyore | NA) 
NOE мпгоите NO)A4600A€4 ммоч NOY 

обі) мм. ?" пм пе N2WB [NNET] 
AIABOA€I MMOI 2ATM NXOEIC A[YW NET 





мароучет пецраи ећоћ ом озсенег HOTOT PS. — nceher 
У, мсецет RL. 14 исееримеете У, ee К, 
мсеримеете І, MAPOTPILMEETE Жинойе ... ато мпр- 
треуцоте еол итамолиа итецмаат Ps. — мижоес 
RL, enzoese У. — У omisit ATO исетмаоте (меетмцоте 
L, PS sola) ehoA мпмоће м nTequaay марозщоне миемто 


ебоћ Aux oere vor nosoeruj (nosoiu PS) R, L, PS. — Mit 15 


endet В. — марозжере печримеєтуе ekodom mna PS, 
мсебет печримеєте eoù фух м пна? V. — исейет У, 
мсецет L. 16 мичримеете L, мпецримеєте У. — 


16 lautet in PS so: enma же мичримеезе eeipe novna 
ATO AYNOT мех отроме монце ` ато» тейин "ато 
AYAIWRE иса OTA Cdquono монт мосту — ovehint 


ми отоние L, ovoHRe ми отєйіни У. 17 eĝo L, 
мсабої V. — ато. eqeer PS, eqeer V. — миецоз]ещ У, 
Aneren PS. — еҷепот мсабой V, eqeowe eho PS. 


18 aytncagor OD мее мозщутни ` ATO aqbon епечса 
мости моє MOTMOOT аҷр өе noreg ом itequeec PS. 

19 muyjaqóooAeq V, etjaqóooAeq L. — мареционе Haq 
мее месо erqna Soles MMO ATWO Mee mnowmngonk 
ецчиаморц ммос HOTO мім PS. 20 noob У, pwk PS. 
— миєтумтавоМеї V, нистмлавВАЛе L, PS. — MMO! om. 


I! 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 149 


[XJ] ммпєеөооү NCA TAYYXH 2: [ мток) 
AE IX O€IC - APIPE мммм NOYN[A ETBE 
NEKPAN · хе OYXPHCTOC пе NEK[NA] 


M IV. 2. Fleischseite. 
Pagina [P]KH — 
Psalm 108 | 
"7 NASMNT XE ANT оузнке - ANT OY'EBIHN хе 
A плонт G)TOPTP 2M HACAN2OYN. 29 МАО 2N 
TMHT€ - NOE NOY2AIBHC EACPIKE - хумоацуп( т) 
EBOA NOE NNEIG)XH. З A МАПАТ GBBE - GBOA · 
2N TANHCTIA - A NACAPZ WIBE . ETBE NE? + An 
ANOK мафпе NAY NNOGNEG - AYNAY EPOI - 
хүкім. NNEYATIEYE. 2 BOHOIA €pOI NX.OEIC пл 
NOYTE. 27 NCEEIME хе TEKGIX · TG тм NTAK - ТА 
MIOC NX.OEIC. 28 CENACA2OY МТОК AE EKE 
CMOY - NETTWOYN EPAM ехал NAXIG)IDE - 
lIGK2M2AX лє нлеуфрлме. ? MAPE NETFWYTOY 
HT єрої {ФО ү MNANE - NCESOOAOY ммоч 





PS. — моемпееоот L, момпеосоу У, моенларамомом 
PS. — ca тууун Y, Goor eTa YTH PS. 21 MTOR 
ме Woeoerc Wo*oerc apr OFHA HMMAI erbe пенрам Ma. 
тоужої PS. 22 HAOMET L, мафмит VL, матоз2 от PS. 
— oveonne: ant ү, отдине ATO Ant PS, L. — ом na- 
CANIOTH у, миаса мости | PS, 23 AAO итмите L, 
ao ом тмите V, атт итмите PS. — мотоамійне V, V, 
Nnorgashee PS, мохогвес Г. — ATHOWN[T] V, ATHOWNT 
PS. — мимегцжн V, мфемщосе PS, miye Г. 24 She 
PS, бЪЬе ећоћ V. — ато a Tacapz ube ere пмео PS. 
25 AMOR ме PS, ATO anon V. — ATRIM Wnesanese V, 
ATRIM enge І, ATO ATRIM HHETANHTE PS. 

26 бонеєт L, Done PS, bonora V. — памозте MATOTXOI 
RATA HERNA L, пиотте ATW TOTO! RATA певна PS, 
WAnowTe V. 21 маротешме хе TAI те тең бї. PS, 
Kceeisme хе тең sim. те Tas LV. — мтантаміос У, HTOR 
ARTAMIOC PS, MTOR oc0€erc ARTAMIOC L. 


(30) 


(31) 


1 


(2) 


(3) 


(4) 
(5) 
(6) 


(7) 


150 i. Abhandiang: Wessely. 


нее NOYAINAOEIC 7 Jusen EBOA ENXOEIC 
EMATE · AYO |нлсмоү єроч эм TATANPO - 

эм TMHTE ноумннае. * хе AdASEPATA 21 
OYNAM мпонкє - ємоугм NTAYYXH ENET 


MHT мсн. рө neYarMmoc NAAYEIA 


Psalm 109 


NEXE NX.OEIC мплхоею XE 2MOOC A OYNAM 
ммо! а)хн--кФ NNEKXINXEEYE - 2ANECHT 
NNEKOYEPHTE () ? NTA пхоею TNNOOYK: 
[--]M[6]6TPXDE NGOM EBOA - 2N CKDH AYO KNAP 
X.OEIC NTMHTE - NNEKXAXE. ? TEKAPXH NM 
MAK 2MNE2OOY мтєкбом - NN’ OYOEIN NN[E | 
TOYAAB - EBOA 2N OH мхпок 2XOH MIICOY N 
TOOYE. * X NXOEIC WPK N4NAPZTH4 AN 
хе NTOK пе поуннв WA ENE? KATA T 
[T]AXIC - ММЄАХІСЄАЄК "5 пхоею [NAA]DX2 
[N2]NEIPPWOY 21 OYNAM (-) MMOK [M]NE2[OO]Y 
мтєчоргн. ê 4NAKPINE (-) u[N]e[60]NOC 
[NJ4MA2OY . N2WTB - 4NAAD[X2] NNEYATIHYE 
[21]X:M NKA? ETOU). ° 4NACEM[OO]Y 2N [OYMOY] 
CWPM 2N TERAH ETBE n(A]| 4N[AXI]C€ [N]TAANE 
[ PI ] AMAHAO YI 


? 
109, 2 мамеброй Krall. 


108, 30 emocoerc V, Amaooic L. — ом тмите L, 
итмите V. 31 eneox тауухи L, емотом MTA- 
ухи V. 

109, 1 Großes Anfangs-P. — mmemoeroe ees І, ммен: 
weese V. 2 мберов І, ..]u[e]5po& V. — echo‘ uL 
фм v. 3 мпедото L, омпедсот ү. 5 чо)мегрроют 
У,  мфемероот L. 6 NMETAIIHTE У, метлинте L. 

1 nraane Tuki р. 90 VL, итецаие Ciasca conieeit. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 151 


Psalm 110 
І [{нлоуфы МАК. EBOA пхоею 2M NIA2HT [THPA] 
[2м пауо)хме - NNET[COJYTON MN OYCYNA[F@TH] 
? [REN]NOGS NE NERB[HYE] мпхоеюс 2M TIA2HT т[нрч 


K. 9855. 9865. 9857. 


Diese drei Pergamentblütter stammen aus ein und der- 
selben Handschrift, welche das Format Höhe 35cm, Breite 
27 cm hatte. Die Schrift hat überall die gleichen Eigenschaften. 
Oben wird ein Rand von 3:5—4 cm, links von 3:5—95 cm, unten 
von 45—5 ст, rechts von 3—4 cm freigelassen. Die Schrift 
hat abgerundete Formen und weist etwa auf das 1. Jahrhundert 
hin. Die Buchstaben der obersten Zeile werden vielfach in 
den Rand hinein vergrófert. Interpunktionen, die in den Rand 
vorspringenden grüferen Buchstaben und Anfangsbuchstaben 
sowie Unterstreichungen werden rot ausgeführt. Die Rastrierung 
erfolgt horizontal in Abständen zu 07cm, am Anfang und 
Ende der Kolumne sind zwei vertikale Rastrierungen im Ab- 
stand von 1:7 em voneinander. Die Schrift steht auf den Linien. 

Der Text ist gut und schließt sich eng an L an; beach- 
tenswert sind jedoch die abweichenden Überschriften der 
Psalmen. 

Von Professor Krall steht auf dem Umschlage die Be- 
merkung: ‚Psalm 135, 144, 43, 44‘, 


I. 1. Haarseite. 3 
Pagina ~ DNA <= ~ 
Psalm 43 
12) мнна)є 2N NEN AOYAAI (.) 
із AKKW MMON NNOGN[€6] NNETÄTOYWN (.) 
мкама). AYO м[с)ове ммет [M] 
NENKWTE . 
Große Buchstaben stehen in A(o)T(Aa( f), ferner zu Anfang 
der Zeile in 13 ARRO. 
110, 2 ом пафит тирф om. L. 
43 in L, Lagarde. 


14 


15 


16 


17 


18 


(19) 


20 


21 
22 


23 


152 1. Abhandlung: Wessely. 


хкка» MMON EYTIAPABOAH NN2€ONOC (.) 

AYO NKIM NANE 2N NAAOC (-) 
хе плате MNAMTO бвох MNE2OOY тнр (.) 

хүй) пабпє мпл2о Aq42ODBC 

бвох EXW (.) 

EBOA MNE2POOY мпетнобнеб MN NETTIAPA 
AAAÍ (-) МПМТО EBOA МПХАХЄ 

MN NETAIDKEI (.) 

HAT THPOY AYEi EHPA EXON MneNPreKOEG) (-) 
AYO мпемхімсомс 2N | тејклїлөүкн (.) 

AYO MNE пемгнт CA[2]w4 ENA2OY (.) 
хкрікє NNENIOOYE EB[OA] ZN TEK[2JIH (-) 1° хє 
AKOBBION ZN O[Y M]A NM[KA2] (-) ху@ AC2OBCE[N] 

Hei OXÍBCC M[N]MOY 
>еа)хе лмєрп[ова) мпрхм ] мпеммоуте () 

€a)x€ лмп[ера) NENGIX. E]BOA 

E[Y]NOYTE мауммо) 

MH Мпмоутє A[N NETNAGINE NCA NAJI(-) NTO4 
ГАР ET[CJOOYN NN[EEHN Mr?HT 2 же] ETBHHTIK] 

CEMOYOYT M[MON мпегоо\/ т]нрч (.) 

AYONEN NOE N[NICCOO y €KONCOY] 
TOOYN пхоєїс ет[ве оу KNKOT]K (;) TW[OYN] 

MHPKAAN NCO[K ] Y[A]BOX (.) 


Große Anfangsbuchstaben in 14 анис, 16 ЄВОМ, 17 nal, 
18 анріне, 20 еще, 23 TOOTH. 


43, 14 ом racc У, noenAaoc Г. 16 Kapaa: Y, 
napaAaNer L, Lagarde. — мимто У, MIIEMTO L, Lagarde. 
17 мпеножоїибомс V, Lagarde, мМмпижжтибомс L. 19 хе 
areßßıon VL, авейбегом Lag. — &cgofce(w) У, Acgohen 
L, Lagarde. — eaibec V, eaeibec L. 20 anepn[o&y У, 
^ириой L, Lagarde. ^ 21 им[еени V, eneenn L, nneonn 
Lagarde. — MNOHT В, Lag, мфонт (?) L. 22 тирч LY, 
THPY arayana Lagarde. — атопем V, атол L, Lagarde. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 153 


‚ ETBE OY AKKTE NEK2O €BOA() хкрпава) 
NTENMNT2HKE 
MN T6€Ne[Ar]yic - 

| хе A TENYYXH | о)ввіо YA ПКА2(:) X su TN TO[66] 

) ENECHT. 28 TWO[Y]N вонөє бром пхоєїс 
AYO NTCOTN ETBE NEKPAN... ~ 

[MA] NOYWN? EBOA MNEXC MN TEAMNTEPA... ~ 

єпх ок [E]JBOA ETBE NETNAGJIBE нманре NKOP[E 
EYMNPMN2HT (-) TDAH 2X NIMEPIT:... ~ 


ES L 2. Fleischseite. 
Pagina + NB . iy 


Psalm 44 

AnA?HT TAYO EBOA NOYWAXE ENANOYA (-) 
TuAxo AN[OK] NNA2BHYE єпрро - 

NA[AA]C OYKAU) NTPAMMATEYC пе (.) Npeace 

) пн €4C2AÍ() 2 вмесфч 2M печслх NAPA H 

аунРє NCNPOMC (.) 

A TEXAPIC пан EBOA 2ї NCKCHOTOY (-) ETBE 
ПАЇ A пмоутє CMOY EPOK л ENE? (.) 

MOPK NT€KCH4€ EXM пекмерос NETE OYN 


Große Anfangsbuchstaben in 41, 1 A(M)A(OHT) (T)AT(o) 
(MOM (ноут (шах (є) (ew)a(xo)s(q), (2) a. 


43, 25 тиен Lagarde, теміутоси VL. — өйө L, 
ebbero Lag. 

44 in L, Lagarde , (V. 7 R) 44 Aufschrift епз ооң ehoA 
стве метмащибе мишщуире мкоре отмитрмион TL, Lagarde ; 
потомо e&oA мпєҳе митецмитера епхоң еіс. ET- 


“ран! ү, ies митеро, d. i. ,Manifestatio Christi eiusque 
regnum‘, 1 мпрро L, enppo У. — HRPAMMATETC Lagarde. 
2 иироме L, мемроме У, Lagarde. — non У, Toon L. — 


еол LV, шщайоА Lag. 3 пекмерос V, пекмнрос L. 


(4) 


10 


12 


154 І. Abhandlung: Wessely. 


бом ммоч 2M пєксх MN NEKÄNAI(-) + NCO 

MNT NTCOOYTN NTPPPO (:) ETBE TME () MN T 
MNTPMPAG) (-) MN TAIKAIOCYNH (.) AYO 
TEKOYNAM NAXIMOEIT ?HTK 
гм оуаупнрє - 

NEKCOTE . тн[м пе]те OYN бом MMOd4 эм TI?HT 
N[N]XAX[E мјпрро (-) NAAOC NA2E эхрхтк (-( 

пеке[ро]мос N[NO]YTE MOON ал ENE? NENE? (:) 

оүсєров NC[OOYT]M п(є пеб]ерфв NTEKMNTEPO (-) 
AKMEPE [ TAIKAJIO[CYN]H [A]kMeCTe6 п 
XINGO[NC] 

ETBE [п]хї A[q4TA2CK NGI NN]OYT[E] пек]моуте (:) 
[NOY]NE[2 NTEAHA NAPJA NETÄ[TO]YWK (-) 

OYWA[A MN OYCTAKTH] MN OYKACIA (.) EBOA 

Gu NeK[?OIT€ евох 2N NJEAEPANTINON 


ET[TAEIHY ENTAYEY]PPANE ммок мн 
оу N61 ма)єєрє N]NEPWOY 
?M NE[KTAGIO ) 


A тер A2EPATC 21 [OYN]AM MMOK (:) 2N OY2BCO 
єсомі Єпмоув () €6004€ CCO NAYEI AYAN (.) 
[COTM TAWEEPE NTENAY NTEPIKE MNOYMAA 
хе () мтерпфва) MNOYAAOC MN пні мпоу 
ет (-) хе A nppo eni(0]yYMei Єпоуса 
хе NTO4 NE поухоєіс (:) 
[CEINAOYWA)T мла нбї NWEEPE NTYP[OC] 2N 


Große Anfangsbuchstaben in 6 И, Те, 80, 9a, 10 c. 


44, 4 етйе TME ми тмитрмращ VL, ETRE тмитрм- 


paw Lagarde. 7 мс[ооут]и V, Lagarde, L, Tuki р. 87; 
псооттм В. 9 м]јмероот У, Lagarde, ммерроюу L. — 
Tepo У, трро Lag. L. — eco: V, есойе L. — nate- 


aran V, nacer матам Lag., L. 


CA 
k 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 155 


LEINADPON (.) CENACONC MIIGK20 NGI N 
PMMAO МПКА? (.) 
(пеооу тнра мтаеёре Mrippo NECEBWN (.) ЄС (СОЇОАЄ 


П. 1. Haarseite. 
Psalm 134 


пмытачы NEKAOOAG GPA хим ApH[X« мп] 
KA2 ۰ лхчкх мєчрнєє EY2WOY () пємт[лан N] 
THY Євох 2N NEYA2WOP (-) 
NNTAANATACCE HOP MICE мм NK[HME 
хім PWME()WA TEBNH (:) 
A4XOOY N2NMOEIN MN гєма)пнрє 2N тек 
MHTE KHME () гм фхрх@ - MN NE42M 
2AX THPOY (.) 
NENTAANATACCE мзем2вемос €NAQ)ODOY - 
AdqMOYOYT W2NPPOOY єүтлхрну . 
CHON прро NNAMOPPAIOC () MN œr прро 
NTBACAN - MN NPPODOY THPOY WXANAAN - 
Av] NEYKA? NTAHPONOMIA (.) 
NTAHPONOMIX МПІНХ nesaaoc (.) 12 ПхО6бЇС 
NEKPAN GOON фл ENE? (-) пекерпмевуе п 
X[O€IC] YA оухом (.) MN оүхом (.) 


In 134, 7 sind große Buchstaben in (им)т(аци) (nen (оо)- 
Ме) x(t) (a)pn[. 


44, 13 CEHAOFWWT мац тирот Lagarde, cenaomoujr 
нач VL. — ищеере VL, мщере Lagarde. 

134 in L (У. 7 В). 7 nenTaq имекћосће Г, питачи 
меклосће V. — aqra мечрисе У, aqnam e&puose L, 
Sins мебрибе в. 8 тейин V, "ënn Г. — моммоем У, 
ngenmaem І. 10 еацмототт L, ацмототт V. — 
момрроют Г, моемерооту Г. 11 мрроот У, меррооту Г. 
12 икАиромолиа einmal L, zweimal У. 13 nerepnmeere 
У, пекримеєте L. 


156 1. Abbandlung: Wessely. 


14 хе | NXOJEIC NAKPING мпечллос (.) хуй» CENA 
CACWA4 [EIXN NE42M2AA (.) 
15 NEIAWAON NN2EONOC (.) ZEN 2AT NE Ñ NOYB 
26N2B[HY]E ме Hetz NpOME (.) 
16 OYN БАА MMOOY MEYNAY 6вол (.) 
OYN MAAXE MMOOY MEYCOTM (.) 
17 рооү MMOOY MEYWAXE (-) 
WAANTOY MMOOY ME€YGQ)OAM (.) 
мєүсїх MMOOY меубомбем (.) 
NEYOYEPHTE MMOOY MEYMODGIE (.) 
MEYMOYTE 2N тєүауоүфвеє (.) 
MN DHA rap 2N РФОУ (.) 
18 EYEEINE MMOOY N6i NENTAYTAMIOOY MN 
(19) OY[ON] мїм ETNA2TE EPOOY () 1° пні мпінх 
CMOY єпхоєїс (:) 
(20) пні млеует CMOY єпхоєїс. ? пні NAXPON 
CMOY єпхоєїс (.) NETP2OTE ?HT4 мпхо 
єїс CMOY єпхоєїс (-) пхоєїс CMAMAAT 2N 
сім петоунг эм ӨЇАНМ: — 


II. 2. Fleischseite. 
Psalm 135 2 en 
Ja) пгмот NNENTAYCOOTOY: ~ 
AJAAHAOYIA NTAIHAH: — 
1 [OYWIn2 євох MNXOEIC хе оүхрс пе (.) xe оү 
ал ENE2 пе NEINA (.) 
2 [Oy]DN? 6вох мпмоутє ммоуте (.) хе оу 
аух ENE? пе NEINA (.) 
4 ПЕМТАЧТАМІЄ мма)пнре MAYAAA (.) 
> хе оүал ENE? пе NEINA (-) 
5 ПМТАЧТАМЇЄ мпнує 2N OYMNTPEMN2HT 
> хе OYWA ENE? пе NEINA (.) 


135 іп L. Überschrift aAAHAosia nraamAH L. 
4 мипупире У мпупнре І. 5 питачцтаміє У, пемтачї 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 157 


NENTAICMNCNTE МПКА? хм NEMOOY (:) 

> хе OYÜA ENE? пе NEINA (.) 
NINTAYTAMIE NNINOG NPE4POYOEIN (.) 

> хе OYWA ENE? пе NEINA (.) 

MPH ETEZOYCIA мпегооү - хе оуа)х ENE? 

> пе NEINA (.) 

поо? MN NCIOYE TEZOYCIA мтєуаун 

> хе OYWA ENE? пе печных 
NINTA4IATACCE NKHME MN[ пејүфрп Ммісє 
> хе оуадлх 6ме? пе пєчмл — 

пемтхчм HÍCPAHA Євох 2N TEYMHTE (.) 

^ хе OYdQ)A ENE? пе NEANA (.) 

aN оубїх єсхоор MN оүсвої EIX.OCE (.) хе оу 
> JA ENE2 пе NEINA (.) 

NENTAANEU) теруерх NOAAACCA E2ENTO (-) 

> хе OYWA ENE? пе печмх (-) 

ехчы NIHA EBOA 2N тесмнте (-) XE оү ал Є 
> МЄ? пе печмл (.) 

EAYPW2T мфлрло мм течбом [6]Tepyo 

> РА NOAAACCA (.) хе оу WA ENE? пе печмх] 
NNTA4N печлхос GEOA 2i ПХАЇЄ (-) 

> XE OY WA ENE? пе NE4NA (.) 

NINTA4N MMOOY бвох 2N OYNETPA EICINAYT 
> хе OY WA ENE? пе NEINA (.) 
INTAANATACCE NNINOG NPPO (-) [xe] оуаух € 


таме L, ebenso in den folgenden Versen nenTag == Г, Ta 
= У. — митремифит y. ммтрмионт І. 6 Qi 
пмосту Г, фм мемоот ү. 1 митноб V, nmo Г. 

3 исюот Г, noze У. 11 пеитаци RrepawA V, пем- 
TAYM т TURA L. 13 cf. 15 тертера meaAacca V, Te- 
Propa eaMacca Г. 14 eag WHA У, едм ин. L. 
15 ef. 13—16 питаци neqAaoc У, пемтаҷм neqAaoc І. 
— ehoA ŞI по are V, ehoA ом noe һе L. 


158 I. Abhandlung: Wessely. 


Ш. 1. Fleischseite (?). 
Pagina ~ -> 


SZ <~ 


9 


MIAAOC ETE пхоєїс NE печноуте (: —) 
(——) (.>) n?yMNOC HOGOAOTIA: — 


(55 ( >) песмоу ÑAaayeia ~ 


Psalm 144 


1 +{МАХАСТК NANOYTE nappo (-) Fnacmoy 
ENEKPAN UJA ENE? AY UJA ENE2 м ENE? 
2 +{мхлсмо ү EPOK MMHN MMHNE (.) TACM[OY] 
ENEKPAN Фл ENE? () AYO аул 6м6[2] 
мємє? (.) 
з оуноб пе пхоєїс E4CMAMAAT EMATE (.) AYO 
(4) MN Wi NTE4MNTNOG. * O[Y]M оухом (-) MN 
OYXWM NACMOY EN[EK]BHYE (-) 
AYD NCEX[W] NTEKXONM (.) 
5 AYO сєм[лхо нпс]х MNEOOY NTECKMNT[NOG (.) 
(6) семла[лхе ENEKYINHPE II ° AYW NCEXW NT 
сом | NNEK2OTE ]NCEWAX.E ETEKMNTNOS (.) 
[NCETAYO мпекерпмевуе 2M пла)лї 
[NTEKMNTXPC] 
[NCETEAHA 2м TEKAIKAIOCY]NH 


- 





Große Buchstaben in der ersten Zeile (MM)A(A0c) (erg 
(negno)s(Te), in 5 (мм)т(моб). 





144 іп L. Überschrift песмот мира тег. Г, ohne no? 
ммос HneeoAocra. 2 ммии ммиме V, MMHME MARKE L. 
т мп]екеримеете V, мпекрпмеєте L. 





— 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 159 


ПІ. 2. Haarseite (?). 
Pagina ~ > P3H <- ~ 


Psalm 144 


(>) dTA20 EPATOY NOYON мїм NTAYPA2TOY (:) 

EPE МБАЛ NOYON HIH бат EBOA 2HTK 

(>) хуф NTOK ETNA 2pe - моуом 
мм MIIEYOY'OEIG) (.) 

KMAOY(ON нтекбтх мгтсїо NOYON 

NIM гм пєкоуфа) и" OY AIKAIOC пе п 
хоес 2м мечоїбоує тнроу () Ay 
qOYAAB 2N мєчовнує тнроу. 

пхоєїс 2HN E2OYN EOYON мїм ETWA) €2 

PAI OYBHA4 (-) OYON мїм ETWA) €2pAi GPO4 

aN OYM€(.) 19 dMA[P] поуфа) NOYON мм ETEP 
20TE знтч (.) 

AYO чылсфтм Єпе[үсопс мч]тоухооу (-) 

пхоєїс NA2APE2 €COYO[N мм ETME] ммоч (.) 
AYD INABDTE EBO[A NNENPE4P] 
NOBE THPOY (.) 

TATAHPO NAXW [мпесмо\ MNIX.OEIC MA] 

PE CAPX мїм | смоу ENE4PAN ETOYAAB] 


Große Buchstaben in 14 (е)р(ато)х (м)т(аурадто)у, 
15 epe, 16 nitàosorn. . 


144 14 мтатрадтоу У, емтатрадтот L. 15 оре 
мотом HIM мпетотоєгу V, ope мат мпеотоєпи L. 
19 етердоте У, етрооте L. — qua&ore У, мачете L. 


160 1. Abhandlung: Wessely. 


К. 9858 (8. VIII?) Pergament. 


Höhe 22cm, Breite 19cm, Rand oben 2cm, links 2 cm, 
unten З cm, rechts 3 ст. Das Blatt entstammt einer verhältnis- 
mäßig jungen Handschrift, die stichisch geschrieben ist. Sonst 
zeigt die Schrift keine besonderen Eigenschaften. Von Pro 
fessor Krall liegt vor die Notiz ,103*. 


1. Haarseite. 
Psal й 103 
(13) пос NNEK2BHYE 
14 nET OYW моухортос мм 
TBNOOYE Ayw OYOTOY 
€T NTMNT2M2AA NNPWME 
ETAYEOEIK EBOA2M пк» - 
15 AYO пнрп петеуфрлх 
ме мпант MNPWME 
ETPE r120 (corr. in I16'420) OYPOT 2N оумег 
NOEIK NENTAX.PO м 
NHT мпромє 
16 CENACEI NGI NO)HN N 
TCWWE 
NKEAPOC MNAIBANOC EN 
(17) TAKTOXOY и EPE ххх MO 
се N?HTOY (m. 2:)THPOY 
пні мпелбов XOCE EPOOY 
18 AKT NNTOOY етхосе N 
NEIEOYA - 


103 іп Г. 14 «хо OTOTOTET V, OTOTOTOTET L. 
15 инри петехфраме V, пирпе ехфраме L. — пос 
korrigiert zu WMeqoo У, meqoo І. — тептажро У, пет 
Tà ро Г. 17 epe xax V, epe мха І. — ep00T, 
2. Hand тирот V, epoov L. 18 MMTOOT V, мтоот L. — 
nneieosA У, мите)єто [7А] B, nitreeros L. 





Sahidisch-griechische Psalmenfragmente, 161 


MNETPA ммлмпот NN 


CAPAGOO Yd) 
19 АККА ПОО? E2ENOYOEIU) 
прн AdCOYN NE4MA 
N2WTN 
20 АККА пкхке ATEYAJH 
(One 


2. Fleischseite. 
Psalm 103 


(20) CENAMOOWE N?HTC Hei 
marg:m.2: N€OHPION THPOY мтсоа)є 
ТУ 21 MMACE (6€ add. m. 1) MMOYi 
HIACE  єуєхмум вутфрп . єү · 
ТР WINE NCA TEY2PE €BOA2Í 
22 тм пмоүте - 
ПР AX npa фл хусфоу? €20y 
Ро хуємкотк : 2N меувнч 
Ро A промє Ei EBOA ENE42WB 
23 AYO єтеҷерклсїл 
аух HNAY NPOY2E 
24 NOE NTA NEK2BHYE мм 
NX.OEIC AKTAMEIOOY 
THPOY 2N оусофіх 
А ПКА? MOY2 €BOA 2M ПК 
CONT 





103, 18 ммаипот V, MMAMIIOTL. 19 egenosoery 


V, еремотощ B. — mnequangorm V, пецманндоти» B, 
печмамости L. 21 ммасе, e von 1. Hand hinzugefügt У, 
ммае L. — eweAosa У, езАоим BL. -- езтори У, 
тори BL. — ewujnme У, ециме L. 22 wewhnq У, 
кетйні BL. — єтецернаста V, тецерсасіа Г. | 24 NTA 
У, еит L. — AHTAMEJOOT V, антамот L. — TIRCOHT У, 
WeneonT L. 


Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 1. Abh, 11 


162 І. Abhandlung: Wessely. 


25 T€OAAACCA |ноб ETOYOHC 
EPE NXATBE N?HTC EMN 
тоунпе . Was 

NEIKOYI ETON? MN NAI(A del.) 
26 EPE мєїхну CGHP N2HTC 
€4MMAY NGI NEAPA 

ком NAL МТАКПААС 
im CE MMO4 ECWBE ММОЧ . 

XW 27 EYEWWT євох ?HTK THPO 


K. 9863. Pergament. 


Höhe 295 cm, unten verstümmelt, es fehlt der untere 
Rand. Breite 28 cm. Oberer Rand 4cm, links 5:5 ст, rechts 
З ст gegen das Innere der Handschrift. Jede Seite ist paginiert, 
153 (руү) und 154 (суд) liegen vor. Die Zahl links auf S. 153, 
x d.i. 20 bezeichnete vielleicht die Nummer der Lagen der 
Handschrift. 

Diese war überaus sorgfältig stichisch geschrieben und 
stammt etwa aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. Aus p. 153 ist 
gegenwärtig die Schrift stark verblaßt. Die horizontale Ra- 
strierung erfolgte in Abständen zu 07 ст und geht nur über 
den linken Blattrand. Die beiden vertikalen Rastrierungslinien 
im Abstand von 2'5 ст voneinander bezeichnen den Anfang 
der Kolumnen und der eingerückten Zeilen. 

Den Beginn eines Psalms charakterisiert eine andere mehr 
abgerundete Schriftart bei der Überschrift; ferner das Vor- 
springen des ersten Anfangsbuchstabens in den Rand nebst Ver- 
zierung und Nachfahren mit roter Farbe. 

Der sorgfältigen Ausführung entspricht der vorzügliche 
Texteszustand, der die nächste Verwandtschaft mit L zeigt. 
Von Professor Krall liegt die Notiz vor: ‚Psalm 81“. 


103, 25 ижатце Г, ижатёе У. — ете митоунпе L, 
емитоунпе V. — из L, неїноті У. - minos L, маг 
моб V. 26 мее нту У, мехит І. — мтавиМассє У, 


entanrnAäacce L. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 163 


1. Fleischseite. 


Il 2111 


Pagina 
Psalm 80 


KEN 


e 


эм NTPE4EI EBOA 2M NKA? N 
KHME - 
хчсаутм EYACNE ENICOOYN 
MMOC AN 
6 АЧКТО NT€4XIC€ €BOA 2N 
оүєтпо . 
N€461X. AYP2M2AA эм OYKOT . 
т Алкоа) егрм ZN Ovyearlic 
AINA2MEK . 
AICODTM EPOK 2M п'пєбнп N 
OY?ATHY - 
AlAOKIMAZE MMOK ахм NMO 
— OY NTANTIAOTIA . мах” 
8 COTM HAAAOC TAWAXE NMMAK 
ПІНА TAPMNTPE NAK - 
EWWIE EKWANCWTM єрої M 
9 MNNOYTE NEPPE NAWYWNE 
N?HTK . 
OYAE ннекоуфат NNOYTE 
чауммо. 
10 ANOK ГАР NE NX.OEIC TIEKNOY 
TE €NTAq4NTK E2PAÏ 2M 
ПКА? NKHME 
OYWN NTEKTANPO TA(M]A2C · 
11 MNE HAAAOC CWTM €TACM[H] 
піна мпч-2тнч EPO! - 





80 in LB. 10 пемтачити Г, емтацити У. | 11 epoi 
VL, epoes B. — пе min(A] B, WIHA V. 
пе 





164 1. Abhandlung: Wessely. 


12 AIXOOYCE КАТА NENIOYMIA 
NNEY2HT - 
CENAMOOWE 2N NEY2BHY[E] 
13 ENENTA NAAXOC COTM [мс] 
NIHA емемтхчваж 2N N[A] 
2100 Y€ · 
14 NEINAO[BBIJO ENEYXAXE N[E N 
ov[e]a) NASA 
AYW[ NEINAEINE NNJAXIX. E[XN 


2. Haarseite. 


Pagina PNA 


Psalm 80° 
(14) метемве MMOOY . 
15 ANXIXEOY MNXOEIC XI60A EPON 
AYW пеуоуова) млаурпє 
_ Фл вме. —— Beer 
16 AdTMMOOY EBOA2M NWT MNE 
AdTCIOO'Y NEBIWD EBOA2N 
OYNETPA - 
na NEYAAMOC Naca 
Psalm 81 
1 A пмоуте A2EPATI 2N тсүмлго 
TH NNNOYTE - T" 
ечмтмнте AE чылхме NNOY 
2 хе WATNAY TETNKPINE M 
NXINGONC - 





80, 14 името аже L, enerxaxe У; мемае[ВЫ]о 


enesmamxe У, [eerta Toà ].& [1]e HeTmame B. — [rer 
maeme mu]aore У, [меемае ме me nmasılz B. 
81, 1 ецитмите V, ецомтмите L. — фиве LB 


noune V. — мпречрио[ве] В, миреҷрмоће V. — meri 
Maio У, итетимае L. — mnereßßınor У, миеебЫит L 


Psalm 82 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 165 


TETNXı мпго ммречрмове 
Zama aama 


KPINE мпорфлчос MN M2HKE . 

NTETNTMAIO MNETOBBIHOY 
MN MEBIHN - 

MATOYX.E пєвінм MN пгнке · B'E - 

NA2M€4 €EOA 2N тех NNPE4YPNO 

MNOYEIME мпоубмпеузнт - 

EYMOOWE 2M [NKJAKE : 

CEN[A]KIM NGI NCNTE МПК? - 

ANOK [Ai]XxOOC хе NTETN зем 
ноуте NTETN манре M 
NETX.OCE THPTN : 

(єпсаннтє TETNAMOY NOE 
NNPCDME - 

(ho TETNA2E NOE NOYA NN 
[A]PXWN > 

[TWO]YNT пмоутє NTKPINE 
МПКА? 

[XE] NTOK NETNAA[W]TE EBOA 
NN2EO[N]OC THPOY - 


[ПЕ] TWAH[ neYAXMoc NACAQJ 


K6. 9872 Pergament. 


Höhe gegenwärtig nur 24:5 cm, unten abgerissen. Breite 
19:6 ст. Rand oben 4:5 ст, rechts 5 cm, links 2 ст. Der Text 
der Handschrift scheint die beiden Sprachen einander gegen- 


81, 4 маомец ehoA on тбїос V, маомеч eróTx. L. 
5 мбі сите B, "61 менте VL. т TeETHAMOT VL, TETHHA- 
мот B. — тетигде VL, тети маде B. — Kee ота VL, 
Nee nova В. 


166 I. Abhandlung: Wessely. 


übergestellt zu haben, so daß die eine Seite Psalm 17, 50 und 
18, 1—10 griechisch (ganz ausgefallen), die andere, teilweise 
erhaltene koptisch enthielt; ebenso Psalm 18, 10%. griechisch, 
teilweise erhalten, dann koptisch (ganz ausgefallen); es folgte 
also nicht immer ein ganzer Psalm griechisch, dann derselbe 
Psalm koptisch, wie wir es in anderen Hs. gesehen haben. 

Der griechische Text ist auf der Rastrierung geschrieben, 
die so wie in 9863 ausgeführt ist; mit diesem Blatte ist auch 
das vorliegende im allgemeinen recht ähnlich, es gehört wohl 
auch dem 5. Jahrhundert an. Der griechische Text zeigt 
bemerkenswerte Varianten, der koptische schließt sich wieder 
eng an L an; leider entspricht der erhaltene griechische Text 
nicht der vorliegenden koptischen Seite. 

Von Professor Krall liegt die Bemerkung vor: ‚bilinguer 
Text Psalm 18°. 

1. Fleischseite. 
Pagina N’ 
Anfang des Blattes. 

Psalm 18 


10 ТА KPIMATA KY AAHOCINÀ делкма 
MÉNA єтї то AYTO 
11 EMOYMÄMATA AYTOY упер хрусіо 
км ліөом TIMION полун”. 
км TAYKYTEPA упер мём км кн По“ 
12 км CAR о AOYAÓC COY фүлҳссе хү[тх] 
км EN TO фулАссем хутх ANTAnÓ 
AOCIC DOAAH 7 
13 [n]APANTOMATA TIC сумйсеи. 
(по TON круфком M[OY] KABAPICO 
ME күре - hoycoy: 


18, 11 ёл:борӯрата abrod, У: Erıduuntd — тофу: 700 
69 174 178 196 201, 212 Chrysost. VIII. 4. 12 xai i» tö 
qguAdoceıy V et 166: ха! om. 13 сомйсє!: intelligit Versio Latina. 
— xal ёх тібу хрофішу 65 фто тбу x. 184 210 273 Origen. II, 750, 
Theodoret I, 738. —  xaüdpióv ре : xaÜüapuÜc cona: 282 munda me 
Vers. Lat. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 167 


14 [Км ANO AAAOTPION феасм TOY лоу 
[EA]N MH MOY KATAKYPIEYCDCI TOTE 
ÁMOMOC €COMAI: 
[KAI K]|AOAPICORHCOMAI ANO AMAPTÍAC 
[м]егАлхнс . 
15 [KAI €C]ONTAI EIC EYAOTIAN TA AÖTIA 
[то]ү CTÓMATOC MOY ` 
(клі H м]елётн THC кхрмлс MOY 
[EN]JÆNION со[у AIA NANTOC] 


2. Haarseite. 
Psalm 17 


50 ETEIPE NOYNA MN печхрстос-- 
^хувл MN MEACNEPMA 
WA CHEZ - 
ін ENXWK евох NEYAAMOC NAAYEIA 
Psalm 18 
1 MnHye хо мпеооү MNNOYTE - 
[AY XD necTepewMA ха) MNTAMIO 
NHNE€461X.— 
2 NE2OOY XO NOYWAXE NI6200y . 
тєуауй xd NOYCOOYN мтеуфн 
з N?€NACH[C AN] NE OYA€ мэема)ххе A[N м6) 
NCENACW[TM ] AN ENE2POOY : 


18. 14 asabaerchéooua : фоА2 ор! 150, anna dapıchracua 151. 
— ак йАЛотріоу 81, аКХотріою 55 286, xartaxupteicwot У etc. — 


оху AB 27 156 188 193 210 283 Theodoret. 15 evAoylav 
V et 65. 279: єбЗох(ау. — Aöyıa : báuaza 205. — orönaris роо: 
стёратё$ cou 277. — Zoé coo : Фуфтибу pou 180 195 208 211 


290 Theodoret. 
17 und 18 stehen in L und bei Lagarde, Teile in B. 
17, 50 meqXpe L, печу ристос Lagarde. — m 
18, 2 nneooov VL, AneoooT Lagarde. 3 исемасотм 
V, еисемасотм LB. — eneopoos У, епетороот L, Lagarde. 


168 I. Abhandlung: Wessely. 


4 A nEY2PO[OY €]t EBOA EXM NKA? 
тнр[ч] 
ayw A м6[үј0)лхє по? YA NEKPW[OY) 
NTOIKOYMENH : 
5 лако мпєчмлна)опєе 2M прн 
хү NTO4 640 NEE поүнүмфпос] 
єчину євох 2M печмлнауелеєт) 
4NATEAHA NOE NOYTITAC ENW[T мтечан] 


KG. 9871 Pergament. 


Höhe 35 cm, Breite 16 cm, verstümmelt; es fehlt die halbe 
Seite und ihr Rand. Oberer Rand 3:55 cm, seitlich 45 cm, 
unten 5:3 cm. 

Der schöne, sorgfältige Schriftcharakter zeigt mehr Ab- 
rundung (vgl. А und M). Die Psalmenüberschrift zeichnet sich 
durch kleinere Schrift aus; im ganzen besteht eine große Ahn- 
lichkeit mit 9872. 


Die koptische Seite ist rastriert, horizontal in Abständen 
von 07—08 cm, vertikal mit 2 Linien (Abstand 2 cm) am 
Ende der Kolumne vor dem Rande an der Seite. 

Die Handschrift war so eingerichtet, daß die eine Seite 
den griechischen, die andere den koptischen Text enthielt; 
letzterer trägt die ungerade Seitenzahl, hier 117 (рф), der 
griechische 118 (p). Der griechische Text von р. 118 schließt 
unmittelbar an das Ende des Koptischen von p. 117 (die Vers 
zühlung ist bei Budge, dem Herausgeber des sahidischen 
Haupttextes, dem wir hier folgen, eine verschiedene von der 
griechischen). Großes Anfangs-Y in Ps. 39, 2. 

Der griechische Text zeigt beachtenswerte Varianten, der 
koptische ist treu der sahidischen Überlieferung im Londoner 
Papyrus bei Budge und dem Texte Lagardes. 

Von Professor Kralls Hand trägt der Umschlag die Be- 
zeichnung: ,bilinguer Text Psalm 38—39“. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 169 


1. Haarseite. dä 
Pagina pız 


Psalm 37 
20 NETTWBE мм NLENNEBOOY 
€nMA N2ENNE]TNANOYoY лү} 
аутоунт EPOJI EBOA хе ліпот” 
МСА TAIKAIOC]Y NH 
AYNOXT €BOA пмерит NOE моуречмо 
OYT’ E4BHT ] 
21 MHPKAAT NCWK NXJOEIC NANOYTE MNP 
CA2WK €BOA M]MOEII] 
22 F2THK ETABOHBENA nxoeic пмоутє 
MNAOYXAI:] 
Psalm 38 


AH ENXWK EBOA NIAJIGOYN TOXAH NAAYEIA 
1 хіхоос xe FNA2APE]2 ENAIOOYE ETM 
PNOBE 2M NAAAC ] 
хіка» NOY2APE2 APN руї. [EBOX · 
2M NTPE пречрмове х]ерхтч MHAMTO 
2 АР МПО хіаутортр Al]OBBIO АҮФ XIKA 
РОЇ EBOA2N] NATAOON : 
АҮФ A пхсха) РЕРРЄ) ЄРОЇ: 
з A ПА?НТ 2MOM 2M N]JACAN2OYN 
AYO OYN OYKW2T м]лмоу? 2N TA 


MEXAETH ] 
(4) малже 2M NAAAC1X]E MATAMOI ПХО 
EIC €TA2AH ] 


37 in L, Lagarde, R nur wenige Fragmente; B 38 in L, La- 
garde, B. 20 момпевеост В, м)денпегост V. 21 м]мое[] 
V, ммот LR. 

_ 88 NTWAH Lag, TOAH VL. — 1 poer B, рот VL. 
З wàávaeon V, taavaeon Lag. B. — ерое: B, ерої VL. 





11 


170 I. Abhandlung: Wessely. 


AYO тнпе NNA200Y] XE оүнр тє. 

хе EIEEIME х]е ва)ххт NOY 

€IC?HHT€ AKTE мхгооу РАС 

AYW EPE NATAXP]O о мое NAAAY мпек 

МТО EBOA 

пани птнра WOYEIT PWME мм ET 

ON? AIAYAAM]X - 

MENTOITE EPE пр]оме моооє 2н 

OY2EIKON 

HAHN EIWTPTWP ENXJINXH 

ACWOY2 E2OYN NAICOJOYN AN хє EICWOY?2 
,MMOOY ним. 


= 2. Fleischseite? 

Pagina "PI 
Psalm 38 
км мүм TIC H үпо[момн MOY оухі о курс 
KAI H YIIOCTACIC M[OY NAPA COI єстїм AIA AAMA 
ANO ПАСОМ TWN AN[OMION MOY KAOA (?) 

PICON M€ : 
ONEIAOC хфром EA[DKAC ME 
екофоөнн км OY[K HNOISA TO CTO 

MA MOY от CY ЄП О NOIHCAC ME 
ANOCTHCON хп EM[OY ТАС MACTITAC COY 
ANO ГАР ICXYOC (m. 2: -Y'P'OC) THC[ XEIPoc COY Erw 

EZEAEINON- 


38, 5 AAA? V, HHIAaaT Lag. 8 ухх om. ABS. 
9 дусійісріфу роо 264: (16%) йусрафу роо. — Фром: : йороті Arm. 
Ed. — хабадарісоу VS!: роса. 10 5% om. 269. 11 2% 
77$ 6700$ 71$ уєірбс : arb үйр тїс ісубос АЗ? et multi alii {су25 
corr. їсуор$$ У. — о Ето : Pb гЁ \етоу У 140 156 
185 262. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 171 


EAETMOIC упер ANO[MIAC ENALAEYCAC ANOPWION 
км EZETHCAC WC A[PAXNHN THN YY 

хни AYTOY : 
MAHN MATHN T[APACCCTAI! лмөропос 

ZWN: АПАУЛАМА 
EICAKOYCON тніс просєүхнс MOY күр 

км THC АЄНСТЄФС МОУ 
ENWDITJICKH TON AA[KPYON MOY 
KAI MH MAPACIOTIHICHC OTI ПАРОІКОС 

ETW EIMI EN T[H TH 
км MAPENLAHMO[C КАӨФС ПАМТЄС 

OI ПРЕС MOY 
ANEC MOI INA AN[AYY3WO npo TOY ME 

ATIEAGEIN K[Al OYKETI MH 

ynapzo ` 
Psalm 39 
ле =EIC TO TEAOC YAAMOC[ TO AAYEIA 
Упомєемам упемеймл TON KYPION 

км просесх[є MOI км EICHKOY 

CEN THC ле[нсефс MOY 
км ANHTATEN M[E GK AAKKOY TAAAI 

NWPIAC км A[NO пнлоу IAYOC 

38, 12 Eheypois V: èv іХеуроїс. — ит Avoulac : (тар 
ápapzlag 66. — #Ф©&тт а; : ё5ёттсас У 192 239, ФЕєтуухс 154, 
туб 914. — тйс Зубротос : [avdpwros] Фу V omnis homo 
vivens Versio Latina xác om. 142, таз Avdpwros om. 274. — 
Мафайра om. multi. 13 é£wottcat тофу Soen роо stichus, ВБ; 
S? ut А Benc. роо Фуфутісо: sed rursus delevit. — тбу Зажроюу роо 
uh rapaswmiong : xal рӯ парас. V et 216. — «и! èyò S! 268: 
ivo cya. — & тў Yî : тара col AS et multi alii. — xaf ante zap- 
erlörnos 182. 14 avss : 495 281 mg. — дтедбєїу : Tapeh- 
siv 194. 

39, 2 бторбушу ` üzopévo 169. — Зеўсеос : Фшуїс ng д. 274 
276. 8 aviyayev : Zare 210, &výysıpé ре Greg. Nyss. T 637. — 


172 I. Abhandlung: Wessely. 


км GCTHCAN еп NETPAN TOYC 
NOAAC моү[ 
KATHYOYNEN[ TA AIABHMATA MOY 


K. 9859 Pergament. 


Höhe 36cm, Breite 26 cm. Rand oben 4cm, links 5 cm, 
unten 6 cm, rechts 5cm. Schöne Schrift etwa des T. Jahr- 
hunderts. Diapsalma, Interpunktionen, Abkürzungsstriche, Unter- 
streichungen rot. Nach dem Diapsalma springt der Anfangs- 
buchstabe des nächsten Stichos in den Rand vor und wird 
größer ausgeführt 

Die horizontale Rastrierung erfolgt іп 0-7 cm Abständen 
und reicht in die Ränder hinein. Vor und nach der Schrift 
kolumne sind je zwei vertikale Rastrierungen in 1'5 ст Ab- 
stand voneinander; so weit rücken die Zeilen ein, wenn die 
Stichen übergroß sind. 

Der koptische Text entfernt sich nicht vom Normaltypus 
der sahidischen Übersetzung, ohne mit einer Handschrift be- 
sondere Verwandtschaft zu zeigen. 

Von Professor Kralls Hand trägt der Umschlag die Be 
zeichnung ,Psalm 61*. 


1. Fleischseite. 
Psalm 61 


(15) CNAOYBAU) 
16 ZNCEAMWNEI птооу мпноүте : 
nTOOY €TKÍOOY LI 
NTOOY ETXOCE NTOOY ETTHK 
NTOOY ETKIDOY (.) 
11 ETBE OY TETNMEEYE NTOOY ETTHK ($) 
птооү NE пм NTA пмоуте. OYEU) 





Ёсттсєу : йстувам У. — холеубууе : хаттбдоуєу АВ Vind. 27 140 
156 262. _ 
67 liegt vor in L, Т, (B), Lagarde; ab Vers 22 іп В. 16 on 
се oni L, en ceAmwnei VT. — птоотг Г, птоо УТ. 
11 ємтоот І, итоох УТ. — єттни VT, етжосе HNT L. — 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 173 


оү? 2pAi N2HTA (.) P BOATS 
КАЇ TAP IXOEIC NAOYW2 N?HT4 YA 
18 Пгхрмх мпмоуте OYTBA NKWB пе: 
моо NE EYPOOYT () AED 
пхоєїс мгнтоу 2N CINA NEANETOYA 
19 AdAA€ ENXICE - AYAIXMAADTEYE 
NOY AIXMAACOCIA (.) 
At N2ENTAEIO NNPWME (:) 
КМ TAP EYO NATNA?T€ пе EOYW2 (.) 
20 пхоєїс NNOYTE KCMAMAAT ФА € 
мег NENE? (-) 
пхоєїс пноуте NNENOYX.AI 
dNACOOYTN NAN (. AlAYAAMA) 
21 NENNOYTE NE пмоуте NTAN2O : 
AYO тлпхоєїс TE TOOE NEI EBOA 
MNMOOY (.) 
22 MAHN пмоуте NAOYOQ)3 
NTAne NNEIXIX.EEYE . (.) 
AYO NTMHTE NTANE NNETMOOG)E 
2м NEYNOBE (.) 
23 A пхоєїс хоос EIKWT ммоч 
EBOA2N TBACAN 
хе FNAKTOÏ ZN NETWHK NOAAACCA 
24 XEKAC EPE TEKOYEPHTE XWAK 
2м оусноч (.) 
AYO «4NAAOX2 NGI пллос NNEK 
OY20OP - EBOA2N NXAXE ETFOYEHK 





NTa VT, enta Г. — ото L, ovew УТ. — отоо LT, 
воть V. 19 мироме УТ, mn р[роме] B 20 REMA- 
MAAT У, ARCMAMAAT Г, енсмамаат T. 21 тоее néi 


ah A MILMOOT У, тоее MILMOT І, тоее ме! г ебол MAMOT T. 
22 ине eere V, mnesocgx ees L, имецоіжеот T, 
Lagarde. — мтмите ут, тмите LR, PENTA 23 еҷкот 
V, Lag, eqnmoTe LTR. 24 nAaoe V, Aac LTR. — erT- 


174 I. Abhandlung: Wessely. 


25 AYNAY ENEKMA ммооае пмоуте 
MMA ммооа)е MNANOYTE прро ET2M пе 
TOYAAS (.) 
2. Haarseite. 
4$ х { Ф 
Psalm 67 
` 26 хурауорп NGI NAPXON EY2HN 
єгоум ENET AMEGI LI RO 
NTMHTE NNWEEPEU)HM мречХх м 
27 CMOY ENNOYTE 2N NEKKAHCIA (:) 
пхоєіс €BOA2N мпугн мпінх (-) 
28 4MMAY N61 BENGIAMEIN DO! 
эм TEKCTACIC (.) = 
NAPXON NIOYAA MN NEY2HTEMW (.) 
NAPXON NZABOYADN MN NAP 
хом миєфоллєїм (.) 
29 пноутє 2WN NT€KGOM (:) RAO 
NNOYTE Тбом м HAT NTAKCBTOTA 
зо N6POOY HAH AWPON NAK ENEKP 
пе еехнм (:) 
з пмоуте EnEeiTiMA NNEOHPION 
MHMANG)HN MN TIMANKAQ) (.) 





{озени У, етфотвич LRT. 25 пмотте VT, пме В, 
имнозте L. — mnerosaa У (L, Lagarde петотааб) nne 
rovaah TR. 26 метпуадХА(є)т) В, еметуаЛАєї УТ Г. — 
мищеерещим VLR, ииширещим T, иищерещим Lagarde. 
27 MITCH VTR, Lagarde, минси ГВ. — MIUHA VR, миг: 
pana LT. 28 цммат V, equa LBTR. — hensanın 
TR, hentesamın VL, Benalwlen B. — ноті B, ноті 
VLTR, Lagarde. — МИ мархом VLT, s[apxon B. — 
миефехАтерм Lagarde, мнефехЛегм VLT, _ mnejbp[eaA]a 
B mit ех über der Zeile. 30 мероот V, neppoos L, nep- 
рост T. — enenpne eornm Г, emenpne ereina ҮТ. 

31 еттім LT, епеїтїма V. — ммеенріом V, iiteespro T. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 175 


TCYNATOTH NMMACE 2N NBA2CE 
MNAAOC () 
ETMT C TO Євол NNENTAYAOKI 
MAZE MMOOY 2M N2AT (-) 
хчжеере мгєвмос €EOA ETOYEU) м 
NOAYMOC (:) 
32 OYN эемвмайме мну €BOA2N KHME 
месооа) мхраорп NF 2N neysıx. 
мпноутє (.) 
зз NEPWOY MNKA2 CMOY епмоуте (:) 
Yarxei Єпхоєїс (. AIAYAAMA) 
34 AAA) ENNOYTE HENTA4AXE E2PAI 
EXN TNE NTNE 21 NIHET () 
EIENAY €YCMH NCMOY 2M печэрооу (.) 
35 РЄооу Мпноутє TeaMNTNOG єграї €XM MIHA 
AYW тєчсом EC 2N NEKAOOAE : 
36 OYWNHPE пе пмоутє єч 2N меч 
NETOYAAB () 
NNOYTE Мпінх NTO4 neTNA] 
NOYGOM MN OYTAXpO MNEAAAOC (:) 


K. 9861*. 9873. 9862. 9861. 9860. 


Diese Pergamentblätter gehörten zu ein und derselben 
Handschrift und stammen ungefähr aus dem 7. Jahrhundert. 
Die Höhe der Blätter beträgt 30-5 ст, die Breite 24cm, der 


ННЦ‏ س 


— пат ҮТ, фәт L. — ацжеере ҮТ, ачхере L. — 
eroveuj noA voc І, eroweuj мпоЛумос VT. 32 дем 
tagme VT, oenqgangme І. — e V, wt VL. 33 ме 
poor V, Meppoos L, мрроют T. 34 изабт V, тиейт 
LT. — e$cAK eos ом пеҷороот УГТ, ETCMH at(T]eA «A 
ом neqop[o]o Tı B. 36 еф ом neqnerovaat V, дм neg- 
nerosaak LT. 





176 I. Abhandlung: Wessely. 


Rand oben 3 ст, unten 5 ст, links 3:5 ст, rechts 3:5 ст. Die 
scharfe horizontale Rastrierung zeigt Linien im Abstand von 
Up cm voneinander, rechts und links schließen je zwei Ver 
tikale ab im Abstand von 14cm; rechts und links ist dann 
der freie Rand zu 3:5 ст, in diesen springen nur selten Ver- 
zierungen und Anfangsbuchstaben vor. Die Psalmeninitiale 
sind außerordentlich groß und zierlich. Diese sowie im Texte 
selbst die Interpunktionen, Diapsalma und Titelaufschriften der 
Psalmen sind farbig (rot) Wir zeigen Rotschrift durch rund: 
Klammern an. 

Erhalten sind die Seiten 119—126 und 191—192, fünf 
Blätter, nur auf der zweiten Seite gezählt mit den Pagina’ 
Nummern px, охо, px2, р> und puß. Professor Kralls Notizen 
auf den Umschlägen lauten: ‚75. 76. Psalm 77, fl.“ ‚Psalm ТЇ? 
‚Psalm 3—1‘. Sonst liegen keine Notizen vor. 


К. 98618. 


1, 
Psalm 74 


(4) AYO NPE4PNOBE хє мпрхасе мпетмтАп (-) 
5 MNPXICE MNETNTAN егрм ETNE (.) 
мпраухх є ENNOYTE 2N OYXINGONC (.) 
6 хе масоа)а AN > NEMNT OYAE BOA 
aN NTOOY NX.AIE (.) 
т хе OYKPITHC пе NNOYTE (.) 
WA4OBBIE пм махест пм (.) 


74 liegt vor in RL. — 75 іп L und У. 4—12 in R. — 76 in 
RL. — 77, 1—6 und 45 bis zum Ende T; 23—25 in R. 77 ganz in 
L, B ist wie immer lückenhaft. 


74, 4 прецриове R. — мпржїсе В. — мпетитап Е 
Орбу nicht im Griechischen. 5 отоєрибомс R. — näcom L 
меҷсощҷ BR; же mneqceoujq am or neon Tuki р. 567. — 
[шаҷто]ёћее В. т nteqosecr в. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 177 


8 хе OYN оүхо 2N тбіх, MNXOEIC HHP 
NAKPATON E4ME2 EBOA EPWA (.) 
Ш)АЧПО?Т EBOA2M пм 6пм. ATM 
печсорм мпечпажме EBOX (.) 
CENACW NGI NPE4PNOBE THPOY MIKA? (.) 
9 ANOK AG FNATEAHX WA ENE.) 
+naYfarreı ENNOYTE NIAK@BE (:) 
ANOK Ёмлхооү WA Ene? () 
TNAKOXX, NNTAN THPOY NNPE4PNOBE (-) 
NTAN AG MNAIKAIOC NAXICE (.) 
Psalm 75 
бе (єпхак євох 2N NECMOY NIEYAAMOC) 
—' (МТФАН NACAQ :. ~ ~ 
1 п ноуте OYWN2 бвох 2N TOY AA (.) 
OYNOG NE n€apAn 2M пісрана (-) 


2 AYO A NEIMANWWNE 2N OYEIPHNH (-) 
AYO DHA H OO 2N см (:) 
3 хе нтлчоуфач MMAY MNTAX 


PO NMNITE ($) 
OY20NAON MN оуснче MN OYTIOAEMOC (:) 
(AIX AAMA : ~) 
4 KPOYOEIN NTOK 2N OYQNHPE (:) 
хуаутортр NGI NAOHT THPOY 2M пеугнт 
€5OA 2N NTOOY HOA ENE? (-) 


74, 8 оти Е. — емири В. — чанратом В. — equeo 
есл on pay L, еҷмно (Б), eich epoq VRB. — ehoA 
Anai B. — neqcopa R, меҷсорм L. — eunqnox LB. — 
рречриобе B. 9 MIINOTTEe В. — мрре[чриове В. 

75, 1 отомо І. — MIRA г. 2 nequaujone L. — 
пецмамотою І. 4 маент T. 


Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 1. Abb. 12 


178 Г, Abbandlung; Wessely. 


mm 2. 
Pagina: (-) PK (:) 
Psalm 75 
(5) хүФва)у гм пєуфква) мпоубм AAAY 
2м неубих NGI NPWME THPOY 
NTMNTPMMAO () 
6  Євох 2N TEKENITIMIA пмоутє NIAKCODE () 
AYXIPEKPIKE THPOY NGI NETTAAE G2PAI 
EXN NETWWP (-) 
т NTK оуготє мім петмлауҳ2єрлта 
OYBHK (.) 
текоргн оооп хам ENE? (.) 
з  NTOK пхоєїс AKTPEYCWTM €y2An 
EBOA2N TNE (-) 
ПКА? A4YP2OTE ласо (:) 
9 эм NTPE пноуте TWOYN 2N OYAN (-) 
ENE2M мрмрха) THPOY MriKA2 (AlAYAAMA) 
10 XE пмевуе NNPWME NAOY(ON? NAK 6вол ($) 
AYD NYWXN MIIMEEYE NAPWA NAK (.) 
11 Єрнт NTETNTAAY MNX.OEIC NETNNOYTE (.) 
OYON NIM ETMNEIKWTE NAXI АФ 
РОМ МАЯ (.) 
12 пєтрготє луф ЄТЧЇ NNENNA NNAP 
XON (-) 
пєт{готє NNA2PN мєррооү тнроү 
MIKA? (.) 


A. 


Psalm 16 
(Os: єпхаж EBOX 2A їдівоум пех) 
(- мос NACA . ~) 


75, 5 neuer Stichos mit МПОУФИ. — мез]612е рроме В. 
6 TEREIITIMA в. — меотор В. т петнащадерату L. 
8 ачрноте т. 11 пеммотте L. — мам зором nay i 
12 Mnemta mniapocon L. — nepooy L, прроют T. 

76 Überschrift: &ca« fehlt in L; Naca T. — ey 1eoyn T. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 179 


1 мхюклк EPAI ZN TACMH ENX.OEIC 
2м TACMH ENNOYTE AYO лч{?тнч 


ЄРОЇ (.) 

2 маме NCA пхоєвіс 2M NIE2OOY NTAO 
ArYic (-) 

зм МАСХ мтеуфн мпекмто EBOA 
K. 9873. 
1. 
Psalm 76 : 
2 ayw мпоурглх MMOI ()? 


тхфухн MNECOYEA) CXCODXC (.)/ 

з мримееуе мпноуте меуфрхме (5) 
хіхлорхі хчрантанм NGI NANNA (-) 

(AIXYAAMA) 

4 X NABAA PEOH NNOYPAJE (-) 
хідутортр мпею)ххе (-) 

5 ммевуе ENE2LOOY науорп (-) 
хірпмєєує NNPMNOOYE YA GNE? (.) 
AIMEAETA MMOOY (.) 

в  хіжлорлі MN MA2HT NTEYH (-) 

хуа» хідутортр 2M HATNA (-) 

MH EPE TIXOEIC NAKAAN NCOX а)х ENE? (.) 
AYO NIATMTOT 66 мнт NMMAN (.) 
8 Н €4NAGOXE МПЄЧМА аухвох хім 
оухом ал оүхом (:) 

н EPE пноуте млрпова) м @мэтнч (.) 

76, 1 Anfangs-A groß. eioe unam T. 2 млерост Г. — 
ANERMTO ebo fehlt in В. 3 ^їерпмеете Т, атримеєте VL. 
— папиєума T. — arayana omisit L. 4 peen V, pee 
LT. — нимотрще L, ммоурще У, мметерще T. — MII- 
Шә e LB, Ameiugaoe У, мпеццаже T. 5 1а медоот 
В. — иррмлоте B. — ща V, nua І. 6 nannerma Т. 


ТиЧтемтоут T. 8 equa бос 5 VL, ечмабоуж T, WHOTHY 
Bitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 1. Abh, 13 


~l 


180 I. Abhandlung: Wessely. 


9 H E4NAAMA2TE NNE4YMNTÄIN2TH4 
эм течоргн (* AIAX AXMA) 
10 AYW пехм хе TENOY AIAPXGI (.) 
пм NE падве NTOYNAM MNETX.OCE 
11 хіримєєує NNEZBHYE мпхоєіс (Fer 
хе | млримевуе ммекапнре хім моо 
12 TAMEAETA ммекзвнуе THPOY (:) 
TAXI2PAI эм NEKMEEYE (.) 
13 GPE TEKAH ме EBOA пмоутє 2M NNETOYAB (.) 
мм пе пноб NNOYTE NOE MNENNOYTE (.) 
14  NTOK пе пмоүтє ETEIPE ммеа)пнре 
MAYAAA (.) 
AKOYEN? тєксом Євох 2N NEIAAOC (.) 


.2 و م 
Pagina: (-) PKB ()‏ 
Psalm 76‏ 
AKCWTE MNEKAAOC эм NEKGBOI (-)‏ 15 

манре NIAKWB MN WOCH (ла ХХ) 
16 A 26NMOOY NAY EPOK NNOYTE (5) 

A 26NMOOY NAY EPOK AYP2OTE (.) 

хуйутортр NGI NNOYN 2M NAWAI 

MNE2POOY NMMOOY (:) 

11 A меклооле | мтеусмн () 

км FAP NEKCOTE NAMOOQJE (:) 
Yy _щмотич Г. — am _ещмотич Ty мшиотич LV. 
9 инецмитщиотич У, имечмитшамотич L. _ 10 мине: 
тжосе T, мпето осе ГУ. 11 мменцупире У, имеищияре 
L. 12 ммекоћнте У. мменобнте L. 13 "enen LT, 
теноїн У (ef. 19). — nei ГУ, мег T. — g^nerovaab LB, 
ом ппетотай ВУ. — мицуиире L, ммейцинре У. — ИР 
Aaoc Г, neiAaoc V. 14 пеммохте В, пмозте VL — 


хнеїштире У, мицупире T. — анотио В. — dei 


nu[lı)Aafoe] В. 16 иммоот LT, HMMOOT V. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 181 


18 n€2pOOY NNEK2POYBBAI 2M петрохос LI 
A NEKEBPHGE роуоєїм ETOIKOYMENH (.) 
А ПКА? кім АҮФ АЧСТОТ Li 
19 ЄрЄ TEKAN ZN OAAACCA (.) 
AYW мєкмлммооає 2N 26NMOOY 
€NAQ)OOY (-) 
лү NCENACOYN NEKTAGCE AN (.) 
22 AKXIMOEIT ?HT4 мпекллос NOE 
NNIECOOY (:) 
aN Tee MMODYCHC MN AAPWN (.) 
(-0Z --> TMNTPMN?HT NACAQ : — —) 


Psalm 77 


1 Term пхлхос ENANOMOC (.) 
PEKT NETNMAAXE NWAXE NTATANPO (:) 
2 FNAOYON NPWI 2N 2ENNAPABOAH (:) 
TuAxa N2ENNIPOBAHMA хім NWOPN (.) 
з NENTANCOTMOY AYW ANEIME EPOOY (:) 
NENTA NENEIOTE XOOY EPON (.) 
4 MNOY2ZWN Ємєуаунрє EKEX.WM (:) 
вуха» NNECMOY MNX.OEIC (.) 
AYW мечсом MN мечапнре NTAYAAY (.) 
5 АЧТА?О GpATd NOYMNTPE 2N IAKWB (.) 





_ 76, 18 меңёрибе Т, менебрибе У. 20 поемесоот 
L, nniecoo® V, ммегесоот Т. 

77 liegt vor in L; V. 1—6 und 45—Ende in Т; 23—25 іп В. 
Überschrift: maca LBT, масаф V. — пефаЛмос масаф 
untos писаййатой в, пефаЛмос add. L, om. УТ. — 
NerMmaaze B. — рейт VL, pert T. — емщаже B, 
"ujoee V. — мрої У, ирое В. — zsıtyopn B. 

3 мента У, nenta ІЛ. 4 меҷщпнре УТ, мещиире L. 
5 моумитре LTB, моумитре У. 


13% 


182 І, Abhandlung: Wessely. 


K. 9862. 
1. 
Psalm 77 

(5) AKO MOYNOMOC 2M NICPAHA (:) 
NENTA92WN ммоч ETOOTOY NNENEIOTE (.) 
€OYON?4 бвох NNEYAHPE (.) 

6 XEKAC EPE кегемех вме () манре ETOY 

NAX.NOOY (-) 
NCETWOYN NC€XOOY нмєуаунре (-) 

т XEKAC EYEKA TEY2EANIC A пмоутє (:) 
NCETMPNWEA) NNE2BHYE мпноуте (.) 
NCEUJINE NCA мечемтолн (.) 

з XEKAC NNEYHYWNE NOE NNEYEIOTE (.) 
оугєнєх єссоомє єс рмоуєс ($) 
оугємех MNECCOYTN песезнт (.) 
мпе песпих TAN2OYT4 MN пмоуте (.) 

9 манре мефрмм EYCWMT EYNAEX COTE (.) 
AYKOTOY 2M n6200Y мппохемос (:) 

10 MNOY2APE2 етмленкн мпмоуте ($) 
ayw MNOYOYWU) вемооа)е 2M печном'о'с (.) 
11 хурпаква) ммечпетнихмоуч NTAITCA 
ве NEYEIOTC EPOOY мпеумто EBOA (.) 
12 мефпнре NTAdAAY 2м MKA? NKHME 
2м тсфа)е NXAANE|) .. 
13 АЧПЄ? OAAACCA AdNTOY €EOA LI 
AYTA2E MMOOY EPATOY моє NOYACKOC (:) 


77, 5 мозмомос В, мотмомос Г. — пїсран^А У, 
ПІНА T. 6 емеущире V, имеущире І. 8 емиссотти 
І, мпессотти V. — emne V, мпе L. 9 етсомит L, 
етсомт V. — ewnaeo V, eynex B. — мипоЛемос Y, 
AmnoAenoc L. 10 xnovou B. — mnegqnernan[o]93 
[©] хо ne[q]uynnupe еитачтеа[6е В. — емтачлач B. 

19 итжааие L, Noe ламе У. 13 мотаснос У, иотаснос1. 


Bahidisch-griechiscbe Psalmenfragmente. 183 


14 AQ4XIMOGIT ZHTOY ZN OYKAOOA6 мпёго’оу (.) 
AYW 2M NOYOEIN мпка»т NTEYWH THPC (.) 
15 Апо? NOYMETPA 21 пхмЕ (-) - 
AdTCOOY NOE MNNOYN ETNAWWA (.) 
16 АЧМ MMOOY Євох 2N OYNETPA (.) 
AYO хчм MMOOY ем ENECHT NOE N2EN 
EIEPWOY (-) 


Pagina: > РКА <. 
Psalm 77 
1 AYOY(O? €TOOTOY EPNOBE €poa (.) 
хумоубс мпетхосе ZN оүмл MMN 
MOOY мнт (.) 
18 хупірахє Мпмоутє 2N NEY2HT 
ETPEYAITEI NZENGINOYOOM NNEYYYXH 
19 AYKATAAAAGI мпноуте єуха» MMOC (:) 
хе MH оүнабом MNNOYTE ECBTE 
OYTPANEZA 21 пх.хїє (.) 
20 EBOA же АЧПАТАССЄ ноупетрх AYd)OYO 
N61 2ENMOOY (.) 
AYO хусак NGI 2ENMOY NCODPM (7 
MH оүносбом MMO4 €T] обік NAN (.) 
Н ECBTE оутрлпехх мпечлхлхос (.) 
21 ETBE пм A NXOEIC CDTM A4NOYSC (.) 
хука»т MOY2 ÎN IAKWB (.) 
хуоргн El егрм EXM NICPAHA 
22 хе MNOYNICTEYE ENNOYTE 
оүлє мпоүгєлпіхє Єпєчоу ха! (.) 





_ T], 15 моупетра Г, моупетра У. 16 ммот L, 
ммосу V. — eim Druckfehler? L, ein У. 18 arsnipaze У, 
^тлеграте L. 19. 20 озищбом У. — отицубом L, 
— [оум]5олм B. — Ммоц V, ммоч ом L. 21 мА L, 


WMepamA V. 22 мпмотт[е B. 


184 І, åbbandlung: Wessely. 


23 AA2WN ETOOTOY NNEKAOOAE ETN 
тпє MMOOY. 
AYO хчоуфн NNPO нтпє 
34 AqXDOY NAY MIIMANNA EOYOMA (.) 
Ad] NAY Мпобік NTTIE (-) 
95 NOEIK NNATTEAOC A NIPWME OYONI (:) 
AqXOOY NOY2PE NAY AYCEI () 
26 хлчтоүнєсоү TOYPHC €BOA 2N TNE (:) 
AYEINE NOYEMNT 2N TE46OM (3 
от AIWOY Exwoy N2ENCAPZ NOE мпа)уов!а) 
AYO 2N 2AAAATG вугнх нее Мпа 
NOAAACCA (+) 


K. 9861. 
Haarseite. 

Psalm 77 

38 AY2E NTMHTE NTEYTIAPMBOAH (:) 
AYO пкотє NNEYMANGWNE (5 

29 AYOYWM AYCEI EMATE (.) 
AYEINE NAY мпетоухач (-) 

30 МПОУРбРа» 2N TEYENEIOYMIA (.) 
ETI epe TEPE ZN рооү (-) 

31 A ТОРГН MNNOYTE єї GPA EXWOY (.) 
ASMOYOYT MNEY2OYO () 
AYTAYO єгрхі NNCWTN MHICPAHA (-) 


77, 23 ачотом миро V, ачотом мат миро В, 
Гм)рро B. — мтие У, итпе В. 24 итие V, мтиє LR. 
25 ммасселос L, Fita ccéAoc V. — моторе У, моторе L L.— 
naserceı L, NATATCE V. 26 MOTENNT V, мотемит L. 
27 фаХате L, охАзате У. 28 атое FrunTe У, avge 
етмите L. — мтетпармёс\н У, мтетпаремёсАн L. — 
MNETMANWOTIE І, ммеумалищопе У. 30 ом У, м В. 
— TETEUOTMIA L, теуєпеїетміа V. — erer B, єтї У. — 
ом poor V, opooy B. 31 MUA І, мпїсранА У. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 185 


33 2N HAL THPOY AYPNOBE ON (:) 
мпоупістєує 2N нечапнре (.) 
33 А NEY2OOY WXN 2M NNETAOYEIT (.) 
AYO NEYPOMNE 2N оубепн (.) 
м нтеречмоуоут N2HTOY NTAYQ)ING 
NCW (.) 
AYKTOOY AYWOPNOY ENNOYTE (.) 
35 AYPIIMEEYE хе пмоутє пе пеувонеос (.) 
AYO пмоуте ETXOCE пе пеүречсоте (5) 
36 хумерітя эм теутлпро (-) 
AYXIGOA EPO4 2M пеуллс (-) 
зт пєугнт лє N€4COYTON AN NMMAA (:) 
OYAE MNOYTAN2OYT4 2N течмленкн (:) 
зз NTO4 лє OYWAN?THA NE (-) 
AYO JNAKW EBOA NNEYNOBE NYTM 
TAKOOY (:) 
INATAWEKTO EBOA MNEISWNT (.) 
NANAX.EPO AN мтечоргн тнрс (-) 
39 ларпмеєүє же 2ZENCAPZ NE (.) 
OYANA валчважк пе Ємечкточ (.) 
40 242 МСОП AyFswNT мла 21 NX.AIE (-) 


ОР О 
Psalm 77 
(40) AY-HMOYGC мла 2N OYMA MMNMOOY 
мент ($) 
41 AYKTOOY ON хушрлхе Ммпмоутеє (.) 
лү|моүсс мппєтоүллв Мїїнх (:) 


77, 32 ом epoq В, мечцулире т[нрот] В 33 nne- 
TWoverr Г, ппетщотеїт V. 35 петћонеос L, neg: 
Boneoc У. 38 чигңө Г, MARO V. — чиатащенто L, 
Чиатащенто ү. 39 емецвотч L, емециточ | Ys 
10 емимоот L, ммимост V. 41 ATHTOOT І, ATRTOOT V. 
— аупеграчте Г, ATnipaze У. — artnorse Annerovaak 


186 1. Abhandlung: Wessely. 


42 мпоүрпмеєүє мтечех. MNE2OOY м 
TAICOTOY €EOA 2N тех NNET 
омве MMOOY (.) 
43 NOE NTA4KA мечмлем 2N KHME ($) 
мечапнре 2м TCWWE NXAANE (.) 
44 хчкто NNEYEIEPWOY E2ENCNOA (.) 
AYO NEYMOY NBEEBE хе NNEYC(O (.) 
45 лахооү EXWOY мпхчноу2оор A4OYOMOY (.) 
AYO пекроүр лчтлкооү (:) 
46 Aq] Mneykapnoc мпкоомеч (.) 
хуа» NEY2ICE мпєаух є (.) 
47 AdMOYOYT NNEYBW NEAOOAE 2M пххмпе (:) 
AYO NEYNOY2E 2M пхлч (.) 
48 хү+{ миєутвмооує MNAAMNE (.) 
ayw петаооп NAY Мпка»т (:) 
49  A4XOOY E2PAl GX4DOY NTOPFH мпеч 
GWNT (.) 
OYSWNT MN оуоргн MN _оүөлї{їс (.) 
OYTAYO ТМ NATTEAOC MNONHPOC (.) 
50 A4XIMOEIT 2HTC мтечоргн (.) 
мпеч--со ємєеуУухн єпмоу (.) 
AYO неутвнооуе лчтоүнтоү ENMOOYTOY () 
51 АЧПАТАССЄ NPT MMICE мм NNPM 


NKHME (.) 
TAHAPXH NNEYZICE ZN ммлмафпе 
NXAM (-) 
І, а7{мотбе мипетотааі У. 42 итацеотоу V, en 
TAYCOTOT L, e[Ta]«qcoTow B. 44 мметеїероот ү, 
мметеероот L. 45 en V, мпаҷиотоор L. 
46 миноомч І, млноомеч V. WeAooAe TL, ме 


^ooAe V. 48 aqt І, ат У. 49 оз У, narte 
Лос L. 50 Anke L, Mnegteo У. 51 ачпатассе L. 
aynaTacce У. — мшри. LT, ишри V. — мрр[микиме) 
B, ммаищоне V, ммаищоне TL. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 187 


K. 9860. 
1. 
Psalm 118 
(21) CEC2ZOYOPT Hei NETPIKE MMOOY 6вол N 
некемтолн (.) 
22 ЧЇ EBOA ММОЇ MHANOGNEG MN ПАСА) (:) 
хе маме NCA NEKMNTMNTPE (.) 
23 клі ГАР ANAPXON 2MOOC AYMWAX.E EPOI (-) 
NEKZM2AX лє NE4XI N2PA4 пе ZN NEK 
АЛКАМА LI 
‹ 24 км ГАР NEKMNTMNTPE NE NAMEAETH (.) 
«о AYO NAWOXNE NE NEKAIKAIDMA (.) 
5 A TAYYXH тобе ENKA? (.) 
MATAN2OI ET BE, NEKWAXE (.) 
26 AXW NNA2IOOY6 ^уф AKCWTM EPOI (.) 
MATCABOI ENEKAIKAIDMA (:) 
27 AYO NEKTAMOI ETEKAH (.) 
AYO Змахагрхі ZN мекаупнрє (.) 
28 A TAYYXH Роуау)н проєїс 6вол 2M NEM 
KA2N2HT (:) 
MATAXPOI 2N NEKWAX.E (.) 
29 CA2E ТЄН MHXINGONC €BOA ММО! (.) 
Хү NFNA NAI 2M пекномос (.) 
30 хе моүва тєгїн мтекме (-) 
хіка» NNEK2AM 2A EIAT () Ayw MMP пеу@ва) (:) 
31 мтабт ENEKMNTMNLTPIE (-) 
nxoeic Mnptgine мм (.) 


Psalm 118 ganz in L. V. 25 großes Anfangs-A. 

118, 22 пасош У, пасош І. 23 gmooc У, омоос 
L — хеле L, «aee У. 27 MERTAMOT V, мстамої Г. 
28 пампадмоят І, пемнадноит V. 30 efaT V, era TT L. 
31 аггобт V, агтобт L. 


188 I. Abhandlung: Wessely. 


=. зә ANOT 2i тєгїн ммекемтолн (:) 
NTEPEKOYWA)C EBOA MNA2HT (.) 
CMN NOMOC HAL NX.OEIC 21 тез NNEKAJ 
KAIWMA (.) 
TAGINE NCWOY NOYOEIG) мм ($) 
MATCABOI TAMEU)T NEKNOMOC (.) 
TA2APE2 6роч 2M NA2HT тнр (-) 


CE)» 2. 
Pagina: > РГВ < 
Psalm 118 
35 Xl MOEIT 2HT 21 TEHA NNEKENTOAH 
хе NTOC TENTAIOYATC 
36 PEKT nA?HT ENEKMNTMNTPE AYO 
ПХІНбОНС AN 
37 KTE NABAX €BOA хе NNEY NAY ENETWOYEIT 
MATAN2OI 2N текан 
38 МАТАМ26 n6K0)AX.6 MIEK9M2AA 
ETXI E2OYN ETEK2OTE 
39 ЧЇ EBOA Ммої MIANOGNE6 NTAIMGEYE GEO 
МЄК?АП ГАР 20۸6 
5 40 GEIC2HHTE (corr. ех 612.) моуеа) NEKENTOAH (.) 
OYAY 41 MATAN2OÍ 2N TEKAIKAIOCYNH (.) 
NTE NEKNA €i єгрхі EXW пхоєїс (.) 
пекоухм MN пекалххе (.) 
42 тхлоував OYWAXE мнетнобнеб MMOI 
XE Al2ernizE ENEKWAXE (.) 
4з МПР паухх.є NTME €BOA эм POT ENTHPA4 
X6 AINA2TE ENEK2AN (.) 








118, 32 2 ei тедїн V, Qn терн І, ebenso 35. СМИ У. 
36 ninsone У, eno nióonc L. 38 матамоє V, ма 
Tage L. 41 матамоої Г, матамоої V. — поз! L. 
пенотгоаї У. — Мте V. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 189 


44 ayw | нл2хрег ENEKNOMOC Noyoeia) 
NÎM (YA ENE? AYW WA ЄМЄ?. МЄМЄ? 
45 NEIMOOWE 2N оүса)с EBOA 
XE маме NCA мекемтолн () 
46 AYO неалхе пе 2N NEKMNTMNTPE M 
NEMTO BOA ммеррфо\ Home лм (5) 
47 АҮФ NEIMEAETA пе 2N NEKENTOAH 
HAT ємєїмє MMOOY EMATE (:) 
48 Aidi NNAGIX. Є?РАЇ ENEKENTOAH NTAI 
оухаду (-) 
AYO мехї эрм NE ом NEKATKAIDMA (.) 
49 APINMEEYE MNEKAJAX.E HDEKZHZAA 
NTAÑEANIZE EPON (.) 


K. 9174. 


Dickes Pergament. Höhe 24 cm, Breite 19 cm. Rand 
oben 25 cm, links З cm, unten 5 cm, rechts 3:5 ст. Anfangs- 
buchstaben und Interpunktionen sind rot überschrieben. Auf 
der Fleischseite ist das Blatt іп Zwischenräumen von 0-6 cm 
scharf rastriert, rechts sieht man die Stiche bei jeder Zeile; 
links davon in 2:5 cm Entfernung die vertikale Rastrierung, 
die den rechten Rand darstellt; ebenso 3 cm von links die 
Rastrierung für den linken Rand. Unten sind zwei Linien 
horizontal zu viel rastriert worden. Die großen Anfangsbuch- 
staben springen vor. 

Es liegt hier die 123. und 124. Seite einer Handschrift 
etwa aus dem 7.—8. Jahrhundert n. Chr. vor. Der Text stellt 
die Vulgata der koptischen Psalmenübersetzung in sahidi- 
schem Dialekt dar. Professor Krall schrieb, offenbar in Hinblick 
auf die Überschrift, auf den Umschlag: ‚Psalm Ende 70, An- 
fang 71‘. 





118, 45 отоще У, osowouc L. — entone L, wwr- 
пе У, 48 мтаїотаціо5 V, емтаїоуащот Г. — межі 
ура! У, mer: мораг L. 49 Großes Anfangs-A. 


190 I. Abhandlung: Wessely. 


1. Fleischseite. E 
Pagina — РКГ — 
Psalm 70 
20 [ NNOYN] MHKA?. я хктлае тек 
г MN]THOG GPA ехал AYW AK 
[ KOT]K AKHAPAKAAGCI MMOI: 
39 [ км] FAP ANOK NXOEIC пмоутє 
г Tnpaoywn2 6вох NTEKME 
2EN NIAAOC. 
чуле брок 2EN оүкї 
ӨЈАРА NETOYAAB мпінх. 
CE]NATEAHA NGI NACHOTOY 
EIJWANYAAAEI EPOK: AYO TA 
YYXH NTAKCOTC EBOA2N T 
SIX. NNAXAX.E - 
94 »€TÍ AG ПАКЄЛАС NAMEAETA 
NTEKAIKEOCYNH MNE2O 
OY THP4 - 2DTAN EYÜJAN 
хате NCEOYWAC NGI NE 
тоүва) 2ENNEBOOY 6poi · = 
OX. ~ ECWIWMWN : — 


23 


— m c3 г 


70, 10 bis Ende in R; ganz in TL, Lagarde; B hat verschiedene 


Verse verloren. 21 ммої LR, ммої У. 22 nanovTe Г, 
пмотте V. — gem miAaoc У, дм iiAaoc L, ом масс В, 
ом nerAaoc Lagarde et T. — gen отиїеара У, en OFRI- 
apa LR. 23 HTARCOTE V, емтансоте L. — тб У, 
TX RL. — ннахаже У, мижажє L. — ‚Sahid. in fine 
addit. e&oAon TIX NMHAMARNE quae a ceteris testibus non 
agnoseuntur В. 24 ет; VLR, ете T. — HKTERDIRAIOCTHH Г, 
Lagarde, T, Tuki p. 189 MTERA IREOCTHH V, MTERAIRCO- 
стин R. — мпедодт ү, мперост LR. — 90Taıt У, ge 
там LR. — мсеотоїАс LR, мсеотоїЛс V. — neruynte иса 
LR, Lagarde, метотещ УТ. — фемпееоот ерої VL, Lagarde 


== бут. Vulg. et Graec. тх мама рох фи лееоот ерог R. 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 191 


Psalm 71 
1 пноутє + пекглп мпрро 
AYO TEKAIKAIOCYNH MIT 
2 аунрє мпрро. ? EKPINE мпек 
AAOC - 26м OYCOOYTN . AYO 
3 мекгнке 2€N оугхп. ? MA 


in margine inferiore: CAN 


== 2. Haarseite. 
Pagina: ./. PKA — 
Psalm 1 ——— 
(3) ре NTOOY хі NOYEIPH[NH M 
H6€4AAOC - AYW NCIBT [NOY 
4 AIKAIOCYNH. * 4NAKPIN[E NN 
2нке мпллос - NITOYX[O NN 
аунрє NNEBIHN - NIOB[BIO 
5 мпреч2їлл. 5 NIMOYN EB[OA 
MN прн . AYO элен MN[OO2 
N2ENXWM мхом. [ 
6 >чмну ENECHT NoE NOY2W[OY 
EXEN оусорт. AYO нее м(п 
2WOY ET2ZWOY 6хем DRAI 


71, 1—9 Е; ganz in Г, T, Lagarde. 1 мишире мпрро 
LR, Lagarde, мищире Amppo У (лщире T), мпрро B. 
2 ден OFCOOTTH У, ов оусоотти LR, ом OFAIRAIOCTHH 
В. gen organ У ‚ on organ LR, on organ B. 
3 мтооз У, мтоот LR. — жї VLR, Lagarde, х0) T. — 
NOTATRATOCHNH V, NOTAIRAIOTCHHH T. — A]neqAaoc 
V, mmerAaoc LBR. 4 AmAaoc LR, MnAaoc V, mne- 
Касс В. — матото V, мотото Г, Lagarde. — мецтоу- 
хо R. — ngeßlkıo VL, теңей R, Wqol&ero Lagarde. — 
AnpeqpiAa. V, AnpedgrAa L, AnpeggiAa R. — Die Stichen 
5nd in В umgestellt. 5 мамоти V, мамоти L, Lagarde, 
ме{мотум В. — при LR, при V. — An[oog VL, мтосо R. 
5 {NAT В, quii VL, ецину Т. — nosoo[os У, HOTIWOT L, 


192 I. Abbandlung: Wessely. 


7 NTE TAIKAIOCYNH TOYO [ 
2EN N€4200Y . AYW оүєїрн 
NH 6соа) аухмтоучі MNOO2 

8 NIEPXOEIC XIN OAAACCA ал 
OAAACCA. AYW XIN мпієро 
WA APHXC NTOIKOYMENH. 

9 »N€6000) NANA2TOY мпечм 
TO €BOA - AYW мечхахе 
EYE · NAXO X2 МПКА? · 

10 >NEPPWOY NOAPCIC MEN HHH 
СОС NAEN AWPWN МАЧ. 
NEPWOY NAPABOC MEN CABA 

11 NAEN AWPWN HA. и NCEOY 


мотооот T. — мпосот : [мЈфоот B, етфоот : ergoe" B 
— Exen V, ежи І, ext К. — отсорт У, етсорт LR. — 
ежем над V, еж м ина. LR. Ton пеҷооот RL, дей 
печдооз У. — мпоод У, Amooo LR. 8 мерзкое V, 
ичре ое с L, Lagarde, мецржове В. — 21и Amiepo Y. 
xin mepo L, Lagarde, xin пееро В. — apmoec VLT, № 
garde, Tuki p. 309 ариз В. 9 Weqoeroeeeve. VRT, neq 
жужеез Г. — маМоужо VL, ‚ маЛо)жо В. — Annag VE 
MIRAO L. 10 мерроот меарсіс V, мерроот І, мер 
роот Т. — мем V, ми LT. — минсос VL, мисос ss 
Zweimal маєм У, мам LV. — Zweimal A opor У, Awpen 
LT. — мем V, ми LT. — мероот У, мерроот І, мер 


роот T 


Psalm 3 ganz 


u з з EI 


з 


ч 


зч з 3 3 1 3 a a 3 3 


4 3 з ч ч 


з з ч EJ з з з з ч 3 з з 3 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 


Verzeichnis der sahidischen Psalmenfragmente. 





E сао; RE 


i Ж? MEME 


38,1—6........ 
39, 15—17 Ende . . . 
43, 12—26 Ende . . . 


41—2 ........ 
6, 1 und 9—10..... 
9, 21—24 und 31—34 . 
D ux джый GS 
18, 1—5 ....... 
24, 6—9 und 15—20 . 
2,›—10........ 


= 


9901—12 1. Blatt 
9907—72 I. Blatt 
9907—72 II. Blatt 


. 9907—72 Ш. Blatt 


KG. 9872 
KG. 9872 


. 9907—12 V. Blatt 


9907—12 VI. Blatt 
9901—12 VII. Blatt 
9907—72 УШ. Blatt 
9907—72 VIII. Blatt 
9901—12 IX. Blatt 
9901—12 X. Blatt 
9907 —12 XI. Blatt 


. 9907—72 XII. Blatt 


KG. 9871 

9901—12 XIII. Blatt 
KG. 9811 

9907—72 XIV. Blatt 
K. 9855—71 

K. 9855—1 

9901—12 XV. Blatt 
9907—12 XVI. Blatt 


9907—72 XVII. Blatt 
9907—72 XVIII. Blatt 
9901—12 XVIII. Blatt 


9901—12 XX. Blatt 
9907—72 XXI. Blatt 
K. 9859 


9907—72 XXIII. Blatt 


K. 9174 
K. 9174 
К. 9860—2, 9873 
К. 9860--2, 9873 
К. 9860—2, 9873 


193 


194 


І. Abhandlung: Wessely. 


Psalm 77, 1—51......... К. 9860—2, 9873 
, 80, 5—16 Ende. . . . .. K. 9863 
, 81, 1—8 ganz... . ... K. 9863 
„ 82 Überschrift . . . . . . K. 9863 
, 102,1—22. . . . . . . .. 1231--8, 1. und 2. Blatt 
4, ПОВ 1—54. ou o ee 1231—8, 2. 3. 4. Blatt 
, 103, 13—20 und 21—27 . . К. 9858 
, 104,21—4........ К. 9864—7 
„ 104,1—45. .. ...... 1231— 8, 5. 6. Blatt 
„ 105,1—48 ganz... . . . К. 9864—7 
a 405, ое 1231—8, 6.7.8.9. Blatt 
„ 106, 1—43 ganz . . . . . . К. 9864—1 
„ 101,1—13 ganz . . . . .. К. 9864—7 
„ 107,1—13 ganz . . . . . . 1231--8, 9. Blatt 
„ 108, 1—81 ganz . . . . . . 1231—8, 10. Blatt 
„ 108, 1—31 ganz . . . . . . К. 9864—7 
= IE 1—8 x xx 1231—8, 11. Blatt 
e 108 це... К. 9864—1 
s О Д8 уж» лш жүз К. 9864—1 
„ 110,10 Ende ....... 1231—8, 13. Blatt 
„ 111,1—10......... 1231--8, 13. Blatt 
„ 112, 1—9 Ende ...... 1231—8, 13. 14. Blatt 
a 118,1—1......... 1231—8, 14. Blatt 
„ 1141—15 Ende. . . ... 1231—8, 14. 15. Blatt 
„ 115,1—9 ..... .. 1231— 98, 15. 16. Blatt 
x. AI Jed uino 1231--8, 16. Blatt 
, 11821—49 ........ K. 9860 
"Ai pr 1231— 8, 16. Blatt 
, 120, 1—8 ganz. . . . . . . 1231—8, 16. 17. Blatt 
„ 121,1—9 Ende ...... 1231—8, 17. Blatt 
, 122,1—4 ganz. . . . . . . 1231— 8, 17. Blatt 
48,18 4 ors 1231— 8, 18. Blatt 
„ 1241—55 ......... 1231—8, 18. Blatt 
„ 195 Überschrift ...... 1931--8, 18. Blatt 
„ 184, 7—20 Ende. . . - . . К. 9855—1 
со 495 011 с ся жо К. 9855—1 


144, 1—7 und 14—21 . . . К. 9855—1 


з з з 3 з з з з y з з з з з yJ з Yy зо Ci 3 03 0$ зо з 


Sahidisch-griechische Psalmenfragmente. 


195 


Verzeichnis der griechischen Psalmenfragmente. 





e pg ep ep % e «= 
С 
* FH è% ò% è ООС 


16, 4—7 und 14—15 . . 
18, 10—15 


LE è č è — э ^» HH ® 


"09€ è U „ ç è t$ 


. WH č è 07 ç è č ò 09 ç 9 
+ oo 7 >è č 7 B» č è ç >» «= 
. «„« è> 0997 ò э ç >ò а а 

a ne rr pg nv b 
* ep »% a 


38, 8—14 Ende 
39,1--3 ......... 
40, 1—3 und 7—13... 
48,2--12......... 
48, 12—19 ........ 
50, 11—21 Ende 
55,1,5—9........ 
54, 4—10 und 15—23. . 
55, 1, 2, 1—9, 13, 14... 
56, 1-9 ......... 
67, 13--15, 21--24, 30—35 
68, 18—26, 28—37 


о 


>». e ò% oò ® 


9901—12 I. Blatt 
9907—72 I. Blatt 
9907—72 II. Blatt 
9907—72 II. Blatt 


. 9907—72 IV. Blatt 


KG. 9812 

9901—12 VI. Blatt 
9907—12 VII. Blatt 
9907—72 УШ. Blatt 
9907—72 VIII. Blatt 
9901—12 IX. Blatt 
9907—72 XI. Blatt 
9907—72 XIII. Blatt 
KG. 9871 

KG. 9871 


. 9901—12 XIV. Blatt 


9907—72 XV. Blatt 
9907—72 XVI. Blatt 
9901—12 XVII. Blatt 
9907—72 XVIII. Blatt 


. 9907—72 XIX. Blatt 
. 9907—72 XX. Blatt 


9907—12 XXI. Blatt 
9907—72 X XII. XXIII. Blatt 


. 9907—72 XXIV. Blatt 


WESSELY. Sabidisch-griechische Psalmenfragmente. Tafel I. 








Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wissensch., phil.-hist. Klasse, 155. Bd., 1. Abh., p. 62 f. 





Sitzungsberichte 


der 


Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 
Philosophisch- Historische Klasse. 
155. Band, 2. Abhandlung. 





Altbabylonische 


Rechtsurkunden 


aus der Zeit der I. babylonischen Dynastie. 


(са. 2300—2000 +. Chr.) 


(Umschrift, Übersetzung und Kommentar) 
i von 


Dr. Moses Schorr. 


Vorgelegt in der Sitzung аш 13. Juni 1906. 


Wien, 1907. 
In Kommission bei Alfred Hölder 


k. u. К. Hof- und Universitäts-Buchhändler 
Buchhändler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 


Periodische Publikationen. 


Schr ten der Balkancommission. Linguistische Abtheilung. |. Band. 
Die serbokroatische Betonung südwestlicher Mundarten vo: 
Milan Rešetar. 4°. 1900. 10 K = | М. 

— — П. Band. Das Ostbulgarische von Lj. Miletič. 49. 1003. 
14 K 50 h = 13 M. 
-- — Ш. Band. Die Dialekte des südlichsten Serbiens von 


Olaf Broch. 49, 1903. 16 K 40 h = 14 M. 
— — IV. und V. Band. Das Dalmatische von M. G. Bartoli. 
49. 1906. 40 K — 36 M. 


— — VI. Band. Der heutige lesbische Dialekt verglichen 
mit den übrigen nordgriechischen Mundarten von Paul 
Kretschmer. 4°. 1905. 30 K — 25 M. 

Quellenwerke der altindischen Lexikographie. Band I: Der 
Anekarthasamgraha des Hemachandra, mit Auszügen aus 
dem Kommentar des Mahendra, herausgegeben von 
Th. Zachariae. Groß-8°. 1893. 12 K — 10 M. 

— — Band II: Das Unadiganasutra des Hemachandra mit 
dem selbstverfassten Kommentare des Autors, herausgegeben 
von Joh. Kirste. Groß-8°. 1895. 10 К 40 h = 8 M. 10 Pf. 

— — Band Ш: Der Mahkhakosa, mit Auszügen aus dem 
Kommentare und drei Indices, herausgegeben von Theodor 
Zachariae. Groß-8°. 1897. 8 K 60 h — 1 M. 

— — Band IV: Der Dhátupátha des Hemachandra mit dem 
selbstverfassten Kommentar des Autors, herausgegeben 
von Joh. Kirste. Groß-8°. 1901. 18 К = 16 M. 

Schriften der südarabischen Expedition. I. Band. Die Somali- 
sprache von Leo Reinisch. I. Texte. 49. 1900. 20 К — 18 М. 

— Il. Band. Die Somalisprache von Leo Reinisch. II. Wörter- 


buch. 4°. 1902. · 50 K — 45 М. 
— III. Band. Die Mehrisprache in Südarabien von Alfred Jahn. 
Texte und Wörterbuch. 4°. 1902. 24 K -- 22 M. 
— IV. Band. Die Mehri- und Soqotrisprache von Dav. Heinr. 
Müller. I. Texte. 49. 1902. 24 K — 21 М. 
— V. Band. Teil 1. Die Somalisprache von Leo Reinisch. 
III. Grammatik. 4°, 1903. 12 K — 10 M. 40 Pf. 
— VI. Band. Die Mehri- und Soqotrisprache. II. Soqotritexte. 
49. 1905. 48 K — 42 M. 


Selbständige Werke. 


Aptowitzer, V.: Das Schriftwort in der rabbinischen Literatur. 
Prolegomena. 8?. 1906. 1 K 90 h — 1 M. 90 Pf. 
Bittner, Maximilian: Der vom Himmel gefallene Brief Christi 
in seinen morgenländischen Versionen und Rezensionen. 4°. 


1906. 16 K — 16 M. 


IL Abhandlung: Schorr. Altbabylonische Rechtsurkunden., 1 


ti. 


II. 


Altbabylonisehe Rechtsurkunden 
aus der Zeit der I. babylonisehen Dynastie. 


(Umsehrift, Übersetzung und Kommentar) 


von 


Dr. Moses Schorr. 


Vorgelegt in der Sitzung am 13. Juni 1906. 


Vorwort. 


Die vorliegende Abhandlung bietet eine Bearbeitung der 
altbabylonischen Rechtsurkunden, welche in den Bänden II, 
IV, VI, VIII der vom British Museum herausgegebenen Cunei- 
form Texts publiziert sind. 

Seit der Auffindung und Veröffentlichung des berühmten 
Gesetzbuches des Königs Hammurabi ist das Studium des alt- 
babylonischen Rechtslebens, welches seinerzeit durch Meißners 
‚Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht‘ angebahnt wurde, 
wieder in Fluß geraten. Peiser, Meißner selbst, Daiches, 
Friedrich haben in einer Reihe von weiter unten zu nennenden 
Abhandlungen mehrere Urkunden veröffentlicht und erklärt, 
wie auch die Beziehungen zu den Normen des Gesetzbuches 
teilweise untersucht. 

Dasselbe Ziel verfolgt auch der Verfasser in dieser Ab- 
handlung. Es werden 85 Urkunden, die größtenteils noch nicht 
bearbeitet wurden, transkribiert, übersetzt, wie auch sachlich 
und formell kommentiert, und zwar in chronologischer Reihen- 
folge. Inhaltlich umfassen die bearbeiteten Urkunden mannig- 


* Es braucht wohl nicht erst betont zu werden, daß auch die schon be- 
arbeiteten Urkunden, wie auch solche in den Cuneiform Texts, die hier 
nicht publiziert sind, stets berücksichtigt und herangezogen wurden. 

Sitrungsber. d. phil.-hist. Kl, 155. Bd., 2. Abh. 1 


2 11. Abhandiung: Schorr. 


fache Rechtsgebiete, wie: Kauf, Tausch, Darlehen, Schenkung, 
Miete; ferner Ehe, Adoption, Freilassung von Sklaven (durch 
Adoption), Erbteilung; Prozesse in allerlei Rechtssachen, Ge- 
richtsprotokolle usw. 

Das Verhältnis dieser verschiedenen Äußerungen des prak- 
tischen Rechtslebens zu den einzelnen Bestimmungen des Ge- 
setzbuches wird, insoferne dies die Urkunden selbst ermög- 
lichen, untersucht; nicht minder werden auch die Spuren der 
Theorie in der Praxis in formaler Hinsicht, besonders in der 
juristischen Terminologie verfolgt. 

Einem freundlichen Winke Prof. Müllers folgend, hat der 
Verfasser in der Transkription und Übersetzung einer jeden 
Urkunde die einzelnen Abschnitte derselben, die sich inhaltlich 
als solche nicht schwer erkennen lassen, durch freien Raum 
markiert. Dieses anfangs nur äußeren Übersichtszwecken die- 
nende Verfahren hat aber den Verfasser bei näherer Prüfung 
einer bestimmten Gruppe von Verträgen zu der ungemein wich- 
tigen Erkenntnis geführt, daß die Urkunden überhaupt tech- 
nisch ein bestimmtes, stilistisch wie syntaktisch feststehendes 
Schema aufweisen, welches das Verständnis des Inhaltes ge- 
radezu erst ermöglicht. Durch die Erkenntnis dieses Schemas 
konnte der Verfasser eine Reihe von Urkunden, die früher als 
Adoptionsverträge angesprochen wurden, als eine besondere 
Gruppe ausscheiden, die in Wirklichkeit Freilassung von Skla- 
ven, und zwar von eigenen von Sklavinnen gezeugten Kindern, 
durch Paternitätserklärung enthalten. Lücken konnten in man 
chen Verträgen auf Grund des bestimmten Schemas ergänzt, 
dunkle verderbte Stellen durch Vergleichung gleichlautender 
Parallelen beleuchtet und somit auch das Verständnis des 
ganzen Inhaltes ermöglicht werden. 

Das Hauptresultat aber ist: Schon in jener alten Zeit 
begegnet uns in den Rechtsurkunden ein fester, ausgebildeter 
Kanzleistil, der in allen Tempel-, resp. Gerichtskanzleien seine 
Geltung hat, der überall und in allen Rechtshandlungen pein- 
lich genau beobachtet wird. 

Diese Tatsache zeigt, ebenso wie das Gesetzbuch an sich 
auf ein seit Jahrhunderten sich fortentwickelndes Rechts 
leben überhaupt hinweist, daß in formaler Hinsicht vielmehr 
Jahrhunderte lang ein fester Bureaukratismus vorherrschte: 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 3 


die Urkunden aus der Zeit Sumu-lailums zeigen dasselbe Ge- 
präge wie die des vorletzten Königs Ammi-zadugas. 

Wir finden für diese Erscheinung im Vólkerleben reich- 
lich Analogien: daß nämlich die ökonomischen und rechtlichen 
Institutionen sich ändern, fortentwickeln, während die bureau- 
kratische Form noch Jahrhunderte lang unverändert fortbesteht. 

War nun dieser auch durch seine juristische Prägnanz 
bewunderungswürdige Kanzleistil eine Schöpfung der in Baby- 
lonien eingewanderten Semiten, oder haben sie denselben gleich 
anderen Kulturerrungenschaften von den besiegten Sumerern 
übernommen? Zwei schwerwiegende Tatsachen sprechen gegen 
erstere Annahme: 

1. Bis in die spüteste Zeit werden in allen Vertrags- 
gattungen die Haupttermini wie z. D. gekauft, geborgt, gemietet, 
bezahlt, abgewogen usw., ebenso die Namen der Rechtsobjekte 
wie Haus, Feld, Garten usw. graphisch in sumerischer Sprache 
wiedergegeben, wiewohl es sicher ist, daß dieselben semitisch 
gelesen wurden Ja, die Kaufvertrüge, die im Rechtsleben 
wohl am häufigsten vorzukommen pflegten, sind mit ganz ge- 
ringen Ausnahmen, fast durchwegs ganz sumerisch abgefaßt. 

2. Die historisch ungemein wichtige Tatsache, welche 
Müller für das Gesetzbuch nachgewiesen hat:? daß nämlich 
die Syntax desselben, Wort- und Satzstellung, ganz unsemitisch 
ist, gilt auch ausnahmslos für die Verträge und Urkunden 
dieser Zeit überhaupt. Selbst in denjenigen Verträgen, die seit 
jeher semitisch abgefaßt waren, wie in den Ehe- und Adoptions- 
verträgen, ist die Wortstellung eine unsemitische und zeigt 
deutlich fremdes, sumerisches Gepräge. 

Diese zwei prinzipiellen Momente führen wohl not- 
wendig zu folgendem Schluß: Die um die Mitte des dritten 
Jahrtausends in Babylonien eingewanderten Semiten haben bei 
der von ihnen unterjochten Bevölkerung, den Sumerern, be- 
reits feste, ausgebildete Rechtsinstitutionen vorgefunden, wie 
auch einen damals schon schematisch feststehenden Rechts- 
stil. Es ist natürlich, daß die auf einer Beduinen-Kulturstufe 
stehenden Einwanderer sich diesen Rechtseinrichtungen, wie ja 


* Vgl. ВАР, S. 3; Daiches, AR, S. 4. 
b Die Gesetze Hammurabis, 8. 245 ff. 
1* 


4 IL Abhandlung: Schorr. 


den sozialen Formen überhaupt, angepaßt haben. Indem sie 
aber schon frühzeitig für die sumerischen juristischen Termini 
entsprechende semitische geprägt haben, bedienten sie sich 
trotzdem auch fernerhin graphisch der sumerischen Bezeich- 
nungen, während sie in der Syntax der Verträge bis in die 
späteste Zeit ganz von der sumerischen Form beherrscht ge- 
blieben sind. 

Der Verfasser hat es vermieden, die neubabylonischen 
Urkunden behufs sachlicher und formeller Vergleichung in 
größerem Maße heranzuziehen. Liegt doch zwischen der alt- 
und der neubabylonischen Epoche ein Zeitraum von fast zwei- 
tausend Jahren, in denen Babylonien politisch und wohl auch 
kulturell mehrfach Umwälzungen unterworfen war. Wenn noch 
zur Zeit Assurbanipals Abschriften des Hammurabi-Gesetzes 
vorhanden waren, wie die von Meißner publizierten Frag- 
mente beweisen,* so kann man höchstens daraus schließen, daß 
das Gesetz noch als literarische Reliquie überliefert und auf- 
bewahrt wurde, nicht aber, daß es etwa noch damals prak- 
tische Geltung gehabt haben könnte.” 

Dagegen beweist die Tafel Brit. Mus. 82—7—14, 988, 
welche einige Gesetzesbestimmungen enthält und der Schreib- 
weise nach auf den ersten Blick neubabylonischen Ursprung 
verrät, sowohl durch Inhalt wie auch durch Stil, daß die darin 
enthaltenen Bestimmungen nicht aus alter Zeit stammen können, 
und Winckler wird wohl nicht irregehen, wenn er die Tafel 
frühestens aus der Zeit der VIII. Dynastie (9. Jahrhundert) 
her datiert ‚Ebenso wie Hammurabi hätte ein König dieser 
Zeit seine Aufgabe in der Neuordnung der Rechtsverhält- 
nisse und Herstellung geordneter Zustände suchen und finden 
können.‘ 

Die neue Zeit brachte aber nicht nur eine Neuordnung 
der Rechtsverhältnisse mit sich, sondern auch eine neue Rechts- 
sprache, einen neuen Rechtsstil, neue Typen des Kanzleischemas, 


a Veröffentlicht in den Beiträgen zur Assyriologie III 501 ff. Vgl. auch für 
den Schluß des Gesetzepilogs das Fragment CT XIII 46/47. 
Vgl.auch Winckler: Gesetze Hammurabis XII. 
Veröffentlicht von Peiser, Sitzungsber. Berl. Akad. 1889, 8. 823. 
Jeder Paragraph beginnt mit: amélu ѓа! 
Winckler 1. с. XXI—XXII. 


a e ^ c 


Altbabylonische Rechtsarkunden. Б 


einen völlig neuen Bureaukratismus. Das beweisen die neu- 
babylonischen Urkunden, in welcher Gattung immer man sie 
zur Vergleichung mit den altbabylonischen heranzieht. Freilich 
haben sich manche altbabylonische Redensarten merkwürdiger- 
weise bis in die neubabylonische Zeit erhalten, wie die be- 
kannte Phrase: ul iturrü ul iragamá und einige andere, auf 
die an Ort und Stelle verwiesen wird. Aber im grofen und 
ganzen ist der Geist ein vüllig anderer und ebenso das Ge- 
wand dieses Rechtsgeistes, die Sprache, der Stil. Die alten 
technischen Termini und Redensarten sind geschwunden, an 
ihre Stelle treten ganz neue, dem altbabylonischen Stil ganz 
unbekannte Ausdrücke. Der bu wird zu mukinnu, der 
jaiamänum zu mähiränu, die šeriķtu zu nudunnü usw., und 
— last not least — die Wortstellung ist eine völlig ver- 
schiedene. 

Eine solche Vergleichung erheischt daher ein tieferes, 
ganz selbstündiges Studium. Dagegen wurden gelegentlich zur 
Beleuchtung unklarer Rechtszeremonien oder gewisser Kontrakt- 
klauseln Analogien aus den Rechtsurkunden der griechischen 
Papyri herangezogen. Vgl. z. B. Anm. zu VIII 48* (Nr. 39); 
II 41 (Nr. 30) Z. 35—36. 

Es scheint dem Verfasser nicht überflüssig, schon im Vor- 
wort auf folgende Tatsache mit Nachdruck hinzuweisen, welche 
für die in vorliegender Arbeit sowohl in der Transkription wie 
auch in der Übersetzung, vorzüglich aber in der Interpretation 
angewandte Methode von prinzipieller Bedeutung ist: 

Die von D. H. Müller im Gesetzbuche erschlossene Be- 
deutung der syntaktisch wie juristisch gleich wichtigen Partikel 
ma hat sich in den Urkunden nicht nur glänzend bewährt, 
sondern — ganz besonders in ihrer konditionalen Bedeutungs- 
nuance — geradezu erst das richtige Verstündnis des Inhaltes 
gegenüber früherer falscher Auffassung, eben wegen Nicht- 
beachtung der Müllerschen Deutung, ermöglicht und in wei- 
terer Konsequenz den Verfasser zur Erkenntnis eines fest- 
stehenden Schemas geführt. 

Es darf daher nicht bloß als Äußerlichkeit angesehen 
werden, wenn in Umschrift und Übersetzung diese Partikel 
markiert wird, ebenso wie die einzelnen Abschnitte durch 
freien Raum gekennzeichnet sind. Außerdem wird im Kom- 


6 II. Abbandlung: Schorr. 


mentar bei jeder ersten Urkunde einer jeden Gruppe das 
Schema genau in Sätzen festgestellt. 

Allein nicht bloß mittelbar: durch seine früheren For- 
schungsergebnisse wurde diese Abhandlung durch Prof. Müller 
gefördert. Derselbe hatte die Güte, die Arbeit im Manuskript 
zu lesen und mit dem Verfasser verschiedene Punkte zu be- 
sprechen. Als Ergebnis dieser Nachprüfung sind, neben man- 
cherlei Verbesserungen, die wertvollen, im Namen Müllers auch 
zitierten Bemerkungen anzusehen, durch welche das Ver- 
ständnis so manchen dunklen Ausdruckes und oft auch des 
ganzen Inhaltes der Urkunde nicht unwesentlich gefördert 
wurde. Es ist dem Verfasser ein Herzensbedürfnis, seinem 
langjährigen hochverehrten Lehrer an dieser Stelle seinen in- 
nigsten Dank auszudrücken. 

Der Verfasser ist in seiner Arbeit oft genötigt, von der 
Auffassung Prof. Meißners, der ja bislang zur Erklärung der 
altbabylonischen Urkunden das meiste beigetragen hat, abzu- 
weichen. Daß dies stets aus sachlichen Motiven heraus ge 
schieht, daß der Verfasser sich übrigens unter anderen auch 
als Schüler Meißners gerne bekennt, dem er die Einführung 
in die altbabylonischen Urkunden verdankt, mag hier aus 
drücklich erwähnt werden. 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 1 


Aus der Zeit des Sumu-lailum. 


Nr. 1. 


CT IV 42° (Bu. 91— 2188). 


Freilassung und Paternitätserklärung. 


: | Zu-ga-gu-um #ит$и* | 


! таг "'Sin-a-bu-sü 5 й Um-mi- 
tibat? 4 T ıSin-a-bu-Sü abusu® 
риги ú-li-il 


6 a-di ] "5т-а-фи-$й abu- 
ш“ 7 ba-al-tu 8 I Zu-ga-qu-um 
märsut 9 i-ta-na-ši-šú 

10 
1 ei 


Шп-а-Бби-# 13 | Nu-tu-ub-tum 


aššat (?) "Samas М à Na-bi- | 
"Sin ahusa? 15 márá "Sín-a- | 


Іній 1б mi-im-ma е- И T Zu- 
ga-qu-um 18 a-hi-šú-nu ú-la i- 
і-й 

йбатаї “Marduk 
9 à Su-mu-la-ilum $arrim 
" T "Sin-a-bu-$4 obt, šunu" 
та 


19 niš 


з Y Zu-ga-gu-um а-па 
н й5п-а-Би-&й a-bi-š ?5 ú-la 
abi atta 28 i-ga-bi-ma a-ra- 
an 27 ma-ru a-vi-li i-mi-du-sü. 


а-па và-ar-ki-a-at йтіті | 
| 2и-да-ди-ит '? mûr 





! Der [Sklave] namens Zu- 
gagum ist der [Adoptiv]sohn 
des Sin-abušu und der Ummi- 
fábat. Sin-abusu, sein Vater 
hat 5 ihn freigelassen." 

Solange sein Vater Sin-abu- 


| &u lebt, wird sein Sohn Zu- 
| gagum ihn unterhalten. 








| 
| 
і 
і 
| 


| 
| 
1 


10 Künftighin sollen gegen 
Zugagum, den Sohn des Sin- 
abusu, die Samaspriesterin Nu- 
tubtum und Näbi-Sin, ihr Bru- 
der, 15 die Kinder des Sin- 


abusu, gegen Zugagum, ihren 


Bruder keinen Anspruch ha- 
ben. 

Bei Šamaš, Marduk ?? und 
dem König Sumu-la-ilum hat 
ihr Vater Sin-abusu geschwo- 
ren. 

Wenn Zugagum zu seinem 
Vater Sin-abu&u 29 ‚nicht bist 
du mein Vater‘ spricht, wird 
man ihm die Strafe der Freien 
auferlegen. 

13 Zeugen. 


D pân A-ki-ia mûr * Hammán-ra- ? 29 ріп Sin-ve-di-ma таг Ilu-ma-lik 
" pin Sin-ri-me-ni mûr "Rammán-ba-ni М рап "Samad-ie-mi pân Ii-me-Sin 
" pân Me-ra-na-ki märü 9* E-a-na-id "9 pân "Sin-ga-mi-il % mûr E-a-hegallum‘ 
М рїп Bu-ha-nu-um mâr Sin-en-nam ® pân Sin-a-da-lál % mûr E-ri-ib-"Sin 





* MU. NI IM > DUGt-, 
f AD.DA.N E.NE. 


! HE.GAL. 


* AD.DA. NI. 
& IN.PA. 


4 TUR.NL • SES.NI. 
^ Wörtl. ‚sein Antlitz gereinigt‘. 


8 IL Abhandlung: Schorr. 


39 pán Pa-la-tum märat 4° Sin-a-bu-sü “1 pán I-din-"Sin "9 mûr Ma-tum 
9 pûn A-za-tum * таг Уд-аг-ит % pân "Samad-zerum dupiarrim. 
46 15-5 Su-mu-la-ilum +1 ku- 46 Gemäß [den Gesetzen] 
nu-ka-ti ih-pu-ü. des Sumu-lailum haben sie die 
Urkunden vernichtet. 


Vgl. AS III 32, wo die Urkunde zum großen Teile tran- 
skribiert und übersetzt ist. Jedoch hat Meißner den für das 
Verständnis des Inhaltes maßgebenden Schlußabschnitt Z. 23 
bis 27 unberücksichtigt gelassen. 

Es ist von prinzipieller Wichtigkeit für das Verständnis 
dieser Urkunde sowohl wie auch einer Reihe anderer, genau 
den Typus, das Schema dieses Vertrages festzustellen. Dieses 
Schema lautet: 

1. X (ohne Nennung des Vaternamens)* ist der [Adoptiv]- 

sohn des (der) Y. 

2. Y hat X ‚gereinigt‘ (freigelassen). 

3. X obliegt, den (die) Y lebenslänglich zu unterhalten. 

4. Die Angehörigen des Y werden gegen X (als Adoptiv- 

sohn) nichts anhaben. 

5. Schwurvermerk. 

(6. Klausel für den Fall der Aufhebung des Adoptivver- 

hältnisses seitens des Adoptierten.] 

7. Zeugen und Datum. — Zahl der Zeugen variiert. 

Auf Grund dieses Schemas, in welchem Punkt 1. und 4. 
die wichtigsten sind, indem sie das Wesen des Vertrages aus- 
drücken und daher in allen hiehergehörigen Urkunden sich 
wiederfinden, sind folgende Verträge dieser Kategorie zuzu- 
zählen: П 33 (Nr. 2); П 40° (Nr. 23); II 40° (Nr. 71); VI 26" 
(Nr. 71); УШ 29° (AS III 32); УШ 29» (Nr. 13); УШ 48° 
(Nr. 39); VATh. 750 (KB IV 14 Dh Ein etwas variierendes 
Schema aufweisend, aber durch Z. 1 als hiehergehörig erweisen 
sich BAP Nr. 96 und 97. 

All diese Verträge enthalten die Freilassung eines Skla- 
ven oder einer Sklavin durch Adoption. 

Unter welche Bestimmung nun im Gesetzbuche Hammu- 
rabis sind diese Verträge zu subsumieren ? 


* D. h. Sklave. 
b Der Text ist dort von Peiser unrichtig umschrieben. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 9 


In der Gruppe der Adoptionsbestimmungen (88 185—194) 
ist von der Adoption eines Sklaven überhaupt nicht die Rede. 
Dagegen findet sich in der Erbrechtsgruppe eine Bestimmung 
(8 170), in welcher der Fall statuiert wird, daß jemand eigene 
Sklavenkinder, die ihm seine Magd geboren hat, als seine 
Kinder anerkennt, dadurch freimacht und erbberechtigt erklärt. 

Ich glaube nun, daß all obige Urkunden als Illustration 
jenes Paragraphen anzusehen sind.* Und zwar unmittelbar 
diejenigen, in welchen der Adoptierende ein Mann ist, die 
daher juristisch sich als Paternitütserklürung bezeichnen 
lassen: so Nr. 1, 23, 11, auch ВАР 96, 97, wo Vater und Mutter 
adoptieren; mittelbar aber alle übrigen, wo eine Frau als 
Adoptierende auftritt, indem etwa anzunehmen ist, daß sie ein 
Kebsenkind ihres Mannes nach dem Tode desselben als ihr 
eigenes Kind anerkennt. Es müßte wundernehmen, wenn wir 
praktische Beispiele für die Adoption fremder Sklaven vor- 
fänden, dagegen keine für die Adoption und Freilassung eines 
eigenen® Kebskindes, wofür doch die Theorie eine besondere 
Bestimmung festsetzt, was auf die Häufigkeit derartiger Adop- 
tionen schließen läßt. 

Die Hauptsache aber bleibt, daß alle obigen Urkunden 
streng von jenen zu scheiden sind, in denen eine freie Person 
adoptiert wird, und die sich auch durch das Schema als be- 
sondere Gruppe kennzeichnen. Vgl. Anm. zu УШ 25 (Nr. 18). 

Kehren wir nun zu unserer Urkunde zurück. Meißner 
bringt dieselbe AS III 31, ebenso einige andere ähnlichen In- 
haltes, mit dem $ 32 des Hammurabi-Gesetzes in Zusammen- 
hang. Das ist vollkommen unrichtig. 

Dort handelt es sich um die Befreiung eines тій şûbê 
von der Kriegsgefangenschaft; dieser aber ist doch ein freier 
Mann, kein Sklave. Es trifft auch nicht den Kern der Sache, 
wenn Meißner a. a. O. sagt: ‚Die Freiheit wurde erlangt ent- 
weder durch Freilassung von Seiten des Herrn unter der Be- 


» Allerdings hat Meißner AS III 56 für manche obiger Urkunden diese 
Vermutung schon ausgesprochen, ohne aber die Klassifizierung streng 
durchzuführen. 

^ Eine einzige ausdrückliche Paternitätserklärung liegt VIII 374 (AS 
Ш 55) vor, wo jemand den ältesten unter fünf mit einer Sklavin ре- 
zeugten Sühnen adoptiert. 


10 II. Abhandlung: Schorr. 


dingung, daß der Sklave eine lebenslängliche Rente zu zahlen 
hatte, oder durch Loskauf (iptfiru).‘ Das Äquivalent für die 
Zahlung der Rente ist nicht allein die Freilassung, sondern 
auch die Adoption, womit doch weitere wichtige Konsequenzen 
wie Erbschaft usw. zusammenhängen. Was aber den Loskauf 
betrifft, der wegen des identischen Ausdruckes in VI 40°, Z. 6 
und $ 32 (öfter) für Meißner die logische Brücke bildete zwi- 
schen letzterem und den Freilassungsurkunden, so muß über- 
haupt bezweifelt werden, ob in dem einzigen Beispiele a. а. О. 33 
— mir ist auch keine andere analoge Urkunde bekannt — 
vom Loskauf eines Sklaven die Rede ist. Es könnte sich da- 
selbst ebensogut um die Befreiung eines Kriegers aus der Ge- 
fangenschaft handeln. Kisusü, der das Geld aus dem Šamaš- 
tempel für Ilu-abi ana ipterisu entlehnt, könnte sehr wohl als 
jener tamkaru aufgefaßt werden, von dem im $ 32 die Rede ist. 

Z. 1. Zu-ga-qu-um. Zur Bedeutung des Namens vgl. Her- 
mann Ranke: Early Babylonian Personal Names (The Baby- 
lonian Expedition of The University of Pennsylvania Series D. 
... Vol. III) S. 166%. Ich verweise hier ein- für allemal betreffs 
der Erklärung aller folgenden Eigennamen auf dieses treffliche 
Werk. Es sollen nur jene Eigennamen weiter erwähnt werden, 
in deren Interpretation ich von Ranke abweiche. 

Es mag betont werden, daß 7. 1—3 als Satz für sich: 
‚Der, dessen Name Z. ist, ist der Sohn des S. und der 0. 
gefaßt werden muß. So lautet auch in der Regel das Schema 
für den Anfang einer jeden Freilassungsurkunde: X ist der 
Sohn (die Tochter) des (der) Y. Diese Formel an der Spitze 
der Urkunde kennzeichnet dieselbe als Adoptions-, resp. Frei- 
lassungsakt. Darnach muß auch die Übersetzung in BAP 
Nr. 96 und Nr. 97, wenn anders sie juristisch präzise sein soll, 
berichtigt werden. Meißner übersetzt z. B. Nr. 97, Z. 1—5: 
‚Einen namens Маг-ЇМаг, den Sohn der Iltani und des Nidnat- 
Sin, haben Iltani und Nidnat-Sin adoptiert.'" Es muß aber 
heißen: 

‚Mär-Istar mit Namen ist der Sohn der Iltänı und des 
Nidnat-Sin. Iltäni und Nidnat-Sin haben ihm die Sohnschaft 
verliehen.‘ 


* Wie schon D. Н. Müller, Semitica I, 8, 25 ausgesprochen hat. 
b Dieselbe Übersetzung ist auch in AbR. 8. 27 beibehalten. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 11 


Z. 5. pu-zu = pütsw. Die Redensart рат ullulu oder 
ullulu findet sich noch einigemal in den Adoptionsurkunden.* 
Meißner AS ПІ 32 hat mit Recht ‚freigeben‘ übersetzt, denn 
diese Bedeutung fordert überall der Sinn. Die ursprüngliche 
Bedeutung aber ‚die Frontseite (das Antlitz) reinigen‘ weist auf 
eine religiöse Zeremonie hin, welche mit der Freilassung ver- 
bunden war. Darauf deutet ganz besonders VIII 48», Z. 6—7 
(Nr. 39), wo es vom Freigelassenen heißt: ana sit šamši pá- 
nisu iskun, womit vielleicht ein Dankgebet für die Befreiung 
aus der Sklaverei an Sama& gemeint sein soll, unter dessen sa- 
kralen Schutz er gestellt wurde. Vgl. Anm. zu VIII 48* (Nr. 39). 
Jedenfalls ist das Wort ullulu ‚reinigen‘ sonst hauptsächlich 
aus der kultischen Sphüre bekannt und eine kultische Hand- 
lung wird auch unserer Redensart zugrunde liegen. 

Z. 6—1. a-di ... ba-al-tu. Zu beachten ist das м, hier 
im konjunktionalen Relativsatz, ebenso II 8, 24: a-di «Дат 
&-pa-at-tu-(& und VIII 7°, 24 (Nr. 55). Vgl. D. Н. Müller, WZKM 
XVIII, S. 97 ff. 

Z. 9. i-ta-na-ši-šú. Die Form itanasi = ittanasi = inta- 
nasi ІЗ wörtlich ‚sich aufladen zugunsten jemandes* findet sich 
C. H. Kol. VI 4: it-ta-na-ds-si, УПІ» 81: it-ta-na-áš-ši-ši (Suff.) 
== Х\* 8, und auch in den Verträgen, so VIII 48», 10 (Nr. 39): 
i-ta-na-áš-ši-ši-ma ‚er wird sie unterhalten‘, VIII 29°, 6 (Nr. 13): 
it-ta-[nJa-s[i-31], VI 26*, 16 (Nr. 11): ita-na-Si-à3i-ma. Auch 
in spüteren Texten kommt die Form in der Bedeutung ,tragen, 
unterstützen‘ vor. Vgl. HWB? 135*. — Die Klausel, welche 
dem Adoptierten die Pflicht auflegt, den Besitzer lebenslüng- 
lich zu erhalten, kommt ófter vor. Sie begegnet auch in den 
griechischen Freilassungsakten. Vgl. Mitteis: Reichsrecht und 
Volksrecht, S. 386. 

Z. 9—10. а-па và-ar-ki-a-at mí", Die Redensart, die 
in den meisten Urkunden in der Schlußformel sich findet, ent- 
spricht dem Sinne nach dem hebr. own nur» Gn. 49, 1; Num. 
24, 14; Jes. 2, 2; Mi. 4, 1 usw. Bekanntlich kommt auch ina ak- 
rät ûmê, also wörtlich wie im Hebräischen, im selben Sinne vor. 

Z. 18 (auch 25). dla = ul findet sich öfter in unseren 
Urkunden; vgl. II 33, 12 (Nr. 2); VI 36*, 14 (Nr. 3); VIII 
28*, 16 (Nr.4). Vgl. BAP 123. 


^ Vgl. Wortregister s. v. 


12 И. Abhandlung: Scherr. 


išû eli Hier ‚einen Anspruch (eine Forderung) gegen 
jemand haben‘, ebenso II 40°, 5—7 (Nr. 71); II 46, 9 (Nr. 21); 
ГУ Та, 31—32 (Nr. 14): minam e-li-ia ti-šú ‚was du gegen 
mich hast‘. Vgl. auch C. Н. Kol. Пе 75 —III* 1: $um-ma a-ve-lum 
e-li a-ve-lim šeam й kaspam i-šú-ma; ПІ» 18, 27. Im C.H. 
kommt daneben auch die RA basü e-li ‚es lastet eine Schuld 
auf jemand‘ so XIII 74 u. ö. Diese Bedeutung hat 158 eli 
seltener. Vgl. BAP 124 (unten). 

Z. 19. Daß das Ideogr. MU, nicht, wie Daiches AR 15 
meint, ium, sondern nîš(u) zu lesen ist, beweisen die semitisch 
geschriebenen Schwurformeln wie VIII 26°, 16—11. Auch in 
späteren Texten kommt MU parallel neben пы vor, so Asb. 
I 21: a-die MU iláni = VIII 45: a-die ni-is iláni. Vgl 
HWB? 737. S. auch weiter. 

Z. 23—26. In diesen Zeilen haben wir einen neuen 
klassischen Beweis für die syntaktische Wichtigkeit der Par- 
tikel ma, die Müller in seinem Werke: Die Gesetze Ham- 
murabis, S. 252 ff. nachgewiesen hat. Wie sehr auf diese Par 
tikel wie auch auf das 4t nicht bloß im Gesetzbuch, sondern 
auch in den Urkunden geachtet werden muß, möge hier ge- 
legentlich an drei Beispielen aus den BAP illustriert werden, 
die Müller a. a. O. in seiner Richtigstellung der Meißnerschen 
Übersetzungen nicht beachtet hat. Nr. 94, Z. 9—13 lauten: 

9 U ma-ri d Bu-ni-ni-a-bi 19 й Hu-šú-tum aššat (?) ? Mar- 
duk И l-ir-si-ma ? T Samak-a-bi-tu 13 a-hu-šú-nu ra-bu-um. 

Meißner übersetzt: ,... und er soll sein ein Sohn des 
Bunini-abi und der Hušutu, der Priesterin (?) des Marduk. 
Sama&abitu ist ihr (21) ältester Bruder.‘ 

Richtig muß es aber heißen: 

‚Auch wenn Bunini-abi und Husutum, die Mardukprie- 
sterin (?), Kinder* haben sollten, bleibt Sama$-abitu ihr? ältester 
Bruder. 

Nr. 95, Z. 6—8: 6 u ma-ri “ Béltum twm.a-bi 7 й Ta-ra- 
am-Ul-mas li-ir-Su-i-ma З T U-bar-'Šamaš-ma a-pil-šú-nu ra- 
bu-um. 

Meißner: ‚Er soll sein ein Sohn des Bélit-abi und der 
Taram-Ulma&, Ubar-Samas ist ihr ältester Sohn.‘* 


^ ma-ri = mûrê рі.! b Sc. der Kinder. * Leider bat Meißner 
auch in AbR, S. 27 (1905!) dieselbe Übersetzung beibehalten. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 13 


Es muß aber übersetzt werden: 

‚Auch wenn Bälit-ali und Tarám-Ulmas Kinder* be- 
kommen sollten, bleibt doch’ Ubar-Sama$ ihr ältester Sohn.‘ 
Nr. 96, Z. 18—19: 18 u ma-ri li-ir-ii-ma 1° it-ti ma-ri-àá 
1-га-а2. | 

Meißner: ‚Er soll sein Sohn sein und mit seinem Sohne 
erben.‘ 

Ganz anders muß es richtig heißen: 

‚Auch wenn er^ Kinder haben sollte, wird er mit seinen 
Kindern teilen.‘ 

Unbeachtet hat aber Meißner in der Transkription die 
zwei wichtigen Zeilen auf der Außenseite dieser Doppelurkunde 
nach Z. 4 gelassen, die in der Kopie als Anmerkung gegeben 
sind. Sie lauten: 1 a ma-ri Ib-ni-"Samas li-vi-li-id ? itti ma- 
ri(?)-$u(?)* Arad-"Is-ha-ra i-z[a]-az. = ‚Auch wenn Ibni- 
Šamaš Kinder zeugen sollte, wird Arad-I&bara mit seinen Kin- 
dern erben.‘ 

Man sieht aus diesen wenigen Beispielen, welche syn- 
taktische und juristische Bedeutung dem ù und ma auch in 
den Vertrügen dieser Zeit zukommt. 

7. 96—91. Die Phrase arnam emédu ist vom С. Н. Kol. 
XIII* 22—23; XXVII 41—51 her bekannt. Die Bedeutung er- 
gibt sich aus letzterer Stelle: "Sin... ar-nam kab-tam se-ri-zu 
ra-bi-tam ša i-na zu-um-ri-šú la i-hal-li-ku li-mu-zu-ma == ‚Sin 

. möge ihm eine schwere Strafe, seinen großen Zorn, der 
von seinem Körper nicht weichen soll, auferlegen‘. Die RA 
bedeutet also strikte ‚eine Strafe auflegen‘, nicht aber ‚die 
Schuld beimessen‘, wie Winckler,® ‚die Schuld auferlegen‘ 
(Müller) oder ‚Unrecht auflegen‘, wie Meißner* übersetzt. Diese 
Bedeutung ergibt sich auch notwendig aus dem $ 172*, wie 
auch aus unserer Stelle, und paßt auch für die übrigen Stellen 


* ma-ri — máré pl.! ^ ma! der Betonung. ° Бе. pater adoptans. 

* Hier wie oben Nr. 94 und 95 deutet das @ in Zir(i)ma die hypo- 
thetische Form an. Diese Bedeutung des lû ganz gleich hebr. 72 ist 
bis jetzt nicht beachtet worden. Vgl. HWB?, wo diese Bedeutung nicht 
registriert ist. 

* So wird wohl nach Z. 19 zu lesen sein. 

f Diese zwei Zeilen bilden das Pendant zu Z. 18—19 der Innenseite. 

є ‚Gesetze Hammurabis‘ an den zitierten Stellen. 

ù AS Ш, В. 26. 


14 H. Abbandlung: Schorr. 


in den Verträgen. So II 39, 9—10 (Nr. 10), II 45, 18 (Nr. 25); 
II 47, 21 (Nr. 72). Daneben kommt VIII 24*, 7—8 (Nr. 42): 
$e-ir-tam ... i-mi-du in derselben Bedeutung vor. II 45, 18 
(Nr. 28) drüngt sich diese Auffassung direkt auf. 

2. 27. Aus den Z. 26—27 ergibt sich, daß es sich um 
die Freilassung eines Sklaven handelt, woraus dann die Be- 
deutung von (рат) ullulu resultiert. 

ma-ru a-vi-li ‚freie (Männer). Vgl. C. H. 8 203—204, die 
Hauptstelle für die Erkenntnis der Gesellschaftsklassen jener 
Zeit. Zu beachten ist hier im Kompositum die Pluralendung 
des ersten Elementes (mär&) gegenüber bel-kubulli (Kol. IX* 41) 
Zinsherrn* (pl.!), &ar-alim (III 70, XXIV* 19—80) ‚Stadtfürsten‘ 
(pl.).“ Allerdings kann таг avélim auch als einfacher stat. constr. 
angesehen werden. Das Wort kommt sonst in den Vertrügen 
dieser Zeit nicht vor. Nur einmal kommt a-ve-li-e vor (CT IV 
29*, Z. 6), doch in einem mir unklaren Zusammenhange. Auch 
auf den Begriff muskénu bin ich nur einmal in den Rechts- 
urkunden gestoßen, leider ebenfalls in einem nicht ganz ver- 
stándlichen Texte: VIII 1°, Z.T: ina mwus-ki-nu(!) in-na- 
та (?)-ša(?). Jedenfalls ist die phonetische Schreibung, die 
Zimmern bekanntlich aus CT XII 16, 42 für das in CH aus- 
schließlich angewandte Ideogramm zuerst eruiert hat, zu notieren. 

4. 46—47. Diese zwei Zeilen sind wohl als Randbemer- 
kung anzusehen und besagen: Die Kontrahenten haben etwaige 
frühere Urkunden, welche mit der vorliegenden in Wider 
spruch waren, gesetzmäßig zerstört. — Zum Gebrauch von 
istu im Sinne ‚gemäß [dem Gesetze]! vgl. Nr. 85: istu Rim- 
Sin. In derselben Bedeutung kommt auch varki vor, so VI 42», 
16—17; VIII 35», 8. Vgl. AS III 26 und Anm. 3 ibid. 


Nr. 9. II 33 (Bu. 91—368). 


Freilassungs- und Ehevertrag. 


1 Y А-па-й Aja-uz-ni 9 märat ! Ana-Aja-uzni ist die Toch- 
Sa-li-ma-tum ter der Salimatum. 
* Vgl. Ungnad, ZA XVII, 8. 362; XVIII, S. 11. — Auch im 6 7 des С.Н. 


ist már avélim gegen die allgemein übliche Auffassung ‚freier Mann‘ zu 
übersetzen. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 15 


3 T Sa-li-ma-tum * ù-li-il-ši- | Nachdem Salimatum sie 
та З ana ds-Sü-tim ° й mu- | freigegeben hatte, hat sie ° zur 
tu-tim Т а-па Be-el-áü-nu 8 тат | Ehe und Gemahlschaft dem 


Ne-me-lum i-di-si Béláunu, dem Sohne des Néme- 
lum, sie gegeben. 

9 A-na-"Aja-uz-ni 19 el-li-it Ana-Aja-uzni 19 ist frei. 

ma-ma-an 11 mi-im-ma e-li А- | Niemand soll etwas gegen Апа- 


na-"Aja-uz-ni !* ú-la i-šú | Aja-uzni anhaben. 
13 nis аата “Marduk | Bei Šamaš, Marduk und 
Ч й Su-mu-la-ilum 15 $4 a-và-at | Sumulailu [schwur sie], ob sie 
duppim an-ni-im 16 à-na-ka-ru. | die Worte dieser Tafel ver- 
| ändern wird. 
16 Zeugen. 


1 рав Li-bi-it-Itar 1 pân Bur-Nu-nu Y? рап WMAR-TU-ba-ni ® pän 
"Rammän-ri-me-ni ^ рап Ni-da-du-um ?% рап "Samas-e-mu-ki %3 рдп Im-gur- 
ru-um 24 рап Sin-i-ki-iá-am 15 рап Be-li-zu(?)-nu ** рдп "Aja-si-ti * pân La- 
ma-zi %% pân Hu-na-bi-ia 29 pán Be-ta-ni ® pân Amat-"Samas ® рап Na-ab- 
ritum 3? pân Sá-at-*Aja. 


Diese Urkunde hat Meißner AbR, S. 24 und AS III, 
8.46 publiziert. Eine Übersetzung und Erklärung derselben 
wie auch einiger anderen, habe ich vorher bereits in meiner 
polnischen Abhandlung* über die Hammurabi-Zeit geboten. 

Inhalt: Die Sklavin wird freigelassen durch Adoption. 
Gleichzeitig wird sie von ihrer Adoptivmutter verheiratet. 

Z. 1--3. Zur Bedeutung der ersten zwei Zeilen vgl. 
Anm, zu Nr. 1. 

Z. 5—6. апа áš-šú-tim й mu-tu-tim, wörtl. ‚zur Weib- 
schaft und Mannschaft‘. Es ist dies ein konkretes Kompositum 
für den Ausdruck des Abstraktbegriffes ‚Ehe‘, eine Art èv ZA 
tu» wie nadánu й mahäru ‚geben und nehmen‘ = ‚Handel‘. 
el D. H. Müller, Semitica, I. Ней, S. 17, Anm. 1. 

Z. 8. idi si = idišši = idin-si. 

Z. 13—14. Die Formel ist abgekürzt. Das Verbum des 
Schwures IN.PÁ. fehlt, wie in einigen anderen Urkunden. 





* Paistwo i spoleezeüstwo babiloüskie w okresie t. zw. dynastyi Hamura- 
biego (Kwartalnik historyezny, Bd. XIX, S. 561). 


18 IL Abhandlung: Schorr, 


solche Ausnahmen zitiert werden. Vgl. auch CT II 19, ?9: 
a-ve-lum Sippar^. 

Z. 13. 5a-qu-tu = ‚Priesterwürde‘, kommt später öfter vor. 

2.16. Zu-ma-ilum. Es ist wohl eine Variante neben den 
anderen verschiedenen Schreibungen dieses Kónigsnamens. Vgl. 
Lindl BA IV, S. 357 ff. Ranke hat in seinem BPN (5. 42, 
Anm. 1) diese Urkunde betreffs der Eigennamen ausgeschaltet, 
weil es ihm wegen des undeutlichen Kónigsnamens zweifelhaft 
schien, ob sie überhaupt der Zeit der I. babylonischen Dynastie 
zuzurechnen ist. Allein ein Vergleich des Schriftcharakters dieser 
Urkunde mit dem der übrigen aus der Zeit Sumu-lailums läßt 
keinen Moment daran zweifeln, daß dieselbe aus der Zeit Su- 
mu-ailums herrührt, somit Zu-ma-ilum == Sumu-lailum ist. Viel. 
leicht ist einfach das [а ausgefallen. Vgl. auch Pick OLZ IX, 
S. 104. Über die verschiedenen Erklärungen des Namens vgl. 
Daiches AR, S. 16—17. Ich schließe mich der Lesung Daiches 
an, der Sumu-lailum (d. i. lailum) liest, ohne aber für das zweite 
Element eine Erklärung geben zu können. 

Da in dem Schwurvermerk Z, 15—17 nur der Gott Ša- 
maš, nicht aber auch Marduk wie in anderen Urkunden aus 
der Zeit dieses Königs genannt ist, wird man mit Lind! 
BA IV 360 unsere Urkunde in die Zeit vor dem 5. Regierungs 
jahre Sumu-lailus zu setzen haben. 


Nr.4. CT VIII 28* (Bu. 91— 2186). 


Adoptionsprozef. 

1 Duppum а-па bitim Ad ! Urkunde in Sachen eines 
dárim* es(?)-Si-im ? šá Ma- | Hauses an der neuen Maueri?), 
nu-tum тата Ab-di-ra-ah [Besitztums] der Manutum, der 

Tochter des Abdıirah. 
з Т Ha-ma-zi-ru-um тата Nachdem Hamazirum, die 


A-bi-ha-ar * а-па Manu-tum | Tochter des Abibar, gegen Ma- 
[mär]Jat® Ab-di-ra-ah 5 ir-gu- | nutum, die Tochter des Abdi- 
um-ma | rab, ° geklagt hatte; 


* BÁD. b /ТОВЈ. SAL. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 19 


da-ia-nu ina bit "Šamaš | 


ê а-па miis tilim Ma-nu-tum 


! {-йї-пи-п@ ni-i$ "Aja 9 be- 


eL [ti ?]-&á. Ma-nu-tum iz-ku-ur- 
ma 

° ru-gu-[me]-e*-$d | i-zu-üh 

10 à-L [a] i-ta-ar-ma "На 
ma-zi-ru-um а-па bitim 1® ap- 
lu-tim bu-se-$á 13 й và-ar-ka- 
над 14 šá Ma-nu-tum ma-la 
i-ba-ás-iu-u 15 15% bi-e a-di 
hurdsim 1° аа e-ra-ga-am 


17 nis ''Samas й Aja "Мат- 
duk 18 à Su-mu-la-ilum it- 
ma 

19 di-in bit “Šamaš 29Ї Пи- 
sü-ba-ni ?! таг Tukulti*-ka(?)- 
ilum (2) 33 Y Is-me d Rammán(?) 
33 mår E.la-li-và*- kar. 


34 ріп I-din-? NIN-SAH (?) % mûr Ilu-ma 38 


die Richter im Tempel des 
Šamaš die Manutum bei Gott 
hatten schwören lassen; Ma- 
nutum (auch) den Schwur bei 
Aja, ihrer Her[rin] geleistet 
hatte, 

hat sie ihre* Ansprüche 
hinfällig gemacht. 

10 Indem sie [das Urteil] 
nicht anficht,° wird Hamazirum 


| wegen des Hauses, der Adop- 


tion, des Besitztums und Nach- 
lasses der Manutum, soviel vor- 
handen ist, ! vom Munde bis 
zum Golde, nicht klagen. 

Bei Šamaš und Aja, Mar- 
duk und Sumu-lailu hat sie 
geschworen. 

Urteil des Sama&tempels. 


2 Richter, 3 Beisitzer. 


aŠamaš-idinnam! (?) 


7 mår 9 Sin-i-din-nam (?) 29 pän "Istar-ummum® € 29 márat (?) A-ab-ba-(bum h bem 


% dupi£arrum (?). 


Da die Prozeßurkunden ziemlich häufig sich vorfinden, 


kann man auch das Schema derselben genau feststellen. Es 
ist selbstverständlich, weil durch die Natur des Prozesses ge- 
geben, daf das allgemeine Schema nur jene formale Seite 
betreffen kann, die jeder Prozefurkunde als solcher zukommt, 


* Die Spuren von e sind noch sichtbar. Vgl. das vierte Zeichen Z. 15. 
b KU (?). 
* Die vier Silben sind nach der Kopie fraglich. 
* Sc. der Klügerin. 
* Bc. in Zukunft. Ebenso in allen Vertrags- und Prozeß-Schlußklauseln. 
f MA. AN (?). SUM (?). є DAMAL"“. ь DUG. 

E 


20 П. Abhandlung: Bchorr. 


daß aber im übrigen das Schema variiert, je nach dem kon- 
kreten Prozeßmotiv und der Art des Prozeßverfahrens. 

Als allgemein gültiges Schema sind nun folgende Punkte 
zu betrachten: 

1. Rubrum, enthaltend Prozeßobjekt resp. Prozeßmotiv, 

eingeleitet gewöhnlich durch ana oder assum. 
. Name des Klägers und Angeklagten. Klage.* 
. Urteil. 
. Vermerk über Unzulüssigkeit der Urteilsanfechtung.' 
. Schwur des Verurteilten. 
. Richter und Zeugen (Beisitzer); Datum. 

Oft werden wir aber auch über die Art der Untersuchung, 
resp. des Prozeßverfahrens unterrichtet, wie auch über andere 
Klauseln, welche sich auf die Sicherung der Rechtskraft des 
Urteils beziehen. Ich lasse hier zur Übersicht das Schema 
aller ProzeBurkunden in Stichworten folgen, welche den ganzen 
Inhalt jeder Urkunde berücksichtigen: 

Nr. 4: Rubrum. — Klage. — Schwur des Geklagten. — Zu- 
rückweisung des Anklügers. — Anfechtung. — Schwur- 


с O' фо t 


Nr.5: Rubrum. — Klage. — Urteil: Zurückweisung der 
Klage. — Anfechtung. — Schwur. 
Nr. 8: Rubrum. — Klage. — Urteil: Zurückweisung der 


Klage. — Anfechtung. — Schwur. 
Nr. 9: Klage. — Urteil: Zurückweisung (Schema abgekürzt). 
Nr. 10: Rubrum. — Klage. — Urteil: Strafe über den Klüger? 
— Schriftliche Verpflichtung des Verurteilten, 
nicht zu klagen." — Anfechtung. — Schwur. 
Nr. 15: Klage (1. Kläger, 2. Angeklagter — Objekt [assum] 
— Urteil: Schwur des Angeklagten. — Ausgleich. — 
* Über die verschiedenen technischen Ausdrücke für den Begriff der 
Klage vgl. Anm. zu Nr. 21, Z. 11. 
b Vgl. Anm. zu Z. 10—16. Ich bezeichne weiter diesen Punkt kurz: An 
fechtung*. 
* Sc. des Verurteilten. Punkt 6 (Richter, Beisitzer, Datum), der überall 
vorkommt, notiere ich nicht. 
4 Doch wird die Art der Strafe nicht angegeben. 
* Technischer Ausdruck: duppi lá ragämi, 
f Die Reihenfolge weicht vom Schema ab. 
є Der Angeklagte scheint den Schwur verweigert zu haben. Vgl. Anm. 
zu Nr. 15. 


Nr. 


Nr. 


Nr. 


. 26: 


. 28: 


. 98: 


‚41: 


85 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 21 


Anfechtung. — Vermerk über Auftauchen der 
Besitzurkunde. — Schwur beider Parteien. 


: Rubrum. — Klage. — Schwurauflage für den An- 


geklagten. —  Ausgleich* und dessen Inhalt. — An- 
fechtung. — Schwur beider Parteien. 


: Klage (— Nr. 15). — Urteil: Sehwur des Angeklagten. 


— Zurückweisung der Klage. — Schriftliche Ver- 
pflichtung (= Nr. 10). — Anfechtung. — Schwur. 


2: Rubrum. — Klagemotiv. — Klage. — Urteil: (Auf- 


hebung der Adoption). — Klausel über Auftauchen 
der Adoptionsurkunde. — Schwur. 


: Rubrum. — Klage. — Urteil: Strafe des Stirnmarkens. 


— Schriftliche Verpflichtung (= Nr. 10). — Anfechtung. 
— Schwur. 

Klage. — Urteil. — Schriftliche Verpflichtung (= 
Nr. 10). — Schwur. 

Rubrum. — Klage. — Untersuchung. — Urteil: Er- 
satz und Mutwillenstrafe über Kläger. — Anfechtung. 
— Sehwur. 

Rubrum. — Klage. — Urteil: Vernichtung der An- 
spruchsurkunde. — Anfechtung.* — Schwur. 

Klage: (Angeklagter — Objekt (асс.!) — Kläger). — 
Urteil: Zurückweisung der Klage. — Anfechtung. — 
Schwur. 


: Rubrum. — Urteil: Strafe über Klüger. — Anfechtung. 


— Schwur. 


: Rubrum. — Klage. — Geklagter legt Rechnung vor. 


— Ausgleich. — Anfechtung. 


: Rubrum. — Klage. — Aussage der Kläger. — Zeugen- 


verhör. — Urteil: Strafe über den Richter (?) [Zu- 
rückweisung der Klage]. — Anfechtung. — Klausel 
für den Fall der Anfechtung. 

(BAP Nr. 43): I: Rubram. — Klage. — Schwur des 
Geklagten. — Urteil: Zurückweisung der Klage. 


* Vgl. Anm. zu Nr. 16. 
è Inhalt des Urteils nicht angegeben. 
* Form der Klausel abweichend vom Schema. 


29 II. Abhandlung: Schorr. 


Nr. 85 II: Klage. — Zeugenverhör. — Urteil: Zurück мег 
sung des Klägers. — Anfechtung. 

BAP, Nr. 100: Klage. — Schwur der Angeklagten. — Urteil: 
Abweisung der Klage. — Aufechtung. — Schwur. 

Es ist in den Prozeßurkunden dieser Zeit oft nicht leicht 
zu konstatieren, ob es sich um Adoption, Erbschaft, Schenkung 
oder Eigentumsrecht überhaupt handelt, weil nicht immer der 
Forderungstitel des Klügers angegeben wird. 

Auch in unserer Urkunde kónnte man allerlei vermuten, 
weil das Verwandtschaftsverhültnis der Prozeßparteien nicht 
angegeben wird. Allein Z. 11—15, besonders aber Z. 12: ap- 
lu-tim weist darauf hin, daß es sich um Adoption handelt. 

Allerdings würde auch das Vorkommen von aplätu den 
Charakter des Prozesses nicht entscheiden, denn dieses Wort 
kommt in doppelter Bedeutung im C. H. sowohl, wie auch in 
den Urkunden vor, und zwar: 

1. Sohnesanteil, resp. Kindesanteil, weil derselbe Aus- 
druck auch auf das Erbrecht der Tochter angewendet wird. 
Vgl. C. H. ХУ», 18, 69—10; ХҮІ, 87—90 usw., ferner in den 
Urkunden II 41°, Z. 31 (Nr. 30): ap-lu(!)-za i-na-di-in ‚ihren 
Kindesanteil darf sie verschenken‘; IV І», 21: ap-lu-za i-na- 
di-in (in derselben Bedeutung). 

2. Sohnschaft, Adoption. Vgl. С. H. ХП» 19, 23, 35, 
und in den Urkunden II 31, 1—3, 13, 17 (Nr. 22); II 40° 3 
(Nr. 40): ap-lu-tam i-di-in ‚die Kindschaft hat er verliehen‘; 
VI 47* 15—16: a-šá-ar täb-bu-Si-im ap-lu-za i-na-di-in ‚wo es 
ihr gefällt, kann sie ihre Adoption verleihen‘. 

Die sichere Handhabe für die Bestimmung der Prozeß- 
gattung unserer Urkunde sowohl, wie auch ähnlicher analogen, 
bieten die Z. 11—16 im Zusammenhang betrachtet. Die Klä- 
gerin hat keinen Anspruch auf das aplütu, busü й varkäte, 
d. h. auf die Kindschaft, das Barvermögen und das Erbe (Nach- 
laß) der Geklagten. Diese drei" erwähnten Begriffe bilden ein 
stehendes juristisches Schema in den Adoptionsurkunden. Vgl. 
УГ 47°, Z. 1—4: 1 а-па eklim Ийт epsim ? astapirim ° bu- 
$е-54 và-ar-ka-t[if-sd * ap-lu-ti-šá ... Somit wird auch hier 

a Im Gesetzbuch kommt daneben marütum = ‚Adoption, Kindschaft‘, so 


in den 88 185 ff, vor. 
^ Manchmal stehen nur die zwei letzteren, wie VIII 25%, Z. 25. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 23 


die Adoptionsfrage die Grundlage des Prozesses gebildet haben. 
Die Sachlage wird daher folgende gewesen sein: Die Klägerin 
erhebt Anspruch auf das Haus der Geklagten, vermutlich auf 
Grund einer angeblichen Adoption. Da keine schriftliche Ur- 
kunde vorhanden ist, legen die Richter der Geklagten einen 
Schwur auf, worauf dann die Klägerin abgewiesen wird. 

Es ist natürlich verfehlt, wenn Meißner AS, III 27—28 
einen ähnlichen Prozeß, in dem deutlich die Adoption das 
Prozeßmotiv bildet (VIII 12%), in Zusammenhang mit $ 3—4 
des Gesetzbuches bringen will und daraus Schlüsse zieht für 
das Verhältnis der Gesetzestheorie zur Praxis. Denn das Er- 
heben einer unbegründeten Klage ist noch lange nicht mit fal- 
schem Zeugnis identisch, wie D. Н. Müller* mit Recht gegen 
Meißner betont. Ähnlich verhält es sich im Prozeß CT II 47 
(Nr. 72), wo wir es auch nicht mit Zeugen, sondern mit Privat- 
klägern zu tun haben. Nur in einem einzigen Falle wird dem 
Kläger in einer Zivilsache (wegen eines Hauses) die Strafe des 
Stirnmarkens" auferlegt — die einzige Prozeßurkunde übrigens, 
in der die Strafe spezifiziert ist — wahrscheinlich, weil sich 
die Klage nicht bloß als ungenügend begründet, sondern auch 
als mutwillig erwiesen hat. Ebenso wird auch II 45, 16—18 
(Nr. 28) zu verstehen sein. S. weiter unten. 

Zu bemerken ist noch sachlich, daß in der Regel im Pro- 
zeß der Schwur dem Angeklagten auferlegt wird, so außer 
unserem Falle noch II 46 (Nr. 21); VI 33° (Nr. 15); VIII 12° 
— AS, III 28. Der Schwur wird wie bei den Zivilvertrügen, 
so auch in den Prozessen gewöhnlich bei den Hauptgöttern 
Sama&, Aja, Marduk und dem König geleistet, doch hie und 
da bloß beim Namen des Königs, so IV 23», 6; VIII 40», 10 
(Nr. 31); VIII 50*, 12. 

Z. 1—2. Diese zwei Zeilen fasse ich nach einem rich- 
tigen Vorschlag Prof. Müllers als Rubrum auf; ebenso in allen 








* Semitica: Sprach- und rechtsvergleichende Studien I, S. 21 (Sitzungsber. 
der Wiener Akademie, Bd. 153, III. Abh.). 

b Oder nach meiner Auffassung: des Haarabschneidens zum Zeichen der 
Schande. Vgl. WZKM XVIII, 234 und A. Büchler: Das Schneiden des 
Haares als Strafe der Ehebrecher bei den Semiten (WZKM XIX, 8. 91ff.). 
Die Ausführungen Büchlers bestütigen vom ethnologischen Gesichtspunkt 
die Richtigkeit meiner Interpretation in den $8 127, 226—227. 


24 И. Abhandlung: Schorr. 


Prozeßurkunden, die mit ana oder aššum beginnen. Den Be- 
weis für die Richtigkeit dieser Auffassung bietet das Schema 
überhaupt, ganz besonders aber IV 47*, 1—6 (Nr. 16), wo in 
7.6 das Prozeßobjekt nochmals aufgenommen wird. 

dûrim es(?)-Si-im. Ich habe übersetzt ‚an der neuen 
Mauer‘. Möglich ist auch, daß Där-es5u eine Ortschaft war; 
das Fehlen des Ortsdeterminativs darf nicht auffallen, weil dies 
häufig der Fall ist. 

Z. 5. da-ia-nu. Wie im C. H. lautet auch in den Ur- 
kunden der Plural: 4аїапй. Vgl. Würterverzeichnis s. v. 

Z. 6. ana nis ilim nadänu wörtl. zum Schwur bei Gott 
bestimmen‘, kommt öfter als juristischer Terminus vor. Vgl. 
УТ 33°, 10—11 (Nr. 15); ВАР, Nr. 100, 9. 

7. 1—9. Die RA: nis ilim zakáru ‚bei Gott schwören‘ 
ist aus dem C. H. IX 11—12 u. 5. bekannt, ebenso rugummiü 
‚Anspruch‘ C. H. VI 18 п. 0. 

Z. 10—16. à-la i-ta-ar-ma ... à-la e-ra-ga-am. — Diese 
stereotype, auch aus den neubabylonischen Rechtsurkunden ge- 
läufige Formel bedarf einer genauen Erklärung, wenn sie sach- 
lich richtig verstanden werden soll. Zunächst muß festgestellt 
werden, in welchen Urkundenarten diese Formel vorkommt: 

a) In Prozeßakten fast ausnahmslos.* 

b) In Zivilverträgen nur in gewissen Gattungen, und 
zwar: beim Kauf (BAP Nr. 35, 18—21), Tausch VIII 22* 
(Nr. 37), BAP Nr. 49; Sozietütauflósung BAP Nr. 78, 79; 
Erbteilung IV 46° (Nr. 36), BAP 107, Depositrücknahme 
BAP Nr.27. Jedoch kommt in all diesen Gruppen in der 
Regel die kürzere Formel: ul irágam vor, wofür keine Bei- 
spiele nótig sind. 

c) Bei Darlehen, Miete (sowohl Personen- wie Sachen- 
miete) Ehe, Adoption fehlt die Formel überhaupt. 

Die juristische Bedeutung der Formel ist im allgemeinen 
klar: Sie besagt, daß die im Vertrag enthaltene Rechtshandlung 
(resp. das Rechtsurteil) in Wirkung tritt und als solche nicht 
angefochten werden darf. Es ist darum zum Teile verstündlich, 
warum sie in der Gruppe c) nicht vorkommt. 


* Sie fehlt: II 31 (Nr. 22); VI 49° (Nr. 26). Nur ragämu VIII 43* (Nr. 38) 
in hypothetischer Form. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 25 


Was bedeutet aber in dieser Formel der erste Teil: ul 
Нат? Die Frage ist nicht ohne Belang, zumal für die Prozeß- 
urkunden, wie wir gleich sehen werden. Geht man von der 
wörtlichen Bedeutung aus, so heißt das: Er wird nicht ,um- 
kehren, sich umwenden‘, was juristisch ‚Einwendungsklage er- 
heben‘ bedeuten mag,* oder ‚Ungültigkeitsklage erheben‘ (Meiß- 
ner). In diesem Falle besagt aber itär dasselbe was iragam 
und es ist bei der Prägnanz der juristischen Terminologie zu 
dieser Zeit kaum anzunehmen, daß für denselben Begriff zwei 
Worte hätten verwendet werden sollen. Nun scheinen mir drei 
Stellen ein gewisses Licht auf die Bedeutung von täru zu 
werfen: 

VIII 38°, 9—10: li-mu-un "Šamaš й An-ma-ni-la #4 а-па 
a-và-ti-34. T-tu-ru. 

ВАР Nr. 35, 22—24: nii “Šamaš à Im-me-ru-um it- 
тий 3d а-па a-và-ti-šú-nu i-tu-ru. 

AUS, Nr. 48 (Sipp. 56), 12—14: (пів...) й An-ma-ni-la 
id a-na(!) a-và-ti-$u i-tu-ru. 

Diese drei Stellen lassen es als sehr plausibel erscheinen, 
daß der Ausdruck täru in den Urkunden eine Abkürzung" 
aus: ana aváti$u táru, d.h. wörtlich ‚zu seinen (oder wegen 
seiner) Worten zurückkehren‘, ‚die Worte rückgängig, ungültig 
machen‘, ‚den Inhalt anfechten‘. 

Die ganze Formel ist daher zu übersetzen: ‚Indem er 
nieht [den Inhalt] anficht,^ wird er nicht klagen‘. Diese Formel 
paßt sowohl für die Zivilverträge, wie auch für die Gerichts- 
urtelle. Es ist daher in Verträgen zu übersetzen: ‚er wird 
(den Vertrag] nicht anfechten‘, in Prozeßurkunden: ‚er wird 
(das Urteil] nicht anfechten‘. Nun fragt sich aber: wie ist die 
Formel in den Gerichtsurteilen strikte zu verstehen? Besagt 
sie, daß der Verurteilte nicht ein zweites Mal klagen soll in 
derselben Sache vor demselben? Gerichtshofe, oder daß er 


* So Peiser: U III D (passim). 

b Abgekürzte Redensarten kommen auch sonst vor, besonders bei der 
Schwurformel. Vgl. z. B. II 31 (Nr. 22), Z. 20—21 u. 5. 

* Daß diese Klausel sich auf die Zukunft bezieht, auch in Prozeßakten, 
beweist VIII 6», 21—93: UKUR.SU (= апа таёта) ú-ul i-ta-ar-ma 

. d-ul i-ra-gu-mu (in einem Gerichtsurteil). Ebenso ГУ 47%, 25—26 

(Nr. 16). 

* Oder: einem anderen. 





96 И, Abbandlung: Schorr. 


keinen Rekurs, vor einer höheren Instanz also, einlegen 
dürfe, umsomehr als in dem Worte täru der Begriff des Re- 
kurrierens auf den ersten Blick zu liegen scheint? Nach obiger 
Darlegung der prägnanten Bedeutung von täru ist aber letztere 
Annahme ausgeschlossen. 


Wenn es daher in einigen Prozeßurkunden, wie BAP, 
Nr. 80, 2; II 46, 10 (Nr. 21); II 45, 6—7 (Nr. 28) in der Ein- 
leitungsformel gegen das übliche Schema heißt: itr irgum, 
so wird man daraus nicht schließen dürfen, daß es sich um 
einen Appellationsprozeß handelt, sondern vielmehr um die 
Anfechtung einer zivilen Rechtshandlung, so BAP Nr. 80; II 
45, (Nr. 25), oder um eine zweite Klage in derselben Sache, 
so II 46 (Nr. 21). 


Ganz besonders geht das aus ВАР, Nr. 43* (Nr. 85) her- 
vor, wo es in einem zweiten Prozeß in derselben Sache, aber 
von einem anderen Kläger heißt: Z. 15—11: itûr о... ipkur- 
ma. Dort ist die Bedeutung ‚er hat rekurriert‘ ganz aus- 
geschlossen und es drängt sich der Sinn auf: ‚er hat [das 
Urteil] angefochten‘. 

Z. 13. vü-ar-ka-ti-8a 34 Ma-nu-tum. Bemerkenswert ist 
die syntaktische Verbindung, ganz wie im Aramäischen und 
Athiopischen. 

Z. 14. ma-la i-ba-ds-sü-G. Das u am Ende des Verbums 
sowohl in attributiven wie auch konjunktionalen Relativsützen 
wird in den Urkunden konsequent beobachtet. Vgl. ГУ 7», 30 
(Nr. 14); VIII 28», 7 (Nr. 5); VIII 25*, 11—18 (Nr. 18); II 45, 
16 (Nr. 28); VIII 12°, 5—7 (Nr. 29); VIII Те, 24 (Nr. 55); 
VIII 364, 5 (Nr. 58); II 8, 24 (Nr. 64). Die einzige mir be- 
kannte Ausnahme ist II 41», 12—14 (Nr. 30): ға... id-di-in. 

7. 15. Was die Phrase ‚vom Munde bis zum Golde‘ be 
deutet, ist unklar. Man erwartet etwa den Sinn: ‚vom Ge 
ringsten bis zum Kostbarsten‘. Meißners Vermutung АБК, 
8.18, Anm. 1 ‚von der mündlichen Besprechung bis zur Ве 
zahlung‘ paßt nicht für den Kontext in den Prozeßurkunden. 

Z. 16. е-та-да-ат = irdgam. Vgl. ЇЇ 37, 24: dla ета 
ga-mu. 


a = КВ IV 22. 


Althabylonische Rechtsurkunden, 27 


7. 18. й-та. So lautet in der Regel рі. fem. Impf. Vgl. 
П 50, 26 (Nr. 8): it-ma; VIII 22%, 16 (Nr. 37): it-ma-a. Aber 
auch sing. masc. lautet: it-ma, зо IV 33°, 17 (Nr. 17); II 46, 
19 (Nr. 21). Da aber bekanntlich in dieser Zeit in der III. sing. 
die Maskulin- und Femininform nicht unterschieden werden, 
so kann man auch hier it-ma ‚sie hat geschworen‘ wiedergeben, 
was auch sachlich richtiger ist. Nur die Klägerin allein wird 
wohl geschworen haben, daß sie keine weiteren Ansprüche hat. 

7. 19. Der Tempel ist zugleich Sitz des Gerichtshofes. 
ОЬ aber die Richter nur aus Priestern bestehen, ist kaum an- 
zunehmen. Bemerkenswert ist Z. 23—30 eine Frau als Ge- 
richtssekretär. Sie war wohl Priesterin. 

Die Urkunde ist nicht datiert, doch kann man, nachdem 
im Sehwurvermerk der Gott Marduk erwähnt ist, dieselbe aus 
der Zeit nach dem 5. Regierungsjahre des Sumulailum datieren. 
Vgl. ВА IV 360. 


Nr.5. CT VIII 28^ (Bu. 91—327). 


Erbschafts(?)prozeß. 
! Dub-bi la ra-ga-mi-im ! Urkunde, daß nicht [Ein- 
wendungs]klage erhoben wird. 
2 $d 1 GAN eklim #4 e-bi- [In Sachen] von 1 GAN 


ir-tim ? 1 SAR bitim (?) ita 
$4 ahátsa(?)* * märüsa й та- 
rfätesa] 9 astapirum* 6 ekil- 
54 (1) й ema-ti-[5a?] ° ma-la 
80-0 й е-[та-а5-#4-1] 9 1 946. 
vardum A-bu-um-ba-ni vi-li-[id 
bi-tJi-šd 9 1 5A2amtum Šamaš- 


Feld am jenseitigen Ufer, 1 ЗАВ 
Haus(?) neben dem ihrer Schwe- 
ster, ihrer Söhne und Töchter, 
5 wegen des Hausgesindes, 
ihres (!) Feldes und ihrer Mo- 
bilien, soviel sie besitzt und 
erwerben wird, des Sklaven 
пи-ті $4 i-na ra-ma-[ni]-iá (2) | Abum-bäni, ihres Hausgebor- 
" T Be-li-tum i-šá-mu-ši И 1 | nen, der Sklavin Šamaš-nůri, 
м HAD . AU :. GU 2 й ka-na- | welche 19 Bélitum aus eigenem 
áš-ra(?) ? à [mu]-ta-bi-il-tum | gekauft hat, wegen eines stei- 


* ММ (?).А.ХІ. 
^ SAG.AMAT.ZUN à SAG.[NITA.ZUN]. 
© So sind diese zwei Zeichen nach VIII 345, 2. 9 sicher zu lesen. 


28 


13 $4 ina kw-nu-uk-ki-&á šá- | 


at-ru 


Y Etil-pi-"Samas Ibi (!)- 
Sin 15 Ї "бата$-ВедаЙит й 
Be-lum mûrû Nu-ür-"Samas 
16 а-па Be-li-tum ir-gu-mu-ma 


U da-ia-nu i-na bit Šamaš 
18 fr Ju-gu-ve (?)-Sü-nu i-zu-hu 


19 йа Ctu-ur-ru-ma 29 a- 
na Be-li-tum ü-la i-ra-ga-am 


21 nis "Samas à "Aja nis 
"бата$ 3? à Su-mu-la-ilum 
itmü 

23 di.in bit "Samas 

*4 1 A.ve-lum mûr Bur-"Sin 
25 Y sSín-i-di-[in] таг I-bi-"Sin 
"i lum-na-si-ir már Nu-ür-É.a 
эту LDUSNIN.SAH 38 таг Pi- 
3d-"!Samas "T llSin-a-bu-$ü 
ra-bé-su (Ф) 3° таг Ki-nam-ilí 
31 | "[itar-ummi* ?? märat Á- 
ab-ba-táb*-bu-um dupsarrum(?) 
зз daianá bit "Šamaš. 





IL Abhandlung: Schorr. 


nernen...und 2...‘ und wegen 
der beweglichen Sachen, wel- 
che in ihrer Urkunde ver- 
zeichnet sind. 

Nachdem Etil- pî- Šamaš, 
Ibi-Sin 15 Šamaš-hegallum und 
Bêlum, die Söhne des Nûr- 
Šamaš, gegen Belitum geklagt 
hatten, 

haben die Richter im Ša- 
ma&tempel ihre Klage abge 
wiesen. 

Indem sie [das Urteil] nicht 
anfechten, werden sie ?? gegen 
Bélitum nicht klagen. 

Bei Samas und Aja, bei 
Šamaš (sic) und Sumulailum 
haben sie geschworen. 

Urteil des Samaitempels. 


6 Richter (darunter 1 Frau). 


33 Richter des Samastempels. 


Die Grundlage dieses Prozesses läßt sich mit Wahrschein- 


lichkeit aus den Z. 10—13 bestimmen. 


Die Kläger scheinen 


das Eigentumsrecht der Bélitum betreffs der aufgezählten Dinge, 
trotzdem sie ihre Kaufurkunde vorgezeigt hatte, angefochten 


zu haben. 


* DAMAL.MU, 


Die Worte Z. 9: ina ramänisa deuten darauf hin, 


d Das Zeichen ni ist aus бі = DUG verschrieben. 
* Es sind Geräte, wie das Determinativ zeigt. 


4 Se, der Bélitum. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 29 


daß die Kläger ein Anteilsrecht an den gekauften Sachen 
beansprucht haben. Auf Grund welchen Titels? Der Name 
des Vaters der Bélitum wird nicht genannt, daher scheint es 
mir möglich, daß sie die Schwester der Kläger ist und daß 
es sich um eine Erbschaft handelt. Es ist leider ein Mangel 
in unseren Prozeßurkunden — wie das schon Meißner* her- 
vorgehoben hat — daß das Urteil fast niemals motiviert wird. 
Das erschwert oft die nähere Bestimmungsmöglichkeit der ganz 
allgemein und schematisch abgefaßten Urteile. 

Z. 1. Фиррі la ragämim. Zu beachten ist die nur dem 
Aramäischen eigentümliche Konstruktion. Vgl. II 39, 11 (Nr. 10): 
ku-nu-kam $á la ra-ga-mi. Ganz ähnlich heißt es Dan. VI 9: 
mm xb “т капо DÉEN, 

Z. 6. e-na-ti-3a. Ist enáti = unáti ‚Hausgeräte, Mobilien‘, 
vgl. C. H. XIV 50: d-ni-a-tim? — oder ist nach НУУВ?, 5. 13" 
‚Diamanten‘ (enäte) zu übersetzen? Ersteres scheint mir wegen 
des Zusammenhanges wahrscheinlicher. 

Z. 8. Die Ergänzung ist wohl richtig. vilid bitim = 
hebr. ma vb Gen. XIV 14; ХҮП 12—13; Lev. XXII 11; 
Jer. II 14, gewöhnlich im Gegensatz zum gekauften Sklaven, 
wie hier ebenfalls. 

Z. 9. ina ramänisa ‚sie selbst‘, d. В. auf eigene Kosten, 
vgl. C. H. XIX 90—91 ($ 232): ina makkur ramänisu. 

Z. 10. i-šá-mu-ši. Sämu-isam (impf.) = ‚kaufen‘. So lautet 
das Imperfekt in der Bedeutung ‚kaufen‘ ausnahmslos im 
Gesetzbuch sowohl, wie in den Urkunden, auch in den neu- 
babylonischen. Es ist daher mit Ungnad* von Séámu-isàm 
‚festsetzen, bestimmen‘ zu trennen. Vgl. Mischn. ow ‚schätzen, 
den Preis bestimmen‘ gegenüber mw ‚machen‘, worauf mich 
Prof. Müller aufmerksam macht. 

Das überhüngende м, das hier regelrecht nach šá steht, 
kommt auch in Relativsützen ohne Relativpartikel vor, so IV 7*, 
30 (Nr. 14): asar Elia tábu, VI 48*, 23—24 (Nr. 11): sattum 
Apil-Sin ... i-ru-bu; VIII 364, 5 (Nr. 58): ka-ni-kam i-zi- 


* ВАР, 5.6; AbR 5. 

è Vgl. ВАР 93, Anm. 1. 

° ZA XVII, В. 360, Anm. 2 (НУУВ?, S. 1053 wird unrichtig auf S. 300, 
Anm. 1 verwiesen). 


30 П. Abhandlung: BSehorr. 


bu-ma; II 8, 16—17 (Nr. 64): ina бт ebürim eklam i-&d-ad- 
da-duma (sing.!) = VIII 10°, 12—13 (Nr. 63). 

Z. 11. Die Bedeutung dieser zwei Geräte ist mir nicht 
bekannt. Vielleicht ist das zweite Wort auch ideographisch 
zu lesen. 

Z. 12. Ich habe die erste Silbe ergänzt, weil muttabil- 
tum (1? part. fem.) als ‚Hausgerät, Mobilien‘ bekannt ist. Viel- 
leicht ist unátu hinzuzudenken, vgl. Asb. VI 19: ипи mutta- 
bilti ékallátisu. Solche orthographische Versehen kommen in 
den Urkunden nicht selten vor. Vgl. ГУ 30», 12: a-fva-Jzu:; 
VI 35*, 1: na-ás-[pa-]ku-tu; IV 495, 11: i-id-[mu]; VI 41°, 
10: ra-[ga-Jam ; VI 27°, 29: ha-[ab-]lu-ni-in-ni; VIII 28°, 25 
(Nr. 6): fa-Jva-at; VI 31", 6 (Nr. 47): a-[ve-]lim = 7.11; U 
28, 9 (Nr. 35): a-và-tu-[sá-]nu. 

Z. 13. kunukku ,versiegelte Urkunde‘. Vgl. schon ВАР 111, 
C. H. VI 9 u. 5. 

Z. 29. Zur Bedeutung von ra-bé-su, das jedenfalls irgend 
eine Beamtenbezeichnung ist, vgl. HWB? 951. — Auch diese 
Urkunde wird vor das 5. Jahr Sumu-lails zu setzen sein. 


Nr.6. CT VIII 28? (Bu. 91—863). 


Erbteilung. 


1 1 САМ eklim ? i-na Ba- 
ma-tum ? #4 La-di-ma-tim * ita 
E-nihu-um 5 à Ma-bi-ia 9 Ad 
itti Se-ir-se-du-um 1 | Leien 
mu-a-bu-um 8 i-éá-mu 1 5Ават- 
tum (1) "Siín-rabi* 9 1 аїрит? 


"|Sín-ga-mi-il 1° 1 alpum Sd-ni- | 
bi-tim !! 2 littum* Am-ma-hu | 


12 9 littum Bu-ru-si-e-tum 


13 zitti Sa-li-ma-tim 14 SAL. 
SUR “Šamaš 15 márat Ne-me- 
lum 18 mi-im-ma И a-ni-ım 


* GAL. » GU(D). 


* LIT. 


! Ein GAN Feld, in Ba- 
matum (?), gehörend der Ladi- 
mátim (?), neben Énibum 5 und 
Mabia(?), welches von Šêr-šê- 
dum Izi-samu-abum gekauft 
hatte, — eine Sklavin [hat] 
Sin-rabi, ein Rind Sin-gämil, 
10 ein Rind Sani-bitim, zwei 
Kühe Ammahu, zwei Kühe 
Burusétum (?) [genommen] — 

ist der Anteil der Salima- 
tum, der Samaäpriesterin, !5 der 
Tochter des Némelum. All das 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 31 


18 iti 19 ASin-en-nam 29 й ah- | hat sie mit Sin-ennam 29 und 
hi-$ü 21 d-zu-us(!) seinen Brüdern geteilt. 
22 li-mu-un "Šamaš Ein Feind des Samaá und 
33 ‘Marduk Мої Sa-mu-la- | des Samulailum ist der, 
ilum ?9 $4 [a-]và-at duppim* | *5 welcher den Inhalt dieser 
a-ni-im 25 ü-na-ka-ru. Urkunde ändern wird. 


Die Urkunde ist inhaltlich schwierig. Schon die Namen 
sind ungewöhnlich und kommen in anderen Urkunden nicht 
vor. Unklar ist auch der Sinn der 7. 3—8. Die Ж. 8—12 habe 
ich als Parenthese gefaßt, denn nur dann sind sie verständlich. 
Solche eingeschobene Sätze finden sich manchmal in den Ur- 
kunden, vgl. VI Ans, 6—7 (Nr. 11); VI 44°, 2—3 (Nr. 12); 
УТ 31°, 4—7 (Nr. 41). Letztere Stelle bietet besonders eine 
Analogie zur unsrigen. 

Z. 8—19. Die hier aufgezühlten sind wohl die Ge- 
schwister der Salimatum, mit denen sie das Erbe teilt. 

7.14. SAL.SUR. Eine weibliche Priesterwürde, die aber 
nieht nüher bekannt ist. Vgl. Daiches AR, S. 18. 

Z. 21. izu-u$, Schreibfehler oder dialektische Eigentüm- 
lichkeit für i-zu-uz. 

7. 22. Nach der Fluchformel zu schließen datiert die 
Urkunde aus der Zeit nach dem 5. Jahre des Sumu-lailu. 


Aus der Zeit des Anmanila. 


Nr. 7. CT VIII 26^ (Bu. 91—380). 


Feldkauf. 
13|, САМ eklim ? i-na ugar | 13|, GAN Feld, im Gefilde 


Ma-zi-ili 3 ita ] Du-mu-ku | des Mazi-ili, neben Dumuku, 
t таг Sa-li-im 5 à 14а Da-di- | dem Sohne des Salum 5 und 
ча ° itti. Ilu-sü-ra-bi mâr En- | neben Dádija, hat von Ilusu- 
nam-"Rammän 7 | Na-bi-"Sin | rabi, dem Sohne des Ennam- 
mûr Biru- 8 eklam IN.SI. | Rammán Näbi-Sin, der Sohn 
SÁM. | des Birü (das Feld) gekauft. 


* DUB. 


32 И. Abhandlung: Bchorr. 


9 SÄM.TIL.LA.NI.SÜ 19 ka- | Für seinen vollen Preis 
spam IN.NA.LAL. 11 ЗАМ. | 19 hat er das Geld bezahlt. 
ekli-5ü kaspam 19 li-ba-šú | In bezug auf den Preis seines 
táb*-^ 13 a-va-zu ga-am-ra-at | Feldes, das Geld, ist sein Herz 

befriedigt. Sein Vertrag ist 


perfekt. 
14 а-па và-ar-ki-it 15 йтіті | In Zukunft !* (der Tage) 
la-a i-ra-ga-mu , werden sie nicht klagen. 
16 ni-iš Šamaš à An-ma- | Bei Šamaš und Anman:ila 
an-i-la И it-mu-ii, | haben sie geschworen. 
12 Zeugen. 


18 pân Te-mu-um mûr Ни-ти-ит (?) 19 pân Ma-ma-nu-um mûr Pa-na- 
nu-um 29 рдп Hu-ba-zum mûr " Sin-a-bu-5u *! рап Im-me-ru-um . . .-um F pán La- 
na-su-mu ... 3 pân E-zib-ki ... ahusu ?* pân A-bi-i-... -ni 18... -пе-да-йра 
ahusá ™% [рап] Пи-р- таг I-bi-"Sín 2" pân U-bar-" Sin 29 mûr Avél*-9 ALl 
29 pân U-nu-bu-um mûr A-su-su. 9? [pân #] Sin-de-me mûr Bur-Nu-uu Чирфагтит. 


Das Wesentliche über die Kaufvertrüge s. bei Daiches 
AR, Einleitung, S. 5—10. Dort ist auch das Schema bereits 
skizziert, ohne daf sich aber Daiches der Wichtigkeit des 
selben bewußt wird. Hier soll das Schema prügnanter aus- 
gedrückt werden. Es lautet: 
1. Kaufobjekt (bei Immobilien genaue Lagebestimmung 
und Größe). 
2. Name des Verkäufers (A Sohn des B), eingeführt durch 
itti ‚von‘, 
3. Name des Käufers (С Sohn des D), der das Objekt 
‚kauft‘. 
4. [Preisangabe]. Gewöhnlich bloßer Vermerk über Zah- 
lung des vollen Kaufpreises. 
5. Vermerk über Symbol der Kaufvollziehung und über 
Rechtskraft des Vertrages. 
6. Vermerk über Unzulässigkeit der Vertragsanfechtung. 
T. Schwurvermerk. 
8. Zeugen und Datum. (Zahl der Zeugen schwankt, in 
der Regel 10—15). — Das Schema der Sklavenkauf- 
verträge ist denen über Grundstück ganz analog. 


* DUG. ь UR. 


Altbabylonische Kechtsurkunden, 33 


Die Urkunde ist teilweise sumerisch, zum Teile semitisch 
abgefaßt. Es ist interessant zu beobachten, wie sich die sume- 
rische Terminologie in den Kaufurkunden am längsten erhalten 
hat, während die Verträge über Erbschaft, Adoption, auch die 
Prozesse meistens rein semitisch sind, schon zur Zeit der ersten 
Könige der Dynastie. Man zog vielleicht das Sumerische in 
den Kaufverträgen, die ja am häufigsten im Handelsstaate Baby- 
lonien vorzukommen pflegten, deshalb vor, weil es weniger 
Raum beanspruchte. Sicher ist es aber, daß auch die sumerisch 
geschriebenen Urkunden semitisch gelesen wurden. Folgende 
Kaufvertrüge sind ganz oder teilweise semitisch abgefaßt: II 13 
(Nr. 44); ТУ 33» (Nr. 17); II 37; VI 40° (Nr. 80); VIII 26° 
(Nr. 7); VIII 38°; VIII 22°; VIII 27». 

Über die sumerischen Phrasen in dieser wie auch in an- 
deren Urkunden vgl. Meißner BAP 160 (Verzeichnis) und 
Daiches AR, 8. 13—15 (auch sonst passim). 

Z. 13. ava-zu == avät-su. 

Z. 16. Im Anschluß an Daiches AR 33—36, wo mit 
großer Wahrscheinlichkeit die Regierungszeit Anmanilas be- 
stimmt wird, habe ich diese Urkunde der Zeit Sumulailu’s zu- 
gewiesen. 

7. 18—30. Diese Urkunde ist gleich VI 36* (Nr. 3) bei 
Ranke BPN betreffs der Eigennamen nicht verwertet, weil er 
Anmanila nicht der I. Dynastie zuweist. Interessant ist der 
Name 2. 28: Avél-^ А-а. Vgl. II 39, 3 (Nr. 10): bít "Al-la-tum. 


Aus der Zeit des Zab(i)um. 
Nr.8. CT II 50 (Bu. 91—2463). XII. Jahr. 


Prozeß über Besitzrecht. 


! Ала eklim bitim astapi- 1 In Sachen eines Feldes, 
rim* ? й "Кит бдійїттати | Hauses, Gesindes und eines 
zakpim* 3 i-ta Bi-zi-za-na * й | Gartens mit Dattelpalmen be- 


is.ka-ri-im #4 "Šamaš pflanzt, neben Bizizana und 
dem Kirchenlande(?)* des Sa- 
maš. 
* SAGamtum 8489vardum. ь GUB.BA. * So nach Meißner. 


Sitzangsber. d. pbil.-hist. Kl. 155. Bd. 2. Abh. 3 


34 П. Abhandlung: Schorr. 


5 Y Be-li-zunu й Na-ap-sa- | 


nu-um ба Ma-ta-tum тата! 
I-zi-da-ri-e 1 а-па Ma-ia-tum 
й Su-mu-ra-ah * máré A-za-li-ia 
9 ir-gu-mu-ü-ma 

10 daiand i-na bit "Samas 


11 ru-gu-mi-sü-nu i-zu-hu 


12 gail i-tu-ru-ma 13 ата 
vA-ar-ki-at йтіті 14 а-па eklim 
bitim astapirim® 15 à *skirim 
16 $4 Ma-ia-tum й Su-mu-ra-ah 
11 Y Be.li-zu-nu T Na-ap-sa-nu- 
um 13 à Ma-ta-tum märat l-zi- 
da-ri-e 19 iš-tu zi-ka-ri-im ?? a- 
di zi-ni-iš-tum ?! märü A-mur- 
ru-um ?? a.na Ma-ia-tum й 
Su-mu-ra-ah ?% ú-ul e-ra-ga-mu 


и di-in bit "Samas i-na 
bit (?) Samas 

25 nis !Samas Aja, "Мат- 
duk 29 à Za-bi-um it-ma. 


31 T I-bi-Sin mâr Na-bi-ilt- 
šú 28 Y Is-me-"Rammän 29 d. 
Sami-ia 3° ] Nu-úr-ilí-šú 31 da- 


tanü 


5 Nachdem Belizunu und 
Napsanum, wie auch Matatum, 
die Tochter des Izi-daré gegen 


| Maiatum und Sumurab, die Kin- 


der des Azalia, geklagt hatten, 

10 haben die Richter im 
Tempel des Šamaš ihre Klage- 
ansprüche abgewiesen. 

Indem sie [das Urteil] nicht 
anfechten, werden künftighin 
wegen des Feldes, Hauses, des 
Gesindes !? und des Gartens, 
welche Maiatum und Sumurah 
[gehören], Belizunu, Napsanum 
und Matatum, die Tochter des 
Izi-daré, weder Mann 29 noch 
Weib unter den Bürgern (7) 
von Amurrum gegen Maiatum 
und Sumurah nicht klagen. 

Urteil des Samastempels, 
im Tempel des Šamaš. 

35 Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Zabium haben sie* ge- 
schworen. 

4 Richter, 6 Zeugen (Bei- 
sitzer). 


92 рдп Nu-nu-érii* 33 pân Zi-ik-zi-kum * рап * NIN.SA H-ba-ni *5 рін 
" Hammán-ri-me-ni 38 рдп Пи-#0-Ьа-пі 274 рап Bu-la-lum 


38 sarah  Dáür*-! Hammán 
39 занит Dür-Ka-sal-lu*, 


3 Im Monat Dür-"Rammän, 
im Jahre da die Mauer von 
Kasallu [zerstört wurde]. 


Eine Übersetzung dieser Urkunde hat Meißner AbR 7 
im Anschluß an die Verkaufsverträge geboten. 





a S4Gomtum ЗАФСудудит. 
4 Z. 31—39 am Rande rechts. 


b Se. die Verurteilten. 
* BAD. 


e PIN. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 35 


Auch dieses Gerichtsurteil ist so allgemein gehalten, daß 
das Prozeßmotiv nur vermutet werden kann. Es wird sich 
wohl um Kauf und Verkauf gehandelt haben. 

Z. 3. Ві-21-2а-па. Es ist ein Eigenname, ВРХ nicht er- 
wühnt, vgl. aber ibid. 72 Namen, wie Ba-zi-zu(m), Ba-za-zum usw. 

In Rücksicht auf II 45, 14, 43 (Nr. 28), wo wir den 
Namen: /-bi-zi-za-na lesen, könnte man auch hier so lesen, 
indem man den Ausfall der ersten Silbe als Versehen annimmt. 

Z. 4. ika-ri-im. Vgl. syr. |155] ‚Acker‘ (nach Jensen).^ 

Z. 9. їт-ўи-ти-й-та. Bemerkenswert ist das û am Ende 
von gesunden Verba (Impf. III. pl. masc.), das neben w öfter 
vorkommt. So II 47, 10 (Nr. 72): ir-gu-mu-(t-ma; ibid. 16: im- 
hu-ru-ü-ma; II 22, 10 (Nr. 70): ітифи-й-та; ibid. 19: i-tu- 
ru-de-ma; VIII 6*, 16 (Nr. 48): im-ta-ag-ru-ét-ma. Daß nicht der 
Akzent vor та die Silbenlänge verursacht hat, beweist VIII 
42*, 6 (Nr. 9): ip-ku-ru-é. Das 6 ist in allen diesen Beispielen 
grammatisch berechtigt (= arab., hebr.), nur wurde es bei dem 
starken Verbum schon in dieser Zeit graphisch oft nicht mehr 
ausgedrückt. Wenn та hinzutritt, tritt die ursprüngliche Vokal- 
länge wieder hervor. Vgl. Delitzsch AG? $ 664. 

Z. 19—21. Diese Phrase kommt nur hier vor. Vgl. hebr. 
тщ Um wn Ist A-mur-ru-um Eigenname oder eine Ortschaft? 
Ein Eigenname paßt nicht recht, weil in der Urkunde sonst 
von einem Amurrum nicht die Rede ist. Das Npr., das einige- 
mal vorkommt, wird übrigens A-mu-ru-um geschrieben (Ranke 
BPN 66). Das Fehlen des Ortsdeterminativs wäre kein Ein- 
wand gegen einen Ortsnamen, weil auch sonst das * nach 
Städtenamen fehlt. Ranke ВРХ, S. 33 denkt an "^ Amurrum 
und zieht daraus weitgehende, kaum richtige Schlüsse betreffs 
der westländischen Bewohner Babyloniens in dieser Zeit. Das 
Determinativ mätu dürfte in diesem Falle nicht fehlen. 

7. 39. Zur Datierung vgl. King LIH III 221, Anm. 21. 


Нг. 9. CT VIII 492 (Bu. 91—2193). XIV. Jahr. 


Prozeß über ein Feld. 


111, САМ eklim ® ға " Bél- ! Ein Drittel GAN Feldes, 
12-2и 3 | Ib-ni-"MAR.TU * й | Besitztum des Bél-izzu, haben 





* Vgl. Brockelmann: Lexicon syriacum s. v. 
5% 


36 П. Abbandlung: Schorr. 


"Samai-ellat*zu ° | Si-la-ma- | Ibni-MAR.TU und Šamaš-el- 


zi aházu 9 ip-ku-ru-ü latsu, 5 [von] Si-lamazi, seiner" 
Schwester reklamiert. 

T i-na  di-ni-im 8 i-li-i-šú- | Nachdem sie* sie im Pro- 
nu-ti-ma ° eklam?^" à SE.BA(?) | zesse besiegt hatte, wird 19 Si- 
10 Y Sila-ma-zi ? ita-ba-al. | lamazi das Feld und das Ge- 

treide wegnehmen. 
8 Zeugen. 





1! pân Sin-ri-i$ 13 рдп Sá-lu-ru-um 14 mûr Ma-nu-sa-ma 15 pân Ib-ku-iá 
16 mûr A-li-ellat*-ti И pân Ilu-žú-i-bi-šú 18 таг " Rammán-na-gir 19 рія U-bar- 
Sin 29 mûr Mu-na-vi-rum 2 ріп Ma-nu-um-ba-la- Sin ** mûr Za-ah-za-hu-um 
33 pân A-vi-il-ilim ** ріп бт-ти-$а-Ййт. 


35 varah Elülu* 38 $attum 29 Im Monat Elülu, im 
US.SA(). E.A.-A. AB. HE(?) | nüchstfolgenden Jahre, nach- 
[GAL]. dem der Kanal Támtu-bégallu 


[gegraben wurde]. 


Auch in diesem Prozeß ist der Reklamationstitel nicht 
angegeben. Wie es scheint, war Bélizzu tot und die Kläger 
waren wohl Pfandglüubiger. 

Z. 5—6. NIN.A.NI = ahäzu aus *ahat-su vgl. Nr. 1, 13: 
a-và-zu, ebenso C. H. XIV 38, 54: si-ba-zu. — ракати hier 
mit doppeltem Akkusativ konstruiert. 

Z. S. ilii... Impf. von le'u ‚stark sein‘ hier transitiv 
‚besiegen‘. 

7. 26. Zur Datierung vgl. Lindl BA IV 348 und 364. 
US.SA* — ‚nach, nächstens‘, vgl. King LIH 310; Daiches AR 21. 





Nr.10. CT II 39 (Bu. 91—387). 


Prozef über ein Haus. 


1 Ana bit Su-mu-ra-a-ah | ! In Sachen eines Hauses 
2 34 dia bit Niid-nu-iá ? й | des Sumurab, welches ап das 
ita bit "Al-la-tum Haus des Nidnusa und den 
Tempel der Göttin (?) Allatum 
[grenzt]. 
* ILLAT. b Бе. des Böl-izzu. © Se. Si-lamazi. 


4 KIN. #NIstar, * Das SA ist wie KAR (Schrifttafel Nr. 79) geschrieben. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 37 


t Y ÜSin-e-ri-ba-am 5 mûr ` 


UH®-ra-bi 5 ip-ku-ür-ma "o 
па da-ia-nu-ni t-li-ku-ma 


$ da-ia-nu di-nam ú-šá-hi- 
zu-Si-nu-tima ° | Sin-e-ri-ba- 
ат ат-пат 19 i-mi-du-$ü-ma 

М kunu-kam #4 la ra-ga- 
ті 1? ü-Se-zi-bu-5u 


Sin-e-ri-ba-am 15 а-па bit Su- 
ти-га-а-ай 1° ü-ul i-ra-ga-mu 


16 nët Šamaš Za-bi-um 


5 Nachdem Sin- бгібаш, 
Sohn des Upi-rabi, reklamiert 
hatte; sie zu den Richtern ge- 
kommen waren; 

die Richter ihnen das Ur- 
teil verkündet, dem Sin-éribam 
eine Strafe 19 auferlegt hatten, 

haben sie ihn eine Urkunde, 
daß er nicht klagen wird, aus- 


| stellen lassen. 
13 (Туші i-ta-arma “Ti 


Indem er [das Urteil] nicht 
anficht, wird Sin-éribam 15 we- 
gen des Hauses des Sumurah 


| nicht klagen. 


Bei Šamaš, Zabium und 


й Sipparki, Sippar [hat er geschworen]. 


13 Zeugen. 





№ pân Ja-ah-ba-Jum-ilum 19 рдп Na-bi-ili-ki 29 mûrê Li-bi-it-IBtar. 31 рап 
Avil-"Su-bu-la &angá* 33 mûr ÜR.RA.-na-id 33 pán "Samas-idinnam® mûr Ili- 
ka-bi-ia (9) 24 pân "Síin-be-el-ilí. mûr Nu-ür-Sin 5 рап Be-li-na-sgir таг Sin- 
ga-mil 29 рап Еп-пе-пи-ит таг Za-na-tum 2" pân Varad-za mûr Ili-ib-ba-an-ni 
З pán 1-па- kát*-"Samas mûr Ili-i-din-nam 29 pân *Sín-tappám?-ve*-di-im* 
9 mär-Se-ru-um-ili ріп A-ba-tum dupiarrim % pân Sá-ma-ia mâr Avél-"? Nan- 
"ar #2 рап Mu-na-vi-ru-um таг Sin-e-ri-zu (1). 


*  МаВег läßt sich der Prozeß, in dem ein Haus das Streit- 
objekt bildet, nicht bestimmen. Es könnte sich um einen Kauf, 
aber auch um ein Darlehenspfand oder gar Erbschaft handeln. 

7. 3. "Al-la-tum. Göttin der Unterwelt, ursprünglich in 
Verbindung mit Bêl erwähnt, später mit Nergal. Vgl. Jastrow: 
Die Religion Babyloniens und Assyriens, S. 99. 

Z. 7. da-ia-nu-ni. Die Partikel пі wird sonst nur — 
mit ganz wenigen Ausnahmen — an Verbalformen enklitisch 
gefügt. Vgl. Delitzsch AG? $ 1078. 

Z. S. Die RA dînam šûhuzu = ‚ein Urteil verkünden‘ 
wiederholt sich stereotyp in den Prozeßurkunden dieser Zeit; 


— 





b MA.AN.SUM. e KAT. 4 TAB.BA. 


f In der Kopie: KUD. 


* RID. 
* In der Kopie: й. 


38 И. Abhandlung: Schorr. 


vgl. VI 33°, 8 (Nr. 15); II 46, 12 (Nr. 21); II 47, 26 (Nr. 72) 
u.ö.; vgl. ВАР 125. Im С. H. kommt diese RA nicht vor, 
wohl aber eine ähnliche Kol. У, 17—18: mätam u-si-im šú-hu- 
zi-im ‚dem Lande Recht zu verkünden‘. 


7. 11—12. kunukkam ezebu heißt ‚eine (gesiegelte) Ur- 
kunde übergeben‘. So С. Н. ТХ*, 15—16: ku-nu-uk-ka-am 
i-zi-ıb-Si-im, daher die Form III! ‚eine Urkunde übergeben 
lassen‘, so С. H. VI, 10—11: ku-nu-uk-kam ü-se-zi-ib, III? ‚eine 
Urkunde sich übergeben lassen‘, so C. H. IX* 33— 34: dup- 
ра-ат us-te-zi-ib. 

Dieser Vermerk, daß in Zivilprozessen der Verurteilte 
eine Urkunde ausfertigen muß, eine bindende Erklärung, daß 
er nicht wieder in derselben Sache klagen werde, findet sich 
noch in folgenden Prozeßakten: VI 492, 9—10 (Nr. 26): dub-bi 
la ra-ga-mi-im Sü-zu ub; VIII 45°, 11—18 (Nr. 25): duppi la 
ra-ga-mi i-zi-ib. Was geschah aber mit dieser Urkunde? Wurde 
sie im Gerichte hinterlegt oder der Gegenpartei als Bürgschaft 
übergeben? Glücklicherweise beantwortet uns II 46, 21—23 
(Nr. 21) diese Frage. Dort heißt es: dub-bi la ra-ga-mi-im iš- 
nu-ü-mu ana Eri-ib-Sin ti-zi-bu. Somit wird jene Urkunde 
vom Verurteilten der Gegenpartei, welcher Recht zugesprochen 
wurde, übergeben, unabhängig vom schriftlichen Urteil des Ge- 
richtes. 

Z. 16. Auffallend ist das ac : iragamu (sing.!), dazu nach 
ul, wo wir Jussiv erwarten würden. Ebenso BAP Nr. 43, 
Z. 30—31: "Sin-mu-ba-li-it la itu-ru 31 la i-ba-ga-ru-ma; auch 
Nr. 8, 23 ibid. 

Z. 17. Gewöhnlich wird der Schwur bei Šamaš, resp. 
auch Aja und Marduk und dem König geleistet, seltener auch 
bei der Stadt Sippar, wie hier. Vgl. VIII 29%, 12 (Nr. 13); 
II 45, 29 (Nr. 28); ГУ 47°, 32 (Nr. 16). 

7. 28. Ranke 1. с. liest: Z-na-šú-" Šamaš ‚Sein Auge ist 
Šamaš‘. 

7. 29. Die Transkription nach Ranke l. с. 1652: рав 
(ŠI) daianim (DI.KUD) gibt hier keinen Sinn. 


a Wincklers Übersetzung ‚eine Urkunde ausfertigt‘ ist daher philologisch 
und sachlich ungenau. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 39 


Aus der Zeit des Apil-Sin. 


Nr. 11. 


CT VI 482 (Bu. 91—2498). I. Jahr. 


Feldmiete. 


1 1/4 GAN eklim i-na A- | 


sü-ki-im ? а Ak-ba-hu-um 3 à 
ita " Samai-e-mu-ki * 1|, САМ 


eklim i-na Sá-ba-ga-nim 5 ita | 


Amat-" NIN.GAL 
€ за(?) З (2) GAN eklim 
1 bilat eklim 4 GUR.SE 


$ itti La-ma-zi a&sat(?) 


!Samas ° märat Varad-UR.RA | 


i, | lSamas-en-nam 11 а-па e-ri- 
хіт 12 ü-se-zi 

[ina] ûm eb[ürim]? 13 i-na 
ba-ab G'[a]-gi-im  je-am imad- 


dad. 


! Ein Sechstel GAN Feld 
in A$uku, neben Akbahum und 
neben Sama$-emüki, ein Drittel 
GAN Feld in Sabakanu, 5 пе- . 
ben Amat-NIN.GAL — 

[von] 5/3 GAN Feld [be- 
trägt] die Ertragsabgabe vier 
GUR Getreide — 

hat von Lamazi, der Sa- 
maápriesterin, der Tochter des 
Varad-ÜR.RA 19 Sama&-ennam 
zur Bebauung gemietet. 

Am Tage der Ernte wird 
er am Tore in Gagum das Ge- 
treide abmessen. 


1 Zeugen. 


15 nûn Mu-da-du-um mûr Us-ta-ás-nif-ilum] !* pân "Sín-ii-me-an-ni таг 
A-bu-um -tülhumhe*m 17 pán UH*-i-din-nam mûr Hu-34(?)-tum(?) !* pán Пи- 
Fü-ba-ni й Mu-na-vi-rum 19 mûrê UH™'-ia 20 pân Be-el-Fü-nu таг | Us-La-ás-ni- 
ит 21 pân Ib-ni-" Rammän таг Us-ta-4s-ni-ilum 


93 varah E-lu (1)-пи-ит йти 
29m 23 Zattum A-pil-Sin- 
апа bi-it(?) 24 a-bi-šú i-ru-bu. 





33 Am 29. Elünum, im Jahre, 


in welchem Apil-Sin in das 


Haus seines Vaters eingezogen 
ist. 


Die Urkunden über Feldmiete sind neben den Kauf- und 
Prozeßurkunden unter den juristischen Dokumenten dieser Zeit 


die zahlreichsten. 


Das Schema der Feldmietsverträge lautet: 


Өз. > UD.E[BUR.KU]. 


40 I. Abbandiung: Schorr. 


1. Größe,* Qualität, genaue Lage des Feldes; Name des 
Besitzers. 

2. Name des Besitzers wiederholt vermittels itti ‚von‘ ‚X 
Sohn des Y, dem Besitzer des Feldes‘. 

3. Name des Pächters (A Sohn des B), der ‚das Feld für 
(ein bis drei) Jahre zur Bebauung, resp. auch Urbar- 
machung mietet‘. 

4. [Klausel über Eggen des Feldes.) Höhe der Pacht- 
abgabe (in der Regel: Getreide). [MaB, nach welchem 
die Abgabe geleistet werden soll; Ort der Abgabe- 
leistung]. 

[5. Klausel über im vorhinein empfangene Pachtzinsangabe.]* 
[Klausel über Genußrecht des Pächters bei Ödland und 
Kulturland.*] 

6. Zeugen und Datum. 

Als Termin der Zahlung gilt immer die Zeit der Ernte. 

— Der Schwurvermerk kommt nirgends vor. Einige Ur- 
kunden haben besondere Klauseln, so über Sportelabgaben; 
vgl. Anm. zu Nr. 30, Z. 35—36; über Vernachlässigung des 
Feldes Nr. 34, Z. 14. 

Teilweise ist es Kultur-, teils Ödland, das vermietet wird, 
wovon natürlich auch die Hóhe der Mietsabgabe abhüngt. Die 
Feldpacht ist fast immer Naturalpacht, d. h. der Pachtzins wird 
in einer bestimmten Quantität von den auf dem Felde er- 
wachsenen Naturalien (Getreide) geleistet. Die Teilpacht, 
d. h. jene Form der Pacht, in welcher ,der Pachtzins nicht als 
eine bestimmte Quantität der Früchte, sondern als ein im Ver- 
hältnis gegen das Ganze bestimmter Teil‘ geleistet wird, findet 


* Betreffs der Flüchen- und auch der Hohlmafe vgl. die Abhandlung von 

G. Reisner in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie 1896 

(9. April), wie auch desselben: Tempelurkunden aus Telloh, 8. 155. 
Wie sich aus den betreffenden Feldmietsverträgen (Nr. 64, 65 п.б.) 

ergibt, ist auch Reisners Ansetzung: < (BUR)-GAN = 1 САМ voll- 

kommen richtig. Dagegen ist die Ansetzung < = 18 САМ, die А. Eisen- 

lohr: Ein altbabylonischer Felderplan, S. 1 angibt, sicher falsch, wie 

auch die übrigen Angaben über die Bruchzahlen des GAN. 

Vgl. Anm. zu VIII 405», 7.11 (Nr. 34) und VI 24» (Nr. 50), 2.19. 

Vgl. Nr. 11, 34, 50, 52 п.б. 

So BAP Nr. 74, Z. 27; II 8 (Nr. 64), Z. 28—29. 

So II 8 (Nr. 64), Z. 24—27; VIII 7*, Z. 24—27 (Nr. 55). 





e Ra t 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 41 


sich weit seltener. Vgl. ВАР Nr. 72, 77. Der Pachtzins stimmt 
mit der Norm ($ 46) überein: zwei Drittel des Ertrages. Vgl. 
AS Ш 33—34. Die durchschnittliche Mietshöhe in Naturalien 
betrug bei Kulturland sechs GUR, d. h. 1800 KA von 1GAN 
= 1800 ЗАВ, so z.B. II 8 (Nr. 64), УШ 17° (Nr. 52), VIII 
Та (Nr. 55), УШ 19» (Nr. 68); dementsprechend von !/,, САМ 
= 100 ЗАВ — 100 КА, so VI 24» (Nr. 50), IV 40° (Nr. 51). 

Höhere Mietsabgaben finden wir VIII 10° (Nr. 63): 1800 
ЗАВ — 2400 KA; ebenso II 32 (Nr. 65), VIII 11° (Nr. 66); 
VIII 404 (Nr. 56): 100 SAR — 200 KA. Ungewöhnlich hoch 
ist die Abgabe VI 35» (Nr. 79): 1500 SAR* — 4500 КА,» man 
müßte denn einen Fehler in der Kopie annehmen.  Niedriger 
als die Norm: 100 SAR — 100 KA ist der Mietzins in unserer 
Urkunde, nämlich 1500 SAR — 1200 KA, und VIII 40* (Nr.34), 
wo in Z. 10 statt des Zeichens = = !/ (GAN) sicher (= 
1 (САХ) zu lesen ist. S. weiter unten. 

Bei Ödland finden wir als durchschnittliche Miete: von 
100 ЗАВ — 60 КА, so УШ Т», Z. 22 (Nr. 55), П 8, 22 (Nr. 64). 
In manchen Urkunden wird die Mietshöhe nicht angegeben, 
indem wahrscheinlich die Durchschnittshöhe vorausgesetzt wird, 
so VIII 19° (Nr. 69), VIII 84 (Nr. 60). Einmal, IV 59° (Nr. 75) 
wird betreffs der Abgabe auf einen früheren Vertrag verwiesen. 
— Vgl. auch Meißner AS III 33, wo aber das Heranziehen 
der 88 43—44, um die Divergenz zwischen Theorie und Praxis 
zu beweisen, auf dem Irrtum beruht, daß er diese beiden Para- 
graphe auf Miete bezieht.* 

Z. 1. A-Sü-ki-im, wohl eine kleinere Ortschaft, ebenso 
Sabaganu (Z. 4). 

Z. 11—13. erisütu. Abstraktnomen vom Infinitiv gebildet, 
wie naspakütum, daneben kommt auch irrisätu vor von irrisu 
‚Bauer‘ gebildet — C. H. XII 64; CT II 8, 13 (Nr. 64); VIII 
84, 6 (Nr. 60); VIII 403, 7 (Nr. 56) u. 5. 

Die RA ana irrisätim $usü findet sich auch С.Н. XII 
64—65. Zur Lesung von UD. EBUR. KU vgl. BAP 106. 

Z. 22. Graphisch zu beachten ist das Zeichen lu, vgl. 
II 41°, 31 (Nr. 30) ар-ѓи-га. 

Z. 23. Vgl zur Datierung ВА IV 364. 


»5/, САМ. b 15 GUR. * Vgl. D. Н. Müller: Semitica I, 8. 25—26, 


42 II. Abhandlung: Schorr. 


Мг. 12. CT VI 44^ (Bu. 91— 2421). II. Jahr. 


Getreidedarlehen. 


1 6 -+ 100* SE.GUR ? ярых 1 Sechs GUR 100 [KA]! 
kinu* 3 цязарі * itti "Хаппат- | Getreide — nach festem Zins 
asaridum® 5 тат ‘!Rammän- | Га wird er Zinsen zahlen — 
la-$á-na-an P T itSamas-a-bil- | hat von Nannar-ašaridum, 5 dem 
šú-nu ° таг Sin-e-ri-ba-am Sohne des Rammän-lä-anän, 





$ ilteki Samas-äbilsunu, der Sohn des 
Sin-éribam geborgt. 
? ina ûm ebürim! 19 $е-ат Am Tage der Ernte wird 
à sibazu* И imaddad. | er 19 das Getreide samt dessen 
Zinsen abliefern. 
6 Zeugen. 





З nän Da-ak-kum mûr Sa-ma-mu-um  р@п Ib-ku-&á таг A-ki-la-ma 
14 рап Bit-baláti! 15 mûr "Samai-ga-ti-il 18 pán Sin-ub-lam И таг Su-mu-ia 
15 pân Ilu-sá-ellat*- zu. dupsarrim 19 pân " Nannar-ellum! mûr Avel-"MAR.TU 


29 Sattum BÁD.MAH.BIL. | *? Im Jahre, in welchem 
KA.DINGIR. RA. ?* Anti | Apil-Sin die neue große Mauer 
"п BA. RU. von Babylon erbaut hatte. 





Urkunden über Getreidedarlehen kommen nicht häufig 
vor. Vgl. VIII 33» (Nr. 53); VIII 364 (Nr. 58). Der gewöhn- 
liche Zinsfuß betrug von 300 KA — 100 KA. In der Regel 
wird der Zahlungstermin angegeben, und zwar ‚zur Zeit der 
Ernte‘. Vgl. BAP Nr. 20—25 und Einleitung ibid. 

Das Schema der Darlehensquittungen überhaupt lautet 
in der Regel: 

1. Darlehensobjekt (Geld, Getreide, Wolle, Sesam usw.. 

[Zweck des Darlehens.] 
[2. Zinsenvermerk.] 
3. Name des Verleihers (X Sohn des Y), eingeführt durch 


itti ‚von‘. 








* 6 + (60+ 40 [KA]. »SIPTU. * GINA. а DÁH.HE.D4M. 
e IG1. GUB (Br. 9337). t UD. EBUR. KA. є SIPTU.Bl. 
^ Oder: 1900 КА. i E.NAM.TI.LA. к ILLAT. — 14246,64 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 43 


4. Name des Schuldners. 

5. Zeit [und Ort] der Schuldbegleichung. 

6. Zeugen und Datum. (Zahl der Zeugen variiert.) 

Z. 1. Die Einheitszahl (6) gehört zum GUR-Maß, die 
Dezimalzahlen zum nächst kleineren Maß (KA). Vgl. ВАР 
Nr. 20, 2.1: ECH SEGUR = 4 GUR + 240 КА = 1440 KA. 
Daneben kommt auch vor: »— GUR ЕЕ SE — 1 GUR + 
30 [KA] = 330 KA. Das KA-Maß wird oft gar nicht aus- 
gedrückt, wie hier, nach der Ziffer folgt SE = šeu, das KA 
ist binzuzudenken. Vgl. ВАР Nr. 24, 1: JE SE == 140 KA: 
ҮШ 7°, 22 (Nr. 55): | SE = 60 КА а. 5. 

7. 2. Zur Lesung des Ideogramms* vgl. VR 40, 54a b. 
Ebendort Z. 47—10 wird eine Reihe sumerischer Redensarten, 
die mit >F = siptu zusammenhängen, semitisch erklärt. 
Die Bedeutung von siptu kinu ist ‚fester, normaler Zinsfuß‘, 
ähnlich wie Z. 64 ab: sip-tum ki-i a-li = ‚städtischer Zinsfuß‘. 
Neben dem normalen Prozentsatz hatten manche Tempelkassen 
ihren eigenen. So ist in den Darlehensquittungen BAP Nr. 11, 
2: 12, 2; 13, 3 der Ausdruck: sipat "Šamaš u-sa-ap ‚nach 
dem Zinsfuß des Sama&(tempels) wird er Zinsen zahlen‘ zu 
fassen, nicht aber, wie Meißner übersetzt: ‚die Zinsen wird 
er Sama& bezahlen‘, was in manchen Verträgen, wo es sich 
um Privatdarlehen handelt, gar nicht paßt, so z. B. Nr. 11. 
Vgl. auch HWB'!, S. 309°. So hat es auch Peiser KB IV, 
5. 29, Anm. 1 richtig gefaßt. 

7.11. ‚Getreide bezahlen‘ heißt überall: seam madädu,» 
‚Geld bezahlen‘: kaspam &akálu* Vgl. ВАР 95. Friedrich, 
AUS, verwechselt mehrmals in der Transkription beide Ideo- 
gramme. Vgl. ibid. Nr. 23, 11; 30, 9; 40, 10; 58, 16. 

Z. 30—91. Zur Datierung vgl. Lindl ВА IV 364, Z. 29. 


Nr. 13. CT VIII 29^ (Bu. 91—349). У.@) Jahr. 


Freilassung und Adoption. 
З I A-bu-um-ba-ni mûr Na- | ! Abum-báni ist der Sohn 
ruub-tum * Y Na-ru-ub-tum | der Narubtum. Narubtum, die 


* Dasselbe Ideogramm VIII 37®, 13. 
è Idgr. RAM. * Idgr. LAL. 


44 П. Abhandlung: Schorr. 


märat '!Samas-tappü®-sü 3 um- | Tochter des Šamaš- tabbašu, 


ma-šú ú-li-il-šú * - - ga-me-ir 


5 [a]-di | Na-ru-ub-t[um 
ba-al-ti-Jat % Ї A-bu-um-ba-ni 
it-ta-[n]a-3[i-5i] 

T và-ar-ki Y Na-ru-ub-tum 
$ ma-ma-an elt A-bu-ba-ni ? ú- 
ul iid 

10 дії Šamaš Г'Аіа d Mar: 
duk?] па A-pil-"!Sin 19 піз 
An-nu-ni-tum й aflu Зір|рат! 
13 it-mu-ú $4 a-và-at dub-bi-im 
14 an-ni-im ü-na-ka-ru. 


seine Mutter hat ihn freigege- 
ben. [Die Freilassung (?)] ist 
vollzogen. 

5[So]lange Narubtum le[bt], 
wird sie Abum-bäni unter- 
[halten]. 

Nach [dem Tode] der Na- 
rubtum wird niemand gegen 
Abum-bäni etwas anbaben. 

10 Bei Šamaš, [Aja, Marduk?] 
und Apil-Sin, bei Annunitum 
und der Stadt Sippar haben sie 
geschworen, ob sie den Inhalt 
dieser Urkunde ändern werden. 

17 Zeugen (darunter elf 
Frauen). 


15 pân Li-bi-it-Istar 18 рап Sü-mu-ih-Sin И рап (MUNIN. SA H-ba-ni 


18 рап d Rammán-ri-me-ni 19 pân *"Samai-ilum mûr Bur-Nu-nu ® pân *Samai- 
ta-ia-ar °! pân I-da-du-um рё» 33 pân "Aja-la-tum märat Su-mu-la-ilum 
33 pán Amat "Šamaš márat * Bél-a-bi ** pân d Aja-ii-ti märat Bur-Nu-nu ® pán 
Zu-ka(?)-tum márat I-ku-ür (?) ** рап Hu--- márat--- И pân La-ma-zi mâ- 
rat--- ?* рап La-ma-zi márat Ili-ku(?)-um-ba (?)-rum 29 pân "Samas-nu-ri 
márat Ili-?-ri 3° ріп A-ha-zu-nu márat Im-gur-rum 3 pân Be-li-tum таги 
Avel-* N IN. ŠAH. 





+ jattum BAD. BAR- 38 Im Jahre, in welchem 
SIP(?)*. | die Mauer von Barsippa (?)... 
Inhalt: Der Sklave wird von seiner Besitzerin frei 


gelassen, indem sie ihn adoptiert. Der Freigelassene ver 
pflichtet sich, lebenslünglich seine Adoptivmutter zu erhalten. 
Z. 1. Diese Zeile bildet einen Satz für sich, es ist die 
Adoptionsformel. Vgl. oben Anmerkungen zu IV 422, Z. 1 (Nr.1). 
7. 8. um-ma-sü. Der a-Vokal im Nominativ erklärt sich 
vielleicht als Dissimilation zur Vermeidung von drei aufeinander 
folgenden u. 


* TAB.BA. ^ NI.GAB. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 45 


Z. 4. In der Lücke stand etwa ‚seine Freilassung‘. 

Z. 6. itta-na-ii-5i == intanasi-si 13. 

Z. 1. va-ar-ki praep. ‚nach, nach dem Tode‘. 

Z. 8—9. Diese Klausel, die in allen Adoptionsurkunden 
vorkommt, bezieht sich wohl auf die Anfechtung des Freiheits- 
wie auch des Erbrechtes des Adoptierten seitens der leiblichen 
Erben. 

Z. 12. Vgl. Ranke BPN 205*. Es ist die Gemahlin des 
Šamaš, die Göttin von Sippar-Amnana. Ranke liest den "Nu- 
ni-tum (ibid. Anm. 5), ohne nähere Begründung. 

Z. 32. Nach Ranke l. c. 181^ würe dieser Name — hebr. 
гох ,Hindin', wogegen aber das Gottesdeterminativ spricht. 
Wahrscheinlich ist es — nach Hilprecht ibid. — hypokoristisch 
aus "Ai-lat entstanden. 

Z. 32. Das Jahr fehlt in der Datenliste, doch vgl. BA 
IV, S. 365, 11, wo Lindl hypothetisch das 5. Jahr annimmt. 


Nr.14. CT IV 7* (Bu. 88—38). VI.(?) Jahr. 


Aussageprotokoll. 


1 Рап "Marduk -na- şi - ir 1 Nachdem vor N. N. 
3 T Avil-"MAR.TU  utullum* | etc. ... 
3 Y SAG.ILA-ussip-Sumam® u- 
tullum® 4] "бата$-арра - šú (?) 
BARAUS.(?) В.(?) 5 | A-ha- 
am-kal-lim akil tamkaré* I. 
DA(? * T "Маппат (KI).- 
AGA тат UR-"LUGAL- 
BANDA ° | I-tur-ki-nu-um 
таг Idin-Sin 8 Y As-ri-"Bel 
mär Be-lum (?) 9۲ " Sin-a-bu-s$á 
тат Ii-me-Sin 10 ] !Sin-ub-lam 
таг A-bu-täbumbwum 11 T Weit 
i-ķi-šá-am mûr  Pi-'"Samai 
12 | A-ma(?)-na-nu-um тат 


^ U.TUL. ь РАН. МО. 
< Es folgen 14 Namen der Zeugen und ihrer Väter (Z. 1—15). 


46 
Ib-ni-Sin 18 Y ! Sín-ilum rê- 
üm*(?) таг Sin-e-ri-ba (!)-am 
15 à Ba-al (?)-tum 

1 Y Ibi-"NIN.SAH И mûr 
"Sin-ga-mil 18 à ""Sin-ub-lam 
19 ha-za-a-nu-um 29 a-và-at bi- 
ti-tim ?! i$f-ku-nu-ma 


22 mahar ši-bi an-nu-ti-in 
33 T lSin-ub-lam ki-a-am ik-bi 
* um-ma $ü-ma 

35 kaspam Si-im bi-ti-ia 
2° ga-am-ra-am й bi-tam ki-ma 
bi-tin(?) * | [LDJi"NIN.SAH 
i-din-nam 78 li-[i]b-bi (ара 
29 bi-tam #4 К-та bi-tim 29 id- 
di-nam a-&ar e-li-ia tûbu 91 а- 
na-ad-di-in 


mi-nam 33 e.li-ia ti-šú 99 li- 
ib-bi tu-ut-te-ib * ki-a-am "!Sin- 
ub-lam 35 ] I-bi-"NIN.SAH і- 
pu-ul 


36 пів "Затаё Marduk nis 
A-pil-Sin ?' à al Sippar* 
38 $4 a-và-at dub-bi-im 29 an- 
ni-i-im (2) *9 ü-na-ka-ru 


41 файит bit "Гат KI. 
MU.GI.(?) BA. 








IH. Abhandlung: Schorr. 


16 [bi-NIN.SAH, der Sohn 
des Sin-gämil und Sin-ublam 
der Stadtvorsteher, 29 die Sache 
wegen der Häuser vorgebracht 
hatten, 

hat vor diesen Zeugen Sin- 
ublam also ausgesagt, er selbst: 


35 Das Geld, den vollen 
Kaufpreis für mein Haus, auch 
ein Haus für ein Haus, hat 
[mir] Ibi-NIN.SAH gegeben. 
Mein Herz ist befriedigt. Das 
Haus, welches er für [mein] 
Haus * gegeben hat, darf ich, 
wo immer es mir gefüllt, weg- 
geben. 

Was immer du gegen mich 
hast, mein Herz hast du be 
friedigt. Also hat dem Sin 
ublam 35 Ibi-NIN.SAH er 
widert. 

Bei Šamaš, Marduk, bei 
Apil-Sin und der Stadt Sip- 
par [haben sie geschworen), 
ob sie den Inhalt dieser Ur 
kunde “° ändern werden. 

Im Jahre, da der Tempel 
der Ištar ... [errichtet wurde?]. 


Diese Urkunde könnte auch als Ausgleichsvertrag inhalt 
lich charakterisiert werden. Allein wegen des Schemas, welches 
sie mit einigen ähnlichen Urkunden dieser Art gemeinsam hat, 


* SIB (?). 


Altbabylonische Rechtsurkunden. AT 


habe ich auch hier die Bezeichnung als ‚Aussageprotokoll‘ vor- 
gezogen. Es gibt im ganzen nur noch drei analoge Urkunden: 
VIII 40* (Nr. 31), IV 6* (Nr. 13), VI 34» (Nr. 18). 

Das Schema lautet: 

1. Namen der Zeugen, vor denen die Aussage gemacht 

wird. 

2. ,Diese Zeugen sind es, vor welchen X zu Y folgendes 

gesagt hat.‘ 

3. Aussage des X, eventuell auch Antwort des Y im di- 

rekten Wortlaute. 

4. Datum. 

Z. 2. UTUL = utullum ‚Herdenverwalter‘. Vgl. Delitzsch 
BA IV 455. 

7. 3. Ranke liest |. с. 1402 (unten): SAG.ILA*-napisti 
(ZD-idinnam(MU). Indes steht im Original: DAH nicht ZI. 
Ich lese daher SAG. ILA.-ussip-$umam = ‚Esaggil d. h. Marduk 
hat einen Sohn’ hinzugefügt‘. 

Z. 15. Die Lesung des Npr. ist zweifelhaft. Möglich 
wäre auch: й da-ab-tum ‚und [vor] den übrigen [Zeugen]. 
Vgl. II 28, Z. 6, 11 (Nr. 35): kaspam ba-ab-tam ‚Restbetrag‘. 

Z. 19. Wie man sieht, ist die Amtswürde des hazänum 
altbabylonischer Herkunft. Sie war bislang nur in jüngeren 
assyrischen Texten nachgewiesen. 

Z. 20—21. avátam $akánu hat hier prügnante Bedeutung 
‚eine Rechtssache vorlegen‘; vgl. C. Н. XXV 4—5: $4 a-và-tam 
i-raą-áš-šú-ú ‚wer eine Rechtssache hat‘. Ganz ähnlich ist im 
Hebr. men ок peo перл "273 гк Exod. ХУШ 26. Vgl. auch 
Exod. XXII 8. In späteren (assyr.) religiösen Texten hat die- 
selbe Redensart eine ganz andere Bedeutung: ,einen Ausspruch 
tun ein Orakel verkünden‘. Vgl. das sogenannte Sabbatgesetz 
ПУ В 32 = AL IV 82) Z. 6 (resp. 33°): а-ға" pu-uz-ri «ntu 
bir" amátam?* ul i&ákan* ‚an einem verborgenen Orte soll 
der Wahrsager kein Orakel verkünden‘. Vgl. auch Zimmern: 
Ritualtafeln, S. 88. 

Z. 22. an-nu-ti-in. Sowohl hier im Gen. masc. pl., wie 
auch an anderen Stellen im Nom. pl. finden wir das т am 


* = É.SAG.ILA. Vgl zur Bedeutung Ranke ВРХ, S. 212“. 
> MU = фити ‚Sohn‘ in Nprr. Vgl. Schrifttafel AL ТУ, s. s. MU. 
е HAL. 2 KA. ° GAR”. 


48 Ц. Abhandlung: Schorr. 


Ende statt der erwarteten Mimation, wiewohl im Plural das 
m ganz abfallen müßte. So IV б», 5 (Nr. 13); an-nu-tu-un — 
VI 34», 4 (Nr. 78); VIII 40», 8 (Nr. 31); УШ 50°, 11: рап 
a-nu-ti-in. Ebenso ist es in den Hammurabi-Briefen, vgl. 
Nagel BA ТУ, S. 475. Ist vielleicht diese Nunation im Plu- 
ral etwa westsemitischer, aramäischer Einfluß (vgl. row)? 

7. 30. Ähnliche RA C. Н. XIV* 11—12: ema e-li-sä 
ta-bu ‚wo es ihr gefällt‘. 

7. 31'—33. Die zwei Zeilen enthalten schon die Ant- 
wort des Sin-ublam. Er gibt sich mit der Erklärung seines 
Partners zufrieden. 

7. 32—33. Die RA libbam tubbu hat juristisch präg- 
nante Bedeutung ‚jemand befriedigen‘, auch I! ‚befriedigt sein, 
sich abfinden‘. Vgl. С. H. ХІУ" 86—87; ХУ» 1—2. In den Ur- 
kunden: II 22, 14—18 (Nr. 70), VI 93", 14—16 (2) (Nr. 15). 
Vgl. auch ВАР 118. 

7. 34—35. apálu mit АЕК. ‚jemandem antworten‘. Daß 
Ibi-NIN.SAH das Subjekt des Satzes ist, wird durch das Deter- 
minativ T markiert. Die richtige Interpretation der Zeilen 31 
bis 35 verdanke ich Herrn Prof. Müller. 

Z. 41. Nach King LIH III 222, Anm. 26 könnte das 
Jahr nach den Spuren der Datenliste das 5., 11. oder 14. sein. 
Richtiger scheint mir aber, das 6. Hegierungsjahr anzunehmen. 


Nr.15. CT VI 33^ (Bu. 91—586). VIII. Jahr. 


Prozeß über ein Haus. 


1 | "Матдайцк-ти-фа-Ї ? à ! Nachdem Marduk mu. 
"ISiín-i-din-nam ahusu 3 таг | ballit und Sin-idinnam, sein Bru- 
Ip-tu-ur-"Sin * а-па Sd-at- | der, der Sohn des Iptur-Sin, 
"Aja márat A-vi-ililim 5 dë | gegen Sát-Aja, die Tochter des 
šum bitim 34 Ga-gi-im ° ir- | Avélilim, 5 wegen eines Hauses 
gu-mu-á-ma. | in Gagum geklagt hatten; 

1 daianü i-na bit “Šamaš | die Richter im Tempel des 
8 dinam ú-šá-hi-zu-šú-nu-ti- | Šamaš, sie (plur.) das Urteil 
ma ? Sa-at-"Aja márat A(?) | haben wissen lassen; die Šât- 
vi-il-ilim 19 а-па ni-iš "[A]ja | Aja, die Tochter des Av& 





Altbabylonische Rechtsurkunden. 49 


п dd-di-nu-á-[5]i-ma З i-na 
13 [im-tJa-ag (?)- 


ba-ab ni-... 
ru (2)-й-та 


на libbi*(?) "Marduk-mu- 
ba-li-it 15 à " Sín-i-din-nam ahu- 
šu(?) 19 Sd-at-^Aja &(?)ti(?)- 
i-ib 


ilim 1 zum Schwur bei der 
Göttin Aja bestimmten; nach- 
dem sie sich in dem Tore... 
ausgeglichen haben (?), 

hat Sät-Aja sowohl das 
Herz des Marduk - muballit, 


15 wie auch des Sin-idinnam 


| seines Bruders befriedigt(?). 
11 dal i-tu-ru-ma 18 ! Mar- | 


Indem sie [den Ausgleich] 


duk-mu-ba-li-it !? à "Sin-i-din- | nicht anfechten, werden Mar- 
nam ahušú 29 а-па Sá-at-^ Aja | duk-muballit und Sin-idinnam, 


1 {§-šum bitim Ad Ga-gi-im 
2 ul i-ra-ga-mu-ü 


35 dup-pu-um zi-qu-tum 1- 
li(?)-a-am-ma * ih (?)-hi-e-ib-bi 


nis Šamaš “Marduk % à 
A-pil-Sin itmá." 


sein Bruder, ?? gegen Sát-Aja 
wegen des Hauses in Gagum 
nicht [wieder] klagen. 

Wenn eine gesetzmäßige (?) 
Urkunde auftauchen sollte, wird 
sie vernichtet. 

Bei Šamaš, Marduk * und 
Apil-Sin haben sie geschworen. 

8 Zeugen. 


26 рдп "NIN-SAH-ba-ni * pán Sin-[e] * mu-Ii *"*GU.(?) 39 pân Šamaš- 


da-ia-an mûr *Samai-na-gir ** pân Us-tas-ni-ilum 9 pân E-ri-zu(m)-ma-tum 
% [pán?] Be-li-zu-nu 3 pân Ha-zi-rum mûr "Samas-da-ia-an 29 pân Na-ra- 
nu-um mdr Varad-" Rammän. 


Im Jahre des Kanals 
| ‚Apil-Sin-begallum‘. 


** fattum паг A-pil-Sin-he- | »" 
gallum. 


Der Rechtstitel der Klage ist, wie gewöhnlich, nicht an- 
gegeben. Wahrscheinlich wird sich der Prozeß auf ein Kauf- 
gescháft bezogen haben. Der Angeklagten wird, da sie ver- 
mutlich keine schriftliche Urkunde vorweisen kann, ein Schwur 
auferlegt, jedoch scheint dieselbe, um einen Schwur zu ver- 


* Ich vermute, daß hier Є ПІ gestanden war wegen des folgenden иб. 
> IN.PA.NE.SU.MES. 

* Vom Schreiber aus Versehen ausgelassen. 

Sitzungsber. d. phil.-hist. КІ. 155 Bd. 2. Abh. 4 


50 11. Abhandlung: Schorr. 


meiden, einen gütlichen Ausgleich mit den Klägern vorzuziehen, 
womit sich die Kläger zufriedengeben und von der Klage zu 
rücktreten. Sie verpflichtet sich, nicht wieder in derselben 
Sache zu klagen. Einen analogen Fall bietet in diesem Punkte 
die nächste Urkunde Nr. 16. 

Z. 1—6. Die meisten Prozeßurkunden sind als solche gleich 
auf den ersten Blick daran zu erkennen, daß sie mit ana oder 
а$$ит* — worauf das Streitobjekt genannt ist — beginnen. 
Dann folgt gewöhnlich der Name des Klägers, zuletzt der des 
Angeklagten. Unsere Urkunde weicht von diesem Schema ab, 
indem an der Spitze derselben die Namen der Kläger stehen. 
Nur noch zwei Urkunden weisen dieses Schema auf: II 46 
(Nr. 21); VI 32* (Nr. 41). 

Z. 11—16. Die Zeilen sind sehr korrumpiert, daher ist 
die Ergänzung und Übersetzung nicht ganz sicher. Da ein 
Ausgleich stattfindet, so hat die Angeklagte nicht geschworen. 
Zur Erklürung dieser Zeilen ist Nr. 16, Z. 15 —18 heran 
zuziehen. 

È... й == ‚sowohl ... als auch‘; vgl. D. H. Müller: Ge 
setze Hammurabis 273. 

Z. 23. dup-pu-um zi-gu-tum. Zunächst ist festzustellen, 
daß die zweite Silbe des letzteren Wortes ди nicht etwa bu 
zu lesen ist^ Der Stamm “p heißt nach HWB! ... ‚gesetz- 
lich bestimmen‘, somit könnte zikätum ‚Gesetzlichkeit‘ über 
tragen werden. Das paßt gut dem Sinne nach: ‚wenn eine 
gesetzmäßige Urkunde auftauchen sollte, soll sie vernichtet 
werden‘. Wie ist aber die syntaktische Verbindung zu erklären? 
Da duppu überall masc. ist, kann zikü@tum wohl kaum als Ad- 
jektiv fem. gefaßt werden, etwa wie *$akü-$akütu." Trotz der 
Mimation, die auch sonst beim stat. constr. vorkommt,? glaube 
ich, daß zikütum als Abstraktum und syntaktisch beide Sub- 
stantiva als Status-constructus-Verbindung zu fassen sind* ‚Ur- 





* Selten steht an der Spitze das Streitobjekt ohne ana, so VIII 42*. 

b Vgl. Schrifttafel AL IV, Nr. 311 (babyl. Form). 

е Daneben auch: #akîtu cf. HWB? s. v. 

4 Siehe Anm. zu VI 36*, 11 (Nr. 3): Ja-gu-um bi-tim. 

e Allerdings müßte man dann zikü/im erwarten. Allein vgl. C. H. VI 48: 
mûr a-ve-lum; ВАР Nr. 45, 7: daian a-lum; CT VI 33*, 4: ina kild 
(ТІК) nam-ka-rum. 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 51 


kunde der Gesetzmäßigkeit‘, 4. h. ‚gesetzmäßige Urkunde‘. Eine 
Analogie dafür bietet C. H. У 29: si-bu-ut sa-ar-ra-tim ‚Zeugnis 
der Feindschaft‘ — ‚feindseliges Zeugnis‘, ebenso hebr. арт чр 
Prov. ХП 17.» 

Dieser Ausdruck ist mir übrigens nur,noch einmal in 
den Urkunden begegnet: VI Ais, 11—19: duppi* ha(?)-ar- 
mu-um zi-gu-tum 18 i-hi-bi-e 13 84 ap-lu-ti-im, wo mir aber der 
Sinn nicht ganz klar ist. Es scheint dieselbe Klausel wie in 
unserer Urkunde zu sein, vgl auch II 31, 15—19 (Nr. 22). 
Vielleicht ist auch BAP Nr. 34, 17: ra-bi zi-ka-tim (Amtstitel 
= rabiánu) und Nr. 78, 4: ата ta-az-ki^-tim von лр her- 
zuleiten und nicht von 72, wie Meißner ibid. 143 annimmt, 
weil 22: — wie im Neuhebrüischen — auch im Assyrisch-Ba- 
bylonischen doch nur die Bedeutung ‚frei, rein machen‘ haben 
dürfte, was an beiden Stellen kaum paßt. 

i-li-a-am-ma. — лу hat hier prügnante Bedeutung ,auf- 
tauchen', von einer Urkunde ausgesagt.* 

Z. 24. ih(?)hi-e-1b-bi IV! von hipáü == inhippi. Vgl. als 
analoge Form: ana-ku la ah-hab-bil ‚ich möge nicht verdorben 
werden‘ (HWB* 300" unten). 

Die RA duppam hipû kommt auch C. H. XII 15—16 
vor: dup-pa-šú ih-hi-ib-bi (ТУ). 

Z. 34. Nach den Spuren in der Datenliste gehört diese 
Urkunde in das 8. Jahr Apil-Sins. Vgl. King LIH III 223, 
Anm. 28; BA IV 365, Z. 35. 


Мг. 16. CT IV 47% (Bu. 88—711). XI.(?) Jahr. 


Mietsprozeß. 


1 Äs-sum 1 RUS bi-il-tim ! In Sachen eines RUS bi- 
! id i-na Li-Si-mu-ru-um® 3 itti | il-tum, welches, nachdem es von 
Varad-* Bêl à Silit-Istar dÉ Varad-Bél und Sili-Istar Ilusu- 
1-а-Би-5й таг "!Sin-na-sir ° i- | abu&u, der Sohn des Sin-näsir 


gu-ru-Fü-ma ih-li-ku-sü in LiSimurum, ° gemietet hatte, 
* Vgl. WZKM ХУШ, S. 212. b DUB. 
* Vgl. auch Meißner, AS Ш 54, Anm. 5. 4 Meißner: ki. 
* HWB? nicht registriert. е MIL, 


4* 


52 IL Abhandlung: Schorr. 


| dann ihm verloren gegangen 
| ist. 

6 áš-šum RUS bi-il-tim | Nachdem wegen des ВОЗ 
] Ilu-$ü-a-bu-sü 1 T Varad-"Bêl | Ilu&u-abu&u, Varad-Bêl und Şili- 
à Sili*-Istar i-di-nu-ma % da- | Маг prozessiert, die Richter 
ia-nu i-na $4 “Šamaš ° i-na | im Tore des Šamaš іп Sippar 
li-bi Sippar* 19 di-nam ú-šá-hki- 1° ihnen das Urteil zur Kennt- 
zu-šú-nu-ti-ma 11 а-па šú-ri- | nis gebracht; die Richter, Va- 
піт $4 “Šamaš 1 da-ia-nu TVa- rad-Böl und Sili-Istar den Ilusu- 
rad-Bél à Sili*Íitar 13 а-па | abusu zur Säule des Šamaš 
Ilu-sü-a-bu-sü id-disznu-Su-ma | übergeben; an der Säule (?) 
M ina $ü-ri-bnim šá “Šamaš | des Šamaš, 15 im alten Tore 
16 ina báb “Šamaš la-bi-ru- | des Šamaš, Ilusu-abusu, der 
tim 16 T Ilu-šú-a-bu-šú mär | Sohn des Sin-näsir, Varad-Bêl 
"ISin-na-sir 11 [ Varad-"Bel à | und Sili-látar einen Ausgleich 
Silis-Íitar 18 im-ta-ag-ru-ma | getroffen hatten, 

13 а-па 6 МЁИ kaspim $4 darf wegen der sechs Se- 
Za-ba-ank 3° à 10 ЕИ kdspim | kel Silber in Zabanwührung(?), 
2154 Sippark ra-bi-im 28 ds-Sum | 29 und wegen der zehn Sekel 
RUS-sü-nu il-ku-& 33 а-па Va- | Silber in Sipparwährung (?), die 
rad- Bêl à Silis-Ístar a Y Ilu- | sie für ihr RUS genommen 
šú-a-bu-šú таг Sin-na-sir 35 ú- | hatten, gegen Varad-Bél und 
Sili-Istar Ilusu-abusu, der Sohn 
des Sin-näsir, 25 nicht klagen. 

Indem sie niemals [den 
Ausgleich] anfechten, werden 
Ilusu-abusu, der Sohn des Sin- 
násir, Varad-Bél, Sili-I&tar, einer 
gegen den andern wegen des 
RUS *? nicht klagen. 

| Bei Šamaš, Marduk, Apil- 
Sin und der Stadt Sippar ha- 
ben sie gegenseitig geschworen. 

11 Zeugen. 


ul e-ra-ga-am 


апа таібта? 29 la i-tu-ru- 
u-ma 3 T Ilu-šú-a-bu-šú тат 
"I Sín-na-sir SI Varad-"Bel Si- 
li*-Íštar 39 a-hu-um а-па a-hi- 
im ds-sum RUS 3 ü-ul e-ra- 
ga-am 

31 nis "Хата "Marduk A- 
pil-" Sin ? й al Sippart iš- 
#1-п1-15 it-mu. 


зз pán I-din- Мити mûr  Li-bi-it-4 Bêl * pân I-din-"Ma-mu már Мази: 
um 35 pân 54-01-44 mâr "MAR. TU-na-gir 88 pân Nu-ür-" Kab-ta mâr Img“ 


a МІ. " UKUR.SU. 
с Sc. behufs Schwurleistung. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 53 


“Sn ° рап U-bar-ruum mâr * Sín-li-e-i 38 рдп Táb*^ Uru» mûr Ak-sd-ia 
* pân "Затад-йит mûr Im-di-"Bel < pán "Samai-da-a-an mâr Sin-ka-H-id 
“рап Ak-id-ia mûr "Samas-hegallumb(?) ** рап "Samas-na-gir PA.GUB da- 
ianu 9 рдп I-din-"Sin dupéarrim. 


^ varah [E*J-lu-nim йти | * Am fünften des Monats 
j tan 45 забит  A-pil-"Sín* | Elunu, im Jahre, in welchem 
LUGAL.E. ** BAD Du-ur- | Apil-Sin die Mauer von Dár- 
muti BA.RÜ. ‚ müti erbaut hatte. 


Das nähere Verstündis dieses Prozesses hängt von der 
Eruierung des Streitobjektes ab, das leider mit einem Ideogramm 
bezeichnet wird, dessen Bedeutung mir bislang nicht bekannt 
geworden ist. Nach Z.5 könnte man vermuten, daß es irgend 
ein Gerät ist; im übrigen ist die Urkunde sehr allgemein ge- 
halten. Die Richter legen dem Angeklagten einen Schwur an 
der Šamašsäule auf. Jedoch wird inzwischen unter den Par- 
teien selbst ein Ausgleich am Schwurplatze getroffen. — Im 
Gesetzbuch wird der Kasus, wo eine gemietete Sache verloren 
geht, nicht behandelt. 

Z. 1. Ob bi-il-tim hier und Z. 6 als phonetisches Komple- 
ment oder als selbständiges Wort zu fassen ist, kann man vor- 
läufig nicht entscheiden. In Hinblick auf Z. 22: RUŠ-šú-nu ist 
letzteres wahrscheinlicher. 

Z. 5. haláku ist in der 1. Form nur intransitiv. Daher 
muß man übersetzen: ‚das ihm verloren gegangen ist‘, oder ,zu- 
grunde gegangen ist‘, wenn das Mietsobjekt ein Lebewesen war. 

Z. 1. i-dinuma I! Imperfekt von dänu hier ,prozes- 
sieren‘, ‚rechten‘. Diese Bedeutung steht hier vereinzelt da; 
sonst heißt dänu überall ‚richten, Recht sprechen‘. Allein wir 
finden denselben Übergang auch im Hebräischen, so Koh. 
VI, 10: sas pnw вр rb bon нз, mit ву konstruiert. 

Z. 11—13. šú-ri-nim. $urinnu bedeutet ‚Pfeiler, Säule‘. 
Vgl. noch II 9, 7: а-па šú-ri-nim “Šamaš; II 41, 18 (Nr. 72): 


» SES.UNUM®, ^ HE(?).GAL (?). 

є Die Kopie bietet šu, doch sicher Verschreibung = e. — Vgl. King, 
Letters ЦІ, S. 36, Anm. 3 (Fortsetzung von 8. 35). 

å Das Zeichen ZU in *EN/ZU] = Sin hat der Schreiber aus Versehen 
ausgelassen. 


54 П. Abbandinng: Schorr. 


Surinnu (SÜ.NIR) $4 “Šamaš; IV 23°, 21; i-na &i-ri-nim iga- 
bu-ma; УГ 25*, 7: Sü-ri-nu* Aus all diesen Stellen ist aber 
nicht genug ersichtlich, was man eigentlich unter der ‚Säule 
des Šamaš‘ zu verstehen hat. In einem Sylabar II R 26, Nr. 1 
add. 32 ff. steht $urinnu in einer Gruppe mit esrötum und bí- 
täti iláni. Daraus darf man schließen, daß $urinnu ein Teil 
des Tempels ist, etwa eine Säulennische oder dergleichen 
bedeutet. Vgl. auch weiter Anm. zu Nr. 72, Z. 17—21. 

In der Tat lesen wir VIII 3°, 23—24: i-na $urinnim* іа 
"Bel ** i-na e-Se-ir-tim $4 i-li-šú-nu ‚an der Säule des Bel, im 
Heiligtum ihres Gottes‘. Aus derselben Stelle geht auch hervor, 
daß in der Säulennische, wo vielleicht das Götterbild aufgestellt 
war, der Angeklagte oder die Partei überhaupt den Schwur 
zu leisten pflegte. So ist dort 7.28: á-ub-bi-[bu] nach C.H. $ 266 
(2. 19) zu verstehen. Vgl. besonders ВАР Nr. 107, Z. 15—21: 
i3-tu Varad-"Marduk ... ата mar-si-it | Varad-"Ul-mas-s5i-tum 
а-01-5й-пи i-na ni-i$ ilim ana Ib-ni- Marduk à Pa-as-sa-lum 
ah-hi-su ü-ub-bi-bu ‚nachdem Varad-Marduk wegen des Be- 
sitztums des А., ihres Vaters durch Anrufung der Gottheit 
seinen Brüdern I. und P. gegenüber den Reinigungseid ge- 
leistet batter: Nach all dem wird es wohl einleuchten, daß 
auch an unserer Stelle ana $urinnim nadänu eine abgekürzte 
Redensart sein muß mit der Bedeutung: ‚an der Säule des 
Tempels einen Schwur auferlegen‘, wörtlich: ‚der Säule über- 
geben‘. Ganz in demselben Sinne: II 46, 11—13 (Nr. 21) die 
RA ana ubbubim nadánu. 

Sehr schwierig ist die Syntax іп Z. 11—13. Daß Ilusu- 
abusu als Objekt (Akkus.) aufzufassen ist, zeigt das Suffix in 
iddinu-$u-ma und erfordert auch der Sinn, da wohl — wie 
üblich — der Angeklagte den Reinigungseid zu leisten hat. 
Das ana als Exponent des Akkusativs ist gar nicht störend; 


a Vgl. die Zusammenstellung AS ПІ 60, Anm. 2; vgl. auch НУВ? 1116. 

bd Vgl. HWB? 1116». 

e SU.NIR. 

4 Meißners Übersetzung AS III 51 ‚befriedigen‘ ist unrichtig. 

e ВАР 145 stützt Meißner seine Auffassung von ubbubu = ‚regeln‘ durch 
den oben erwähnten $ 266, der damals nur als Fragment bekannt war. 
Doch gerade dieser Paragraph läßt für mahar ilim ubbubu im Kontext 
nur die Bedeutung zu: ‚den Reinigungseid leisten‘, wie auch allgemein 
gefaßt wird. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 55 


уві. 5 im Aramäischen und Äthiopischen (mit vorangehendem 
Personalpronomen, das hier als Suffix folgt). Vgl. auch KB 
VI 331. Kann aber, wenn 7. 12 als Dativ aufzufassen ist, 
die Präposition ana, die man erwartet, fehlen? Auch daß der 
Schreiber es ausgelassen hätte, ist graphisch unwahrscheinlich. 
Es scheint mir daher am besten, Z. 12 als Subjekt neben da- 
and zu fassen; die Richter und Kläger legen dem Angeklagten 
einen Schwur auf. 

Z. 15. 645 labirütim ist stat. constr.-Verbindung ‚Tor 
des Alters‘ — ‚altes Tor‘. Auch im Tempel zu Jerusalem gab 
es zur Zeit Nehemias ein mwn “pw Neh. ПІ 6. 

Z. 18. magäru I? bedeutet hier und sonst in den Ur- 
kunden ‚eine Vereinbarung, einen Ausgleich treffen‘. Vgl. VI 
33*, 13 (Nr. 15); VIII 6*, 16 (Nr. 48). 

Z. 19. Za-ba-an". Diese Stadt, deren Lage nicht näher 
bekannt ist, kommt auch in assyrischer Zeit vor, ebenso ein 
Kanal dieses Namens. Vgl. HWB? 274», 

Z. 21. Sippar rabîi ist vielleicht des Zentrum der Stadt. 
Es gab einige Vorstüdte: Sippar-amnanu, Sippar-edinna, Sip- 
par-iahrurum. Vgl. King LIH III (Index). 

Z. 32. iš-ti-ni-iš ‚gegenseitig‘ paßt hier besser im Kon- 
text als ‚jeder besonders‘, wie man es auch übersetzen könnte. 
Vgl. Delitzsch AG? 8 105 f. 

7.32. it-mu = itmá. So VIII 26°, 17 (Nr. 7): it-mu-ü п.б. 

Z. 34. Die Lesung bei Banke BPN 147°, Nr. 26: РА. 
US.UD.TAR ist unrichtig. 

Z. 45. Zur Datierung vgl. ВА ГУ 364, Z. 39—40. Nach 
King l. e. 222, Anm. 26 wäre auch das 5. und 14. Jahr möglich. 


Nr.17. CT IV 33^ (Bu. 88—580). 


Kaufvertrag. 


! 1 ЗАВ 10 GIN (t) нт | ! Ein SAR, zebn GIN ge- 
еріт ? i-ta E-ri-ba-am * à | bautes Haus neben Eribam 
!Samas-a-bu-su 4 ин Pa-ka- | und Sama$-abusu, hat von Pa- 
ila 5 ] A-bu-um-va-kar ® тат | kaila 5 Abum-vakar, der Sohn 
I-din-"Sin ° i(?)-éá-am | des Idin-Sin gekauft. 


56 U. Abbandlung: Schorr. 


а-па ši-mi-šú 8 ga-am-ri-im 
9 kaspam iskul 19 bu-ka-nam 
Sü-tu-uk И a-và-zu ga-am-ra-at 


1? а-па (1) và-ar-ki-at 13 @т- 
mi-im И a-ve-lum ата a-ve- 
lim 15 la i-ra-ga-mu 

16 пёў "атаў T A-pil-Sin 


17 di-ma. 


Für seinen vollen Kauf- 
preis hat er das Geld bezahlt. 
10 Den...-Stab hat man hin 
übergetragen. Seine Sache ist 
erledigt. 

In künftigen Tagen wird 
einer gegen den anderen nicht 
klagen. 

Bei Šamaš, Apil-Sin hat 
er* geschworen. 

5 Zeugen. 


18 pân Bu-nu-ma-hir 19 mûr Di(?)-li-ilum 29 pân Sá-ub-na-ilum 31 рїн 
Ja-dah-ilum °? mûrê Ja-ku-ub-ilum ** pân Sin-i-ki-[iá-Jam 24 mûr A-lu-ka 
35 pûn Na-ra-am-ili-J3á 29 mûr Ilu-šú-ba-ni. 


Z. 10. Die verschiedenen Erklürungen dieser Phrase 
s. Daiches AR 15. Neuestens übersetzt Meißner AbR 6 ‚den 
(Mórser) Klóppel hat man hinübergehen lassen‘. Die Zeremonie 
deutet jedenfalls den Abschluß des Geschäftes an. 


Aus der Zeit des Sin-muballit. 


Nr. 18. CT VIII 252-5 (Bu. 91—280). VII. Jahr. 


Adoption. 


1 Aplát Si-la-ma-zi ? märat | 


Sar-ru-ut-Sín З ]  Aja-Sar-ra- 
at märat Ha-ma-zi-rum * ri- 
ділі và-ar-ka-ti-&d 


° 1 SAR bitim еріт i-na 
Ga-gi-(ga-)*-im 9 ita bit Amat- 
"батаў märat I-din-" MAR. 
TU Та ita bit Ga-ki-(!)-im 


* D. h. wohl ‚jeder besonders‘, 


1 Adoptions[akt] der Si-la- 
mazi, der Tochter des Sarrüt- 
Sin. Aja-Sarrat, die Tochter 
der Hamazirum ist die Erbin‘ 
ihrer Hinterlassenschaft. 

5 Ein SAR, gebautes Haus 
in Gagum, neben dem Hause 
der Amat-Samas, der Tochter 
des Idin-MAR.TU und neben 


b Dittographie des Schreibers; ist zu streichen. 


с Wörtlich: ‚Nachfolgerin‘. 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 


85/5 САМ eklim i-na ugari 
Ka-du-ri ° за ekil Na-ra-am- 
tum 10 márat A-bi-ma-Istar 
п й ita A-dub-bu-um ? 2 SAR 
Инт epsim i-a Ki-di-(?) іт 
3 ita bit Sa-la-tum Ч à ita 
bit Burb-"Ma-mi 15 1 54885. 
tum Ku-ti-bi 1% ga-du-um vi- 
il-di-šá И ma-la va-l-du 18 à 
ivà-la-du 19 Ze САМ eklum 
hu-ub-tum 29 i-na ba-ab a-li-im 
1 ga-du-um i-di-&á 32 i-ta Nu- 
üir-ASamas 23 таг Ja-ku-ub- 


ilum 34 à i-ta Ili-"MAR.TU 


25 và-ar-ka bu-Se-e-&d. ?9 iš- 
tu bi a-di Витая 31 Y Sie 
mazi ит-та-5@ ?* а-па "Аја- 


jar-ra-at та-ат-Н-5а 29 т-2и- 
bu (?) 
ma-la 1-54-й 59 à i-ra-ás- 


54-й 31 $4 "Aja-sar-ra-at-ma 


59 а-па vû-ar-ki-at йтї"" 
З ina mûrê Ha-ma-zi*-rum 
* à ina mûrê Sin-e-ri-ba-am 
® ала " Aja-sar-ra-at. [і-ші 
іта-да (!)-mu 

36 nii Šamaš "Аја “Мат- 
duk 9 à Sin-mu-ba-li-it 
itm, 


51 


dem Hause des Gakum (?); 
5|, САМ Feld im Gefilde von 
Kaduri neben dem Felde der 
Narämtum, 19 der Tochter des 
Abima-Istar und neben Adub- 
bum; zwei SAR gebautes Haus 
in Kidum (?), neben dem Hause 
der Salatum und neben dem 
Hause des Bur-Mami; !5 eine 
Sklavin Кобы, samt ihren 
Kindern soviel geboren wurden 
und noch geboren werden; 
"/н САМ lastenfreies Feld 
29 am Tore der Stadt, samt 
seiner Umfassung, neben Nür- 
Samaš und neben Ili-MAR.TU; 

35 den Nachlaß ihres Ver- 
mögens vom Munde bis zum 
Golde hat ihre Mutter Si-lamazi 
ihrer Tochter Aja-sarrat hinter- 
lassen (?). 

Soviel sie besitzt 3 und 
besitzen wird, gehört nur der 
Aja-Sarrat. 

Künftighin wird [keiner] 
unter den Kindern der Hamazi- 
rum, und unter den Kindern 
des Sin-éribam °° gegen Aja- 
Sarrat klagen. 

Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Sin-muballit haben sie ge- 
schworen. 

21 Zeugen (davon 11 Frauen). 


# рдп Varad-Sin iangü* Хатай 39 pân Sá-lim-pa-li-ib-Ai $angü* "Sa- 
maš * рап *NIN-SAH-idinnam! akil UD "Sama © рап Bu-la-lum pân *Sa- 


WI 3]. 


» TUL (Br. 10267). 


¢ Die Kopie bietet irrtümlich ha. Vgl. Z. 3. 


* Von mir ergänzt. * RID. 


f MA. AN. SUM. 


58 II. Abbandlung: Schorr. 


mas-ta-ia-ar “ ріп Ka-lu-mu-um 9 рап Li-bur-ra-am ** рдп "Samas-tappi*-ia 
4 ріп А-ра-ат-аг-Н * pân "Aja-tal-Uk * pân Pi-"Aja márat Varad-Sin 
45 рп A-ha-zu-nu märat Sin-ri-me-ni 9 рап "Aja-ellitd (?) 59 märat Ha-an-ha- 
nu-um "! pán Be-ta-ni märat I-di-zum 5 pân Nu-ra-am-tum märat Ilum-na-sir 
53 pán A-ha-tum 59 айгай Im-gur-Sin ® ріп La-ma-zi 59 тага! Sin-a-bu-i5 
57 pân Amat-"Samas ® märat Sin-e-ri-ba-am 59 pân Ru-ba-tum % märat "Хат- 
nar-napi3tam-idin* *! рдп Amat-"Samas ® märat I-din-MAR.TU ® pân Ri- 
ba-tum % märat Ina-kät-ilim 


6 jattum BAD ANZA.KAR- | 65 Im Jahre, in welchem 
DA.DA. s | Sin-mu-ba-léit | Sin-muballit die Mauer des 
BA.RU. Gottes ZA.KAR.DA.DA er 

baut hat. 


Inhalt: Es adoptiert eine Frau eine andere, wohl ein 
jüngeres Mädchen. Die Mutter setzt ihre Adoptivtochter zur 
einzigen Erbin ihres im einzelnen namhaft gemachten Nach- 
lasses ein. Die Angehörigen beider Kontrahenten dürfen den 
Vertrag nicht anfechten. 


Die Verträge, in welchen eine freie Person adoptiert 
wird, unterscheiden sich durch das Schema vollständig von 
denen, welche die Adoption eines Sklaven betreffen. Vgl. 
Anm. zu Nr. 1. 


Folgende Urkunden gehóren neben obiger zu ersterer 
Gruppe und sind als eigentliche Adoptionsvertrüge anzu 
sehen: II 35 (AS III 55); II 41*-* (Nr. 30); IV 10, Z. 28—31; 
VI 30°; VI 33* (Nr. 43); VIII 49* (Nr. 84), Z. 1—24; VATh. 
959/60. Ihr Schema lautet: 


1. Adoptionsakt (oder: In Sachen des Adoptionsaktes ' 
derf A, Tochter des B. — C, Tochter des D, ist die 
Erbin ihrer Hinterlassenschaft. (Rubrum.) 


* TAB. BA. ь AZAG (?).GA. * ZI. MU. 

4 — KB IV 12. — Die Übersetzung Peisers ist unrichtig und unverständ- 
lich. Die zum Teile fehlerhafte Transkription läßt sich nach dem Schema 
leicht berichtigen und ergünzen. 

e TUR.US. KU — Ana aplütim. 

f In den meisten Urkunden ist es eine Frau, und zwar eine Priesterin, dif 
eine andere Frau, auch Priesterin, wohl behufs Altersversorgung adoptiert. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 59 


2. Einzelaufzählung der Hinterlassenschaftsobjekte. 

3. ‚All das (mimma annim) gehört nur der C (oder: hat 
A der С geschenkt). 

[4. C hat gewisse Renten (meist Naturalien) jährlich an 
A zu leisten.] 

5. Schwurvermerk. 

6. Zeugen und Datum.. 


Jene Urkunden, in denen die Adoptivmutter eine Prie- 
sterin ist, kann man als Illustration zum $ 179 ansehen. Ein 
anderes Schema weisen BAP Nr. 94 und 95 auf, wo Eltern 
ihr Kind (Sohn) in Adoption vergeben. Die Klauseln dort 
stimmen mit den Bestimmungen der Serie ana ittišú überein. 

Z. 1—4. TUR.US = aplátu. Vgl. Meißner AS III 55, 
Anm. 1, wo auch die anderen Belegstellen gegeben sind. Ар 
Si-lamazi heißt hier ,Adoptionsakt der Š.‘ (gen. subject.). 

Z. 4. ridit wird wohl als Partie. fem. anzusehen sein 
‚die Nachfolgerin, Erbin‘. Meißners Zweifel AS Ш 58, Anm. 5 
ist unbegründet. — Z. 1—4 bilden das Rubrum an der Spitze 
der Urkunde. varkätu ‚Nachlaß, Hinterlassenschaft‘. Vgl. С. H. 
XIV» 70 u. ö., neben varku (Z. 25). 

Z. 8 Da in Z.9 die Nachbarschaftsgrenze folgt, wird 
Ka-du-ri wohl als Stadtnamen anzusehen sein. 

Z. 12. Ki-di-im. Stadtname, vgl. VIII 24%, 1 (Nr. 42). 

Z. 16. vildu — hebr. 45, cf. HWB? 43°. 


Z. 11. và-l-du Perm. ПІ pl. masc. Da das Permansiv 
nur valid, mit relat. 4: valdu lauten kann, so wird man die 
Silbe ££ als Buchstaben Z ansehen müssen. Es ist interessant 
zu beobachten, wie dieser Versuch, Silben für Buchstaben 
(stimmloser Konsonanten) zu verwenden, schon in altbabylo- 
nischer Zeit sich geltend macht. Bekanntlich kehrt dieser Ver- 
such in den Tell-Amarnabriefen in viel höherem Maße wieder. 


Z. 18. i-và-la-du. — Hier IV! Präsens, Ш. pl. Im Assy- 
rischen lautet die Form б аїайи. 


Z. 19. Au-ub-tum ‚lastenfrei‘. Vgl. ВАР 117. 
7. 21. idu ‚Seite, Umfassung*. 


Z. 29. i-zu-bu(?). Die Lesung ist unsicher. Die zweite 
Silbe — sonst immer — фа — kann auch zw gelesen werden, 


60 П. Abhandlung: Schorr. 


vgl. УШ 45°, Z. 31 (Nr. 25) N. pr.: Zi-21w*-na-vi-ra-at. Gegen 
die Lesung bw der dritten Silbe spricht die Überflüssigkeit 
des relativen 4. Ich vermute — in Hinblick auf das sonst 
übliche Schema» — daß das Wort verschrieben ist statt i-di-in. 
Wie leicht aber in dieser Zeit «= und e| zu verwechseln 
sind, kann man z. B. aus VIII 49", Z. 14, zweites und drittes 
Zeichen ersehen. Auch daß > aus $$ — in verschrieben sein 
könnte, wird man leicht einsehen. Graphische Fehler sind ja 
auch sonst in dieser Urkunde vorhanden, so Z. 5, 7(?), 33. 

Z. 31. #4 "Aja-sar-ra-at-ma. Neben dem syntaktisch so 
wichtigen konjunktionalen ma, das dem Verbum am Satz 
ende enklitisch angehängt wird, gibt es noch ein zweites ma 
der Betonung, mit der Bedeutung ,nur, ausschlieflich, allein' 
etc. Es hat auch seine wichtige juristische Bedeutung so- 
wohl im Gesetzbuche, wie auch in den Urkunden, die nicht 
genügend beachtet wurde. 

Vgl. С.Н. 8 10%: beel hu-ul-ki-im-ma ‚nur der Eigen- 
tümer des verlorenen Dinges*. 

$ 2138, 126 19: $u-ma er selbst, allein‘. 

$ 45 45—46; bi-ti-ik-tum $4 ir-ri-Si-im-ma der Schaden 
trifft nur den Besteller‘. Auch 8 47 96: ir-ri-su-ma ‚Er allein 
(der Pächter) wird (muß) es bestellen‘. (Vgl. WZKM XVIII 219.) 

8 155 7%: va-ar-ka-nu-um-ma erst nachher‘, 

$ 162 5-8: 3e-ri-ik-ta-5d $4 máré-&d-ma ‚ihre Mitgift ge 
hört nur (ausschließlich) ihren Kindern‘. 

$ 163 22—23; je.ri-ik-ta-àd 3d bit a-bi-Sd-ma ‚ihre Mitgift 
gehört ausschließlich ihrem Vaterhause*. 

8 171 4—5: va-ar-ka-za 84 märe-Sd-ma ‚ihr Nachlaß ge- 
hört ausschließlich ihren Kindern‘. 

8 174 5—56; Se-ri-ik-ta-5d mûrê ha-vi-ri-Id-ma ili-kwi 
‚ihre Mitgift erhalten die Söhne ihres [ersten] Gatten aus 
schließlich‘.? 


а = gizu = pit-su ‚sein Ausgang‘. BPN 180». 

^ mimma annim ... iddin. Vgl. П 41», 14 (Nr. 30); IV 10, 37; VI 30», 
15—19; VI 33%, 11—19 (Nr. 43). 

e Die Betonung ist hier im Gegensatz zu 8 156, wo der Vater vorher 
(vor dem Sohne) seiner Schwiegertochter beiwohnt. 

4 Ausgeschlossen ist der zweite Gatte. 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 61 


$ 178 18-19: ap.lu-za šá ah-hi-sd-ma ‚ihr Kindesanteil 
gehört ausschließlich? ihren Brüdern‘. 

$ 180 58—59; va-ar-ka-za šá ah-hi-Ja-ma ‚ihr Nachlaß ge- 
hört ausschließlich* ihren Brüdern‘, ebenso 8 181 74—15, 

$ 186 9: inu-ma il-ku-u-sü ‚zur selben Zeit ав...‘ 
(vgl. WZKM XVIII 222, Anm. 3). 

$ 28035: ba-lum kaspim-ma ‚ohne Geld überhaupt‘. 
Unklar ist mir $ 281 99: $a-a-a-ma-nu-ma. 

Aus den angeführten Beispielen" ersieht man folgendes: 
Das betonende ma kann an jeden Satzteil, Substan- 
tivum, Verbum oder Adverbium ($ 155) ohne Rücksicht 
auf die Stellung des Wortes im Satze enklitisch an- 
gehängt werden. Je nach dem Sinne ändert sich auch 
die Nuance in der Bedeutung dieses та. 

Daher bedeutet auch hier: $4 "Aja-sar-ra-at-ma ‚... ge- 
hört ausschließlich® der Aja-Sarrat‘. Vgl. VI 30», 14: id 
La-ma-zi-ma; VIII 49°, 24: за Hu-na-ba-ti-ia-ma; УШ 40%, 
15 (Nr. 34): bilat eklim-ma ‚die Abgabe für das ganze Feld‘. 

Z. 32—35. Die Klausel bezieht sich einerseits auf die 
Ansprüche seitens der Geschwister der Adoptierten — die aber 
wohl sekundär sind und in anderen Adoptionsverträgen nicht 
erwähnt werden — anderseits auf die leiblichen Kinder der 
Adoptierenden. Sie werden mit Namen des Vaters genannt 
(тата Sin-éribam), obwohl dieser in der Urkunde nicht erwähnt 
ist. Es ergibt sich auch aus der Statistik bei Ranke BPN 
(S. 4), daß größtenteils in dieser Zeit die Kinder mit dem 
Namen des Vaters (Sohn oder Tochter des .. 1 bezeichnet 
werden, viel seltener und nur bei Mädchen wird der Name 
der Mutter genannt. 

So wird auch VIII 29», 11 == AS ПІ, 8. 32 i-na mûrê 
A-hu-Si-na dieser Name, der in der Urkunde sonst nicht ge- 





« Sie selbst darf darüber nicht verfügen. 

^ Ein hervorhebendes та im С. Н. konstatiert auch Ungnad BA V 715, 
ohne jedoch näher darauf einzugehen. Seine Einwände daselbst gegen 
Müllers Auffassung der konjunktionalen Partikel ma, gestützt durch 
Beispiele aus assyrischer Zeit, wo doch schon die Sprache verfallen war» 
sind haltlos. Müllers Fassung ‚wenn, nachdem‘ bleibt für das Gesetz- 
buch und die Rechtsurkunden unerschütterlich bestehen. Vgl. oben 
Anm. zu IV 42*, Z. 23—26 (Nr. 1). 

* Ausgeschlossen sind die leiblichen Kinder und andere Verwandte. 


62 II. Abhandlung: Schorr. 


nannt ist, sich auf den Gatten der adoptierenden Frau be- 


ziehen. 


Z. 65. Vgl. zur Datierung King LIH III 226; BA IV 


366, Z. 1f. 


Nr.19. CT VIII 42^ (Bu. 91—2455). VIII. Jahr. 


Zinsdarlehen. 


1 4 manê kaspim ? sipat* | 


lŠamaš й-ва-ар 3 1 546 vardum 
Ilí-ma-ta-ar * 1 339vardum 
"бата$-па-ар-ёе-та-ат 


5 8 ИИ kaspim ina šat- 
tim (1) 1 кат 6 ki-iş-ru-šú-nu 

таці Eri-isti-"Samas UD 
@$ата# 8 märat "Sín-ri-im- 
{тим °? Y и Sin - ri - im - Оти 
10 mår E.BAB.BAR-lu-mur 
11 arah ХРОМО. 21 ilteki 


13 arah ANDUMU.ZI 1% ka- 
spam й sipazu? isakal. 


! Vier Minen Silber, — Zin- 
sen des (Gottes) Šamaš wird 


er zahlen — einen Sklaven 
Ilima-tär, einen Sklaven Šama- 
napseram, 


— 5 acht Sekel Silber für 
ein Jahr beträgt ihr Lohn — 

hat von Eristi-Samas, der 
Samaspriesterin, der Tochter 
des Sin-rim-Üru, Sin-rim-Ürn, 
10 der Sohn des E.BAB.BAR 
lümur im Monat Düzu (Таш: 
müz) geborgt. 

Im Monat Düzu wird er 
das Geld und dessen Zinsen 
bezahlen. 

5 Zeugen. 


M ріп UR-RA-ga-mil mûr Ri-ib-Nu- Nu 18 рдп Ili-ma-a-hi mûr Sinî 
meni !* pân lb-ni-UR-RA И mûr E-ül-pi-UR.RA 19 pân "Samas-balatt-zi 
19 mûr In-bu-um 29 ріп E-ri-ib-" Sín dupsarrim 


31 šattum nûr "Aja-hegal- 
lum. 


21 Im Jahre des Kanals 


Aja-begallum. 


Z. 5. Der Mietslohn ist geringer, als die Bestimmung im 


$ 273 besagt, nach der ungefähr 11 Sekel der Lohn eines 
Mietssklaven beträgt. Ebenso VI 40* (Nr. 40): 3'/, Sekel, 
УШ 15° (Nr. 45): 5 Sekel. Vgl. auch AS ШІ, 8. 70. 


* SIPTU. b SIPTU.BI. ° TIL.LA. 


Altbabylonischo Rechtsurkunden, 63 


7.11. SU.BA.AN.TI = iltéki ‚borgen‘ eigentlich ‚nehmen‘. 


Vgl. ВАР 101. 
7. 21. 
IV 366, Z. 6. 


Nr. 20. CT II 4 (Bu. 88—60). 


Zur Datierung vgl. LIH III 226, Anm. 33, BA 


XIII. Jahr. 


Erbteilung. 


ı 1 SAR bitim epsim à 
niditum* ? ita bit U-bar-ri-ia 
"й dta bit Pu-tur (?)-Sin * 2 
ammatu" mu-u-um а-па sü- 
kim* 


$ zitti | ÜR.RA-na-gir 9 id 
itti Sin-i-ki-5Sd-am "To  Ib-ni- 
‘Sama 8 ї-ги-й-ги 


° is-tu. bie a-di huräsi 19 zi- 
zu-u ga-am-rum И a-hu-um a- 
na a-hi-im 13 ü-ul i-ra-ga-am 


13 „îš "батай "Ауа 14 "Мат- 
duk 5 й 'Sín-mu-ba-lí-it 
5 itmá. 


! Ein SAR gebautes Haus 
samt Ödlandsgrund, neben dem 
Hause des Übarria und neben 
dem Hause des Putur(?) Sin 
— zwei Ellen Ausgang auf die 
Straße — 

5 ist der Anteil des ÙR- 
RA-násir, welchen er mit Sin- 
ikisam und Ibni-Samas geteilt 
hat. 

Vom Munde bis zum Golde 
ist 19 die Teilung vollzogen. 
Nicht wird einer gegen den 
anderen klagen. 

Bei Šamaš, Aja, Marduk 
15 und Sin-muballit haben sie 
geschworen. 

9 Zeugen. 


U pân Sin-pu-ut-ra-am ® рдп Li-bu-ra-am 19 ріп Sin-ma-gir 29 pân Sin- 


i-dinnam * рдп Уагай-ій-ій ® pân Sá-"Ii-ha-ra ® pân Varad-"MAR.TU 
H ріп Sin-ilum ?* pân Li-bur-na-di-Sü. 


26 jattum nâr TU.TU. HE- | 26 Im Jahre des Kanals 
GAL, | ‚TU.TU-begallum‘. 


Das Schema der Erbschaftsvertrüge ist so ziemlich kon- 
Es lautet: 
1. Teilungsobjekt (Zahl, Größe, Lage usw.). 


stant. 





* KISLAH (KI.UD). ь 0. e KUD. 


64 1. Abbandlung: Schorr. 


2. ‚ist der Anteil des A, welchen er mit B geteilt hat‘ 
[Nennung des Anteils des B]. 

3. [Klausel betreffs des übrigen Erbteils.] 

4. Vermerk über vollzogene Teilung und Unzulässigkeit 

der Anfechtung. 

5. Schwurvermerk. 

6. Zeugen und Datum. 

Z. 1. Zur Lesung des Ideogrammes vgl. BAP 119, 
НУВ! 450», HWB? 649». Es liegt kein zwingender Grund vor, 
mit Meißner a. а. О. zwei verschiedene nidütum zu supponieren: 
a) Verfall (der KT.KAL) b) Hochland (?) (Тарт. KLUD). Ich 
habe daher auch hier nach HWB®: ‚Ödlandsgrund‘ übersetzt. 

Z. 3. Die Lesung fur ist wahrscheinlich. Das Zeichen 
gleicht sehr dem DUR im C. H. I 59. Vgl. Ranke ВРХ в. v. 


Z. 10. 21-2и-й. Richtiger wäre 21-1-2и = zizu. 80 2. В. 


VIII 18°, 8 (Nr. 27). 


Z. 26. Zur Datierung vgl. King LIH Ш 226, Anm. 36. 


XIV. Jahr. 


Hinterlassenschaftsprozeß. 


Nr. 91. CT II 46 (Bu. 91—2181). 
1 Y A-hu-si.na Ї Ib-ni-"Sa- | 


mas ? T Il-ta-ni ] Ma-za-ba-tum 
з märü ОР. A-ga-mil * | Na- 
ra-am-tum й Sa-mi-nu-ü 5 dë 
šá-at ÜR.RA-ga-mil à Nu-ür- 
Sin ° апа a-bi-&ü-nu ana E- 
ri-ib-Sin 7 таг KA-id-UH" a- 
na mi-im-ma $ šá DR A-ga- 
mil i-zi-bu ° à elü-$á ir-šú-u 
10 itu-ru 


ir-gu-mu-ma | Su-mu- 
ÙH" ikiü-du-ma 13 di-nam 
ü-sd-hi-zu-nu-ti-ma 13 | E-ri- 


а SES. b Sc. der Kinder. 


! Ahusina, Ibni-Samai, Il- 
täni, Mazabatum, die Kinder 
des UR-RA-gämil, Narámtum 
und Saminü, 5 die Frauen des 
ОВ-ВА-рашй und Nür-Sin, der 
Bruder ihres^ Vaters haben 
gegen Érib-Sin, den Sohn des 
KA-Sa-Upi wegen all dessen, 
was UR-RA-gämil hinterlassen 
und gegen ihn“ [an Forderun- 
gen] hatte, 19 [das Urteil] an 
gefochten. 

Nachdem sie Klage er 
hoben; zu Sumu-Upi gekommen 
waren; er sie das Urteil hat 


* Sc. gegen Érib-Sin. 


Altbabylonische Rechtsurkunden 65 


ib-Sin а-па bit "Samas И а-па | wissen lassen; Erib-Sin dem 


ú-bu-bi-im id-di-ii-su-ma 


15 i-na abullim® а-па mi- 
im-ma 16 $d UR-RA-ga-mil 


И 18-м bie a-di hurági 18 it- 


ti-ia la i-ba-áš-šú-ú 19 it-ma(?)- | 
та 29 ти-ди-ти Su-mu (?)- 


ЁН?) [izu-uh] 


" dub-bi la ra-ga-mi-im 
33 iinu-ü-ma а-па E-ri-ib-Sin 


3 1.21-ры 


ü-ul i-ta-ru-ma З ana E- | 


ri-ib-Sin ú-ul i-ra-ga-mu 


25 під "Samas "Aja "Мат- 
duk Se й Sin-mu-ba-li-it 
"U ті. 





Tempel des Šamaš, um den 
Reinigungseid zu leisten über- 
geben; 

15 [Érib-Sin] im großen 
Tore wegen der ganzen Habe 


| des ÜR-RA-gämil: ‚Vom Munde 


bis zum Golde ist bei mir 
nichts vorhanden‘ geschworen 
hatte — 29 [wies] Sumu-Upi 


, die Klage [zurück]. 


Nachdem sie eine Ur- 
kunde, daß sie nicht klagen 


| werden, zum zweitenmal aus- 
| gefertigt hatten, übergaben sie 


dieselbe an Érib-Sin. 

Indem sie [das Urteil] 
nieht anfechten, werden sie ge- 
gen Érib-Sin nicht klagen. 

25 Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Sin-muballit haben sie ge- 
schworen. 


14 Zeugen. 


= pän llí-i-din-nam mûr En-nam-Sin ** pán Sin-e-ri-ba-am таг * Nan- 


nár-MULU-TI(L)* % pân Gimils-ili-Fü mûr Awel “Sama 91 pán Awél-* NIN- 
$АНКА mâr Na-bi-ia(?) ** pân Im-gur-Sin pân Ki-if-Nu-nu 83 mûrê Ib-ni- 
“Rammän ?* pân Ig-mil-Sin mûr Sin-be-el-ili 29 pân Ibik-"Rammän mûr Na- 
ra-am-ili-f£á ** ріп Warad-ili- mûr Pit.iá-"Samaid DI рап A-bi-lum (?) mûr 
Ii-ni-^Ba(?)-4 ** рдп Ib-ga-tum mûr Sin-e-ri-ba-am 3° pân Nu-ür-"Samas mâr 
Sin-ki-nam-di(?)-ni 9 pân É.TIL.AN.NA-ié-me mâr Sin-la-ma-z[u] (?) * pân 
Eri-ib-Sin mûr E(?)-ri-ba (?)-ia 


5 jattum KI.KUS.LU.ÜB. | 
GAR tam-tum", 


43 [m Jahre, da das Heer des 
Meerlandes [mit dem Schwerte 
geschlagen wurde]. 


Meißners Übersetzung AbR 30 ist zum Teile philologisch 
und sachlich ungenau. 


* KÁ.MAH. » = muballit avélam (?). e 80, a КА, 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 2. Abh. 5 


66 П. Abhandlung: Schorr. 


Ich vermute aus Z. 10: itürü irgumü* — sonst heißt es 
bloß irgumá — wie auch aus 7.22: ëng mag, ebenfalls vom 
Schema abweichend, daß sich dieser Prozeß vor einer zweiten 
Instanz in derselben Streitsache infolge der Anfechtung des 
früheren Urteils abspielt,’ was aber nicht als Appellationsprozeß 
vor einer höheren Instanz aufgefaßt werden darf, wie oben 
Anm. zu Nr. 4, Z. 10—16 dargelegt wurde. 

Der Sachverhalt ist folgender: Die zwei Frauen, Kinder, 
wie auch ein Bruder des verstorbenen UR.RA-gämil verklagen 
Erib-Sin wegen des ganzen Nachlasses des Verstorbenen und 
der Forderungen, die jener an ihn hatte. Daraus scheint һег- 
vorzugehen, daß der Angeklagte ein Geschüftskompagnon, 
resp. Kommissionär ($атаЙ@) des ÜR.RA-gämil gewesen ist. 
Die Kläger behaupten, daß der Nachlaß des Vaters, resp. Gatten 
sich in seinen Händen befindet. Erib-Sin leistet den Reinigungs- 
eid mit den Worten: ‚Vom Munde bis zum Golde* ist bei mir 
nichts vorhanden‘. Die Kläger werden daher zurückgewiesen 
und übergeben zum zweitenmal dem Erib-Sin eine Urkunde, 
in der sie sich verpflichten, nicht mehr zu klagen. 

Z.11. Für den Ausdruck ‚zum Richter kommen‘ gibt es 
in den Urkunden einige Redensarten: 

a) aläku ana. Vgl. П 39, 7 (Nr. 10): а-па da-ia-nu-ni 
i-li-ku-ma. 

b) kasádu mit Akk. (wie hier). Vgl. II 43, 5: daiani ik- 
sü-da-ma (fem.); МІ 32*, 9 (Nr. 41): daiani ik-Sü-du-ma = 
VIII 43», 7 (Nr. 38); VIII 24°, 5 (Nr. 42): daian? Jarrım (LU 
GAL) ik-Sü-da-ma (em. 1? 

с) maháru mit Akk.: II 47, 16 (Nr. 72): | Sü-mu-UH® 
im-hu-ru-á-ma; IV 13%, 3: daiant im-hu-ur-ma == VI T*, 2 und 
VIII 9», 14; VIII 6», 8—9: daiani Bábili* daiani Sippar" 
im-hu-ur-ma. 


* Vgl. Anm. zu VIII 28* (Nr. 4), Z. 10—16. 

ь In dieser Vermutung bestärkt mich nachträglich die nicht datierte 
Urkunde II 22, welche mit unserer Urkunde eng zusammenhängt. Vgl 
Anm. zu II 22 (Nr. 70). 

* Bc. vom Vermügen des ÜR.RA-gámil. 

d Auch II 31, 10 (Nr. 22): i$-iü-da-a-ma = ik-hi-da-a-ma. Es ist eine 
volkstümliche Assimilation. Unrichtig Meißner AS III 54, Anm. 1. 


Altbabylonische Rechtsnrkunden. 67 


d) sanáku ana... mit intransitiver Bedeutung ‚kommen‘: 
ВАР Nr. 100, 5: а-па daiant Bábili* is-ni-ku.* 

e) ana bit Чбатай erébu. Vgl. П 22, 6—10 (Nr. 70): 
апа bit “Šamaš ... i-ru-bu-ü-ma; II 28, 4 (Nr. 35): а-па bit 
Kamas i-ru-bu-ma. 

Gelegentlich seien hier auch die verschiedenen Ausdrücke 
für ,prozessieren, klagen‘ genannt: 

a) ragámu, gewöhnlich mit ana der Person und ana 
oder aššum) des Objekts (der Sache) konstruiert. So II 47, 
1—5—10 (Nr. 72); II 50, 1—1—10 (Nr. 8); VI 33», 4—6 
(Nr. 15): ana (Person) ... assum (Sache); VIII 28*, 1—4—5 
(Nr. 4); VIII 28», 2 (ча ...)--16 (Nr. 5); VIII 24», 1—3—4 
(Nr. 42): aséum ... ana; VIII 45», 1, 11 (Nr. 25). 

b) táru ragámu (resp. pakäru), auch mit doppeltem ana, 
z. B. Мег 7.10; II 45, 1—7 (Nr. 28, 1—6): Ana 3!|; SAR 
... itu-úr USamas-be-el-ili а-па Ma-an-na-&i ... ir-qu-um-ma ; 
ВАР Nr. 43», 15—17: i-tu-ur ... ip-ku-ur-ma. 

с) ракати mit doppeltem АКК. УТ 49», 1—6 (Nr. 26): 
|? ЗАВ ... ip-ku-ur-sü-ma; VIII 422, 2—6 (Nr. 9): ip-ku-ru-ü 
imit dopp. Akk.); ВАР Nr. 43, 30—31: la свети la i-ba-ga- 
ru-ma, 

d) dänu mit assum des Objekts: ГУ 47%, 1—7 (Nr. 16): 
ái-ium ... t-di-nu-ma. 

e) garû* mit апа des Objekts und Akkusativ der Person: 
ВАР 100, 3—4: а-па mi-im-ma nu-ma-at bit a-bi-sü-nu T Ja- 
Wi-ha-tum. um-ma-šú-nu ig-ru-ú; VI 19%, 12: а-па a-và-tim ni- 
ü-te-ig-ri ‚wegen der Sache haben wir prozessiert^; daher auch 
oft in der Schlußformel von Verträgen; z. B. BAP Nr. 27, 12 
bis 13: u-ul i-ta-a-ar ú-ul i-gi-ir-ri; Nr. 18, 20—21: la i-tu-ru 
la i-gi-ir-ru-ü. 

Z. ll. Dieselbe Person kommt als Richter II 47, 16 
(Nr. 12) vor, geschrieben: Su-mu-ÜH м, ebenso in unserer Ur- 
kunde Z. 20. 


* Danach ist BAP 125, auch AS III 57, Meißners Übersetzung richtig- 
zustellen. sandku == ‚kommen‘ findet sich auch öfter in den Hammu- 
rabi-Briefen. Vgl. King LIH III (Index). Dort wird es auch mit dem 
Akk. konstruiert. 

> Wörtl. ‚feindlich sein‘. Vgl. hebr. 2 arab. бу» (so D. Н. Müller, Ges. 
WB., XI. Aufl.) * Die betreffende Urkunde ist ein Brief. 

5* 


68 IL Abbandiung: Schorr. 


Z. 14. Zur juristischen Bedeutung von ubbubu vgl. 
oben S. 54. 

7. 19. й-та (Impf. Ш sing. mase.). Ebenso lautet Ш 
pl. fem. 

/. 20. Die Ergänzung fordert der Sinn. Vgl. auch УШ 
28°, 1—9 (Nr. 4). 

2. 22. šanû ‚wiederholen‘, hier: ‚ein zweitesmal tun‘, selten 
im KAL, vgl. HWB? 1066^. 

Z. 23. i-ta-ru-ma. Diese Form des Präsens kommt neben 
iturrü öfter vor. 

Z. 31. KA am Ende des Namens ist sumerische Post- 
position für den Genetiv, daher oben mit kleineren Buchstaben 
transkribiert. Vgl. Ranke BPN 204, Anm. 8. 

Z. 35. Zur Schreibung und Bedeutung von ibku vgl 
ВРХ 229», Anm. 6. 

7. 3%. Ib-ni"Ba(?)4. Ranke 1. с. 939 liest: Jb-ni-ilu(?), 
läßt also die letzten zwei Zeichen untranskribiert. Die Schrei- 
bung РЕ = ‚ЕЕ findet sich nicht selten. Vgl. z. В. IV, 42", 
47 (Nr. 1): ih-pu-ú. 

Über die Göttin Bau, Gemahlin des ZA. MÀ.MÀ, vgl 
HWB? 137*-*, wo die Literatur zusammengestellt ist. In dieser 
Zeit kommt DEER "Bau als Eigennamenelement nur noch 
einmal vor, und zwar in einem Straßennamen: sük-"UR-"Ba- 
(Straßmeier: Altbab. Verträge von Warka, Nr. 70, 5). Vgl 
BPN 172%, 197», 

Z. 42. Zur Lesung und Deutung der Ideogramme vgl 
Br. 9646—9649, — Zur Datierung vgl. BA IV 366. 


Nr. 22. CT II 31 (Bu. 91—360). 


Adoptionsprozeß. 


1 Ap-lu-ut Ha-li-ia-tum ® šá | 1 Die Adoption der Halia- 
апа Amat-"Samas татаё Ja- | tum, welche sie an Amat^ 


ku-bi ? id-di-nu maš, die Tochter des Jakubi 
verliehen hatte. 
4 lu-bu-5d-am  bi-5á-tam Nachdem sie* Kleidung, 


6 bi (?) ki-ta-$á ü-ul id-di-im- | Salböl, 5 [und] ihre Erhaltung 


a Sc. Amat-Samas. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 69 


ma 5 daiani ? ina Ê-bar- 
bar-ri-im ° | Ha-li-ia-[tum] 
? ù Amat-"Samas 19 iš-šu-da- 
а-та. 
п f Ha-li-ia-tum 1? | (?) A- 
mat-"Samas 13 i-na ap-lu-ti-3d 
HM Lzu-uh 

15 dub-bu-um šá Ha-li-ia- 
tum 16 а-па Amat-"Samas 
" ap-lu-za id-di-nu 18 i-li-a-am 
за-ат 19 i-hi-bi 


* nis Šamaš "Aja Mar- 
duk *! à Sin-mu-ba-li-it 


nicht geliefert; zu den Rich- 
tern in Ebabbara, Haliatum 
und Amat-Samas 19 gekommen 
waren; 

hat Haliatum ihre Adop- 
tion der Amat-Samaá entzogen. 


5 Wenn eine Urkunde, 
darin Haliatum an Amat-Sama& 
ihre Adoption verliehen hatte, 
auftauchen sollte, ist sie falsch, 
sie soll vernichtet werden. 

2 Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Sin-mubalit haben sie ge- 


schworen. 

? di-in bit “Šamaš Urteil des Samaätempels. 
з [dajianü * | Sfin]-i- 
ki-sd-am 25 1 "Samai-li-vi-ir(?) 
» ] Ilu-sü-i-bi-su 9 T Sin-ia- 
tum 38 |  Samas-asaridum* (?) 


5 Richter. 


Die Urkunde ist zwar von Meißner AbR 28 übersetzt, 
AS III 54 auclı transkribiert (bis Z. 22), trotzdem scheint mir 
die Aufnahme dieses Textes in die vorliegende Ausgabe nicht 
überflüssig zu sein. 

Inhalt: Die Adoption wird gerichtlich aufgehoben, weil 
die Adoptierte die Bedingung des Adoptionsvertrages, eine 
bestimmte Rente ihrer Adoptivmutter zu zahlen, nicht ein- 
gehalten hat. 

Es sind besonders Priesterinnen, welche wohl in vor- 
gerücktem Alter, wo sie selbst ihr Vermógen nicht mehr ver- 
walten können und auch sonst der Ruhe wegen, eine andere, 
jüngere Person, gewöhnlich auch eine Priesterin (z. B. VI 33*, 
Nr. 43) adoptieren, ihr den gesamten Nachlaß oder einen Teil 
desselben vermachen, wofür jene, die Verwaltung des Vermügens 
übernehmend, sich verpflichtet, eine bestimmte Rente an Ge- 
treide, Öl, Kleidung jährlich der Adoptivmutter zu liefern. 


—— 


^ SAK (?). 





* Vgl. Meißner AbR 27. 


10 M. Abhandlung: Schorr. 


Diese Bedingung wird auch in den Vertrag aufgenommen mit 
der Klausel der Nichtigkeit der Adoption im Falle der Nicht- 
einhaltung derselben.* 


Hier wird dieser Fall eben gerichtlich entschieden. Von 
dieser bedingten Adoption von Erwächsenen spricht das Ge 
setzbuch nicht. $$ 185—191 reden nur von einem зійти, d.h. 
einem kleinen Kind. Implicite enthält aber 8 179, Z. 38- ££ 
und $ 182, Z. 98—96 — beide handeln von Priesterinnen — 
die Möglichkeit einer solehen Adoption. 


Z. 1—3. Diese Zeilen sind als Rubrum zu fassen. Vgl 
IV 47», 1—5 (Nr. 16). 

Z. 2—3. aplütam nadänu ‚Adoption verleiben'; so hier. 
Vgl. oben S. 22. 

Z. 4—5. bi-sa-tam == piššatam; bi (?)-ki-ta-&a == pikittaia 
(зов). Vgl. Meißner AS III 53, Anm. 5. Dort übersetzt Meißner 
pikittu ‚Unterhalt, Aufwartung‘, wohl wegen der Verbindung 
mit nadánu, denn pikittu dürfte sonst nur ‚Aufsicht, Verwal 
tung‘ übersetzt werden. Es entspricht auch formell hebr. лғ 
‚Aufsicht, Amt‘, Jer. 37, 13 (sonst npp Num. IV 16; П Chr. 
22, 18). Es ist möglich, daß hier die Konstruktion zeugmatisch 
ist, indem nadánu sich nur auf lubüsam und pissatam bezieht. 
Dann wäre zu übersetzen ‚und ihren Verwaltungsdienst [nicht 
verrichtet hatte]. 

Z. 10. iš-šú-da-a-ma, wohl volkstümliche Sprech- uni 
Schreibweise für ікішій-та. Vgl. oben S. 66, Anm. 


Z. 13—14. Die RA ina aplütim nasáhu ist aus dem 
C. H. $ 168 19, 19183 bekannt. — i-zu-uh == issuh == insuh. 


Z. 15. 54. — Vielleicht hier besser konjunktional: ‚eine 
Urkunde [des Inhaltes], daß .. .*. 
Z. 18. ili-a-am = iliá-ma ‚жепп... 


7. 19. ibibi = ihhipi IV. Vgl. AS Ш 54, Anm. 4. 

Z. 23—28. Es ist auffallend, daß nur die Richter na 
mentlich genannt sind, die Beisitzer aber — wie sonst üblich 
— nicht erwähnt werden. 


* Vgl. AS ПІ 53. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 11 


Мт. 23. CT II 40® (Bu. 91—368). 


Paternitätserklärung. 


1 "Samai-tappá*-5á a-pil | 1 Šamaš-tappûšu ist der 
Tab-bi-lum м | Sohn des Tabbilum. 
2 ] Tab-bi-lum а-па "'Sa- | Tabbilum hat an Šamaš- 
mas-tappü*-$á 3 ap-lu-tam i- | tappüsu die Sohnschaft ver- 
di-in | liehen. 

4 піў Šamaš "Aja nis d Bei Šamaš, Aja, bei Mar- 
Marduk 5 à "!Sin-mu-ba-li- | duk 5 und Sin-mubalit haben 


it 5 itmá sie geschworen. 

La-na (ana) тата’ var- Niemals in Zukunft wird 
kûtus 8 T E-ri-ba-am-"Sin la | Êribam-Sin Einwendung erhe- 
ira-ga-mu. ben (klagen). 

12 Zeugen. 


9 pán d Sín-ie-me-e таг "Böl-na-sir 1° ріп 9 Rammán-i-din-nam mûr Be- 
li-en-nam М pân Na-ra-am-ilí-4á 13 таг "Sín-ri-me-ni 13 pân Ir-zu-nu-um mûr 
In-ni-if lum]. 14 pân "Sin-a-bu-fu 15 mûr Na-ra-am-ili-Ki 19 pân "Sín-ga-mil 
mûr I-bi- Sin. И рдп A-ha-am-ar-H mûr A-hu-ni 1 pân A-ra-ru-um таг Be- 
el-a-nu-um 19 ріп * Samad-ri-i таг I-din-^ MAR.TU. 29 pân Táb**-tap-pu-um 
" mûr "Samaik-e-mu-ki (!) 29 pân Ta-ri-bu-um * mûr #атай-Һе-еі-ій 34 pân 
Nu-ür-" Hammán таг Zu-hu-um. 


Inhalt: Ein Sklave, leibliches Kind seines Herrn, wird 
von diesem als legitimer Sohn anerkannt. Es ist die kürzeste 
Freilassungsurkunde, die schon Meifiner richtig als Paternitüts- 
erklärung (Anerkennungsschein) charakterisiert. Vgl. AS III 56. 
— Zu beachten ist das Schema. 

Z. 1. Interessant ist der doppelte Ausdruck der Prüpo- 
sition durch das semitische a-na und die sumerische Postpo- 
sition SO. Dem Schreiber war die semitische Lesung so ge- 
läufig, daß er mechanisch fast das semitische Wort niederschrieb, 
im selben Moment aber die kürzere sumerische Fassung vorzog. 

7. 8. Eribam-Sin ist wahrscheinlich der legitime, d. h. 
von der Hauptfrau (rabitu) gezeugte Sohn des Adoptivvaters. 
— Zu beachten ist das u am Ende des Verbums im Haupt- 
satze nach lâ. 


* TAB.BA. b UKUR.SÜ. e EGIR. RA. AM. 4 DUG. 








12 11. Abhandlung: 


Schorr. 


Nr. 24. CT VI 42^ (Bu. 91— 2470). 


Erbteilung. 


1 1 SAR bitim epsim ? ita | 


bit Be-la-kum ? à i-ta Avél- 
"UNannar * zittu Eri-ıd-tum 
kadistim® 5 märat Ri-ba-am-ili 
6 šá itti Amat-"Samas ahat” (?) 
Samas 1 aháza* i-zu-zu 


8 zi-za ga-am-ra iš-tu bie 
9 a-di huräsi a-ha-tum 19 а-па 
a-ha-tim ú-ul i-ra-ga-am 


п a-pil-ta $4 Amat-''Samas 
aháza 

12 nis “Šamaš “Marduk 
Sin-mu-ba-li-it 3 à alu 


Sippar*, 


! Ein SAR gebauten Hau 
ses neben dem Hause des Be- 
lakum und neben Avél-Nannar, 
ist der Anteil der Eristum, der 
Hierodule, 5 der Tochter des 
Ribam-ili, welchen sie mit 
Amat-Samas, der Samaäschwe- 
ster (?), ihrer Schwester geteilt 
hat. P 

Die Teilung ist perfekt. 
Vom Munde bis zum Golde 
wird eine Schwester !? gegen 
die andere nicht klagen. 

Es ist der Ausgleich der 
Amat-Samaà, ihrer Schwester. 

Bei Šamaš, Marduk, Sin 
muballit und bei der Stadt 
Sippar [haben sie geschworen]. 


17 Zeugen. 


14 pán Mu-na-vi-rum mûr Sin-i-din-nam !5 pán Sin-i-ki-Ká-am mår Ki 
ni-is- ? -ma 18 ù Nu-ra-tum И pán "Samas-gulülu3-ni mûr Nu-ri-ia 18 pân A- 
bu-nu-um таг Bur- Rammän 1° рдп Ir-pa-tum mûr Ib-ni-" SAK.K UD ? рія 
A-bi-ia-tum mûr Nü-ür-E-a 31 pân I-ka-tum mûr Na-hi-mi-im 33 pân E-ri-ba-an 
mûr Sin-hat-ti ** pân Varad-ili-#4 mûr Ilu-ie-me %* pân "Samai-ka-H-id mûr 
Sin-be-el-ilí ® рап Tab-gi-ri-"Samas mûr UR. RA-bani % pân Ibik-"Aja mûr 
E-ri-ib-Sin 2" ріп Sin-ia-tum akil bábi* daianim 3 pân Ili-ma-lik-ki mûr Sin- 
ellat-zu 29 рдп “Nannar-MULU.TIL' mûr Рі-#4 "NIN.TU % рдп Be-la-kum 
mûr Sa-na-tum (?) ** pân Varad-Sin mûr E-a-mu-da-mi-ik. 


Zwei Schwestern, beide Priesterinnen, teilen ein Haus, 
wohl ihre Erbschaft. 

Z. 4. NU.GIG = kadistum. Vgl. das Sylabar К. 4328, 
publiziert von Meißner AS III 22, wo noch andere Priester- 
würden genannt sind. 








a NU.GIG. a AN.KUS. 


ù NIN (3). 
° KA. 


f muballit avélam (?). 


* NIN.A.NI. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 73 


Z. 8. zia ga-am-ra. — Die auffallende a-Endung ist 
wohl eine Spielerei des Schreibers, gegenüber zizu gamrum 
П 4, 10 (Nr. 20), гіги gamru VIII 18°, 8 (Nr. 27) und VI 31*, 
12 (Nr. 47); zîz gamir IV 46°, 5 (Nr. 36). 

Z. 11. apilta. Das Wort apiltu kommt sonst meines 
Wissens in den Urkunden dieser Zeit nicht vor. 

НУУВ? gibt die Bedeutung ‚Kontrakt‘, doch ohne Beleg- 
stellen. Dagegen kommt das Wort vor in U III D, S. 14, 
P 108, 2. 5—7: ina ais Bábili ki-i a-pil-ti [ma]-hi-ir, Peiser 
übersetzt: ,... hat er als Ausgleich(?) empfangen‘. Diese 
Übersetzung paßt auch in unserem Text und entspricht auch 
der Bedeutung von apálu in den Urkunden ‚befriedigen, sich 
ausgleichen‘. 


Мг. 25. CT VIII 45^ (Bu. 91--2190). 


Prozeß über ein Haus. 


, ! A-na bitim 34 Pî-šá- | 1 In Sachen eines Hauses, 

СНУ ? itti. Na-bi-ili-sü 3 тат | welches Pi-3a-Upi(?) von Nå- 

"Samas-i-in-ma-tim 4 ] Be-el- | bi-ili$u, dem Sohne des Šamaš- 

iinu 5 Y Ilu-sü-ba-ni ahusu | in-mátim, [von] Bél&unu, 5 Ilu- 

* mûrê Na-bi-ilt-sü 1 | Pi- šá- | Su-bäni, seinem Bruder, den 

ÜH 8 i-šá-mu Söhnen des Näbi-ilisu (Pi-Sa- 
| Upi(?)) gekauft hatte. 

* Y Avel-"NIN.UGUN (?). | Nachdem Avél- NIN.U- 
NA 19 таг Be-el-fü-nu 11 ana | GUN(?).NA, 19 der Sohn des 
bitim ir-qu-um-ma Böläunu, wegen des Hauses ge- 
| klagt; 

7 daianü di-nam [üJ-äd- | die Richter, indem sie 
3 hi-zu-$ü-nu-ti-ma, 14 mu-ut- | ihnen das Urteil zur Kenntnis 
ta-az-zu 15 а-па gu-ul-lu-bi-im | gebracht, sein? Stirnhaar 15 zum 





16 id-di-nu-ma Abschneiden übergeben*hatten, 
11 duppi* la ra-ga-mi 18 i- stellte er eine Urkunde, daß 
zi-ib (Y) er nicht klagen werde, aus. 
* DUB. ^ Des Klägers. 


© Oder nach anderen: seine Stirn brandmarken ließen. 


14 D. Abhandlung: Schorr. 


19 ú-ul i-ta-ar-ma 29 ата | Indem er (das Urteil] nicht 
arkat* ü(m)-mi-im * ana Pi- | anficht, wird er 29 künftighin 
СНУ ?* à ma-ri-sü 3 и-щ | gegen Pi-5a-Upi(?) und seine 


i-ra-ga-am | Söhne nicht klagen. 
м nis й ата d Marduk Bei Šamaš, Marduk * und 
35 й 5 п-ти-фа-1:- 9 та. | Sin-muballit hat er geschworen. 
| 8 Zeugen. 


UO рап Na-bi-ili-šú mûr *"Samai-i-in-ma-tim 8 pân Im-gu-ia mûr *Sa- 
mas-na-sir 2? pân "Sin-ba-ni таг Ig-mi-il ( -—L) 30 pán Thik-Istar mår ѓа“ 
зи pân Д4-та-а mûr Zi-zu-na-vi-ra-at ?* рдп ÜR.RA-ga-mil mûr Sá-ma-ia 
33 pán Sillid-"Rammän mûr I-din-Sin ** "Bel-a-bi dupdarrum. 

Am Rande rechts und links einige Namensunterschriften der vorher 
genannten Zengen. 


Es ist die einzige Prozeßurkunde, in der die Strafe aus 
drücklich genannt ist, während es sonst allgemein heißt: arnam 
imidusu. Die Strafe des Haarscherens oder — nach Auffassung 
anderer — der Markierung als Sklaven in einer zivilrechtlichen 
Sache wie hier, wo es sich um Reklamation eines verkauften 
Hauses handelt, ist im C. H. nicht vorgesehen. Augenschein- 
lich erweist sich der Kläger als Verleumder, indem er mut- 
wilig das Eigentumsrecht eines anderen anficht, weshalb ihn 
die sonst nur im Eherecht für Verleumdung (8 127) normierte 
Strafe trifft.* 

7.3. Damit wegen der vielen Namen kein Mißverständ: 
nis eintritt, wird der Name des Käufers von Z. 1 noch einmal 
hier genannt. In der Übersetzung ist das nicht nótig, deshalb 
ist der Name in runde Klammern gefaßt. 

Z. 9. Die Lesung des Namens ist nicht sicher. Vgl. 
BPN 70; 205. 

7.10. Wie man sieht, ist der Kläger der Sohn eines der 
Verkäufer (Z. 4). 

Z. 14—15. Meine Interpretation dieser RA im C. Н. habe 
ich WZKM XVIII 234 begründet. 

Z. 28. Іт-ди-іа — Nach Ranke 1. с. 107° ist der Name 
verkürzt aus /mgurja. Wahrscheinlicher dünkt mir Hilprechts 
Erklärung als Hypokorist. von imku == ‚weise‘ + Gottesname. 





^ EGIR. ь IN.PÁ. <“ RID. “MI. * Vgl. auch AS III 41. 


Altbabylonische Recbtsurkunden, 15 


7. 29. Das Zeichen f, sonst nur für ilu gebraucht, 
hat hier die Silbenfunktion: il. 


Z. 31. Zi-zu-na-vi-ra-at. Dieser Eigenname kommt nur 
noch II 44, 27; VIII 1», 28 (am Rande links) vor: 1 (?)-/2/и- 
na-vi-ra-at, und — wie Ranke |. c. 180° richtig vermutet — 
П 405, 14: Zi-is*(?)-su-na-ra-at. 

Nun faßt Ranke diesen Namen so: ‚His (the moongod's) 
rising shines. Was soll aber der Sinn eines solchen Namens 
sein? Ranke scheint an Namen wie: Sin-nävir, Sin-nüri," die 
aber auch als Wunsch aufzufassen sind, wie Sin-livir ‚Sin 
möge scheinen (dem Neugeborenen)‘, während Ranke obige 
Namen als Behauptung faßt. Ich glaube aber, daß Sézu-návirat 
sich überhaupt nicht auf Sin, sondern nur auf das Kind be- 
zieht. Der Ausdruck ist bildlich zu verstehen: ‚Möge sein Auf- 
gang leuchten‘, d. h. möge sein Leben, sein Wachsen gedeihen. 
So wird auch in der Bibel das menschliche Leben oft mit dem 
Lichte verglichen. Vgl. Jud. V 31; Prov. XIII 9 usw. Noch 
heute fügt der fromme Jude in Briefen dem Eigennamen des 
Adressaten die zwei Buchstaben * hinzu, d. h. x’ г» ‚Gott 
möge sein Licht leuchten lassen‘. 


Aus der Zeit des Hammurabi. 
Nr. 26. CT VI Ann (Bu. 91— 2502). I. Jahr. 


Prozeß über ein Haus. 


| Misil SAR bitim epšim | 1 Ein halbes SAR gebauten 
! itti "I Samai-be-el-ilí. 3 ] Ni- | Hauses hat von Samas-bel-ili 





id-nu-šá * i$ám* Nidnuáa gekauft. 

dl 1 Samai-be-el-ilí ° ip-ku- Nachdem ° Samas-bel-ili 
ur-sü-ma ° daianü di-nam | es reklamiert hatte; die Richter 
° ú-šá-hi-zu-šú-nu-ti-ma sie das Urteil hatten wissen 

lassen, 


* Es steht das Zeichen iš, das wahrscheinlich auch is gelesen wurde. Vgl. 
i-zu-uš — i-zu-uz (Nr. 6, Z. 28). 

è Vgl. hebr. Npr. mz Jer. 32, 12 ‚meine Leuchte ist Gott‘. 

* IN.SI.IN.SÁM. 


76 


9 dub-bi la ra-ga-mi-im | 
10 šú-zu-ub 11 [2] šiķil kaspim ` 


- 13 (а-/па zi(?)-bu-[zu?] 


13 nis !Samas "Aja "Мат- 
duk 14 ù Ha-am-mu-ra-bi $ат- 
rim !5 it-mu-ü 


II. Abhandlung: 


Sehorr. 


wurde eine Urkunde, daß 
nicht geklagt wird, 19 aus- 
| gestellt. [2] Sekel Silber ... 
als ... 

Bei Šamaš, Aja, Marduk 
| und Hammurabi, dem König, 
| 15 haben sie geschworen. 


4 Zeugen. 





15 pân Avél "Rammän И mûr I-zu-ia 1 pân Na-bi-"Samas 19 mâr I-la- 
la-ka 29 pân Sá-ma*-ia *! mûr Nu-ár-"Girru^ ?* рдп Sin-pu-ut-ra-am ® mår 


Ja-kar (?)-ilum. 


24 jattum Ha-am-mu-ra- 


bi. 


| 34 Im Jahre des Hammv- 
| rabi. 


Es geht aus der Urkunde nicht hervor, wem die Richter 


Recht gegeben haben. Denn 


Z.9—10 kann sich sowohl auf 


den Kläger wie auch auf den Angeklagten beziehen. 


7. 11—12. 


Die Zeilen sind lückenhaft, daher unklar. 


7. 24. Zur Datierung vgl. BA IV 368, Z. 3. 


Nr. 27. CT VIII 18° (Bu. 88—227). 


XIV. Jahr. 


Erbteilung. 


11/, САМ eklim ga-du-um 
"kirim ("kirim(?)) іа (?)-ga- 
nu-[um?] ? ita ekil márat A- 
ma(?)rabi* aššat(?) "атай 
З pütu [kam når Purätu * pûtu 
2kam nár Ur-ni-ia 5 15 GIN(!) 
bitim i(?)-na(?) bit Ilt-a-zi-ri 


$ zitti Bitu-ma-gir mâr Ka- | 


sap*(?)-Sin ? $а (І) it-ti a-hi-& 


i-zu-zu 





1 1/ САМ Feld samt einem 
| Garten ... neben dem Felde 
der Tochter des Aba(?)-rabi, 
| der Samaipriesterin, eine Front 
dem Euphrat, die zweite dem 
Kanal Ur(?)nia [zugewendet]. 
5 15 GIN Haus vom Hause 
des Ili-aziri 
ist der Anteil des Bitu-mä- 
| gir, des Sohnes des Kasap(?* 
| Sin, welchen er mit seinem 
| Bruder geteilt hat. 





* Das Zeichen nach ma ist als vom Schreiber gestrichen anzusehen. 


^ BIL.GI. * GAL. 


а ДАК. 


* AZAG.UD. 


Altbabylonische Rochtsurkunden. 77 


$ ziizu ga-am-ru ° iš-tu | Die Teilung ist perfekt. 
pi a-di huräsim 19 a-ah(!)-um | Vom Munde bis zum Golde, 
ana a-hi-im И ú-ul i-ra-ga-am | 19 wird (soll) einer gegen den 

anderen nicht klagen. 

12 nis 'Samai “Marduk Bei Šamaš, Marduk, Ham- 
ат Ha-am-mu-ra-bi 14 й | murabi und der Stadt Sippar 
al Зіррагі 15 mg 15 haben sie geschworen. 

Т Zeugen. 





16 pán lli-a-nu-um 1" mûr Sin-i-ki-Ká-am 19 pán I-din-"NIN.SAH ù Iü- 
H()-im(?)-t 19 mûrê I-di-is-Sin 29 pân "Samas-na-gir à " Marduk-na (?)-sir (?) 
И mûrê VSamad-tappü*-ki ® pân "Samai-ta-tum D mûr а Nannar-ME.GÍM. 
M рёп Tu-ub-kum-na-gir (?) 29 AD[ ] 


% varah Sabátu^ йти 11ка" | 35 Am 11. Sabatu, im Jahre 
1 файит kussá? [star Bå- | [der Aufstellung] des Ištar- 
bilis, thrones in Babylon. 


t 


7. 1. (*"kirim?) Dittographie, wenn die Kopie richtig ist. 
Die Lesung des letzten Wortes ist zweifelhaft. 

Z. 2. Der Name ist unter den Frauennamen BPN а.а. О. 
nieht registriert, dagegen wird A-ba(ma ?)-a-rabi (GAL) VI 
i*, 19 unter den Münnernamen genannt. Aus der Stelle geht 
aber das Geschlecht des Namenstrügers nicht hervor. 

Z.9. Zu beachten ist die Schreibung > für GIN(TU), 
das Untermaß von аттаи = Elle und = šiķlu. Vgl. auch 
ҮШ 8», 9: 1/, ET kaspim; II 45, 10 (Nr. 28): 12 SCT bitim; 
VI 49%, 11 (Nr. 26): 2(?) SCT kaspim; IV 46°, 1 (Nr. 36): 
1 SAR 10 SCT bitim. 

Z. 4. a-hi-šú ist Singular. Der Plural lautet: aAhá, so 
immer im С. H. (mit doppeltem A)? gen. ahh; vgl. auch П 
41,30; II 45, 26 (Nr. 28). 

Z. 10. Merkwürdig ist die Schreibung a-ah-um, sie ist 
sieher nach der Auffassung jener klassischen Zeit unortho- 
graphisch. 


* TAB.BA. b AS. A. e GU.ZA. 
4 Die Stelle C. H. XXIV, 53—54: i-na la-ma-zi-ia ah-hi-éa ist unklar. 


18 И. Abhandlung: Schorr. 


Z. 23. ME.GÍM. Ranke 1. с. 129% denkt an *ME.GÍM 
(== тазатги ‚Kasten‘, vgl. HWB? 573"). Doch ist der Sinn 
unklar, vielleicht ‚Behältnis, Zuflucht‘. 

Z. 2%. Zur Datierung vgl. King LIH 233, Anm. 51. 


Мг. 28. CT II 45 (Bu. 91—2178%). XV. Jahr. 


ProzeB über ein Haus. 


1 Ana 81|, SAR 7 [---]* | 1 [n Sachen von 3!/, SAR 
? Ja-du-um 1'/3ammatu(?) SAK 7 G[IN Baugrund] samt 11|, 
[---] 3 ki-is-da-at *Samai-be. ' Elle (?) ... Besitztum des Ša- 
el-fili] * 54 itti “Samas-be-el- | ma&bél.[ili], welches von Sa 
ili mår Sili*-Samas 5 ] Ма- | ma&-bél-ili, dem Sohne des Silli- 
ап-па-бі assat(?) "ата má- | Šamaš 5 Mannaši, die Sama 


rat №-4-пи-$4 9 i-Sd-mu priesterin, die Tochter des 
Nidnuáa gekauft hatte. 
itu-úr VI Samai-be-el-ilt Samai-bél-ili hat nun [seinen 
Vertrag] angefochten. 
' апа Ma-an-na-si aisat(?) | Nachdem er gegen Man- 


Ябата$ ir-gu-um-ma ° daianü | пабі, die Samaipriesterin ge- 

dinam ü-sa-hi-zu-sü-nu-ti-ma | klagt hatte; die Richter sie das 

э {па äd-sd-ri-im 34 Šamaš | Urteil hatten wissen lassen; im 

10 bi-tum uz-za-ni-ik-ma | Kataster (?) des Šamaš 1° das 

12 GIN (?) bitim М атпа рі | Haus gemustert worden war, 

dup-pa-at $i-ma-tim im-ti-ma | und gemäßderVerkaufsurkunde 
12 GIN vom Hause gefehlt 
hatten, 

12 ki-ma 12 GIN (?) bitim wird er für die 12 GIN 
rebitim® 13 1), SAR bitim và- | nach der Hauptstraße zu ein 
ar-ka-tum sü-pa-lum 14 BA- | Drittel ЗАВ vom Hause rück- 
bitim I-bi-zi-za-na i-ra-ab-bi-a | wärts, unterhalb eines Teiles 
15 ana Ma-an-na-5i in-na-di-in | vom Hause des Ibi-zizana hin- 
zufügen, 15 [und] der Mannss 
übergeben. 

16 áš-šum i-tu-ru-ma “Ša- | Weil Samas-bel-ili, indem 
mai-be-el-il( 11 ana Ma-an-na- | er [den Vertrag] angefochten, 





* Hier ist wohl zu ergänzen: G[IN. ÊJ. 
ь МІ-Ц. * SIL. DAMAL.LA. 


Altbabylonische Rechtsarkunden. 79 


Я irgu-mu 18 аттат i-mi- | gegen Mannaši geklagt hatte, 


du-sü haben sie ihm eine [Mutwillen-] 
Strafe auferlegt. 
19 ú.ul i-ta-ar-ma ?? ] il Sa. Indem er [das Urteil] nicht 


mas-be-el-ili 31 Y iSar-pa-ni- | anficht, 29 werden Šamaš-bêl- 
tum-um-mi assäzu ?* T Be-li- | ili, Sarpänitum-ummi, seine 
tia aššat(?) !Samas ?%й Ta- | Frau, Bélitia, die Samaiprie- 
ad-di-in- Nu-nu NU(?).NA. | sterin und Taddin-Nunu, die 
BAR. ** märü %5 ana Ma- | zirmaßitu (?), [seine] Kinder, 
anna-si assat(?) “Šamaš mâ- | % gegen Маппабі, die Šamaš- 
rat Ni-id-nu-sd * à a-ah-hi-i- | priesterin (?), die Tochter des 


84 (T) °" d-ul i-ra-ga-am Nidnusa und ihre Brüder nicht 
klagen. 
*5 wii Ибатаё “Marduk | Bei Šamaš, Marduk, Ham- 


9 | Ha-am-mu-ra-bi à al | murabi und der Stadt Sippar 


Sippar** it-mu-ü. | haben sie gesch woren. 
| 16 Zeugen. 


зо pán Sin-e-ri-ba-am 9! pân Na-ra-am-ili-b&a 3 pân Bur-Sin ?* рап 
Mu-na-vi-rum mûr  Már-Ba-bi-lí. ** рап  Ilu-Fá-a-bu-&i pân "Samai-gulülu»-ni 
З mûrê WSamas-ga-mil ** pân Nu-úr-ilí-šú mûr Sin-ub-lam 37 pân  Sin-na- 
fir mûr En-nam-Sin 38 pân Sin-id-me-a-ni рёп Ib-ni-"Samas(?) *% pán Sin-ri- 
meni mûrê Ib(?)-ku(?)-34(?) ... PA(?) * pân E-mu-uk ... З pán Ib... 
° рдп E-ri-ib-É-a mûr Sin-e-ri-ba-am 43 pán I-bi-zi-za-na. mûr "Samai-na-gir 
“ ріп A-bu-và-kar mûr Sin-na-vi-ir 


55 varah | Kislimu* #айит | 45 [m (Monat) Kislimu, im 
ALAM V (?-bi. | Jahre, in welchem das Bild 
| des [Gottes] ‚Sieben (?)‘? [auf- 

gestellt wurde]. 


In diesem Prozeß klagt der Verkäufer eines Hauses die 
Käuferin Маппайї, indem er den geschlossenen Vertrag anficht 
(itir. Das Motiv ist nicht angegeben, vielleicht hat sie nicht 
die ganze Kaufsumme bezahlt. Die Richter nehmen — an dem 
im Tempelkataster aufbewahrten Hausgrundriß — eine Messung 
des verkauften Hausgrundes vor, wobei es sich zeigt, daß gemäß 


* Vielleicht: zirmasitu = №0. BAR ь SUR. ° KAN.KAN. 
4 Oder nach King: Im Jahre, in welchem die sieben (?) Bilder [verfertigt 
wurden]. 


80 II. Abhandlung: Schorr. 


der Verkaufsurkunde zwölf GIN Grund mehr der Käuferin ge 
bührten. Als Ersatz dieser 12 GIN, die der Hauptstraße zu 
gewendet sind, muß der Verkäufer nun !/, ЗАВ = 20 GIN 
rückwärts der Käuferin hinzufügen. Außerdem wird ihm, 
weil er [grundlos] geklagt hatte, eine Mutwillensstrafe auferlegt, 
die aber nicht näher genannt ist. 

Z. 1. Der Inhalt erfordert es, daß hier bloß Ё — bitum 
PETE; nicht Ê. RÚ. A ‚gebautes Haus‘ ergänzt wird. 

/. 2. Lesung unsicher. 

Z. 3. ki-is(z)-da-at == kisdat,* stat. constr. von Аі 
‚Besitz‘ (vgl. hebr. mmx), ebenso wie jukuttu — &uknat, libittw 
— libnat. 

Z. 6. itu-úr "Samas-be-el-il. — Das Vorangehen des 
Verbums vor dem Subjekt scheint gegen die sonst peinlich be 
obachtete Wortstellung zu verstoßen. Ich glaube, daß die Voran- 
stellung des Verbums ihren Grund in der Betonung der Tätig 
keit hat. Vgl. BAP Nr. 43, Z. 16. Zur juristischen Bedeutung 
des Ausdruckes vgl. oben S. 24. 

Z. 9—10. Diese zwei Zeilen sind schwierig. Die Syntax 
erfordert es, daß sie zueinander gehören. Die nächstliegende 
Übersetzung wäre: ‚in den éaiarum des Šamaš wurde dss 
Haus gebracht? 4. В. wohl der Grundplan des Hauses, um der 
Grenzstreit — wie gleich aus der nächsten Zeile ersichtlich — 
anschaulieh zu untersuchen. 

Bei dieser Interpretation würde man aber statt ina viel 
mehr ana notwendig erwarten, auch bitum ‚Hausgrundriö 
würde vereinzelt dastehen. Nun drängt sich aber eine ander 
plausiblere Erklärung auf, wenn man sich die übrigen Stellen 
vergegenwärtigt, an denen šašarum vorkommt, hiebei aber 
auch für sanáku eine andere, gleich nachzuweisende Bedeutung 
annimmt. An folgenden Stellen kommt noch šašarum vor: 
ВАР“ Nr. 105, 4—8: mi-im-ma bi-si bit aba ... i-na [SIE 


a Der Übergang von # in s(z) erklärt sich vielleicht durch das folgende 4 


b ‚Grundstein‘, 


% 


sanáku ‚kommen‘ findet sich sowohl in den Urkunden wie auch in den 
Hammurabi-Briefen, auch III! ‚bringen‘. Hier liegt die Form II? т?" 
wie oben weiter dargelegt wird. 

Nach der von Meißner selbst berichtigten Transkription AS ШІ 60. 


с. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 8 1 


NIR 54 Sin й ##4-#4-тит* id Šamaš ú-bi-ir-ru-ma nach 
dem sie den Gesamtbesitz des Vaterhauses ... bei der Säule 
des Sin und in dem šašarum des Šamaš deklariert hatten‘. 
II 47, 19 (Nr. 72): šá-šá-rum 34 "Šamaš. 

In diesen beiden Urkunden bildet das Rechtsobjekt, ebenso 
wie in der unsrigen, ein Haus und besonders BAP Nr. 105 
scheint auch eine Deklaration über die Grenzbestimmung des 
Hauses vorzuliegen, während II 47 (Nr. 72) Zeugen im $а$а- 
rum des Samastempels gesucht werden, welche über die Schen- 
kung eines Hauses aussagen sollen. — Aus dem Zusammen- 
hange der angeführten Stellen, ganz besonders aus der unsrigen, 
geht soviel hervor, daß $asarum der Name eines Tempelteiles 
ist, in welchem Streitsachen über Häuser verhandelt wurden. 

Was liegt da näher als die Annahme, daß $asarum etwa 
einen ‚Kataster‘ bedeute, wo die Pläne aller Häuser, auch 
Felder, Gärten usw. aufbewahrt waren behufs jeweiliger ge- 
richtlicher Feststellung und Ordnung der Besitzgrenzen ? Diese 
Annahme würde schon die Tatsache allein bestätigen, daß sich 
uns wirklich im Archiv des Sama&tempels іп Sippar, aus dem 
auch unsere Urkunden größtenteils stammen, aus der Zeit der 
ersten babylonischen Dynastie solche Feld- und Hauspläne bis 
auf den heutigen Tag erhalten haben.» 

Diese Annahme vorausgesetzt, die sich ja sachlich auf- 
drängt, wäre es sehr bestechend, etymologisch $asarum mit 
bibl. “we ‚rote Farbe": zusammenzustellen? und es würde dann 
den mit roter Farbe gezeichneten Plan bedeuten, und dann 
den Ort, wo diese Pläne aufbewahrt waren. Jedenfalls paßt 
ías$arum ‚Kataster‘ an allen Stellen ausgezeichnet.* 


* Merkwürdig ist das vorangesetzte Gottesdeterminativ. Vielleicht soll es 
die Heiligkeit der Stätte andeuten. 

» Vgl. Scheil: Une saison de fouilles й Sippar, 8. 126, 127, 137 и. б. 

* Jer. 22, 14, Ez. 23, 14. 

* Mit šaššarum ‚Säge‘ (vgl. Meißner MVAG IX 234 ff.) kann unser Wort 
(stets mit einem 5) nichts zu tun haben. Ersteres ist = hebr. "20 
Hz und ist seiner Nominalbildung nach eine Form фаз, für die 
es auch sonst Belege gibt. Vgl. АСЗ, S. 182. 

* Ich verdanke die Anregung zu diesen Ausführungen und zur ganzen 
Interpretation Herrn Prof. Müller, der bei der Lektüre dieser Urkunde 
die Bedeutung ‚Kataster‘ scharfsinnig aus dem Kontext erschlossen hat, 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 2. Abh. 6 


82 IL Abhandlung: Schorr. 


Was nun die Bedeutung von sanáku an unserer Stelle 
anbelangt, so möchte ich, nachdem bei der Bedeutung ‚bringen‘ 
die Konstruktion mit ina syntaktisch schwierig bleibt, auf fol. 
gendes verweisen: Wie Jensen KB VI 409—10 nachweist, 
ist sanäku ein Synonym von asäru, pakädu. Jensen erschließt 
aus dem Zusammenhange der zitierten Stellen für asdru die 
Bedeutung ,achtgeben auf‘, ‚mustern‘. Somit würde auch sa 
náku ,mustern, untersuchen! — wie ja pakádu oft — bedeuten. 

Diese Bedeutungsnuance paßt unter den vielen des Be- 
griffes sanáku* an unserer Stelle sachlich am besten und be- 
hebt auch die syntaktische Schwierigkeit. Also: ‚Im Ka- 
taster(?) des Sama&tempels wurde das Haus? unter 
sucht‘. 

uz-za-ni-ik-ma = ustannik-ma П mit passiver Bedeutung, 
die auch sonst belegt ist.’ Zum Lautwandel vgl. assabat = 
astabat, izzakar == iztakar.! 

Z. ll. dup-pa-at Si-ma-tim ‚Kaufvertrag‘, vgl. УШ 32%, 1: 
dub-bi $i-ma-tim. Diese juristische Bedeutung muß natürlich 
unterschieden werden von der aus dem Schöpfungsepos her 
bekannten: dup-simäte ‚Schicksalstafeln‘ (Schópfungsepos Ш 
Taf. 47, 105). Zur Verschiedenheit der Wurzeln vgl. oben S. 29. 

im-ti-ma. — matü ‚abnehmen, sich verringern‘, hier ‚fehlen‘. 
Im С. Н. kommt das Wort öfter in der Form II? (umtati) und 
Ш: vor mit der Bedeutung ‚vermindern, entziehen‘. 

Z. 12. ki-ma ‚anstatt, für‘ hier prägnant == ‚als Ersatz‘. 
Уві. С. Н. 8 219 (Kol. ХУШ, 88): vardam ki-ma vardım. 

Z. 13. varkätum, hier lokal und adverbiell ‚hinten‘. 
Interessant ist das Wertverhältnis der Frontseite des Hauses 
zur Rückseite. Als Ersatz für 12 GIN Frontfläche bestimmt 
das Gericht !/, ЗАВ = 20 GIN hinten, d. h. die Frontseite 
repräsentiert einen Mehrwert von ?/,. 


nachdem ich ihm vorher mündlich die Gleichung dajarum = WY aus 
gesprochen habe, ohne aber die Bedeutung des ersteren erkannt zu haber. 

* Zu den mannigfachen Bedeutungsnuancen von sanáku vgl. VR 41 a—b, 
Z. 43—61. 

b Bc. an dem dort aufbewahrten Hausgrundriß. 

с Vgl. HWB? 772», 

ч Vgl. АС? $ 57*. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 83 


Z. 14. ВАЁ= ÉBA* ‚Teil eines Hauses‘. Nach ПЕ 
11», 30 ist BA == zázu, daher erklärt sich auch nach Winckler? 
im C. H. SE.BA, NI.BA, SIK.BA (Kol. XIV* 84) ‚Anteil am 
Getreide‘ usw. 

i-ra-ab-bi-a. — Zu notieren ist die transitive Bedeutung 
im kal, während sonst überall intransitive Bedeutung vorliegt.‘ 

Z. 15. in-na-di-in IV!. Trotzdem habe ich der Präzision 
halber aktiv übersetzt. 

Z. 16. aš-šum ... ййть ... irgumu. Konjunktional- 
relatives ш. Vgl. oben S. 11 (Anm. zu 7. 6—7). 

Z. 18. Wir sehen hier deutlich, daß auch in zivilrecht- 
lichen Sachen der Unrechtbehaltende nicht bloß zurückgewiesen, 
sondern auch bestraft werden konnte, vermutlich, wenn die 
Anklage sich als grundlos erwiesen hat. Vgl. Nr. 25, wo die 
Strafe auch genannt ist (Z. 14—16). 

2. 23. Ta-ad-di-in-Nu-nu. — Auffallend ist die Feminin- 
form, da es doch eine männliche Gottheit ist. Mit dieser ein- 
zgen Ausnahme tragen auch sonst nur Männer Namen, die 
mit "Хи-пи komponiert sind. Ranke BPN 205° bemerkt 
nichts dazu. 

Z. 26. ah-hi-i-éá, Plural (doppeltes д). 

Z. 43. Der Zeuge ist der oben Z. 14 genannte Nachbar 
des Klägers. 

7. 45. Zur Datierung vgl. King l. c. III 233, Anm. 52, 
Lindl BA IV 370, Z. 12. 


Nr. 29. CT VIII 12° (Bu. 91—2460). XX. Jahr (Р. 


Adoption (?). 


1 Y Ka-al-ka-tum * à D(T)a- | ! Kalkatum und Dabitum 
bi-tum aššdzu з Ї A-ha-ta-ni | seiner Frau hat Abátáni, die 
márat '"Samasi-ha-z[i-ir] 4 it- | Tochter des Samas-häzir Unter- 
ta-áš-ši-šú-nu-ti halt gewährt. 


* Vgl. SE.GUR neben GUR.SE, z. B. Sipp. 94, 13 (= AUS Nr. 28). 
® Winckler: Die Gesetze Hammurabis, S. 52, Anm. zu XIV* 84. 
* Vgl. HWB? 943®. Nur eine Stelle wird ibid. 944® als transitiv erwähnt: 
KB III (2) 50, col. 3, 27: Marduk ... i-ra-ba-an-ni ‚М. stärkte mich‘. 
6* 


84 li. Abhandlung: Schorr. 


5 ki-ma A-ha-ta-ni ° | Ka- 
al-ka-tum à D(T)a-bi-tum 7 it- 
ta-áš-šú-ú 8 T и Sin-im-gur-ra- 
an-ni ? márat Ka-al-ka-tum й 
D(T)a(?)-bi-tum (?) 9 a-na A-ha- 
ta-ni márat 'Samai-ha-zi-rum 
11 ita-áš-ši-im id-di-nu 


12 дпа sattim 1 kam | | KA 
Seim* 13 [6] КА samnim* 1 ši- 
kil kaspim 14 ["!Stn-im-[gur- 
ra-an-ni] 19 [a-di] ba-al-[ti-at] 
16 [i]-na-ad-di- [i8-] si (2) 

17 154% A-ha-ta-ni 13 i-lu- 
за ik-te(?)-ru-si 19 T "lSin-im- 
gur-ra-an-ni 29 $4 ra-ma-ni-Sü 

21 nis "Samai "Aja dar, 
duk ?* à Ha-am-mu-ra-bi 
it-mu. 


5 Dafür, daß Ahätäni (den) 
Kalkatum und die Dabitum 
unterhalten hatte, haben sie‘ 
Sin-imgurranni, die Tochter des 
Kalkatum und der Dabitum, 
10 damit sie die Abátáni, die 
Tochter des Šamaš -bâzirum 
unterhalte, [ihr] übergeben. 

Jährlich soll Sin-imgurranni 
[ ] KA Getreide, [6] KA Öl, 
einen Sekel Silber, 1? solange 
sier lebt, ihr liefern. 


Sobald Ahätäni ihr Gott 
‚einsammelt‘,‘ gehört Sin-ım- 
gurranni ?? sich selbst. 

Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Hammurabi haben sie ge- 
schworen. 

9 Zeugen. 


13 pán "Sín-ba-ni£ (?) akil айа! (?) *Samas 3 pân *"Marduk-ta-iaar 
35 pân Ibik-ili-šú 29 рап Már-Sippar" 2? рап "Sín-i-din-nam D рдп U-bar- 
"Samas 39 [рдп "]Samai-iddinam ^ 39 /pûn] [*Si]n-e-ri-[b]a-am *' pân Ms- 


ta-ab-lum 


32 varah Varahsamna! 33 šat- | 
| im Jahre . 


tum GIS. HE AN Rammán. 


33 Im Monat Varahsamna, 
.. des Rammän. 


Eine Übersetzung dieser Urkunde hat Meißner АБК 2 
geboten und auch richtig interpretiert: ,Eine alte Frau wird 
von einer jüngeren unterhalten, weil jene die Eltern dieser 


früher unterstützt hatte*. 


Es muf nur noch gesagt werden, 


daß die greisen Eltern selbst es sind, welche aus Dankbarkeit 
etwa (kima!) oder kraft eines früheren Vertrages für ihre nun 








* SE.BA. b NI.BA. 


4 Hier fehlt das Quantum der KA. 


с Sc. die Eltern. 


* Sc. Abátáni. 


f Zu sich beruft, d. h. sobald sie stirbt. 
є In der Kopie »— wohl die Spur von k 


һ MA.AN.SUM. 


! PIN.GAB.A. 


e = ni, 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 85 


auch alt gewordene Pflegerin ihre eigene Tochter beauftragen, 
sie ihr Leben lang zu unterstützen. 

Z. 4. it-ta-ds-si-Sü-nu-ti. I? + Akkusativsuffix pl. masc. 

Z. 5. ki-ma konjunktional ‚gemäß dem, daß ..., dafür 
daß‘ mit folgendem relativen « (Z. T). 

Z. 10—11. nadänu ana mit Inf. = ,behufs ... über- 
geben‘. Zwischen ana und dem Infinitiv steht das Objekt. Zu 
dieser Konstruktion vgl. D. H. Müller: Gesetze Hammurabis, 
S. 249. — i-ta-ds-si-im. Inf. 1° == ittásim. 

Z. 17—18. itu... i-lu-ša ik-te(?)-ru-8. — Wortlich: 
‚sobald... ihr Gott sie eingesammelt haben wird‘, d. В. sobald 
sie stirbt. Diese euphemistische Redensart, die sich noch II 
24, 27; VIII 5*, 17 findet, hat Meißner AS III 53, Anm. 1, 
indem er ikter(u) von ns — der Stamm ist von Jensen in 
der Bedeutung ‚versammeln‘ erschlossen — ableitet, richtig 
erklärt. Eine interessante Analogie dafür bietet das hebr. 
nern im Sinne ‚sterben‘. Vgl. Gen. XXV, 8: vap ок... бок» п. 5. 
— Daneben kommt für ‚sterben‘ sowohl im C. H. (öfter) wie 
auch in den Urkunden die КА ana šîmtim ($imatim) aläku 
vor. Vgl. УТ 41%, 18—14. 

Z. 20. Das mascul. Suffix erklärt sich vielleicht aus dem 
stereotypen Gebrauch des Pronomens. 

Z. 33. Zur Datierung, die sich als wahrscheinlich ergibt, 
vgl. King LIH ПІ 234, Anm. 55 und Lindl ВА IV 371, Z. 27. 


Мг. 30. CT II Asch (Bu. 91—410). XXVI.(?) Jahr. 


Adoption und Schenkung. 


1 [Арій] Sd-at-"Aja aš- | 1 [Adoptionsvertrag] der 
іа (2) “Šamaš ? márat Ilu- | Sät-Aja, der Samaipriesterin, 
«а)- Цит ° | A-ma-at-"Ma- | der Tochter des Iluna-ilum. 
mu assat(?) “Šamaš 4 märat | Amat-Mamu, die Samaiprie- 
Халии 5 ri-di-it vàar-ka- sterin, Tochter des Ša-ilišu 
ti-šá 5 ist die Erbin ihrer Hinter- 

lassenschaft. 

« Die Spur weist auf na hin. Vgl. 2. 32. Ranke, 1. c. liest ! Samad-ilum, 


doch ohne Grund. Zur Schreibung des na vgl. Z. 9, das siebente Zeichen 
und Z. 16, das zweite Zeichen, auch Z. 28, zweites Zeichen, 


86 


6 1|, САМ eklim i-na Ga- | 
mi-na-nu-um 7 i-ta ekil Ilum- 
i-ba (!)-пи-ит СА.ВА(?) ° à 
i-ta ekil A-hu-ni már A-ab-ba 
9 misil* SAR bitim еріїт i-na 
Ga-gi-im 19 йа bit Mu-ha-ad- 
di-tum märat Ab-di-im 


11 mi-im-ma an-ni-im 1 (ба) 
Sd-at-"Aja assat(?) “Šamaš 
ит-та-$4 13 а-па A-ma-at- 
аМа-ти märat Šá-ilí-šú 14 id. 
di-in. 

ПІД 25 3h, САМ её ta- 
vi-ir-tum 16 i-na Ga-mi-na-nu- 
um 1 ita ekil "Sín-ri-me-ni 
15 à ita ekil Na-bi-"Samas 
19 1/ САМ eklim ina ugár (!) 
Ga-ab-lu-um 29 i-ta ekil Deel 
діти 3 à ita ekil Na-bi-Sa- 
mas ?* 1 ЗАЄдтіцт Ili-t(d)um- 
ki (!) 99 1 ЗАватіит Be-el-ti- 
ma-li-e 34 1 540amtum | IUr-ki- | 
tum-la-ma-zi 25 1 littum* 6 së | 
пис | 

| 





26 mi-im-ma an-ni-im Sd- | 
4-56 a-bu-id 91 à Sd-mu(?)- 
uh-tum  um-ma-iá 28 a.na A. 
ma-at-!Ma-mu | ma-ar-ti-éá-nu 
29 id-di-nu 

39 i-na ah-hi-šá ana $4 
ta-ra-mu-ü 3% ap-lu(!)-za i-na- 
di-in. 

П. Forts.] 29 A-di(?) Sd-at- 
"Аја märat Ilu-na-ilum (!) 33 ba- 
al-ti-at i-na šattim Zen % 1 gi. | 


» BAR. 





b LIT. 


П. Abhandlung: 


Sehorr. 


у, САМ Feld in Gamina- 
num, neben dem Felde des 
Ilum-ibanum (?) .. . und neben 
dem Felde des Abuni, Sohnes 
des Aabba, !/, SAR gebautes 
Haus in Gagum 19 neben dem 
Hause der Mubadditum, Toch- 
ter des Abdum, 

all dieses hat Sät-Aja, die 
Samaöpriesterin, ihre Matter, 
an Amat-Mamu, die Tochter 
des Sa-ilisu, geschenkt. 


[IL] 19 3, GAN Feld, ein 
Flurgrundstück in Gaminanum, 
neben dem Felde des Sin-ri- 
méni und neben dem Felde 
des Näbi-Samas, !/, GAN Feld 
im Gefilde von Gablum 29 an- 
grenzend an das Feld des Bêl- 
šunu und an das Feld des 
Näbi-Sama$, eine Sklavin Ii- 
dumki, eine Sklavin Bélti-malé, 
eine Sklavin Urkitu-lamazi, 
25 eine Kuh, sechs Stück Klein 
vieh; 

all dieses haben Sa-ilisu, 
ihr Vater und Samubtum, ihre 
Mutter, der Amat-Mamu, ihrer 
Tochter geschenkt. 


% Unter ihren Brüdern darf 
sie demjenigen, den sie liebt, 
ihren Kindesanteil schenken. 

(1. Forts.] Solange Sát-Aja, 
die Tochter des Iluna-ilum 
lebt, wird ihr Amat-Mamu all- 


e 'U.LU.SUN (pl). 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 87 


pisjatum® 35 4 isinni*(?) "Ка- 
mas 20 kému?* 1 &irum*(!)-te- 
a-m 2 фецт 36 | A-ma-at-! Ma- 
mu it-ta-na-di-5i-im 

37 nis "Samai "Aja "Маг- 
duk 33 à Ha-am-mu-ra-bi 29 it- 
тй. 


Kil Казрїт lubustam® 6 КА | jährlich einen Sekel Silber, 


[Woll-]Kleidung, 6 KA Salböl, 
35 4 Festgaben (?) für Samas, 
20 KA Mehl, 1 [Stück] Fleisch, 
2 KA Getreide liefern. 

Bei Samas, Aja, Marduk 
und Hammurabi haben sie ge- 
schworen. 


1 Zeugen. 
*9 рап Iu-pi-"Aja dangüt “Šamaš *' [pá]n Is-me-"Sin $angüf Šamaš 
«2 [pân] *Marduk-la-ma-za-&á. akil aššat (?) “Šamaš 9 [pân . . / Silis-É-a akil 
айни (?) “Šamaš ** [pân .. .]-"Bél ** [pân .. .]-idinnam^ * [pân ... E-rji- 
ib - * Sin. 
47 [varah E]-lu-lu ûm 13% 
15 [sattum AJB.NUN.NA. А. 
GAL.GAL. MU.UN.GUL.LA. 


47 Am 13. Elûlu (2), im Jahre, 
in welchem die Stadt Duplias 
durch eine Wasserflut zerstört 
wurde. 


Z. 15—31 hat Meißner AS ПІ 61 transkribiert und 
übersetzt; Z. 1—14, 32—39 bloß übersetzt (AbR 21). 

Die Urkunde behandelt — wie schon Meißner bemerkt 
hat — zwei Angelegenheiten: Erstens adoptiert die Priesterin 
Sät-Aja die Priesterin Amat-Mamu, indem sie sie zur Erbin 
einsetzt, wofür diese ihre Adoptivmutter lebenslänglich mit 
einer bestimmten Jahresrente zu unterhalten sich verpflichtet 
(Z. 1—14; 32—36). Zweitens (Z. 15—31) machen die Eltern 
der Amat-mamu ihr ein Geschenk,’ über welches sie frei ver- 
fügen darf. 


b NI.BA (!). e Vgl. AL IV, Schrifttafel Nr. 115%. 

4 KU.DA. e Orthographisch ist das Zeichen geschrieben in VI 44%, 13. 

' RID. к MI“. ^ MA.AN.SUM. 

| Ich erwühne hier gelegentlich das Schema der ziemlich seltenen Schen- 
kungsvertrüge : 

. Objekt der Schenkung. 

2. ,All das hat X an Y geschenkt.' 

3. Klausel über das Verfügungsrecht. 

. Klausel über Unzulässigkeit der Anfechtung.] 

. Schwur. 

. Zeugen und Datum. 


^ SIG.BA (І). 


— 


> o + 


88 Il. Abhandlung: Schorr. 


Einen ähnlichen Sachverhalt bietet auch VIII 49°. Die 
letztere Urkunde ist zum Teile verstümmelt, allein der wesent- 
liche Teil ist gut erhalten, und diesen gebe ich hier in Tran- 
skription und Übersetzung." 


Nr. 30°. CT VIII 49* (Bu. 91—2489). 


Adoption und Schenkung. 


1 Aplüt Sit-la-ma-zi ° märat | ! Adoptionsakt der Si-la- 
E-3 -ilu-šú (2) 3 Y Hu-na-ba-ti-ia | mazi, der Tochter des . . . Hu- 
4 märat '"Bél-ma-lik. 5 ri-di-it | nabatia, die Tochter des Bei 
và-ar-ka-ti-iá. málik 5 ist die Erbin ihrer 

Hinterlassenschaft. 
Z. 6—20 wird das Erbvermügen im einzelnen spezifiziert. 


21 144и bi(l)-e a-di hurdsim | 1 Vom Munde bis zum 
22 mi-im-ma Si-la-ma-zi ?3 ta- Golde, alles was Si-lamazi 
zi-b[fu] ... ** id. Hu-na-ba-ti- | hinterläßt,° gehört ausschließ- 
іа-та. | lich der Hunabatia. 

[IL] #5 Inu-ma Sila-mazi [IL] ?5 Zur selben Zeit‘ 
% а-па ma-ar-ti-3d is-tu-ru (1) | als Si-lamazi ihrer [ Adoptiv-) 
ы Ї "Bel-ma-lik ih-du-ma | Tochter [die Erbschaft] ver- 
38 1 S46yardam Ili-a-bi-li schrieben hat, hat Bel-mälik 
39 | SAGyardam A-hu-um-ki-nu- | aus Freude einen Sklaven 
um 29 áš-la-ku 31 1 558amtam(!)  Ili-ábili, einen Sklaven Abum- 
Na-[ra-Jam-tum 33 1 546 (846)b | kinum, 29 einen Färber (7), 
[amtam] Zi-ku-ur-tum 23 e-li- | eine Sklavin Narámtum, eine 
ti-šá % e-zu-ub zi-ti-iá % апа | Sklavin Zikurtum als Vorzug: 
Si-la-ma-zi-i ** й Hu-na-ba-ti- | anteil außer ihrem  Erbteil 
ia ?! T "Bel-ma-lik i-di-in. 3° der Si-lamazi® und der 


a Im Index ist diese Urkunde als Nr. 30% bezeichnet. 

b Das zweite 549 ist dittographisch, während das Zeichen für атім fehlt. 

є Relativsatz ohne Relativpartikel. 

4 Vgl. zur prägnanten Bedeutung des inu-ma С. Н. $ 186 43 nach meiner 
Auffassung dieser Bestimmung. WZKM XVIII 232, Anm. 3. 

e Vgl. Meißner; Supplement 19». 

f Zur Bedeutung von ейи (auch Pl. elät) — so С.Н. 8 166 ®: e-li-a-at 
zi-it-ti-Fá; Str. Warka Nr. 25 15: а-па e-li-a-ti-£u il-ku-& — vgl. Р.Н. Müller, 
Semitica I, 8. 26. є Das Geschenk gilt eigentlich der Tochter, Ši- 
lamazi hat aber auch den Fruchtgenuß. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 89 


' Hunabatia (Bél- málik) ge- 
schenkt. 
38 nis "Samas "Aja ail? Bei Šamaš, Aja, Marduk 
"JMarduk 33 à A-pil-Sin IN. | und ApilSin haben sie ge- 
[PÁ NE. MES]. schworen. 


Auch in dieser Urkunde werden zwei Rechtsakte neben- 
einander behandelt: 1. Adoptionsakt (Z. 1—24), 2. Schenkungs- 
akt (Z. 25—37). Hier wie dort statten die Eltern (resp. der 
Vater) ihre Tochter, indem sie dieselbe der Adoptivmutter 
übergeben, mit gewissen Gütern aus. 

Ich kehre nun zu II 41 zurück. 


7. 1—5. Diese Zeilen bilden das Rubrum. In Z. 1 hat 
die Kopie am Anfang eine Lücke, die ich nach dem sonstigen 
Schema (v. Nr. 30*) ergünzt habe. 


Z.12—14. зда... id-diin. Man beachte das Fehlen des 
relativen м. Offenbar liegt eine Dittographie des folgenden ša 
vor. Vgl. Z. 26—29. 

Z. 15. Zu tavirtum, ass. tamirtu vgl. HWB! 711%, 
Daiches AR 32. Vgl. auch II 32, 2 (Nr. 65). 


Z. 19. Ga-ab-lu-um. Wahrscheinlich ein Stadtname, denn 
die Nachbargrenze folgt Z. 20. 


Z. 30—31. Diese Klausel illustriert praktisch den $ 179 
des C. H., wonach eine Priesterin, die von ihrem Vater ein 
Geschenk bekommt, darüber frei verfügen darf, wenn dies im 
Schenknngsvertrag ausdrücklich bemerkt wird. Allerdings ist 
dieses Recht hier nur auf den Brüderkreis beschränkt. — ah- 
Ма. Plural wegen des doppelten A. Vgl. Anm. zu VIII 18°, 
1 (Nr. 21). — aplátam nadánu hier ‚den Kindesanteil ver- 
schenken‘. Vgl. oben S. 22. 

Z. 34. Zur Transkription der Idgr. vgl. П К 39c—d, 
51—52: NLBA == pii-éa-tum ; SIK.BA == lu-bu-ui-tum. Vgl. 
auch НУВ: 372°. 

Z. 35—36. Die Adoptierte verpflichtet sich, jährlich außer 
einer bestimmten Barrente auch Naturalien wie ein Wollgewand, 
dann Salböl, Mehl, Fleisch und Getreide, von allem ein be- 
stimmtes Maß zu liefern. 


90 Il. Abbandlung: Schorr. 


Was bedeutet aber isinnu, dem sonst nur der Sinn ‚Fest‘ 
zukommt, an unserer Stelle? "Wir begegnen diesem Worte in 
ähnlichem Zusammenhange, nämlich als Abgabe unter anderen 
Naturalien, in folgenden Vertrügen, die alle Feldmiete be 
handeln: 

VI 44°, 12— 13: 3 isinni 20 kému* to-a-an | frum» 5e 
i-pa- ki-id. 

VI 48», 15—16: 3 isinni "Šamaš 1 тит (1) (в à 10 Кбти" 
i-na-ad-di-is-5i. 

VI 48*, 11—13: 3 isinni “Šamaš 10 kému* a) 1 šîrum(!) 
іа-а-ан 4-pg- ki-id 9 (?). 

Sippar 104 (= AUS Nr. 42), 15—16: 3 isinni 10° kém 
à mi-se-ir (?)-tam i-pa-[ki-id].f 

Einmal kommt tsinnu in derselben Klausel, auch in einem 
Feldpachtvertrag phonetisch geschrieben vor: 

VIII 42°, 12—14 (Nr. 83): 3 i-si-ni 30 kêmu й mi-seir- 
tam i-pa-ki-iz-zi. 

Da in all diesen Feldpachturkunden die erwähnte Klausel 
sich auf eine Abgabe bezieht, welche außer des eigentlichen 
Pachtzinses zu leisten ist, so wird man wohl jene Abgabe als 
Sportelgeld ansehen dürfen, das gleichwie der Pachtzins ver 
tragsmäßig zu zahlen ist. 

In diesem Zusammenhange kann isinnu "Šamaš nichts 
anderes bedeuten als ,Festopfer für Šamaš‘. Der Pächter 
soll unter anderem am Sama&festtage für den Eigentümer drei 
Opfergaben darbringen; wohl in Getreide? In dieser Auf 
fassung bestärkt mich auch eine Klausel in einem neubaby- 
lonischen Feldpachtvertrag (Dar. 193), in welchem der Pächter 
sich verpflichtet einige Fruchtbäume zu pflanzen, welche für 
Opfergaben bestimmt sind (kurbánütu).* 


* КОЛА. Vgl. НУВ: 586^ ff. SIR. 

e KU.BA.BI. — BA = Anteil wie SERA: BI Pronominalsuffix: ‚sein‘, 
d. h. das ihm gebührende Maß Mehl. 

d Die Zeichen sind eng aneinander geraten. 

e Hier, wie in allen obigen Zitaten, ist die Ziffer vor k&mu mit jenem 
Zeichen geschrieben, daß nur vor Getreidemaß gebraucht wird. Es ist 
natürlich überall KA hinzuzudenken, 

f Friedrich transkribiert die zwei Zeilen ganz falsch. 

= Vgl. Kohler-Peiser: Aus dem Babylonischen Rechtsleben Ш 43. 


Altbabylonische Rechteurkunden. 91 


Auch in den Feldpachturkunden der griechisch-ägypti- 
schen Papyri (römische Zeit) findet sich oftmals die Klausel, 
wonach der Pächter sich verpflichtet allerlei Sporteln zu leisten, 
unter anderem auch einen Beitrag zu einem Feste (0xAia).^ 

ta-a-an. — Hier Maßdeterminativ, daneben auch ta-a und 
ta (VI 48®, 10, 15). Zur phonetischen Schreibung und Lesung 
vgl. weiter Anm. zu II 22, 4 (Nr. 10). 

1 Sirum (ass. Ka" kann nur bedeuten ‚1 Stück 
Fleisch‘. 

Z. 36. it-ta-na-di-si-im. — І? == intanaddin. 

Z. 48. Zur Datierung vgl. Lindl BA IV 373. 


Nr. 31. CT VIII 40" (Bu. 91—824). XXVIII. Jahr. 


Aussageprotokoll. 


|] Lu-uS-ta-mar * na-gi- 1 Y Lustamar, der Fron- 
rum $4 Bäabili® з ЧКаттіп- | voigt von Babylon, T Ram- 
i-din-nam * mu-za-az(?) ba-bi- | mân-idinnam, der Torwächter 
im 5 šá(?) E.ri-ib-USin bárü* | 5 des(?) Êrib-Sin, des Magiers, 
6 T Ibi-ik-Istar ° rid säbee(?) | | Ibik-Istar der Soldat (?) des 





$4 daian Bábili* Richters von Babylon: 
5 ši-bu an-nu-tu-un $4 mah- Diese Zeugen sind es, vor 
ri-šú-nu ? Y Za-ri-kum már | welchen Zarikum, der Sohn 


a-iz(?)-zu(!) 19 nid Sar-ri-im | des Éa-izzu(?) 19 beim Namen 
itmu-á 1! à а-па E-ri-ib-"Sin | des ‚Königs geschworen und 
7 [k]i-a-am ik-bu-ü 19 [um- zu Erib-Sin folgendes gesagt 





mja šú-ú-ma hat, also er selbst: 
4 fü-ul] a-ta-ar-ma 19 [da- Da ich nicht zurückkehren 


іајп Bäbilik © áš-šú-mi-ka(?) | will, 1° will ich deinetwegen (?) 
"Gaul ü-la-ma-ad 1" i-na Sip- | vordemRichter in Babylon nicht 
par" 18 $4 i-ga-b[u]-[n]im e- | aussagen (?). In Sippar werde 
bi-e$ 19 si(?) ... a-di-su 29 i- | ich, das was man [mir] be- 
na Sippar" ?! ma-na-ah-ta-ka | fehlen wird, machen !?*... 


* Vgl. S. Waszynski: Die Bodenpacbt (Agrargeschichtliche Papyrus- 
studien) S. 124. 

> >l- AÀ. ŠÚ.BU.BU (Br. 5603). e MIR (?). UŠ (9). 

4 Die Spur von /DIJKUD ist noch vorhanden. 

* Die Zeile ist wegen der schlechten Erhaltung der Zeichen unverständlich. 


92 H. Abhandlung: Schorr. 


22 a-pa-al-ka * ата daian | * in Sippar werde ich dir 
Baäbili З la tu-ta-ra-an-ni | deine Kosten entschädigen, zum 
Richter von Babylon sollst du 
mich nicht zurückführen. 
35 рагай Addaru* йт 4km | 25 Am 4. Addaru, im Jahre 
26 Зайит E.NAM.HE E | des Tempels NAM.HE, des 
''Rammán (MER.RA). | Tempels des Rammän. 


Über das Schema dieser Urkmndengattung vgl. Anm. zu 
IV 7* (Nr. 14). 

Aus der nicht ganz klaren Urkunde geht soviel hervor, 
daß Zarikum, vielleicht der Prozeßgegner des Erib- Sin, sich 
weigert vor dem Richter in Babylon zu erscheinen, sondern 
nur vor dem Gericht in Sippar seine Aussage machen will. 

Z. 2. na-gi-rum. Dieser Amtsname kommt auch C. H. 
8 1645 vor. Winckler, Ges. Ham., S. 106*, bringt einige Ве- 
lege dafür, daß nägiru der Verwalter der рш der 
Fronvogt war. 

Z. 4. mu-za-az(?) ba-bi-im. Wenn #4 in Z. 5 richtig ist, 
so scheinen auch Privatleute ihre ‚Hausbesorger‘ gebabt zu 
haben. Mir scheint aber plausibler, daß muzzaz bábi == ,Palast 
diener‘ ist, gleich C. H., $ 187 °!: mu-za-az ékallim. Auch in 
den Briefen Hammurabis finden wir Nr. 79, Obv. 5 (mu uz-za- 
az bûbim) diesen Beamten, der mit dem König unmittelbar 
korrespondiert. 

2.8 šibu = ма (рі.). 

Z. 10. Der Schwur bloß auf den Namen des Königs 
kommt selten vor. Vgl. IV 23», 6; VIII 50°, 11—12. 

Z. 14. täru hier vielleicht ‚den Prozeß wieder aufnehmen‘. 

7.15. áš-šú-mi-ka(?) ‚deinetwegen‘. Dieser präpositionelle 
Gebrauch mit Pronominalsuffix, für den sich sonst auch 
Belege finden," dürfte die Richtigkeit der Ableitung von *ana- 
#йт(ї) == aram. owb beweisen. (Vgl. WZKM XVIII 235, 
Anm. 2.) 


a SE.KIN.KUD. 

b Vgl. IV 394, 5—6: áš-šum-mi-ka . . . ad-bu-ub-ma ,deinetwegen habe ich 
gesprochen' (in einem Briefe aus dieser Zeit). Sipp., Nr. 273, 5: 9 Sama: 
à Marduk 4#-#й-тї-їа da-ri-il й-ті li-ba-al-li-tu-ki, 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 93 


Z. 16. ü-la-ma-ad. Dieses Wort kommt in den Hammu- 
rabi-Briefen ófter im Sinne von ,berichten, informieren, Raport 
abgeben‘ vor. 

Z. 18. e-bieš = eppes Präs. I'. AG $ 38°, 1. 

Z. 19. Die Zeile ist verstümmelt. 

4. 231—232. Zur Bedeutung vou manahtu vgl. weiter unten. 

Z. 26. Zur Datierung vgl. Lindl BA IV 392, Z. 28 ff.; 
King LIH III 226, Anm. 63. 


Мг. 32. CT VI 44° (Bu. 91—2425). XXX. Jahr. 


G elddarlehen. 


1 2 sikil kaspim ? Sum-ma- | ! Zwei Sekel Silber hat 
ilum-la-Samas 3 9 siklê E-ri- | Summa-ilum-la-Sama$, zwei Se- 
ib-Sin 4 2 šiklê U.bar-"Samas | kel Erib-Sin, zwei Sekel Ubar- 
5 а-па egédim^ ° itti Su-mu- | Šamaš 5 für die Ernte von 
ha-am-mu ° iltekü Sumu-bammu geborgt. 

8 drun езёйїт* 9 ami SE, Am Tage der Ernte 19 wer- 
KIN.KUDr@ 1 (-la-ku ü-ul il- | den die Schnitter kommen. 
li-ku-ma И si-im-da-at Sarrim. | Wenn sie nicht kommen wer- 

den, [trifft sie] das Gesetz des 


Königs. 
1 Sa bont Lu-sa-lim-be-li Unterstellt dem Lusälim- 
béli. 
13 varah Sabátu* йти 10 жәй Am zehnten Tage des Мо- 
и занит ZAB.KI.SU.LU.UB. | nates Sabätu, 15 im Jahre, in 
GAR.ELAM (?). МА. welchem das Heer von Elam... 


Z. ll. si-im-da-at Sarrim. Prügnante КА == ‚gemäß den 
Rechtssatzungen des Königs werden sie bestraft‘. Vgl. УШ 
27*, 18: ki-ma gi-im-da-at $arrim iz-za-az (verantwortlich sein). 
Vgl. LIH Nr. 19, Rev. 12—13: di-nam ki-ma gi-im-da-tim šú- 
hi-is-su-nu-ti, dazu BA IV 480, wo Delitzsch zuerst richtig 
die Phrase erklärt hatte. Diese Erklärung bestätigt auch der 
C. H. XIV, 64—65: ana pî gi-im-da-at Sar-ri-im. Vgl. auch 


* SE.KIN.KUD. ь AS.A. 


94 U. Abhandlung: Schorr. 


im-da-at = simdát als stat. constr. pl, nicht sing. (simdat) зг 
zusehen. 

Z. 13. ү Е] sonst = биёй, bedeutet in den Damm. 
rabi-Briefen und auch öfter in den Urkunden (Tempelkontrakteı, 
s. weiter) nicht ‚Besitz‘, weil es keinen Sinn gibt, sondern etwa 
jemanden unterstellt, unter jemandes Kontrolle, Verwaltung‘, 
daher proponiert auch Delitzsch ВА IV 486, Z. 238. mit 
Recht an den betreffenden Stellen: 3a Кай zu lesen. Aller 
dings muß bemerkt werden, daß За als Genetivpartikel ir 
dieser Zeit immer = ($4) geschrieben wird. Der Sinn der 
Zeile in unserer Urkunde ist vielleicht der: Lusälim-beli ist 
der Vermögensverwalter (Prokurist) des Verleihers; durch sein 
Hand wird das Darlehen geboten. 

Z. 14. Vgl zur Datierung King LIH III 236, Anm. 5; 
Lindl BA IV 372, Z. 1—8. 


Мг. 33. CT VI 41^ (Bu. 91—1137). ХХХУ. (?) Jahr. 


Sklavenmiete. 


1 Y Na-vi-ir-nu-ür-su 3 itti | 1 (Den) Nävir-nürsu hat von 
Ru-tum 3] Ri-i-Samas 4 mûr | Rütum Ri$-Samas, der Sohn 
"Marduk-na-sir 5 ата ki-ig-ri | des Marduk-näsir 5 für Miets 
6 ала зат 1%" 1 igu-ur-šú | lohn für ein Jahr gemietet. 


8 ki-is-ri-3u ° cna šattim Als seinen Mietslohn für 
{rom 10 24 KA батпіт" | ein Jahr wird er 10 24 Ка 
11 imaddad 1? ü-la-ba-su Öl abmessen. Er wird ihn be 

kleiden. 

15 yarah E-lu-li 14 i-ru-ub Im Monat Elülu ist er ei» 


15 varah Ti-ri-t(ni) (2) 16 &-zi | getreten, 15 im Monat Tir 
wird er austreten. 


2 Zeugen. 
и рав Ri-šú-tum 18 pân Eriüfüb-8-9 Аја 
9 файит | BAD.GAL. 1% Im Jahre, in welchen 


KAR (?)-[^Samas ВА.ВО?]. die große Mauer von КАЁ 
[" Šamaš erbaut wurde (?)). 


* NI.IS. ь NIN. e == Tasritu. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 95 


Die Urkunden über Dienstmiete, sei es freier Arbeiter, 
von ihrem Vater, Bruder gemietet oder unfreier Sklaven von 
ihrem Besitzer, wie háufiger der Fall ist, kommen ziemlich 


zahlreich vor. Vgl. Nr. 40, 45, 81; BAP Nr. 55—61. 


Das Schema ist in den ersten Zeilen naturgemäß dem 
der Kauf, Darlehens-, Mietsvertrüge ähnlich, sonst dem Wesen 
der Sache angepaßt. 

1. Name des Sklaven: ‚X mit Namen‘. 

2. Name des Besitzers [resp. Vaters, Bruders] eingeführt 

durch itti ‚von‘. 

3. Name des Mieters. 

4. Mietsdauer (x Tage, Monate, Jahre) [Art des Miets- 

dienstes].“ 
. Höhe des Mietslohnes (in Geld, Getreide, Öl). 
. [Klausel über Bekleidungspflicht].® 
. [Datum des Ein- und Austrittes des Mietlings].* 
. [Höhe der Mietsangabe].f 
. Zeugen und Datum. 


Außerdem kommt einmal (BAP Nr. 57) die Klausel über 
Nichteinhaltung des Termins des Dienstantrittes, zweimal (BAP 
Nr. 57, 61) wird der Name des Bürgen genannt. 

Z. 12. ú-la-ba-su == ulabbas-su. Der Mieter hatte die 
Verpflichtung — nach der Serie Ana ittišu — den Lohn- 
arbeiter zu bekleiden und zu unterhalten. Vgl. ВАР 11, Anm. 4. 
Der С. Н. scheint es vorauszusetzen, erwähnt es daher nicht. 


Z. 15. varah Ti-ri-í(ni?). Aus dem Kontext ergibt sich, 
daß es der Monat Tasritum = мол ist. Vgl. King LIH Ш, 
XXXVI Anmerkung. 

u-zi == ussi, Prüs. 11. 

Z. 19. Zur Datierung vgl. King LIH III 240, Anm.; 
BA IV 371, Z. 19 und S. 313, Z. 24—25, wo Lindl auch 
das 25. Jahr Hammurabis für möglich hält. 


© бо =з ©. En 


a ВАР Nr. 53, 54, 60. 

^ Bei freien Arbeitern wird auch der Vatername genannt. 
* Z. B. ВАР 57 ‚zur Ernte‘ (7. 8). 

4 Nr. 33, 40, 45, 81. 

° Nr.40, 45, 81; ВАР Nr. 60. 

f Nr. 45; ВАР Nr. 53, 54, 59 и. ü. 


96 П. Abhandlung: Schorr, 


Nr. 34. CT VIII 40^ (Bu. 91—797). ХХХУПІ.() Jahr. 


Feldmiete. 


1 Duppum.* 20 ЗАВ eklim | 


3 1-4а ekil Mi-&d-ru-um-na-si-ir 


з ин Bélit*s.s Aja ана! (?) | 


"Samai * märat Na-bi-ilí-šú 
6 ] Sum-ma-!Samas 8 mûr *Sa- 
mas-tappü-3ü ° eklam а-па 
ti (P)-ik-ni-im 8 ú-še-zi 


° ina ûm ebürim № 1("/.,) 
САМ 4 SEGUR її i-na GIS. 
BAR "Šamaš 1® i-na báb* Ga- 


gi-im 13 imaddad 


14 eklam i-na-di-ma 16 bi- 
lat! eklim-ma imaddad 


16 pân "Šamaš рап “Aja. 


1 Urkunde. — Zwanzig 
SAR Feld neben dem Felde 
des MiSarum-näsir hat von 
Bélti-Aja, der Samaipriesterin, 
der Tochter des МАШ - ili&u, 
5 Summa-Samas, der Sohn des 
Samas-tappüsu, als Feld zur 
Urbarmachung (Verbesserung) 
gemietet. 

Am Tage der Ernte 19 wird 
er von je 1(1/,,) GAN 4 GUR 
Getreide nach dem Maße des 
Šamaš im Tore von Gagum 
abmessen. 

Wenn er das Feld ver- 
nachlässigt, 19 wird er die Er- 
tragsabgabe doch für das Feld 
leisten. 

Vor Šamaš, vor Aja. 

4 Zeugen (1 Frau). 


Поріп А-? 18 рдп "Ma-mu !? pân La-ma-za-ni 29 mûr Nu-ür-"Samai 


31 рдп A-ha-ta-ni ** märat ÉÍ-a-ra-bi 


23 varah A-ia-ri ûm 15 ќат | 


** занит ES.NUN.NA BA. 
UL(?). 


Z. 4. 


25 Am 15. Aiaru, im Jahre, 
in welchem [die Stadt] Duplias 
zerstört (?) wurde. 


ti(?)-ik-ni-im. Trotzdem die Spuren des ersten 


Zeichens auf dé oder Кі hinweisen, halte ich es doch für ver 
schrieben aus fé, was graphisch leicht möglich ist. tiknu (neu 
hebr. прп), sonst im Ass. ‚Schmuck, Zier‘, hier ‚Verbesserung, 
Urbarmachung‘ vom Felde gebraucht. 

° KA. а ТІК. 


a DUB. b NIN". 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 97 


Z. 10. =_ САМ, EE: SE.GUR, d.h. von je 100 ЗАВ» 
1200 KA. Eine so hohe Mietsabgabe ist ausgeschlossen; man 
wird daher statt »— vielmehr « == 1 GAN lesen müssen. 

7. 11. i-na GIS.BAR “Šamaš. Diese Bezeichnung, die sich 
sehr oft in den Miets- und Darlehensurkunden [vgl. II 32, 20 
(Nr. 65); VI 48», 11; VI 48°, 7; VIII 11°, 15 (Nr. 66); УШ 
19%, 17 (Nr. 68); VIII 42°, 9 (Nr. 83)] aber immer nur nach 
der Angabe des Getreidemaßes (oder überhaupt Hohlmaßes) 
findet, wird noch heute von vielen mißverstanden, trotzdem 
schon Peiser KB IV 49, Anm.** die richtige Bedeutung an 
einer Stelle erkannt hat. Meißner BAP 101 und noch AS 
III 33 (unten) hat das Wort GIS.BAR als ‚Tempelabgabe‘, 
dann ‚Tempelbesitz (-schatz)‘ überhaupt zu deuten versucht, 
ebenso übersetzt Scheil^: ‚dans le trésor de Šamaš‘, während 
Friedrich AUS schon ganz falsch: ‚als Steuer an Šamaš‘ 
В. Und doch paßt keine dieser Übersetzungen an vielen 
Stellen, wo es sich nicht um Tempel-, sondern Privatgut handelt. 

Zimmern hat Surpu-Tafeln 54 (Anm. zur Z. 114) richtig 
vermutet, daß GIS.BAR etwa Hohlmaß bedeutet, ohne aber 
mit genügendem Nachdruck auf folgende, jeden Zweifel aus- 
ichlieBende Stelle hinzuweisen: 

Surpu УШ, 41—49: 4... fina *JBAR* sihri na-da-nu 
na "ВАК ràb-i Ве 4 ... [ina I ЗЕ sihri na-da-nu ina 
' manê ràb-i Die 4... [ina I ma]né sihri na-da-nu ina I manê 
‘464 lk-e = 1... mit kleinem Maße geben, mit großem 
Maße nehmen, ** mit kleinem Sekel geben, mit großem Sekel 
iehmen, *? mit kleiner Mine geben, mit großer Mine nehmen‘. 
'BAR oder GIS.BAR* bedeutet hier sicher dem Kontext nach 
Maß‘ und zwar ,Hohlmaf und somit "BAR "Šamaš ‚das Hohl- 
зай des Samastempels‘. Ebenso wie ihren eigenen Zinsfuf' 


* > = 1 САМ = 100 SAR. 

> Une saison de fouilles А Sippar, S. 110, 132 u. ö. 

* So müßte man richtiger auch transkribieren, obwohl anderseits es scheint, 
daß GIS.BAH = giäbaru als Lehnwort herübergenommen wurde. Vgl. 
VIII 10°, 2: gis-ba-ru (?) #4 "Marduk, doch vgl. VIII 8b, 2. 

3 Vgl. bibl. mem mem [29 jak. 


* Ob dann das Ideogramm von == parásu ‚teilen‘, dann ‚messen‘, oder 
von d = 10 KA als Maßeinheit zu erklären ist, ist schwer zu ent- 
scheiden. f pipat “Samad. Vgl. oben 8. 43, Aum. zu Z. 2. 


Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 2. Abh. 1 


98 Il. Abbandlung: Schorr. 


hatten die größeren Tempel auch ihr eigenes Hohlmaß und wie 
wir gleich sehen werden, auch ihr eigenes Gewichtmaß. 

So lesen wir Sipp. 286%, Z. 8—11: 83 SE/GUR] i-na GIS 
BAR Šamaš 9 i-na ... imaddad 19 1(?) Sikil kaspim аби! 
Šamaš її i$akal == ‚З [GUR]* Getreide nach dem Нобішайе 
des Šamaš wird ег... abmessen, 1(?) Sekel Silber nach den 
Gewichte des Šamaš wird er abwägen (zahlen)' Vgl. auch 
Sipp. 355°, wo Scheil schon richtig bemerkt: „ГАК „pierre“ 
implique que c'est au poids du temple qu'on payera‘. 

Demgemäß hat Peiser OLZ VI 334" obigen Kontrakt 
Sipp. 286 richtig übersetzt und in seiner neuesten Edition 
U IH D findet sich in Privatvertrügen mehrmals: GIS ВАК 
x KA, was Peiser ganz richtig ‚Maß von x КА‘ wiedergibt 

«BAR oder GIS.BAR bedeutet also überall nicht: 
anderes als ‚Hohlmaß‘.! 

Neben ina GIS.BAR “Šamaš, wie hier, kommt auci 
ana GIS.BAR “Šamaš (Sipp. Nr. 139)* vor, am  háufigste: 
aber stereotyp ohne Prüposition überhaupt. 

Z. 14—15. Es ist die einzige Feldmietsurkunde, in der 
sich eine solche Klausel findet. Sie ist wertvoll als Illustration 
zum $ 42 des С.Н. 

Biltu wird hier und sonst noch [VI 35*, 7 (Nr. 19); УШ 
41°, 7] mit dem Ideogramm TIK, in der Regel aber bekannt 
lich mit GUN wiedergegeben. Vgl. auch CT XII 10, Kol 1! 
Lë: TIK = Ыы.» 

Das ma betont die Abgabepflicht, trotzdem am Feld (ir 
folge der Vernachlüssigung) kein Ertrag vorhanden ist. 

Z. 24. Zur Datierung vgl. King LIH III 238, Anm. 11. 


* Scheil: Fouilles, S. 132. 

^ TAK. 

* Im Original muß GUR ausgefallen sein. 3 SE jährlich ist als Miet 
lohn undenkbar. Dieser betrug mindestens 250 KA; vgl. ВАР 10. 

d Dabei muß bemerkt werden, daß es sich um die Miete eines Sklave 
von einem Privatmann handelt. 

° == Friedrich AUS Nr. 21. 

f Ob in den neubabylonischen Kontrakten С75.ВАВ nach Zehnpfund b: 
1524 ‚Pacht, Abgabe‘ bedeutet, kann ich momentan nicht untersuches. 

к Scheil: Fouilles, S. 123. 

^ Darauf hat mich Herr Dr. Hrozny freundlichst aufmerksam gemacht 


Alibabylonische Rechtsurkunden. 


99 


Nr. 35. II 28 (Bu. 91—338). 


Sozietütsauflósung. 


TT Eri-ib-Sin * à Nu-úr- | 
!Samas 3 tap-pu-tam t-pu-šú- 
ma * ana bit Šamaš іти: 
bu-ma 5 te-im-šú-nu i-pu-šú- 
ma 





$ kaspam"" ba-ab-tam 549. 
атат й 54?pardam ° $4 ha- 
ra-nim й li-bi a-li-im(?) ® ті- 
it-ha-ri-i$ i-zu-zu-(zu*) (?) 


° a-và-tu-[$ü-]nu. ig-mu-ru- 
ma 1° апа kaspim kaspam?" 
Aivardim 11 à ЗАбатит à ba- 
ab-tim 1? $4 ha-ra-nim й li-bi 
ali-im (?) 13 184и 01-е a-di hu- 
rásim (sic) 1* a-hu-um а-па a-hi- 
іт 15 4-4 ira-ga-am 


16 лій 1 Samas "Aja nis Mar- 
duk (sic) 17 à Ha-am-mi-ra- 
bi (sic) itm. 


1 Nachdem Érib.Sin und 
Nûr- Šamaš ein Kompagnie- 
geschäft geschlossen hatten; іп 
den Tempel des Šamaš ein- 
getreten waren; ° ihre An- 
gelegenheit geordnet hatten; 

haben sie das Geld, die offe- 
nen Schulden, Sklavinnen und 
Sklaven, von[den Unternehmun- 
gen] außerhalb und innerhalb 
der Stadt gleichmäßig geteilt. 

Nachdem sie ihre An- 
gelegenheiten perfekt gemacht 
hatten, wird 19 wegen des Gel- 
des, der Sklaven und Skla- 
vinnen, auch wegen der aus- 
stehenden Schulden [an Unter- 
nehmungen] außerhalb und 
innerhalb der Stadt, vom Munde 
bis zum Golde, einer gegen 
den anderen !5 nicht klagen. 

Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Hammurabi haben sie ge- 
schworen. 

17 Zeugen. 


18 pân A-vi-il-ilim mûr Ba-bu-tum ® pân Bur-"Rammän таг Ja-ba-du- 


ит 9 pán Sin-e-ri-ba-am mûr U-kufn)-pi-44 ?\ рап  Sin-lu-ud-lu-ul mâr A-vi- 
i-lim ** pân I-din-"Samas mûr Zi-li-lum ® pân Ib-ni“ÙR.KA mûr E-til-pi- 
UE.RA ** pân Nu-ür-"NIN.SAH таг "Samai-na-sir ® pân Lu-ui-ta-mar-Sin 
mûr lli-i-din-nam 3 pân Sin-ma-gir mûr Ilu-de-me * ріп О R.RA-ga-mil pân 
Sá-ma-ia ** mûrê li-ki-it-ti-ili-ia ?? pân Mu-pa-hi-ru-um mûr I-di-ia 29 pân 
Ib-ga-tum mûr Sin-e-ri-ba-am З pân Már-Sippar* mûr РІ(КА)-44-"Затаї 
H pân Sin-ha-zi-ir mår A-da-ia ** ріп Ri-i-" Hammán mûr Be-el-&i-nu % рдп 
“Samas-i-din-nam mûr Sin-be-el-aplim (?). 





* Dittographie des Schreibers. Die Lesung ma wäre möglich, aber nicht 
sinngemäß, 
та 


100 11. Abhandlung: Schorr. 


Zur Übersetzung vgl. Meißner AbR 18. 

Es ist die einzige Urkunde — neben den ВАР 68—64 
publizierten — welche Geschäftskompagnie* behandelt, und 
zwar die Auflösung der Sozietät, ebenso wie in ВАР a. а. 0. 
Im С. Н. wird dieses Geschäftsverhältnis nicht erörtert; die 
SS 100—107 handeln bekanntlich nur vom Kommissionsgeschätt. 
Vielleicht war davon in der großen Lücke zwischen de 
$8 65—100 die Rede. 

Z. 6. ba-ab-tam. In den neubabylonischen Rechtsurkunden 
heißt bäbtu, von einer Schuld gesagt ,ungedeckt, unbezahlt‘; 
vgl. HWB? 146», daher ähnlich hier ‚offene Schuld‘. Im C.H. 
kommt bäbtu — ‚Verlust‘ öfter vor, doch paßt diese Bedeutung 
nicht recht in den Kontext. 

Z. 10. а-па kaspim kaspam?". Die Konstruktion is 
sehr schwierig, falls nicht Dittographie vorliegt, was weniger 
wahrscheinlich ist. 

Z. 14. ahum ana ahim ‚einer gegen den anderen‘, vgl. 
hebr. як bx wx. Ähnlich: ahátum ana ahätim (УШ 22®, 15 
‚eine gegen die andere‘, ebenso hebr. Ex. XXVI 3: „nn ba ser 
(von den Vorhängen im Heiligtum) u. 5. 

Die Urkunde ist nicht datiert. 


Nr. 36. CT IV 465 (Bu. 88—693). 


Erbteilung. 


1 1 SAR 10 GIN (!) bitim | ! Ein SAR, zehn GIN Haus, 
? ita bit Và.bil-zu-'Samas | neben dem Hause des Уд 
з zittu Ki-šá-tum * id itti | Šamaš ist der Anteil des hi 
ahisu* i-zu-zu Satum, welchen er mit seinem 
Bruder geteilt hat. 








5 zi-iz ga-me-ir ° li-ba-sü- 5 Die Teilung ist perfekt. 
ти táb^, ihr Herz ist befriedigt: 

T ú-ul i-tar-ma, ° а-па var- Indem sie [den Vertrag; 
kût ü-mi-im ° a-hu-um ana | nicht anfechten, wird einer 
a-hi-im 19 á-ul i-ra-ga-am gegen den anderen in Zukunft 


? nicht klagen. 








a Die Feldmiete in Kompagnie trenne ich von dieser Gattung. So ҮШ 
19^ (Nr. 68). ^ SIS.A.NI. 


101 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


Bei Šamaš, Marduk und 
[haben sie ge- 


M nis Хата? "Marduk | 
"o Ha-am-mu-ra-bi. | Hammurabi 
| schworen]. 
| 5 Zeugen. 
з Y Nu-úr-#Samas 14 Y A-viililim 1 Y Li-bur-na-di-tú 19 Û Ri-iš-#%a- 
naj " Y *Samai-a-iá-ri-id-ii '* ] EM 


19 £attum AB(?).DU.UM. | 


19 Im Jahre, ... 


7. 5. zi-iz — zizu ‚die Teilung‘. Varianten zu dieser 
RA vgl. in der Anm. zu VI 42°, 2.8 (Nr. 24). — Es ist be- 
merkenswert, wie in der Volkssprache schon in dieser Zeit 
nicht bloß die Mimation, sondern auch der Endvokal bei Sub- 


stantiven manchmal abgeschliffen wird. 
Z.19. Das Datum lüft sich nicht genau feststellen. Vgl. 


BA IV 375, Z. 14. 


Nr. 37. CT VIII 22* (Bu. 88—267). 


Tauschvertrag. 


! Ina eklim (?) [à kirim] | 
? šá Na-ra-am-ta-n[i aššat (?) 
"Sama5 märat Sin-e-ri-ba- 
ат (?)]* * à Amat-"Samai aš- 
fat (2) "Samas márat [Sin-na- 
sir]* * i-id-[mu]* 


5 pu-uh ![,, САМ 34 SAR 
"Okirim ° 1, САМ 65 SAR | 
іт ° 3 SAR me-ir-ra-am 
12 ИрИ kaspisa* 9 à !|, GIN. 
NA 3 šikil kaspim 


9 Y Na-ra-am-ta-ni айда! (?) 
"Samas márat Sin-e-ri-ba-am(?) 


* Die Ergänzung nach Z. 9. 
* Yom Schreiber ausgelassen. 


1 Von dem Felde [und vom 
Garten], welche die [Samai- 
priesterin] Narämtäni [die 
Tochter des Sin-éribam] und 
die Samaipriesterin Amat-Sa- 
maš, die Tochter [des Sin-nä- 
şir] gekauft haben, 

5 hat um den Tausch für 
з САМ 34 ЗАВ Garten, 
з САМ 65 SAR Feld, für 
3 SAR gehacktes(?) Feld [zu- 
sammen] 12 Sekel Silber, auch 
für 1/, GIN 3 Sekel Silber, 

die Samaápriesterin Narám- 
täni, die Tochter des Sin-éri- 


b Vgl. Z. 10. 
4 KUBABBAR.BI. 


102 


11. Abhandlung: 


Sehorr. 


" Y ^ H D 
10 а-па Amat-!Samas märat | bam, 19 der Samaspriesterin 


Sin-na-gir И ip-pu-ul 


12 dal i-tu-ra-ma 13 a-ha- 
tum а-па a-ha-tim 14 ú-ul i- 
ra-ga-am 

15 піў "ата "Aja "Мат- 
duk 18 й Ha-am-mu-ra-bi 
it-ma-a. 


Amat-Samas, der Tochter des 
Sin-näsir, als Tauschwert ge 
geben. 

Indem sie [den Vertrag) 
nicht anfechten, wird die eine 
gegen die andere nicht klagen. 

15 Bei Samas, Aja, Marduk 
und Hammurabi haben sie ge 
schworen. 


10 Zeugen. 


U ріп Avát." Nannar AZAG.DIM már Zfi]-li-lum 1 рап Varad- мо 
mâr Na-ra-am-ili-Fi 19 pân Ilu-hi-ba-ni mûr Ib ni-"Samak 29 pân "Samas-bari 
mûr Ilu-ii-i-bi-hi (1) 9 pân *ZAK. KU T-mu-ba-li-it таг Ili- (?) ?% pân Пи-рі 


"батай mâr Na-bi-ili-&i ® pân Ri-is-"Sin mûr Na-... 
J ® pân *Marduk-na-sir ... 


m/är .. 


31 татар Varahsamna* ... 
28 Габит ...]. 


u рдп « Samai-ma-7* 


26 pán E-ha-tum 


Im Monat Varahsamna ... 


' im Jahre ... 


Analoge Tauschverträge vgl. BAP Nr. 46—50. Unter 
unseren Urkunden kommt nur noch VIII 6*, (Nr. 48) in Be 


tracht. 


Besitzers. 


Das Schema der Tauschvertrüge lautet: 
1. Größe, Lage des ersten Tauschobjekts. 


Name des 


2. Dasselbe betreffs des einzutauschenden Objektes. 
9. Vermerk über gegenseitige Zustimmung. 
. Vermerk über Unzulässigkeit der Anfechtung. 


4 
5. Sehwur. 
6. Zeugen und Datum. 


Manche Urkunden beginnen mit dem technischen pui 


‚als Tausch für‘. 


Inhalt: 
Garten gekauft. 


Zwei Priesterinnen haben zusammen Feld und 
Indes zediert die eine einen Teil ihres Be 


sitzes gegen entsprechende Geldentschädigung der anderen. 
7. 1. [è ЗКігіт). Die Ergänzung fordert Z. 5. 





* PIN.GAB()A. 





Altbabylonische Rechtsurkunden. 


Z. 5. pühu ‚Tausch‘. 
[mann |. 

2. 7. me-ir-ra-am. Zur 
bis 28: eklam .. 


Z. 11. ip-pu-ul = ipul 


. ттат-та-ат; 


103 


Im C. H. X 5, XI 45 ,Ersatz- 


Bedeutung vgl. C. H. XIII 26 
ХХІ, 86: Zem #4 im-ri-ru. 


— ipul. Vgl. AG? $ 54*. 


Nr. 38. CT VIII 43" (Bu. 91— 2516). 


Prozeß über 


1 Áš-šum Si9amtim Da-mi- 
ik-tum (?) * за Már-ir-si-tim 
3 а-па E-ri-ib-"Sin * i-zi-bu 

Ma-za-ba-tum 5 аа 
Maär-ir-si-tim 5 й Ib-ni-"Samas 
a-hu-3ü ° daiant ik-Sü-du-ma 


3 daianü dup-pa-am За E- 
ri-ib-Sin ° e.li 
10 o Ma-za-ba-tum ir-šú-ú И hi- 
bi-a-am(?) ik-bu-ú 1% й 5^amtam 
Da-mi-ik-tam 13 а-па Ma-za- 
ba-tum tu-ra-am (2) 1“ [a-na?] 
Maär-ir-si-tim ü-te-ru 


Mär-ir-si-tim 


15 [ma]téma varkáte^ šinî®- 
šú 16 Y Maär-ir-si-tim И 4$-$ ит 
Da-mi-ik-tum 1 а-па E-ri-ib- 
Sin 19 i-ra-ga-am-ma, ?? T Ib- 
ni-"SSamas ù Ma-za-ba-tum 
21 1-ға-па-ра-Ги 

22 пі) Šamaš “Marduk à 


Ha-am-mu-ra-bi 23 itmä. 


Pfandperson. 


! In Sachen einer Sklavin 
Damiktum, welche Mär-irsitim 
an Erib-Sin überlassen hatte. 

Nachdem Mazabatum, ° die 
Frau des Mär-irsitim und Ibni- 
Šamaš, sein Bruder, zu den 
Richtern gekommen waren, 

haben die Richter die Tafel 
[des Anspruches], welche[n] 
Erib-Sin gegen Mär-irsitim und 
Mazabatum hatte, zu zerstören 
befohlen und die Sklavin Da- 
miktum an Mazabatum zurück- 
zugeben. [An ?] Mär-irsitim 
gaben sie sie zurück. 

15 Wenn [je]mals künftighin 
Mär-irsitim zum zweitenmal 
wegen Damiktum gegen Erib- 
Sin klagen wird, werden 29 Ibni- 
Šamaš und Mazabatum ver- 
antwortlich sein. 

Bei Šamaš, Marduk und 
| Hammurabi haben sie 
| schworen. 

4 Zeugen. 


ge- 


24 pán Sin-e-ri-ba-am mår I-ku-pi(?)-34(?) 29 [рап] Bur-"Sin таг Zi- 
li-lum 29 [рап] Na-ra-am-ili-&í pân Sin-na-sir 27 mûrê A-l-ib-"Samas. 


^ /[UJKUR.EGIR.RA. 


Ті 


104 П. Abhandlung: Schorr. 


Zur Übersetzung vgl. Meißner AbR 10, wo aber der Sinn 
teilweise anders gefaßt wird. 

Das Prozeßmotiv ist, wie aus Z. 8—10 ersichtlich ist, die 
Reklamation einer Pfandperson. Vgl. С. H. $$ 115—119. Die 
Richter anerkennen diese Reklamation als berechtigt, lassen 
die Schuldtafel vernichten und geben die gepfändete Sklavin 
dem Schuldner zurück. Nicht ganz verständlich ist die Klausel 
in Z. 15—21 (s. weiter). 

Z. 4. izibu. — ezébu hier ‚(als Pfand) überlassen‘. 

7. 8—10. dup-pa-am šá ... вії ... ir-šú-ú ist präg- 
nant zu fassen ‚die Tafel des Anspruches, welchen .. .. 

Z. ll. hibi-a-am. Ich fasse es als Infinitiv auf, Meißner 
|. с. — nach der Übersetzung zu schließen — wohl als Ad- 
jektiv, daher die Abweichung in der Interpretation. 

ik-bu-ü ist zeugmatisch auch zu Z. 13 zu ziehen. 

Z. 13. tu-ra-am. Inf. II’. Meißner übersetzt das Wort nicht. 

Z. 15—21. Die Klausel, ein zweitesmal nicht zu klagen, 
weicht vom üblichen viel kürzeren Schema der Prozeßur- 
kunden ab. Ähnlich II 47, 34--36 (Nr. 72). Der Sinn der 
Klausel ist wohl der: Da die Sklavin nicht dem Mär-irsitim. 
sondern dessen Frau und Bruder ausgeliefert wurde, so könnte 
eventuell der erstere eine Klage erheben. Für diesen Fal 
werden die letzteren verantwortlich gemacht. 

Z. 15. šinî-št ‚zum zweitenmal‘. C. Н. 8 16955: a-di #- 
ni-5u im selben Sinne. 

Z. 27. A-li-ib- Šamaš. — Daiches AR 89 stellt das erste 
Element mit ar. 4215 ‚Sproß‘ zusammen. Hilprecht in 
ВРХ 64» denkt — was kaum einleuchtet — an eine Abkürzung 
aus Ali-pi “Šamaš ‚Erhaben ist der Mund (das Wort) Sams". 


Nr. 39. CT VIII 48* (Bu. 91—2480). 


Freilassung und Adoption. 
1 T "KAL.KAL-mu-baléi | "KAL.KAL-mubalit ist der 
? таг " Aja-dámikat* 3 T “Аўа- | Sohn der Aja-dâmiķat. Ain 
dämikat® aššat(?) “Šamaš *má- | dämikat, die Šamašpriesterin. 
rat Ilu-šú-i-bi-šú 5 um-ma-šú | die Tochter des Iluašu-ibišu. 


«e SAG. GA.(MES ?). Zum Zeichen SAG vgl. die Schrifttafel (Delitzsch: 
Lesestücke IV, Nr. 206). 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


ú-li-il-š5ú 9 а-па zi-it šá(!)-am- 
Я 7 pa-ni-šú i$-ku-un .. .-at 


$ Y "UK AL.KAL-mu-ba-lt-if 
° a-di ! Aja-dámikat* ba-al-ti- 
at 1? i-ta-na-áš-ši-ši-ma 11 ana 
matéma* ma-am-ma-[an] 1% mi- 
im-ma є-Її T KAL.KAL-mu- 
ba-lí-it 13 ú-ul i-šú-ú 

14 uLlu-ul 15 märü Ilu-ğu- 
tbi 16 ù márü Bur-Nu-nu 
" ma-am-ma-an ú-ul i-ra-ga- 
am-Jum 


18 під Šamaš "Aja “Mar- 


duk 19 à Ha-am-mu-ra-bi | 


9 itmá. 








105 


5 seine Mutter hat ihn frei- 
gelassen. Gegen den Sonnen- 
aufgang hat er sein Antlitz 
gerichtet ... 

Wenn KAL.KAL-mubalit, 
solange Aja-dämikat lebt, 19 sie 
unterhalten wird, soll niemand 
jemals irgend einen Anspruch 
gegen KAL.KAL-mubalit ha- 
ben. 

Er ist freigelassen. 19 Von 
den Kindern des Ilusu-ibisu 
und den Kindern des Виг- 


‚ Nunu soll keines gegen ihn 


Klage erheben. 

Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Hammurabi ?? haben sie 
geschworen. 

14 Zeugen (2 Frauen). 


2 pân Пи-рі-Аја sangü* атай ?? pán E-til-pi-"Na-bi-um 33 pân 


Silid-@NIN.KAR.RA.AG З рап "Sin-ba-ni akil айа! (?) "Šamaš ?* pân Li- 
bu-ra-am 28 рап Za-bi-um-ilie * рдп E.TIL.AN.NA-idinnam! 38 рап АКАТ, (Ӯ), 
KAL(?)-na-gir 29 mdr llu-ki-i-bi-Mà 3° pân Sarrum-"Samaá mûr Nu-nu-érijt 
и pîn " Sín-be-el-ili* 3 mûr E-a-ra-bi 83 pân Nu-ra-tum mûr A-hu-um ** pân 
NIN.SIG.GA mûr Avél-"NIN.BUR(?).NA 35 рап Mu-ha-di-tum 38 pân Mu- 
na-vi-ir-tum 

7 зацит alu Ra-bi-kuMU, 37 Im Jahre der Stadt Ra- 


biku. 


Inhalt: Ein Sklave wird von seiner Herrin durch Adop- 
ton freigelassen. Dafür obliegt ihm, seine Adoptivmutter lebens- 
lànglieh zu erhalten. Nach ihrem Tode darf niemand sein 
Adoptionsrecht anfechten. 

Z. 6—1. Die Zeremonie wird irgendwie die Freilassung 
symbolisch ausgedrückt haben. Vielleicht hat der Freigelassene 
ein Dankgebet an Šamaš, unter dessen Patronat er etwa ge- 





^ UKUR.SU. 
г MA.AN.SUM(). s PIN. 


* Siehe S. 104, Note*. 
* NI.NI. 


* RID. а МІН, 


106 П. Abhbaadlung: Schorr. 


stellt wurde, gerichtet, wie schon oben IV 422 (Nr. 1) уег- 
mutet wurde. Vgl. auch VIII 29* (= AS III 32) 7.6: ana 
il Šamaš ú-li-il-ši-na-ti ‚für Šamaš hat sie (die Adoptivmutter) 
sie freigelassen‘, d. h. indem sie die Freigelassene dem Šamaš- 
tempel geweiht hat. Der Freigelassene wird unter sakralen 
Schutz gestellt. 

Es ist höchst merkwürdig, daß sich dieselbe Form der 
Freilassung auch im altgriechischen Recht wiederfindet. 
‚Neben Freilassungsformen ohne religiösen Charakter begegnet 
im griechischen Recht eine sakrale Form, von der sich we- 
sentlich zwei Typen finden: die einfache Devotion an die Gott- 
heit mit der Formel: ó Beiva àviüwws chy 8005 то 0:0 oder Zi. 
Onze с ipe» evar," und der Verkauf des Sklaven an die Gott- 
heit um einen bestimmten Preis ... Der Zweck des Kaufes 
ist Freilassung des Sklaven, Stellung des Freigelassenen unter 
sakralen Schutz.*^ 

Diese Sitte hat sich in den griechischen Provinzen des 
römischen Imperiums bis in die späteste Zeit erhalten. ‚Nach 
einer in griechischen Landschaften weitverbreiteten Sitte geht 
die solennste Freilassung durch den fiktiven Verkauf zu 
Händen einer Gottheit ... Der Sklave geht als gottgeweihte, 
in Wahrheit aber unter dem Schutz des himmlischen Pa- 
trons in völliger Freiheit stehende Persönlichkeit von dannen.* 
Wird man nicht angesichts solcher Analogien in Rechtszere- 
monien dem Einfluß des babylonischen Rechtes auf das alt- 
griechische überhaupt nachgehen müssen ? 

Zum Zeichen EXT = id in $d-am-si vgl. II 45, 26 (Nr. 28): 
a-ah-hi-i-&a; VI 34», 30 (Nr. 18): a-&á-ga-al; VI 48», 6 (Nr. 11): 
за; VIII 18°, 7 (Nr. 27): 34, wobei noch die Varianten zu be- 
achten sind. 

Z. 16. Ist Bur-Nunu, von dem sonst nicht die Rede ist, 
vielleicht der Mann der Adoptivmutter? Er wird wohl zur 
Zeit der Adoption nicht mehr am Leben gewesen sein, die 
Kinder aber werden mit seinem Namen genannt. Sodann be- 


к Letztere Formel entspricht ganz dem ana "Samas ullil-&ináti. 

^" Hitzig: Die Bedeutung des altgriechischen Rechts für die vergleichende 
Rechtswissenschaft (Zeitschr. für vergl. Rechtswiss. XIX, S. 17). 

* Mitteis: Reichsrecht und Volksrecht, S. 374. 


Altbabylonirche Rechtsurkunden. 107 


zieht sich die Anfechtungsklausel auf die Brüder und Kinder 
der Adoptivmutter. 

Z. 28. Der Zeuge KAL.KAL-näsir ist wohl der Bruder 
der Aja-dámikat, der Adoptivmutter. 

Z. 37. Das Datum ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen. 
Vgl. King LIH III 239, Anm. 72; BA IV 371, Z. 32, wo Lindl 
hypothetisch das 23. Jahr Hammurabis ansetzt. 


Aus der Zeit des Samsu-iluna. 


Nr. 40. CT VI 40* (Bu. 91—938). I. Jahr. 


Sklavenmiete. 


1 Y "Samas-"bels- ii ? itti 1 Den Samai-bél.ili hat von 
A-ha-ta-ni aššat (?) “Šamaš | Abätäni, der Samaápriesterin, 
З márat '!Samas-ha-zi-ir TA der Tochter des Samas-häsir, 
si-ir-^Rammán ° тат Li-bi-it- | Äsir-Rammän, 5 der Sohn des 
"UR.RA ° ата зат 1*«-$á Libit-UR.RA für ein Jahr ge- 
1 igu-ur-šú | mietet. 

$ ki-is-ri бат  1*«"- zg Als Mietslohn für ein Jahr 
° зу, Sikil kaspim 1° iša- wird er drei Sekel Silber !?zah- 
kal !! it-ti ra-ma-ni-5ü-ma 19 il- len. Auf seine eigenen Kosten 
ta-ba-di-8i wird er^ sich bekleiden. 

13 varah Dáür^-"Hammán Am vierten Tage des Mo- 
йти Jam 14 j.ru-ub 15 татар | nates Dür-Rammán ist er ein- 


Ma-mi-tim  і-да (2) mar(?)-ma | getreten. Sobald der 15 Monat 
16 uz.gi. Mamitim zu Ende sein wird, 
wird er austreten. 
3 Zeugen. 





D рдп A-si-ru-um 19 mûr E-a-ra-bi ° pân * NIN.SAIH-a-bi 29 mûr E- 
ri-ha-am ?! рдп Varad-?Sín ** mår Sin-i-din-nam 


3 зайит Sa-am-su-i-lu- | 23 Im Jahre, [in welchem] 
na LUGAL. Samsu-iluna König [geworden 
ist]. 


Zur Übersetzung vgl. Meißner AbR 14. Zur Höhe des 
Mietslohnes vgl. Anm. zu VIII 42» (Nr. 19). 


* EN.LIL. b BAD. * Sc. der Sklave. 


108 


D. Abhandlung: 3Schorr. 


Z. 12. il-ta-ba-áš-ši. Daß das $ überhüngend* ist — 
nicht aber $ Suffix” — beweist VIII 15°, 12—13 (Nr. 45): 
itti a-gi-ri-SU-ma il-ta-ba-dš-ši. Daher ist iltabas passiv zu 
fassen, itti ramänisu bezieht sich dann auf den Sklaven ‚auf 
eigene Kosten‘. 


Nr. 41. CT VI 32® (Bu. 91—511). II. Jahr. 


ProzeB über ein Geschenk. 
! Nachdem gegen die Ri- 


1 Y Ri-ba-tum märat Sa- | 


[а-а 3 #4 Sa-la-a abusa* 3 à 
Mu-ul-lu-uk-tim? ummusa? * id- 


di-nu-5i 5Ї Sü-nu-ma-ilum ê à | 
Mär-ir-si-tim ° märü Êri-ib- 


Sin ° ir-gu-mu-Si-im-ma ° da- 
ianü ik-šú-du-ma 


10 1/,e@AN(?) eklim(?) hi(?)- 
bi (2)-iLti-id 11 ut-te-ir-ru-si 


12 T Sü-nu-ma-ilum 13 à 
Mär-ir-si-tim 14 märü E-ri-ib- 
Sin 15 ú-ul Ctu-rw-[ma] 19 ú- 
ul i-ra (!)-ga-m[u] 

17 під “Šamaš "Aja "Mfar- 
duk] 1% à Sa-am-su-i-lu- 


n[a] 


19 pán --- 
32 рдп "Sin-im-lik daianim 


batum, die Tochter des Sali 


‚ [wegen dessen], was Salä, ihr 


Vater und Mulluktim, ihre Mut- 
ter, ihr gegeben (geschenkt) 
hatten, 5 Sunu-ma-ilum und 
Mär-irsitim, die Söhne de: 
Êrib Sin geklagt hatten; sie 
zu den Richtern gekommen 
waren, 

! haben diese ein halbes 
GAN Feld, ihr gepfändetes 
Gut(?), ihr zurückgegeben. 

Indem Sunu-ma-ilum ‚und 
Mär-irsitim, die Söhne des Erib- 
Sin, [das Urteil] 19 nicht anfech- 
ten, werden sie nicht klagen. 

Bei Šamaš, Aja, M[arduk] 
und Samsu-iluna [haben sie 
geschworen]. 


3 Richter. 


10 pán Ap-pa-an-ilim daianim З pân "Sín-na-tum daianin 


* Ich vermute, daß wegen der Pausa (Satzende) der Akzent nicht — wie 
im Präsens üblich — auf der Paenultima, sondern auf der Ultima war, 
daher die Schürfung des letzten Radikals. Vgl. jetzt АС? 8 66°. 

b Es müßte dann als Schreibfehler angesehen werden für šú. 


* AD.TA.A.NI. 


4 DAMAL.A.NI. 


و +- 113 ° 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 109 


33 varah Addaru* йти 10*«" 23 Am 10. Addaru, im Jahre 
* Зайит DAMAL?(?). AR. | der Selbständigkeit des Lan- 
G1(?).KLEN.GI®, des Sumér. 


Inhalt: Die Gläubiger pfänden laut Z.10 bei der Schuld- 
nerin ein ihr von den Eltern geschenktes Feld. Die Richter 
annullieren die Pfändung. 

Z. 1—8. Die ersten Zeilen weichen vom Schema ab, in- 
dem die Angeklagte zuerst genannt wird. 

Z. 8. ragámu ist hier mit doppeltem Akkusativ konstruiert. 

Z. 10. Die Lesung, daher auch die Übersetzung unsicher. 

Z. 17—18. Die Formel ist hier prägnant, itmü ist hin- 
zuzudenken. Vgl. VIII 50*, 12—13. 

Z. 94. Zur Datierung vgl. King LIH 242, Anm. 16. 


Nr.42. CT VIII 24^ (Bu. 91—2444 A). II. Jahr. 


Prozeß über ein Haus. 


1 Áš-šum 3 ЗАВ bitim Ki- | ! In. Sachen. von 3 SAR 
di-im Haus in Kidum. 
: Y Niši-i-ni-šú márat A- Nachdem Nisi-initu, die 


bu-na-nu-um 3 ana E-ri-ié-ti- | Tochter des Abunanum gegen 
"Aja * márat "Sin-e-ri-i$ ir- | Eristi-Aja, die Tochter des 
gwum-ma 5 daiani íarrim | Sin-ériá geklagt hatte; 5 sie zu 
ik-sü-da-ma 9 daianü a-và-ti- | den Richtern des Königs ge- 


ina i-mu-ru-ma kommen waren; die Richter 
ihre Angelegenheiten geprüft 
hatten, 
7 še-ir-tam ] Ni-ši-i-ni-šú haben sie der Nîsi-înišu 
* imi-du eine Strafe auferlegt. 
° dul i-ta-ar-ma 19 T Ni- Indem sie [das Urteil] 


ši-i-ni-šú márat A-bu-na-nu-um | nicht anficht, 1° wird Nîši-înišu, 

"ana E-ri-iš-ti-" Aja 1? märat | die Tochter des Abunanum 

"Sín-e-ri-i$. 13 ú-ul i-ra-gu-um | gegen Eristi-Aja, die Tochter 
des Sin-êriš nicht klagen. 


* SE.KIN.KUD. » Vgl. Delitzsch AL IV, Bab. Zeichenliste Nr. 152. 


110 U. Abhandinng: Schorr. 


м nis “Šamaš "Aja "Мат- Bei Šamaš, Aja, Marduk 
duk ?* à Sa-am-su-i-lu-na | !* und dem König Samsu-iluna 
$arrim 1% itmá haben sie geschworen. 

1 Zeugen. 


U рдп Ibik-ii-gü akil tamkarim 19 pân "Sin-ié-me-a-ni 19 daian Ва 
3 pán Sin-na-tum daianim * pin Ilu-&á-ba-ni таг Ibik-" Hammán 7 ріп 
Nu-ár-a-li-Kà D mâr E-ri-ba-am ** Ha-pa-ai-gili*-É-a ?5 akil айа! (?) й Хата 
MES 95 pân A-vi-il " Rammän dupsarrim 


?! varah Addaru* йти 11а" 2? Am 11. Addaru, im Jahre 
38 jattum DAMAL.AR.GI КТ. дег Selbständigkeit von Sumér 
EN.GI"» URDU. | und Akkad. 


Die Urkunde ist von Meißner AbR 7 übersetzt. Das 
Prozeßmotiv ist nicht näher angegeben. 

Z. 5. daiani $arrim. Aus dieser Bezeichnung könnte 
man schließen, daß die Richter vom König eingesetzte Beamte 
waren. Weniger wahrscheinlich dünkt mir, daß es hier etwa 
königliche Kommissäre sind, die besonders delegiert wurden. 
Es ist ein einfacher Zivilprozeß in privater Sache, auch kein 
Appellationsprozeß, weshalb hätten also besondere Richter de- 
legiert werden sollen? Jedenfalls scheint die Gerichtsbarkeit 
in den Händen der Priester gelegen zu haben. Vgl. ВАР 5. 

Z. 6. Die КА avâtam amäru ‚еше Sache untersuchen‘ 
ist aus dem C. H. bekannt ($ 9 27-29), 

Z. 28. Zur Datierung vgl. die vorangehende Urkunde. 


Мг. 43. CT VI 33° (Bu. 91—565). УП. Jahr. 


Adoption. 


! Арій" E-li-e-ri-za аёёаі(?) ! Adoptionsakt der Éli-ériza. 
‘Šamaš märat *!Samas-ilum (?) | der Samaäpriesterin, der Toch- 
? Y Be-li-su-nu assat(?) “Šamaš | ter des Samai-ilum. Bélisunu, 
märat Na-ka-rum 3 ri-di-it và- | die Samaiüpriesterin, die Toch- 
ar-ka-ti-3d | ter des Nakarum, ist die Erbin 
| ihrer Hinterlassenschaft. 





a MI, ` ь SE.KIN.KUD. * TUR.US. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


21 GAN ekil nid[ütim](?)* 
ina kisad (ik nam-ka-rum 
° 14а ekil Is-su-ri-a 9 1 SAR 
bitim i-na Hal-hal-la** ? ita bit 
Na-ka-rum % !|, SAR 4 GIN(!) 
ina (Та-ді-іті! 9 T 846amtwm 
ма - la - be - el - tim - idinnam* (?) 
"10 siklum ah kaspi-sd 


11 mi-im-ma an-ni-im và- 
ar-[ka-za] 1% фаи šá ima i- 
ja-ri-im 13 {84и bi-e a-di hu- 
мізіт 34 54 E-li-e-ri-za aššat (?) 
Šamaš 15 márat *Samas-ilum 
të 1-50-01 й 1-га-@$-81-й И а-па 
De-li-su-nu assat (?) i! Šamaš 
8 тата! Na-ka-rum !? id-di-in 


2 ina зат [т 3 SE. 
SUR 21 10 manê sSipátum* 
(2 KA piösatum! ?? ] Be-li- 
m-nu assat "Šamaš márat Na- 
са-тит 23 a-nfa E-Jli-e-ri-za 
nárat '"':Samas-ilum ?* ummi- 
'$a* i-na-ad-di- jin 

25 n fig "Šamaš "Аја " ] Mar- 
luk à Sa-am-su-i-lu-[na] 
* itm[ü].^ 


| 


111 


Ein Drittel GAN Ódland 
an der Seite des Trünkgra- 
bens(?), 5 neben dem Felde 
des Issuria; 1 SAR Haus in 
Halballa, neben dem Hause 
des Nakarum, !/, SAR 4 GIN 
in Gagum, eine Sklavin Sala- 
beltim-idinnam (2), 19 10 Sekel, 
einen Teil(?) ihres Silbers, 

alles dieses, ihren Nachlaß, 
mit Ausnahme dessen, was 
innerhalb der Wünde [vorhan- 
den ist], vom Munde bis zum 
Golde, was Éli-ériza, die Sa- 
maßpriesterin, !° die Tochter 
des Šamaš-ilum besitzt und er- 
werben wird, hat sie der Bé- 
lisunu, der Samaipriesterin, der 
Tochter des Nakarum, ge- 
schenkt. 

2° Jährlich 3 GUR Getreide, 
10 Minen Wolle, 12 KA Salböl 
wird Bélisunu, die Samaiprie- 
sterin, die Tochter des Naka- 
rum, der Éli-ériza, der Tochter 
des Samaiilum, [ihrer] Mutter 
Ше егп. 

Веі [Samas, Aja] Marduk 
und Samsu-iluna haben sie ge- 
schworen. 

10 Zeugen (2 Frauen). 


27 pân 1 - - - йапуй "Šamaš * рап Is (?) --- jangü "Šamaš 29 pân 
'"Marduk-la-ma-za-sá (?) akil assat(?) "Samas MES 39 pân 9 Ur-rum-gilli* Sangü 





* KLK[AL](?). ь ТІК (?). 


є MA(?).AN (?).[SUMJ. 


4 zu der Kopie ist wohl Irrtum des Schreibers. 


* SÍG.BA. * NLBA. 


- 


^ /IN.PA.]NE.MES, i MLL. 


DAMAL.[A.NIJ. Zur Lesung vgl. S. 109, Anm.*. 


112 II. Abhandlung: Schorr. 


akil adsat(?) “Šamaš ("Samas)* 9 pân "Samas-ha-sir pân " Rammán-idinnam* 
33 pán lli-?-"Samais #4 báb(!)* kallätid ® pân Be-li-su-nu märat Ja-am (?)- 
zi(?)-? М pán Il-ta-ni märat Ra-bu-ut 29 pân U-gur-vä-lad-Iu dupsarrim 


36 varah Dízu* йти 31 šat- 36 Im Monat Düzu, am 
tum KI.LUGAL. GUB. HAR. | ... Tage, im Jahre, in welchem 
SAG. ID. ÁS.BI (?). ... der Kónig ... Berg und 


Fluß gleicherweise [Fülle und 
Überfluß gebracht hat]. 


Inhalt: Eine Priesterin adoptiert die andere, setzt sie 
zur Erbin ein unter der Bedingung der Leistung einer jähr- 
lichen Naturalrente. 

Zur Übersetzung vgl. Meißner AbR 28. 

7. 1—8. Rubrum. Vgl. das Schema oben S. 58, Anm. 
zu VIII 25°? (Nr. 18). 

Z. 4. Das Zeichen — das wie am aussieht — ist 
hier wohl TIK = kiéádu, ahu ‚Ufer, Seite‘. — na-am-ka-rum 
‚Bewässerungsanlage, Tränke‘ von makäru (HWB? 408*). Vgl. 
Daiches ZA XVII 91, wo auch die Parallelstellen angeführt 
werden. 

7.10. ah kaspi-iá. Diese Verbindung kommt in den 
Kontrakten sehr oft vor. Die Bedeutung kann nur ‚Teil‘ sein. 
Instruktiv ist eine Stelle in einem neubabylonischen Vertrag, 
Str. Nbd. 299: ahi kaspi ina misil Зайд u ri-ih-ti kaspi ina 
kit $atti inaddin. Vgl. BA I 510, WZKM IV 123, wo noch 
mehrere Beispiele genannt sind. 

Z. 12. Wie Umschrift und Übersetzung zeigt, muß statt 
des ersten Zeichens ги vielmehr фа gelesen werden, denn nur 
dann gibt die Zeile einen Sinn: Alles vorher Erwähnte gehört 
der Adoptivtochter mit Ausnahme [der Mobilien] innerhalb der 
Wände. — igaru ‚Wände‘ kollektiv. Vgl. Delitzsch AL IV s. v. 

Z. 30. "Ur.rum-silli. Dieser Name ist bei Ranke ВРХ 
nicht registriert. 

Z. 32. ša bäb kalláti. Berufsname ,Torwüchter am Jung- 
frauenhaus, im Tempel‘. Vgl. ТУ 26, 10: Gi-mil-lum тат“ ja 


* Dittographie des Schreibers. b MA.AN.SUM. ° КА (І). 
a E.G1.A. e SU.KUL.A. f máru ‚Mitglied der Beamtengruppe‘. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 113 


bäb (KA) kalläte (E.G1.A). Dieses ‚Brautgemach‘ E.G1.A, wo 
jungfräuliche Priesterinnen weilen, wird auch im C. H. $ 1106-38 
erwähnt. Vgl. auch Winckler, Ges. Ham. 30, Anm. 1. 

Z. 34. Zur Datierung vgl. ВА IV 378, Z. 5—11. 


Nr. 44. CT II 13 (Bu. 88—225). XVI. Jahr. 


Hausloskauf (Retrakt). 


175" САМ (?) eklim ina | '1/, САМ Feld in der 
hi-ut-pa-lu 2 i-ta ekil "Aja-ku- | Niederung, neben dem Felde 
zu-ub-ma-tim (?) 3 märat Nu- | der Aja-kuzub-mätim, der Toch- 
úr-ilí-šú * ù ita ekil A-ma-at- | ter des Nüriliéuü und neben 
lim 5 татай "Sín-pu-ut-ra-am | dem Felde der Amat-ilim, ° der 
ë Ad dti Amat-/Samas тата! | Tochter дев Sin-putram, wel- 
"Sin-Se-me-e 1 ] Be-el-ta-ni та- | ches von Amat-Samas, der 
rat Nu-rum ® i-iá-mu ‚ Tochter des Sin-36mi Béltani, 

| die Tochter des Nürum ge- 
kauft hatte, 

° itti Eri-ib-"Sin тат Sin- hat von Érib-Sin, dem 
44 (?)-sd-am (?) 1° | Ilu-ha- | Sohne des Sin-ikisam (?), 19 Ilum- 
bil (?) Y #Sén-ma-gir (?) 11 mûrê | bábil(?), Sin-mágir, den Söhnen 
Тат-#4-Һи-ыт 1 T Na-ra-am- | des Tamásbum,  Narám-ili&u, 
ili 13 Y 4Samas-ba-ni mûrê | Sama&-báni, den Söhnen des 
" Nannar (?)-i[dinnam]" М à | Nannar-i[dinnam] und von Aja- 
7 Aja- ri (2) -im-ti (2)-1(?)-la(?)- | rimti(?) ..., 19 der Tochter 
ba(?) 15 märat '"Sín-na-sir | дев Sin-násir, Sakkum, der 
9 Ї Sa*-ak-kum mûr Nu-rum | Sohn des Nárum [um den 
Hor, manê kaspim i5-ku-ul- | Preis] von SL Minen Silber, 
Sunu-fi-imma (Я(?)-ти(?)- | nachdem er ihnen bezahlt 
oui 18 её bit a-bi-šú ip- | hatte, das Feld seines Vater- 








tu-ur hauses losgekauft. 
19 апа тата avélum ana Niemals wird einer gegen 
avélim ul iragam* | den anderen klagen. 
lt و‎ ь MA.AN./[SUM]. 


* Die Kopie bietet me. Unsere Lesung stützt sich auf Ranke. 

4 Das unsichere Wort scheint eine Glosse zu sein. Wenn es Йти zu lesen 
ist, dann wird es an den Anfang der Zeile zu stellen sein. 

* UKUR.SÜ. MULU.MULU.RA.INIM.NU.UM.MAL.MAL.A (?). 
Sitzungsber. d. phil,-hist. Kl. 155. Bd. 2. Abh. 8 


114 II. Abhandlung: Schorr. 


20 nis йЗатаї "Аја “Mar- | 20 Bei Šamaš, Aja, Marduk 
duk ?! à Sa-am-su-i-lu-na | und Samsu-iluna, dem König, 
Sarrim it-mu-ü | haben sie geschworen. 

| 6 Zeugen. 


її pân I-bi-"NIN.SAH ® pân Idin NIN.ŠAH mûrê Nu-úr-a-li-ki 
% pán Ibik-An-nu-ni-tum mûr I-din-" UR.RA 29 рдп *Sín-e-ri-ba-am mûr Na- 
га-ат-ій-ій ** pân Silli*(?)-VSamak mûr "Samas-be-la-ni *' pân Ibik(?)-il-tum 
dupa&rrim 
25 Am 27. Tébitu, im Jahre, 
in welchem die Mauer des 
Gottes Dadi in Sippar fertig- 
gestellt° wurde. 


38 varah T ébitum" йти 
27 ќат 29 šattum BAD AYDa- 


| 
| 
di(?) Sippark * AUL(?)E. | 
| 


Diese Urkunde ist sehr interessant als Beispiel für das 
sogenannte ,Zugrecht (Retraktrecht)', d. h. das Recht des Ver- 
käufers oder seiner Verwandten,? das verkaufte Gut vom Käufer 
gegen Zahlung des Kaufpreises wieder an sich zu bringen.* 

Charakteristisch ist die juristische Bezeichnung in der 
Urkunde selbst als ‚Loskauf‘ (Z. 18), ähnlich wie in der Bibel 
"ою, Lev. XXV, 25—26. Merkwürdigerweise ist vom Los- 
kaufsrecht verkaufter Güter im С. H. nicht die Rede, auch 
nicht — wie Kohler a. a. O. meint — im $ 39, wo letzterer 
eine Ándeutung dafür zu finden glaubt. — Einen ähnlichen 
Loskaufsvertrag bietet Meißner ВАР Nr. 47 (== АЪК 7). Dort 
heißt es Z. 22: bit abisunu! ipturu, ganz wie in unserer 
Urkunde Z. 18. 

Z. 9—15. Die hier genannten Personen haben seinerzeit 
das Feld von Béltani, der Tochter des Nürum, gekauft. Jetzt 
kauft es von ihnen Sakkum, Sohn des Nürum, als Familien- 
gut zurück. In welchem Verwandtschaftsverhültnis stehen nun 
Béltani und Sakkum zu einander? Auf den ersten Anschein 
sind sie Geschwister, beide Kinder des Nürum. Allein dann 


a М1@?)!@®, v AB.E. e UL = šuklulu. 

* Hier ist es der Bruder des Verküufers. 

° Vgl. darüber Kohlers Bemerkungen in Kohler-Peiser: Hammurabis 
Gesetz S. 110. f AD.DA.NI. 

e IN.GABMES. — GAB = patáru (НУВ! 522). Meißners Lesung mahäru 
(BAP 132 oben) ist unrichtig. 


115 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


bleibt es unerklärlich, daß ein von einer Schwester gekauftes 
(Z. 8) Feld als ekil bit abisu ‚Feld des Vaterhauses‘ bezeichnet 
wird, für welches das Retraktrecht zusteht. Ich folge daher 
der Vermutung Prof. Müllers, daß die beiden weitere Fa- 
milienangehörige sind. Am bequemsten wäre es anzunehmen, 
daß Sakkum ein Enkel der Béltani gewesen ist. Mär Nürum 


müßte man dann allgemein fassen ‚Nachkomme‘. 


Einen ähn- 


lichen Fall vgl. Ranke ВРХ, S. 4. 
7. 29. Zur Datierung vgl. King LIH III 245, Anm. 81. 


Nr. 45. CT VIII 15° (Bu. 91—1016). 


XIX. Jahr. 


Sklavenmiete. 


1 1 vardum Ili-ri-me-an-ni 
! itti E-ri-iš-ti- Šamaš aššat (?) 
Šamaš З märat "Sín-be-el. 
aplim * T A-vi-il-" Каттап (?) 
° таг Si-li-lum ° ana Sattim 
Пат i.9u-ur-$ü 

7 5-4: Sattim Ikam 8 5 dal 
kaspim ° isakal 19 ri-ii-ti ki- 
ieri 1 2 BE kaspim ma-ah- 
ra-at 13 itti a-qi-ri-5ü-ma 13 il- 
ta-ba-áš-ši 


M varah E-lu-li бт 16ка" 
i-ru(?)-ub 
15 pân “Šamaš "Aja 





1 Einen Sklaven Ili-rîme- 
anni hat von Erištî-Šamaš, der 
Samaöpriesterin, der Tochter 
des Sin-bél.aplim, Avel-Ram- 
män, ° der Sohn des Sililum 
für ein Jahr gemietet. 

Als Mietslohn für ein Jahr 
wird er fünf Sekel Silber zah- 
len. 1° Als Anzahlung des 
Mietsbetrages hat sie zwei Se- 
kel Silber empfangen. Von 
seinem Mieter ausschließlich 
wird er bekleidet werden. 

Am 16. Elálu ist er ein- 
getreten. 

15 Vor Šamaš, Aja (den 
Göttern). 

3 Zeugen (1 Frau). 


16 рёв Ta-ri-ba-tum И pän Nu(?)-ür(?) “Marduk 19 pân La-hu-tum (?) 


1I аит Sa-am-su-i-lu- 


па 20 61501 ZA, GUSKIN.TA. 


2. 1. 


20 [m Jahre des goldenen 
Thrones des Samsu-iluna. 


i-di. Vgl. auch ВАР Nr. 60, 11: i-na i-di-šú i-te- 


6-8 er wird seines Dienstlohnes verlustig gehen‘. Im C. Н. 


8* 


116 


U. Abhandlung: Schorr. 


kommt öfter ID — idu ‚Lohn‘ vor; vgl. ГУ» 29; XIX 27; ХХ 
87, 89 п.б. In den Verträgen wird sonst kişru gebraucht. In 
den neubabylonischen Urkunden in der Regel idu. 


Z. 13. 


Das та betont die Verpflichtung des Mieters. 


Z. 13. ilta-ba-ás-M. Vgl. Anm. zu VI 40°, 12 (Nr. 40). 
Z. 15. Die Notierung der Götter (Šamaš, Aja) als Zeugen 
kommt nicht selten vor. Vgl. Sipp. 234, 9*; VI 35*, 10 (Nr. 19); 


ҮШ 49°, 15 (Nr. 83). 


Z. 20. Zur Datierung vgl. King LIH ПІ 245, Anm. 89. 


Мг. 46. CT IV 11* (Bu. 88—183). 


XXVIII. Jahr. 


Schenkung. 


1 Ina li-ib-bu 6 té-bi-a-tim 
2 $4 (?) !Sín-ba-ni à mûrê иба- 
maš-tappů-[šú]* * 2 té-bi-a-tum 
34 '"i"Sín-ba-ni таг U.sur-a-và- 
at Sama * 2 84 Ib-ga-tum 
5й 2 Ad Si-na-tum mûrê *!Sa- 
maé-tappá-$ü $ šá Ni-id-na- 
at-"!Sin mûr Маг-ч Ba-ia* 
1 ap-lu-us-surnu il-kw-á ® iš- 
tät tE-bi-tum 34 "Şín-ba-ni тат 


U-sur-a-va-at-"[Samas 9 itát | 


te-bi-tum $4 Ib-ga-tum 19 à iš- 
tät té-bi-tum 54 Si-na-tum mûrê 
'ISamas-tappá-iá 


п kaspum gi-mi-ir З té-bi- 
a-tim an-ni-a-ti-ifn] 19 3d i-na 
рё dup-pa-at ap-lu-ti-šú 13 šá- 
at-ru 

М ina tu-ba-ti-šú 15 й mi- 
it-gu-ur-ti-šú (І) 16 Y 9 Samai- 


* — Friedrich AUS Nr. 50. 


® Die Kopie bietet irrtümlich: tum, cf. Z. 5. 





! Von den sechs Siegel. 
ringen, Eigentum des Sin-báni 
und der Söhne des Samai-tap- 
раёа, [und zwar] zwei Siegel 
ringe des Sin-báni, des Sohnes 
des Usur-avát-Samaà, zwei des 
Ibgatum, 5 und zwei des Si- 
natum, der Söhne des Šamaš 
tappüsu, welche Nidnat-Sin, der 
Sohn des Mär-Baia für ihre 
Adoption genommen hatte, einen 
Ring des Sin-báni, des Sohnes 
des Usur-avát- Šamaš, einen 
Ring des Ibgatum 19 und einen 
Ring des Sinatum, der Söhne 
des Samai-tappü&u, 

Silber insgesamt drei diese 
Ringe, welche gemäß seinen‘ 
Adoptierungsurkunden ver 
schrieben waren, 

haben, nachdem [diesel 
ben] gut- 19 und freiwillig an 


* Sc. des Nidnat-Sin. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


ПАЙ 1" -- зат (?)ili 19 -- ni- | 
"Samas-na-di 19 à 'Samai-be- | 
el-ili 20 mûrê  Már-"[Ba]J- | 
ah 21 ] Ni-id-na-at-Sin a-ha- 
йї-пъ 23 i-pu-lu-ma 23 З té-bi- 
atum ki-iš-da-ti-šú-nu 34 il. 
ku-ú 

35 дпа matéma avélum ana 
avelim ul iragam.® | 

16 nîs dl Samas] “Aja "Мат- 
duk ?' à Sa-[am]-su-i-lu-na 
farrim 28 itmü. 


117 


Sama&ililé, - - &arilé, - - Ša- 
maá-nádi und Samai-bél.ilé, 
2° die Söhne des Mär Bas, 
Nidnat-Sin ihr Bruder abgetre- 
ten hatte, die drei Ringe, ihr 
[erworbenes] Besitztum sie ge- 
nommen. 

39 Niemals wird einer gegen 
den anderen klagen. 

Bei Šamaš, Aja, Marduk 
und Samsu-iluna, dem König, 
schwuren sie. 

5 Zeugen. 


” pân Nu-ür-"Girrub pûfiš ареї °° рап Warad-bit-a-bi-dd pásiá apsi* 
й ріп Ябатад-па-и" тат UH*-abu*-£á (9) ® рап Ni-id-nu-šá таг " Marduk- 
a(?)-H-in (?) 29 рдп Warad-"Bu-ni-ni mûr "Samai-ilum 


М varah Elülu* йти 10*« 
$ [Sattum | Sa-am-su-i-lu-na] 


* Im Monat Elülu, am 
10. Tage, im Jahre des Bêl- 


LUGAL [4.]4@.GÄ ANEN.LÍL. | orakels. 


LAL.TA. 


Inhalt: 


Nidnat-Sin adoptiert drei Personen, von denen 


er als Adoptionsgebühr (Entschädigung) sechs Siegelringe, von 


jedem zwei, empfangen hat. 


Drei dieser Ringe nun schenkt 


er gutwillig seinen vier Brüdern. 


Z. 1. 


te-bi-a-tim. Meißner AS III 68, Anm. 1 stellt mit 


Recht tebitum == hebr. гуру ‚Siegelring‘, eine Form in der das 


Geld damals in Babylon kursiert haben soll. 


Bemerkenswert 


ist die graphische Andeutung des в, während in der Regel 
bekanntlich in dieser Zeit n von v graphisch nicht unter- 
schieden wird. 

Z. 1. ap-lu-us-sunu. Man kann appositionell ‚als ihre 
Adoptionsgebühr‘ oder kausativ ‚für ihre Adoption‘ übersetzen. 
— il-ku-ét. Relatives u, abhängig von ša (Z. б). 


* UKUR.SÜ. MULU.MULU.RA. INIM.NU. MAL.MAL.A. 
ь BIL.GI. e UH.ME. ZU.AB. а AD. e КІАХІНаг. 
f Vgl. z. В. 2. 14: фи-ба-іі-ій. 


118 П. Abhandlung: Schorr. 


Z. 21. a-ha-sü-nu (Nom) wie ит-та-ёи, libba-5u usw. 

Z. 22. ipwlu-ma. — apälu mit Akkusativ der Person 
bedeutet hier ‚übertragen, abtreten. Ebenso С. Н. Kol. ХУ", 
16—17: #4-пі-а-ат ú-ul ü-up-pa-al. 

7. 23. ki-is-da-te-áá-nu. Pl. von kisittu ‚Besitz‘. Vgl. П 
45, 3 (Nr. 28): ki-is-da-at, wo aber vermutlich stat. constr. 
sing. vorliegt. 

7. 29. Vgl. über die Priesterklasse päsis арзё ВАР 154. 

Z. 35. Zur Datierung vgl. King LIH III 246. 


Nr. 47. CT VI 31^ (Bu. 91—2485). 


Erbteilung. 


13|, SAR bitum epšum ? ita ! Zwei Drittel SAR ge 
bit " Zak-kut-mu-ba-li-it 3 à ita | bautes Haus, neben dem Hause 
bit USamas-tappäm-ve-di *[püh] | des Zakkut-muballit und neben 
1 amtim Za-ar-ri-kum 5 1(?) | dem Hause des Samai-tappàm- 


alpum* а-па zizim® (Ф) ki-ma | vedi — [statt] der Sklavin 
6 Į Пға-[ ve]°-lim-ra-bi 1 54am- | Zarrikum 5 1(?) Rind als An, 
tam il-ki teil(?), gemäß dem, daß Ili 


a[vé]im.rabi die Sklavin ge 
nommen hat — 
8 zitti USamas-sü-zi-ba-an-ni ist der Anteil des Šamaš- 
э à «Samas-ta-tum 1° mûrê Zu- | &uzibanni und des Samai-tatum, 
za-nu-um 11 šá itti llta-ve- | 19 der Kinder des Zuzanum, 





lim-ra-bi 1% i-zu-zu welchen* sie mit Ili-av&lim-rabi 
geteilt haben. 

zizu ga-am-ru 13 li-ib-ba- Die Teilung ist perfekt, 
šú-nu {4049 | ihr Herz befriedigt. 

м nis "Samas "Aja "Mar- | Bei Šamaš, Aja, Marduk 
duk !* à Sa-am-su-i-lu-na | !5 und Samsu-iluna, dem Kö- 
#аттїт 16 itmü | nig, haben sie geschworen. 

| 10 Zeugen. 


U pán "Samas-ilu-asariduf mûr Pi-ti-tum 18 pân "Samas-tappám s-ve-di 
тік Ki-is-tum 19 ріп "Sín-i-din-nam mûr I-na-kát-"Sama4 39 рап Ta-ri-ib-ir- 








a GUD®ON, b BA(?). * Vom Schreiber ausgelassen. Vgl. Z. 11. 
а DUG, * Sc. Anteil. f SAK. s TAB.BA. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 119 


sitim Я mûr Ni-id-nu-iá 29 рдп Ilu-idinnam* mûr Sin-be-el-ap-lim ® pán Ibik- 
i-um mûr "Zak-kut-mu-ba-li-it ** pân 8-и атай mûr Varad-ilí-u 25 pân 
Sü-mi-ki рап Da-mi-ik-"Marduk 386 mûr Ilu-ga-mil 27 рап d Rammán-idinnam* 
З mûr A-na-tum 


?? yarah Kislimu* ... 29..." 29 Im Monat Kislimu ... 


Z. 4—1. Wenn am Anfang von Z. 4 [püh] ‚anstatt‘ er- 
gánzt wird, geben die Zeilen einen guten Sinn. Sie bilden 
dann einen eingeschalteten Satz. Vgl. Anm. zu VIII 28° (Nr. 6). 


Nr.48. CT VIII 6* (Bu. 88—42). 


Sklaventausch. 


1 1 ЗА8адтіцт An-nu-ni- ! Eine Sklavin, namens 
[tum] ? šumša 3 5d(!) Ba-za-tum , Annunitum, [Eigentum] der 
aššat(?) "Marduk * márat Már- | Bazatum, der Mardukpriesterin, 
[йат 5 а-па pu-ha-ti [5]а | der Tochter des Mär-lätar * hat 
5 1 34батит  Ma-[?] ° šum- | im Tausche für eine Sklavin 
[ға] ** ---[id] ° bit "[Sín]. | namens Ма[аппаёа?] [aus] dem 
a-bu-šú ° таг [Sar-ru-uJm- Hause des [Sin-Jabusu, des 
“Каттап 19 Y “[Sin-a-bu]-sü | Sohnes des [Sarru]m-Rammán 
п mâr  Sar-rum-'Rammán | 19 (Sin-abu]éu, der Sohn des 
! З46дтіат ki-ma “4famtim | Sarrum-Rammän, nachdem er 
5 апа Ba-za-tum aššat "Мат- | Sklavin für Sklavin der Mar- 
duk  márat Mär-Istar 15 ina | dukpriesterin Bazatum, der 
mi-it-gu-ur-ti-Sü-nu 1% im-ta-ag- | Tochter des Маг-Їмаг, 15 nach 
ruüma 17 id-di-in-ma am- | gegenseitigem Übereinkommen 





tam ü-bi-ih ‚ übergeben hatte, (die Sklavin) 
| vertauscht. 
18 pu-uh-hu ú-šú-ur- - 19 li- Der Tausch ist rechtlich 


ba-? li-ib-ba-[am] [utib ?]* | vollzogen (2). Ein Herz hat das 
andere [befriedigt 2). 

? [Ana] matêma! [a]-hw | ?? Niemals wird einer gegen 
ana a-[hi-im] ° ü-ul [i]-ra- | den anderen klagen. 
gu-u[m] 





` MAAN.SUM(). | ^ МІ — * MAANSUM. | 4 КАМ.КАМ.В.А. 
* Am Ende der Zeile stand vielleicht AT = ці". t UKUR.[SU]. 


120 If. Abhandlung: Schorr. 


22 nis "Samas “Marduk Bei Šamaš, Marduk, Sam. 

Sa-am-su-[i-lu-na] ** it-mu-& | su-iluna haben sie geschworen. 
| 10 Zeugen. 

4 --- 35 pân Sar-rum-"Rammän mûr #- - - 36 рап Ibik-An-nu-ni-tu[m] 


27 ріп Sin-be-el-ta- - - 29 ріп Ilu-pi-"Samas- - - °° pân Sin-e-ri-ba-a/m] 2 рїп 
"Samas-kätam-isbat* 31 pân Na-bi-'A-gur (?) ® pân Gimilili-já mûrê Mär- 
Istar ® рдп Im-gur-Sin dupéarrim 


93 vara] Sabätub йти Item | 34 Am I. Sabätu, im Jahre, 
35 jattum TA(?).AH(?).NA(?).A. | in welchem ... 


Zur Übersetzung vgl. Meißner AbR 11. 

7. 5. pu-ha-ti. Plural von páhtu, das BAP Nr. 47, 1, 12 
in demselben Sinne vorkommt. 

Z. 15—16, Der Satz ist als Parenthese zu fassen. Vgl. 
Anm. zu Nr. 47. Gerade das ma ermöglicht es in der ganzen 
Urkunde eine streng wörtliche, dabei aber klare Übersetzung 
zu bieten. Vgl. dagegen AbR, l. c. 

Z. 18. u-šú-ur = ussur II! Perm. von er. Doch ist 
wegen der folgenden Lücke Lesung und Deutung unsicher. 

Z. 19. Die Lesung ist zweifelhaft. 

Z. 30. Samas-kätam-isbat(?). So möchte ich das Ideo 
gramm SU MU.UN. DIB*(?) lesen; vgl. Br. 10694. Die RÀ 
kátam şabátu ‚unterstützen‘ ist ja bekannt. Auch in neubaby- 
lonischer Zeit kommt z. B. Nabü-kätam-sa-bat als Npr. vor. 
Vgl. Tallquist: Neubabylonisches Namenbuch (1906), Glossar 
8. у. sabätu. 

Z. 35. Das Jahr kann in der Datenliste nicht identifiziert 
werden. Vgl. BA IV 380, Z. 32—33, 37. 


Nr. 49. CT VIII 322 (Bu. 91--2503). 
Hauskauf. 


! Bitum ma-la ba-zu-& ? i- | ! Ein Haus, soviel vorhan- 
na Ga-gi-im 3 ita bit Ата“ | den ist, in Gagum, neben dem 
"Aja márat A-pililésá 4 à | Hause der Avät-Aja, der Tech, 





` SU. MU.UN.DIB (?). b 45,4. с Banke ВРХ s. у. 14$* liest 
die Zeichen phonetisch, ohne sie aber erklären zu können. a КА 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


-ht La-ma-za-ni 5 тата 
— ^-nu-um ê püzu* sükum® 
ovkát*-zu bit Avát-"Aja-ma 


itti Be-el-ta-ni aššat (?) 
maš ° märat Zi-ia-tum 
Avát-" Aja assat (?) "ата 
wirat A-pil-ili-su 1 i-na 
-aspi-&á 13 IN.SI.IN.SÁM. 


ч SÁM.TIL.LA.BI.SÜ. 15 4 
1 kaspim IN.NA.AN.LAL. 
"U.BLAL-TIL. 

" UKUR.SÜ. MULU.MULU. 
' 18 INIM.NU.UM. MAL. 
LA 


19 піў “Samašs "Aja "Mar- | 
х 20 à Sa-am-su-i-lu-na 


rim it-mu-ü 


121 


ter des Apilili-&à und neben 
dem Hause der Lamazáni, 5 der 
Tochter des Belänum — seine 
Front grenzt an die Straße, 
seine Rückseite ebenfalls an 
das Haus der Avät-Aja — 

hat von der Samaiprieste- 
rin Böltäni, der Tochter des 
Zijatum, 19 die Samaipriesterin 
Avät-Aja, die Tochter des Apil- 
ili$u, für einen Teil ihres Gel- 
des gekauft. 

Als seinen vollen Preis hat 
sie 15 4 Sekel Silber bezahlt. 
Ihr Vertrag ist fertig. 

Niemals wird eine gegen 


| die andere klagen. 
| 


Bei Samas, Aja, Marduk 
2° und Samsu-iluna, dem Kö- 
nig haben sie geschworen. 

5 Zeugen. 


?! рап  Pa-li-e-Samas mûr "Samas-na-ap-se-ra (?) 29 pân A-vi-il-* Ram- 
| dup[sar]* aššat (?) “Šamaš ® pân "Sín-be-el-ap-lim mûr Pi-iá-Sin 2% ріп 
la-nu-um mûr Si-li-i 25 рдп  U-sgur-và-dam dupdarrim 


*5 rarhum mahrum За Ad. 


тів 27 jattum ВАШ. TA(?). 


Я.МА.А. 


ba-zu-ü. 


7. 1. 


26 Im Schaltmonat Addaru, 


| im Jahre der Mauer von ... 


Perm. I! mit relativem w nach mala. 


ie Schreibung ba-zu-ü findet sich neben ba-šú-u öfter. Es 


ag eine dialektische Eigentümlichkeit sein. 
Z. 7. Avät-"Aja-ma. Das ma betont hier die Nachbar- 





с EGIR. 


mit dem Hause der Käuferin selbst. 
‚ 21. Vgl. Anm. zur vorangehenden Urkunde Z. 35. 


а DUB.[SAR]. 





122 


1, Abhandlung: Schorr. 


Aus der Zeit des Abi-ESuh. 


Nr. 50. CT VI 24^ (Bu. 91—401). 


Feldmiete. 


1 15% САМ eklim ugaru | 1 Ein Halbes GAN Feld, 
tibu ? itti Amat-"Samas aš- | gutes Gefilde, hat von der 
за! (?) Šamaš 3 märat Ib-ni- | Samaá&priesterin, Amat-Samai, 
ОВ.ВА «| "Marduk-mu-sd-lim | der Tochter des Ibni- ÜR.RA, 
5 akil gallabé* $ eklam а-па | Marduk-musalim, 5 der Schrei- 
ir-ri-šú-tim ° ana biltim ú- | ber der Haarscherer, als Feld 


#е-81 zur Bebauung gegen Ertrags- 
| abgabe gemietet. 
$ та йт ebürim ° ата | Am Tage der Ernte wird 


bi Su-ul-bi-sü 19 eklam 15-$а- 
ad-da-ad(?)- ma (?) " "/ GAN. 
Е 100 [KA] seim 13 GIS.BAR | 


er, nachdem er das unbebaute 
Feldstück geeggt, von !/,, GAN, 


| 100 [KA] Getreide, Maß des 


Šamaš, geaichtes(?) Maß, im 
Tore von Malkà abmessen. 


йбатаї me-se-ga-am 13 ina 


báb* Mal-gi-a imaddad 


14 pán USamas 15 рап її 


2 Zeugen, darunter 1 Frau 


als Sekretär. 
Aja 18 ріп Ib-ni-"Rammän И mër Za-ni-ik-pi- 


"Samas 18 рап Amat-"Ma-mu SAldupsarrim 


19 varah  Мізаппи" йти 
151ат 20 занит A-bi-e-Sü-uh 
LUGAL.E. АГАМ (?).А. 608. 


KIN.TA(?). KUBABBAR.RA. | bernes Bildnis(?) verfertigen 


Am 15. Nisannu, im 
Jahre, in welchem der König 
Abiesuh, sein goldenes und sil- 


BI.DA.MAL. ' lief. 


Z. 9—10. Diese Phrase eklam šadâdu wiederholt sich 
sehr oft in den Feldmietsvertrügen, so II 8, 18 (Nr. 64); II 
32, 19 (Nr. 65); VIII 7*, 18 (Nr. 55); VIII 83, 12 (Nr. 60) 
u. ӧ., und heißt ‚das Feld eggen‘, hebr. mw (Jes. XXVIII 24), 
was schon Müller GH 258, Anm. 4, herangezogen hat. 

e ÚI. а КА. 


b DUG. e BAR.ZAG.GAR. 


* fs + "le 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 123 


Was bedeutet aber а-па bi-i šú-ul-bi-šú, überall fast an 
obigen Stellen zusammen mit eklam $adádu? Meißner ВАР 141 
registriert bloß die Stellen, wo die Phrase vorkommt, ohne sie 
aber erklüren zu kónnen. Friedrich AUS (passim) übersetzt: 
‚gemäß seines, resp. ihres Vertrages‘. Das ist bloß erraten, ist 
aber schon deshalb unrichtig, weil das Suffix šti-ul-bi-¥t sich 
sicher nicht auf die Person, sondern auf das Feld bezieht. 
Das beweist z. B. II 32, 18—19 (Nr. 65): eklam а-па 01-1 šú- 
ul-bi-$4(?) i-šá-ad-da-du(!)-ma, ebenso VIII 19%, 15—16 
(Nr. 68). In beiden Urkunden ist von zwei Püchtern die Rede; 
es müßte also 3ulpi-sünu heißen, wenn das Wort ‚Vertrag‘ 
bedeuten würde, wobei übrigens die Etymologie unbekannt 
bliebe. Nun kommt der Ausdruck auch in neubabylonischen 
Urkunden vor und zwar in Verbindung mit kird zakpu, resp. 
“zêru zakpu. Vgl. Nipp. 9, 2—3*, У. A. 208, 7—8.> Vgl. be- 
sonders ibid. Z. 35—36: 1 (PI) 24 (KA) Vzéru еи gisimmari 
zak-pu à 1 GUR З (4) (PI) 12 (KA) pi-i šú-ul-pi 1 PI 
21 KA Saatfeld, Feld mit Dattelpalmen bepflanzt und 1 GUR 
3 PI 12 КА рі 3ulpi‘. Aus diesen Stellen scheint sich die Be- 
deutung ,unbebautes Grundstück'* mit einer hohen Wahrschein- 
lichkeit zu ergeben. Aber auch da bleibt die Etymologie dun- 
kel, ebenso an unseren Stellen die Konstruktion mit ana рі 
oder рі, das doch nur == hebr. ‘pb, (62) ‚entsprechend, gemäß 
als Aquivalent‘ bedeuten kann. Sachlich kann man dann über- 
setzen: ‚nachdem er (sie) das Feld nach Maßgabe seines un- 
bebauten Teiles geeggt haben wird‘. Der Pächter hat die 
Pflicht, insoferne er einen Teil des Feldes unbebaut ließ, den- 
selben zu eggen, d. h. in Ordnung zu bringen. 

Z. 12. GIS.BAR “Šamaš me-se-ga-am ‚Maß des Šamaš 

.., Um das letzte schwierige Wort zu erklären ist es zu- 
nächst notwendig, etwaige Parallelstellen im Zusammenhange 
zu betrachten: 

VI 48», 10—14: 19 šá-at-tum 3 SEGUR' и ina GIS. 
BAR Šamaš 1 i-na "те-$е-Ёи 13 гла Bi-ia-ap-tim 14 i-na- 


* BA IV 557. 

^ F. Peiser: Keilschriftliche Aktenstücke, Nr. I, auch 8. 77 einige Pa- 
rallelstellen. 

* So Kotalla BA IV 557. 


124 II. Abhandlung: Schorr. 


ad-di-in ‚jährlich 3 GUR Getreide nach dem Maße des Šamaš, 
nach ... in Pi-aptim(?) wird sie geben‘. 

VI 48°, 6—10: 5 ina ûm ebürim* bilat eklim * 3 SE. 
GUR i-na GIS.BAR “Šamaš ® i-na me-se-ku ? i-na báb? Ga- 
gi-im 1° imaddad ‚zur Zeit der Ernte wird er als Abgabe für 
das Feld 3 GUR Getreide, nach dem Maße des Šamaš, nach 

. im Tore von Gagum abmessen‘. 

VIII 33’, 1—2: 3 ŠE.GUR GIŠ.BAR "Šamaš me-še-ķu 
na-áš-pa-ku-tum A GUR Getreide, Maß des Šamaš . . .“ Ein 
gelagertes des Speichers‘. 

Ibid. 9—12: 3 SE.GUR GIS.BAR “Šamaš me-še-ga-am 

. ú-ta-ar-ru ‚3 GUR Getreide, Maß des Šamaš ..., werden 
sie zurückgeben‘. 

ВАР Nr. 57, 11—14°: п 1 SEGUR'^ ina GIS.BAR 
Šamaš 19 i-na mi-še-ku 19 i-na kûr Sippar* imaddad ‚1 GUR 
Getreide nach dem Maße des Šamaš, nach ..., wird er in der 
Mauer? von Sippar abmessen‘.* 

An all diesen Stellen kommt me Ze Eu in Verbindung 
mit GIS.BAR “Šamaš ‚Maß des Šamaš‘ vor. Daß es nicht 
etwa ‚Tor‘ bedeuten kann — wie Meißner ibid. 136 vermutet 
— beweist VI 48°, 8—9 oben. Es ist auch zu beachten, daß 
VI 48», 12 das Wort mit dem Determinativ їзи geschrieben 
ist. Ich vermute, daß es eng als Apposition zu GZS.BAR ge 
hört und den Sinn ,gesiegeltes, geaichtes Maß‘ hat. Das 
Tempelmaß war wohl gleich wie das staatliche geaicht und 
daher zuverlässig und am öftesten im Gebrauch. Für analoge 
Klauseln in den griechisch-ägyptischen Verträgen vgl. S. Wa- 
szyüski: Die Bodenpacht, S. 109. 

Z. 20. Bekanntlich sind die Regierungsjahre Abiesubs 
fast ganz in der Datenliste weggelöscht, weshalb die Jahres 
angabe vorläufig chronologisch nicht fixiert werden kann. Vgl 
Lindl BA IV 396, 2. 34. 

A-bi-e-&ü-uh, so nach Rankes Transkription, der südarab. 
ymax heranzieht. Möglich wäre auch das letzte Zeichen al: 
Hauchlaut " zu lesen. 


* UD.EBUR.SÜ. » KA. * Bu. 88— 743. 
4 küru bedeutet hier sicher ‚Mauer‘, gegen Meißners Anm. ibid., 8. 136. 
* Vgl. auch Bu. 88—679, 6 ff. zitiert ВАР, 8. 136. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


Nr. 51. 


125 


CT IV 40° (Bu. 88—603). 


Feldmiete. 


1 1/, САМ еріт libbi**(?) | 


! Ein Sechstel GAN Feld, 


! ugari ![," САМЕ ° zitti A- | inmitten des Gefildes von einem 


ham-kal-lim таг A-na-"Sa- 
mas-li-zi * itti Aham-kal-lim 
beel eklim 5 Y I-din-"Samas 
íangü* "Си а 5 eklam?" а-па 
ir-ri-šú-tim ° апа biltim ú- 
$e-zi 


8 ina йт ebürim ° bilat 
eklim*" 19 1. САМ 1-Е 100 
звіт 11 imaddad 





halben GAN [Größe], Erbteil 
des Abam-kallim, des Sohnes 
des Ana-Sama&klizi, hat von 
Abam-kallim, dem Besitzer des 
Feldes, 9 Idin-Samas, der Prie- 
ster der Góttin Gula, als Feld 
zur Bebauung gegen Ertrags- 
abgabe gemietet. 

Am Tage der Ernte wird 
er die Ertragsabgabe des Fel- 
des, 19 von je !/,, САМ 100 
[KA] Getreide abmessen. 

3 Zeugen. 


12 zën Пи-іи (?)-ib-ni-fu (?) 19 таг (2) I(?)-din(?)-"NIN.SAH.KA 14 рап 
Lbi-!Sin mûr (?) - -Sin 15 pân "Sín-e-ri-ba-am dupsarrim 


6 varah — Ulülu* ти 


1040 (Ф) 11 Sattum A-bi-e-sá- | 


Am 10.(?) Оаа, im Jahre, 
in welchem der König Abi- 


uh sarrum UD(?).PI(?)-?-SES. | esuh ... 


Z. 10. ТЕЕ— SE — 100 KA Getreide. Das KA wird 
oft ausgelassen. Vgl. Anm. zu VI 445%, 1 (Nr. 12). 


Мт. 59. CT VIII 17^ (Bu. 88— 219). 


Feldmiete. 


11|, САМ eklim ugaru td- 
butu 2 ita ekil märat баттіт 


3 püzuf Ikam nûr Pa-ri-ik-tum 








* SA. 
* DUG. 


ь 13 le 
© SAK.BI. 


* RID. 


! Ein Drittel GAN Feld, 
gutes Gefilde, neben dem Felde 
der Kónigstochter, dessen eine 


4 KIN ^NIitar. 


126 


U. Abhandlung: Schorr. 


$ ин Me-lu-la-tum assat(?) Front dem Kanal Pariktum 
Чбата$ 5 märat Ib-ku-sa 9 be- | [zugewendet] ist, hat von der 
el-ti eklim ° Y Il-ta-ni märat Samaspriesterin Melulatum,*der 
šarrim 8 eklam а-па ir-ri-sü(?)- Tochter des Ibkusa, der Be- 
tim ° ала biltim 19 ü-$e-sfi] | sitzerin des Feldes, Iltäni, die 


M fina] йт ebürim ?* 1 
САМЕ 6 SEGUR GIS.BAR 
"$ата# 13 ina kár* Зірратії 
14 imaddad 


15 рдп E-ti-/rum] ... 








Königstochter, als Feld zur 
Bebauung gegen Ertragsabgabe 
10 gemietet. 

Am Tage der Ernte wird 
sie von je 1 САМ 6 GUR Ge 
treide, nach dem Maße des 
Samai, in Kár-Sippar abmessen. 

4 Zeugen. 


16 pin A--- a-kar М pân Sü-mu-li-ib-&i. mûr 


Pi-44-" Sin 1 рдп d Hammán-zi-mu (?) dupsarrim 


20b varah Nisannu* йти 
дит 21 занит A-bi-e-iü-uh 


LUGAL.E. * BÁR. DUB.?. 


BI. KUBABBAR. ВА.КА. 


з BI(?). DA. MAL (9. 





20 Am 2. Nisannu, im Jahre, 
in welchem der König Abi- 
esub im Königsgemach . . . aus 
Silber anfertigen ließ (?). 


Мг. 53. CT VIII 33^ (Bu. 91—487). 


Getreidedarlehen. 


1 3 SEGUR GIS.BAR dën, | 


! Drei GUR Getreide, Mab 


maš me-se-ku ? na-d3-pa-ku-tum | des Šamaš, geaichtes (?) Maß, 


з itti Il-ta-ni aššat (?) “Šamaš 
márat Sarrim * T Ilu-pi-àá ° ù 
Nam-ra-am-$á-ru-ur 9 таті 
fl Sin-i-din-nam 7 ilteká 


8 ina üm ebürim ? 3 SE. 
GUR GIS.BAR “Šamaš 19 me- 








* KAR. 
b Z. 19 gehört nicht in den Text. 
e BAR.ZAG.GAR. 


Eingelagertes des Speichers, 
haben von der Šamašpriesterin 
Iltâni, der Königstochter, Ilu- 
pîša 5 und Namram - šarrur, 
die Söhne des Sin-idinnam, 
geborgt. 

Am Tage der Ernte werden 
sie drei GUR Getreide, nach 


Es ist eine Namensunterschrift. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 127 


fega-am 11 а-па matbak* il. | dem geaichten (?) Maße des 
ku-ú 12 d-ta-ar-ru Šamaš, 19 an das Magazin, 
| woher sie es genommen haben, 
| zurückerstatten. 
2 Zeugen. 
13 рдп Be-el-šinu D mûr "Затай-фа-пі 15 рап Ib-ni-'Marduk 19 mûr 
Za-ni-ik-pi-" Šamaš 
Z. 16a: Ib-ni-"Marduk, unten: Ilu-pi-&á, Be-el-Fü-nu. 


" varah (Ли? йти 10*^ | ' Am 10. Оаа, im Jahre, 
3 šattum A-bi-e-3ü-uh LU- in welchem der König Abî. 
GAL.E 19 ALAM. ANEN.TE. | e&ub das Bild seines Gottes 
AAA 29 NAM.DINGIR.RA. |... vollendet hat. 
NLSU.BA.AB.UL.A. 


Z. 2. ma-ái-pa-ku-tum. Nach C. H. Kol. ГУ», 5, wird 
man hier auch als ,Eingelagertes des Speichers‘ fassen müssen. 
Ebenso ВАР Nr. 24, 1 nicht ‚zur Aussaat (?). Demgemäß 
möchte ich auch ВАР Nr. 25 wegen des ana naspakütim 
nicht wie Meißner als Darlehens-, sondern als Depositurkunde 
fassen. 

Z. 3. llta-ni ... märat батгіт. Wie wir sehen, macht 
die Prinzessin Iltäni, eine Priesterin, Privatgeschäfte. Auch IV 
29%, 5 in einer Tempelurkunde (Darlehen?) lesen wir: a-na 
Hi-ie-ih-ti märat iarrim. Die Urkunde ist datiert aus der 
Zeit Ammizadügas. 


7.11. ЁМГООВ. Die Bedeutung dieses Ideogramms 
lehrt mit aller Klarheit folgende Stelle in einem Briefe Ham- 
murabis an Sin-idinnam*: i-na "Una-bu-um*! 70 SE.GUR i-na 
ENLDUB аз-ри-ик (?)-ma Ї [A]-vi-il-ilim É[NI.DUB] ip- 
[tJee-ma $е-ат is(?)-[rilk ma: ‚Nachdem ich in der Stadt 
Unabum 70 GUR Getreide im Getreidemagazin (Speicher) 
aufgeschüttet, hatte Avél-ilim, nachdem er das Getreidemagazin 
geöffnet hatte, das Getreide gestohlen‘. Diese Bedeutung, die 
sich ja aufdrängt, hat schon King LIH III 30, Anm. 3 richtig 


* ÉNI.DUB. d KIN “Ištar. 
* King LIH Nr. 12 Obv. 6—9 (B. І, pl. 20). Transkription B. III 29. 


128 U. Abbandlung: Schorr. 


vermutet, nur daß er das Zeichen ЕЕ] UM gelesen hat, wäh- 
rend es sicher DUB* — 3apaku zu lesen ist. 

Wie ist aber das Ideogramm semitisch zu lesen? Wir 
können es mit Sicherheit aus dem С. Н. feststellen: $ 120, 
Ж. 10—12: à lû be-el bitim na-ds-pa-kam ip-te-ma ‚oder der 
Eigentümer des Hauses den Speicher öffnet‘. Vgl. auch $ 121, 
7. 29 (Kol. ГҮ»). 

Somit ergibt sich ENT DUR = naspakum ‚Speicher‘. Das 
Wort kommt aber auch in den Urkunden phonetisch geschrieben 
vor neben natbaku," ebenso wie die beiden Worte iapáku und 
tabaku öfter wechseln. Vgl. ВАР Nr. 24, 10—11: $е-ат а-па 
na-ái-pa-ak [i]l-ku-ü ü-ta-ar; VIII 10°, 15—16: ата na-at- 
ba-ak il-ku-ú Se-am ü-ta-a-ar; VIII 21°, 15—16: ата na-at- 
ba-ak il-ku-ü $e-am ü-ta-ar. 

Nun übersetzt Meißner: ‚das Getreide, das er zur Aus 
saat genommen hat, wird er zurückgeben‘. Das ist unrichtig. 
Es muß überall übersetzt werden: ‚das Getreide soll er an den 
Speicher (ап das Magazin), wo* er es genommen hat, zurück- 
erstatten‘. Das beweist auch VIII 10° 6—8 = VIII 21°, 6—8: 
i-na na-at-ba-ak Sippar"-Am-na-nim ... im-hu-ru ‚vom [Tem- 
pel-] Speicher in Sippar-Amnanu hat er [das Getreide] ... 
empfangen. Auch in anderen Darlehensurkunden wird der 
Ort, wohin das Geliehene zurückzuerstatten ist, genau an- 
gegeben. Vgl. ВАР Nr. 26. Noch häufiger der Ort der Pacht 
abgabe in den Feldmietsvertrügen. 

il-ku-é. Relativsatz ohne Relativpartikel. 


2. 18—90. Das Datum ist unbekannt. 


* Bekanntlich fallen diese zwei Zeichen im Altbabylonischen zusammen 
und sind leicht zu verwechseln. Doch wird oft für UM = EE ge 
schrieben. Vgl. VI 425, 3, 5 u. б. 

b Ich vermute, daß auch nadbaku ,Bergabhang', das HWB! 210* zu einem 
sonst unbekannten Stamm 737 stellt, natbaku zu lesen ist, ursprünglich 
‚Wassersturz‘, dann ‚Ort des Wassersturzes, Bergabhang'. Es ist dann 
auch natbak zu lesen. Nachträglich bemerke ich, daß schon Haupt 
BA I 15 (ad 13) nadbaku mit tabüku zusammenstellt, eigentl. ‚Ort der 
Gießbäche‘. Haupt zieht arab. dÉ ‚Fuß des Berges‘ von „Aso ,aus- 
gießen‘ heran. Vgl. D. H. Müller: "Ezechielstudien, 8. 57, 58; desselben: 
Die Propheten, 8. 146. 

° Zur Konstruktion vgl. AG? $ 190, 2 (8. 365). 


Altbabylonische Bechtsurkunden. 129 


Aus der Zeit des Ammi-ditäna. 
Nr. 54. CT VI 37° (Bu. 91—786). ХХІХ. Jahr. 


Hofdarlehen. 

1 Isten тапй šipáte* [ї-]па | 1 Eine Mine‘ Wolle aus den 
nam-ha-ar-ti ékallim ? ša ран? | Einkünften des Hofes, unter- 
U- tul - Ístar Фирбатгіт 3 itti | stellt dem Utul-Istar, dem 
"Samas-kätam-isbat® daianim | Schreiber, hat von Samas-kä- 
t mûr (1)9 Ilu-šú-ib-ni akil tam- | tam-isbat, dem Richter, dem 
karê 5 ] I Sin-na-di-in-Sü-mi | Sohne des Ilusu-ibni, Sekretärs 
" mår Be-la-nu-u[m] ° ilteki | der Kaufleute, ^Sin-nádin-&umi, 

der Sohn des Belanum, kredit- 
weise genommen.® 
[Sobald] der Spediteur des 
Hofes wegen des Geldes Auf- 
ruf erlassen wird, wird er, 
10 gemäß [dem Zinsfuß, an] 
der großen Mauer des Hofes 
das Geld dem Hofe bezahlen. 
3 Zeugen. 


$ [ki-ma?] 1 mu-3d-ad-di-ni 
ekallim ° ana kaspim 1-84- 
su-ú 10 ki-ma ka-ar-gu-[uJl-Li 
ekallim И kaspam ékallam i- 
ip-p[a-al] 


13 рдп Šú-mu-um-li-ib-ši 13 mûr Li-bi-it-^ RHammán 14 pân Ib-ga-tum mûr 
Ta-ri-bu 15 рдп A-vi-il-"Sin (?) Фиріагтіт 
16 varah Ли йти 26*« | 16 Am 26. Ulülu, im Jahre, 
И jattum Am-mi-di-ta-na da der König Ammiditana die 
LUGAL.E 18 ANKALAYKAL  Stiergötter vor der Kapelle (?) 
ana BU.UM(?) Istar NIN. | der großen Göttin Ištar auf- 
GAL IN.A.KI. | gestellt hat. 


Wir wissen aus den Briefen Hammurabis und seiner 
Nachfolger, daß die Könige der ersten Dynastie über zahl- 
reiche Schafherden verfügten, welche an verschiedenen Weide- 
plätzen im Reiche verteilt, unter Aufsicht besonderer Beamten 





* 816. » KAT. є KAT.MU.UN.DIB. 
4 Die Kopie bietet wohl irrtümlich TUR.SAL. * KLAN.NA. 
f Sc. an Gewicht. є Wirt, ‚geborgt‘. 


Siteungsber. d. phil.-bist. Kl. 155. Bd. 3. Abh. 9 


130 П. Abhandlung: Schorr. 


(иийй) waren, die wiederum den einzelnen Statthaltern in den 
Provinzen unterstanden. Die Schafschur, die in Babylon im 
bit akitim ‚im Hause des Neujahrsfestes‘ stattfand, war ein 
feierlicher Akt, zu dem der König Einladungen an seine Hirten 
ergehen ließ.* Was geschah nun mit den großen Massen Wolle, 
welche die Herden lieferten? Wie wir aus unserer Urkunde 
wie auch aus einigen ähnlichen: VIII 11°, (Nr. 67), VIII 30" 
(Nr. 61), VIII 36° (Nr. 62), nun ersehen können, trieb der 
Hof mit seinen Einkünften Geschäfte. Die Wolle wurde Privat- 
kaufleuten (Engrossisten ?) zum weiteren Verkauf kreditweise 
abgegeben, gegen einen bestimmten Zinsfuß bei Bezahlung des 
Warenwertes. Am Hofe waren besondere Beamte musaddinu, 
‚Spediteure‘, ‚Agenten‘ etwa, die zu gewissen Terminen das 
Geld von den Schuldnern des Hofes einzutreiben hatten. 

Diese Bemerkungen sollen das Verständnis unserer Ur- 
kunde erleichtern. 

Z. 1. nam-ha-ar-ti. ‚Empfang‘, hier ‚Einkünfte, Ein- 
nahmen‘, ebenso VIII 11°, 1 (Nr. 67); vgl. ВАР 125 (zu Nr.41). 

ekallum. Sowohl aus LIH wie auch aus dem С. H. geht 
mit Sicherheit hervor, daß ékallu nur den königlichen ‚Hof 
bedeutet, nicht aber den Tempel, der immer als bit “Šamaš, 
"Marduk etc. bezeichnet wird. 

Z. 8. Daß WEI hier, wie in allen Urkunden, die vom 
Hofvermügen handeln, ša ķáti ‚unter Kontrolle, unterstellt dem 
... bedeutet und zu lesen ist, geht aus mehreren Stellen der 
LIH hervor, wo wir phonetisch etwa: $a ga-ti-sü ‚unter seiner 
Kontrolle‘ (Nr. 37, Obv. 5), ša ga-ti-ni ‚unter unserer Aufsicht 
(Nr. 3, Obv. 6) u. ö. lesen. 

Z. 3. Samas-kätam-isbat scheint der Geschüftsvermittler 
zu sein. . 

7. S. Die Ergänzung Юта ‚sobald‘ oder йт (vgl. УШ 
11°, 10 (Nr. 67): йт"") ‚am Tage da‘ erfordert der Sinn und 
das relative w: їбави-й. 

mu-&d-ad-di-ni ékallim. Diese Hofbeamtenkategorie wird 
in den LIH öfter erwähnt. Es gab einen musaddin sipäte, 





^ Vgl. LIH ПІ XLVI f., besonders aber die fünf Briefe Ammi-zadugas, 
S. 168 ff. 
v LIH Nr. 82, Obv. 4; Nr. 93, Obv. 8; Nr. 55, Obv. 4. 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 131 


musaddin buhádé^ King, Le, XLV erklärt ‚collector‘ or 
‚assessor‘ und fügt hinzu: ‚[he] was placed over each of the 
chief revenue departments, and it was his duty to report to 
the king any defieit, that might occur in the revenue accounts 
under his control‘. — Da nadänu im С. Н. für ‚verkaufen‘, 
nädinu für ‚Verkäufer‘ vorkommt,* so wird man am besten 
musaddinu (ПІ!) als den ‚der das Verkaufen verursacht, ver- 
mittelt‘ fassen, d. h. ‚Agent, Spediteur‘. Diese Bedeutung 
paßt sowohl hier wie an den übrigen Stellen vortrefflich. 

7. 9. i-šá-su-ú. Vgl. VIII 11°, 10 (Nr. 67): iš-ta-su-ú (В), 
ҮШ 30°, 10 (Nr. 61): is-ta-as-su-& (1°) — überall in derselben 
Phrase. Die Bedeutung ist juristisch prägnant ‚öffentlich aus- 
rufen‘. Vgl. С. H. УШ 44—45: а-па si-si-it. na-gi-ri-im ‚auf 
die öffentliche Proklamation des Fronvogts‘. 

Z. 10. ka-ar-gu-[ul- Jli. Vgl. НУВ: 350°: KAR.GU.LA 
= kar-qu-lu-ü und kar-ru rabu-ü. kargullu ist somit sume- 
risches Lehnwort. 

kima kargulli. Der Zusammenhang erfordert für kima 
einen prägnanten Sinn, wahrscheinlich ‚gemäß dem Zinsfuß‘, 
denn es handelt sich um Geldäquivalent für auf Kredit ge- 
lieferte Ware. 

Z. 11. apälu mit doppeltem Akkusativ hier ‚jemandem 
etwas zurückgeben‘. 

Z. 1%. Zur Datierung vgl. King LIH Ш 250, Anm. 103; 
Lindl BA IV 398, Z. 9—10. 


Nr. 55. CT VIII 7% (Bu. 88—49). XXXII. Jahr. 


Feldmiete. 


1 5/5 САМ eklim ugar | 19), САХ Feld im Gefilde 
Pa-fhu] ... ® ата Ni-idna- | des Ра... dem Nidnat-Sin 
at(?)-"Sin  [mas?]-ka(?)-nu ` [gehört]es als Pfand(?), '/, GAN 
1° GAN E-ti-rum таг I-din- | des Etirum, des Sohnes des 
"Sin(P) *!1,* AN Ib-ni-"Se-rum | Idin Sin, !/, САМ des Ibni- 





* Vgl. C. Н. УП 18—21: 34-ia-ma-nu-um na-din id-di-nu-Jum ... it-ba-lam. 
Auch im neubabylonischen heißt bekanntlich nádinánu ‚Verkäufer‘. 


> 9 -F fe, + fie 
9s 


132 


11. Abhandlung: 


Schorr. 


mûr Ar(?)-di(?)-ia 5 jr GAN | Sérum, des Sohnes des Ardia (?), 


Varad-"Ul-maš-ši-tum таг - - - 
6 21, САМ eklim ugar PA- 
hu- - - Tlibbad« 11|," САМ ap- 
3enum® 8 11|, САМ nidütum 
9 si-bi-it Kár-Sippar" ša káti? 
I-bi-«NIN (Ф) SAH (?) akil 
Mar-tu 


10 а-па ga-bi-e I-bi-"NIN(?). | 


SAH akil Mar-tu ! | Ilu-iá- 
16-м PAPA 13 à Lbi"NIN. 
SAH mär gis-dub-ba-a 91 A 
vi-il-"Sín dupsarrum !* а-па 
ir-ri-Su(?)-tim а-па te-ip-ti- 
tim (?) 15 а-па Зайит Zon ú- 
&e-zi 

16 ina üm ebürim 17 ek- 
lam (2) 01-2 šú-ul-bi-šú 18 Gëd 


ad-da-du-ma 19 libba(?) 11]," 





| 5 1), САМ des Varad-Ulmas&- 


tum des Sohnes des ... [zu- 


des Pa-bu ..., davon 1!/, GAN 
Ahrenfeld, 1:/, GAN Odland, 
Besitztum des Gerichtshofes in 


| Sippar, unterstellt dem Ibi- 


sammen] 2!/, САМ im Gefilde 
| 


| NIN.SAH, dem Schreiber des 
| Martu, 


10 hat im Auftrage des Ibi- 
NIN.SAH, des Schreibers des 
Martu, des Ilusu-ibni und des 
Ibi-NIN.SAH, des Mitgliedes 





der giödubbä, Avél-Sin, der 
Sekretär, zur Bebauung, zur 
Urbarmachung 15 für drei Jahre 
gemietet. 


er, nachdem er das Feld nach 


| Am Tage der Ernte wird 
| 
| 


seines unbebauten 


Maßgabe 


GAN ekil apsenim® 29 BUR. | Teiles geeggt haben wird, von 
САМ 1-Е(?) 6 (?) SEGUR (?) | 1|, САМ des Ährenfeldes, 


GIS.BAR “Šamaš * id 11% | 


САМ ekil nidütim 23 1/,, САМ. 
Е 60 SE GIS.BAR “Šamaš 
33 erib* kûr Sippark-Am-na- 
nim imaddad! 


4 adi табат ú-pa-at- 
tu-ü 35 apsénam i-ik-ka-al 29 i- 
na Sd-lu-us-tim &d-at-tim 27 a- 
na biltim i-ir-ru-ub 


+ fe » 1%]. 
г [NI]. RAM (?). E (?). 
= Wörtlich: ‚in Mietzins treten‘. 


* AB.SIN. 


2° von je 1 GAN 6 GUR Ge- 
| treide nach dem Maße des 
Šamaš; von 1!/, GAN Ödland, 
von je САМ 60 KA Ge 
treide nach dem Maße des 
Šamaš, in der Mauer von Sip- 
par-Ámnanum abmessen. 
Solange er das Ödland ur- 
bar macht, wird er 29 vom 
Ahrenfeld genießen. Im dritten 
Jahre wird es zinspflichtig* 
werden. 


8 КАТ. * TU. 


Altbabylonische Rechtsurkunden 133 


38 l[ibba^s bilti^"N ekli-sü-nu Vom Tribut ihres Feldes 
7 I Sikil(?) kaspim(?) ma- | haben sie 1 Sekel(?) Silber 
ah-ru empfangen. 
3 Zeugen. 


зо pân Ilu-šú (?)-a-bu-Fá (?) akil Mar-tu ?! рдп "Sín-na-di-in-Fá-mi mûr 
3Marduk-na-si-ir 3 ріп Ilu-£ü-ib-ni mûr *Marduk-na-gi-ir 


33 varah Aiaru* йти io | 35 Am 5. Aiaru, im Jahre, 

М забит Am-mi-di-ta-na | in welchem der König Ammi- 

LU[GAL] dûr Is-ku-un-"[Mar- ditäna die Mauer Iskun-Mar- 

duk] kisad* nár(?) ZI(?). | duk, am Ufer des Kanals 
| Zi... [erbaut hatte]. 


Der Inhalt der Urkunde ist — wie mir scheint — fol- 
gender: Der Gerichtshof (Kär-Sippar) in Sippar besitzt ein 
Gut, teilweise aus Kultur-, teilweise aus Brachland bestehend, 
an dem die einzelnen Richter partizipieren. Das Gut steht 
unter Aufsicht des Ibi-NIN.SAH. In seinem Auftrage nun und 
in dem zweier anderer Personen noch übernimmt Avél-Sin das 
Feld gegen eine bestimmte Ertragsabgabe in Pacht. 

Z. 1—5. Die hier genannten Personen scheinen die ein- 
zelnen Mitglieder des Gerichtshofes in Sippar zu sein. 

Z. 9. si-bi-it. — sibittu ‚Besitz‘ vgl. LIH III Glossar s. v. 

Kár-Sippar. Wie King LIH 121, Anm. 2 überzeugend 
nachweist, kann Kár-Sippar nur den ‚Gerichtshof‘ in Sippar 
bezeichnen. 

7. 12. тат gis-dub-ba-a. Vgl. II 8, 31 (Nr. 64); II 32, 
29 (?) (Nr. 65); VIII 84, 4(?) (Nr. 60); УШ 19*, 25 (Nr. 68). — 
Nach Delitzsch BA 1V, S. 94, Z. 3 ff. drückt már g. nicht den 
Namen des Vaters aus, sondern irgendein Hörigkeitsverhältnis 
und das Wort ist sumerisches Lehnwort. Obige Stellen scheinen 
mir kaum diese Annahme zu bestätigen. Allein in Ermange- 
lung einer besseren Erklärung habe ich phonetisch transkribiert. 

Z. 14. Das Bebauen bezieht sich auf das Kultur-, das 
Urbarmachen auf das Ódland. 

Z. 18. i-iá-ad-da-dw-ma. Nachdem nur von einem 
Pächter die Rede ist, kann das № nur relativ sein, dann also 





* GUD (?).SI.DI. ь ТІК. 


134 II Abbandlung: Schorr, 


von ümu abhängig. In der Übersetzung ist es unbeachtet 
geblieben. 

7. 19—99. Über die Höhe der Pachtabgabe vgl. Anm. 
zu VI 48° (Nr. 11). 

7. 20. Das Zeichen ] — 1 ist mit dem Zeichen für 
GAN eng verbunden, daher ist das erste Zeichen 4 BUR 
zu lesen^ Ebenso VIII 10° 14 (Nr. 63); II 32, 20 (Nr. 65). 
Vgl. G. Reisner: Tempelurkunden aus Telloh, 155. Zu E= 
ana vgl. BAP 125; 141 (unten). Es hat distributive Bedeutung. 

Z. 33. TU = erébu. Am Eingang in die Stadt (ana 
oder ina erib ...), d. h. vor dem Stadttore werden oft Ge- 
schäfte abgewickelt. So wird das Stadttor in den Pachtver- 
trägen öfter als Zahlungsort bezeichnet. Vgl. auch BAP 127 
(zu Z. 27). Hier wird wohl кати = ‚Mauer‘ zu fassen sein. 

Sippar-Amnanum ist eine Vorstadt von Sippar, ebenso 
wie Sippar-iahrurum, Sippar-edinna. Die Hauptstadt selbst, 
das Zentrum heißt Sippar-rabäü. Vgl. King LIH III 118, Anm. 2. 

Z. 24—27. Für diese Bestimmung, daß der Pächter, so- 
lange er das Brachland urbar macht, vom Kulturland genießt 
und von der Ertragsabgabe frei ist, findet sich unter den 
Agrarnormen des Gesetzes keine Andeutung. Dagegen scheint 
$ 44 — gleich wie hier — zu besagen, daß die Normalzeit 
für die Urbarmachung eines Ödlandes drei Jahre betrug. Auch 
in griechischen Pachtverträgen wird dem Pächter, im Falle es 
Brachland ist, häufig für die ersten Jahre der Pachtzins er- 
mäßigt oder ganz erlassen. Vgl. Hitzig: Die Bedeutung des 
altgriechischen Rechtes für die vergleichende Rechtswissen- 
schaft (Zeitschr. für vergl. Rechtswissenschaft XIX, 12). 

Z. 34. Zur Datierung vgl. King LIH III 250, Anm. 106; 
Lindl BA IV 398, Z. 29. 


Nr.56. CT VIII 404 (Bu. 91—764). XXXII. Jahr. 


Feldmiete. 
1 Ale? САМ eklim ugar ` ! "Le GAN Feld vom Ge 
:/,° GAN(?) * ekil Ina-li-ib- | біде eines halben GAN [Größe], 


а Darnach ist auch ВАР Nr. 74, 25 zu berichtigen und zu lesen: BUR 
GAN 1-E 6 SE.GUR. > 1f Like, e 44 + Yi 


Altbabylonische Rechtenrkunden, 


bini-se-it(?) assat(?) “Šamaš 
! märat Varad-ili-3á * itti I-na- 
li-ib-bi-ni-se-it assat (?) USamas 
$ be-el-ti eklim ° T I-din-ZA. 
МАМА таг Gir @). 1 ek- 
lam а-па ir-ri-šú- Кж. 8 а-па 
biltim а-па sattum 1*^ 9 ú- 
se-si 


? ina ит ebürim 11 Ц, 
САМ 200 SE.BAR(?) 1® GIS. 
BAR “Šamaš ?* i-na БАБ" 
Маїка? 14 imaddad 

15 3 isinni® 20... 


1 Ятит 


Ištar (?) 


| das Feld der 


135 


Ina-libbi-nisit, 
der Samaápriesterin, der Toch- 
ter des Varad-iliéu, hat von 
Ina-libbi-nisit, der Samasprie- 
sterin, ® der Besitzerin des 
Feldes, Idin-ZA.MA.MA, der 
Sohn des Gir(?)..., als Feld 
zur Bebauung gegen Ertrags- 
abgabe für ein Jahr gemietet. 

10 Am Tage der Ernte wird 
er von je t/i САМ 200 КА 
Getreide, Maß des Šamaš, im 
Tore von Malkä abliefern. 

15 3 Festgaben, 20... für 
Ištar, 1 [Stück] Fleisch [wird 
er leisten]. 

1 Zeuge. 


16 ріп A-vi-il-"Sin akil aiat (2) ... 


11 varah Атати4 йти [Okem 


18 Am 10. Aiaru, im Jahre, 


5 ғабит [Am-mi-di-t]a-na | in welchem der König Ammi- 
LUGAL.E ' BAD Is(?)-ku- _ анапа die Mauer Iskun-Mar- 
un-!Mardukkt 99 TIK.ID.ZI. duk am Ufer des Kanals ZI. 
LA.IL(?).LA(?). | LA.IL(?).LA (?) [erbaut hatte]. 


Z. 2. Lna-li-ib-bi-ni*-se-it(?). Dieser weibliche Маше 
kommt noch an folgenden анатом vor: IV 25°, 6: I/-na-libbi!- 
вн dias а IV Aus, 9: Ina-li- ber -Si-it(d); VIII 1®, xc I-na- 
" ib-bi-im- re it; VIII 11®, 6 (Nr. 66): Lna-libbit рн 4t. 
Ranke ВРХ 188" liest den Namen, wohl in Rücksicht 
auf die Schreibung IV 25*, 6; IV 40», 9: /na-libbi-irsid und 
übersetzt: ,He bas established (laid foundation) in the middle*. 
Was soll aber diese Aussage bedeuten? Ich glaube daher, 
daß man doch in Hinblick auf die Schreibung an unserer 
Stelle wie auch УШ 1», 4; VIII 11®, 6 (Nr. 66)* wird lesen 


° SAR. 3 GUD.SI.DI. 
s Vgl. noch besonders Ranke BPN 247, Anm. 3. 


ь MAL.GI.A. 
t SA. 


136 IL. Abhandlung: Schorr. 


dürfen: Ina-libbi-nisít ‚Im Herzen wird sie getragen‘. Ein 
solcher Name klingt auch für uns sehr sinnig und sicherlich 
hat ihn eine zärtliche Mutter ihrem Kinde gegeben. 

Z. 11. Zur Höhe der Mietsabgabe vgl. Anm. zu VI 48° 
(Nr. 11). Das Zeichen nach SE darf nicht etwa GUR gelesen 
werden, da 200 GUR als Abgabe für !/,, GAN (= 100 ЗАВ) 
unmöglich ist. Wahrscheinlich ist es verschrieben für 2 = 
BAR. Zu SE.BAR ‚Getreide‘ vgl. BA I 515. 

7. 13. Malkä (MAL.GI.A). Eine Stadt, vielleicht öst- 
lich vom Tigris, vgl. Hommel: Grundriß GGO 272, Anm. 2. 
Hammurabi erwähnt im Prolog des Gesetzes (Kol. IV 10—16), 
daß er die Bewohner der Stadt Ма-аї-Ка-а im Unglück be- 
schützt hat, als sie von [Nomaden]horden bedroht war, und die 
Bewohner mit Reichtum ausstattete. 

Z. 15. Die Lesung ist nicht sicher. Jedenfalls enthält 
die Zeile die sonstigen Sportelabgaben des Pächters, abgesehen 
vom Pachtzins. Vgl. Anm. zu II 41 (Nr. 30), Z. 35. 

Г. 18. Zur Datierung vgl. King LIH Ш 250, Anm. 106. 


Nr. 57. CT VIII 8° (Bu. 91—1203). XXXV. Jahr. 


Sesamdarlehen. 


1 9 GUR íamassammu? ? lib. ! Neun GUR Sesam, ent- 
ba(?)* &d-lu-ui-ti kamnim* 5 itti | haltend(?) ein Drittel Öl, haben 
ISamas-kátam-isbat* daianim | von Samas-kätam-isbat, dem 
4 таг Ilu-šú-ib-ni 5 | A-hi-và- | Richter, dem Sohne des Ilusu- 
du-um тат Varad-ilti-sü ST A- | ibni, 5 Abi-vadum, der Sohn 
ta-na-ah-ili * à * Bél-ib-ni mûrî | des Varad-ilisu, Atanah-ili und 





Varad-ilt-št 8 iltekü Bél-ibni, die Sóhne des Varad- 
| Шза geborgt. 

З ana varhim Jan 10 jq. Nach einem Monat, !?nach- 
mas5ammam* i-za-ka-tu-ma | dem sie den Sesam ausgepreßt 
11 $amnam imaddadü ‚ haben werden, werden sie das 

' Öl abliefern. 
3 Zeugen. 
a SE.GIS.N/I]. b ААС (?). ВА (?). e NI.GIS. 


4 KAT.MU.UN.DIB. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 137 


11 pân WSin-ma-gir mûr "Sín-i-din-nam '? ріп Be-el-šú-nu таг "Böl-e- 
ri-ha-am (?) !* pân A-vi-il-" Bêl dupsarrim 


15 varah Tebitum* йти 2 кат | 15 Am 2. Tebitum, im Jahre, 
!5 jattum Am-mi-di-ta-na LU- | in welchem der König Ammi- 
GAL.[EJ. °" BÄD (?) Am-mi- | ditäna [die Mauer] Dür-Ammi- 
di-ta-na TIK.ID.LAL АХЕМ. | айпа am Ufer des Nár-Bél- 
LIL.LA(L).TA NE.IN.RU.A. | [Kanals] erbaut hatte. 


7. 2. Die ersten zwei Zeilen sind schwierig. Vielleicht 
ist SAG (?).СА = Ша zu lesen ‚in sich fassend‘, d. h. 9 GUR 
Sesam, dafür als Äquivalent !/, [GUR(?)] Öl. Das gübe einen 
guten Sinn, weil nach Z. 10—11 die Entlehner für das ge- 
borgte Sesam Öl zurückzugeben haben. 

šaluštu == ![,. Vgl. С.Н. 8 2948: ša-lu-uš-ti eklim ‚ет 
Drittel des Feldes‘; 8 64 99-79: $a.lu-ui-tam šú-ú iliki ‚ет 
Drittel der Fruchtabgabe soll er nehmen‘. Auch тазе. šalšu 
= |, vgl. 8 46 79-51; й lu а-па mi-is-la-ni й lu а-па $a-lu-us 
eklam id-di-in ‚er gab das Feld auf ein Halb- oder Drittel- 
anteil hin‘. 

Z. 10. i-za-ha-tu-ma. — Stamm sahätu == hebr. ene, Gen. 
XL 11, dort vom Auspressen des Saftes der Weintrauben, 
wie schon Daiches ZA XVII 91 die beiden Wörter richtig 
verglichen hat. 


Z. 16. Zur Datierung vgl. King LIH III 252, Anm. 107. 


Nr.58. CT VIII 364 (Bu. 91—483). 


Darlehenshaftung. 
! 6 SE.GUR З за Sü-mu- | ! Sechs GUR Getreide [sind 


um-li-ib-si таг Li-bi-it-"Ram- es], welche Sumum-libsi, der 
män(?) З i-na bit *  *Marduk- Sohn des Libit-Rammán, aus 
mu-ba-li-it már Ib-ni-"Sin *ka- | dem Hause des Marduk-mu- 
ni-kam i-zi-bu-ma в а-па Be- | ballit, des Sohnes des Ibni-Sin, 
e-iü-nu mâr Ib-ni-"Samas Та | ° nachdem er eine Quittung 
A-hu-ia-tum mûr Na-bi-um- | ausgestellt [und] für Bêlšunu, 


ї 





* AB.UD.DU. 


138 II. Abhandlung: Schorr. 


Пит 8 izzuchu-ma id-di-nu- | den Sohn des Ihni-Samas und 

$ 1-пи-Я für Abuiatum, den Sohn des 
| Nabium-ilum ` fortgenommen 
hatte, ihnen übergeben hat. 

° ina йт ebürim 10 um- | Am Tage der Ernte, nach- 
måni*-šú-nu И i-ip-pa-lu-ma | dem sie !° ihr Darlehenskapital 
ІЗ ka-ni-ik Su-mu-um-[li-ib-5i] | rückerstattet haben werden, 
13 $4 i-na bit "Marduk-mu-ba- wird man die Quittung de: 
liit 1t i-zi-bu i-hi-pu-ü | Sumum-libii, welche er im 

| Hause des Marduk-muballit 
| ausgestellt hatte, vernichten. 
| 2 Zeugen. 


15 pän Si-na-tum mûr " Sín-is-me-a-an-ni 19 рап * Sin-mu-sá-lim dupsarrin 


ІТ varah Мізаппи? йти 23kam | 17 Am 23. Nisannu, im Jahre, 
15 файит Am-mi-di-ta-na | in welchem der König Ammi- 
LUGAL ... '* ... KA.SAB. | анапа ... 
KA (?). КА. 


Die Urkunde ist einzig in ihrer Art. Sumum-libsi haftet für 
die beiden eigentlichen Schuldner. Seine Quittung soll erst ver- 
nichtet werden, wenn jene ihre Schuld beglichen haben werden. 
Nach Z. 10 zu schließen, war es ein zinsenfreies Darlehen. 

Z. 2. ša... Die Relativpartikel regiert die folgenden 
Sätze bis Z. 8 inklusive, daher überall das relative т. 

Z. 8. iz-zu-hu-ma == issuhü-ma. Für die Bedeutung 
‚fortnebmen, entnehmen‘ in demselben Sinne wie hier vgl 
Е. Peiser: Keilschriftliche Aktenstücke, Nr. II (УАТЬ 60, 
2.25: й ni-is-hu а-па e-li ul i-na-sa-hu ‚ein Fortnehmen davon 
soll er nicht fortnehmen‘. 

id-di-nu-šú-nu-ši. — Sehr zu beachten ist die sowohl im 
C. H. wie auch in den Urkunden und den Hammurabibriefen 
vorkommende genaue Differenzierung des Verbalsuffixes Ш 
pl. masc. und fem. für das Akkusativ-Objekt einer- und das 
Dativ-Objekt anderseits. 

Ersteres lautet: - ип ti, f. -Sindti, letzteres: -Sunüsi/m), 
f. -Sinäst. 








a UM.MI.A. ь BÁR.ZAG.GAR. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 139 


І. Beispiele für Akkusativ-Objekt: 


a) Cod. Ham.: Kol. У» 47; tka-zu-$ü-nu-ti; 49: i-na- 
ad-du-i-$ü-nu-ti; Ха 28: ikal-lu-u-$á-nu-ti; ХП» 41: im- 
la-nu-&ü-nu-ti; XIV* 46: u-se-izzzi-bu-$u-nu-ti*; XXIV 39: 
usar-S-Si-na-ti; 56: at-tab-ba-al-si-na-ti; 58: us-tap-gi-ir- 
ii-na-ti. 

b) LIH: Nr. 41, Rev. 17: /ta-Jtar-ra-da-as-sü-nu-ti; 
Rev. 13: twur-da-ás-&á-nu-ti; Nr. 26, Obv. 11: um-ta-al-li- 
in-nu-&; Nr. Ti, 8: tw-se-ib-bi-is-su-nu-ti*; 12: wsu-uh-$ü- 
nu-ti*; Nr. 19, 13: $ü-hi-is-su-nu-ti*; Nr. 78, 16: li-il-ki-a- 
áš-šú-nu-ti; 18: li-ir-di-a-ás-Sü-nu-ti*; Nr. 43, T: ana rê- 
diti (pl.) as-tu-ur-&á-nu-tif; Louvre (Nr. 95) Rev. 40: lu-u- 
se-H-ib-3i-na-ti; Rev. 38: e-ri-Si-na-ti ‚weidete ich sie‘. 


c) CT (Urkunden): II 39, 8: di-nam ü-Sd-hi-zu-Su-nu-ti 
= П 45, 8 u. 6.; П 44, 5: i-hwzi-na-ti*; ibid. 11: ina-du- 
ni-si-na-ti; VIII 42%, 8: i-li-i-5ü-nu-ti^*; VIII 12", 3: ú-šá- 
hizu-3i-na-ti-ma; VIII 292, 6: dli il-3i-na-ti; ВАР Nr. 42, 
12: d-ki-ir-ri-bu-ni-id- $i-nu-ti; Nr. 43, 6, 20: it-rw-du-5ü-nu- 
ti-ma; Nr. 89, 26: i-na-du-Si-na-ti. 


II. Beispiele für Dativ-Objekt: 


a) CH: XXIV 17—18: airi Su-ul-mi-im eš-te-i-ši-na- 
šim ‚Orte des Friedens suchte ich ihnen (fem.) auf‘. Ibid. 21: 
n[u-rJa-am ü-se-zi-Si-na-sim ‚Licht ließ ich ihnen (fem.) er- 
strahlen‘. 


8) LIH: Nr. 17, Rev. 20: m/a-ag]-sa-ri šú-uk-na-áš-š ú- 
nu-ii-im-ma ‚eine Wache stelle ihnen bei‘; Nr. 56, Obv. 14: 
{-пи-та ta-3d-ap-pa-ra-5u-nu-sfi-iJm ‚sobald du ihnen [einen 
Brief] senden wirst‘; Nr. 18, Rev. 3—4: hi-bi-il-ta-Sü-nu te-ir- 


» ‚(Eine Urkunde) soll man sie ausstellen lassen‘. 

è Dn sollst sie arbeiten lassen‘ (epééu ПІ"). 

© Halte sie zurück‘ (nasähnu IT! Impt.). 

4 ‚Lasse sie wissen‘ (aházu III! Impt.). 

* ‚Er möge sie bringen‘. 

f ‚In die Klasse der Krieger habe ich sie eingetragen‘. 
к = ihuz-Fi-na-ti, 

з Sie hat sie besiegt‘ (lin). 


140 П. Abhandlung: Schorr, 


3ü-nu-Si-im ‚ihr Pfand (?) gib ihnen zurück‘. Louvre Rev. 
35—36: mi-ri-tam й ma-ds-ki-tam lu ds-ku-un-Si-na-st-im 
‚Weide- und Tränkplätze wies ich ihnen an‘. 

y) CT (Urkunden): VIII 364, 8 (s. oben Anm.); II 13, 
17 (Nr. 44): i$-ku-ul-Sü-nu-Si-im-ma er hat ihnen bezahlt‘. 
ВАР 109, 11: id-di-in- (V. i$-) $á-nu-$i-im ‚ме hat ihnen 
(m.) gegeben‘. 

Eine einzige scheinbare Ausnahme bietet BAP 89, 5: 
апа áš-šú-tim i-hu-zi-na-ii (== ihuz-Sindst) ‚zur Gemahlschaft 
hat er sie (pl. fem.) genommen‘. Allein der Paralleltext* Н 
44, D bietet richtig: i-hu-zi-na-té. An diesem # ist aber auch 
zu sehen, wie leicht bei Kopierung des Textes das Si mit fi 
verwechselt werden konnte. Dagegen fasse ich ar-nam i-mu- 
du-sü-nu-ti VI 42*, 14 als Rektion mit doppeltem Akkusativ 
auf ‚jemanden mit einer Strafe belasten‘, vgl. C. H. XIII* 22: 
mûrê ar-nam i-im-mi-du (doppelter Akkusativ). 

Z. 10. UM.ME.A = ummänu, ummiänu ‚Grundkapital‘. 
Vgl. BAP 144. 

Z. 14. i-hi-bu-u == ihippü Präs. Г. 

7. 18. Das Jahr kann in der Datenliste nicht identi- 
fiziert werden. 


Мг. 59. CT VIII 7^ (Bu. 88—193). 


Ehevertrag. 


1] El-me-$um ? märat Am- | Die Elmésum, die Tochter 
mi-di-[ta-na-Sarrum ?] 3 $4 Ki- | des Ammi-di[tána -&arrum ?], 
zi-ir-tum märat Am-mi-di-ta- | haben [aus der Hand] von Ki- 
na-sarrum® * а-па ga-bi-e Šú- | zirtum, der Tochter des Am- 
mu-um-l[i]-ib-$i a-hi-8d (?) mi-ditäna-Jarrum, im Auftrage 
ei üSamas-li-vi-ir таг Ri-is- | (durch Vollmacht) des Sumum- 
"бата$ ° ù Ta (?)-ra-am-bit (?)- | libši, ihres Bruders, 5 Šamaš- 
Sü-ul-lim assäzu ° ата Ib- | livir, der Sohn des Riš-Šamaš 
ku-An-nu-ni-tum ma-ri-šú-nu | und Taram-Sullim (?), seine 
* ВАР 89 und II 44 sind Eheverträge zweier Frauen, die an einen 

Mann verheiratet waren. Vgl. AS III 44—45. 
b Die Kopie bietet bei jeder Silbe dieses Namens ein Fragezeichen. 





Altbabylonische Rechtsurkunden. 


5 а-па  ka-al-lu-tim 
ru-ii 


ht, 


° 4 АИ kaspim tir-ha-at | 


№ SAL EI me nm märat Ат-ті- 
di-[ta-na-Sarrum?] п ] Sü-mu- 
um-li-ib-8$i mâr Am-mi-di (? 1) 
[ta-na-éarrum?] З à Kiüziir- 
tum aházu ma-ah-ru 


13 Y Ib-ku- An-nu-ni-tum már 


^ e . . я | 
"Samas-li-vi- ir И а-па El-me- 


šum hi-ir-ti-šú 15 Gul áš-šá-ti 
i-ga-ab-bi-ma (?) 15 misil ma- 
nê kaspim išaķal* 


п El(?)-me-šum а-па Ib(?)- 
ku-An-nu-ni-tum 18 [mu-]ti-šá 
ú-ul [mu-ti аа] 1° i-ga-ab(?)- 
bina - - - 29 a-na(?) 

21—28»... 


? рагай Sabátu*(?) йти | 





дит 39 заНит Am-mi-di-ta- | 
na LUGAL 31 KAR---** BAD | den Wall ... die Mauer .. 


... RÚA. 


| 
| 


141 


Frau für Ibku-Annunitum, 
ihren Sohn zur Brautschaft 
auserwählt. 


Vier Sekel Silber als ihren 
Kaufpreis haben 19 Elmäsum, 
die Tochter des Ammi-di[tána- 
Sarrum?], Sumum.lib&i, der 
Sohn des Ammi-di[tána-&ar- 
rum?] und Kizirtum, seine 
Schwester, empfangen. 

Wenn Ibku-Annunitum, 
der Sohn des Samaklivir, zu 
Elméáum, seiner Braut (Aus- 


| erwühlten) !5 ,[du bist] nicht 


meine Frau‘ spricht, soll er 
!/, Mine Silber zahlen. 

Wenn Elmösum zu Ibku- 
Annunitum, ihrem Gemahl, [du 
bist] nicht [mein Gemalıl]‘ 
spricht 29 in... 

8 Zeugen. 

29 Am 2. Sabätu, im Jahre, 
da der König Ammi-ditäna 


erbaut hatte (?). 


Das Schema der Eheverträge lautet in der Regel®: 

1. A, Tochter des В, hat [von den Eltern der А) С, Sohn 
des D, in Gemahlschaft genommen. 

[2. Höhe der Kaufpreis- (tirkatu) Summe). 

3. Klausel betreffend den Fall der Verweigerung der Ehe- 
pflichten seitens der Frau wie auch des Mannes.* 


— [on 


* IN.NA.AN.LAL. 


^ Die Zeugennamen in den Z. 21—28 sind größtenteils verwischt und 


є AS (?).А. 


unleserlich. 


в Vgl. VI 26* (Nr. 77); ВАР Nr. 88—90; СТ II 44 (= Meißner AS 


III 44). 


Eheverträge kommen ziemlich selten vor. 
* Die Reihenfolge ist schwankend. 


142 IJ. Abbandiung: Schorr. 


4. Schwurvermerk. 

5. Zeugen und Datum. 

In unserer Urkunde weicht das Schema im ersten Punkte 
vom üblichen wohl deshalb ab, weil hier nicht der Bräutigam 
in persona als Kontrahent auftritt, sondern seine Eltern, die 
mit den Geschwistern der Braut den Ehevertrag schließen. 
Es handelt sich vielleicht um die Ehe Minderjähriger. 

Dieser Ehevertrag war Gegenstand mehrfacher Unter- 
suchung, weil man darin den Ehepakt einer Kronprinzessin, 
der Tochter des Königs Ammi-ditäna (Z. 3) vermutete, trotz- 
dem der lächerlich geringe Kaufpreis (tirhatu) von vier Sekeln 
diese Vermutung a priori scheitern lassen mußte. 

Nun liest aber Ranke ВРХ 65° — sicher auf Grund 
einer neuerlichen Kollation mit dem Original — Am-mi-ja 
(ohne $arrum), sodaß alle Vermutungen wegfallen. Es handelt 
sich um eine Privatperson, ein Mädchen, das von seinen Ge- 
schwistern an einen gewissen Ibku-Annunitum verheiratet wird. 

7.3. за kann hier nur bedeuten ‚von, aus der Hand von‘. 

Z. S. апа ka-al-lu-tim i-hi-ru-si. Vgl. С. Н. ЇХ», i4: 
sum-ma a-ve-lum а-па märi-sü kallátam i-hi-ir-ma, ebenso Х* 5. 

7. 16. Die Höhe des Scheidegeldes stimmt nicht mit 
$ 139 des C. H., dagegen mit der Bestimmung in der Serie 
ana ittisu, wo ohne Rücksicht auf die tirkatu 1], Mine als 
Entlassungsgeld normiert wird. Vgl. auch Meißner AS III 42. 

Z. 30. Die Urkunde ist nicht datierbar. Vgl. BA IV 
398, Z. 40. 


Nr. 60. CT VIII 82 (Bu. 91—1031). 


Feldmiete. 
1 Eklum ma-la ba-zu-ü | ! Ein Feld, soviel da ist. 
З ugar "Sarrum-Küátu** 3 itti im Flur des Gottes Sarrum- 
Si-na-tum РА.РА +ù L--bi-NIN. Каа hat von Sinatum, dem 
SAH таг gii[dub-ba-a]* $] Sá- |... und Ibi-NIN.SAH, dem 


a ТІК GAR Akt 
b Die Ergänzung nach Ranke BPN $89*. Vgl. VIII 74, 4 (auch aus der 
Zeit Ammi-ditänas). 


Altbabylonische Hechtsurkunden. 


nu-ma-ilum ra-bi-a-nu-um $ ek- 
lam а-па ir-ri-$ü-tim 1 а-па 
Sattim 1*9" 8 а-па biltim ? ú- 
&e-zi 


1 ina йт ebürim И eklam 
а-па bi šú-ul-bi-šú 1? i-šá-ad- 
da-du-ma, 13 ki-ma i-mi-it-ti- 
iú 14 d šú-mi-li-šú 15 де-ат 
bilat elim 1% imaddad 





143 


| Mitgliede der gisdubbä, 5 Šu- 
| numa-ilum, der Ortsvorsteher, 
. als Feld zur Bebauung für ein 
, Jahr gegen Ertragsabgabe ge- 


mietet. 
10 Am Tage der Ernte wird 


| er, nachdem er das Feld nach 


Maßgabe seines unbebauten Tei- 
les geeggt haben wird, ent- 
sprechend seiner Rechten und 


| seiner Linken 15 das Getreide, 


| die Ertra sabgabe des Feldes, 
5 

| abmessen. 

| 3 Zeugen. 


и pán Varad-mi-?- mûr ?-ad(?)ni 19 pân Ma-an-nu-um-ba-lu-ili-$á 
7 pân Пи-#1-10-ті dupsurrim 


* 


2 рагай)  Simánu* йти 3° Am 15. Simánu, im Jahre, 
18%" 21 байит Am-mi-di- | in welchem der König Ammi- 
{а-па LUGAL * БІВ (?). | ditàna ... 

BI(?).GIS. KU(?).BI ** GUŠ- | 


KIN. BI.KIT(?). | 


2. 5. 
38, 47. 

7.1. Die Höhe der Abgabe ist nicht angegeben; ebenso 
nicht die Größe des Feldes. Es wird wohl vorausgesetzt, daß 
der normale Pachtzins zu zahlen ist. 


ra-bi-a-nu-um ‚Ortsvorsteher‘, vgl. С. Н. IX 


7. 13. kima imittisu й šumêlišu. Vgl. ВАР Nr. 76, 17 
bis 18, wo Meißner übersetzt: ‚wie ihr rechtes so ihr linkes, 
d.h. beide zu gleichen Teilen‘ (s. auch 143 ibid.). Hier ist 
diese Fassung kaum zulässig. 

Z. 21. Die Urkunde ist nicht datierbar. 
IV 399 oben. 


Vgl. Lindl BA 


a MURGU(LIBIT).A. 


144 Il. Abhandlung: Schorr. 


Nr. 61. CT VIII 30^ (Bu. 91—684). 


Hofdarlehen. 


1 1 bilti Sipáte* ҙа êkal- | 1 Ein Talent Wolle, Eigen- 
lim ? йт 10 šikil kaspim ? ia | tum des Hofes, im Werte von 
kût’ ÜU-tul-Istar а sábim | 10 Sekel Silber, unter Aufsicht 
4 itti Iš§-me- Sin mûr “Sin-be- | des Utul-Ístar, des Heerführers, 
el-ap(?)-lim(?) 5 Y *Marduk- | haben von Iäme-Sin, dem Sohne 
mu-3d-lim тат Зіп-і-Чіп-пат | des Sin-bélaplim, ® Marduk- 
6 Y Ilu-sü-ib-ni à Be-el-sü-nu | muSalim, der Sohn des Sir 
1 märü "Sín-e-ri-ba-am 9 ilteká | idinnam, Ilusuibni und Bei, 
šunu, die Söhne des 8іп-ёп: 
bam, geborgt. 





9 ümem Si(D-si(!) ékallim | Am Tage, in welchem der 
10 iš-ta-aš-su-ú 11 kaspam а-па | Herold(?) des Hofes 19 aus 
êkallim isakal[ü]* | rufen wird, werden sie das 
Geld an den Hof zahlen. 
| 4 Zeugen. 


19 bán Ilu-iá-na-gi-ir mûr Ilu-kü-ba-ni ІЗ рап [Sü]3-mu-um-li-i-. mûr 
Pir-hi-ili-4 1% pân [I] *-ku-un (!)-pî-® Bêl mûr 1Ь-Ки-44 15 рап Ibik-An-nu-nt- 
tum már Ta-ri-bu-um 


16 varah Abu! йти 10* | 16 Am 10. Abu, im Jahre, 
11 файшт Am-mi-di-ta-na | in welchem der König Ammi- 
LUGAL.E. 1 АВ(?). КІ. LU. | ditäna als Herrscher die Stadt 
GALGUB. MULU. МАН.А. | Ab(?) betreten ... 
3 AB.KI.(?) LUGAL.GUB. 
KUR. HAL.A. | 





Zum sachlichen Verständnis vgl. Anm. zu VI 37° (Nr. 51. 
Z. 3. obt sábim ‚Heerführer‘(?); vgl. auch VIII 19*, 3 
(Nr. 68). 


« SÍG. » KAT. e NLLAL.E[MES]. 

a So muß das mit da (?) wiedergegebene Zeichen gelesen werden. 
* In der Kopie ist das Zeichen unleserlich. 

f NE.NE.GAR. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 145 


Z. 9. si-si(?). Wenn die Lesung richtig ist, wird 41-81 
als Partizip I! 3&sf ‚der Rufende, Herold‘ anzusehen sein. Vgl. 
ҮШ 11°, 9—10 (Nr. 67). Der ‚Ruf‘ heißt überall Язи. Vgl. 
HWB? 10178». 

Z. 10. iš-ta-áš-su-ú. Präs. I! (aktiv), mit relativem 4, 
abhängig von £m. 

Z. 17. Die Urkunde ist nicht näher datierbar. Vgl. Lindl 
BA IV 398, Z. 42. 


Nr. 62. CT VIII 36" (Bu. 91—496). 


Hofdarlehen. 


! 1 bilti Sipäte* id ékallim 1 Ein Talent Wolle, Eigen- 
! sim 10 Sikil kaspim ° A4 Ilu- | tum des Hofes, im Werte von 
iú-ib-ni akil tamkare? 4 i-na | zehn Sekel Silber, welche Ilu- 
байт im-hu-ru 5 $a kût U- | Su-ibni, der Sekretär der Kauf- 
tul-Ístar dupšarrim 9 itti Ilu- | leute, im Hofe empfangen hatte, 
Hiib-ni akil tamkaré 7 | Ta- | 5 unterstellt dem Utul-Iätar, 
ri-bu-um mâr I-bi-“Šamaš | dem Schreiber, haben von Ilu- 
* | t-ku-*Ma-mu (1) ° | Be-lí- | šu-ibni, dem Sekretär der Kauf- 
ia-tum märü Ilu-šú-ba-ni 19 й | leute, Taribum, der Sohn des 
Ku-ub-bu-rum И ilteká ... | Ibi-Samas, Ibku-Mamu, Bélia- 
tum, die Söhne des Ilusu-bäni 

? und Kubburum geborgt. 
із [ü]m"" ékallum kaspam Am Tage, an welchem der 
[#4] 13 бкайат kaspam | Hofdas Geld zurückver[langen] 
-ib-ba-Iu wird, werden sie das Geld 

dem Hofe zurückerstatten. 

1 Zeuge. 


14 pán Varad-ili-s4 dupdarrim 
5 varah Elülu* йт 22kam 
# занит Am-mi-di-ta-na 


16 Am 22. Elülu, im Jahre, 
da der König Ammi-ditäna 


| 
| 
LUGAL.E.  GIS(?) ALAM.A. , sein Bild... 
NI. LIM.MA.UTU.DUG.UN(?)3 | 
` SÍG. » DAM.KAR. e KIN.AN.NA (?). 


“Ат Rande links: 1. kunuk (D ÜB) Ta-ri-bu-um; 2. kunuk Ib-ku-" Ma-mu; 
3. kunuk Be-li-ia-tum (?); 4. kunuk Ku-ub-bu-rum (?). 
Sitzungsber. d. phil.-hist. КІ. 156. Bd. 2, Abh. 10 


146 


U. Abhandlung: Schorr. 


Der Inhalt ist dem der vorangehenden Urkunde ähnlich. 
7.4. im-hu-ru. Die Bedeutung ist hier nicht ganz klar. 
Vielleicht war Ilusu-ibni der Vermittler zwischen dem Hof und 


den Entlehnern. 
7. 12. 

C.H. 8 305: gumma ... 

sein Feld ... verlangt‘. 
Z. 13. 


i-ib-ba-lu == ippalü. 


i-ri-[šú]. Die Ergänzung ist wohl richtig. Vgl. 
eķli-šú ... 


i-ir-ri-i3 ‚wenn er... 


ba — pa kommt auch in 


altbabylonischen Texten sehr selten vor. 


Z. 16. Nach King LIH III 250, Anm. 101 ist es viel- 


leicht das 26. Regierungsjahr. 


Allein es könnte auch das 23., 


28. und 30. möglich sein. Vgl. ВА IV 397, Z. 25. 


Aus der Zeit des Ammi-zaduga. 


Nr. 63. CT VIII 10^ (Bu. 88—158). VIII. Jahr. 


Feldmiete. 


1 1/5 САМ ері арібпіт? 


З ugar Sá(?)-na-ak-? 3 ekil | 


Ib-ga-tum mûr "Samai-li-vi(?)- 
[ir] * itti Ib-ga-tum тат "Sa- 
mas-li-vi(?)-ir 5 be-el eklim ® a- 
па ga-bi-e тіа sábé* - ? -Ба-аб- 
tim ° Į Ja-di-u Šú-tu-ú 5 таг 
Sa-ak-ti ° eklam а-па ir-ri-sü- 
tim 19 а-па biltim а-па Sattim 
ін 11 идёя 


13 ina (m ebürim eklam 
і-ї šú-ul-bi-šú (!) 13 i-šá-ad-da- 
du-ma 14 BUR.GAN 1-Е 8 
SE.GUR GIS.BAR “Šamaš 
15 blot eklim imaddad 


1, ju. b AB.SIN (1). 





' Ein Halbes GAN Ähren- 
feld, im Gefilde von ..., das 
Feld des Ibgatum, des Sohnes 
des Sama&livir, hat von Ib- 
gatum, dem Sohne des Šamaš- 
livir, * dem Eigentümer des 
Feldes, im Auftrage (durch 
Vollmacht) des Kriegers ... 
Jadiu, der Sutüer, der Sohn 
des Sakti, als Feld zur Be 
bauung 1° gegen Ertragsabgabe 
für ein Jahr gemietet. 

Am Tage der Ernte wird 
er, nachdem er das Feld 
nach Maßgabe seines unbebau- 
ten Teiles geeggt haben wird, 
von je 1GAN 8 СОК бе 
treide, nach dem Maße des 


° MIR.US. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 147 


Šamaš, 1° als Ertragsabgabe 
des Feldes abmessen. 
3 Zeugen. 


16 рдп Varad-"Marduk РА.РА. її рап Varad-E.TIL.AN.NA. 19 mâr 
Ib-ga-tum 19 рап Sü-mu-um-U-ib- mûr I-na-pa-li-e-&á (?) 


"* varah Aiaru* йти Tan | 33 Am 1. Ajaru, im Jahre, 
З $attum Am-mi-za-du-ga | in welchem der König Ammi- 
LUGAL.E. ** SIB.ZI.SEGA. | zaduga, der treue Hirt, Šamaš 
5 AXSamas ^*Marduk BI.DA. | und Marduk ... 
[MAL]. 

2 (am Rande): kunuk Ib- *5 Siegel des  Ibgatum, 
ga-tum 27 kunuk Varad-"Mar- | 27 Siegel des Varad-Marduk. 
duk. 


7. 6. а-па ga-bi-e = Кабі ‚im Auftrage, durch Vollmacht‘. 
Zur juristischen Bedeutung dieses Ausdruckes vgl. weiter Anm. 
zu VIII 19*, Z. 4 (Nr. 68). 

Z. 7. и-и-и ‚Sutäer‘. Nach Jensen KB VI! 69, Z. 8; 
61, 2.12 und 376 ‚Ведите‘. An letzterer Stelle bemerkt Jensen: 
‚Daß schon in alter Zeit Erech nahe dem Euphrat eine starke 
Araberbevölkerung hatte, wäre sehr wohl denkbar‘. Nach 
Winckler: Altorientalische Forschungen, I 146 sind die бий 
die Nomaden der syrischen Wüste, von wo sie dann später in 
assyrischer Zeit endgiltig in Babylonien eingedrungen sind. 

Sehr interessant für die Sutí-Frage ist die Stelle II 19, 
33—35 in einem Briefe eines Gefangenen an seinen Herrn 
(aus der Hammurabi-Zeit): be-lí at-ta šamnam а-па e-bi-ir-ta 
ti-id-bi-la-an-ni Šú-tu-ú ú-šá-am-hi-ru-ni-in-ni ka-li-aku == 
‚Du, mein Herr, ließest mich Öl nach jenseits [des Euphrat] 
bringen, die Sutü traten mir entgegen, so bin ich eingesperrt‘. 
Die Beduinen (Sutà) hausten eben schon damals an den Grenzen 
Babyloniens. 

Z. 14. Vgl. Anm. zu VIII 7°, 7.20 (Nr. 55). 

Z. 23. Zur Datierung vgl. Lindl BA IV 399, Z. 17. 


* Z. 20—21 gehören nicht in den Text hinein. Es sind zwei Namen der 
vorher erwähnten Zeugen: 29 kunuk Varad-E.TIL.AN.NA® kunuk Sü-mu- 
wn-l-ib-8i. ^ GUD.SI.DI. 

10* 


148 


П. Abhandlung: Schorr. 


Nr. 64. CT II 8 (Bu. 88—186). 


Feldmiete. 


14|, САМ ekil apsénim* 
3 3/8 САМ екі nidátim 3 1], 
GAN eklim ugar alu *'Gu-la 
4 (ta ekil “Šamaš 5 й ita 
её Im-gur-'"Sín 9 püzub Г» 
nam-kar тїй sábé* ° püzub 
2%" ka-ar-mu 8 KA(?). ES. 
[NU].UN.NA.GAL. ? ekil Ta- 
ri-ba-tum aššat (?) ‘Šamaš má- 
rat Varad-"Sin 19 itti Ta-ri- 
ba-tum aššat(?) “Šamaš 11 be- 
elt eklim ?? ] La-bi-is-tum 
таг "!Sin-ri-me-ni 18 eklam a- 
na ir-ri-Sü-tim й te-ip-ti-tim 
14 а-па biltim ата байт 3 
(2) 15 изя 


16 ina йт ebürim И eklam 
а-па bi-i šú-ul-bi-šú(?) 18 i-šá- 
ad-da-du-ma '% BA(?).BA(?).3 
*] САМ ekil apsenim 29 BUR. 
САМ 1-Е 6 SE.GUR ? за 
lg GAN ekil nidütim 3 1|, 


САМ 60 SEE) GIS.BAR ` 


бата$® 33 bilat eklim imad- 


dad 


* AB.SIN. b SAK.BI. 





іч, САМ Ährenfeld, 2, 
САМ Ödland, !/, САМ Feld, 
in der Flur der Stadt (der 
Göttin) Сша, neben dem Felde 
des Šamaš 5 und neben dem 
Felde des Imgur-Sin, dessen 
eine Front an die Mauer der 
Krieger, dessen zweite an einen 
Weinberg (?) ... von Groß- 
Tublia&(?) [grenzt], das Feld 
der Taribatum, der Šamaš- 
priesterin, der Tochter des Va- 
rad-Sin !? hat von Taribatum, 
der Samaipriesterin, der Be- 
sitzerin des Feldes, Labi&stum, 
der Sohn des Sin-riméni als 
Feld zur Bebauung und Ur 
barmachung gegen Ertragsab- 
gabe für 3 (2) Jahre !5 ge 
mietet. 

Am Tage der Ernte wird 
er, nachdem er das Feld nach 
Maßgabe seines unbebauten 
Teiles geeggt haben wird, von 
den */,g САМ Ährenfeld, ?° von 
je 1 GAN 6 GUR Getreide; 
von den ?/, GAN Ödland 
von je :/,, САМ 60 КА Ge 


| treide nach dem Maße des 


Šamaš als Ertragsabgabe für 
das Feld, abmessen. 


e BARA.USMES, 


d Vielleicht sind beide Zeichen als eines, verstümmelt aus #4 anzusehen. 


Vgl. Z. 21. 
f Oder: Alu-Gula. 


* So ist das letzte verstümmelte Zeichen aufzulösen. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


* a-di ekil nidütim й-ра- 
at-tu- 29 ekil арібпіт i-ık- 
ka-al 29 i-na 3d-lu-us-tim 


£a-at-tim. 27 eklum ата biltim | 


Lir-ru-ub 28 libbi bilat ekli-sü 


9 2/, Sikil kaspim ma-hi-ir 


149 


Solange er das Ödland ur- 
bar macht, ?° wird er vom 
Ahrenfelde genießen. Im dritten 
Jahre wird das Feld abgabe- 
pflichtig. Von der Abgabe 
seines Feldes sind ?/, Sekel 


Silber erhalten worden. 
2 Zeugen. 





8° pán Ar-ra-bu mûr Mär-üm-eiränker %1 pán "Sin-e-ri-ba-am mûr 

gil (?)-dub-ba-a 
31 yarah Abu* йти 20kan | 
5 файит Am-mi-za-du-ga 
LUGAL.E. * Ір РА. Am-mi- 


za-du-ga 35 nu-hu-us ni-&i. 


53 Am 20. Abu, im Jahre, 
in welchem Ammi-zaduga den 
Kanal ‚Ammi-zaduga nubuš 
| niši‘ [gegraben hat]. 


Zur Übersetzung vgl. Meißner AbR 13. — Zur Höhe der 
Feldmiete vgl. Anm. zu VI 48* (Nr. 11). 

7. 3. alu “Gu-la. Noch in neubabylonischer Zeit wird 
diese Stadt genannt. Vgl. Str. Nabun, Nr. 30, 16: alu Subat*^ 
"Gu-la. Vgl. Tallquist: Neubabyl. Namenbuch (Glossar). 

Z. 6. nam-kar ‚Tränke‘. Vgl. Anm. zu VI 33», 4 (Nr. 43). 


Z. 7. ka-ar-mu ‚Weinberg‘. So nach Daiches ZA XVII 
91, doch scheint mir diese Bedeutung noch nicht gesichert, sie 
dürfte an unserer Stelle kaum passen. Der Stamm würe dann 
natürlich von karmu ‚Ruine‘ zu trennen. 

Z. 8. Die Lesung ist nicht sicher. — Nach II R 39, 
29 g—h ist AB(ES).NUN. МА“ == "itgg-lYY-li-ia-as, was nicht 
— wie üblich — Umliaá, sondern nach (Billerbeck)-Hommel: 
Grundriß GGO 296: Duplias oder Tublias zu lesen ist. 

Z. 14. апа MU ||№". Da in Z. 26 vom dritten Jahre 
die Rede ist, so muß ein Versehen des Schreibers vorliegen, 
der einen Keil ausgelassen hat. 

Z. 33. Die Urkunde ist nicht näher datierbar. Vgl. Lindl 
BA IV 400, Z. 4 ff. 


* NE.NE.GAR. ^ KU. 


150 И. Abhandlung: Schorr. 


Nr. 65. CT II 32 (Bu. 91—361). 


Feldmiete-(Sozietät). 


1 Se САМ екі арібпіт | 


2 libbi ekil ta-vi-ir-tim #4 mûrê 
SUN).GI.ES(?) 3 ugar na-qu-ü 
4 ebirti* паг Ir(!)-ni-na 5 ekil 
Ri-is-"Marduk таг Mär-üm- 
20ю" таг SU.GLES ° itti Ri- 
i$5-WMarduk тат Mär-üm 20kan 
be-el eklim 1 а-па ga-bi-e A-ta- 
na-ah (?)-ili 8 таг Silli"-4Sa- 
mai ? T Ab-du-Iš-ta-ra EL(?). 





(GL) "в, САМ Ährenfeld, 
inmitten des Flurgrundstückes 
der ..., Inselgefilde(?), jenseits 


| des Irnina-Kanals, ® das Feld 


des Ri$-Marduk, Sohnes des 


| Már-üm-esrá(n), des . . ., haben 


von Ri3-Marduk, dem Sohne 


| des Маг-йш-ейга(п), dem Be 


sitzer des Feldes, durch Voll. 


' macht des Atanab-ili, des Soh- 


GA.GU 1 а Ri-is-^Marduk be- | 


el eklim 11 еКіат а-та ir-ri- 
šú-tim  a-na biltim а-па tap- 


nes des Silli-Samas, Abdu- 
Гага 19 und RiS-Marduk, der 


' Besitzer des Feldes, als Feld 


pütim® 13 апа зат Ім» — 


usesi 


WV a-vi-lum ma-la a-vi-lim 
15 ma-na-ah-tam апа eklim'” 
16 і за-ак-Ка-пи 

11 ina йт ebürim 1% eklam 
а-па bi-i šú-ul-bi-šú (?) 19 i-šá- 


ad-da-du (та 99 BUR.GAN | 


1-E 8 SE.GUR. GIS.BAR. 
"Хата 3 bilat eklim imad- 


dadü 


22 ù та-па-аћ-іа-#й-пи T-ip- 
pa-lu-ma 29 $е-ат ba-Si-a-am 





| 


zur Bebauung gegen Ertrags- 
abgabe in Kompagnie für ein 
Jahr gemietet. 

Einer wird gleich wie der 
andere 19 die Kosten für das 
Feld auslegen. 

Am Tage der Ernte werden 
sie, nachdem sie nach Maß- 
gabe seines unbebauten Teiles 
das Feld geeggt haben werden, 
*? von je 1 GAN 8 GUR Ge 
treide nach dem Maße des 
Šamaš als Ertragsabgabe für 
das Feld abmessen. 

Nachdem sie auch ihre 
Kosten einander rückerstattet 


..?.. 24 mi-it-ha-ri-is i-zu-uz- | haben, werden sie das vor- 


zu 35 libbi bilat eķil-šú (?) re- 
bút? kaspim ma-hi-ir 





handene Getreide gleichmäßig 
teilen. 29 Von der Abgabe für 


* BAL.RI. b МІН, с TAB.BA. 4 IGI.IV.GAL. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 151 


sein Feld hat er !/, [Sekel] 
Silber empfangen. 
4 Zeugen. 

% рап A-ta-na-ah-ili mûr ЗИй-йбатай *' рдп Gi-mil “Marduk mûr 
Sili-4Samas ** pân LZ Adam mûr E-tl-pi-"Marduk (?) 29 рап “Sin (?)-e- 
ri-ba-am. mdr gis-du-u[b-ba-a] 

3 varah Aiaru* йти З kan | ? Am 3. Aiaru, im Jahre, 
й файит Am-mi-za-du-ga da der König Ammi-zaduga ... 
LUGAL.E. * AB(?).KI.GAL. 
GUB.BA.TUM(?) ... GA(?). | 
" f MAH.MAL.IM.TE.EN. | 
^ KAR(?).NEÍB.TA.A. | 


Die Urkunde stellt eine besondere Art des Kompagnie- 
geschüftes dar, wie sie ja als solche auch nach Z. 12 gekenn- 
zeichnet wird. Zwei oder mehrere Leute mieten gemeinschaftlich 
ein Feld zur Bebauung gegen Ertragsabgabe, tragen gemeinsam 
die Bebauungskosten, welche sie dann nach der Ernte einander 
rückerstatten, indem sie mit dem vorhandenen Ertrag gemein- 
sam teilen. 

Ähnliche Urkunden: VIII 19^ (Nr. 68), BAP Nr. 75, 76; 
AUS Nr. 36 (= Sipp. 71). 

[. 3. ugar na-gu-á. Zur Bedeutung ‚Inselland‘, d. h. ‚ein 
über das Wasser hervorragendes Stück Land‘ vgl. BAP 123 
(unten). Die allgemeine Bedeutung ‚Bezirk, Distrikt‘ paßt 
hier nicht. 

Z. 4. чіт Ir-ni-na, auch VIII 11°, 3 (Nr. 66) erwähnt. Vgl. 
King LIH III 132, Anm. 2. Graphisch beachte das Zeichen ir. 

Z. 10. Wie ist die Zeile in Hinblick auf Z. 6, wonach 
Ris-Marduk Besitzer des Feldes ist, zu verstehen? 

Ich verdanke Herrn Prof. Müller folgende einleuchtende 
Interpretation: Es wird hier Ri&-Marduk in doppelter Eigen- 
schaft angeführt: 1. als Besitzer des Feldes, 2. als Gesellschafter 
des Abdu-I&tara [und des Atanah-ili]. Alle drei (Ris-Marduk 
fiktiv!) mieten von Ri&Marduk das Feld, bearbeiten es ge- 
meinsam, zahlen zuerst den Pachtzins an Ris-Marduk und 


* GUD.SI.DI. 


152 11. Abhandlung: Schorr. 


nachdem sie die Kosten gegenseitig beglichen, teilen sie den 
Ertrag. 

Es liegt also hier eine interessante juristische Fiktion 
vor, um bei dem Umstande, daß der Besitzer des Feldes zu- 
gleich als Pachtkompagnon auftritt, die juristische Vertragsform 
zu vereinfachen. Diese Fiktion steht in den Urkunden nicht 
vereinzelt da. BAP Nr. 76 bietet eine ähnliche Sachlage: Das 
Feld des Varad-UlmasSitum pachtet er selbst* und Avél 
МІК.КА unter ähnlichen Bedingungen wie in unserer Ur- 
kunde. 

7. 15. ma-na-ah-tam ‚Kosten, Mühe‘. — Ich habe schon 
WZKM XVIII 220 diese Bedeutung festgestellt? und in den 
88 47, 49 des С.Н. als einzig sinngemäß zu begründen versucht. 
Nun kommt dieses Wort in den Urkunden mehrmals vor, wie 
auch die RA: manahtam $akánu, m. apálu, m. epésu (1°). All 
diese Stellen, die hier wórtlich folgen sollen, scheinen mir 
obige Bedeutung zu bestätigen: 

VIII 19», 12—13 (Nr. 68): a-ve-lum ma-la a-ve-lim ma- 
na-ah-tam a-na* eklim i-sd-ak-ka (?)-nu-ma einer wird soviel 
wie der andere die Kosten für das Feld auslegen‘ (Vgl. auch 
ibid. 19—20). 

ҮШ 23°, 14 = AS III 36: mu-še-zu-šú ma-na (?)-ah-ta-am 
i(?)-te(?)-ip (?)-54 ‚sein (des Hauses) Mieter wird die Kosten 
decken" 4 

VIII 404, 20—22 (Nr. 36): i-na Sippar*! ma-na-ah-ta-ka 
a-pa-al-ka ‚in Sippar werde ich dir deine Kosten zurückgeben‘. 

ВАР Nr. 76, 13—14 (= Nr. 75, 11—18): a-vi-lum ma-la 
a-vi-lim ma-na-ah-tam i-Sd-ak-ka-nu® ‚einer wird soviel wie der 
andere die Kosten auslegen*. 

Ibid. 2. 19—21: ma-na-ah-ta-$ü-nu i-ip-pa-lu-ma ba-si-a- 
am miit-ha-ri-i$ i-zu-uz-zu ‚nachdem sie ihre Kosten einander 





* Z. ist daher sicher zu ergünzen: y Varad 9 Ul-mai-&[i-tum]. 

^ Betreffs eines zweiten davon verschiedenen manähtum s. weiter. 

* Zu beachten ist das ana. Wäre die Bedeutung von manahiu ‚Wohnhaus‘, 
müfte ina stehen. 

^ Vgl. dagegen Meißner AS III 36: ‚denn sein Mieter hat für seine 
Unterhaltung (?) zu sorgen‘. Ich beziehe Z. 19—13 auf den Vermieter. 

г Meißner: ‚Einer soll dem anderen die Wohnung bauen‘. Peiser KB 
IV 41: ‚Einer wird wie der andere wohnen‘. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 153 


rückerstattet haben werden, werden sie mit dem Rest (dem 
У ограпдепеп) gleichmäßig teilen‘. 

Sipp. (1 (= AUS 36), 10—12: ma-na-ah-tam (Ф) i-&d-ak- 
ka-nu-ma* eklam i-ri-Sü ‚indem sie die Kosten auslegen, werden 
sie das Feld bebauen‘. 

Ibid. 14—17: bilat(?) eklim(?) à ma-na-ah-tam(?) і-ір- 
pa-lu-ma $е-ат ba-Si-a-am mi-it-ha-ri-i$ i-zu-zu ‚indem sie die 
Abgabe vom Felde und die Kosten rückerstattet haben werden, 
werden sie das vorhandene Getreide gleichmäßig teilen‘. 

Besonders interessant sind BAP Nr. 66, 67. Letzteren 
Kontrakt möchte ich hier wörtlich anführen: 


1 2 SAR nidütum® ? йа E.NUN Iku-un-ka-!Rammän 
5 й dta sükim* 4 bit mûrê Pi-ir-hu-um 5 Ї Si-K-Istar mär Пі- 
eribam® 5 i-pu-u$ ° [апа ma-na-ha-ti-i-šú 9 šattum 10%" uš- 
£d-a-ab]* (V. us-id-am-ma)f ... ° e-li bi-tim 19 à ma-na-ha-[a-]* 
tim И mi-im-ma Gul 1-80. 

A [Auf] zwei ЗАВ Ödland,s neben dem „großen Hause“ 
des Ikünka-Rammán und neben der Straße, hat ein Haus für 
die Söhne des Pirbum, ° Silli-Iätar, Sohn des Ili-éribam, erbaut. 
Für seine Mühe (Kosten) wird er es zehn Jahre bewohnen. 


An das Haus 19 und an die Kosten wird er keinen Anspruch 
haben.‘ 


In dieser Übersetzung gibt der Vertrag einen sehr guten 
Sinn und bietet zugleich eine Illustration zum 8 228 des С.Н. 
Dort wird als Honorar des Baumeisters für ein neuerbautes 
Haus zwei Sekel für je ein SAR Grundfläche bestimmt. Nach 
dieser Norm müßte Sili-I$tar in unserer Urkunde, wo die Grund- 
fläche zwei ЗАВ beträgt, vier Sekel als Honorar empfangen 
haben. Statt dessen wird ihm das Haus für zehn Jahre als 
Wohnung überlassen. 


10 Jahre Mietswohnung == 4 Sekel 
1 Jahr Mietswohnung = !/, Sekel + 24 SE: 


* Friedrich (nach Meißner): ‚Nachdem sie die Behausung erbaut haben‘. 

^ KLUD (KISLAH). * ESIR. a SU(). * Nur außen. 

f Innen. є D. h. auf einem Raume von zwei ЗАК. 

» Vgl. dazu die Übersetzung Meißners a. а. О, wo тап и ‚Wohnung‘ 
gefaßt wird. ! 1 Sekel = 180 ŠE. 





154 И. Abbandinng: Schorr. 


Ein solcher Mietzins kommt auch wirklich vor, 
ja sogar ein noch geringerer. Vgl. ВАР 11. 


Somit ist der Baumeisterlohn in der Praxis mit der theo- 
retischen Bestimmung des Gesetzes in völliger Übereinstimmung 
und darin liegt auch — wie ich glaube — ein sachlicher 
Beweis für die Richtigkeit meiner Interpretation. 


Da auch іп ВАР Nr. 66 wahrscheinlich derselbe* Silli- 
[star ein Haus ana manahätim mietet, glaube ich, daß auch 
hier die Mietswohnung ein Äquivalent für das Honorar des 
Baumeisters darstellt.° Daher übersetze ich Z. 6—11: ‚für seine 
Baukosten wird er acht Jahre wohnen. Sobald er seine Zeit 
(Таке)? erfüllt haben wird, wird er an das Haus keinen An- 
spruch haben‘. — Nr. 66 stammt aus dem ersten Jahre Samsu- 
ilunas, Nr. 67 fehlt das Datum. Aus all diesen Stellen geht 
mit genügender Beweiskraft hervor, daf es zwei verschiedene 
Stimme manahtu gibt: 


a) mánahtu? ук ‚Mühe, Kosten, Versorgung‘ usw. 


b) manáhtu үг; ,Ruheort, Wohnung, Niederlassung‘ usw. 
Vgl. HWB? 562°, wo aber unter manáhtu beide Stämme zu 
sammengeworfen werden. 


Z. 20. Zur Lesung vgl. Anm. zu VIII vn, 20 (Nr. 55). 

7. 25. IGI.IV.GAL = rebütu oder rebitu == !/, Vgl 
НУВ? 950». 

Z. 31. Die Urkunde ist nicht näher datierbar. Vgl. Lind! 
BA IV 399, Z. 28. 


* Daß es derselbe ist, schließe ich, abgesehen von der Ähnlichkeit des 
Vertragsinhaltes, auch daraus, daß in beiden Urkunden unter anderen 
ein und derselbe Zeuge Sin-muiallim vorkommt, 


^ Das Maß in Z. 1 muß irgendwie korrumpiert sein. Ein Haus von einer 
Fläche !/, GIN (1 SAR = 60 GIN) ist ein Unding. Nach Harper bei 
Davies: The Codes of Hammurabi and Moses, S. 126, ist 1 SAR — 
18 engl. Quadratellen (ungefähr). 


с Lies: ит-та-Н-#. So schon richtig Peiser KB IV 30. 
4 Oder: mánáhtu. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


155 


Nr. 66. CT VIII 115 (Bu. 91—503). 


Feldmiete. 


11|, САМ eklim libbi* 
I САМ eklim ? ugar Zu-ha-a 
Sina ebirtibrir Ir-ni-na < i-ta 
ekil me-ri-ei A-vi-il-Istar 5 már 
Ib-ni-"Samas 6 ekil I-na-lib- 
bis (P)-ni-si-it aššat(?) “Šamaš 
! märat Pir-hi-ilt-iá ° itti Гта- 
libbi* (?)-ni-&i-it aššat (?) “Ša- 
maš 9 be-el-ti eklim оў 1Ь-Ки- 
"Na-bi-um gallabum* И eklam 
апа ir-ri-$ü-tim 13 апа biltim 
а-па &attim 1" 15 ú-še-gi 


14 та (m ebürim 15 1 GAN- 
Е 8 SEGUR GIS BAR "Sa. 
mas (?) !5 [i-nJa báb(?)* Mal- 
да И imaddad 


8 рдп Ihik-An-nu-ni-tum mâr 


na-si-ir mâr lbik-An-nu-ni-tum 


33 varah Kislimu! йти 10ка" 
3 Зайит Am-mi-za-du-ga 
LUGAL.E. 3 ALAM.A (?). 
#HI.LIM.GAB.A. 25 BA.A. 
AN.DA.GAL.LA. 


a 8А, 
e MII 


ь BAL RI 
f KAN.KAN.E. 


1 Ein Drittel GAN Feld 
inmitten von 1 GAN Feld, im 
Gefilde des Zuhä, am jensei- 
tigen Ufer des Kanals Irnina, 
neben dem bebauten Felde des 
Avéll&tar, 5 des Sohnes des 
Ibni-Sama&, das Feld der Ina- 
libbi-nisit, der Samaipriesterin, 
der Tochter des Pirbi-ilisü, hat 
von Ina-libbi-nisit, der Šamaš- 
priesterin, der Besitzerin des 
Feldes, 19 Ibku-Nabium, der 
Haarscherer, als Feld zur Be- 
bauung gegen Ertragsabgabe 
für ein Jahr gemietet. 

Am Tage der Ernte wird 
er ® von je 1 GAN 8 СОК 
Getreide, Maß des Ѕашаё (?), 
[im] Tore von Malká abmessen. 

4 Zeugen. 


1 Sín-i-din-nam 19 рдп Ib-ni-" Rammän 
akil tamkar[6] 29 pân Gi-mil-"Marduk daianim mûr Silli*-*Sama& 3 рдп *Sín- 


e SU.I. 


33 Am 10. Kislimu, im Jahre, 
in welchem der König Ammi- 
zaduga die Statue des... 


а КА (?). 





156 П. Abhandlung: Schorr. 


Z. 4. ekil me-ri-e$ ‚angebautes Land‘. Nach Jensen 
Theol. Literaturzeitung 1895, Nr. 10 ‚ein bewässertes Stück 
Land‘ von yeré£u ‚bewässern‘. Vgl. HWB? 593". 

7. 8. Zum Namen vgl. Anm. zu VIII 404, 2 (Nr. 56). 

7. 23. Die Urkunde ist nicht näher datierbar. Vgl. BA 
IV 400, Z. 14. 


Nr. 67. CT VIII 11° (Bu. 91—596). 


Hofdarlehen. 


1 1 biltu* Sipäte® nam-har- | 1 Ein Talent Wolle [aus 
ti ökallim 3 mahiru* 6 manê | den] Einnahmen des Hofes — 
ana 1 3ikil kaspim ? šîm“(!) nach dem Preis[verhältnis]®: 
10 &ikil kaspim * ša kût U-tul- | sechs Minen für einen Sekel 
Istar dupsarrim 5 itti "Samaš- | Silber — im Werte von zehn 
kátam-isbat* daianim ê тат | Sekel Silber, unterstellt dem 
Ilu-sü-ib-ni 7 T Ilu-šú-ib-ni mâr | Utul-Ištar, dem Sekretär, * hat 
Be-li-ia-tum ® ilteķi von Samas-kätam-isbat, dem 
Richter, dem Sohne des Ilusu- 
ibni, Ilusu-ibni, der Sohn des 
Béliatum geborgt. 

9 йтчт $i-si ékallim 1° iš- Am Tage, da der Herold(?) 
ta-su-ü И kaspam а-па ékal- | des Hofes !° ausrufen wird, 





lim isakal wird er das Geld an den Hof 
| zahlen. 
| 4 Zeugen. 

13 рёп "Bél-ma-gir. mûr *Sin-i-din-nam 13 рап Sü-mu-um-li-ib-li 19 mår 
Pir-hi-ili-8à 19 pân *"Sín-na-di-in-Fá-mi 19 mër Be-la(?)-nu И pân А-сі-і/- 
“Sin dupsarrim 

18 vara] Simänu! йти 12* | 18 Am 12. Simánu, im Jahre, 
19 файит Am-mi-za-du-ga | in welchem der König Ammi- 
LUGAL.E 19 4NSamai DIM | zaduga . 
DIR.MA.NI.MA. ?\ ZI.BLES, 
IM.TA.E.A. 33 MA.A.HI.RA. 
MA.SI.NE. ÍB(?).DI.DI.A. 


` GUN. ь SÍG. ° KLLAM. а SAM (І). 
e SU.MU.UN.DIB. f LIBIT.A. s Oder: Kurs. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 157 


Zum Inhalt vgl. Anm. zu VI 37° (Nr. 54). 

Z. 9--8.  Arithmetisch ausgedrückt ist das Verhältnis 
folgendes: 6:1 == 60:10. — Bemerkenswert ist die Preis- 
bestimmung nach der Einheit sechs. — mahiru ‚Preis‘, hier 
‚Preisverhältnis, Kurs‘. Die Variante für das Zeichen SÄM ist 
graphisch beachtenswert und ist AL IV ,Babyl. Zeichenliste‘ 
Nr. 1324 zu registrieren. Vgl. auch VIII 1°, Z. 7—8 u. 5. 

Z. 9—10. Vgl. Anm. zu VI 37°, 9 (Nr. 54) und VIII 30*, 
3 (Nr. 61). 

Z.19. Die Urkunde ist nicht näher datierbar. Vgl. Lindl 
ВА IV 400, Z. 17. 


Nr. 68. CT VIII 195 (Bu. 91—460). 


Feldmiete-(Sozietät). 


! Eklum ma-la ba-zu-ü 1 Ein Feld, soviel vorhan- 
* ugar Iz-ma-nu 3 КАТТА(?) | den ist, im Gefilde des Izmanu, 
| Ilí-i-ki*-&d-am a-bi sábim^(?) | Besitztum (?) des Ili-ikîšam, 
‘апа ga-bi-e Varad-" Be-li(?)-^ | des Heerführers(?), haben durch 
tim 5 таг *"Bél-a-ha-ami-din- | Vollmacht des Varad-Bélitim(?), 
nam ê | Ib-ku-"Na-bi-um gal- | 9 des Sohnes des Bélabam- 
labum* ° Y “Samas-ba-ni mâr idinnam, Ibku-Nabium, der 
Ши4й ... 8 Y Varad-* Be-li*()- Scherer, Samai-báni, der Sohn 
tim mûr Böl-a-ha-am-i-din- des Ilu&u . . ., Varad-Bélitim (?), 
nam ° й A-hu-ia-tum 19 eklam | der Sohn des Böl-aham-idinnam 
ana ir-ri-&éá-tim а-па ТАВ.ВА | und Abuiatum 19 als Feld zur 
ата (?) &attim (2) 2(?)'^" 11 u- | Bebauung, in Kompagnie für 
jegü® 2(?) Jahre gemietet. 
7 avi-lum ma-la a-vi-lim Indem einer gleich wie 
ma-na-ah-tam a-na eklim | der andere die Kosten für das 
i-sd-ak-ka (? -nu-ma 1 i-na йт | Feld auslegen wird, werden sie 
ebürim 15 eklam ата bi-i šú- | am Tage der Ernte, !5 nach- 
uLbi-íü 16 i-id-ad-da-du-ma | dem sie das Feld nach Maß- 





13 


* Die Kopie bietet di, das mit ki sehr leicht zu verwechseln ist. 
* ЗАВ (?). 

* Statt des li (?) möchte Ranke 1. c. 174* -el lesen, doch vgl. 2. 8. 
4 80.1. e IB.TA.E.AME3, 


158 И. Abhandlung: Schorr. 


1 1 САМ 6 SE.GUR GIS.BAR | gabe seines unbebauten Teiles 
йбатаї 18 bilat eklim imad- | geeggt haben werden, von je 


dadü 1 GAN 6 GUR Getreide nach 
dem MaßedesSamas, als Ertrags- 

abgabe des Feldes abmessen. 

19 й, ma-na-ah-ta- Fá-nu i-ip- 2° Nachdem sie auch ihre 


pa-lu-ma 29 ie-am ba-Si-a-[am] | Kosten einander zurückerstattet 
mi-it-ha-ri-is ?! izu-uz(?)-z[u] | haben werden, werden sie das 
vorhandene Getreide in glei- 
cher Weise teilen. 
4 Zeugen. 


D pân I^-ni-" Hammán РА.РА. ® рдп Ta-ri-bu-um mûr Be-lit-lu-da(?)-i 
м рап Ta-ri-bu-um mûr Ilu-sü-ib-ni 35 pân Sü-mu-um-li-i таг gis (!)-dub-ba-a 
26 varah Tebitu^ йти 5 ка" 36 Am 5. Tebitu, im Jahre, 
М šattum Am-mi-za-du-ga LU- | in welchem der König Ammi- 
GAL.E ?** BAD Am-mi-za- | zaduga [die Mauer] Dür-Ammi- 
du-ga INIM.ID. Sippar®, | zaduga an der Euphratmtündung 
| [erbaut hatte]. 
Am Rande: []" kunuk’ Siegel des Taribum. 
Ta-ri-bu-um. 





Z. 3. Die Lesung und Deutung ist nicht sicher. 

Z. 4. а-па ga-bi-e = kabi (Inf). Wörtlich ‚auf Befehl, 
im Auftrage‘, juristisch prägnanter ‚durch Vollmacht‘. Der 
technische Ausdruck, dessen richtige Deutung ich Herrn Prof. 
Müller verdanke, ist sachlich sehr wichtig. Wie Z. 8 beweist, 
ist der Bevollmächtigende selbst auch am Pachtgeschäfte mit- 
beteiligt. Die Kontrahenten (Pächter) schließen den Vertrag 
nicht nur im eigenen Namen, sondern auch durch Vollmacht 
des Dritten (Abwesenden) für sich und den Dritten. So fällt 
denn auch von hier Licht auf die analogen Verträge VIII 10" 
(Nr. 63) und II 32 (Nr. 65), wo der Terminus ana kabi ebenso 
zu verstehen ist. Vgl. auch ВАР Nr. 14, Z. 17. 

Wenn daher bei Darlehen X ana kabi Y von Z Geld 
borgt, so ist Y der eigentliche Schuldner und zur Zahlung 
verpflichtet, wie ВАР Nr. 4 (Z. 6, 15) beweist. Ebenso wird 


* AB.E. > DUB. Zum Ideogramm vgl. НУВ! s. v. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


159 


man VATh 792 (= KB IV 34 I), wo man sonst zweifeln 
könnte, wer zu zahlen hat, interpretieren müssen. 

Schließlich ist es auch folgerichtig, wenn im Ehevertrag 
VIII 7° (Nr. 59) der bevollmächtigende Bruder der Braut auch 
an der tirhatu mit den übrigen Kontrahenten partizipiert. 

Z. 15. Vgl. Anm. zu VI 24», 9—10 (Nr. 50). 

Z. 27. Die Urkunde ist nicht näher datierbar. Vgl. Lindl 


BA IV 399, Z. 21. 


Nr. 69. CT VIII 19° (Bu. 88—238), 


Feldmiete. 


! Eklum ma-la bi(!)-zu-fü] 
' ugar Se-mi ? ekil Amat-"Ma- 
ти assat(?) “Šamaš 4 märat 
Ari-il-"Na-bi-um ° itti Amat- 
"Ma-mu aššat (?) “Šamaš 6 má- 
rat A-oi-il- Na-bi-um 7 be-el-ti 
eklim ® Y 1 Bél-ma-gir mûr I-bi- 
"Samas ° eklam а-па ir-ri-iá- 


2 e 


hm ana biltim 19 ú-še-şi 


п dna йт ebürim 13 eklam 
ana bi-i šú-ul-bi-šú 13 i-šá-ad- 
da-du-m[a] 14 £e-am GIS.BAR 
“Samas 15 bilat eklim 1 i-na 
м» Mal-gi-a 1" imaddad 


18 3%... 9 атай ] bi-na(?)- 
du(?) 19 i-pa-ak-ki-iz-zi 


* КА. 


! Ein Feld, soviel vorhan- 
den ist, im Gefilde des Sémi, 
das Feld der Amat-Mamu, der 
Затайргієвіегіп, der Tochter 
des Avél-Nabium, ® hat von 
Amat-Mamu, der Samajprie- 
sterin, der Tochter des Avöl- 
Nabium, der Besitzerin des 
Feldes, Böl-mägir, der Sohn 
des Ibi-Samas, als Feld zur 
Bebauung gegen Ertragsabgabe 
10 gemietet. 

Am Tage der Ernte wird 
er, nachdem er das Feld nach 
Maßgabe seines unbebauten Tei- 
les geeggt haben wird, das Ge- 
treidenach dem Maße des Šamaš, 
!5 als Ertragsabgabe vom Felde 
im Tore von Malkà abmessen. 

Drei [Festgaben] des Sa- 
mas, 1... wird er(?) für sie 
besorgen. 


è Das folgende Zeichen ist vielleicht verstümmelt aus SAR = isinnu. Vgl. 


VIII 42e, 12 (Nr. 83). 


160 


20 pán “Šamaš й "Aja. 


21 vara]; Simánu* йти 26 kam | 


22 Зайит Am-mi-za-du-ga 
LUGAL.E. GAB (?).A.NI.SIB- 
TU. 2(?). ВІ. 

Am Rande: kunuk” ["BJel- 


ma-gir таг I-bi-"Samas. 


Il. Abhandlung: Behorr. 


| 2 Vor Šamaš und Aja. 

Am 26. Simánu, im Jahre, 
in welchem der König Ammi- 
zaduga ... 





Siegel des Bél-mágir, Soh- 
| nes des Ibi-Samaá. 


Z. 22. Das Datum kann nicht festgestellt werden. Lindi 
BA IV a. a. O. erwühnt diese Urkunde nicht. 


Nicht datierte* Urkunden. 


Nr. 70. CT II 22 (Bu. 91—301). 


Darlehensprozef. 


1 Міні manê Казріт за 
ÜR.RA-[ga-mil] ° а-па E-ri-ib- 
"бт 3 a(?)-na duppim(?) i-di- 
пи * й "|, manê ta-a-an 5 hi- 
im-sa-tu-5ü-nu 

б ana bit "Samas E-ri-ib- 
й ° тата ÜR.RA-ga-mil 
8 märäte ÜR.RA-gamil ° à 
assat! UR.R A-ga-mil 19 i-ru-bu- 
тта " | Eri.ib-"Sin ?? ni(?)- 
ka-zi-f&á mahar “Šamaš i-pu- 
us-ma(?) 13 5|. manê 5 šiķil 
kaspim ina bit збатав ú (?)- 


bi (?)-ru-ma (?) 


м libu mûrê UR.RA-ga- 
mil 15 märäte ÜR.RA-ga-mil 





a LIBIT.A. ь DÜB. 
© Resp. nicht datierbare. 





ı Eine halbe Mine Silber, 
welche ÜR.RA-[gámil] ап Érib- 
Sin urkundlich gegeben hatte 
und ein Drittel Mine, ist der 
Betrag 5 ihrer Streitsumme. 

Nachdem Erib-Sin, die 
Söhne des ÜR.RA-gámil, die 
Töchter des UR.RA-gämil und 
die Frau des UR.RA-gämil in 
den Tempel des Šamaš 10 ein- 
getreten waren; Êrib-Sin seine 
Rechnung vor Šamaš gemacht 
hatte; sie (die Richter) */, Mine, 
sieben Sekel Silber im Tempel 
des Šamaš zugesprochen (7 
hatten, 

hat Erib-Sin das Herz der 
Söhne des UR.RA-gämil, !5 der 


а DAM.A.NI. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 161 


Ів й aliat ÜR.RA-ga-mil "YE | Töchter des UR.RA-gámil und 


ri-ib-4Sín 19 ú-ti-ib der Frau des UÜR.RA-gámil 
befriedigt. 
19 ú-ul itu-ru-ú-ma 29 a- Indem sie [das Urteil] 


na Eri-ib-"Sin ?! iš-tu bi-e a-di | nicht anfechten, werden sie 

hurágim 33 ú-ul i-ra-[ga-m]u | 99 gegen Erib-Sin vom Munde 

bis zum Golde nicht klagen. 
9 Zeugen. 





7 pán Ig-mil-Sin mår Sin-/be-e]l-ili ** рдп Bur-"Rammän mûr Ha- 
[ad]-du-um 35 рдп *Sin-na-gi-ir pân KA-44-"Samas * mûrê Hu-ur-šá-nim (?) 
” pân Ma-an-ni-ia mâr I-[i-i]k-Éitar 38 ріп Be-el-žú-nu mûr Ma-an-nu-um- 
ki-ma-ili-ia 2? pán I-bi-ik-"Rammän 29 mûr Ха-га-ат-ййі-йй 9 рат Nu-ár (?)- 
ili (?)- таг U-ku-un- KA-Já 33 pân Varad-Sin mûr 3 Sín-ga-mil. 


Die Frau und Kinder des ÜR.RA-gámil klagen nach 
dessen Tode Êrib- Sin wegen einer urkundlich bewiesenen 
Schuld im Betrage von °/,* Mine Silber. 

Érib-Sin legt seine Rechnung den Richtern vor, 
worauf diese den Klägern */, Mine und 7 Sekel zusprechen, 
womit sich dieselben zufrieden geben. 

Aus der Tatsache, daß der Geklagte seine Rechnungen 
(Ablieferungen) vorlegen muß, wird man wohl schließen dürfen, 
daß es sich um ein Darlehen für eine Geschäftsunternehmung, 
um ein Kommissionsgeschäft, wie es in den 88 100—107 des 
C. H. erörtert wird, handelt. Die 7 Sekel, welche Érib-Sin 
über die Hóhe der Klagesumme hinaus zu zahlen hat, wird 
man als Darlehenszinsen, resp. Gewinnanteil des Verleihers an- 
zusehen haben. 

Nun sind wir in der Lage diesen Prozeß noch weiter zu 
verfolgen. Wiewohl die Urkunde weder ein Datum noch einen 
Künigsnamen überhaupt trägt, läßt sie sich doch durch einen 
genauen Vergleich mit einer anderen Urkunde, nümlich II 46 
(Nr. 21), mit der sie in sachlichem engen Zusammenhang steht, 
ziemlich genau datieren. 

In jener Urkunde klagen ebenfalls die Frauen, Söhne 
und Töchter? — alle mit Namen genannt — des verstorbenen 


* Ih + 03. b Außerdem noch ein Bruder des Verstorbenen. 
Sitzungsber. d. phil.-bist. Kl. 155. Bd. 2. Abh. 11 


162 П. Abhandlung: Schorr. 


ÜR.RA-gámil den Érib-Sin, aber nicht wegen einer be- 
stimmten Forderung, sondern wegen ‚all dessen, was ÜR.RA- 
gämil hinterlassen und an ihn (Erib-Sin) an Forderungen hat‘. 
Der Richter läßt den Angeklagten einen Reinigungseid leisten 
mit den Worten: ‚von all dem, was UR.RA-gämil gehört, ist 
bei mir nichts vorhanden‘, worauf der Richter die Kläger zu- 
rückweist. Sie stellen zum zweiten Male (151й-та) eine Ur- 
kunde aus mit der Verpflichtung, nicht mehr gegen Erib-Sin 
zu klagen, dem sie diese Urkunde übergeben, indem sie ihre 
Verpflichtung auch mündlich durch einen Schwur bekräftigen. 

Hält man diese zwei Urkunden nebeneinander, wird man 
keinen Moment daran zweifeln, daß sie eng zueinander ge- 
hören und einander ergänzen. Es sind dieselben Kläger, der- 
selbe Angeklagte und auch — wie weiterhin gezeigt werden 
soll — zum Teile dieselben Zeugen. Beide Urkunden stellen 
zwei Phasen desselben Prozesses dar und der Sachverhalt ist 
wahrscheinlich folgender: 

Érib-Sin war Kommissionär? ($amallü 8 10119) bei ОБ. 
RA-gämil, der ihm Geld und Waren zu weiterem Vertrieb lie- 
ferte. Nach dem Tode des UR.RA-gämil klagen die Erben auf 
Grund einer Darlehensurkunde den Erib-Sin wegen einer be- 
stimmten Summe. Dieser kommt der Forderung vollkommen 
(mit Zinsen) nach, womit die Kläger sich zufrieden geben. 
Nach einer gewissen Zeit aber strengen dieselben Erben eine 
zweite Klage gegen Erib Sin an, doch diesmal nicht eine be- 
stimmte schriftlich begründete Forderung nennend, sondern 
gewissermaßen eine Pauschalklage ‚wegen der ganzen Hinter- 
lassenschaft des UR.RA-gämil‘, indem sie wohl Erib-Sin ver. 
dächtigen, noch im Besitze eines Teiles von dessen Vermögen 
zu sein. Es ist vollkommen einleuchtend, daß der Richter in 
Ermangelung schriftlicher Beweise, dem Angeklagten einen 
Reinigungseid auferlegt, daß sich nichts vom Vermögen des 
Verstorbenen in seinen Händen befinde, worauf die Kläger 
zum zweiten Male — in unserer Beleuchtung wird erst der 
Ausdruck verständlich — sich schriftlich verpflichten, nicht 
mehr zu klagen. 


< Er wird da mit dem Namen seines Vaters [,Sohn des*] KA-34-Upi genannt. 
b Oder: Zwischenhändler, wie Winckler £amallà wiedergibt. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 163 


Nachdem nun II 46 (Nr. 21) aus dem 14. Jahre Sin- 
muballits datiert ist, muß unsere Urkunde sicher aus einem 
früheren Jahre desselben Königs stammen, vielleicht aus dem 
13. Jahre — bei der Annahme, daß die Kläger bald nach 
Fällung des ersten Urteils die zweite Klage erhoben haben. 


Es kommt hinzu, daß zwei Zeugen in beiden Urkunden 
identisch sind (II 22, 23 -- II 46, 34; II 22, 29 — II 46, 35). 
Endlich zeigt auch der graphische Duktus ganz klar, daß 
beide Urkunden einer Zeit angehören, nur daß unsere Ur- 
kunde einen nachläßigeren Schreiber verrät als II 46 (Nr. 21), 
die sehr schón und deutlich geschrieben ist. 


So erfährt meine Vermutung, welche ich schon bei Inter- 
pretation von II 46 (Nr. 21), ohne mir noch des Zusammenhanges 
mit II 22 (Nr. 70) bewußt gewesen zu sein, ausgesprochen 
habe, daß es sich dort um eine zweite Klage in derselben 
Streitsache, infolge Anfechtung des ersten Urteils handle, durch 
unsere Urkunde eine nicht zu bezweifelnde Bestütigung. Vgl. 
auch Nr. 12* weiter S. 170. 

Z. 3. а-па duppim(?) = ana pi d. ‚gemäß einer Quit- 
tung, urkundlich‘. 

Z. 4. ta-a-an, Der Gebrauch dieses іп den neubabylo- 
nischen Urkunden überaus oft vorkommenden Komplements 
nach Zahlangaben, begegnet in den altbabylonischen Kontrakten 
nicht sehr häufig. Vgl. ВАР Nr. 57, 11: 1 SEGUR taa |1 
GUR Getreide‘ und Anm. zu II 41», 35 (Nr. 30), S. 91. 

Indes weist С. Н. XXI 86: ta-a-na Zem ‚Betrag des 
Getreides‘ darauf hin, daß hier vielleicht ein sumerisches Lehn- 
wort tänu vorliegt* und daher die Zeichen phonetisch zu lesen 
sind. In diesem Falle möchte ich ta-a-an als stat. const. mit 
dem folgenden Worte verbinden: ‚den Betrag ihrer Streit- 
summe‘. 

Z. 5. hi-im-sa-tu-Sü-nu. Das Wort ist sonst nirgends in 
der babylon.-assyrischen Literatur bisher belegt (vgl. HWB"®). 
Der Kontext erfordert die Bedeutung ‚Streit, Streitsache, Pro- 
zeßobjekt‘ o. à. 





* 8o von Delitzsch seinerzeit (im J. 1902) in der Vorlesung bei Inter- 
pretation des C. H. ausgesprochen. 
11* 


164 И. Abhandlung: Schorr. 


Ich vermute nun, daß es mit arab. „os. ‚altercatione et 
lite vicit‘, III ‚litigavit‘, ET altercatio, lis‘* zusammenhängt, 
mit Metatesis der beiden letzten Radikale. 

Ob auch haméásu^ ,unterdrücken'(?, HWB? 323°, und 
hebr. yin Jes. I 17, Ps. 71, 4 (pain) hiehergehört, lasse ich 
dahingestellt. Es ist dann an unserer Stelle entweder die Form 
himsatu (kitlatun) oder himistu, pl. himgátu(e) anzusetzen. 

Z. 12. mi(?)-ka-zi- $4 mahar il Šamaš i-pu-u$-ma(?) 
‚nachdem er seine Rechnung vor Šamaš gemacht hatte‘, d. h. 
vor den Richtern im Samaitempel, vgl. C. H. IX 33—36: hal- 
ga-am ma-har i-lim ü-ba-ar-ma er soll den Verlust vor Gott 
deutlich angeben‘ п. б. Vgl. Exod. XXII 8: eme ¬3" xz awk? 7. 


nikázu — nikasu. Vgl. C. H. I* 52—54: kasap la ka-ni- 
ki-im ana ni-ik-ka-az-zi-im ü-ul i$-&d-ak-ka-an ‚das nicht 
bescheinigte Geld wird auf (sein) Konto nicht gesetzt‘ (Müller) 


oder ,. . . nicht zum Vermögen („Haben“) getan werden‘ 
(Winckler). 


Sowohl im C. H. wie auch an unserer Stelle heißt nikasu 
nicht ‚Vermögen‘ im üblichen Sinne, sondern ‚Haben, Konto‘ 
und die Phrase nikasam epé$u ‚das Konto machen, die Rech 
nung machen‘. 


Demgemäß möchte ich auch BAP 79, 7—9 also über 
setzen: i-na ba-ab “Šamaš ni-ka-za-am i-pu-lu-ü-ma um- 
mi-an-šú-nu i-pu-lu-ma ‚nachdem sie im Tore des Samai(tem- 
pels] das Konto gegenseitig ausgeglichen und einander ihr 
Anlagekapital zurückgegeben haben‘. Ез handelt sich dort 


um die Auflösung eines Kompagniegeschäftes. Vgl. auch BAP 
18, Т—8. 


< Freitag: Lexikon arab.-latinum I 494». 

bd Nachträglich finde ich auch das Substantivum: hi-im-sa-a-ti фа um- 
тап nakiri ёши. (Craig: Assyrian religious texts, рі. LXXXI, 2. 22 = 
Martin: Textes religieux assyriens, S. 304.) Martin übersetzt ,défaite, 
honte‘. Es gehört wohl zu hamágu ‚unterdrücken‘? 

* In neubabylonischen Urkunden kommt diese kaufmännische Phrase sehr 
oft vor (vgl. HWB? 673*), jedoch in einer anderen Bedeutung ‚eine 
Ablieferung leisten‘, vgl. BA I 535. 

4 Meißner übersetzt: ‚und gaben im Tore des Šamaš das Vermögen zu- 
rück und gaben auch ihr Anlagekapital zurück‘. Das ist nicht ganz klar. 


Altbabylonische Rechtsurkunden, 


165 


Z. 13. «4(?)bi(?)ru ma ‚haben sie zugesprochen‘. Vgl. 
BAP 128, wo aber Meißners syntaktische Ausführungen kaum 
richtig sind. Auch die Herleitung von ypáru ibid., einem Sy- 
попут von Au d und Ztte d ‚suchen, sich bektimmern‘ ist sehr 
problematisch. 

Vielmehr könnte man es von -кз ‚deutlich erklären, an- 
geben‘, C. H. IX 36, IV* 18, У» 19 herleiten*, dann ‚entscheiden, 
entscheidend überweisen, zusprechen‘. Vgl. auch VIII 6°, 20: 
ü-bi-ir-ru-ma id-di-nu ‚indem sie (die Richter) zugesprochen 
hatten, übergaben sie‘. In der Bedeutung ‚überweisen‘ kommt 
das Wort vor: IV 6* 16, 18 (Nr. 73); VI 34°, 15, 20 (Nr. 78), 
dagegen BAP Nr. 105, 8 ‚deutlich angeben, deklarieren (vor 
Gericht)‘. 

Wie schon oben nachgewiesen wurde, gehört die Urkunde 
in die Zeit Sin-muballits (13. Jahr ?). 


Nr. 71. CT II 40^ (Bu. 91—394). 


Paternitätserklärung. 


1 T Ka-ra-na-tum ? märat 
Nu-ür-"!Sin 

3 i-na ma-ri-áü й ma-ra-ti- 
[3]á * mi-im-ma(?) ma-ma-an 
› е1 Ka-ra-na-tum ° тата 
Nu-ür-"! Sin 1 ú-la Gäng 

$ Da-mi-ik-tum ° aháza"* 
зд Ka-ra-na-tum 19 а-па mu- 
tiim 11 d-na-di-Si. 


! Karanatum ist die Toch- 
ter des Nür-Sin. 

Unter seinen Söhnen und 
seinen Töchtern soll niemand 
5 gegen Karanatum, die Toch- 
ter des Nür-Sin etwas haben. 

Damiktum, die Schwester 
der Karanatum, wird sie ап 
einen Mann geben (verhei- 
raten). 

5 Zeugen. 


13 ріп É-a-i-din-nam (?) 19 mûr Zi-ki-la-ia '* pân Zi-iz(?)-su-na-ra-at 
$ mår Ili-ii-ti-gal !* pân U-bar-ru-um mûr Sin-tappäm-vi-di (!) " pân Ib-ku- 
id mår Ku-na-tum 19 pân Sin-bala(*-ap-li 1° тд» Be-la-nu-um. 


* Vgl. WZKM XVIII 226, Anm. 1. 


У NIN.A. NI. * Akkusativ. 


4 TAB.BA. * TIL.LA. 


166 П. Abbandlung: Schorr. 


Diese Urkunde hat Meißner AS III 49 transkribiert 
und übersetzt, jedoch völlig mißverstanden. Es handelt sich 
gar nicht um die Klage der Kinder gegen ihre Mutter wegen 
einer angeblichen Schenkung seitens des Vaters. Von all dem 
steht in der Urkunde absolut nichts. Es ist eine einfache 
Freilassung durch Paternitütserklürung* mit dem bekannten 
Schema: X ist der Sohn (Tochter) des Y, wie oben zu IV 42» 
(Nr.1) festgestellt wurde. An diesem Mißverständnis Meißners 
mag man erkennen, von welcher Wichtigkeit die Beachtung 
des Schemas (Typus) für die richtige Interpretation der Ur- 
kunden ist. 

Der Inhalt ist einfach: Nür-Sin proklamiert die von 
einer Sklavin gezeugte Karanatum als legitime Tochter. Seine 
Kinder von der freien Frau dürfen die Adoption nicht an- 
fechten (Schema). Damiktum, die legitime Tochter des Nür- 
Sin wird verpflichtet die Karanatum zu verheiraten. 

Ähnlich verpflichtet sich VIII 49» die Adoptivmutter ihre 
Adoptivtochter zu erziehen und dann sie zu verheiraten: 19 П- 
ta-ni märat Ha-li-ia-tum  ü-ra-ba-Si-ma атпа mu-tim i-na- 
di-ši апі, die [Adoptiv]tochter der Haliatum, wird sie (На: 
liatum), nachdem sie sie erzogen haben wird, an einen Mann 
verheiraten‘. Vgl. auch Nr. 2, oben S. 14. 

Z. ll. ina-di-8i = inadisii == *inddin-ii. 

Z. 14. Vgl. zum Namen Anm. zu VIII 45*, 31 (Nr. 25). 

Die Urkunde trägt gar kein Datum. Nach den Namen 
der Zeugen: Ili-is-ti-gal (15) und U-bar-ru-um (16), welche auch 
in BAP Nr. 111 vorkommen (Z. 18, 21), kónnte man mit 
Ranke BPN 56 die Urkunde aus der Zeit Apil-Sins datieren. 


Nr. 72. CT II 47 (Bu. oa 2182). 


Erbschaftsprozeß. 


1 Ала ii, SAR bitim ep- | 1 In Sachen eines Drittels 
šim #4 Ga-gi-im ? id йа bit | ЗАВ gebauten Hauses in Ga- 
La-ma-zi 3 | 841 Be-el-tum bit(?) | gum, welches neben dem Hause 
a-bi bu tu bi(?)a(?)tim(?) * 54 | der Lamazi, Béltum ..., wel- 





* Vgl. auch D. H. Müller: Semitica IT, S. 80, Anm. 2. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


Amat-!Samas märat Su-pa-bu- 
um 5 а-па märat Sin-e-ri-ba- 
am ê martisa* id-di-nu 


T | Ni-id-nu-šá à *Samai- 
a-bi (?)-li (2) 9 márat Id-di-nu- 
nim ? a-na märat Sin-e-ri-ba- 
am 1° ir-gu-mu-ü-ma ит-та 
šú-nu-ú-ma (?) 


й mi-im-ma Amat-!Samas 
bitam ü-ul id-di-na-ki(?) а 
dup-pa-am Gaul is-tu-ra-ki-im 
3 ina mi-tu-ti-šá-a-ma 1¢ at- 
ti-i-ma ta-ás-tu-ri 


15 ki-a-am ik-bu-ú-ma 
18 I Sü-mu-ÜH' im-hu-ru -á- 
та 1" а-па ši-bi-šá à Si-ba- 
ti-id 19 $urinnum? #4 “Šamaš 
19 54-5d-rum #4 “Šamaš 29 ba- 
ái-mu-um $а Es-har-ra З а-па 
Ga-gi-im i-ru-bu-ma, 3 &i-bu- 
id à ši-ba-tu-šá 29 šá i-na bu- 
ul-ti-id-a-ma 24 bitam id-di-nu 
à dup-pa-am is-tu-ru 29 ik-bu- 
та 


daianü 28 dinam ú-šá- | 


hi(?)-zu -&á - nu -ti-ma 91 da- | 
ianam a-na ar-na e-mi- 
di-š 38 ik-bu-u-ma daia- 


* TUR.SAL.A.NI. ь SU.NIR. 


4 Se. Amat-Samas. 


167 


ches Amat-Samaä, die Tochter 
des Supabum 5 der Tochter 
des Sin-éribam, ihrer [Adoptiv]- 
tochter gegeben hatte. 

Nachdem  Nidnuáa und 
Samas-äbili, die Tochter des 
Iddinunim, gegen die Tochter 
des Sin-&ribam 19 Klage er- 
hoben hatten, haben sie also, 
sie selbst [ausgesagt]: 

Irgend ein Haus hat dir 
Ата -батаё nicht gegeben, 
auch eine Urkunde hat sie für 
dich nicht geschrieben, nach 
(bei) ihrem Tode erst hast 
du selbst geschrieben. 

15 Nachdem sie also ge- 
sprochen, vor [den Richter] Su- 
mu-Upi(?) getreten waren; we- 
gen? ihrer männlichen und weib- 
lichen Zeugen an der Säule (?) 
des Šamaš, an dem Kataster (?) 
des Šamaš, 29 in der Schlangen- 
kapelle(?) der Göttin Esbarra, 
nach Gagum sich begeben 
hatten; ihre männlichen und 
weiblichen Zeugen ‚daß sie! 
noch zu ihren Lebzeiten das 
Haus geschenkt und auch eine 
Urkunde geschrieben hatte‘, 
ausgesagt hatten, 

25 haben die Richter, nach- 
dem sie ihnen das Urteil zur 
Kenntnis gebracht, dem Rich- 
ter^ eine Strafe aufzuerlegen 


* Sc, Einvernahme. 


e Sc. Sumu-Upi (?) (2. 16). 


168 


num šú(?)-ma е(?)-Й varká- 
BI е. 

29 Gaul i-tu-rusi-ma 29 1 Ni- 
id-nu-šá "Samai-a-bi-li *! й a- 
ah-hu-šá $4 Amat-'Samas ma- 
la* 23 i-ba-áš-šú-ú а-па тата 
Sin-e-ri-ba-am 33 Gaul ira- 
ga-mu 

34 i-na a-ah-hi-éá. #4 Amat- 
1бата$ ma-la i-ma-num-ma 
35 j-ra-ga-mu áš-šum ti-ma-Sü- 
nu-ti 29 ig-mwru šú-nu-ú-ma 
i-ta-na-pa-lu 


зт di-in šá “Šamaš Sp da- 
ianü Пі-а (?)-ni 39 - - - 40] Iu- 
šú-ellat®-zu 41 T Sin-t-ki(?)- 
$4 (?)-am. 


II. Abhandlung: 


Schorr. 


ausgesprochen: der Richter 
selbst soll іп Zukunft(?) ... 

Indem sie [das Urteil] nicht 
anfechten, werden 29 Nidnuia, 
Sama$-äbili und die Brüder 
der Amat-Samaà, soviel vor- 
handen sind, gegen die Toch- 
ter des Sin-6ribam nicht klagen. 

Wird von den Brüdern der 
Amat-Samaä, soviel immer man 
ihrer zählt, [jemand] ?5 klagen, 
werden sie selbst, weil sie ihre 
Streitsache erledigt hatten, ver- 
antwortlich sein. 

Urteil des Samas. Die 
Richter: Ilu-báni, Ilusu-elläzu, 
Sin-ikisam. 


Die Urkunde bietet einige Schwierigkeiten, ist aber im 
ganzen gut verstündlich und sachlich sehr interessant. 
Die Brüder der verstorbenen Amat-Samaá erheben gegen 


ihre Adoptivtochter® die Klage, sie hätte nach dem Tode der 
Amat-Samas eine Schenkungsurkunde gefälscht, kraft deren sie 
sich nun unrechtmäßig ein Haus in Gagum, ein Nachlaßstück 
des Verstorbenen angeeignet hat. Die Parteien erscheinen vor 
Sumu-Upid; an Ort und Stelle werden nun die Zeugen, Männer 
und Frauen, vernommen, welche übereinstimmend aussagen, 
daß die Schenkungsurkunde echt, von Amat-Samai selbst ver- 
faBt worden sei. 

Nun heift es Z. 25—28: ,Die Richter haben ..., dem 
Richter eine Strafe aufzuerlegen ausgesprochen‘. Da Z. 38 


bis 40 drei andere Richter unterfertigt sind, Sumu-Upi* aber 
a Dann folgen noch, wie es scheint, als Glosse: ... bu (?) tu bi-a-tim 
(s. Z. 3). ^ ILLAT. 

* Bie wird nicht namentlich genannt. 

d Derselbe fungiert auch II 46, Z. 11 (Nr. 21) als Richter. 

* Es ist kaum anzunehmen, daß sein Name die Lücke in Z.39 ausgefüllt hat. 


Altbabylonische Rechtsurkanden, 169 


nicht, so wird man Z. 25—28 doch nur dahin interpretieren 
können, daß die unterfertigten Richter den Sumu-Upi bestraft 
haben. Leider ist Z. 28, wo vielleicht die Strafe detailliert 
war, unverständlich. Aber weshalb trifft den Sümu-Upi eine 
Strafe? Diese Frage bleibt offen. Jedenfalls scheint da eine 
Illustration zum 8 5 des С. Н. vorzuliegen. Vgl. weiter Anm. 
zu Z. 21—28. Der übrige Inhalt ist ganz klar: Die Kläger 
verpflichten sich nicht mehr zu prozessieren. Tun sie es ja, 
dann tragen sie die Verantwortung dafür. 

Z. 3. Die Zeile ist ganz unklar, stört aber nicht den 
Sinn der ganzen Satzperiode. 

Z. 5. märat Sin-e-ri-ba-am  márti-iá ‚der Tochter des 
Sin-éribam, ihrer [Adoptiv]tochter*. Nur so darf übersetzt 
werden. Meißner AS ПІ 31* faßt ,Márat-Sin-éribam* als 
Eigennamen auf, was sicher unrichtig ist. Es gibt wohl Frauen- 
namen: Márat-I&tar, Märat-"Samas, d. Б. Tochter eines Gottes 
oder einer Góttin, aber nirgends wird der Name des Vaters 
als Element in den Namen des Kindes aufgenommen. Vgl. 
auch Ranke BPN a. a. O. 

Z. 13—14. In beiden Zeilen hat das ma — vgl. die 
Übersetzung — betonende Bedeutung. 

Z. 16. maharu mit АКК. ‚zu jemandem kommen‘, hier: 
zum Richter. Vgl. Anm. zu II 46, 10 (Nr. 21). 

Z. 17—21. Da das reklamierte Haus sich in Gagum be- 
findet, begeben sich Leute, Delegierte des Gerichtes wohl 
dorthin, um die Zeugen, die auf der Schenkungsurkunde wohl 
unterfertigt waren, über die Echtheit derselben zu befragen. 
Die Zeugen befinden sich — Männer und Frauen — in den 
Vorhöfen des Sama&tempels und des Tempels der Göttin Eš- 
harra, wo sie auch vernommen werden. 

Eine ähnliche Situation, zugleich auch ein analoges prozes- 
suales Verfahren weist ВАР Nr. 43" auf. Auch dort: bestreitet der 
Kläger das auf Grund der Adoption errungene Besitzrecht und 


* Die Urkunde wird dort skizziert, zum Teile mif verstündlich. 

> = KB IV 98 П. 

* Der hier skizzierte Inhalt bezieht sich auf den zweiten Teil der Ur- 
kunde, die in ihrem ersten Teile wohl einen Protokollauszug aus einem 
früheren Prozeß in derselben Sache enthält. Die beiden Teile werden 
weiter durch I, II markiert. 


170 II. Abhandlung: Schorr. 


ähnlich wie hier verweisen auch dort die Richter die Parteien 
an die früheren Zeugen, die ebenfalls in verschiedenen Tempel- 
vorhöfen aufgesucht werden. Die Zeugen bestätigen, — da wohl 
keine schriftliche Adoptionsurkunde vorliegt oder deren Echt- 
heit angefochten wurde — daß der Angeklagte sein Adoptions- 
recht vor den früheren Richtern beschworen hatte, und so wird 
denn sein Besitzrecht von den Richtern bestätigt und der 
Kläger zurückgewiesen. 

Die Urkunde ist höchst interessant, leider aber hat weder 
Meißner noch Peiser* infolge unrichtiger Lesung und Devu- 
tung dieselbe genau verstanden. Es ist daher wohl kein super- 
fluum, wenn hier zum drittenmal eine Transkription und Über- 
setzung geboten wird: 


Nr. 72°. ВАР Nr. 43 (Str. М. 30). 


Doppelprozeß über Haus und Garten. 


1 áš-šum ‘kirim šá "Sín- ! In Sachen des Gartens 
ma-gir ? $4 Mär-"Mär-tu а-па | des Sin-mágir, welchen Маг 
kaspim i-iá-mu Martu für Geld gekauft hat.‘ 

ILI Y Ilu-ba-ni a-na gi-im- ПО Nachdem Ilu-bäni auf 


da-at-tu-uS * ip-ku-ru-ur-ma a- | Grund seines Gesetzanspruches' 
na daiani pl. > il-li-ku-ma da- | geklagt hatte; 5 sie* zu den 
ianü pl. ° апа báb^ "МІХ, | Richtern gekommen waren; die 
MAR KI it-ru-du-Sü-nu-ti-ma | Richter sie an das Tor der 
| МІХ.МАВ.КІ verwiesen hatten, 

1 daiani pl. 84 báb* "NIN. | hat den Richtern des Tores 
AAR KT * | Ilu-ba-ni i-na báb* | der NIN.MAR KI Ilu-bäni im 
"NIN.MAR.KI ° ki-a-am iz- | Tore der NIN.MAR.KI also 


kur um-ma šú-ú-ma geschworenf, nämlich er selbst: 
* KB IV 22 II. ^ KÁ. * Rubrum. 
4 simdátu-hi. Der Plural ist hier abstrakt zu fassen ,Gesetzlichkeit, Ge 
setzesanspruch‘, 


e D. i. die Parteien. 
f Diese Bedeutung hat zakáru in den Urkunden. Es ist eine Abkürzung 
von der RA ni ilim zakáru im С. H. Kol. IX 12 ($ 20). 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


1 lu-ú таг "Sín-ma-gir a- 
na-ku И а-па ma-ru-tim il-ki- 
a-an-ni !* ku-nu-uk-ki la ih- 
hi*-pu-ma 


13 ki-a-am iz-kur-ma itu 
"Ri-im-"Sin 14 тат à фіат 
ana llu-ba-ni 15 ú-bi-ir-ru 


ШІ) 16 i-tu-ur T Ибт-ти- 
ba-li-it 

и тат Ilu-ba-ni ip-ku- 
urna 18 ата daianí il-li- 
ku-ma 19 daianü а-па (a-na) 
alim’ 29 ù &-bu-tim it-ru-du- 
Sinu-ti-ma ?! i-na báb* ‘!Mar- 
duk #Šú-uš(?)-šá  "Хаппат 
з a Hu-šá Ч NIN. MAR.KI 
5 ilmar-ta "Marduk 3 «KU 
$4 ab-nu-um iz-zi-zu-ma 


3 j$i-bu-tum pa-nu-tum $4 
Már-? Mar-tu ?% i-na báb* "NIN. 


171 


10 Gewiß bin ich der Sohn 
des Sin-mägir, zur Kindschaft 
hat er mich angenommen; 
meine Urkunde® ist keines- 
falls vernichtet. 

Nachdem er also geschwo- 
ren hatte, haben sie! nach® 
Rim-Sin den Garten und das 
Haus dem JIlu- bûni 1° zu- 
gesprochen. 

[IL] Da” hat Sin-mubal- 
lit [das Urteil] angefochten. 

Nachdem er wegen des 
Gartens Ilu-bäni geklagt hatte‘, 
sie* zu den Richtern gekommen 
waren; die Richter sie an die 
Stadt 29 und zwar! an die 
Zeugen verwiesen hatten; sie 
sich im Tore der Götter Mar- 
duk, Suáa(?) Nannar, Нива 
und NIN.MAR.KI sich auf 
(im?) ... aus Stein(?) hin- 
gestellt hatten; 

35 die früheren Zeugen 
des Маг-Магіа»: im Tore der 


* So! gegen Peiser KB IV 22, Anm. 6. Die Form ist IV!, wie sie öfter 
von diesem Verbum in den Urkunden vorkommt. 


b So ist natürlich zu lesen. 


Das zweite a-na ist Dittographie und daher 


in () gesetzt. Indem Meißner und Peiser irrtümlich а-па a-na-a-H lasen, 
haben sie sich selbst das Verstündnis des Inhaltes erschwert. 


* KÁ. 4 Oder É.KU. 
* Se. Adoptionsurkunde. 


f 8c. die Richter. 


f Sc. nach dem Gesetze des Königs Rim-Sin. Vgl. VI 42%, 16—17: varki 


Sumula-ilum тіфагат Кипа. 


һ Nur als Betonung der Tätigkeit läßt es sich erklären, daß gegen die 
feststehende Syntaxregel das Verbum dem Subjekt vorangeht. 
| pakáru mit doppeltem Akkusativ des Subjektes und Objektes. 


k D. i, die Parteien. 


! й explicativum. Vgl. hebr. 1. Gesenius-Buhl: Hebr. Wörterbuch, 8, 207 *.*, 


з D, і vom Prozeß des Már-Martu. 


172 
MAR.KI 87 Ilu-ba-ni lu-ú ma- 
ru a-na-ku ?% ü-ta®-mu ik-bu- 


ш-на. 


39 ттт й bitam апа Ilu- 
ba-ni ú-bi-ru. 


30 Y 5 Sin-mu-ba-lt-it la i-tu- 


II. Abbandlung: 


Bchorr. 


NIN.MAR.KI haben sie (die 
Richter) Ilu-báni: ‚gewiß bin 
ich der Sohn‘ schwören lassen, 
ausgesagt hatten, 

haben sie (die Richter) Gar- 
ten und Haus dem Ilu-bäni 


zugesprochen. 
39 Indem Sin-muballit [das 


Urteil] nicht anfechten wird. 
wird er nicht Reklamation er- 
heben. 

Bei Nannar, Šamaš, Mar 
duk und dem König Hamm 
rabi hat er* (Sin-muballit) ge 
schworen. 


ruma” 31 la i-ba-ga-ru 





33 nis '!Nánnar “Šamaš 
^ Marduk 33 й Ha-am-mu-ra- 


bi LUGAL.E. IN.PÁ. 


Z. 18. éurinnum. Vgl. zur Bedeutung Anm. zu IV 47*, 14 
(Nr. 16). Die dort ausgesprochene Vermutung scheint mir noch 
anderweitig ihre Bestätigung zu finden. In der berühmten, 
für die Datierungsweise zur Zeit der ersten babylonischen Dy- 
nastie so wichtigen Urkunde VATh 1200? lesen wir Z. 13—21: 
13 $d-at-tum Ad Sa-am-su-di-ta-na $ат-тит 14 $4-ат-$а-а-ит іа 
adan Чите 15 Su(?)-ri-ni sd kima йтї"* nam-ru 19 i-na "7" 
uknim!í hurágim ruésim* à [kas]pim misi şi-ri-iš ... 18 ib- 
[n]u-ü-ma 1 [a]-na “Šamaš be-lim 3d-kii 39 mu-Sar-bi аг 
ru-ti-Sü ®! ana E.BABBAR.RI ü-Se-lu-ü. 

‚Jahr, in welchem Samsu-ditäna, der König, Sonnen- 
[bilder] aus dusü-Stein, Säulen, welche wie der Tag leuchteten, 
nachdem er sie mit Lasurstein, lauterem Golde und reinem 
Silber herrlich [schmückte] und erbaute (schuf), dem Sama 


* So! nicht dd, wie Meißner und Peiser lesen, weshalb auch kein richtiger 
Sinn herauskommt. Die Zeichen #4 und ѓа sind im Altbabylonischen ой 
nicht zu unterscheiden. 

b Das ma muß wohl im Original zur Z. 30 gehören. So erfordert es auch 
das Schema, wonach immer das ma nach dem ersten Verbum folgt. 

с So! IN.PÁ ist Sing. — Nur der Verurteilte schwört. 

4 Veröffentlicht und erklärt von Messerschmidt OLZ VIII 268 f. 

e GAB.SI.A vgl. HWB? 270». 


г ZA.GIN. « HUS.A. ù jü-ri-ni = 3urini (pl.). 


Altbabyloniscbe Rechteurkunden. 173 


dem erhabenen Herrn, dem Mehrer seines Königtums, nach 
E.BABBAR hinaufbrachte‘. 

Wie man sieht, gibt die Weihung der mit Edelsteinen 
geschmückten Säulen® für den Samaitempel dem betreffenden 
Jahre seinen Namen. Daraus kann man auch auf die kultische 
Wichtigkeit dieses Tempelbestandteiles schließen; in der Säulen- 
nische wird der Schwur vor Gericht geleistet. 

šá-ša-rum ... ba-ds-mu-um. Der Zusammenhang ergibt, 
daß ebenso wie $aíarum auch фаїтит ein Bestandteil des 
Tempels ist, etwa ‚Vorhof‘ oder ‚Kapelle‘. Vgl. Anm. zu II 45, 
9--10 (Nr. 28). Die Tempelvorhöfe sind zugleich die Haupt- 
marktplätze, wo Geschäfte abgeschlossen werden. Da werden 
auch die Zeugen, die gewöhnlich bei Verträgen assistieren, auf- 
gesucht. 

7.30. Es-har-ra. Eine Göttin, die auch in Sippar einen 
Tempel hatte. Vgl. ГУ 48*, 5, ВРХ 199°, Bezeichnend ist, daß 
die weiblichen Zeugen im Tempel der Göttin aufgesucht werden. 

Z. 23. i-na bu-ul-ti-d-a-ma ‚noch zu ihren Lebzeiten‘. 
з... id-di-nu ... iš-turu. Zu notieren ist ša ‚daß‘ mit fol- 
gendem u, wie hebr. чик. Vgl. auch HWB? 922», 

Z. 27—28. Wie schon oben bemerkt wurde, sind die 
zwei Zeilen, in denen offenbar dem Richter eine Strafe auf- 
erlegt wird, dunkel. Das letzte Zeichen in Z. 28 kann ich 
nieht mit Sicherheit identifizieren. Möglich, daß es aus EGIR 
— varkáte verstümmelt ist. Jedoch vermute ich (mit aller Re- 
serve) — bei Voraussetzung einer Schreibvorlage (Konzept) — 
daB eine Zeile nach Z. 28 ausgefallen ist, etwa: eli kussé da- 
ianütióu la iturru, eine Strafe gemäß С.Н. $ 5 (Kol. VI, Z. 24 
bis 27). Beide Zeilen endeten mit demselben Worte (i-tu-ru . . A 
daher konnte ein Irrtum leicht möglich gewesen sein. 

Z. 31. a-ah-hu == ahhü pl, ebenso a-ah-hi-ja == ahhi-3á 
(Z. 34). 

7. 34—35. Ich fasse und übersetze diese zwei Zeilen 
als Bedingungssatz ohne Bedingungspartikel, aber auch ohne 


— — amaa 


* Messerschmidts Bedenken a. a. O. gegen die Bedeutung ‚Säule‘ scheint 
mir unbegründet zu sein. Daß in 4urini die Angabe eines weiteren Ma- 
terials neben duià enthalten sein sollte, halte ich in Hinblick auf die 
Parallelstellen, wo sonst éurinnu vorkommt, für ausgeschlossen. 





174 


П. Abhandlung: Schorr. 


das konditionale ma. Vgl. AG? $ 192. Ebenso oft im He- 
bräischen, vgl. Gesenius: Hebr. Grammatik?" 8 159 b—g. 

Z. 35. t(d)i-ma-sü-nu-ti. Es ist einer der sehr seltenen 
Fälle, wo das emphatische { (5) graphisch ausgedrückt wird. 
Vgl. IV 11», 1 (Nr. 46): té-bi-a-tim. 

Z. 36. šú-nu-u-ma ‚sie selbst‘ betonend! Vgl. С. H. 
У» 19: $ü-ma ‚ег selbst‘. Vgl. WZKM XVIII 226, Anm. 3. 

In Rücksicht darauf, daß der Name des Richters Sumu- 
Upi (Z. 16) auch II 46, 11 (Nr. 21) als Richter vorkommt, 
würe man geneigt unsere Urkunde in ungeführ dieselbe Zeit, 
wie jene, zu setzen, d. h. in das 14. Jahr Sin-muballits. 
Dafür spricht auch der Schriftduktus beider Urkunden. Vgl. 
auch Ranke BPN 56. 


Nr. 73. CT IV 6* (Bu. 91--838). 


Aussageprotokoll. 


1 Y “Pr-ir-i-din-nam 3 тат 
 Bél-ma gir e ] Bur-"' Rammän 
тат Ili-i-din-nam * ] Nu-ür- 
бата$ már - - - 

5 41-ри an-nu-tu-un šá mah- 
ri-šú-nu ® | I Sin-i-din-nam mår 
lSamai-sulálu* (?)-ni ° ата Е. 
ri-ib-NSin 8 ki-a-am ik-bu-ü 
um-ma &ü-ma 

3 isten Sikil kaspim $4 a- 
na 19 I-ti-ib-li-ba-šú  ap-ki- 


du-ka 18 itti Lti-ib-li-ba-iü-ma | 
Itib-liba&u selbst nehmen. Einen 


13 te-li-ķi 14 ištên иги ёа рае 
ti-a 15 T E-til-pi-Sín 19 ú-ba- 
ra-ak-kum-ma И i-na-ad-di-na- 
kum 18 ú-ul ü-bi-ra-ku-Su-ma 


1? 2 иё kaspim a-sa-ga-al | 


20 istén. šiķil kaspim ka-an-kam 
21 $4 а-па ia-Si-im 23 ta-ad-di- | 


* AN.SUR. 





! Pir-idinnam, der Sohn des 
Bél-mágir, Bur-Sammän, der 
Sohn des Ik-idinnam, Nür-Sa- 
maš, der Sohn дез ... 

5 Diese Zeugen sind es, vor 
welchen Sin-idinnam, der Sohn 
des Samas-sulülu-ni zu Êrib 
Sin folgendes gesagt hat, näm- 
lich er selbst: 

Einen Sekel Silber, den ich 
19 bei Itiblibasu für dich de 
poniert habe, wirst du von 


Sekel Silber, den du bei mir 
hast," wird 19 Etel-pi-Sin, in- 
dem er ihn dir anweist, über- 
geben. Falls er ihn dir nicht 
| anweist, werde ich zwei Sekel 


| Silber bezahlen. 2 [ Betreff) 


b Wörtl. der in meiner Hand ist. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 175 


nam * Y 9?Marduk-mu-ba-l(it | eines Sekels Silber, den du 
^ à Sin-i-din-nam i-ga-bu-c | mir laut Quittung gegeben hast, 
5 ёп šiķil kaspim а-$а-да- | werden Marduk-muballit und 


alni (?) | Sin-idinnam sprechen. 29 Einen 
Sekel Silber werde ich be- 
zahlen. 
368 vara] Abu’ šattum 8А. Im Monat Abu, im Jahre... 
ДИ s 


Betreffs des Schemas vgl. Anm. zu IV 7* (Nr. 14). Sin- 
idinnam schuldet dem Erib-Sin einige Sekel. Nun sagt er vor 
Zeugen aus, er habe einen Sekel bei Itib-libbasu für seinen 
Gläubiger deponiert, einen Sekel habe er Etel-pi-Sin zu zahlen 
beauftragt, einen werde er selbst bezahlen. Falls Etel-pi-Sin 
nicht den Auftrag ausführt, werde er selbst zwei Sekel für beide 
bezablen. Inhaltlich mit dieser Aussage eng zusammenhängend 
und auf sie bezugnehmend ist VI 34° (Nr. 78) (s. weiter). 

Z. ll. ap-ki-du-ka ‚ich habe für dich deponiert‘. 

7. 16. ü-ba-ra-ak-kum-ma ‚indem ich dir überweise‘ 
(praes. ПІ), voa vgl. Anm. zu II 22, 13 (Nr. 70). Zur Um- 
schreibung > $ = Кит (nicht kum) vgl. Ungnad ZA XVII. 
Ebenso Z. 17; VI 34° 17, 19, 20, 27. 

Z. 20. ka-an-kam ‚quittiert, urkundlich bestätigt‘. 


Nr. 74. CT IV 30° (Bu. 88—564). 


Wagen(?)miete. 


1 üru-uk-bu-um 2 itti Va- | 1 Einen Wagen (?) hat von 
rad-ili-süu 3 таг GAS. [star | Varad -ilišu, dem Sohne des 
tT U-sur-và-da-am 5 mûr *Mar- | GAZ-IStar, Usur-vadam, 5 der 
duk-na-sir 5 а-па &attim ú-še-zi | Sohn des Marduk-näsir für ein 

Jahr gemietet. 


T kiiş-ri šattim Іст 8 1|, Als Mietslohn für ein Jahr 
Я kaspim isakal | wird er !/, Sekel Silber zahlen. 


* Rechts am Rande. b NE.NE.GAR. 


176 


9 varah Ulülu* [ümu] 11kam | 
| die Miete] eingetreten. 


10 1-Ри-иф 


II. Abhandlung: Schorr. 


Im Monat Ulálu ist er ™ [in 


2 Zeugen. 


и pûn E-ri-ib-Sin № тйк Silli*-" Sin (?) 19 рдп Nu-på(?}- Šamaš ** mår 


Varad-"Samas 


16 varah Ulülu* йти 11%", | 


15 Am 11. Ulálu. 


Ähnliche Urkunden bieten BAP Nr. 65°, Sipp. 562 (= 


AUS 23). 


Z. 1. "ru-uk-bu-um® vielleicht ‚Wagen‘ = hebr. 559. Das 
u erklärt sich dann wegen des Lippenlautes im Worte. 


Meißner liest AS ПІ 39 (unten) das erste Zeichen 


== bitum, 


daher er auch eine andere Bedeutung supponiert, etwa ‚Scheune‘. 


Мг. 75. CT IV 39^ (Bu. 88—604). 


Feldmiete. 


11|, САМ eklim i-na Hu- 
та (?)-tum (?) - - ? i-ta ekil Va- 
rad-bit® (l)-a-bi-šá * й 14а ekil 
Mär-Sa-ma (?)-ia! 4 itti A-na- 
tSamaš-li-zi 5 mûr Mi-na-tum 
е ] "Раттап-$ат-тит ° таг 
572 -na-ir(?) 9 ú-se-zi 

° а-па рі dub-bi-3u(?) 19 la- 
bi-ri-im 11 i-na Dürt-Sippar* 


12 jeam(?) imaddad 


! Ein Halbes GAN Feld 
in ..., neben dem Felde des 
Varad-bit-abis$a und neben dem 
Felde des Mär-Samaia‘, hat 
von Ana-Samaö-lisi, 5 dem Sohne 
des Minatum, Raminán-éarrum, 
der Sohn des ..., gemietet. 

Gemäß seiner !? früheren 
Urkunde wird er in Dár-Sip- 
par das Getreide abmessen. 

2 Zeugen. 


13 pân Ш-і-фіп-пат 14 mûr 54-#Аўа 15 pân Silli-2Samar 19 таг Ii- 


“É(?)-a(?) 


И varah Аїати!(?) Фти(?) 


4 kan (2). 


« KIN.AN]itar. ь МІН, 


Am 4. Ajaru. 


e 7.1 ibid. lies: ru-uk-bu-um, wie schon Meißner AS III 39 selbst korri- 


giert hat. 


є BAD(!). ь GUD.SI(?).DI. 


d Im Ass. rukfibu, aram. RNIN. 
° Es steht #4(?) wohl aus Ê verschrieben. 


f Oder: Märu-dä-Ba-ia. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 


177 


Der Pachtzins ist nicht angegeben, indem auf eine frü- 
here Urkunde betrefis desselben verwiesen wird. 


Nr. 76. 


CT VI 925 (Bu. 91—365). 


Erbteilung. 


1 1/, САМ eklim ? іа Še- 
li-bu 3 й i-ta Ib-ku-id * 1|, SAR 
bitim epsim ° ita Eristi'*-! Aja 
© märat Hi-lu-lam "att Ni- 
ši-i-ni-šú 


8 ct Ri-ba-tum 9 i-zu-uz 


1 Ein Drittel GAN Feld 
neben Sélibu und neben Ib- 
kuša, ein Drittel SAR gebautes 
Haus 5 neben Eristi-Aja, der 
Tochter des Hilulam, ist der 
Anteil der Ni3i-inisu. 

Mit (der) Ribatum hat sie 
geteilt. 

12 Zeugen. 


19 pán Ilu-pi-/ Aja И ріп E-tul-pi-"Na-bi-um 19 pán Siliv-"NIN.KAR.RA 
З [pân "Si/n-ba-ni "7 р/йп Li-]bu-ra-am 19 pán Za-bi-um-ilum (?) 16 рдп E-til- 
“Samad (iz ?) И рап *Marduk-ta-ia-ar (?) 18 pân Be-el-ta-ni 19 рап Sá-at-" Aja 
” ріп Ga-i-la-tum * pân Ra-ba-tum 2? pân - - -. 


Gegenüber den übrigen Urkunden derselben Gattung ist 
hier das Schema abgekürzt. 

Z. 15. Za-bi-um-ilum (?). Dieser Name weist wohl auf die 
göttliche Verehrung des Königs Zabium hin. Vielleicht gehört 
auch hieher der Frauenname Hammurabi-"Samsi(si) VIII 22°, 
3, 5. Der Name Zabi(u)um-ili kommt auch zur Zeit Hammu- 
rabis vor, vgl. VIII 48*, 26 (Nr. 39); IV 45°, 22. 


Nr. 77. CT VI 26* (Bu. 91— 407). 


Freilassungs- und Ehevertrag. 


1 Y Ah-hu-a-ia-bi 2 märat | 1 Ahhu-aiabi ist die Tochter 
In-na-ba-tim з Y In-na-ba-a-tum ¦ der Innabátum.  Innabátum, 
ummaéa* * а-па Zu-ka-li-ia ihre Mutter hat sie dem Zu- 
Зала áš-šú-tim й mu-tu-tim | Кайа 5 zur Ehe und Gemahl- 


ê i-di-in | schaft gegeben. 
* NIN. b MI-L. e DAMAL.A. NI. 


Bitzangsber. d. phil.-bist. Kl, 155 Bd. 2. Abh. 12 


178 И. Abhandlang: Schorr. 


Zu-ka-lí-ia ° i-zi-ıb-H-ma Wenn Zukalia sie verläßt, 
8 istóén mani kaspim isakal | wird er eine Mine Silber zahlen; 
9 Ah-hu-a-ia-bi 19 i-zi-ir-Sü-ma | wenn Ahhu-aiabi 19 ihn haft, 
11 {š-tu di-im-tim 1% i-na-da*(!)- | wird man sie von der Zinne(?) 
71-15-51 herabstürzen. 

13 a-di In-na-ba-tum 14 ba- Wenn, solange Innabätum 
al-ti-at 15 | Ah-hu-a-ia-bi 16 i- | leben wird, 15 Abhu-aiabi sie 
ta-na-Si-Si-ma  và.ar-ki In- | unterhalten wird, soll nach 
na-ba-tim 18 [e]-Ii Ah-hu-a-ia-bi | [dem Tode] der Innabätum 
[ma-am-ma-an mi-im-ma dla | gegen  Abbu-aiabi [niemand 








i-šú irgend einen Anspruch haben. 

пів 1... Sar-ru]- Ber ?-um Bei ... dem Kön Jig [schwu- 

$4 a-và-a[t] 3 [dub-bi-im an]- | ren sie], ob sie den Inhalt 

ni-im ü-na-ka-ru dieser Urkunde ändern werden. 
| 1 Zeugen. 


4 рап Li-bi-it-Istar У pân Bur-Nu-nu NUZKU.SAL.SUR ата} 
6 pän "Da-mu-gal-zu ° ріп *MAR.TU-ba-ni ® рдп I-da-du-um pêtim ° ріп 
Ha-ta-lum mûr Mu-da-du-um 1° pän Hu-ve-lum таг Lu-lu-ha-a. 


Diese Urkunde hat Meißner AbR 23 übersetzt, jedoch 
nicht erkannt, daß es zugleich ein Freilassungs- resp. Adoptions- 
vertrag ist und daher dieselbe zum Teile mißverstanden. 

Die Feststellung des Schemas für die Gattung der Frei- 
lassungsurkunden ermöglicht und sichert zugleich die Interpre- 
tation unserer Urkunde, wie auch die Ergänzung in Z. 18. 

Innabätum adoptiert die Abbu-aiabi, ihre Sklavin, indem 
sie dieselbe gleichzeitig verheiratet. (Vgl. Nr. 2.) Sie bedingt 
sich die lebenslängliche Versorgung aus, wofür nach ihrem 
Tode Ahhu-aiabi erbberechtigt werden soll. Niemand darf danu 
ihre Ansprüche anfechten (7. 11—15). 

Auch in dieser Urkunde tritt die Wichtigkeit der Müller 
schen Fassung des ma sowohl in syntaktischer wie auch jur 
stischer Beziehung deutlich hervor. 

Z. 1—8. Die Höhe der Entlassungsgabe stimmt, da keine 
tirhatum vorhanden ist, vollkommen mit der Norm des $ 15% 


* Wohl verschrieben für ам. b МІС АВ. 


Altbabylonische Hechtsurkunden 179 


im C. H. In anderen Urkunden ist sie jedoch schwankend. 
Vgl. AS III 42. 

Z. 9—10. i-zi-ir-šú-ma ‚wenn А ihn haßt‘. Der Aus- 
druck ist derselbe wie 8 142“ und bedeutet hier wie dort 
(Z. 60—62) die Verweigerung des ehelichen Verkehrs. 

Ich glaube gegen Meißner AS ПІ 43», daß sowohl hier 
wie auch in den übrigen dort genannten Urkunden kein Wider- 
spruch mit $$ 142 ff. vorliegt. Man wird wohl auch in unserem 
Fall gemäß der Bestimmung des Gesetzes gerichtlich geprüft 
haben, ob die Frau in ihrer Verweigerung der Ehepflichten 
wirklich die Schuld trägt oder nicht. Es scheint mir etwas 
naiv, zu glauben, daß in einem so entwickelten Rechtsstaat 
wie Babylonien, die Frau so ohne weiters ‚vom Pfeiler herab- 
gestürzt wird‘ oder ins Wasser geworfen, sobald nur der Ehe- 
mann in einem Anfall schlechter Laune sie der Vernachlässigung 
der Ehepflichten gerichtlich geziehen hat. 

Die knappe Form in Z. 9—10 erklärt sich durch die Prä- 
zsion des juristischen Stils. Man konnte ja nicht die beiden 
$8 142—143 in den Ehevertrag hineinschieben. Die Richter 
haben schon den Sinn verstanden, ebenso wie das oft vor- 
kommende Ата simdät íarrim, was dem modernen judiziellen 
Ausdruck ‚es treten die gesetzlichen Folgen ein‘ ungefähr ent- 
spricht. 

Z. 18. Die Ergänzung ergibt sich aus einem Vergleich 
шй anderen Adoptionskontrakten. 


Nr. 78. CT VI 34b (Bu. 91—604). 


Aussageprotokoll. 
! Y Im-gur-ÜH тат Zi--- | ! Imgur-Upi(?), der Sohn 
+] Ib-ga-tum mûr Sin-erfi- desZi..., Ibgatum, der Sohn 
bam3] 3 Y Ilu-sü-bani mâr дев Sin-éribam(?), Ilusu-bani, 


nA | . 
Bur-!Sin der Sohn des Bur-Sin: 
t ši-bu an-nu-tu-un 84 Diese Zeugen sind es, vor 


ma-ah-ri-sü-nu 5 Y E-ri-ib-!Sin welchen 5 Erib-Sin, Sohn des 
mûr Pi-id-ÜH" * Y Etil-pi- | Pi-ša-Upi (?), den Etil-pî-Sin, 


س 





* Zu 88 142 ff. 


180 


Sin is-ba-tu-ma ° um-ma šú- 
ü-ma 


2 ири kaspim % а-па im- 
merim® zikarimb(?) da-ma-ga- 
ат (?) ° а-па ka-Si-im й "Зіп- 
i-din-nam 19 ad-di-in-ma 1! im- 
meram?* ú-ul tu-Sd-bi-lu-nim 

12 Ї ilSin-i-din-nam tap-pa- 
ka 13 as-ba-at-ma um-ma šú- 
ma 14 І E-til-pi-" Sin 15 ü-ba- 
ra-ku-sü-ma 15 1 sikil kaspim 
mi-it-ha-ar-3U И i-na-di-na-kum 
18 1 šiķil kaspim a-na-ku mi- 
it-ha-ar-šú 1? a-na-di-na-ak-kum 
20 šum-ma la ü-bi-ra-ak-kum 


21 2 šikil kaspim a-na-ku * mi- | 
it-ha-ar-šú 23 a-na-di-na-ak-kum | 


Мо um-ma E-til-pi-"Sín* ... 
25 2 sikil kaspi-ka | Sin-[i- 
din-nam] 36 i-pa-al-ka 1 Sin- 
[idin-nam] 9" a-na-ku ü-ba-la- 


23 jum-ma la 
ub-la-ku-šú mi-it-ha-ra-am 9? a- 


$4 (1)-ga-al. 


ia um-da-ti-àá 


Diese Urkunde steht 


< LU.ARAD. 


II. Abhandlung: 








Seborr. 


nachdem er ihn festgenom- 
men(?) hatte, also, er selbst 
[angeredet hat]: 

Obwohl ich zwei Sekel 
Silber zum Ankauf(?) eines 
Leithammels (männlichen [?] 
Lammes) dir und Sin-idinnam 
19 übergeben habe, habet ihr 
das Lamm nicht gebracht. 

Als ich Sin-idinnam, deinen 
Kompagnon, gepackt hatte, 
[sagte er] also, er selbst: Etil 
pi-Sin wird dir, 19 indem er 
dir ihn überweist, einen Sekel 
Silber seinem Teile entspre- 
chend dir[zurück]geben, einen 
Sekel Silber, meinem Teile ent- 
sprechend, werde ich dir ge 
ben. 29 Wenn er dir nicht über- 
weist, werde ich zwei Sekel 
Silber [laut] gemeinsam[er Haf- 
tung] dir [zurück]geben. 

Also [antwortete] Etil-pi- 
Sin: 25 Für deine zwei Sekel 
Silber ist dir Sin-idinnam ver- 


|, antwortlich. Den Sin[-idinnam] 
kum * à 1(0)3(9) sikil kaspi- | 


im 


IV 6* (Nr. 13) und beruft sich 


b NU cf. Br. Nr. 


werde ich zu dir bringen und 
meinen einen Sekel Silber 
werde ich ihm abziehen. Wenn 
ich ihn zu dir nicht bringe, 
werde ich [laut] gemeinsamer 


Haftung] bezahlen. 


engsten Zusammenhange mit 
auch auf die dort enthaltene 


1964. 


< Vielleicht lautete das letzte Wort: fi-pu-ul-éuJ. 


4 Vielleicht ist I == ] zu lesen. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 181 


Aussage. Daraus ergibt sich, daß sie beide, undatiert, aus 
demselben Jahre stammen. 

Dort hatte Sin-idinnam, der Schuldner des Erib-Sin, 
diesem vor Zeugen unter anderem erklärt, daß er Etil-pi-Sin 
beauftragt habe, einen Sekel seinem Gläubiger zu zahlen und 
sich auch verpflichtet, im Falle, daß jener nicht zahlen sollte, 
zwei Sekel und zwar — wie aus unserer Urkunde hervorgeht 
— kraft solidarischer Haftung zu zahlen. Die dort etwas 
dunkle Verrechnung empfängt nun die erwünschte Beleuchtung 
durch unsere Urkunde. Wir erfahren zunächst den Forderungs- 
titel: Erib-Sin hatte nämlich dem Etel-pi-Sin und dem Sin- 
idinnam zwei Sekel übergeben, damit sie ihm einen Leithammel 
kaufen. Beide Schuldner, von denen jeder einen Sekel erhalten 
hatte, haben solidarisch die Bürgschaft für die ganze Summe 
übernommen. Die Leute haben aber weder den Auftrag aus- 
geführt, noch das Geld zurückgegeben. Nun ‚packt‘ Erib-Sin 
nach einer Zeit den Sin-idinnam und stellt ihn vor Gericht 
zur Rede, worauf dieser versichert, er habe Etil-pi-Sin den 
Zahlungsauftrag gegeben. Sollte Etil-pi-Sin nicht zahlen, dann 
werde er zwei Sekel zahlen. Diese Aussage wird nun in un- 
serem Protokoll Z. 12—23 fast wörtlich wiederholt, sicher 
auf Grund der gerichtlichen Archivurkunden. Nach einer Zeit 
nämlich ‚packt‘ Erib-Sin wieder den Etil-pi-Sin, führt ihn vor 
Gericht und hält ihm die Aussage seines Genossen vor. Etil- 
pi-Sin, an die Wand gedrückt, antwortet: ‚Für die zwei Sekel 
ist dir Sin-idinnam verantwortlich‘. Jedoch verpflichtet er sich 
den Sin-idinnam persönlich mitzubringen, der die Zahlung 
leisten soll, im widrigen Falle er selbst sich solidarischer- 
weise für beide zu zahlen verpflichtet. Von dem einen Schuld- 
ner auf den anderen verwiesen, kommt der arme Gläubiger 
nicht recht zu seinem Gelde.* 

Beide Urkunden ergänzen also einander und bieten einen 
interessanten Einblick in die altbabylonische Zivilprozedur. 

7.8. LU.ARAD.NU == іттегит zikarum ‚Leithammel‘; 


vgl. HWB? в. v. immerum. 





* Das Verständnis der Urkunde ermöglichte mir die richtige Deutung der 
Adverbia mithardu und mitharam (Z. 16, 22, 29), die ich Herrn Prof. 
Müller verdanke. 


182 11. Abhandlung: Schorr. 


da-ma(?)-ga-am(?). Das Wort erfordert den Sinn ‚kaufen‘, 
vielleicht: damákam ‚aus Gefälligkeit [kaufen]‘. 

7. 14—98. Vgl. dazu IV б», 14—19 (Nr. 13). 

Z. 16. mi-it-ha-ar-$ü. Wie 7.18, 22 beweist, liegt hier 
ein Adverbium vor mit der Endung -Яй. Vgl. C. Н. ХИП», 33: 
a-di ši-ni-šú ‚zum zweitenmal; CT II 10* (Bu. 88—200), 
Rev. 15: ši-ni-šú dup-pi d-sa-bi-la-am-ma ‚nachdem ich zwei- 
mal meinen Brief geschickt habe‘. 

Der ursprüngliche Sinn ist ‚übereinstimmend‘, hier: 
‚gleicherweise‘, ‚seinem (resp. meinem) Teile entsprechend. 
Daneben kommt 7.29 ebenfalls adverbiell* mi-it-ha-ra-am 
vor, doch mit modifizierter Bedeutungsnuance ‚gleicherweise‘, 
d. h. ‚solidarischerweise‘, ‚kraft gemeinsamer Haftung‘. Der 
Form nach liegt hier wohl ein ursprünglicher Häl-Akkusa- 
tiv vor. 

Z. 27. ü-ba-la-kum == ubbala-kum. Präs. I! y*52: + 
Pronominalsuffix. 

Z. 28. Ich vermute, daß statt ‹ — Į = 1 zu lesen ist. 
Der Sinn ist vielleicht dann: ich werde ihm einen Sekel, den 
ich für ihn zu zahlen haben werde, abziehen. 

um-da-ti-su == umtattisu. Präs. П? (I. Person) упо ver- 
mindern, abziehen‘, vgl. С. Н. XVI 13, Пе 21, XXII 56. 

2. 29. ub-la-ku-su == ubbala-ku-5u. I! präs., I. Person. 


Nr. 79. CT VI 35° (Bu. 91—688). 


Feldmiete. 


1 Sich GAN eklim ? ina 15/, САМ Feld in Taskun- 
Ta-ái-ku-un-Ístar 3 itti Amat- | Istar, hat von Amat-Samai 
@$ата# * märat Is-me-"Sin дег Tochter des Išme-Šin, 
5 Y "Rammán-ri-me-ni © апа | 5 Rammán-riméni gegen Er 
biltim* ú-še-zi | tragsabgabe gemietet. 


* Prof. Müller macht mich darauf aufmerksam, daß in den Tell.Amama 
briefen sibit-#u neben sibit-am(n) in adverbiellem Sinne vorkommt ‚siebeo- 
fach‘, analog unserer Stelle. Vgl. jetzt D. H. Müller: Semitica I, 8. 34. 

Da In ° TIE. 


Altbabylonische Rochtsurkunden. 183 


т bilat* eklim 15 GUR | Als Ertragsabgabe des Fel- 
šeim $ i-na bit Šamaš 9 i-ma- | des wird er 15 GUR Getreide 
da-ad im Tempel des Šamaš abmessen. 

19 pân “Šamaš 10 Vor Šamaš. 

4 Zeugen (3 Frauen, die 
dritte als Sekretär). 


11 „An I-ba-lu-ut 1° mûr Ilum-mu-šá-lim 3 pân La-ma-zi 19 märat Avél- 
Z(?)-ia 15 р@п Ba-tal-la-tum 18 märat I-bi-ia И pân Ардги 19 SALdupšarrim, 


Die Ertragsabgabe ist hier ungewöhnlich hoch, was wohl 
auf die Qualität des Feldes zurückzuführen ist. 

Z. 9. Die Ortschaft ist auch VI 49°, 5: harrán I$-ku- 
un-Istar* erwähnt. Vgl. Daiches АВ S. 72 (Anm.). 


Nr. 80. CT VI 40 (Bu. 91—976). 


Grundkauf. 


1 з/ е САМ itti A-dili-im | 11|, САМ hat von Adilum, 
з mûr A-bi-i-Iuum 3 SásSi | dem Sohne des Abi-ilum, Ša- 
mûr A-bu-wum-*-ub-lu-um 5 i-ta- | Sin, der Sohn des Abum-ublum, 
gama 5 i-iéam | 5 sobald er* es wohl bestellt, 
gekauft. 

Als [Zeichen der] Vollzie- 
hung wurde der Stab hinüber- 


т а-па ga-me-ir-ti-šú 3 bu- 
ka-na-am ? Sü-tu-uk | 
| 





19 pán li-mi-"Si 11 mûr Ha-li-li-im 1 рап Ни-ицф-фі-ит 19 mûr Пі-е- 
mu-ki ** pân Mu-da-du-um 1 mûr llii-bé-am 1 pân Za-al-za-lu-um И mâr 
Ma-na-ni-im !* pán Ma-ki-ia ° mûr Sü-kul-zéram* 39 рдп Na-bi-* Sin 3 таг 
Avél-" ? . 


Es wird ein Feldgrundstück gekauft. Der Verkäufer hat 
vorher aber das Feld in Stand zu bringen. 

Z. 5. ita-ga-ma == itakam-ma *itakan-ma yir. Vgl. VIII 
40», 7 (Nr. 34): апа tiknim ‚zur Bebauung‘. 


= ТІК. b NIN.a-zu. e Sja 4 ZIR. * Sc. der Verkäufer. 


184 П. Abhandlung: Schorr, 


7. 8. bu-ka-na-am. Daneben findet sich die Schreibung 
bu-ga-na == bukana, vgl. VIII 38°, 6. 


Nr. 81. CT VI 41* (Bu. 91—1081). 


Sklavenmiete. 
! Y Varad-!!Sín ? itti. Eristiti- | ! Den Varad-Sin hat von 
"Aja aššat(?) Ибатаз(?) *| Ta- Eristi-Aja, der Samaipriesterin, 
ad-di-nam * а-па ki-ig-ri $attim | Taddinam gegen Mietslohn für 





інт 5 igu-ur-šú ein Jahr * gemietet. 

6 ki-ig-ri бат інт 7 2 Als Mietslohn für ein Jahr 
SE.GUR imaddad 8 itti a-gi- | wird er zwei GUR Getreide 
ri-Sü-ma ? il-ta-ba-as | abmessen. Von seinem Mieter 

selbst soll er bekleidet werden. 

10 yarak E-lu-li йти 1 а" 10 Im Monat Elülu, am 
П 1-ги-иб 1? varah Elüli* i-ga- ersten Tage ist er eingetreten. 
am-mil-ma 13 uz-zi Sobald der Monat Elülu voll 

(zu Ende) ist, wird er aus- 
treten. 
2 Zeugen. 


14 pán Ma-ma-lum 15 mûr I-lu-na 19 pân UR. RA-mu-ba-li-i 17 mâr 
Ilu-$ü-ba-ni 


18 ратай Elu-li йти Ihm Am 1. дев Monates Elülu, 
19 šattum GIS.SU(?).US.MAH. | im Jahre, in welchem . . . groß 
GUSKIN. | Gold. 


Im С. Н. wird der Mietslohn in Naturalien nicht normiert. 

Z. 7. Nach der Serie апа ittisu bekommt der Arbeiter 
täglich 10 KA, d. h. jährlich 3600 KA = 12 GUR. Somit be- 
trägt hier der Lohn !/, dessen, was die Bestimmung besagt. 
Auch in den anderen Mietskontrakten sind die Preisnotierungen 
bedeutend unter der Norm, sowohl bei Geld-, wie auch bei 
Naturallohn. Vgl. Anm. zu VIII 42* (Nr. 19), BAP S. 10, AS 
III 71. 


^ KIN.AN-Itar. 





Altbabylonische Rechtsurkunden, 185 


Z. 12. iga-am-mil-ma ‚wenn [der Monat] voll‘, d. h. zu 
Ende sein wird. Gewöhnlich kommt igamar vor. 

Z. 15. Der Name Luna ist BPN nicht erwähnt. Er 
ist als Hypokoristikon zu fassen. 

Z. 19. Da der Name des Königs nicht genannt ist, ist 
trotz der Spuren das Datum nicht festzustellen. 


Nr, 82. CT VIII 34* (Bu. 91—544). 


Schenkung. 
13/4, САМ eklim i-na e-bi- | 1 Zwei Drittel GAN Feld, 


ir-tim * ita тат Ma-li-lum | am jenseitigen Ufer, neben dem 
2 1/5 GAN 3 SAR ‘kirim 4 ita Sohne des Malilum, !/,, GAN 
Ja-vi-ilum 5] Sin-ri-me-ni 9 a- | 3 ЗАВ Garten neben Jävi-ilum, 
na Va-kar-tum ° ma-ar-ti-sü | 5 hat Sin-riméni der Vakartum, 


$ id-di-in seiner Tochter, geschenkt. 
? Y Ki-za-tum 10 a-bi-il T Và- Kizatum !° ist der [Adop- 
kar-tum | tiv]-Sohn der Vakartum. 
1 Zeugen. 





u рап I-šá-li-iš-ilum 13 a-hiiá 18 pân I-ki-bu-um И mûr A-bi-ha-ar 
$ ріп La-di-mi-ki-it 1 таг Za-li-lum И рдп Ri-mu-šú-um 18 mûr Na-ra-am- 
Sin 19 рап Zi-ni-ia ** Varad-ili-h; ?! mûrê Ki-ni-ib-ba-H ?* pân "Samas-na- 
şir ® mûr V Samad-ak(?)-lu ** dupfarrim. 


Ein Vater schenkt seiner Tochter Grundstück, Feld und 
Garten. Gleichzeitig adoptiert diese den Vakartum. Es wird wohl 
eine Priesterin gewesen sein, die die Adoption für die Ver- 
waltung ihres Besitzes vollzieht. Vgl. dazu $ 179 des C. H. 


Nr. 83. CT VIII 42° (Bu. 91--1051). 


Feldmiete. 
14 GAN eklim(!) ina | 14, GAN Feld inmitten 


PES MAT ee. ls 
bi-ri-it тё susim* ? itti E-li- | eines nassen Marschbodens hat 
eri-sa assat(?) Samas ? mâ- | von Éli-érisa, der Samaiprie- 


* A.ZUG (?). 


186 


rat !Sin-a-bu-3u 1 | Ta-ri-ba- 
tum 5 тат  In-bu-á 9 eklam 
а-па ir-ri-Su-tim ° d-se-zi 


ina йт ebürim ® DI SE. 
GUR bilat* eklim ? i-na GIS. 
BAR “Šamaš 1° i-na Б? Ga- 
gi-im(?) И imaddad 


mi-Se-ir-tam 1 i-pa-ki-iz-zi 


15 pán "атах pân “Aja | 


Il, Аъзо опр: 


| sterin, 
| abusu, Taribatum, * der Solin 
| des Inbusa, als Feld zur Be- 





Schorr. 


der Tochter des Sin- 


bauung gemietet. 

Am Tage der Ernte wird 
er ...* GUR Getreide als Er- 
tragsabgabe für das Feld, nach 
dem Maße des Šamaš, 19 im 


| Tore von Gagum  abliefern. 
13 3 i-si-ni 30 kému* 13 à | 


| Mehl und die [Sportel]-Gebühr 


Drei Festgaben (?), 30 KA 


wird er ihr übergeben. 
15 Vor Šamaš, vor Aja. 
1 Zeuge. 


19 pán Ri-is-^ Šamaš | mä/r] Ha-bi-za-ni 


18 varah Dûr?-a-bi йти (?) 


2(?)kan 19 šattum ALAM(?).SU. 


BIL.E. 4DI(?).TE. SIBTU(?). | 


2.1. 


Am 1. des Dür-abi, im 
Jahre ... 


ZUG == susüm. Vgl. HWB! 573°. 


Z. 12—14. Vgl. Anm. zu II 41*7’, 35 (Nr. 30). 
mi-3e-ir-tam ye", vgl. НМВ! 312° (unten). 


Nr. 84. CT VIII 49®. 
S. Nr. 30°. (Umschrieben und übersetzt.) 


Nr.85. BAP Nr. 43. 


S. Nr. 1722. (Umschrieben und übersetzt.) 


* ТІК. ь КА. 
* Es fehlt die Ziffer. 


e КО.рде, 


а BAD. 


Altbabylonische Rechteurkunden. 187 


Indices. 


A. Vergleichende Urkundentabelle. 


(Nach der Reihenfolge der Urkunden in den Cuneiform Texts und der in 
der Bearbeitung laufenden Numerierung.) 











CT II 29) Seite26° Nr.77 | *Seite19* Nr.69 
"Seite 4 Nr.20 | 29) , 31 , 47 | 51) , 229 „ 81 
у, 8 „6 а) , 82° „41 | v) . 94^ „ 49 
5 , 18  , 44 | 3) , 33 , 43 Фу , 25*— , 18 
OMS а 70 | з) „ 33° „16° , 26 , 1 
5 . 98 „ 35 | му , 345 , Т8 | 65) , 28* , 4 
) , 81  , 98 | з) , 35° „ale , 28» , P 
D , 82  , 65 | з) , 36 „39, 28 , 6 
в, 33 „ 2|) , 31°, | „ 29» „ 13 
7 . 39 „10|зу „ 40* , 40 | су , 30% , 61 
м) , 40° „ 28| з) „ 40^ „ 80 | т) , 32° „ 49 
Boa OF DE s ік. „зару E, 
зу , Aisckh , 30| є) , 41^ , 33 | т) , 34. , 82 
H) , 45 „ 28 | 4) , 4% , 24 | 15) , 36° , 62 
V) . 46  , 91| 4) , 445 , 19 | чу , 364 „ 58 
m „ 4 , 19| 4) , 44% n 32 | 5) , 40 „ 31 
" . 50 , 8 | 15) „ 4 , 11 | ") , 405 , 34 

48) , 49* , 26 ту , 404 „ Dë 

CT IV | 78) e “йк B 
"Seite 6* Nr.73 CT VIII |) , 42* „19 
B) „ Ta „ 14 | MSeite 6° Nr.48 | ®) „ 42° „ 83 
) 11. , 4619) , 1 , 55|*) , 43. „ 38 
про, 30° ., 14 | зу „ 7 , 59 | 8 , 45 , 95 
лу 88», 17|5) , 84 , 60 | 8 , 4s*  , 39 
пу , 3% , То 9) , 8e 67 | ву , 49 „3805 
з) , 40° , 5115) „ 105 ,, 63 | ®)BAP Nr.43 „ 72» 
e » 42» n 10%) n 17° 1 66 
в) . 46^ , 36 156) „ 11 , 67 
9» . 47* , 16 | 55) , 12 „29 

a 15° 45. 

СТ У! Kë, Е. „>р. 
"Seite 22° Nr.76 | 5) „ 18° „27 
во, 24" , 50 | 52) , 1% „ 68 


188 П. Abhandlung: Schorr. 


В. Chronologische Reihenfolge der Urkunden.* 


Sumu-lailum: IV 42*; II 33; VI 36*; VIII 28*; VIII 28°; 
VIII 28*. 

Anmanila: VIII 26°. 

Zab(i)um: II 50 (XID; VIII 42* (XIV); II 39. 

Apil-Sin: VI 48* (Т); VI 44° (ID; VIII 29» (V?); IV т" 
(УТ?); VI 33° (УШ); ІУ 47° (XI?); — IV 33°; VIII 49*. 

Sin-muballit: VIII 25*-* (VID; VIII 42* (УШ); II 4 (ХШ; 
П 46 (XIV); — II 31; II 40*; VI 42*; VIII 45*. 

Hammurabi: VI 49» (D; VIII 18° (XIV); II 45 (ХУ); УШ 
12° (XX?); II 41*-^ (XXVI?); VIII 40* (XXVIII); VI 
44° (XXX); VI 41 (XXXV?); УШ 40* (XXXVIII?); 
— П 23; IV 46»; VIII 22»; VIII 43*; VIII 48*; ВАР 
Nr. 43. 

Samsu-iluna: VI 40* (1); VI 32* (ID; VIII 245 (Il); VI 33° 
(УП); П 13 (XVI); VIII 15° (XIX); IV 11* (XXVIID; 
— VI 815; VIII 6°; VIII 32». 

Abi-e&uh: VI 24»; IV 40°; УШ 17°; VIII 33*. 

Ammi-ditana: УГ 37° (XXIX); VIII 7* (ХХХІІ); VIII 40° 
(XXXII); УШ 8° (XXXV); — УШ 364; VIII 7°; УШ 
84; VIII 30»; VIII 365. 

Ammi-zaduga: VIII 10^ (УШ); — II 8; II 32; VIII 11°; 
VIII 11% VIII 19°; VIII 195. 

Nicht datiert: II 22 (XIII? Sin-muballit; vgl. II 46); II 40°; 
П 47; IV б^; IV 30°; IV 39*; VI 22»; VI 26*; VI 34»; 
VI 35*; VI 40*; VI 41*; VIII 34*; VIII 42*. 


C. Gruppierung der Urkunden nach Materien. 


Adoption freier Personen: П 41*7 (Nr. 30); VI 33* (Nr. 43; 
VIII 12* (Nr. 29); VIII 25*-* (Nr. 18); VIII 49* (Nr. 309) 
[II 41*7^ und VIII 49* zugleich Schenkungsurkunden]. 


* Die römische Ziffer in () bezeichnet das Regierungsjahr des betreffenden 
Königs. Die nicht ausdrücklich datierten Urkunden sind durch einen 
Strich — von den datierten getrennt. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 1 RO 


Aussageprotokolle: ГУ б» (Nr. 73); ГУ 7* (Nr. 14); VI 34" 
(Nr. 78); VIII 40» (Nr. 31). 

Darlehen: *VI 37° (Nr. 54); VI 44° (Nr. 12); VI 44° (Nr. 32); 
VIII 8° (Nr. 57); *УШ 11° (Nr. 67); *VIII 30° (Nr. 61); 
УШ 33» (Nr. 52); *VIII 36° (Nr. 62); VIII 36? (Nr. 58) 
(Haftung); VIII 42° (Nr. 19). [Die mit * bezeichneten 
Urkunden behandeln Hofdarlehen.] 

Ehe: II 33 (Nr. 2) (s. Freilassung); VI 26* (Nr. 11) (s. Frei- 
lassung); VIII 7® (Nr. 59). 

Erbschaft: II 4 (Nr. 20); IV 46» (Nr. 26); VI 22* (Nr. 76); 
VI 31° (Nr. 47); VI 42° (Nr. 24); VIII 18° (Nr. 27); VIII 
28* (Nr. 6). 

Freilassung von Sklaven (durch Adoption): II 33 (Nr. 2); 
II 40* (Nr. 23); II 40* (Nr. 71); IV 42* (Nr. 1); VI 26* 
(Nr. 77); VIII 29» (Nr. 13); VIII 48* (Nr. 39). ПІ 33 
und VI 26* sind zugleich Ehevertrüge.] 

Kauf: II 13 (Nr. 44) (Loskauf); IV 33» (Nr. 17); VI 40» 
(Nr. 80); VIII 26» (Nr. 7); VIII 32* (Nr. 49). 

Miete: II 8 (Nr. 64); II 32 (Nr. 65); IV 30° (Nr. 74) (Wagen); 
IV 39° (Nr. 75); IV 40° (Nr. 51); VI 24° (Nr. 50); VI 
35° (Nr. 79); VI 40» (Nr. 40) (Sklaven); VI 41* (Nr. 81) 
(Sklaven); VI 41* (Nr. 33) (Sklaven); VI 48* (Nr. 11); 
VIII 7° (Nr. 55); VIII 8? (Nr. 60); VIII 10° (Nr. 63); 
VIII 11° (Nr. 66); VIII 15° (Nr. 45) (Sklave); VIII 17° 
(Nr. 52); VIII 19* (Nr. 65); VIII 19* (Nr. 69); VIII 40* 
(Nr. 34); VIII 404 (Nr. 56); VIII 42° (Nr. 83). [Die 
nicht nüher gekennzeichneten Urkunden behandeln Feld- 
miete.] 

Prozeß: II 22 (Nr. 70) (Erbschaft); II 31 (Nr. 22) (Adoption); 
П 39 (Nr. 10) (Eigentum); П 45 (Nr. 23) (Hausverkauf); 
П 46 (Nr. 21) (Erbschaft; vgl. II 22); II 47 (Nr. 72) 
(Schenkung); II 50 (Nr. 8) (Eigentum); IV 47* (Nr. 16) 
(Miete); VI 32* (Nr. 41) (Schenkung); VI 33° (Nr. 15) 
(Eigentum); VI 49* (Nr. 26) (Hausverkauf); VIII 24" 
(Nr. 42) (Eigentum); VIII 28* (Nr. 4) (Adoption); VIII 
28» (Nr. 5) (Erbschaft?); VIII 42* (Nr. 9) (Eigentum); 
ҮШ 43* (Nr. 38) (Darlehenspfand); VIII 45" (Nr. 25) 
(Eigentum); ВАР Nr. 43 (Nr. 85) (Eigentum). [Die Worte 
in den Klammern ( ) bezeichnen das Prozeßmotiv.] 


190 


IL Abhandlung: 


Scherr. 


Schenkung: II 4127» (Nr. 30) (s. Adoption); IV 112 (Nr. 46); 
VI 36° (Nr. 3) (Tempelstiftung); VIII 34* (Nr. 82); УШ 


49» (Nr. 309). 


Societät (Auflösung): П 28 (Nr. 35). 
Tausch: VIII 6* (Nr. 48); VIII 22* (Nr. 37). 


D. Die häufigsten Ideogramme.* 
(Alphabetisch geordnet.) 


A.SÀ — eklum | 
A.KAR — ugarum | 
BAR — mislum | 
DA — а 

DAM — а$афит 
DAM.KAR — tamkarum 
DI.TAR — daianum 
DUB — duppum 
DUB.SAR — dupsarrum 
ER — alum 

ÉRÜA — bitum epsum 
ÉGAL — бкайит 
EGIR — varkátu 





LUGAL — $arrum 

МАМА — тапіт 

MU — 1) Зайит, °) пізит 
MU.NLIM — бити, -ša 
NIN — ahätum 

NITA — vardum 
NI.LAL.E — isakal 

NINI — ii (i, Чата) 
NI.RAM.E — imad(d)ad 


PA — aklum 
SÀ — libbum, libbi(a) 
SAM — iimu, simu 


6ISSAR — kirüm 


GIN — siklum | SE.(BA) — seum 
GUSKIN — hurásum | SI — pán, mahar 
GUN — biltum | SÉBA.AN.TI — ilteki 
HA.LA — zittum SES — ahum 


HE.GAL — hegallum 
ІВ.ТА.Е (UD.DU) — usesi 
ID — närum | 
ITU — varhum 
IN.NA.AN.LAL — iskul | 
ІХ.РА.МЕм (resp. 55) — itmá | 
KA — püm [(-@ fem.) | 
KI — itti 

KI.KAL (oder UD) — nidütum 
KUBABBAR — kaspum 





| TUR — márum 


TUR.SAL — märtum 
TUR.US — aplum, aplütum 
UD — ümum [ebrim 


| UD.EBUR.SÜ (KU) — ina úm 


UKUR.SÜ — ana matêma 
"EN.ZU — Sin 

ISIN («9 — Sin 

“U -+ DAR — fitar 


| NINNI — Ištar 


a Dieselben sind im Texte zumeist ohne besonderen Vermerk semitisch 


umschrieben. 


Altbabylonische Bechtsurkunden. 


191 


E. Sonstige Ideogramme. 
(Alphabetisch geordnet.) 


А — тё УШ 42°, 1. 

AB.SIN — apsenum II 8, 1; 
II 32, 1; VIII 10%, Та. 5. 

AD.DA — афит IV 42», 4.6. 
21; VI 32*, 2. 

546 АМА й 549? NITA — astapi- 


rum 1150,1.14; УШ 98», 5. | 
AZAG.DIM(?) (cf. П 7, 25] | 


— ? ‚Goldschmied‘ 
,22*, 17. 
BAD — dürum VIII 28*,1u.6. 


VIII 


BAL.RI — ebirtum II 32, 4; | 


VIII 11», 3. 

BARA.US — rid sábim II 8, 
6; IV 1*,4(?); VIII 10*, 6. 

DAH.HE.DAM — ussap yas 
VI 44», 3. 

DAMAL.A.NI — ummasa VI 
26*, 3; VI 325, 3. 

DIM — bänüm VI 36%, 20. 

DI(EL?).GA.GU — ? II 32, 9. 

DUG*«- — tábat IV 49%, 3. 

DUG — täb VIII 265,12 и. 5. 

EGIR.RA — varkätu II 40», 
1; УШ 325, 7. 

E.NI.DUB — naspakum, nat- 
bakum VIII 33°, 11. 

GIN — (Lüngenmaf, Unter- 
maß von ammatu) II 45, 
2(2). 10; IV 46», 1. 

GINA — kénum VI 44», 2. 

SG ISIHMAR — gisimmarum 
II 50, 2. 

GIS.BAR — ‚Hohlmaß‘ II 32, 
20; VIII 115, 15; VIII 





еее ——— —————-—ншсє_——_.——.—-—————шкс————.._—_— سے‎ ee e e 


19», 17; УШ 40°, 11; VIII 
42°, 9. 

GIS.DUB.BA.A — gisdubbá (?) 
II 32, 29; VIII 75, 12; VIII 
84, 4(?); VIII 19», 25. 

GUB.BA — zakpum II 50, 2. 

GUD — alpum VIII 25*, 9; 
VI 31», 5. 

ILLAT — ellatum VIII 42°, 4. 

KAR — kárum VIII 11*, 13; 
ҮШ. 1*. 9. 

KI.LAM — 
11*, 2. 

KU.DA — kémum ЇЇ 41», 35; 
[VI 44», 12; VI 48°, 11 (vgl. 
S. 90)]. 

? KAT.TA — ? ‚Besitz‘ VIII 
19*, 3. 

КА — bábum VIII 19°, 16 п.б. 

KÁ.MAH — abullum II 46,15. 

LIT — littum II 41®, 25; VIII 
28°, 11. 12. 

LU.NITA — immerum VI 34», 
8. 11. 

MI" — я passim in Nprr. 

ХІВА — pissatum VI 335, 
21; УШ 12°, 13; II 41°, 34. 

NIGIS — батпит VI 415, 
10; VIE 8», 2. 1T. 

NLGAB — pétám VIII 29°, 21. 

NU — zikarum УТ 84%, 8. 

NU.G IG — kadistum VI 43°, 4. 

RID — sangüm I 39, 21; IV 
40°, 5. 

RUS — ? IV 41», 1.6. 22. 


mahirum УШ 


192 


II, 


SAG — pútum VIII 18°, 3; 
VIII 32*, 6. 

SA.SU — =) büsá 5) -ša káti VIII 
15,9 (2); VIII Us, 4; VIII 365, 5. 

SAR — isinnum II 41°, 35; [VI 
Ais, 12; VI 48», 15; VI 
48°, 11 cf. 8.90]; VIII 404, 15. 

SE.BA — вит (ibrum) VIII 
12°, 12; VIII 42*, 9 u. ö. | 

SE.KIN.KUD — esédu VI | 
44°, 5. 8. 

атм SE KIN.KUD VI 44», 9. 

SEGIS.NI — iamaiiammum 
VIII 8°, 1. 10. 

SIL — sükum II 4, 4; VIII 
32», 6. 

SIL.DAMAL.LA — rébitum 
II 45, 12. 

SÍB — тит IV 7%, 13. 





е — ранит VI 37°, S 
VIII 11°, 1; УШ 30%, 
VIII 36°, 1. 


SÍG.BA — lubustum II 41», 
34; VI 33», 21. 

CHA) SU.BU.BU — bárüm 

.. VIII 40°, 5. 


Abhandlung: 


Schorr. 


80.1 — gallabum VI 24*, 
VIII 11*, 10; VIII 19», 

SÜGIES — ? П 32, 2. 5. 

ZU. МЕ — iurinmum И 47, 
18. 

(F&A) SIPTU — siptum VI 
44% 2.10; УШ 42», 1. 13. 

TA.A.AN II 22, 4; II 41», 35; 
[VI Ais, 12. 13; VI 48°, 12 
cf. S. 90]. 

TAB.BA — tappütum ЇЇ 32, 
12; VIII 19*, 10; öfter in 
Nprr. 

ТІК — 2) biltum V135®, 7; VIII 
40^, 15.) kisádum У ПІ Ze, 34. 

ТОТ, — bárum VIII 25*, 14. 

UZU — Sirum II 41°, 35; (VI 
44*,12 (S.90)]; VIII 404, 15. 

ÜH.ME.ZU.AB — pásis apsim 
IV 11*, 29. 30. 

"U.LUSUY — sënn pl. II 41*, 95. 

UM.MI.A — umm(i)jánum VIII 
361, 10. 

ÜTÜL — utullum IV 4 *, 2. 

ZUG — susüm VIII 42°, 1. 

Тако — sint-su УШ 43*, 15. 


5; 
6. 


3 


F. Ortsverzeichnis. 
[Stüdte (S), Tempel (T), Flüsse (F), Kanüle (K) usw.] 


? Amurrum (S) II 50, 21. 
Asukum (S) VI 482,1 
Bábilum (S) VIII 40», 2.7. 
? Bamatum (S) VIII 28*, 2. 
? Dür-essum (S) VIII 28», 1. 
Dár-muti (S) IV 41*, 46. 
E.BAR.BAR (T) II 31, 7. 
Gagum (S) VI 48», 13; VI 33», 





5. 91; УШ 95», 5; II 41, 
9; УШ 40%, 12; VI 335, 7. 
ҮШ 39», 1; П 47, 1; VIII 
42°, 10. 


Gaminanum (S) II 41*, 6. 1€. 


| Alu-iGula (S) И 8, 3. 


Halhalla (S) VI 33*, 6. 
Hu-ra (?)-tum (?) (S) IV 39», 1. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 193 


нат Irnina(K)1132,4; VIII11*,3. | Sabakanu (S) VI 48*, 4. 
Kaduru (S) VIII 25*, 8. | Sippar (S) IV 47°, 9; VI 42», 
Kidum(S)VHI24^1;VII20^12. | 13; VIII 182, 14. 
Kär-Sippar (S) VIII 7», 9; УШ | Sippar-rabá (S) IV 47% 21. 


17°, 13. 
Lisimurum (S) IV 47%, 2. 


Sippar-Amnanum VIII 7*, 23. 


| Su(?)-na-ak(?) (S) ... УШ105 8. 


Майка (S) (MAL.GI.A) VI 94», | ? Tublias-rabbà (S) (ES.NUN. 
13; УШ 11^, 16; ҰШ 19.  NA.GAL) II 8, 8. 
16; VIII 404, 13. | Taskun-Istar (S) VI 35°, 2. 
^ir Pariktum (К) УШ 17^, 3. Орі (UH*) (S) öfter in Nprr. 


sr Purattum 


NUN") 


AbR = 
AG? = 


AL IV = 


AS Ш = 


AUS — 
BA — 


BAP — 


BPN — 


(ÍD.UD.KIB. | *“Urnia (К) VIII 18*, 4. 
(Е) УШ 18°, 3. | Zaban* (S) IV Ais, 19. 


б. Abkürzungen. 


B. Meißner: Aus dem altbabylonischen Recht (Der 
alte Orient, VII. Jahrgang, Heft 1). 

F. Delitzsch: Assyrische Grammatik, II. Auflage, 
Berlin 1906. 

F. Delitzsch: Assyrische Lesestücke, IV. Aufl, 
Leipzig 1900. 

S. Daiches: Altbabylonische Rechtsurkunden aus 
der Zeit der Hammurabi-Dynastie. Leipzig 1903. 
(Leipziger semitische Studien, I. Band, Heft 2.) 
B. Meißner: Assyriologische Studien III (Mittei- 
lungen der Vorderasiatischen Gesellschaft 1905, 4. 
X. Jahrg.). 

T. Friedrich: Altbabylonische Urkunden aus Sip- 
para (Beiträge zur Assyriologie V 4), Leipzig 1906. 
Beiträge zur Ássyriologie und semitischen Sprach- 
wissenschaft, red. von F. Delitzsch und P. Haupt. 
B. Meißner: Beiträge zum altbabylonischen Privat- 
recht (Assyriolog. Bibliothek B. XI), Leipzig 1893. 
H. Ranke: Early Babylonian Personal Names from 
the published tablets of the so-called Hammurabi- 
Dynasty (The Babylonian Expedition of the Uni- 
versity of Pennsylvania Series D, Vol. III, ed. by 
H. V. Hilprecht), Philadelphia 1905 


Sitrangsber. d. phil.-bist. Kl. 155. Bd. 2. Abh. 13 


194 11. Abhandlung: Schorr. 


Br. = К. Brünnow: A classified List of all simple and 
compound cuneiform ideographs I. Leiden 1889. 
СН = Codex Hammurabi. 
CT == Cuneiform Texts* from Babylonian Tablets in the 
British Museum. London, B. I ff. 
Grundriß GGO — F. Hommel: Grundriß der Geographie und 
Geschichte des alten Orients. Erste Hälfte. Mün- 
chen 1904. 
НУВ: = F. Delitzsch: Assyrisches Handwörterbuch, Leipzig 
1896. 
HWB? — W. Muß-Arnolt: Assyrisch - englisch - deutsches 
Handwörterbuch. Berlin 1905. 
КВ ІУ = Keilinschriftliche Bibliothek, B. IV. 
LIH L.W. King: The Letters and Inscriptions of Ham- 
murabi (Luzac’s Semitic Text and Translation Se- 
ries). Vol. I-III, London 1900. 
Müller GH = D. H. Müller: Die Gesetze Hammurabis und 
ihr Verhältnis zur mosaischen Gesetzgebung sowie 
zu den XII Tafeln. Wien 1903. 
OLZ = Orientalische Literaturzeitung, herausgegeben von 
F. E. Peiser. 
RA == Redensarten. 
UND = Е. E. Peiser: Urkunden aus der Zeit der III. baby: 
lonischen Dynastie, Berlin 1906. 
WZKM == Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes. 
ZA == Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete, 
herausgegeben von C. Bezold. 


Alle übrigen Werke sind ungekürzt angeführt. 


| 


[] — Diese Klammer bei der Angabe des Schemas der 
Urkunden (S. 8 u. б.) besagt, daß der betreffende Punkt im 
Schema unwesentlich ist und daher nicht in allen Urkunden 
vorkommt. 


* Die einzelnen Urkunden werden nach der Seitenzahl des betreffenden 
Bandes und nach der jetzt üblichen verkürzten Numerierung angeführt. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 195 


H. Verzeichnis der phonetisch geschriebenen Würter. 


(Die fettgedruckte Ziffer bezeichnet die Nummer der Urkunde.) 


N 


ax abum Vater. a-bi 1, 25; a-bi-$u 1, 24; 11, 24; 44, 18; a-bu- 
за 30, 26; a-bi-ju-nu 21, 6; a-bi зат Heerführer 61, 
3; 68, 3(?). 

ZDN П! ubbubu den Reinigungseid leisten. а-па ü-bu-bi-im 
21, 14. 

"ЗМ abnum Stein. аб-пи-ит 72%, 24. 

"2N, ebirtum jenseitiges Ufer. e-bi-ir-tim 5, 2; 83, 1. 

IN agáru mieten. i-gu-ur-šu 83, 7; 40, 7; 45, 6; 81, 5; igu- 
ru-&u 16, 5. 

ágirum Mieter. a-gi-ri-su 45, 12; 81, 8. 

IN, igarum Wand. i-ga-ri-im 43, 12. 

TIN, adi а) Prüp. bis (Steigerung). (Gin bi-e (bi, bi-i) a-di hu- 
räsim 4, 15; 18, 26; 20, 9; 21, 17; 24, 8—9; 27, 9; 30*, 
21; 35, 13; 43, 15; 70, 21. iš-tu zi-ka-ri-im a-di Stat: 
is-tum 8, 20. b) konj. solange 1, 6; 13, 5; 39, 9; 55, 24; 
64, 24; 71, 13. 

UTN, eššum neu. es(?)-Si-im 4, 1. 

TN, avátum Wort, Inhalt, Angelegenheit. a-và-at 2, 15; 6, 25; 
13, 13; 14, 20. 38; 77 Rev. 2; a-va-zu 7, 13; 17, 11; a-và- 
tu-$u-nu 35, 9; ava-ti-Si-na 42, 6 (v. amáru, Sakänu). 

oW, o) avilum Mensch. a-vi-lum а-па a-vi-lim einer gegen den 
anderen 17, 14; a-vi-lum ma-la a-vi-lim einer gleichwie 
der andere 65, 14; 68, 12; ma-ru a-vi-li Freigeborne 1, 21. 

2%, ezébu a) verlassen. i-zi-ib-ši 77, T; b) hinterlassen. i-zu-bu(?) 
18, 29; i-zi-bu 21, 8; 38, 4; ta-zi-bu 30^, 23; c) duppam 
ezébu eine Urkunde ausstellen, übergeben. i-zi-bu 21, 23; 


^ Herr Prof. Müller hatte die Güte eine Druckkorrektur der Arbeit zu 
lesen, wobei er eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen gemacht, die 
vielfach Aufnahme gefunden haben. Es sei mir hier gestattet, ihm dafür 
besonders meinen innigen Dank auszudrücken. 
13* 


196 H. Abhandlung: Schorr. 


58, 5. 14; i-zi-ib 25, 18; u-še-zi-bu-šu 10, 12; $uzu-ub 
26, 10; ezu-ub außer 30*, 34. 

MS ahum 'leil(?). ah kaspi-sa 43, 10. 

ПХ ahum Bruder. a-hu-su 38, 6; a-hi-su 27, 1; a-hi-sa (2) 59,4; 
a-hi-Su-nu 1, 18; a-ha-sü-nu 46, 21; pl. аа: ah-hi-su 
6, 20; a-ak-hu-šïa 13, 31; a-ah-hi-i-Sa 28, 26; ah-hi-sa 
30, 30; a-ah-hi-ía 13, 34; a-hu-um а-па a-hi-im эрч 
gegen den anderen 16, 29; 20, 11; 35, 14; 36, 9; 27, 1 
(a-ah(!)-um). - 

ahätum Schwester. a-ha-tum а-па a-ha-tim eine gegen 
die andere 24, 9—10; 37, 13. 

mx ПІ! dînam iühuzu das Urteil verkünden. di-nam и-да-Бі- 
zu-$u-nu-ti 10, 8; 15, 8; 16, 10; 25, 12—13; 26, 8; 28, 5; 
79, 26; Sing. d-Sa-hi-zu-nu-ti 21, 12. 

ок akálu essen, genießen, i-ik-ka-al 55, 25; 64, 2 

Оҳ, alum Stadt. a-lim 79», 19; a-li-im 18, 90; 35, 1.12. 

bx Пит Gott. i-li-iu 3, 5.7; au ia 29, 18. 

ЛОМ, eli auf, gegen. eli X id gegen jemand anhaben 1, 11. 
16; 2, 11; 13, 8; 39, 12; 71, 5; e-li-ia 14, 32; e-li-ia 140 
es gefüllt. mir 14, 30; e-li X rašů eine Forderung gegen 
jemand haben 21, 9; 38, 9—10. 

elü auftauchen (von der Urkunde) 1-Й-а-ат 15, 33; 
22, 18. 
elitum Vorzugsanteil. e-li-ti-sa 30*, 33. 

or, aläku gehen, kommen. i-li-ku 10, 1; illi-ku 32, 10; 72°, 
5. 18; i-la-ku (präs.) 32, 10 

І 55м, ul, ula nicht. а) qud u-ul oft; b) in Aussagen 
(mit Impf.) u-ul 22, 5; 72, 11. 12; c) konditional 32, 10 
19, 18; u-la 1, 18. 25; 2, 12; 8, 14; 4, 10. 16; 5, 19. 20; 
71, 7. 

П 55м II! ullulu reinigen, frei machen (vom Sklaven). puzu 
u-li-il 1,5; u-li-il-šu 13, 3; 39, 5; u-li-il-ši 2, 4; ul-lu-ul 
(perm.) 39, 14. 

ellum, f. ellitum rein, frei. el-W-it 2, 10. 

TON, arnam emédu eine Strafe auflegen. i-mi-du 42, 8; imi 
du-su 10, 10; 28, 18; d-mi-du-su (Präs.) 1, 27; e-mi-di-su 
(Inf.) 72, 27. 

DN ummum Mutter. ит-та-$и (Nom.) 13, 3; 39, 5; um-ma-sa 
(Nom.) 18, 27; 30, 12. 27. 


Altbabylonische Rechtsnrkundon. 197 


umma also, folgendermaßen. um-ma 14, 24; 31, 13; 72, 10; 
725, 9; 78, 8; 78, 7. 13. 24. 

"EN avátam amáru eine Sache prüfen. i-mu-ru 42, 6. 

ana Prüp. passim u. zw. a) kausal (nach ragámu) 3, 13; 91, 
15; 25, 11; 35, 10 п. 5.; а-па ga-bi-e auf Grund des Auf- 
trages 55, 10; 59, 4; 63, 6; 65, 7; ana simdátu-íu auf 
Grund seines Gesetzesanspruches 72*, 3. 5) temporal 
(ana varkát &mé, ana #айїт etc.) 1, 10; 25, 20; 55, 15; 
60, 7; 65, 13; 66, 12 u. ö.; с) modal: апа kisri 33, 5; 
81, 4; ana biltim 50, 1; 69, 9 п. ö.; ana duppim (gegen 
Quittung) 70, 3; ana puháti 48, 5; ana kaspim 67, 2; 
13", 2 u. 6.; d) final behufs (mit Inf) 21, 14; 34, 7; 
50, 6; 73, 21; апа marütim lakü 72*, 11; ana аё ќт 
nadänu 11, 5; апа kallütim häru 59, 8; nadänu апа... 
35, 15; 29, 10. e) lokal: 39, 6; 53, 11; 64, 27; 70, 6 
u. 6. f) dativisch für, zugunsten 3, 5. 7. 8; 30*, 26; 58, 
6; 59, 7; 65, 15; 68, 13; 79», 14. g) Personalobjekt (nach 
ragämu): 21, 24; 25, 21; 27, 10; 98, 7.17. №) ana рі 
gemäß 50, 9; 60, 11; 64, 17; 68, 15; 69, 12; 75, 9. 

ina Prüp. a) lokal passim; 5) temporal (wührend) 72, 13. 23; 
c) von, aus 22, 13; 30, 30; 54, 1; 71, 3; 72, 34; d) ina 
pi gemäß 46, 12. 

MIN enáti (аг. sli], hebr. *&) Hausgeräte, Mobilien. e-na-ti 5, 6. 

ПЖ, mänahtum Mühe, Kosten. ma-na-ah-tam 65, 15; 68, 13; 
ma-na-ah-ta-ka 31, 21; ma-na-ah-ta-sü-nu 68, 19. 

anáku ich. a-na-ku 72*, 10. 21; 78, 18. 21. 27. 

annüm (m.) dieser. an-ni-im 2, 15; 13, 14; 14, 39; 30, 11. 26; 
43, 11; a-ni-im 6, 17. 25; pl. таве. annütu(n). an-nu- 
tu-un 31, 8; 73, 5; 78, 4; an-nu-ti-in 14, 22; pl. fem. 
anniáti(n). an-ni-a-ti-i[n] 46, 11. 

WN, assatum Ehefrau. as-sa-ti 59, 15; ai-3a-at 21, 5. 

assütum Frauenschaft. as-su-tim 2, 5; 77, 5. 

а$$ит (== апа šum) a) wegen (präp.) as-óum 15, 5. 21; 16, 
1. 6. 22. 29; 38, 17; 79», 1; as-Su-mi-ka (?) 31, 15; b) konj. 
weil 28, 16; 72, 35. 

atta, f. atti du. at-ía 1, 25; at-ti-i-ma 12, 14. 

isinnum Festopfer (?). i-si-ni 83, 12. 

Sax apälu. a) antworten (Akk. der Person) i-pu-ul 14, 35; 
b) zurückgeben, rückerstatten. i-ip-p[a-al] 54, 11; ip-pu-ul 


198 II. Abbandlang: Schorr. 


87, 11; і-їр-ра-и 58, 11; 62, 13 (dopp. Akk.); 65, 22; 68, 
19; a-pa-al-ka 31, 22; i-pa-al-ka 78, 26. с) übertragen, 
abtreten (АЕК. d. Person). i-pu-lu 46, 22. І? verantwort- 
lich sein. i-ta-na-pa-lu 38, 21; 72, 36. 

apiltum Ausgleich (?). a-pil-ta 24, 11. 

aplum (erblicher) Sohn. a-pil 23, 1; a-bi-il 82, 10. 

aplütum a) Sohnschaft, Adoption. ap-lu-ut 23, 1; ap- 
lu-tam 23, 3; ap-lu-tim 4, 12; ap-lu-ti-ja 22, 13; ap-luza 
22, 17; ap-lu-ti-$u 46, 12; ap-lu-us-su-nu 46, 7. Б) Sohnes 
anteil. ap-lu-za 30, 31. 

WEN epéju machen. а) bitam e. bauen. bit "LUGAL .. . mun 
3, 6; b) tappütam e. Kompagnie schließen. i-pu-$u 35, 3; 
с) тат e. eine Angelegenheit ordnen. 1-ри-$и 35, 5; 
d) nikásam e. die Rechnung machen. i-pu-us 70, 12; 
e-bi-es (Präs.) 31, 18. 

DN, eróbu a) eintreten. а-па bi-it a-bi-&u i-ru-bu 11, 24; ата 
bit "Хата i-ru-bu 35, 4; i-ru-bu-u 70, 10; а-па Ga-gi-im 
i-ru-bu 13, 21; b) in Mietsdienst treten i-ru-ub 33, 14; 
40, 14; 45, 14; 74, 10; 81, 11; c) ana biltim e. abgabe- 
pflichtig werden (vom Felde). i-ir-ru-ub 55, 21; 64, 27. 

arnum Strafe. a-ra-an 1, 26; ат-та 72, 21; ar-nam 10, 9; 28, 
18 (у. emédu). 

WIN erêšu verlangen. i-ri-[$u?] 62, 12. 

WN, erëin bebauen. e-ri-su-ti/m] 11, 11; ir-ri-$u-tim 50, 
6; 51, 6; 59, 8; 55, 14; 56, 7; 60, 6; 65, 11; 66, 11; 
68, 10; 69, 9; 83, 6. 

merisum Anpflanzung. ekil me-ri-es 66, 4. 

iskarum Flur, Land. is-ka-ri-im 8, 4. 

aslakum Fürber(?). a$-la-ku 30^, 30. 

SWN asrum Ort. a-sar 14, 30. 

їни a) von (steigernd) 15% 01-1 a-di hurágim 4, 15; 18, 26; 
20, 9; 21, 17; 24, 8; 27, 9; 30*, 21; 35, 13; 43, 13; 
10, 21; iiu zi-ka-ri-im 8, 19; b) lokal Gi di-im-tim 
77, 11; c) gemäß (sc. dem Gesetze) 1, 46; 73°, 13; d) kon). 
sobald. is-tu 29, 17. 

isténié gegenseitig. i&ti-ni-i$ 16, 32. 

ita neben i-ta 7, 5; 8, 3; 11, 3. 5; 17, 2; 18, 9. 11. 22. 24; 
24, 3; 27, 2; 30, 1. 8. 11. 18. 20. 21; 34, 2; 43, 5; 7, 
2; 16, 2. 3. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 199 


ИН a) von. it-ti 40, 11; 5) mit i-ti 6. 18; it-ti 27, 7; ила 
21, 18. 
PAR, etéku III! hinüberführen. su-tu-uk 17, 10; 80, 9. 


2 


ow,2 bélum Besitzer. be-el 51, 4; 63, 5; 65, 6. 10. 
beltum Besitzerin, Herrin. be-el-ti 59, 6; 56, 5; 64, 11; 
66, 9; 69, 1; be-el-[ti-]sa 4, 8. 

“%, 3 II! bu’uru a) überweisen. u-bi-ra-ku-su 78, 18; u-bi-ra- 
ak-kum 78, 20; u-ba-ra-ak-kum (Präs.) 73, 16; u-ba-ra- 
ku-$u 78, 15; b) zusprechen (bei Gericht) u-bi-ru 70, 13 (?); 
42*, 29; u-bi-ir-ru 12*, 15. 

Барит Tor. ba-ab 11, 13; 15, 12; 18, 20; ba-bi-im 31, 4. 

bábtum Verlust, offene Schuld. ba-ab-tam 35, 6; ba-ab-tim 
35, 11. 

ГЗ bitum Haus. bi-it(?) 11, 23; bi-tim(?) 14, 26. 29; bi-tam 
14, 26. 29; bi-ti-ia 14, 25; [bi-t]i-ja 5, 8; pl. Фиги bi- 
ti-tim 14, 20. 

bukänum Stab (?). bu-ka-nam 17, 10; bu-ka-na-am 80, 8. 

755 balu außer. ba-lu 43, 12. 

295 balátu leben. ba-al-tu (Perm.) 1, T; ba-al-ti-at 99, 15; 
30, 33; 39, 9; 77, 14; bu-ul-ti-áéa-a (Inf.) 79, 23. 

m biritum Mitte. i-na bi-ri-it 83, 1. 

MY baíü vorhanden sein. i-ba-a3-$u-u 4, 14; 21, 18; 72, 32; 
ba-zu-u (Perm.) 49, 1; 60, 1; 68, 1; bi-zu-/u] 69, 1; ba- 
#1-а-ат 65, 23; 68, 20. 

Бийт Vermögen. bu-ie-ía 4, 12; bu-še-e-ša 18, 25. 

basmum Schlangenkapelle (?). ba-as-mu-um 72, 20. 


3 


gadum mit, samt. ga-du-um 18, 16. 21; 27, 1; 28, 2. 

25: II! gullubu a) schneiden (das Haar) oder: brandmarken. 
а-па qu-ul-lu-bi-im 25, 15. 

552 gamälu voll sein. i-ga-am-mil 81, 12. 

"53 gamäru a) zu Ende sein, fertig sein. i-ga-mar(?) 40, 15; 
Permansiv: ga-me-ir 13, 4; 36, 5; ga-am-ra-at 1, 13; 17, 
11; ga-am-rum 20, 10; ga-am-ru 27, 8; 47, 12; ga-am-ra 


200 И. Abhandlung: Schorr. 


(рі. fem.) 24, 8. 5) avátam, témam g. eine Sache erledigen. 
ig-mu-ru 35, 9; 72, 36. 
` gamrum voll. kaspam ga-am-ra-am 14, 26; а-па ši- 
mi-Su ga-am-ri-im 17, 1—8. 
gimrum Gesamtheit, Summa. gi-mi-ir 46, 11. 
gamirtum Vollziehung. атпа ga-me-ir-ti-su 80, T. 


- 
T" йти prozessieren. (dinn 16, 7. 
dinum a) Urteil. di-in 4, 19; 5, 23; 8, 24; 22, 22; 
72, 37; di-nam 10, 8; 15, 8; 16, 10; 21, 12; 25, 12; 26, 
1; 72, 26; b) Prozeß. dini-im 9, T. 
daianum, pl. daiand Richter. da-ia-nu (pl) 4, 5; 5, 
17; 10, 8; 16, 8. 12; da-ia-nu-ni 10, T. 
pa" dimtum Säule, Pfeiler. di-im-tim 77, 11. 
duppum Tafel, Urkunde. dup-pu-um 15, 23; 22, 15; dup-pa- 
am 38, 8; 72, 12. 24; dub-bi-im 13, 13; 14, 38; dub-bi 
21, 21; 26, 9; dub-bi-su(?) 75, 9; pl. duppäti. dup-pa-at 
28, 11; 46, 12 (v. ezébu). 


1 


й a) und, sehr oft b) auch. й 65, 22; 68, 19; c) und zwar. 
й 722, 20; d) й... й sowohl als auch 15, 14. 
551 vabálu bringen. ub-la-ku-su 78, 29; u-ba-la-kum 78, 27; 
III! tu-£a-bi-lu-nim 78, 11. 
muttabiltum (I? Part.) bewegliche Sachen. /muJ-ta-bi- 
il-tum 5, 12. 
45! valádu gebären. i-và-la-du 18, 18; và-'l-du (Perm.) 18,17; 
vildum Kind. vi-li-[id] 5, 8; vi-il-di-ia 18, 16. 
NX! vas hinausgehen. u-zi (Präs.) 33, 16; uz-zi 40, 16; 81,13; 
III! #090 mieten, pachten. u-$ezi 11, 12; 34, 8; 51, 7; 
60, 9; 74, 6; 75, 8; 19, 6; 83, 1; u-Se-si 50, 1; 52,10; 
56, 9; 66, 13; 69, 10. 
situm Aufgang (der Sonne). zi-it ša-am-ši 89, 6. 
müsüm Ausgang. mu-zu-um 90, 4. 
T varkum Nachlaß. và-ar-ka 18, 25. 
varki nach (dem Tode). và-ar-ki 18, 7; 77, 17. 
varkitum Zukunft, pl. varkáti daß. а-па và-ar-ki-it йті 
1,14; pl. và-ar-ki-a-at 1, 10; và-ar-ki-at 8, 13; 17,12; 18, 32. 


Altbabylonische Recbteurkunden, 201 


varkáti (pl) Hinterlassenschaft. va-ar-ka-ti-sa 4, 13; 
18, 4; 30, 5; 30*, 5; 43, 3. 11(?). 
varkátum Rückseite. và-ar-ka-tum 38, 13. 


1 

zi(?)-bu-[zu?] 26, 12 — ? 

Mm 242и teilen. i-zu-uš(z?) 6, 21; 76, 9; 1-ги-и-ги 20, 8; i-zu-zu 
24, 1; 27, 1; 35, 8; 36, 4; 47, 12; i-zu-uz-zu (Präs.) 65, 
24; 68, 21; zi-iz (Perm.*) 36, 5; Plural: zi-zu-u 20, 10; 
zi-i-zu 27, 8; zizu 47, 12; zi-za (pl. fem.) 24, 8. 

um zahátu auspressen. i-za-ha-tu 57, 10. 

"M zäru hassen. izi-ir-áu 77, 10. 

I ^2! zikarum Mann. zi-ka-ri-im 8, 19. 

Пт піў 7... zakáru einen Schwur leisten. iz-ku-ur 4, 8; 
iz-kur 72*, 9. 13. 

zinistum Weib. zi-ni-is-tum 8, 20. 

"p! zikütum Gesetzlichkeit. zi-gu-tum 15, 23. 

Чит Anteil. zi-ti-3a 30*, 34. 


n 

san hibiltum Pfand. hi(?)bi (?)-il-ti-éa 41, 10. 

man hubtum lastenfrei. eklum hu-ub-tum 18, 19. 

m hadá sich freuen. ih-du 30*, 27. 

МП hazánum Stadtvorsteher. ha-za-a-nu-um 14, 19. 

"УП háru erwählen (zur Gattin). i-hi-ru-&i 59, 8. 

hirtum Auserwählte, Braut. hi-ir-ti-iu 59, 14. 

son haläku verloren gehen. ih-li-ku-$u 16, 5. 

pan himsatum (oder himistum?) Streitobjekt. hi-im-sa-tu-$u-nu 
70, 5. 

"En hipü zerstören, tilgen (die Urkunde). ih-pu-u 1, 47; i-hi- 
ри-и (Präs.) 58, 14; hi-bi-a-am 38, 11; IV! Präs.: ih(?)- 
hi-e-ib-bi 15, 24; i-hi-bi 99, 19; ih-hi-pu (Impf.) 73", 12. 

haränum Weg, Handelsunternehmung. ` Aa-ra-nim 35, T. 12. 


* In der Auffassung dieser und der folgenden Formen als Permansiva — 
entgegen meiner ursprünglichen Fassung als Substantiva — folge ich 
jetzt Ungnad OLZ 1906, Nr. VIII, S. 462 ff, Es ist daher überall zu 
übersetzen: Er (sie) hat (haben) geteilt; er (sie) ist (sind) fertig. Vgl. 
auch s. v. gamáru. [Korrekturzusatz.] 


202 ll. Abhandlung: Schorr. 


o 


DN, {тит Angelegenheit. te-im-5u-nu 35, 5; ti-ma-iu-nu-ti 
12, 35 (у. epésu, gamäru). 
N, 3 febitum Siegelring. té-bi-tum 46, 8. 9. 10; té-bi-a-tim 46, 
1.11; té-bi-a-tum 46, 3. 23. 
DY II! libbam tubbu befriedigen. u-ti-i-ib 15, 16(?); u-ti-ib 
70, 18; tw-ut-teib 14, 33. 
(tubtum) pl. (йан Gutwilligkeit. i-na tu-ba-ti-&u 46, 14. 
"D larádu verweisen (an jemand). if-ru-du-$u-nu-ti 72*, 6. 20. 


^ 


iasim mir (Pron. pers. Objekt). а-па ia-$i-im 73, 21. 

= idum a) Mietslohn. i-di 45,7; b) Ort, Umfassung. i-di-šu 18,21. 

QT" ümum Tag. ü(m)-mi-im 17, 13; 25, 20; 36, 8. 

|З" imittum rechte Seite. i-mi-it-ti-iu. 60, 13. 

ПУ II! ussupu Zinsen zahlen. и-за-ар (Präs.) 19, 2. 

nw" 150 (eli) (gegen jemand) anhaben. i-iu 2, 12; 71, 7; iu 
1, 18; 5, 7; 13, 9; 18, 29; 39, 13; 43, 16; ti-5u (II. Pers. 
sing.) 14, 32. 

"19^ II! uššuru rechtlich vollziehen. u-šu-ur 48, 18. 

misirtum Gebühr, Sportel. mi-Se-ir-tam 83, 13. 


> 


"З kiám so, also (gewöhnlich mit folgendem umma). ki-a-am 
14, 23. 34; 31, 12; 72, 15; 72», 9. 13; 73, 8. 

Кіта a) Prüp. anstatt, für. А-та 14, 26. 29; 98, 12; 
48, 12; 5) entsprechend. ki-ma 60, 13; c) konj. dafür daß, 
gemäß dem daß. ki-ma 29, 5; 47, 5. 

552 kallütum Brautschaft. а-па ka-allu-tim 59, 8 (у. Біти). 

'"ka-na-as-ra(?) 5, 11 -- ? 

Om karmum Weinberg(?). ka-ar-mu 64, 7. 

кайт dir (Pron. pers. II sing.). а-па ka-si-im 78, 9. 

“05 kasädu (mit Akk. der Person) gelangen, kommen zu je 
mandem. ik-su-du 21, 11; 38, 7; 41, 9; iš-šu-da-a (= 
iksudä) f. pl. 22, 10; ik-iu-da 43, 5. 

kisittum, pl. kisdáti Besitztum. ki-is-da-at 28, 3; kii 
da-ti-iu-nu 46, 23. 


Altbabylonische Rechtsurkunden., 203 


"ПО katáru einsammeln (zu den Toten). 184%... ilu-ša ik- 
te (?)-ru-&i 29, 11—18. 


^ 

lá nicht. dub-bi (ia) la ra-ga-mi-im 5, 1; 10, 11; 21, 21; 25, 
17; 26, 9; la-a 7, 15; la 16, 26; 17, 15; 21, 18; 23, 8; 
31, 24; 792°, 12. 30. 31; 78, 20. 29. 

"wb léu besiegen (im Prozeß). i-li-i-iwnu-ti 9, 8. 

235 libbum Herz. li-bu 70, 14; li-ib-bi 14, 28. 33; li-ib-ba-[am] 
48, 19; li-ba-? 48, 19; li-ba-su 7, 12; li-ba-su-nu 36, 6; 
li-ıb-ba-su-nu 47, 13. 

libbu, libi (Präp.) von, in. li-ib-bu (von) 46,1; li-bi(in) 
35, 1. 12. 
"25 labirum alt. duppi-su la-bi-ri-im 75, 10. 
labirütum Alter. báb la-bi-ru-tim 16, 15. 

таб I? litbusu sich bekleiden. il-ta-ba-as-si 40, 19; 45, 13; 

il-ta-ba-as 81, 9; ПІ: u-la-ba-su 33, 12. 
lubüsum Gewand, Kleidung. lu-bu-sa-am 22, 4. 

lá gewiß (Partikel). lu-u 79», 10. 27. 

“З5 II! Zummudu berichten, aussagen. u-la-ma-ad 31, 16. 

"ab limnum Feind. li-mu-un 3, 15; 6, 22. 

XDS lakû nehmen, annehmen. il-ki 47, 7; il-ku-u 16, 22; 46, 
1. 24; 53, 11; il-ki-a-an-ni 72*, 11; te-li-ki (Präs.) 78, 13. 


^ S 
та a) kont nachdem passim; obwohl 78, 10. 5) Partikel der 
Betonung passim (vgl. 8. 60--61). 
"R.D márum, pl. märt Kind. та-ги 1, 27; 72», 21; ma-ri-iu 
25, 22; 71, 3; ma-ri-šu-nu 59, T. 
märtum Tochter. ma-ar-ti-sa 18, 28; 30*, 26; 83, 7; 
ma-ar-ti-hu-nu 30, 28; ma-ra-ti-[sJu 71, 3. 
märütum Kindschaft. а-па ma-ru-tim 792, 11 (у. ana). 
"35 І? mitguru sich ausgleichen, übereinkommen. [im-tJa- 
ад (?)-ги (?)-u 15, 13; 48, 16; іт-іа-ад-ги 16, 1%. 
mitgurtum a) Freiwilligkeit. mi-it-gu-ur-ti-5u 46, 15; 
b) Übereinkommen. mi-it-gu-ur-ti-Su-nu 48, 15. 
"123 madädu abmessen. i-ma-da-ad 79, 9. 
MO mitütum Tod. ina mi-tu-ti-Ja-a 72, 13. 
ЗА mahäru a) empfangen. im-hu-ru 62, 4; таит 64, 29; 


204 П. Abhandlung: Schorr. 


65, 25; ma-ah-ra-at 45, 11; ma-ah-ru 55, 29; 59, 12. 
b) mit Akk. gelangen, hintreten. im-hu-ru-u 72, 16. 
mithari5 in gleicher Weise, gleichmäßig. mi-it-ha-ri-iš 
35, 8; 65, 24; 68, 20. 
mitharsu adv. a) entsprechend.  mi-it-ha-ar-éu 78, 16. 
18; 5) solidarischerweise 78, 22. 
mitharam adv. solidarischerweise. mi-it-ha-ra-am 78, 29. 
mahri vor. mah-ri-su-nu 31, 8; 78, 5; 78, 4. 
namhartum Einkünfte, Spendenschatz. nam-ha-ar-ti 54, 
1; nam-har-ti 67, 1. 
mab malû fehlen. im-ti 28, 11; II? тщій abziehen.  wm-da- 
ti-ju 78, 28. 
“25 namkarum Tränke. nam-ka-rum 43, 4; nam-kar 64, 6. 
№55 mala soviel als. ma-la 4, 14; 5, 7; 18, 17. 29; 49, 1; 60, 
1; 65, 14; 68, 1.12; 69, 1; 72, 31. 34. 
mammam, maman irgendjemand. ma-ma-an 2, 10; 13, 8; 71,4; 
ma-am-ma-an 39, 11. 17. 
mimma irgend etwas. mi-im-ma 1, 16; 2, 11; 6, 16; 91, 7. 
15; 30, 11. 26; 30^, 22; 39, 12; 43, 11; 71, 4; 72, 11. 
139 mand zählen. i-ma-num-ma 72, 34. 
mind was. mi-nam 14, 31. 
"T" mirrum gehacktes (?) Feld. me-ir-ra-am 87, 7. 
me3ekum geaichtes Maß(?). me-se-ku 53, 1; me-se-ga-am 50, 12: 
53, 10. , 
mutum Mann. mu-ti-im 71, 10; [muJ-ti-5a 59, 18. 
mutütum Mannschaft. а-па aš-šu-tim й mu-tu-tim 3, 
5—6; 77, 5. 
muttatum Stirn(haar) mu-ut-ta-az-zu 25, 14. 


3 


nagüm Inselland. пади-и 65, 3. 

nägirum Fronvogt. na-gi-rum 31, 2. 

ММ) nadá а) hinabstürzen. i-na-da(?)ni-ié-&i 77, 12. b) ver 
nachlüssigen. i-na-di 34, 14. 

17) nadänu geben, übergeben. i-din-nam 14, 27; id-di-nam 14. 
30; id-di-im-ma 22, 5; i-di-in 23, 3; 80», 31; 77, 6; id 
di-in 30, 14; 43, 19; 48, 17; 82, 8; ad-di-in 78, 10; ta- 
ad-di-nam 73, 22; i-di-nu 4, T; 70, 3; id-di-nu 99, 3. 17; 
25, 16; 29, 11; 30, 29; 72, 6. 24; id-di-na-ki 79, 11; id 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 205 


di-is-su 21, 14; i-di-ši 2, 8; id-di-nu-šu 16, 13; id-di-nu-si 
41, 4; 14-41-пи-и- 15, 11; id-di-nu-&u-nu-5ii 58, 8; i-na- 
di-in 30, 31; a-na-ad-di-in 14, 31; [i]-na-ad-di-[iš-]Jši 29, 
16; 1-па-41- 71, 11; ina-ad-di-na-kum 8, 11; i-na-di-na- 
Кит 78, 11; a-na-di-na-ak-kum 78, 19. 23; it-ta-na-di-5i-im 
(1?) 30, 36; in-na-di-in (IV!) 28, 15. 

musaddinum Agent, Spediteur. mu-Sa-ad-di-ni 54, 8. 

m пагаги sich stellen. 12-21-2и 72*, 24. 

müzazum Wächter. mu-za-az ba-bi-im 31, 4. 

ФП) nuhsum ÜberfluB. "irnu-hu-us ni-si 64, 35. 

22) nikäsum Rechnung. ni(?)-ka-zi-su 70, 12. 

“2; II! nukkuru ändern. u-na-ka-ru 9, 16; 6, 26; 13, 14; 77 
Rev. 3. 

ПС) nasáhu a) entziehen. i-na ap-lu-ti-ía i-zu-uh 22, 14; b) fort- 
nehmen. iz-zu-hu 58, 8; c) zurückweisen (den Anspruch) 
ги-ди-[те-]е-$а i-zu-uh 4, 9; i-zu-ku 5, 18; 8, 11. 

ТВ) napistum Seele, Leben. na-bi-is-ti-su 3, 8. 

nišu, pl. 2152 Volk, Leute. nu-hu-u$ ni-& 64, 35. 

X, 92 [2.3 ittasu', ittanasu erhalten, Unterhalt gewähren. it-ta- 
aš-šu-u 29, 1; it-ta-aš-ši-šu-nu-ti 29, 4; i-ta-as-Si-im (Inf.) 
29, 11. I*: ita-na-ši-šu 1, 9; it-ta-[n]a-s[i-5i]. 13, 6; i-ta- 
na-aš-ši-ši 89, 10; i-ta-na-ši-ši 77, 16. 

пізит Handerhebung, Schwur. 21-8 4, 7; 7, 16; 15, 
10; 31, 10. 


c 
DD II? sutannuku gemustert werden. uz-za-niik 28, 10. 


D 
MS II! puhhu umtauschen. u-bi-ih 48, 17. 
puhhum Tausch. pu-uh-hu 48, 18; pu-uh 37, 5. 
pühtum, pl. pühäti Tausch. pu-ha-ti 48, 5. 
рійцт Frontseite, Antlitz. puzu 1, 5 (v. elélu). 
"OD patáru loskaufen. ip-tu-ur 44, 18. 
© ріт Mund. In der КА itu рі adi hurágim: bi 18, 26; 
bi-e 4, 15; 20, 9; 21, 17; 24, 8; 30», 21; 35, 13; 43, 13; 
. 0, 21. 
Präp. pi, ana рі gemäß. bi-i 55, 17; а-па bi-i 65, 18. 
78 pánum Gesicht. pa-ni-áu 39, T (v. Jakänu). 


206 И. Abhandlung: Sehorr. 


pänium (m.) pl. panütum, adj. früher, ersterer. ši-bu- 
tum pa-nu-tum 792, 25. 

"PB pakädu übergeben, liefern. ap-ki-du-ka 73, 11; i-pa-ak-ki- 

12-21 69, 19; i-pa-ki-iz-zi 83, 14. 
pikittum Erhaltung. bi(?)-ki-ta-ia 88, 5. 

"Op pakäru reklamieren, klagen. ip-ku-ur 10, 6; 72*, 17; ip- 
ku-(ru-)ur 79», 4; ip-ku-ur-Su 26, 6; ip-ku-ru-u 9, б; i-ba- 
дати 8%, 31. 

DUD pisfatum Salböl. bi-$a-tam 22, 4. 

NDD II! putt urbar machen (ein Feld). u-pa-at-tu-u 55, 24; 
64, 24. 

tiptitum Urbarmachung. а-па te-ip-ti-tim 55, 14; 64, 13. 


x 
ПЗУ sabátu packen. is-ba-tu 78, 6; as-ba-at 78, 13. 
sibittum (vgl. hebr. тпк) Besitztum. si-bi-it 55, 9. 
Чоу (simittu) рі. simdáti Gesetz, Gesetzesanspruch. si-im-da-at 
$arrim 32, 11; а-па si-im-da-at-tu-us 72*, 3. 
"ММ sarrum falsch. sa-ar 22, 18. 
P 
пар kibü sagen, aussagen. ik-bi 14, 23; ik-buu ЗІ, 12; 3$, 
11; 72, 15. 25. 28; 73, 8; i-ga-bi 1, 26; i-ga-ab-bi 59, 15. 
19; iga-bu-u 73, 24; i.ga-b[u-n]im 31, 18; ата ga-bi« 
im Auftrage, durch Vollmacht 55, 10; 59, 4; 63, 6; 65, 7. 
Р.Р kanikum urkundliche Quittung. ka-ni-ik 58, 12; Ка-пі-Кат 
98. 5; ka-an-kam adv. 73, 20. 
kunukkum gesiegelte Urkunde. ku-nu-kam 10, 11; ku 
nu-uk-ki 122, 12; ku-nu-uk-ki-ia 5, 13; pl. kunukkáti. ku- 
nu-ka-ti 1, 41. 
"NP Кізгит Mietslohn. 1-15-71 33, 5; 40, 8; 45, 10; 74, T; 81, 
4. 6; ki-is-ri-3u 88, 8; ki-is-ru-5u-nu 19, 6. 
kátum Hand. kát-ti-a 73, 14. 


- 
DN," rêmu lieben. ta-ra-mu-u 30, 30. 
VN," réstum Anfang, Angabe. ri-is-ti. ki-is-ri 45, 10. 
n2" rabá hinzufügen. i-ra-ab-bi-a 98, 14. 

rabiánum Ortsvorsteher. ra-bi-a-nu-um 60, 5. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 207 


22" ragámu klagen. ir-gu-um 4, 5; 25, 11; 28, 7; 42, 4; ir- 
gu-mu 5, 16; 21, 10; 28, 17; ir-qu-mu-u 8, 9; 15, 6; 72, 
10; ir-gu-mu-Si-im 41, 8; i-ra-ga-am 3, 14; 5, 20; 20, 12; 
24, 10; 25, 23; 27, 11; 28, 27; 35, 15; 36, 10; 37, 14; 
38, 19; e-ra-ga-am 4, 16; 16, 25. 30; i-ra-gu-um 42, 13; 
48, 21; i-ra-ga-mu 3, 17; 7, 15; 10, 16; 17, 15; 18, 35; 
31, 24; 93, 8; 41, 16; 70, 22; 72, 33. 35; e-ra-ga-mu 8, 
23; i-ra-ga-mu-u 15, 22; i-ra-ga-am-šum 39, 17; ra-ga- 
miim 5, 1; 21, 21; 26, 9; ra-ga-mi 10, 11; 25, 17. 

rugummüm Anspruch, Klage. ru-gu-mu 21, 20; ти-ди- 

[me-]e-$a 4,9; [r]u-qu-ve(?)-&u-nu 5,18; ru-gu-mi-3u-nu 8, 11. 

ЧИ II! ruddá hinzufügen. u-ri(?)-di 3, 9. 

riditum Nachfolgerin, Erbin. ri-di-it 18, 4; 30, 5; 30", 

5; 48, 3. 

ramänum Selbstheit. i-na ra-ma-[ni-]ía aus eigenem 5, 9; 
ša ra-ma-ni-šu sich selbst gehörig 29, 20; it-ti ra-ma-ni- 
$и-та auf eigene Kosten 40, 11. 

7“ rasü a) (eli) eine Forderung haben ir-šu-u 21, 9; 38, 
10; b) besitzen i-ra-aš-šu-u 18, 30; 43, 16; e-[ra-a$-$u-u] 
5, 7. 


v 


ia a) welcher passim. 6) Genetivpartikel 29, 20; 72*, 1. 24; 
c) konj. daß 72, 23. 

eum Getreide. $е-ат 11, 14; 12, 10; 60, 15; 65, 23; 68, 20; 
69, 14. 

"INC (м,,) Sértum Strafe. Se-ir-tam 42,7. 

fagüm Priester. $a-gu-um 3, 11. 

аудит Priesteramt. а-па $a-gu-ti-im 3, 13. 

770 за4а4и eggen. 1#-$а-а4-4а-а4 (?) 50, 10; i-Ja-ad-da-du 55, 
18; 60, 12; 63, 13; 64, 18; 65, 19; 68, 16; 69, 13. 

їй, pl. sänu er, sie pl. šu-ma 14, 24; 72, 28; 73, 8; 78, 13; 
iu-u-ma 31, 13; 72*, 9; 78, 7; $u-nu-u-ma 7%, 10. 36. 

“ow éatáru schreiben. t3-tu-ru 30*, 26; 72, 24; is-tu-ra-ki-im 
19, 12; ta-as-tu-ri (II sing. f.) 72, 14; sa-at-ru 5, 13; 
46, 13. 

sw bum, рі. #00, sibütu Zeuge. ši-bu (pl) 31, 8; 73,5; 78, 
4; 51-51 14, 22; $i-bu-ía 72, 22; Si-bi-sa 72, 11; $i-bu-tum 
72*, 25; Si-bu-tim 791, 20. 


208 H. Abbandlung: Schorr. 


Sibtum, pl. Sibätu Zeugin. ši-ba-tu-ša 12, 22; Si-ba-ti-sa 
12, 17. 
Dw imu (Impf. i$édm) kaufen. i$a-am 17, T; 80, б; i-&amu 
6, 8; 25, 8; 28, 6; 37, 4; 44, 8; 72*, 2; 1-54-ти-51 5, 10. 
Simum, pl. тай Kaufpreis. $i-im 14, 25; ši-mi-šu 17, 
1; dup-pa-at &i-ma-tim 28, 11. 
j2 éakánu. a) pánam $. das Antlitz richten. pa-ni-su is-ku-un 
39, 7. b) avätam $. eine Sache vorbringen. a-va-at bi-ti- 
tim 15-Ки-пи 14, 21. c) mánahtam š. die Kosten auslegen. 
ma-na-ah-tam а-па eklim i-$a-ak-ka-nu 65, 15—16; 68, 13. 
šulpum unbebautes Grundstück(?). а-па 01-2 Zu-ul-bi-zu 
50, 9; 55, 17; 60, 11; 63, 12; 64, 17; 65, 18; 68, 15: 
69, 12. 
wow ialuitum ein Drittel. $a-lu-us-ti Samnim 57, 2; (бай) 
f. Salustum dritter. i-na $a-lu-us-tim $attim 55, 26; 64, 26. 
#итта wenn 78, 20. 29. 
ON BW šumêlum linke Seite. $u-mi-li-su 60, 14. 
УЮ Samsum Sonne. ša-am-ši 89, 6. 
In ianá wiederholen. 1#-пи-й-та ... i-zu-bu 21, 22 sie stellten 
(die Urkunde) zum zweitenmal aus. 
II mW забит Jahr. ina ... £a-at-tim 55, 26; 64, 26. 
Now I? Sitasü ausrufen. iš-ta-aš-su-u 61, 10; is-ta-su-u 67, 10. 
зізй Herold. ši-si ékallim 61, 9; 67, 9. 
7200 naspakütum Aufschüttung. na-as-pa-ku-tum 53, 2. 
Зв iupalum unterhalb. $u-pa-lum 28, 13. 
Sutpalum Niederung. i-na $u-ut-pa-lu 44, 1. 
"Ce Sakälu abwägen, zahlen. ?5-ku-ul-Su-nu-Si-im 44, 17; а-іа- 
да-а %3, 19; 78, 30; a-ia-ga-al-ni(?) 73, 25. 
surin(n)um Säule, Säulennische. $u-ri-ni-im 16, 11. 14. 
T" sarrum König. 3ar-ri-im 31, 10. 
“ww Sasarum Kataster (?). $a-$a-rum 72, 19; $a-5a-ri-im 98, 9. 


n 
[tänum Betrag. ta-a-an 70, Als 
ON, N támtum Meer. tam-tum“ 21, 42. 
Оол tabálu wegnehmen. i-ta-ba-al 9, 11. 
"nin táru (sc. апа avátisu) den Vertrag, resp. das Urteil anfechten. 


* Falls nicht 74.4.A4N ideographisch zu lesen ist. 


Altbabylonische Rechtsurkunden. 209 


i-tu-ur 98, 6; 79», 16; itu-ru 98, 16; Präs.: i-ta-ar 4, 
10; 10, 13; 25, 19; 28, 19; 42, 9; i-tar 36, T; i-ta-ru 21, 
23; a-ta-ar 31, 14; i-tu-ur-ru 5, 19; i-tu-ru 8, 12; 15, 17; 
21, 10; 41, 15; 72*, 30; i-tu-ru-u 16, 26; 70, 19; 72, 29; 
i-tu-ra 37,12. 

Пі turru zurückgeben. u-te-ru 38, 14; ut-te-ir-ru-& 
41, 11; Präs.: u-ta-ar-ru 58, 12; tu-ta-ra-an-ni 31, 24; tu- 
ra-am (Inf.) 38, 13. 

tavirtum Flur. ta-vi-ir-tum 30, 15; ta-vi-ir-tim 65, 2. 

"An tamû schwören. it-mu-u 7, 17; 13, 13; 26, 15; 98, 29; 
31, 10; 44, 21; 48, 23; 49, 20; it-mu 16, 32; 29, 22; 
it-ma (m. sing.) 17, 17; 21, 19; it-ma (f. sing.) 4, 18; it-ma 
(pl. fem.) 8, 26; it-ma-a (pl. fem.) 37, 16. 

II! tummü schwören lassen. w-ta-mu 732, 28. 

tappüm Kompagnon. tap-pa-ka 78, 12. 

tappütum Kompagnie. tap-pu-tam 35, 3. 

PN tekánu wohl bestellen, instandsetzen (ein Feld). i-ta-ga-ma 

(== itakan-ma) 80, 5. 
tiknum Anbauung, Urbarmachung. ti(?)ik-ni-im 34, T. 
tirkatum Kaufpreis (bei Brautwerbung). tir-ha-at 59, 9. 


Sitzungsber. d. phil.- hist. Kl. 155. Bd. 2. Abb. 14 


2 10 Il. Abhandlung: Schorr. Altbabylonische Rechtsurkunden, 


Corrigenda et addenda. 


Nr. 29, 13 (S. 84) lies pissatum Salböl. 

Nr. 33 (S. 94) lies nach Z. 17: 18... 19. 

Nr. 41, 9 (S. 108) lies: daiant. 

Nr. 43, 21 (S. 111) lies: Zubustum Kleiderstoff. 

Nr. 72°, 7 (S. 170) lies: dab». 

Nr. 77 (S. 118) sind aus Versehen schon im Manuskript 
nach der letzten Zeile (Rev. Z. 10) einige Zeugennamen aus- 
gelassen worden. Ergünze daher: 

Rev. pán Be-li-zu-nu  рёп La-ma (?)-zi ® pân ?Aja-h-t 14 рдп Ru- 
ba-tum 18 pân Zu-ka-al-A 19 рап Na-ru-ub-tum 17 pán Sa-at- Ku-bi 19 рат Ku- 
mu-zi-li 19 pân Za-za-tum 29... Sin márat Bür-Sin 39... 1... pdn A-ha-tum 
7 pân Ku-mu-zi-li márat Ik-ha-ti-ifa] ® pân *Aja-dámikat (SAG) ** pân A- 
ia-ar-tum. 

Im Register der Ideogramme (Index E) ergänze an be- 
treffendem Orte: 

DÜB — kunukkum VIII 10* 27; VIII 19°, am Rande; 
VIII 19*, am Rande. 

TU — erib VIII 7*, 23. 


— ammatum II 4, 4. 


"E E AN 
АРА о 13:0 


TEE HEEN 


der 


Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 
Philosophisch-Historische Klasse. 


155. Band, 3. Abhandlung. 





Die Handschriften 


des 
Klosters Santa Maria de Ripoll, 


Е 
Von 


Rudolf Beer. 
(Mit 1 Kärtchen im Texte und 12 Schrifttafeln.) 


Vorgelegt in der Sitzung am 4, Juli 1906. 





Wien, 1907. 
In Kommission bei Alfred Hölder 


k. п. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 
Bachbändlor der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, 


A. Periodische Publikationen. 


Schriften der Balkancommission. Antiquarische Abtheilung: 
I. Band. Die Lika in römischer Zeit von Karl Patsch. 


4°. 1901. - 6K = 5 М. 
— II. Band. Römische Villa bei Pola von Hans Schwalb. 
4°, 1902. 18 K — 15 М. 
— III. Band. Das Sandschak Berat in Albanien von Karl 
Patsch. 4°. 1904. 18 K = 15 М. 


— IV. Band. Antike Denkmäler in Bulgarien. Unter Mit- 
wirkung von E. Bormann, V. Dobrusky, H. Egger, H. Hartl, 
V. Но Пет, J. Öhler, К. Škorpil, A. Stein, J. Zingerle 
bearbeitet von Ernst Kalinka. Mit einer Karte und 


162 Abbildungen. 49. 1906. 24 K — 20 M. 
B. Selbständige Werke. 


Arnim, Dr. Hans von: Bemerkungen zum Index Stoicorum 
Herculanensis. 8?, 1900. 40 h — 40 Pr. 
Bauer, Adolf, und Strzygowski, Josef: Eine alexandrinische 
Weltchronik, Text und Miniaturen eines griechischen 
Papyrus der Sammlung W. Golenistev. (Mit 3 Doppel- 
tafeln und 36 Abbildungen im Texte.) 4°. 1906. 
20 K — 20 M. 
Blume, Clemens: Wolstan von Winchester und Vital von Saint- 
Evroult, Dichter der drei Lobgesünge auf die Heilizen Athel- 
wold, Birin und Swithun. 8?. 1905. 60 h — 60 Pf. 
Bratke, Eduard: Epilegomena zur Wiener Ausgabe der Alter- 
catio legis inter Simonem Judaeum et Theophilum Christia- 
num. (Mit 1 Tafel.) 8°. 1904. 4K50h — 4 M. 50 Pf. 
Engelbrecht, August: Die Consolatio philosophiae des Boethius. 
Beobachtungen über den Stil des Autors und die Ueber- 
lieferung seines Werkes. 8°. 1901. 1 К 40h — 1 M 40 Pf. 
— Studien über den Lukaskommentar des Ambrosius. Mit 
einem Anhang über eine bisher verschollene Handschrift 
des Philastrius. 5?. 1903. 1k—1 M. 
Gollob, Eduard: Verzeichnis der griechischen Handschriften in 
Österreich außerhalb Wiens. (Mit 11 Tafeln.) 8°. 1903. 
5 K 90h — 5 M. 90 Pf. 
Gomperz, Heinrich: Über die Wahrscheinlichkeit der Willens- 
entscheidungen. Ein empirischer Beitrag zur Freiheitsfrage. 


(Mit 1 Textabbildung.) 5°. 1905. 50 h — 50 РЕ 


III. Abbandlung: Beer. Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 1 


ПІ. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria 
de Ripoll. 


1. 
Von 


Rudolf Beer. 


(Mit 1 Kärtchen im Texte und 12 Schrifttafeln.) 


(Vorgelegt in der Sitzung am 4. Juli 1906.) 





In dem Berichte über eine zweijährige spanische Forschungs- 
reise, der іп den Bänden CXXIV— CXXXI dieser Sitzungsbe- 
richte unter dem Titel ‚Handschriftenschätze Spaniens‘ erschien, 
ist wiederholt, besonders bei den Bibliotheksnummern 24 (Barce- 
lona, Archivo General de la Corona de Aragon) und 391 (Ripoll) 
auf die Bedeutung hingewiesen worden, welche den heute im 
Kronarchive zu Barcelona aufbewahrten Überresten der alten 
Ripoller Klosterbibliothek innewohnt. Sie umfassen 233 zum 
großen Teile wohlerhaltene Codices, die mehr als 1000 Text- 
abschriften aus dem 9. bis zum 18. Jahrhundert bergen. Die 
Anlage eines genauen Verzeichnisses dieser Handschriften war 
eine der umfangreichsten, aber auch dankbarsten Aufgaben, 
welche der erwähnten Forschungsreise von der Kirchenväter- 
kommission der kais. Akademie der Wissenschaften gestellt 
worden waren; insbesondere zeigte sich nach Abschluß der 
Katalogarbeit die Zweckmäßigkeit der erteilten Instruktion, 
ohne engherzige Rücksicht auf den speziellen Zweck des Wiener 
Corpus der lateinischen Kirchenväter womöglich sämtliche zu 
einem bestimmten, wertvollen Fonds gehörige Manuskripte in 
das anzulegende Verzeichnis einzubeziehen. 

Der bereits vor Jahren im Sinne der erwähnten Weisung 


ausgearbeitete Katalog der Ripoller Codices bildet eine der wesent- 
Sitzungsber. d. phil,-hist, Kl. 155. Bd. 3. Abh. 1 


9 ПІ, Abbandlung: Beer. 


lichsten Ergänzungen jener Listen älterer spanischer Hand- 
schriften, die von spanischen und nichtspanischen Gelehrten bis- 
her veröffentlicht worden sind, insbesondere zu den Verzeich- 
nissen, die Gustav Loewe im Auftrage der kais. Akademie 
angelegt und Wilhelm von Hartel im ersten Bande der Biblio- 
theca Patrum Latinorum Hispaniensis aus dessen nachgelassenen 
Papieren veröffentlicht hat. 

Es erscheint darum gerechtfertigt, daß der jetzt zur Publi- 
kation vorbereitete zweite Band dieser Bibliotheca mit der Ver- 
öffentlichung des Kataloges der Ripoller Handschriften beginne; 
Umfang und Eigenart dieser altkatalanischen Klosterbibliothek 
haben jedoch dazu angeregt, diese vorerst zum Gegenstande einer 
besonderen Studie zu machen und den Versuch zu wagen, die 
Sammlung mit Rücksicht auf die Geschichte, die kulturellen, 
speziell geisteswissenschaftlichen Bestrebungen des Klosters 
und unter Hinweis auf die allgemeinen literarischen Strö- 
mungen zu erläutern. Einen solchen Versuch gerade bei Ri- 
poll zu machen, verlockte der Umstand, daß die aus dieser 
Klosterbibliothek erhaltenen Codices allein schon numerisch die 
Reliquien selbst der bedeutendsten anderen mittelalterlichen 
Bibliotheken Kataloniens, wie San Cucufate de Vallés, Poblet, 
Santas Creus, Urgel weit übertreffen. Ja, auch auf altkasti- 
lianischem Boden spricht keine der mit Recht berühmten alten 
Klosterbüchereien, weder Arlanza noch Cogulla oder Sahagun, 
nicht einmal Silos durch so zahlreiche literarische Überreste heute 
zu uns wie Ripoll. 

Durch die dankenswerte Unterstützung Sr. К. u. К. Maje- 
stät Oberstkümmereramtes und der kais. Akademie der Wissen- 
schaften ist es dem Verfasser ermüglicht worden, im Frühjahre 
1905 den seinerzeit angelegten Katalog der Rivipullenses in 
Barcelona zu überprüfen und in jenen Teilen, welche für die 
vorliegende Untersuchung von Wichtigkeit schienen, zu er- 
günzen; so war das Material gewonnen, um die geistigen Haupt- 
strömungen, welche das Kloster vom Beginn der Reconquista 
bis zum Ausgange des Mittelalters beherrschten, die Pflege litur- 
gischer, literarischer und wissenschaftlicher Interessen klarzulegen 
und hierbei gewisse Normen festzustellen, die auch für die Geistes- 
geschichte anderer älterer Klöster auf spanischem Boden gelten 
mußten. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 8 


Eine derartige Untersuchung wurde für Ripoll wiederholt 
angebahnt, bis jetzt aber noch nicht durchgeführt. Die Er- 
klärung hierfür kann nur in dem Umstande gefunden werden, 
daG über der Erforschung der so merkwürdigen Klosterbiblio- 
thek Ripoll ein eigentümliches Verhängnis gewaltet hat. Ge- 
rade diejenigen, die befühigt waren, uns ausreichende Kunde 
über die literarischen Schätze der alten Abtei zu geben, haben 
sich entweder mit der Beschreibung einiger weniger Codices 
begnügt oder nur ganz flüchtige Listen schlecht gefaßter Titel 
gegeben, wührend es anderen, die in der Lage und Willens 
waren, aus dem Vollen zu schópfen, an Fühigkeiten gebrach, 
den Anforderungen zu genügen, die wir an Handschriftenunter- 
suchungen stellen müssen. 

Der erste, der eine systematische Aufnahme der Urkunden 
und Handschriften Ripolls begann, war Gerónimo Pujades 
(geb. in Barcelona 1568, gest. ca. 1645), der für seine groß an- 
gelegte Geschichte Kataloniens in 40jühriger unermüdlicher 
Arbeit die óffentlichen und Privatbibliotheken seiner Heimat, 
insbesondere die der Klöster eifrig durchforschte und hiebei auch 
Archiv und Bücherei unseres Klosters sorgsam berücksichtigte. 
Die Früchte seines Fleißes zu genießen war ihm freilich nicht 
vergönnt; seine bis zum Jahre 1162 fortgeführte Crönica de 
Cataluña erschien erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, während 
die von Pujades gesammelten Urkunden Pierre de Marca 
(geb. 1594, gest. 1662 als Erzbischof von Paris) an sich brachte, 
der 1644 von Ludwig XIV. zum Generalintendanten Kataloniens 
bestellt, bis 1651, also sieben Jahre hindurch, auf diesem Posten 
blieb und während dieser Zeit das Material zu einem umfas- 
senden Quellenwerke erwarb, das Etienne Baluze unter dem 
Titel: ‚Marca Hispanica sive Limes Hispanicus, Hoc est Geo- 
graphica et historica descriptio Cataloniae . . . Auctore illustris- 
simo viro Petro de Marca', mit einem an Jean Baptiste Colbert, 
den Sohn (Marquis de Seignelay), gerichteten Vorwort, Paris 
1688, bei F. Muguet herausgab. 

Die Ripoller Quellen wurden für das Werk gut ausge- 
nützt — das beweist z. B. der Abdruck der Gesta comitum 
Barcinonensium aus einer Handschrift des Klosters sowie die 
Mitteilung einer stattlichen Zahl wichtiger Urkunden aus den 
Cartularen und Einzeldokumenten Ripolls — ja man begnügte 

1* 


4 ПІ. Abhandlung: Beer, 


sich nicht mit dem Nehmen von Abschriften, denn außer den 
beiden Manuskripten der Pariser Nationalbibliothek Nr. 3875 
(olim Baluzianus) und Nr. 5132 (olim Baluzianus), auf deren 
Ripoller Ursprung bereits Léopold Delisle hinwies (Le Cabinet 
des mss. de la Bibliothéque Nationale I, 364f.) vermag ich 
noch drei Handschriften der Bibliothéque Nationale namhaft zu 
machen, die mit den Requisitionen Marcas im Archiv und in der 
Bibliothek Ripolls in Zusammenhang zu bringen sind. Sehr deut- 
lich spricht sich über diesen für die Geschichte der Ripoller 
Handschriftenbestände wichtigen Umstand einer der verläßlich- 
sten Gewührsmünner, Felix Torres Amat, aus, der in seinen 
Memorias para ayudar á formar un Diccionario crítico de los 
Escritores Catalanes, Barcelona 1836, S. 510 in dem Gerónimo 
Pujades gewidmeten Artikel bemerkt, daß sämtliche Papiere 
des verdienten Sammlers an Marca übergingen, und darauf 
gegen diesen die schwere Beschuldigung erhebt, zahlreiche kost- 
bare Handschriften (multitud de preciosos códices) katalanischen 
Archiven entnommen und nach Frankreich gebracht zu haben. 

Andererseits mag angeführt werden, daB der Kodex mit 
den Kapitularien fränkischer Herrscher, den Marca und Baluze 
aus Ripoll entlehnten, um ihn für die von ihnen vorbereitete 
Ausgabe: Capitularia regum Francorum Paris, 1677 (2 Bände) 
zu kollationieren, wieder zurückgestellt wurde, wie dies mit 
einer etwas auffälligen Breite in Kapitel XLVII der praefatio 
zur genannten Ausgabe erzählt wird. Man hat aber dabei 
festzuhalten, daß es sich hier um eine durch die Behörden 
vermittelte, wenn man will, ‚amtliche‘ Entlehnung handelte. 

Jedenfalls wird man anerkennen müssen, daß die erste 
Bekanntmachung Ripoller Handschriften und Urkunden, welche 
zwei französische Historiker ins Werk setzten, im Grunde dem 
Sammeleifer eines katalanischen Forschers verdankt wird, und 
man kann den Unmut der spanischen Gelehrten begreifen, daß 
im Index der allverbreiteten Marca Hispanica der Name Pujades 
nur einmal, und zwar in der Form: ,Pujadesii inscitia notatur' 
angeführt erscheint. 

Von den Bibliothekaren und Archivaren des Klosters haben 
sich gar manche ehrlich bemüht, die Ripoller Bestände bekannt 
zu machen und zu verwerten, waren jedoch nicht in der 
Lage, die Ergebnisse ihrer Arbeiten zu verüffentlichen. Da 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll, 1. 5 


auch Enrique Florez, der verdiente Herausgeber der España 
Sagrada (1747 ff.) und Begründer der wissenschaftlichen Kirchen- 
geschichte Spaniens, Ripoll nicht besuchte, so blieben die dort 
aufbewahrten Handschriftenschütze so gut wie unbekannt, bis 
Jaime Villanueva in den Jahren 1806 und 1807 auf seiner 
so ergebnisreichen Rundreise durch Katalonien Ripoll berührte. 
Die Mitteilungen (Briefe) über Villanuevas Studien in der 
Klosterbibliothek, veröffentlicht im 6. und 8. Bande seines Viage 
literario á las iglesias de España, gehören zum wertvollsten, was 
wir an Beschreibungen Ripoller Handschriften besitzen. Leider 
hat der treffliche Gelehrte von 300 Manuskripten, die er in 
der Bibliothek sah, bloß 26 beschrieben.! Von diesen sind heute 
nur mehr fünf vorhanden,? zum mindesten ist nur mehr dieser 
kleine Bruchteil in dem gegenwürtig im Barceloneser Kronarchiv 
aufbewahrten Hauptstock der alten Sammlung zu finden. Schon 
dieses numerische Verhültnis beleuchtet die Verluste, welche 
die prüchtige alte Klosterbibliothek erlitten hat; erwügt man 
ferner, daß Villanueva nur die wertvollsten Stücke beschrieb, 
so wird die Größe dieses Verlustes noch deutlicher; die erle- 
sensten Codices der Sammlung, wie der Silberpsalter und die 
reichhaltige Sammelhandschrift aus dem 8. Jahrhundert (vgl. 
unten), scheinen unwiderbringlich verloren; wie die Forschung 
andere Lücken (Fuero juzgo aus dem Jahre 1011 [Vill. 13], Ran- 
geriuscodex (Vill. 15], Schriften des Mönches Oliva [Vill. 19]) 
wenigstens mit Rücksicht auf die Texte zu schließen sucht, wird 
noch später nachzuweisen sein. 

An Villanuevas verdienstliche Untersuchungen reihen sich 
die bio- und bibliographischen Mitteilungen an, die Felix 
Torres Amat seinen bereits erwühnten Memorias einverleibte. 
Er hat das Ripoller Archiv und die Bibliothek sorgsam für 
seine Zwecke ausgenützt, aber eben diese geboten eine Be- 
schränkung auf die katalanischen Autoren, so daß sein Werk 
— abgesehen von der Anordnung nach den Verfassernamen 
— ebenso wenig einen Überblick über die Gesamtbestände 
liefert wie Villanuevas Notizen. Einen Versuch, Torres Amats 


! Die fortlaufende Beschreibung Viage VIII, 36—59 führt 20 Nummern 
an; doch werden unter Nr. 5, 9, 19 je zwei, unter Nr. 3 sogar drei Co- 
dices erwähnt und dazu kommt das Psalterium argenteum aus dem Ar- 
chiv, В. 34 f. э 3; 6; 11; 17; 19, 2. 


6 IIl. Abhandlung: Beer. 


Mitteilungen zu ergünzen, hat Juan Corminas in seinem 
Burgos 1849 erschienenen ‚Suplemento‘ unternommen, aber 
dieser Versuch ist mifglückt. Der Suplemento enthält zwar 
Nachrichten über eine stattliche Reihe Ripoller Codices, sie 
sind aber meist ganz unzuverlüssig und stets mit größter Vor- 
sicht zu benutzen. So erwühnt der Autor unter den Rivipul 
lenses S. 297 ein ,Sacramentale de Montelaud‘ (richtig Guilelmus 
de Monte Lauduno), S. 311 bei den tratados médicos solche 
‚de Cophoca, Jaros' statt ‚Cophon‘ und ‚Alexander yatros‘, wie 
in dem heute mit Nr. 181 signierten Kodex deutlich zu lesen 
ist. Wäre man angesichts solcher Proben geneigt, über die viel 
berufene spanische Flüchtigkeit zu klagen, so hält man wieder 
zurück bei der Durchsicht der Liste, die nach brieflichen Mit- 
teilungen eines sonst verdienten deutschen Forschers, Gotthold 
Heine, im Serapeum VIII (1847), S. 85—88 veröffentlicht wurde. 
Zu unserer Überraschung finden wir unter Nr. 4 dieses Verzeich- 
nisses einen Guilelmus de Mandoysto zitiert (statt Mandagoto), 
unter Nr. 50 heißt es ,rogante discipato (sic) eius Gloancon: (statt 
ad Glauconem discipulum) und einmütig sind Corminas und 
Heine in der Mitteilung des Titels von Nr. 74: Liber glossarum 
et tonologiarum (richtig: etymologiarum). 

Da Paul Ewald in seinem Reisebericht (Neues Arch. d. 
Ges. f. &. d. Geschichtskunde VI, 1881, 386—388) nur einige 
wenige Ripoller Handschriften und diese zumeist ganz kurz 
beschrieb, Gustav Loewe aber, der Gefährte Ewalds, das 
Barceloneser Kronarchiv auf seiner Forschungsreise nicht be- 
rücksichtigte, so durfte man erwarten, daß Isidoro Carini, 
der 1882 in amtlichem Auftrage die spanischen Archive und 
Bibliotheken durchforschte, die hier gekennzeichnete Lücke 
ausfüllen werde. Doch sieht man sich in dieser Erwartung 
getäuscht; Carinis Bericht: Gli Archivi e le Biblioteche di 
Spagna, Palermo 1884f., für die Kenntnis vieler Handschriften- 
sammlungen Spaniens nützlich, läßt uns gerade bei Ripoll fast 
ganz im Stich. Mit Staunen liest man (a. a. O. I, 49), daß das 
Kloster, dessen erste Weihurkunde aus dem Jahre 858 stammt, 
der ,rifugio delle lettere ne' secoli VIII, IX e X* gewesen und 
ein monumento insigne dell’ ordine bizantino‘ bilde. Die An- 
gaben über die Handschriften, durchaus unvollständig, wieder- 
holen nur die früheren bereits bekannten Notizen, auch deren 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 7 


Irrtümer (liber tonologiarum), bei dem Exemplar der Vita soli- 
taria Petrarcas werden die schon durch Amat und Corminas 
mitgeteilten, gerade für Carini wichtigen Umstände der Ent- 
stehung der Abschrift übersehen usw. 

Diese Rückschau ist nicht eben erfreulich aber nötig, 
wenn die Tatsache erklärt werden soll, daß nicht wenige Biblio- 
graphen und Literarhistoriker, darunter Meister von erprobter 
Gewissenhaftigkeit, die im Kronarchive zu Barcelona verwahrten 
und dem Studium bereitwillig zur Verfügung gestellten Ripoller 
Handschriften als nicht vorhanden ansehen und sich bei ihren 
Forschungen auf ältere, zum Teil unzuverlässige Daten stützen, 
gelegentlich auch Abschriften publizieren, deren Originale in 
Barcelona leicht zugänglich sind. So hat Léopold Delisle in 
einer Note sur le Recueil intitulé De miraculis sancti Jacobi 
(Le Cabinet Historique X XIV, 1878, 1 ff.) einen Brief des Ripoller 
Münches A. de Monte aus dem Jahre 1172 (oder 1173), der 
uns noch beschäftigen wird, veröffentlicht und über die Quelle 
folgendes bemerkt (a. a. O., S. 2, Anm. 1): Cette lettre, dont il 
y à deux copies dans le volume 372 de la collection Baluze 
(f* 6 et 38), se trouvait au XVII* siécle dans le ms. 38 de 
l'abbaye de Ripoll. Le ms. 38 était l'extrait méme que l'auteur 
de la lettre avait pris en 1173 du recueil conservé à Saint- 
Jaeques de Compostelle. Auch die gelehrten spanischen For- 
scher Fidel Fita und Aureliano Fernandez-Guerra haben sich 
bei diesem Quellennachweise beruhigt; in ihrer trefflichen Publi- 
kation Recuerdos de un viaje 4 Santiago de Galicia, Madrid 
1880, p. 42 heißt es: La carta ó dedicatoria que el monje Ar- 
naldo trazó y puso por cabeza de su trabajo literario, se guar- 
daba original en la biblioteca de Ripoll, cuando Balucio tomó 
de aquel monasterio los documentos justicativos que tanto ava- 
loran la Marca hispanica. 

Das Original des Briefes befindet sich zu Beginn des 
jenen Auszug enthaltenden Rivipullensis Nr. 99 im Kronarchiv zu 
Barcelona und nach diesem Original ist de: Text in den Hand- 
schriftenschützen (Bibliotheksnr. 391) herausgegeben worden. 

Bezeichnend ist auch eine Notiz A. Farinellis in seiner 
Studie Sulla fortuna del Petrarca in Ispagna nel Quattrocento 
(Giorn. stor. della letter. ital. XLIV, 297—350) Nach dem 
früher bereits erwühnten handschriftlichen Exemplar der Vita 


8 III. Abhandlung: Beer. 


solitaria des Petrarca auf Grund der von Corminas gebotenen 
Angaben forschend, bemerkt er (a. a. O. 303, Anm. 3): dovrebbe 
trovarsi all’ ‚Arch. gener. de la Corona de Aragon‘ proveniente 
da Ripoll. Io ne chiesi invano notizia a'miei amici di Catalogna. 
Das Exemplar existiert, allerdings nicht unter der von Cor- 
minas zitierten Nummer (106), sondern unter Nr. 104 der Rivi- 
pullenses und wird uns gleichfalls noch beschäftigen. 

Wie scheinbar geringfügige Einzeichnungen in Ripoller 
Manuskripten zur Klärung literarhistorischer Fragen beisteuern 
können, lehrt die am Schlusse des cod. 74 eingetragene Feder- 
probe: ... Baldasar. Gasbar. Melchior. Ad orandum dominum 
uenientes. tria munera secum tulerunt. K. A. Martin Hartmann, 
Über d. altspan. Dreikönigsspiel, Bautzen 1879, hatte nachzu- 
weisen versucht, daß die bekannten drei Namen erst seit ihrer 
Elevatio (1158) oder Translatio (1164) verbreitet gewesen seien: 
die Ripoller Federprobe nun stammt aus dem Ende des 10., 
spätestens aus dem Anfange des 11. Jahrhunderts, zeugt gegen 
jene Annahme und für die an ihr von Baist geübte Kritik (Zs. 
f. rom. Phil. ТУ, 1880, 443 f.). 

Handelte es sich hier um die mangelnde Antwort auf 
einzelne Fragen, so wird die Unkenntnis, die im allgemeinen 
betreffs des Inhaltes der noch erhaltenen Rivipullenses herrscht, 
bedenklich, wenn auch umfassendere Publikationen der Auf- 
schlüsse entbehren, die ihnen eine frühere, halbwegs ent- 
sprechende Katalogisierung hätte bieten können. Man denkt 
da in erster Linie an die großangelegte Bibliografia Hispano- 
Latina clásica,! in welcher Marcelino Menéndez y Pelayo, der 
erste zeitgenössische Literarhistoriker Spaniens, dem Alt- und 
Neuphilologen, dem Handschriften- und Geschichtsforscher eine 
Fülle von Daten — nicht bloß bibliographischer Art — vor- 
legt. Angesichts des reichen, hier gebotenen Materials ist es 
doppelt bedauerlich, daß an dieser Stelle die Ripoller Hand- 
schriften teils durch ihre Abwesenheit glänzen, teils nach alten, 
ungenauen Quellen zitiert sind. In dem Artikel Boéthius z. В. 
nennt Menéndez (S. 222 f.) einen ,Códice del tratado de Musica, 


,Códices — ediciones — comentarios — traducciones — estudios criticos 
— imitaciones y reminiscencias, Erscheint in der Biblioteca de la Re- 
vista de Archivos, Bibliotecas y Museos seit 1902 als Beigabe dieser 
Zeitschrift in Madrid und ist jetzt bis zu dem Buchstaben C geführt. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 9 


n. 103 de la biblioteca de Ripoll‘, hält sich wie schon Amador 
de los Rios (Historia crítica de la literatura Española II, 239) 
ausschließlich an Villanueva und trägt über das Verhältnis 
des im Kodex gleichfalls eingezeichneten Gedichtes Olivas ,de 
musica‘ zu der Schrift des Boéthius einige Vermutungen vor, 
die erst durch genauere Erforschung der, wie es scheint, ver- 
loren geglaubten, aber heute noch (unter Nr. 42) erhaltenen 
Handschrift ihre eigentliche Stütze erfahren. 

Sodann verzeichnet Menéndez zwei Nummern des alten 
Inventars der Handschriften von Santa Maria de Ripoll (Villa- 
nueva, Viaje literario VIII, 35) nümlieh: (163) ,Quaterniones 
de Boeci, de Juvenal, de Atanasio' sowie (192) ‚Boecius‘ und 
bemerkt hierzu ‚Acaso sea el mismo que hoy existe en el ar- 
chivo de la corona de Aragon con este titulo: Boecii de con- 
solatione philosophica, quam explicationem assumpsit manibus 
Johannis Terrat studentis die Martis 30 decembris 1478" (Cor- 
minas, Suplemento á Torres Amat, 316). 

Es ist dies ein Schulbeispiel, wie die früheren unvollstän- 
digen oder unrichtigen Angaben über die Rivipullenses auch 
umsichtige Forscher irreführen können. Zunächst ist die Ter- 
ratabschrift von den Angaben des alten Kataloges zu trennen. 
Die subscriptio bietet nicht, wie Corminas angibt, explicationem, 
sondern explectionem.  Terrat ist nicht Erklürer, sondern der 
Schreiber der 1478 vollendeten Handschrift! die in dem alten, 
aus dem 11. Jahrhunderte stammenden Verzeichnis der Kloster- 
bibliothek natürlich nicht angeführt sein kann. Der ,Boecius' 
dieses Kataloges ist aller Wahrscheinlichkeit nach der von 
Menéndez zuerst erwühnte Kodex mit den Versen Olivas, der 
heute noch unter Nr. 42 erhalten ist; die ,Quaterniones de 
Boecii‘, von denen das alte Verzeichnis zu berichten weiß, sind 
mit noch größerer Bestimmtheit in dem gleichfalls noch erhal- 
tenen Rivipullensis Nr. 168 wiederzufinden.? 


| Heute Rivipullensis 81, also nicht aus San Cucufate, wie Menéndez, 
8. 228, offenbar durch Corminas irregeführt, angibt. 

З Dieser aus dem 11. Jahrhundert stammende Kodex mit dem modernen 
Rückentitel ‚Tratado de matematicas‘ ist am Anfang und am Ende ver- 
stümmelt, die Quaternionen sind schlecht in folgender Weise zusammen- 
gebunden: I, II, III, XII, XI, X, IX, VIII, VII, IV, bei Quaternio XII 
und IV fehlt der bezügliche Vermerk (rómische Zahl). 


10 Ш. Abhandlung: Beer. 


Wie der Artikel Boéthius, so werden auch die Daten über 
das Schicksal der sogenannten Disticha Catonis auf spanischem 
Boden, die Menéndez in der genannten Bibliographie zusam- 
mengestellt hat, Erweiterung und Modifikation erfahren. Das 
nämliche gilt von der schönen, demselben Gegenstande gewid- 
meten Studie von Karl Pietsch: Preliminary notes on two old 
spanish versions of the Disticha Catonis, The Decennial Publi- 
cations der Universität Chicago, Bd. УП, 1902. Es läßt sich 
nachweisen, daß eine sehr frühe in Spanien angefertigte Ab- 
schrift der lateinischen Disticha sich bisher unbenützt unter 
den Rivipullenses (Nr. 106) befindet, sie scheint dem von Ме 
néndez (а. а. O., S. 318) so gerühmten Codex de Azagra der 
Madrider Nationalbibliothek an Alter ebenbürtig zu sein;! zwei 
spätere, gleichfalls bisher unbekannte Abschriften der Disticha 
bezeugen das Jahrhunderte hindurch ungeschwüchte Interesse, 
das man in Ripoll für jene Sentenzen hegte. 

Auch in vielen anderen Beziehungen führt die genauere 
Kenntnis der Handschriften dieser Klosterbibliothek den auf 
spanischem Boden und außerhalb desselben erschienenen Ar- 
beiten über bestimmte Gebiete geistiger Betätigung im Mittel- 
alter beachtenswertes Material zu. Bezeichnend ist es, daß 
Juan Facundo Riaño in seinen Critical and bibliographical notes 
on early spanish music, London 1887, die zum Teile sehr alten 
mit Neumen versehenen Ripoller Handschriften durchaus un- 
berücksichtigt läßt und von dem bereits erwähnten Carmen 
Olivas über die Musik, das wir aus dem Originale vollständig 
mitteilen werden, nur zu bemerken weiß (а. а. O., S. 7): In 
the monastery of Ripoll there existed formerly a Latin poem 
on music, composed in the eleventh century by a monk named 
Oliva, which is supposed to have been a composition founded 
on Boétius' book. 

Berücksichtigt man die erhaltenen Ripoller Handschriften 
späterer Zeit, so ist vor allem zu bedauern, daß einem der 
trefflichsten Kenner mittelalterlicher Rechtsquellen, W. Schulte, 
bei der Ausarbeitung seiner Geschichte der Quellen des kano- 


1 Die Alterszuweisung des Toletanus ist allerdings nicht sicher. Menéndez 
а. a. О. meint, der Kodex sei s. XI, Ewald weist ihn (Reise, 316) dem 10., 
Loewe (Hartel-Loewe, B. P. L. Н., I, 284) dem 9.—10. Jahrhundert za. 
Der Rivipullensis gehört dem 10. Jahrhundert an. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 11 


nischen Rechtes ein Verzeichnis der einschlügigen Ripoller Be- 
stände nicht zur Verfügung stand. Auch die umsichtige Studie 
von Guillermo Maria de Broch und Juan Amell: Instituciones 
del derecho civil catalan (Barcelona I?, 1886) erführt in den 
Quellenangaben durch die einschlägigen, in Ripoller Hand- 
schriften enthaltenen Texte mancherlei Ergänzung. Diese Er- 
wägung war es, welche auch der recht mühseligen Beschreibung 
der Rechtshandschriften tunlichste Sorgfalt zuzuwenden gebot. 

Erscheint nun die Aufnahme der noch existierenden Über- 
reste der alten Ripoller Klosterbibliothek angesichts des hier 
angedeuteten Standes unserer bisherigen Kenntnis der Samm- 
lung vielfach wie ein Heben fast vollständig unbekannten Ше- 
rarischen Gutes, so erhellt hieraus die Schwierigkeit der Auf- 
gabe, die für die Bibliotheca patrum Hispaniensis gerade bei 
diesem Handschriftenbestand gelöst werden sollte. Andererseits 
war es verlockend, nach bestmöglicher Erfüllung der Katalogi- 
sierungsarbeit die Summe dessen zu ziehen, was diese litera- 
rischen Denkmäler innerhalb der Geistesströmungen während 
eines Zeitraumes von mehr als 600 Jahren bedeuten. Es ist 
die Möglichkeit geboten, die Codices jenes alten Klosters, ab- 
gesehen von dem Wert der einzelnen Handschrift als Textzeug- 
nis, als Produkt mannigfacher literarischer, wissenschaftlicher, 
gelegentlich auch künstlerischer Interessen zu betrachten und 
unter spezieller Berücksichtigung dessen, was uns die Denk- 
mäler der Ripoller Bibliothek von diesem Gesichtspunkte aus 
sagen, ein quellenmäßig dargestelltes Bild der geistigen Betäti- 
gung eines Kulturzentrums vom Range Ripolls, angefangen von 
der Reconquista bis zum Ende des Mittelalters, zu entwerfen. 

Dies hat der Verfasser der einzigen vorhandenen Ge- 
schichte des Klosters, Jose Maria Pellicer y Pages (Santa Maria 
del Monasterio de Ripoll, Mataró 1886) fast ganz außer Acht 
gelassen, ja an manchen Stellen des Buches erhält man den 
Eindruck, daß der Autor von den in Barcelona aufbewahrten 
Manuskripten Ripolls gar keine Kenntnis besitzt. Und doch 
darf man eben hier bei richtiger Lösung der gekennzeichneten 
Aufgabe hoffen, für ein katalanisches Kloster das zu bieten, 
was Marius Férotin für ein berühmtes altkastilianisches Kloster 
in seiner Histoire де l'Abbaye de Silos, Paris 1897, speziell in 
den Abschnitten Histoire littéraire de Silos, 249#. und Les 


12 II. Abhandlung: Beer. 


manuscrits de Silos, 257, mit so lohnendem Erfolge ver- 
sucht und durchgeführt hat. Zu einem solchen Gegenstück 
gerade Ripoll auszuersehen, mag noch der Umstand ermuntern, 
daß die Ripoller Handschriften nicht nur in erheblich größerer 
Zahl erhalten sind als die Silenser (233 Manuskripte des 
katalanischen Klosters gegenüber 98 erhaltenen des altkasti 
lianischen), sondern auch dem Inhalte nach weitaus vielgestal- 
tiger sind und durch Ursprungs- und sonstige Vermerke eine 
Fülle geistiger Beziehungen, die Ripoll Jahrhunderte hindurch 
unterhielt, offenbaren. Allerdings besitzt Férotins Geschichte 
der Abtei Silos eine Grundlage, über die wir für Ripoll 
leider nicht verfügen: die sorgfältig zusammengestellte und von 
dem Autor mustergültig veröffentlichte Sammlung der Silenser 
Urkunden: Recueil de Chartes de l'Abbaye de Silos, Paris 
1597. Alle Teile der Histoire bilden Zeugnisse dafür, mit wie 
großem Nutzen die Silos betreffenden Dokumente auch zur Auf 
hellung der kulturellen Bestrebungen des Klosters verwendet 
werden konnten. Eine ähnliche Nutzanwendung für Ripoll ist 
nun freilich ausgeschlossen. Im August des Jahres 1835 lat 
wührend des Bürgerkrieges eine der militürischen Zucht ent 
wachsene Bande das Kloster gestürmt, Mönche ermordet, Altüre 
und Sürge geschändet, schließlich den prächtigen Bau in Brand 
gesteckt und damit auch das Archiv, das damals noch einen 
Schatz der erlesensten Originalurkunden barg, für immer ver 
nichtet.! Próspero de Bofarull, der damalige Chef des Kror: 
archivs zu Barcelona hatte, die Gefahr ahnend, wenige Jahre 
vorher die Urkunden des Archivs von Santa Maria in seinen 
Depots geborgen und nur ungern auf das Drängen ihrer Ве- 
sitzer hin zurückgestellt. Allein dem Umstande, daß Bofarul 
die Codices unter vielem Zögern zunächst in ganz kleinen Losen 
zurückstellte, ist es zu verdanken, daß noch ein so stattlicher 
Rest der Ripoller Handschriftenbibliothek geborgen wurde;? seit- 


! Hierüber José Maria Pellicer y Pagós: Santa Maria del Monasterio і? 
Ripoll, 255 ff. 

з Vgl. Manuel Milá y Fontanals: Noticia de la vida y escritos de D. Pró- 
spero de Bofarull y Mascaró, Barcelona 1860, 45, Anm. Fr. de Bofarull 
y Sans, Apuntes bibliográficos, enthalten in der Sammlung: Conferencias 
dadas en el Ateneo Barcelonés relativas á la Exposición universal, Bar 
celona, 1890, gibt S. 512 die Zahl der 1835 verbrannten Codices auf 129 an. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 13 


her zählen die geretteten Rivipullenses zum Besitzstande des 
Kronarchives. Dem Brande fielen, wie wir leider bestimmt an- 
nehmen müssen, auch die beiden Cartulare des Ripoller Archives, 
die Bofarull noch wenige Jahre vorher benützt hatte, zum 
Opfer; denn sie werden seither nirgend mehr genannt und 
erscheinen auch nicht in der Sammlung solcher Kopialbücher, 
die im Archivo histórico nacional aus den Resten der aufge- 
hobenen oder dezimierten Klosterbibliotheken zusammengestellt 
wurde (vgl. die bezügliche Liste im Anuario del Cuerpo facul- 
tativo de Archiveros II, 21 —23). Wir müssen also auch auf 
diesen so wertvollen Ersatz für die verlorenen Ripoller Original- 
urkunden verzichten. 

Daf unter diesen Umstünden die vor der Katastrophe 
nach den Originalen oder Kopialbüchern hergestellten Veróffent- 
liehungen von Urkunden besondere Bedeutung gewinnen, ist 
selbstverstündlich. An erster Stelle ist hier die Marca Hispa- 
nica zu nennen, die in der Appendix unter einer größeren Zahl 
von Akten, wie bemerkt, auch einige leider nicht entsprechend 
edierte Ripoller Urkunden bietet.! Weit verläßlicher sind die 
von Villanueva in den Beilagen zu Bd. VI und VIII seiner Viaje 
gebotenen Urkundenveröffentlichungen, freilich ist die Zahl der 
auf Ripoll bezüglichen Akten, die wir an diesen Stellen finden, 
ziemlich gering. Spärlich ist auch das einschlägige Material, 
das Pujades seiner Crónica de Cataluüa einverleibte; Pellicer 
y Pagés wiederholt in seiner Geschichte des Klosters, soweit 
ich sehe, wenigstens für die ültere Zeit fast nur Bekanntes und 
Pröspero de Bofarull hat in seinem trefflichen, für die Ge- 
schichte Kataloniens grundlegenden Werke: Los Condes de 
Barcelona vindicados (Barcelona 1836, 2 Bd.) wohl ein ziem- 
lich reiches Material von Ripoller Akten verarbeitet, aber nur 
sehr wenige hierher gehörige Stücke ungekürzt mitgeteilt. 

Allerdings ist noch manches für diese Untersuchungen 
wichtige Material — Urkunden, Briefe, Berichte — im Original, 


! Die Abschriften, die Baluze zur Verfügung standen, sind, wie schon Villa- 
nueva konstatierte (Viaje VIII, 99), nicht immer genau, daher mit Vorsicht 
zu benützen; bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß auch der Artikel 
Rivipullense monasterium im Index unvollständig ist, da er eine ganze 
Reihe von Urkunden der Appendix, die sich direkt auf Ripoll beziehen, 
nicht anführt. 


14 III. Abhandlung: Beer. 


viel mehr noch in Abschriften vorhanden. Zunächst in den 
Ripoller Codices selbst, worüber der Katalog die entsprechen- 
den Nachweise liefern wird; dann in Einzelurkunden des Bar- 
celoneser Kronarchives, in dem bischöflichen Archiv zu Vich 
und im Archivo histórico nacional zu Madrid. Auch in dem 
Archiv der Kirche San Pedro de Ripoll soll heute noch ein- 
schlügiges Aktenmaterial aufbewahrt werden,! doch liegen über 
Umfang und Bedeutung der Urkundenabschriften im Kloster 
San Pedro — dieses war dem weitaus berühmteren Monasterio 
de Santa Maria affiliiert — keine näheren Angaben vor. Wohl 
aber muß auf den Wert der Ripoller Kopien hingewiesen 
werden, die sich in der großen, jetzt in der Pariser National- 
bibliothek aufbewahrten ‚Collection Baluze‘ befinden. So er 
scheint in der 1719 in Paris veröffentlichten Bibliotheca Baluziana, 
Pars tertia, complectens codices manuscriptos diplomata et col- 
lecta V. Cl. Stephani Baluzii, p. 103 ,Un portefeuille aux armes 
de feu M. l'Evéque d'Auxerre (es ist André Colbert, gest. 1704), 
ой sont les copies des manuscrits de Ripoll. Baluze war 
Bibliothekar Colberts, und so dürfte über die Provenienz der 
in dem Portefeuille enthaltenen Kopien kaum ein Zweifel be- 
stehen.? Abschriften Ripoller Akten finden sich ferner unter 
den in der Bibliothek der Akademie der Geschichte aufbe 
wahrten Papieren Villanuevas und sicherlich auch in dem lite 
rarischen Nachlasse des Ripoller Mónches und Archivars Roque 
Olzinellas (geb. 1784, gest. 1835). Der diesem eifrigen Forscher 
von Antonio Elias de Molins im Diccionario biográfico y biblio- 
gráfico de Escritores y Artistas Catalanes del siglo XIX (Bar 
celona 1889, IT, 255—262) gewidmete Artikel gewührt genauen 
Einblick in dessen ergebnisreiche archivalische Tätigkeit.’ Die 
von ihm hinterlassenen Arbeiten liegen zum Teile im bischöf- 


! Darauf hin weist eine Bemerkung von Pellicer y Pagés an der Spitze 
seiner kleinen Sammlung Ripoller Urkunden: hemos tenido & la vista 
copias autorizadas de los originales, los que se conservan en el Archivo 
de San Pedro (Santa Maria del Monasterio de Ripoll, 327). 

з Von dem Kodex der Pariser Nationalbibliothek Nr. 5132, olim Baluzianus, 
der eine Reihe wertvoller Urkunden aus Ripoll enthält und deutlich 
seine Herkunft aus dem Kloster verrüt, wird noch die Rede sein. 

* Vgl. auch Próspero Bofarull, Los Condes de Barcelona vindicados I, In- 
troduceiön 8. Ц und 8. 49f. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 15 


lichen Archive von Vich (unter diesen: Catálogo de los cödices 
de Ripoll und Notas de varios archivos), zuin Teil befinden sie 
sich im Besitze der Familie Bofarull (Catálogo de los escri- 
turas del archivo de Ripoll) ein kleiner Rest wird noch von 
der Familie des Verblichenen aufbewahrt (Indice general de 
todos los códices de Ripoll y sus materias). Wollte man die 
disiecta membra des einst so reichen Ripoller Archives wieder 
sammeln, so müfte also aus einer ganzen Reihe spanischer 
Archive das einschlügige Material zusammengebracht werden, 
eine Arbeit, welche die Zeit vieler Jahre in Anspruch nähme 
und, wie die Verhältnisse liegen, nur von Spaniern mit Glück 
durchgeführt werden könnte. Diese wichtige Vorarbeit zur 
Erläuterung der erhaltenen literarischen Denkmäler fehlt und 
mit ihr das Mittel, in ein eng und sicher gespanntes Netz von 
Daten der politischen und Kirchengeschichte die literarischen 
und kulturhistorischen Strömungen einzuzeichnen sowie bis jetzt 
unbekannte Provenienz-, Schreiber-, Besitzer-Notizen u. &. m. zu 
fixieren. Was ohne dieses wichtige Hilfsmittel an der Hand 
der Ripoller Codices und des bisher zugünglichen Urkunden- 
materials für die Lösung der gestellten Aufgabe geleistet wer- 
den kann, soll im Folgenden gezeigt werden. 


* * 
* 


Die Gründung des Klosters Santa Maria de Ripoll fällt 
in eine für die Geschichte der spanischen Mark entscheidende 
Epoche. Nach langen Kämpfen, die im zweiten Drittel des 
9. Jahrhunderts zwischen Christen und Mauren im Nordosten 
Spaniens geführt worden waren, gelang es Wifredo el Velloso 
(dem Haarigen) Grafen von Вагсејопа,! die Herrschaft des 
Territoriums zu erringen und von Seite des Frankenkönigs Karl 
des Kahlen als Markgraf mit der Zusicherung anerkannt zu wer- 
den, daß die Erblichkeit dieser Würde seinem Hause erhalten 
bleiben solle. In richtiger Erkenntnis der Bedeutung, die die 
Klöster als geistiges Bollwerk gegen den Feind und als wirk- 


! 898, aus diesem Jahre (17. April) auch die Urkunde, in der sein 
Name zum letzten Mal erscheint, vgl. Joseph Calmette, Un jugement ori- 
ginal de Wifred le Velu, Bibliothéque de l'Ecole des Chartes, LXVII, 
1906, 60 ff. 


16 ПІ, Abbandlung: Beer. 


sames Mittel zur Festigung der weltlichen Herrschaft gerade 
während jener kampferfüllten Zeit besaßen, hat Wifred Ripoll 
gegründet und dotiert, und zwar unter Umständen, die uns ge- 
nau bekannt sind und deutlich kundtun, daß er bedeutende poli- 





Aus Spruner-Menke, Handatlas f. d. Gesch. d. Mittelalters, Gotha, Justus 
Perthes, 1880, Nr. 15: Iberische Halbinsel von der Ankunft der Araber bis 
zum Untergange der Omajaden, 711 bis 1028 n. Chr. 


tische, speziell dynastische Interessen durch die Stiftung fördern 
wollte; wobei es dem frommen Glauben unbenommen blieb, in 
der Gründung des Heiligtums ebenso ein Dankopfer für errun- 
gene Erfolge zu sehen, wie 700 Jahre später in dem als Pantheon 
gedachten Escorial eine grandiose Votivtafel für St. Quentin. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 17 


Die vom 20. April 888 datierten Acta dedicationis Eccle- 
siae Sanctae Mariae Rivipullensis, die Baluze in der Marca 
Hispanica App. XLV, col. 817 aus dem Cartular des Klosters 
herausgab, berichten ausdrücklich, daß das Kloster auf Ver- 
anlassung Wifreds und seiner Gattin Winidilde erbaut wurde. 
Zur Einweihung erschien Godmar, Bischof von Vich, dessen 
Sprengel das Kloster angehören sollte. Die Stelle, wo das 
Kloster sich erhob — in valle que nuncupant Riopullo — war 
gut gewählt; das Heiligtum lag in dem Delta, das durch das 
Zusammenströmen der beiden Flüsse Ter und Fraser — daher 
der Name Rivis pollens — gebildet wird, inmitten fruchtbarer 
Gegend, durch waldige Gebirgshöhen geschützt, andererseits 
nach Süden durch Straßen mit dem Grafensitz verbunden. Die 
Bedeutung, die Wifred seiner Schöpfung verleihen wollte, geht 
eigentlich erst aus einer zweiten an demselben Datum ausge- 
fertigten Urkunde, den Acta dotis Ecclesiae Rivipullensi factae 
(Marca, App. XLVI, сої. 818{.) hervor. Wifred verlieh dem 
Kloster nieht nur in der Umgebung von Ripoll ausgedehnte Ge- 
biete, sondern auch Örtlichkeiten in der Grafschaft Cerdaña; in 
dem Distrikt Berga die Kirchen des Ortes Brositano mit ihren 
Alloden sowie die Kirchen San Vincente und San Juan; in der 
Grafschaft Urgel den Ort Exaduce mit der Kirche San Miguel; 
in der Marca die Kirche Santa Maria de Pons mit ihrem Gebiet, 
den Ort Centumcellas mit einem Gebiet von vier Quadratmeilen 
im Umkreise und allen Einkünften, endlich die Kirchen auf 
den Hóhen des Montserrat mit ihrem Allod. Beide Urkunden 
sprechen von dem bereits errichteten Klosterbau, der schon 
bevölkert war: Haec omnia tradimus sub manibus Dagini ab- 
batis et omnes monachos ibi commorantibus. Daraus erhellt, 
daß das Klosterleben schon vor 888, der Zeit der feierlichen 
Einweihung, begonnen haben mußte; tatsächlich hat Villanueva 
(vgl. Viage VIII, 209f.) eine Urkunde aus dem Jahre 880 auf- 
gefunden, laut welcher bereits damals der Priester Ariulphus, 
Besitzer ausgedehnter Liegenschaften in dem Baga-Tale domui 
Sanctae Mariae Virginis in monasterio Rivipullense . . . et 
Dachino abbati et monachis ibidem deo servientibus Teile der 
Orte Buturano, Certaniola, Cospe und Riotorto schenkte. Die 
urkundlich beglaubigte Geschichte des Klosters beginnt also mit 


880, die ersten Anfänge der Siedelung sind dunkel; alle Abt- 
Sitzungsber. d, phil.-hist. KL. 155. Bd. 3. Abb, 2 


18 ЦІ, Abhandlung: Beer. 


listen Ripolls* beginnen mit Daguin, allerdings weiß eine 
von ihnen zu berichten, daß er 888 bereits 15 Jahre Abt ge- 
wesen.” Unter den für den Kultus bestimmten Widmungsobjek- 
ten schenken Wifred und Winidilde laut Zeugnis der zitierten 
Dedikationsurkunden calicem et patenam de auro, missalem, lec- 
tionarium, planetam et albam. Missale und Lectionar erscheinen, 
wie das nicht anders zu erwarten, unter den Kirchenutensilien; 
die liturgischen Bücher waren in der sonst so reichen Schen- 
kung bei weitem nicht so gut vertreten wie bei anderen Dota- 
tionen. Bezeichnend ist in dieser Deziehung ein Bekenntnis 
in den Acta dedicationis Ecclesiae Sancti Petri Rivipullensis 
(Marea, App. L, col. 822). Die Einweihung dieser Kirche, welche 
dem Kloster Santa Maria gehóren sollte, erfolgte zwei Jahre 
später, nämlich 890, und bei dieser Gründung erscheinen außer 
Wifred und Winidilde auch schon Abt Daguin und seine Mönche 
als Geber: Tradimus ibi ego Daquinus cum fratres meos mo 
nachos libros secundum possibilitatem nostram, scilicet 
Eptaticum,? homeliarium, missalem, ordinem. Also wieder lauter 
liturgische Bücher, deren beschränkte Zahl den Verhältnissen 
der noch jungen Klostergemeinde entsprach. Denn aus den 
bescheidenen Worten secundum possibilitatem nostram läßt sich 
schließen, daß das Scriptorium des Klosters noch keine große 
Tätigkeit entfaltet hatte, wohl auch die Bücherei selbst noch 
nicht viele Handschriften barg. Woher Pellicer y Pajes (Santa 
Maria de Ripoll 39) die Nachricht hat: ‚Los illustres cónyuge: 
(d. h. Graf Wifred und dessen Gattin) hicieron subir al гезре- 
table nümero de cincuenta y ocho los codices que ya en 
tonces contaba el archivo, aumentandolos con un leccionario y 
un misal‘ ist nicht erfindlich.* Das am 30. Juli 979 nach dem 
Tode des Abtes Vindisclus angelegte Inventar bemerkt, daß 


! Die am besten kritisch gesichtete noch immer bei Villanueva, a. a. О. 
4f. Nach ihm Pellicer y Pagés, a. а. О. 399, Enrique Claudio Girbal, 
Tossa (Gerona 1884) 39ff. Eine noch unedierte Liste (aus dem Rivipul- 
lensis Nr. 111) wird der Katalog mitteilen. 

з Pellicer у Pagés, а. a. О. 34, Anm, 9. 

* Der Heptateuch war, wie Villanueva aus den consnetas der Kirchen jener 
Gegend feststellte, beim Gottesdienste im Chore in Verwendung. 

* Vergleichsweise sei daran erinnert, daß selbst die alte, mächtige Kathedral- 
kirche zu Oviedo in jener Zeit nur 41 Codices ihr Eigen nannte (Hand- 
schriftenschätze Nr. 344, 8. 376 ff.). 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 19 


‚etwas mehr als 65 Bücher‘ im Kloster vorhanden gewesen 
seien, so daß die Vermehrung der Bibliothek innerhalb eines 
Zeitraumes von fast 100 Jahren nur etwa 10 Handschriften be- 
tragen hätte, was wohl kaum anzunehmen ist.! 

Nun sind allerdings einige wertvolle Handschriften, die 
im Kloster noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufbewahrt 
und beschrieben wurden, heute aber fast vollständig verloren 
gegangen sind, nicht aus dem Seriptorium des Klosters her- 
vorgegangen, sondern der Bücherei, wie wir feststellen kónnen, 
schon in früher Zeit zugewendet worden. Das gilt zunächst 
von jenen Manuskripten, deren Niederschrift vor die Zeit der 
Gründung Ripolls fällt. An erster Stelle ist hier ein prüchtiger 
Psalter zu nennen, den Villanueva (Viaje VIII, 34 f.) eingehend 
beschreibt. Das Manuskript war ganz in Silberschrift auf 
Purpurpergament hergestellt, die Initialen und Überschriften 
der Psalmen in Gold ausgeführt.” Auf der einen Seite stand 
der Text der Vulgata, auf der anderen die Übersetzung des 
Hieronymus. Das letzte Blatt enthielt die Einzeichnung: Ka- 
rolus gratia Dei rex et imperator Franchorum. Villanueva 
schließt aus dem Schriftcharakter, daß der Kodex aus der Zeit 
Karls des Großen oder spätestens Karls des Kahlen stamme; 
auf jeden Fall gehöre er dem 9. Jahrhundert an. Am meisten 
überraschte ihn die vorzügliche Erhaltung der Silberschrift und 
er vergleicht mit dem Ripoller Psalter ein Evangeliar, das er 
‚en la biblioteca nacional de Tolosa‘ gesehen,? dessen Silber- 
buchstaben aber ihren Glanz vollständig eingebüßt hatten. 

Aus der von Villanueva gegebenen Beschreibung geht 
hervor, daß wir es mit einer jener Arbeiten der Chrysographie 
zu tun haben, die sich vornehmlich der Herstellung von Pracht- 
exemplaren der Bücher der heil. Schrift zuwendeten und deren 


1 Näheres hierüber weiter unten bei Besprechung des Scriptoriums unter 
Abt Arnulf (948—970). 

* José Maria Eguren, Memoria descriptiva de los códices notables en los 
archivos eclesiästicos de Espana, Madrid 1859, p. XXXIV weiß noch von 
‚vistosas orlas con enlaees de oro y fantásticas serpientes‘ zu berichten, 
welche den Text auf allen Seiten umschlossen. 

з Das Evangeliar Godescales aus Saint-Sernin zu Toulouse, später im 
Louvre (Delisle, Cabinet des manuscrits de la Bibliothéque Nationale I, 
2), jetzt Bibl. Nat. Nouv. acq. lat. 1203. 8. Berger, Histoire de la Vulgate 
pendant les premiers siècles du moyen-äge, Paris 1893, В. 269. 

2% 


20 III. Abbandlung: Beer. 


stattliche, heute noch erhaltene Reihe, angefangen von dem 
ältesten, ehemals Hamiltonschen, jetzt in amerikanischem Besitz 
befindlichen Exemplar der Evangelien bis herab zu den Spät- 
früchten dieser eigenartigen Kunst, gerade in jüngster Zeit den 
Gegenstand eingehender Studien gebildet hat.! Die Mitteilung 
Villanuevas über den prächtigen Ripoller Psalter ist, so viel 
ich sehe, in den betreffenden Untersuchungen noch nicht be- 
rücksichtigt worden. Bemerkenswert ist zunächst die Gegenüber. 
stellung der Vulgata auf der einen und der Hieronymusüber- 
setzung auf der andern Seite. Villanueva meint offenbar das 
Psalterium gallicanum sowie die Übersetzung des Psalters aus 
dem Hebrüischen, wie wir sie etwa in Sabatiers Bibelwerk 
lesen, das er vor Augen gehabt haben mochte (Bibliorum 
sacrorum latinae versiones antiquae, Vol. II, Remis 1703), nàm- 
lich: Vulgata hodierna seu versio latina sec. LXX secundis 
curis emendata a S. Hieronymo. — Versio Latina S. Hieronymi 
ex Hebraeo. Der Umstand, daf wir eine in Prachthandschriften 
ungewühnliche Gegenüberstellung beider Rezensionen gerade auf 
spanischem Boden antreffen, regt zu mancherlei Erwügungen 
an. Die hohe Bedeutung, die Spanien in der Überlieferung 
des biblischen Textes während der ersten Jahrhunderte des 
Mittelalters besaß, die Originalität der auf iberischem Boden 
verbreiteten Texte hat Samuel Berger überzeugend nachge- 
wiesen.! Andererseits wissen wir, daß die Geschichte der Vul 
gata unter den Karolingern so viel ist wie die Geschichte des 
Kampfes der guten aus England bezogenen Texte gegen die 
spanischen Rezensionen oder, wenn man personifizieren will, 
der Kampf des Ekbertschülers Alcuin? gegen den Westgoten 
Theodulf, spüteren Bischof von Orleans. Den Ripoller Psalter 
mit der literarischen Produktion Kataloniens in Verbindung 


! Einige bibliographische Nachweise hierüber in den von Chroust heraus- 
gegebenen Denkmälern der Schreibkunst des Mittelalters, Lief. 11, bei 
Besprechung des Wiener Psalters, Taf. 4. 

? A. а, O., Chap. II, S. 8ff.: Les bibles espagnoles. 

3 „.. loin de faire de Théodulfe un critique, nous verrons plutôt en lvi, 
malgré tout son mérite, le defenseur de la tradition espagnole et lad- 
versaire inconscient de la pureté du texte biblique, défendue par Alcuin. 
Berger, De l'histoire de la Vulgate en France, Lecon d'ouverture, Paris 
Hachette 1887, p. 7. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 91 


zu bringen, daran darf man keinen Augenblick denken.! Die 
kritische Revision der Bibel unter Karl dem Großen ist Alcuins 
Werk, das um das Jahr 800 als abgeschlossen gelten darf. 
In jüngster Zeit hat die paläographische und kunsthistorische 
Forschung sich immer mehr der Ansicht zugeneigt, daß der 
Ursprung jener Meisterwerke der Chrysographie — zu denen 
aufer den genannten und anderen Zimelien auch der Psalter, 
den Karl der Große an Papst Hadrian I. sendete (Kodex 1861 
der Wiener Hofbibliothek), und das Evangeliar in der kaiser- 
lichen Schatzkammer zu Wien gehören — in der Aachener 
Hofschule zu suchen sei. So würden wir den karolingischen 
Ursprung des Ripoller Psalterium argenteum auch dann voraus- 
setzen, wenn die von Villanueva mitgeteilte Schlußnote nicht 
vorhanden würe. Diese bemerkenswerte Notiz wird aber noch 
durch eine weitere Angabe ergünzt. Villanueva war nicht der 
letzte, der das kostbare Manuskript studierte. Im Jahre 1820 
verwahrte es Próspero de Bofarul im Kronarchive zu Barce- 
lona, und Milá y Fontanals teilt in der bereits früher zitierten 
Biographie Bofarulls hierüber folgendes mit (S. 45, Anm.): 
Perdiéronse entre ellos (d. h. den Ripoller Codices) el inesti- 
mable Psalterium argenteum, ünico códice en su clase en 
España? ... y que sin duda fué destruido... A la noticia 
que de este códice dan Villanueva y Eguren,’ puede añadirse 
una notable particularidad que ignoran los que no la han oido 
de Bofarul. Limpiando éste la ultima página ennegrecida 
leyó en sus letras de plata: ,Pipinus rex Francorum‘, que pa- 


! Den Silberpsalter und die gleich später zu besprechende Mischhand- 
schrift s. VIII nennt Eguren ‚Dos monumentos paleográficos de grande im- 
рогіапсіа" und meint ,recordaban todavia en los primeros айоз del presente 
siglo el fausto principio de las letras en las montañas de Cataluña‘ 
(Memoria, S. XXXIV). Beide Handschriften waren aber für die damals 
von heftigen Kämpfen aufgewühlte Mark Exotica. 

Zu erwähnen wäre allerdings der im Escorial aufbewahrte, ganz in Gold- 
schrift hergestellte sogenannte Codex aureus evangeliorum, der freilich 
viel spáter unter Kaiser Konrad II. und Heinrich III. hergestellt wurde; 
vgl. Die Handschriftenschenkung Philipp II. ап den Escorial vom Jahre 
1576, Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten 
Kaiserhauses XXIII, Heft 6, В. V. 

* Eguren hat die 1835 zerstörte Handschrift nicht mehr gesehen und fußt 

ganz auf Villanueva. 


22 Ш. Abhandlung: Beer. 


rece no puede ser otro que el padre de Carlomagno. Diese 
Angabe ist doch wohl so zu verstehen, daß sich außer der 
von Villanueva gelesenen Einzeichnung noch die auf Pipin 
bezügliche am Schlusse des Kodex fand (puede añadirse). Bei 
dieser doppelten Namensnennung liegt die Sache natürlich 
anders als bei der sogenannten ersten Bibel Karls des Kahlen 
(Paris, Bibl. Nat. F. L. 1, Berger, Histoire de la Vulgate 215f.), 
deren erstes Blatt in Medaillons die Inschriften Carolus rex Fran- 
co(rum) und David rex imp(erator) bietet. Vielleicht ist an- 
zunehmen, daß die auf Pipin bezügliche Zeile von der durch 
Villanueva bekannt gewordenen durch ein gróferes Spatium 
getrennt war und daß auf der ‚pagina ennegrecida* einige ver- 
bindende Worte wie cuius pater, cuius genitor o. dgl. nicht 
mehr zu lesen waren. Übrigens ist nicht ausgeschlossen, daß 
wir noch Details über die Untersuchung der Handschrift, die 
Bofarull vornahm, erfahren.” Wie das schöne Erzeugnis karo- 
lingischer Sehreibkunst in den Besitz Ripolls gelangte, dafür 
fehlt jeglicher Anhaltspunkt.? Villanueva bemerkt nur, daf der 
Kodex bereits in dem am 14. Mürz 1047 angelegten Inventar 


! Elias de Molins erwähnt in dem oben zitierten Artikel ausdrücklich, 
daß sich im Nachlasse Olzinellas eine ,Carta del sefior Bofarull sobre el 
Psalterio ó libro de Pepino‘ finde, und es wäre interessant, dem Ver- 
bleib dieses Briefes nachzuspüren; vielleicht steht er in Beziehung mit 
einer Beschreibung des Psalters, die Bofarull y Sans, der Enkel Pröspero 
de Bofarulls, in seinen Apuntes bibliográficos (vgl. oben S. 12) aus einem 
Katalog ‚vom Jahre 1824* (vielleicht derselbe, der nach Ewald Reise 389 
schon 1823 angelegt wurde) mitteilt: ,Salterio entero con todas las let- 
ras de alquimia de plata y las iniciales de oro de un tamano muy pe 
queño y la vitela б pergamino sobre que está escrito es de color morado 
obscuro sin duda para mayor realce de la letra. Su tamaño no llega al 
de folio y está perfectamente conservado, menos en las primeras y ùl- 
timas páginas que con dificultad pueden leerse por haberse enigrecido 
la alquimia, segun parece por la humedad que alguna vez habrá раде- 
cido. En la ültima página se han podido leer con mucha dificultad las 
palabras „Pipinus Imperator (sic) et Rex Franchorum“ las que junto соп 
la circunstancia de hallarse notado como existente ya en el monasterio 
de Ripoll en un inventario recibido el dia 14 de Marzo del ano 1047 en 
presencia de Wilelmo conde de Besalú, y el lujo con que se escribió 
hace sospechar que fué regalado este precioso códice al monasterio por 
algun emperador de Francia, y siendo así по baja su edad del siglio ҮШ“ 

з Eguren, a. a. О. XXXV, meint freilich ganz bestimmt: ‚Lo cierto es que 
el conde fundador del monasterio de Ripoll ofreció este hermoso libro 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 23 


der Klosterbibliothek erscheine, wo bereits ein ‚Psalterium ar- 
genteum‘ angeführt wird, das mit unserer Handschrift zweifellos 
identisch sei. Er selbst hat in den Appendices zum VIII. Bande 
seines Viaje unter Nummer IV einen ‚Catalogus librorum qui 
sec. XII. extabant in monasterio Rivipullensi‘ veröffentlicht, in 
diesem Verzeichnis wird aber das Psalterium argenteum nicht 
angeführt, so daß man annehmen könnte, es sei zwar 1047 
vorhanden, im 12. Jahrhundert aber nicht mehr in der Biblio- 
thek auffindbar gewesen. Nun ist schon in den ‚Handschriften- 
schätzen‘, S. 413, Anm. 1 unter Hinweis auf einen ganz ähn- 
lichen, von Ewald (Reise, S. 389) veröffentlichten und dem 
11. Jahrhundert zugeschriebenen Katalog der Vermutung Raum 
gegeben worden, daß ‚sec. XII‘ bei Villanueva ein Druckfehler 
und Ewalds Angabe die richtige sei. Diese Vermutung wird 
zur Gewißheit durch die von Fr. Benito Rivas! angefertigte 
Abschrift des betreffenden Katalogs, welche in der Bibliothek 
der Real Academia de la Historia in einem Kollektaneenkodex, 
signiert 12—27—4, E 122, aufbewahrt wird und von der mir 
die Madrider Akademie durch Intervention der kais. Akademie 
der Wissenschaften eine genaue Kopie in liebenswürdigster 
Weise zur Verfügung stellte. Diese Kopie stammt, wie Rivas 
ausdrücklich angibt, aus einer Aufzeichnung des 11. Jahrhun- 
derts und gestattet den sicheren Schluß, daß sowohl Villanuevas 
Katalog wie auch die Auszüge bei Ewald auf dieselbe Quelle 
zurückgehen, nämlich auf das Verzeichnis s. XI, das in dem 
heute verlorenen, ehedem mit Nr. 40 signierten Rivipullensis 
eingetragen war; Ewald gibt nur kurze Auszüge aus dem 
Katalog, während Villanueva den Schlußteil des Verzeichnisses 
nicht bringt und auch — vielleicht dureh seine Vorlage irre- 
geführt — manche Büchertitel fehlerhaft mitteilte” Zu diesen 
gehört auch die Eintragung ‚Plutargus‘. Ein Plutarch, sei 








al tesoro de aquella iglesia en el tercio último del siglo IX,‘ sagt aber 
nicht, was ihn zu dieser sichern Behauptung veranlaßt; jedenfalls ist zu 
beachten, daß der Psalter in der Gründungsdotation nicht erwähnt wird. 

! Er war Mónch des Klosters Montserrate und hat gegen Ende des 18. Jahr- 
hunderts das Ripoller Archiv geordnet. Über seine einschlügigen Ar- 
beiten vgl. Villanueva, Viage VIII, 4f. u. 33. 

2 Andererseits bietet wieder Villanuevas Abdruck zweifellos echte An. 
gaben, die in Rivas Abschrift fehlen. Hierüber gibt der weiter unten 
zum erstenmal vollständig mitgeteilte Text des Katalogs Aufschluß. 


24 Ill. Abbandlung: Beer. 


es auch ein lateinischer, muß in einer spanischen Klosterbiblio- 
thek des 11. Jahrhunderts auffallen, wenngleich die Möglich- 
keit, daß eine solche Übersetzung in Spanien zu jener Zeit 
existiert habe, nicht von vorneherein abzuweisen ist. Wissen 
wir ja doch, daß Martinus Braccarensis (Dumiensis), von dem 
eine Schrift in der Klosterbibliothek Ripolls sich vorfand, grie- 
chische Texte nach Spanien mitbrachte und dort übersetzen 
ließ. Gleichwohl ist der Ripoller ‚Plutargus‘ endgültig zu 
streichen. An der Stelle, da Villanueva ihn anführt, bietet die 
Madrider Abschrift ‚Psalterium argenteü‘, und es leuchtet sofort 
ein, daß Villanueva eine Kürzung, etwa Plt arg verlesen hat. 
Gehörte demnach der schöne Psalter zu den alten Inventar- 
stücken der Ripoller Bibliothek, so liegt mit Rücksicht auf die 
angedeutete Provenienz der damaligen Leistungen der Chryso- 
graphie die Vermutung nahe, daß der Prachtkodex Geschenk 
eines fränkischen Herrschers sei. Karl der Kahle spendete 
dem Kloster Fleury kostbare Kirchengeräte cum evangelii textu 
subtili operis diversitate fabricato,? also ein Evangeliar, dessen 
reiche und feine Ausstattung ausdrücklich hervorgehoben wird, 
vielleicht dem noch erhaltenen, früher erwühnten Prachtkodex 
aus Saint-Sernin zu Toulouse nicht nachstand, das aus Karl: 
des Großen Besitz möglicherweise durch Ludwig den Frommen’ 
in dieses Kloster kam. Der Umstand, daß das Ripoller Gebiet 
damals nicht zum fränkischen Reiche gehörte, spricht keines- 
wegs gegen eine solche Zuwendung. Die Mark stand min 
destens formell unter frünkischer Oberhoheit, ihre Urkunden 
werden nach den Regierungsjahren der Karolinger datiert, sie 
blieb favorisiertes Grenzgebiet, und welcher Fürsorge sich ge- 
rade Ripoll von Seite der frünkischen Herrscher erfreute, davon 
zeugen die Urkunden, die wir noch besprechen werden. Über 
Vermutungen kommen wir hier freilich kaum hinaus, da der 


1 Vgl. die noch eingehender zu besprechende Ausgabe Casparis von Mar 
tins De correctione rusticorum, p. XIIf. u. XXIIf, Jules Tailhan, Appen- 
dice sur les bibliothèques espagnoles du baut moyen-Âge, in den Nov- 
veaux mélanges d'archéologie, III. Sér., Vol. 3, Paris 1877, S. 231f. 

2 Appendix Adelerii Floriacensis ad Adreualdum (I, XLI), J. Bosch (Bosco) 
Floriacensis vetus bibliotheca, Lugduni 1605, 8. 76. 

® Über die Handschriftenspenden Ludwig des Frommen an Klöster vgl 
Delisle, Le Cabinet I, 4. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 25 


Psalter vor 1047 urkundlich nicht erwähnt wird und wir 
allfällige Indizien aus dem Kodex selbst nicht mehr holen 
können; er ist offenbar 1835 verbrannt. 

Noch bedauerlicher ist der Verlust einer Handschrift, die 
Villanueva (a. a. О. VIII, 45—50) beschreibt. Sie gehörte dem 
8. Jahrhunderte an und war in westgotischer Kursive geschrie- 
ben. Den Hauptinhalt bildeten zwei augustineische Schriften, 
nämlich ein ‚Liber quaestionum‘ und die ,Dictio contra quinque 
haereses, dann ein ,Exordium de ortu vel obitu patrum‘! 
betitelter Abschnitt, ferner die Expositio S. Hieronymi in Ma- 
thaeum, endlich der Liber ICHDRI (sic, Isidori) Spalensis sedis 


9 
episcopi de DINISSMA NMIA (sic) legis evang.? Außer diesen 
etwas umfangreicheren Stücken enthielt der Kodex noch Inter- 
rogationes de fide catholica, die Athanasius zugeschriebene Ex- 
positio fidei catholicae Sancti Ambrosi Mediolanensis episcopi,’ 
eine kleine Kanonensammlung, ferner gegen Ende: Decretale 
editum ab urbe Roma de recipiendis sive non recipiendis auc- 
toribus quod constitutum est,“ eine tabla de los aiios de las 


1 Villanueva bemerkt zu diesem Titel nichts, obwohl das von ihm mit- 
geteilte Incipit: ,Esaias propheta interpretatur‘ deutlich zeigt, daß wir 
es nicht mit der bekannten isidorianischen Schrift De obitu usw. zu tun 
haben; es ist vielmehr ein Bruchstück aus Isidors In libros veteris et 
novi test. prooemium, beginnend mit dem Abschnitt Jesaias, M. 83, 166. 

з Villanueva erklärt: Yo leo divinissima nomina legis evangelicae. Zu 
dieser Auflösung des Kompendiums sei bemerkt, daß im Text der Alle- 
gorien Isidors: Quaedam notissima nomina legis steht. Für besonders be- 
merkenswert (digna de toda consideracion) hält Villanueva, а. а. О. 47 
die in dieser Handschrift bei der Widmung erscheinende Namensform: 
‚Кто Domino ас referentissimo fratri uuruvıo (Vulgata: Orosio) Isi- 
dorus‘, meint, der Name könne Wsurio, Wrusio, Wrurio oder Wsusio ge- 
lesen werden und vielleicht in die vielbehandelte Adressatenfrage der 
Allegorien — Jos. Pellicer hält den Empfänger für Orosius von Tarra- 
gona, der nicht Zeitgenosse Isidors war — Licht bringen, d. h. die Fest- 
stellung des noch unbekannten Adressaten ermöglichen. Dem ist nicht 
so, es liegt nur die lautliche Variante Urusio vor. Auch das Kastilianische 
führt schriftlat. © auf verschiedenen Wegen zu u: preguntar, cubrir, cu- 
lebra, vgl. ferner die Glosse uurat: comedit (im Vaticanus 1471 з. УПІ--ІХ, 
Migne 81, 793). Durch Angleichung wird aus Urosius (Orusius) Urusius. 

з Vgl. zu diesem Texte Arevalo, Isidoriana M. 81, 828. 

* In dem Briefe des gelehrten Jesuiten Andreas Burriel an В. de Castro 
über eine neue Isidorausgabe heißt es (Rodriguez de Castro, Bibl. Esp. 


26 III. Abhandlung: Beer. 


eras antiguas y vidas de los patriarcas, den Tractatus de solem- 
nitate Pascali editus a S. Hieronymo presbytero, einen Cyelus 
Pascalis, einen orthographischen Traktat: Diseretio litterarum, 
daran sich anschließend De litteris iuris (Explicación alfabética 
difusca de las siglas y cifras del derecho)? ferner: Incipit epi- 
stola atque tractatus Sancti Martini episcopi de idolorum cal- 
tura, directum ad Polemium episcopum (d. h. Martin von Brac- 
cara: De Correctione rusticorum), zum Schluß noch Briefe des 
Hieronymus, Sermones und Exorcismen.? Also eine Miszellan- 
handschrift von ungemein reichem Inhalt, mit Rücksicht auf 
das hohe Alter der Handschrift von größtem Werte und unter 
sämtlichen bisher bekannten spanischen Codices des frühen 
Mittelalters von hervorragendster Bedeutung. Dadurch ge 
winnen die Untersuchungen über deren Ursprung und Herstel- 


II, 305): Casi en todos los Códigos (der Konzilien) se añade la Decreta! 
De libris recipiendis de donde tomó Graciano el cap. Sancta Romana y 
en todos ellos se atribuye А Hormisdas y no й Gelasio. La misma se 
halla en otro Código Gothico de diferentes tratados que tengo em mi 
poder. Vgl. а. M. 81, 245, 774, 791 sowie 84, 843. — Diese Daten, sowie 
die Notiz über den Rivipullensis, der eines der ältesten Vorkommen der 
vielbehandelten (Pseudo-)Dekretale darstellt, ergänzen das von Job. 
Friedrich in der Abhandlung: Über die Unächtheit der Dekretale de 
rec. et non rec. libris des Papstes Gelasius I., Sitzungsberichte der philos- 
philol. u. hist. Kl. d. bayr. Akad. d. Wissensch. J. 1888 L, 54 ff, bespro- 
chene Quellenmaterial. 

,Es un tratado de orthographia muy borrado' bemerkt Villanueva; man 
denkt zunächst an Isid. Etym. I, 27 und I, 4, 3 (Litterarum duplex modus 
est, dividuntur enim principaliter usw.), doch weist der inhaltlich ver- 
wandte Mettensis (s. unten) nach Angabe des Catalogue gén. auf einen 
anderen Text. 

Veteres antemillenarii Etymologiarum Codices sub libri primi titnlo XXIII 
exhibent syllabum notarum luridicarum, quas, ut ibidem Isidorus ait, 
novitii Imperatores a Codicibus legum abolendas sanxerunt quia multos 
per has callidi ingenio ignorantes decipiebant. Sunt autem persimiles 
Valerii Probi compendiis quae vulgo circumferuntur. Bayer in den Noten 
zu Nic. Antonio, Bibl. Hisp. Vetus I, 334. Einer dieser notarum laterculi 
nach dem Abschnitt de notis iudicis seu iuridicis der Etymologien 
Isidors auch in Escorial b I. 12, s. Hartel- Loewe BPLH. I, 29f. (Au 
augustinus, Aa augusta au aurelium ag agit a actin.) 

So weit Villanueva: Der von Ben. Rivas redigierte Katalog verzeichnet 
außerdem eine Reihe kleinerer Stücke, wie Transitus S. Martini, expo 
sitio ventorum, (Pseudo-) Augustinus Hypomnesticon liber, Epistola 
Fortunati ad Hildericum regem ц. а. 


ra 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 27 


lung an Wichtigkeit, umsomehr, als dem trefflichen Villanueva 
bei Erörterung dieser Fragen etwas Menschliches widerfuhr. 
Aus der Tabla de los apos de las eras antiguas teilt er eine 
Einzeichnung wörtlich mit wie folgt: Ab incarnatione autem Dni. 
Ла. Хр. usque in presentem primum Quintiliani principis an- 
num, qui est Era LXX. quarta, (falta la nota ООС) sunt 
anni DCC.XXX.VI und behauptet, es ergebe sich daraus, daß 
diese Berechnung wie auch der vorhergehende im Schriftcha- 
rakter vollständig gleiche Text im Jahre 736 geschrieben sei 
und daf damals, etwa 20 Jahre nach dem Einbruch der Sara- 
zenen, ein princeps Quintilianus ,nombre tan semjante al Quin- 
Ша ó Chintila de los Godos‘ geherrscht habe. ‚Aber wo‘, fährt 
Villanueva fort, ‚ist nicht leicht festzustellen, auch enthält der 
Kodex keine Provenienznotiz. Man kann bloß sagen, daß der 
Charakter seiner westgotischen Kursive derselbe ist wie in den 
hiesigen Urkunden aus dem Ende des 8. Jahrhunderts, die ich 
in Urgel gesehen habe. Andererseits ist die Handschrift offen- 
bar Werk eines Mönches, der sich mit Abschriften von Codices 
beschäftigte. Wissen wir auch nichts von der Existenz des 
Klosters Ripoll im Jahre 736, so ist es doch sicher, daß es zu 
dieser Zeit nicht wenige Klöster in diesen pyrenäischen Tälern 
gab, von denen einige Ripoll inkorporiert wurden, und dorther 
kann der Kodex gekommen sein. . . . Die Mauren brauchten 
ja lange, bis sie diese Gebirge in ihre Gewalt bekamen, und 
dahin mochten sich, wie in Asturien, einige Christen unter 
der Führung des prineipe Quintiliano oder Quintilano 
zurückgezogen haben.‘ 

Die falsche Setzung eines Zahlzeichens (C), vielleicht auch 
das Mißverstehen des Wortes princeps haben Villanueva irre- 
geleitet. Princeps ist hier wie in so vielen altkastilianischen 
Handschriften! soviel wie rex und Villanueva hat den hier 
entscheidenden Umstand übersehen, daß die von ihm mitge- 
teilte Berechnung offenbar die Variation eines Zusatzes am 


! Бо in zwei Escorialenses (P.I, 7; OU 25) vgl. Hartel-Loewe BPLH. 
1, 101 u. 114 wie auch in Urkunden, z. В. in dem von Merino, Escuela 
paleographica reproduzierten Akt aus dem Jahre 931 (Wahl des Abtes 
Stephanus) aus dem Kloster S. Juan de Tabladillo: Sub era DCCCCLX VIII 
à Reynante Domino nostro Jhesu Christo et principe Adefonso in Legione 
(vgl. a. Férotin, Recueil 5). 


28 ШІ. Abhandlung: Beer. 


Schluß der Vulgata des fünften Buches der Etymologien Isidors 
ist,! den Arevalo in den Noten (M. 82, 891) mitteilt:... omne 
tempus ab exordio mundi usque in praesentem annum decimum 
gloriosissimi principis, qui est Heraclius usw. Der princeps 
Quintilianus ist niemand anderer als der Gotenkönig Chintila, 
der vom Jahre 636 bis 640 in Toledo herrschte. Der prae 
sens primus annus ist also 636, nicht 136, und von einem 
Christenhäuptling in den Pyrenäentälern der Mark kann keine 
Rede sein.” Vom ersten Regierungsjahre des Königs Chintila 
‚» mild monarch, pleased the priest‘ (Ulick Ralph Burke, A 
history of Spain, London 1895, I, 83) datiert die erste Niederschrift 
der Jahrestafel mit Gegenüberstellung der julianischen und der 
spanischen Ára und diese Tafel wurde eben samt dem nicht 
mehr zutreffenden ,usque in praesentem primum annum‘ erheb- 
lich spüter, wie dies so oft geschah, abgeschrieben. Villanueva 
weist nun die Schrift bestimmt dem 8. Jahrhundert zu und be- 
merkt ausdrücklich, sie gleiche den Urkunden jener Zeit, die 
er in der Kathedrale zu Urgel geschen? andererseits waren, 
wie er andeutet, in der kostbaren Handschrift Stücke verschie- 
denen Alters vereinigt; nur so konnte Villanueva, ohne mit sich 
selbst in Widerspruch zu geraten, Schlüsse aus einer in dem 
Cyclus Pascalis befindlichen Ostertafel ziehen, welche die 
Jahre 713—883 umfaßt. In dieser fand sich folgende Berech- 
nung: Anno DCCLXXVI bissextus erit, dies II. fr. quem prae 
termittis diem VI. nonas Mar., et de die Ш. fr. computabis: 
adduntur ad lunae cursum ПП. Tolluntur in Dei nomine carnes 








! Vgl. Escorialensis b I. 10; b I. 11; Hartel-Loewe BPLH. I, 29. 

? Unterhaltend ist es, daß Pellicer y Pag6s a. a. O. 25f., den Irrtum Villa- 
nuevas aufgreifend, den 640 gestorbenen Gotenkönig als ,experto jefe' 
erscheinen läßt, unter dessen Führung die ‚familias cristianas‘ etwa 
Mitte des 8. Jahrhunderts in den Schluchten der Pyrenäen gegen die 
Mauren kämpften. 

Bei Besprechung der ersten urkundlichen Quellen für die Feststellung 
der Liste der Urgellenser Bischöfe (Viaje X, p. 31) wiederholt er, dab 
sich im Archiv Urgel die ältesten Urkunden Kataloniens finden (esta 
iglesia de Urgel tiene la gloria de aventajarse А todas en la antiguedad 
de las escrituras que conserva), es ist aber auffällig, daß er keine Ur 
kunde aus dem 8. Jahrhundert zitiert oder mitteilt. Auch Marca waren 
solche nicht bekannt, sonst hätte er sie gewiß in seiner Appendix ver- 
öffentlicht. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 29 


V. nonas Mar., et erit dies sanctus Pasce XVIII. Kls. Maias 
Lun. XVIIII. Mit Recht schließt Villanueva aus dem doppelten 
erit, daß diese Einzeichnung spätestens 773, dem ersten in 
der Tafel erscheinenden Jahre, geschrieben war. Da es keinen 
Sinn hat, eine Ostertafel für hundert bereits vergangene Jahre 
anzulegen,! ist durch die erwähnte Einzeichnung ein Terminus 
ante quem für das Alter jenes Teiles des Kodex gewonnen; 
ob auch für alle anderen, ist noch die Frage. 

Da Villanuevas Hypothese von dem Ursprung der Hand- 
schrift in einem pyrenüischen Kloster sich als haltlos erweist, 
sind wir rücksichtlich der Provenienz der merkwürdigen Samm- 
lung auf Vermutungen angewiesen. Aus der Niederschrift der 
Allegorien Isidors lassen sich kaum Schlüsse ziehen, höchstens 
wäre anzumerken, daß ältere Exemplare dieses Textes in den 
Klöstern der Mark sich nicht nachweisen lassen, obwohl Isidors 
Schriften frühzeitig rasche Verbreitung fanden.” Ebensowenig 
gibt die Kopie von Martins De idolorum cultura nach dieser 
Richtung einen Fingerzeig. Dagegen ist diese alte spanische 
Kopie der Schrift Martins in anderer Beziehung beachtenswert 
und gibt zunächst Anlaß, auf die von C. P. Caspari besorgte, 
ausführlich erläuterte Sonderausgabe des kleinen Traktats zu- 
rückzukommen;? der Nachweis der handschriftlichen Überliefe- 
rung ist nümlich der schwüchste Teil der sonst sorgsam ge- 
arbeiteten Einleitung.‘ 

Daß der Herausgeber den Rivipullensis nicht kennt, wird 
nach den eingangs gegebenen Darlegungen nicht überraschen. 
Über zwei Handschriften, die uns besonders interessieren, von 
einem ‚Codex Toletanus! und einem ‚Codex Vaticanus‘, wird 
nichts näheres mitgeteilt. Der ‚Codex Toletanus‘ ist offenbar 
der — heute 27, 24 signierte — erste Teil der dreibändigen, 
von Juan Bautista Perez im 16. Jahrhundert angelegten und 


! Dieser Grund spricht auch gegen die immerhin offene Möglichkeit, daß 
wir es hier abermals mit einer Abschrift aus späterer Zeit zu tun haben. 

З Die Gesta abbatum Fontanellensium berichten (Kap. ХП), daß das 
Kloster bereits zur Zeit des Abtes Wando (f 756) die Differentiae und 
Bententiae besaß, und Abt Ansegisus schenkt 825 eine Reihe von Werken 
Isidors an verschiedene Klöster, 

3 Martin von Bracaras Schrift De correctione rusticorum, zum ersten Male 
vollständig und in verbessertem Text herausgegeben . . . Christiania 1883. 

‘A. а. О. § 3, LIV F. ... Codices und bisherige Ausgaben. 


30 HI. Abhandlung: Beer, 


in der Kapitelbibliothek zu Toledo aufbewahrten Abschriften- 
sammlung, über die Ewald (Reise 362 ff.) berichtet, leider nur 
mit den kurzen Worten: ‚Schriften von Turibius und Martinus 
Dumiensis ohne Provenienzangabe‘.! Der Codex Vaticanus ist 
der Reginensis 1300, der von Montfaucon in der Bibliotheca 
bibliothecarum I, 42 in der bekannt knappen Weise registriert 
und bis jetzt meines Wissens noch nicht ausführlich beschrie- 
ben wurde. Außer diesen Codices existieren noch drei Ab- 
schriften, die Caspari entsprechend verzeichnet, ein Bernensis 
(Nr. 289) und zwei Sangallenses (558 und 579), wohl durch 
wegs dem 9. Jahrhundert angehörig und damit den Beweis 
liefernd, daß die merkwürdige Schrift schon im frühen Mittel- 
alter gelesen und begehrt war. Der Rivipullensis, die älteste 
spanische Kopie, ist verloren und kann nur für die Feststellung 
des 'Titels der Schrift? in Frage kommen. Die Bezeichnung 
De Correctione rusticorum entnahm Florez den Breviarien von 
Ebora und Braccara, in den Sangallenses ist der Tractat Diets 
Martini ad Polemium episcopum betitelt, im Reginensis heißt 
er, dem Titel im Rivipullensis sich nähernd, De origine idolorum. 
Bedauerlich ist, daß wir über die Perezabschrift zu Toledo 
nicht nüher unterrichtet sind, insbesondere über deren Prove 
nienz nichts wissen. Das Original war ja sicherlich in Spanien 
geschrieben, dem Texte nach vielleicht verwandt, vielleicht 
sogar identisch mit der in der Ripoller Mischhandschrift über- 
lieferten Kopie. Wo diese entstanden, d. h. den vielen vorher- 
gehenden Stücken des Kodex beigeschrieben werden konnte, 
ist eine heute schwer zu lösende Frage. Gerade der Umstand, 
daß das Volumen so viele Texte ziemlich heterogener Art ver 
einigt, scheint darauf hinzuweisen, daf es an einem Orte her 
gestellt wurde, wo man noch über eine stattliche Zahl litera- 
rischer Hilfsquellen verfügte. Solcher gab es im zweiten Drittel 
des 8. Jahrhunderts auf spanischem Boden nicht viele. Der 
geistige Zusammenbruch in jener Zeit war nicht sowohl eine 
Folge der Maureninvasion — die Siege der Sarazenen waren 
vielmehr eine Folge des Verfalles der Westgoten auf der ganzen 





! Im Nachlasse Loewes finden sich noch ziemlich umfangreiche, die Toletani 
betreffende Notizen, die aber die Perezkollektion nicht berücksichtigen. 

2 Über diesen vgl. a. Gustav v. Dzialowski, Isidor und Ildefons als Literar- 
historiker, Münster in W., 1898 (Kirchengesch. Studien IV, II), S. 59. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 31 


Linie intellektueller Betätigung. Als Stätte, wo in jener kri- 
tischen Zeit Vorlagen zu Kopien von Schriften Augustins, 
Hieronymus', Isidors, Martins, Fortunats, ferner Material für 
Kanones der Konzilien, unterschiedliche Glaubensfragen, Chrono- 
logisches, Hagiographisches und Homiletisches usw. zur Verfü- 
gung standen, kann eigentlich nur ein einziges geistiges Em; 
porium Spaniens genannt werden: Toledo, die Stadt des Primats, 
der Konzilienort par excellence, die Residenz der westgotischen 
Könige, auf welche die König Chintila betreffende Einzeichnung 
hinweisen mag, vielleicht auch die Martinkopie des Perez, der 
viele Toletani benutzte, mehr noch die Zusammenstellung der 
Texte, die, wesentlich dogmatischer Natur, die eifrig erörterten 
Glaubensfragen jener Zeit wiederspiegeln und auf den Brenn- 
punkt der Diskussionen, Toledo, weisen.! Der didaktische Zweck, 
der bei der Zusammenstellung vorherrschte, mag gerade einer 
aufblühenden Klosterschule willkommen, darum die Erwerbung 
des Kodex für Ripoll von Wert gewesen sein. Die Mischhand- 
schrift war ein reichhaltiges Schulbuch; auf diese Bestimmung 
weist auch eine jener vulgärsprachlichen Anmerkungen, die sich 
den frühmittelalterlichen lateinischen Handschriften oft ansetzen 
wie junges Grün altehrwürdigen Mauern. In dem Traktate, der 
beginnt: Incipit exordium de ortu vel obitu Patrum: Esaias рго- 
pheta qui interpretatur etc. fand Villanueva auf Folio 57 bei- 
geschrieben: Magister meus novol (novel?) q; (que) me miras 
novel und bemerkt, daß die Eintragung dem 10., spätestens dem 
Anfang des 11. Jahrhunderts angehört; sie kann ganz leicht be- 
reits im Scriptorium oder in der Novizenschule Ripolls erfolgt 
sein. Weitere Einzelheiten über die Handschrift erfahren wir 
vielleicht durch Erforschung der in Paris, Madrid, Barcelona, 
Vieh usw. vorhandenen Papiere früherer Benützer der Biblio- 
thek, auf die schon hingewiesen wurde.” Diese erscheint der 





' Die Epistula Fortunati episcopi ad Hilderieum regem Francorum (ed. 
M. A. Lucchi I, 309) gleichfalls im Kodex enthalten, nicht von Villa- 
nueva, wohl aber von Rivas verzeichnet, findet sich auch in einem Tole- 
tanus der Madrider Nationalbibliothek (Sign. 14, 22) aus dem 10. Jahrhun- 
dert. Vgl. Ewald, Reise 318. Ripoll besaß, wie der alte Katalog ausweist, 
‚unum Psalterium Toletanum‘ und ,Missalia Toletana V.' 

? Eine noch unveröffentlichte, Villanuevas Angaben besonders im Schluß- 
teile der Beschreibung ergänzende Aufnahme der Handschrift findet sich 
in dem Kataloge des Fr. Benito Rivas. 


32 III. Abhandlung: Beer. 


Mühe wert, denn das wenige, was wir über den Sammelband 
wissen, beweist schon, daß er von den dem frühen Mittelalter 
angehörenden spanischen Codices einer der reichhaltigsten und 
durch Eigenart der Texte merkwürdigsten war und sich mit 
ihm in dieser Beziehung eigentlich nur der jetzt im Escorial 
aufbewahrte Ovetensis R II 18! vergleichen läßt, über den 
Ewald und Loewe in den Exempla Scripturae Visigoticae (Er- 
läuterungen zu Tafel ГУ--УП) sowie Wilhelm у. Hartel nach 
Loewes Aufzeichnungen (Bibliotheca Patrum Latinorum Hispa- 
niensis I, 130—136) eingehend berichtet haben.” Mit der 
Ripoller Miszellanhandschrift ist eines der wertvollsten frühmittel- 
alterlichen literarischen Denkmäler Spaniens verloren gegangen. 

Nicht ganz so schlimm steht es mit einer anderen wohl 
seit alter Zeit in Ripoll aufbewahrt gewesenen Handschrift, 


1 Auch für diesen ,Ovetensis' ist von einem Kenner alter spanischer Hs 
Toledaner Provenienz angenommen worden, vgl. Ambrosio de Morales, 
Viage (ed. Madrid, 1765) 93 f. 

Inhaltlich ist, soweit ich die älteren Bestände kenne, mit dem verlorenen 
Rivipullensis keine spanische Handschrift verwandt. Der Regio-Vati- 
canus 231, olim 1351 enthält eine Auslegung des Matthäus-Evangeliams, 
Isidors Allegorien, eine Expositio Symboli (Arevalo, Isidoriana IV, 99, 
М. 81, 827f.); der Palatinus 277 s. VIII—IX Isidors Prooemia, De ortu 
et obitu, Allegoriae, dazwischen de supputatione dierum, computus ad 
pascha celebrandum (ibid. IV, 102, M. 81, 862f.). Im zweiten, ursprüng- 
lich selbständigen Teile des Cod. Nr. 109 der Bibliothek zu Avranches 
(s. XI, vgl. Catalogue général des mss .. des Dép. IV, 1872, S. 480 £f) 
finden sich Isidors Prooemia, De ortu et obitu, Allegoriae, De bissexto, 
De diebus observandis, Hieronymi epistulae. Dem Rivipullensis in 
mehreren Partien wirklich nahestehend erscheint die aus dem alten Klo- 
ster Sankt Arnulf zu Metz stammende Hs. 145 s. X (Cat. gén. V, 1873, 
S. 61ff.) mit Isidors Prooemia, De ortu et obitu, Allegoriae (im Katalog 
nicht erkannt) Dogmata ecclesiastica (,Credimus unum esse Deum’), 
Decretum Gelasii de recipiendis auctoribus, Libri apocryphi qui non 
recipiuntur, De Arte grammatica, De Orthographia und die pseudo 
augustineischen Hy pomnesticon libri (offenbar Auszüge, und solche fanden 
sich nach Angabe des Rivaskataloges auch im Rivipullensis). Die Kon- 
gruenz ist unverkennbar, weist auf eine gewisse Tradition in der Über 
lieferung bestimmter Isidoriana sowie anderer mit diesen abgeschriebener 
Stücke und gibt für Feststellung eines Kanons der handschriftlichen 
Propagation eine Art Perspektive. Von der Darstellung der gesamten 
einschlügigen Tradition sind wir noch weit entfernt, die hier mitgeteilte 
Beobachtung ist nur ein Steinchen zum grofen Bau. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 33 


einer Kopie des lateinischen Fuero juzgo, von der wenigstens 
einige Blätter als Specimina gerettet wurden, zweifellos die 
ältesten Schriftdenkmäler, die uns aus der Ripoller Bibliothek 
erhalten sind. 

Diese Blätter, drei an der Zahl — inhaltlich auch da- 
durch wichtig, daß sie die erstaunlich reiche Ripoller Samm- 
lung juridischer Texte (in lateinischer und katalanischer Sprache) 
eröffnen, welche dem Rechtshistoriker und Philologen ergiebiges 
Forschungsmaterial bietet — stellen heute eine Art von Vor- 
steckblättern des Rivipullensis 46 dar, so zwar, daß sie gegen- 
würtig fol. | des Kodex (umgekehrt eingeklebt) und die folia 86, 
81 (die letzten der Handschrift) bilden. Die westgotische Schrift 
dieser Blätter mit manchen kursiven Elementen wird im Archiv 
in das ausgehende 8. Jahrhundert gesetzt, sicherlich stammt sie 
aus dem 9. und ist in ihrem Gesamtcharakter ziemlich ähnlich 
den von Ewald und Loewe in den Exempla, Tab. X und XI 
reproduzierten Proben, welche die Herausgeber allerdings noch 
dem 8. Jahrhundert zuweisen. Jedenfalls steht fest, daß der 
Kodex, dem die Blätter angehörten, nicht aus dem Ripoller 
Skriptorium stammte, dessen Arbeit erst gegen Ende des 
9. Jahrhunderts begann, sondern für die Bibliothek des Klo- 
sters erworben wurde, dies jedoch wohl schon іп verhältnis- 
mäßig früher Zeit Die Bruchstücke geben unter anderem den 
Text von Buch V tit. IV 8 16 des forum iudicum: ,si servus 
sit de suo peculio emptus‘ und von Buch VIII tit. IV $ 26: 
зі de campis vacantibus iter agentium animalia depelluntur*. 
Diese Fragmente sind in der akademischen Ausgabe des Forum 
iudicum zur Textrezension nicht herangezogen worden, auch 
nieht, soweit ich sehe, in der jüngsten von Zeumer besorgten 


! Darauf scheint der Bibliothekskatalog des 11. Jahrhunderts hinzuweisen, 
allerdings nicht die noch später mitzuteilende Fassung, welche die Ab- 
schrift des Benito Rivas überliefert. Es ist hier einer der wenigen Fälle 
festzustellen, in denen der von Villanueva publizierte Text des Katalogs 
vollständiger erscheint als die Kopie von Rivas. Während diese zwischen 
den beiden Artikeln ,Glosas VI‘ (99—104) und ,Decada' (108—109) nur 
eine Handschrift: ,Lib. iudices‘ anführt, verzeichnet Villanueva genau 
an derselben Stelle: Glosas VI: Liber Judices III duo vetustissima 
(105—107). Es liegt nahe, von den beiden ‚vetustissima‘ eines mit dem 
Exemplar zu identifizieren, dessen Fragmente noch erhalten sind. 

Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 3. Abh. 3 


34 Ш, Abhandlung: Beer. 


Edition (Mon. Germ. Leg. Sect. I, 1, 1902). Anläßlich der im 
vergangenen Jahre vorgenommenen neuerlichen Durchforschung 
der Ripoller Codices wurde von zwei Blattseiten eine photogra- 
phische Reproduktion angefertigt, die über die paläographische 
Eigenart der alten Handschrift sowie über die vorliegende Text: 
rezension orientiert (Tafel I). 

Eingehendere Berücksichtigung verdient ferner eine andere 
alte Handschrift des Ripoller Bestandes, die heute unter Nr. 49 
im Kronarchiv zu Barcelona aufbewahrt wird. Als erster be- 
richtete Villanueva, Viaje VIII, 40—42, über einen Kodex mit 
der Aufschrift: In nomine Domini incipit liber sententiarum 
Saneti Gregorii Papae Romae mit der Subscriptio: Expletus ab 
opere scribtorio est liber per manus extremitatis fidelis dent. sub 
die XIII. Kalendas Augustas era DCCCCX УШ а. Ob delin- 
quentem scribtorem О vos sanctimoniales puelle Christum domi- 
num non dedignemini precare; forsan obtentu vestro sacro 
mereatur quandoque peccatorum onere carere. amen REBILE- 
NORTAM. (Vgl. Taf. П.) . Villanueva erkannte, daß die letzte 
Buchstabengruppe als Anagramm: Matrone liber zu lesen und 
die Handschrift era 949 (X — 40) geschrieben sei (911 unserer 
Zeitrechnung). Andere Folgerungen Villanuevas bedürfen der 
Berichtigung; zunächst ist eine paläographische Frage zu klären. 
Villanueva war der Ansicht, daß zu jener Zeit, da der Kodex 
in Katalonien geschrieben wurde, die westgotische Schrift — 
deren Gebrauch, wie er meint, sich dort nur bis zur Regie- 
rung Karls des Kahlen, etwa bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts, 
erhielt — nicht mehr angewendet wurde; daher vermutete er, 
daß das Manuskript zentralspanischen Ursprungs sei. Diese 
Bemerkung über die Dauer der westgotischen Schrift in Kata- 
lonien ist unzutreffend und aus Villanuevas Mund umso auf- 
fälliger, weil wir bestimmte Nachrichten über das Fortleben der 
Nationalschrift auch im nordöstlichen Spanien besitzen; insbe- 
sondere sind zwei Angaben in dem von Benito Rivas ange- 
legten Katalog der Rivipullenses hierfür von Belang. Von dem 
Eugippiuskodex Ripolls, der während des Hirtenamtes des Abtes 
und gleichzeitigen Bischofs von Gerona, Arnulf, also während 





1 Der Text der Blätter wurde von Heine für die Monumenta kopiert, + 
Ewald, Reise a. a. O. 387. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maris de Ripoll. I. 35 


der Jahre 948—970 geschrieben wurde, bemerkt Rivas (Nr. 46b 
seines Verzeichnisses): su letra que es hermosisima, parte gótica 
y parte francesa, es de mediados del siglo diez. Wir haben 
also hier den bestimmten Beweis, daG um die Mitte des 10. Jahr- 
hunderts, mindestens vier Dezennien nach Anfertigung des 
‚Liber Matrone', die westgotische Schrift in jenen Gegenden 
Anwendung fand, ohne daß wir aus dem ‚parte götica parte 
francesa“ schließen dürften, daß die Mitte des 10. Jahrhunderts 
die Zeit des Überganges von der Nationalschrift zur karolingi- 
schen Minuskel bedeute. Derselbe Katalog beschreibt näm- 
lich (unter Nr. 37) ein Manuskript mit der Regula Sancti Bene- 
dieti sowie mit kleineren Schriften des Ripoller Mönches Oliva 
und bemerkt ausdrücklich: su letra medio romana y medio 
gótica es del siglo ХІ. Aus der Lebenszeit des Mönches 
Oliva (schrieb noch 1065) ergibt sich, daß die Handschrift gar 
nicht vor dem 11. Jahrhundert entstanden sein kann, daß also 
Kodex 37 der Rivasliste in der ersten Hälfte des 11. Jahrhun- 
derts teils in westgotischer, teils in karolingischer Minuskel ge- 
schrieben wurde. Endlich weist der noch erhaltene Kodex 
Rivipullensis Nr. 168 (Bo&thius de Arithmetica) der kaum vor 
Beginn des 11. Jahrhunderts geschrieben sein dürfte, Marginal- 
noten in westgotischer Kursive auf (vgl. Nr. XII der beige- 
gebenen Tafeln), die natürlich auch erst dieser Zeit angehören 
künnen.! 

Übrigens scheint Villanueva selbst betreffs der Richtig- 
keit der von ibm geüuferten Vermutung nicht ganz sicher ge- 
wesen zu sein. Zur Frage, wer unter den Sanctimoniales 
puellae der subscriptio gemeint sei, bemerkt er nämlich: ‚War 
der Kopist Mönch des Klosters Ripoll, so hatte er in nächster 
Nachbarschaft die Nonnen des Klosters San Juan de Ripoll, 
die in verschiedenen Urkunden puellae genannt werden.‘ Diese 
Vermutung dürfte zutreffen und es ist keineswegs unwahr- 


! Damit soll aber nicht in Abrede gestellt werden, daß in Zentralspanien 
sich der Gebrauch der Nationalschrift länger erhielt als in dem den 
französischen Einflüssen leichter zugänglichen Nordosten, nur muß man 
festhalten, daß dort, d.h. in Kastilien, noch gegen Ende des 11. Jahr- 
hunderts westgotische Schriftcharaktere verwendet wurden (vgl. Ewald- 
Loewe, Exempla ХХХУЄ; für die scriptura semigotica aus dem Jahre 
1105 ein Beispiel Ex. XXXVIII). 

3* 


36 III. Abhandlung: Beer. 


scheinlich, daß der Diakon Fidelis das Manuskript für das 
Nonnenkloster anfertigte, das später zu recht trauriger Berühmt- 
heit kommen sollte! Auch der Inhalt des Kodex, der von 
Villanueva in der erwähnten Beschreibung freilich nicht richtig 
bestimmt wurde, paßt zu dieser Annahme. Villanueva glaubte 
zunächst, Isidors Schrift De summo bono vor sich zu haben, 
und nahm erst später Anlaß, diesen Irrtum aufzuklären; der 
Kodex enthält die fünf Bücher Sentenzen, die Tajo, Erzbischof 
von Zaragoza, aus Isidor (Gregor) exzerpierte,? ein für ein 
Nonnenkloster gut passendes Kompendium. Aber weder Villa- 
nueva noch Ewald (in der kursorischen Beschreibung des Ke 
dex, Reise 387) haben auf einen beachtenswerten, den Text 
betreffenden Umstand aufmerksam gemacht. Die Bücher der 
Sententiae Tajos sind bis jetzt nur nach einer einzigen Hand 
schrift, einem Aemilianensis? (S. Millan de la Cogulla) von 
Risco im 31. Bande der Esp. Sagr. herausgegeben worden 
(Nachdruck Migne, 80) und in dieser Handschrift fehlt der 
Schluß des fünften Buches, nämlich das Ende des Kapitels 33: 
De aeternis вирріїбів reproborum und das ganze 34. Kapitel: 
De sempiternis remunerationibus electorum — die letzte Über- 
schrift war bisher nur aus der dem Texte vorangehenden 
Kapitelliste bekannt. In dem noch erhaltenen Rivipullensi: 
reicht der Text bis zum Schluß des cap. 34, enthält zudem auf 
der letzten Seite (137 verso) den Anfang eines anderen Trak- 
tats (vgl. Taf. III) De trinitate divinitatis questionibus (sic), der 
vorläufig noch zu den Adespota zählt, jedoch auf Grund eines 


1 Vgl. Benedicti papae XIII decretum de expellendis sanctimonialibus є 
monasterio S. Joannis Rivipullensis et clericis ibidem statuendis (anno 
МХУП), Villanueva VIII, 237 —241. 

2 Vgl. Villanueva, Viaje X, S. Xf. 

Dieser Aemilianensis findet sich heute in der Bibliothek der Madrider 

Real Academia de la Historia, Fonds San Miguel de la Cogulla unter 

Nr. 52 beschrieben im Memorial histórico Español II (1851), S. XVI und 

von Hartel-Loewe BPLH. I, 518; dort als liber sententiarum domni Gre- 

gorii bezeichnet, hier richtig zugewiesen. Von den anderen Tajohand- 
schriften, die Risco, a. a. О. 154 nennt, vermag ich den Fontanellensis, deu 

Abt Ansgisius (823—833) dem Kloster schenkte (,Tagii sententiarum 

uolumen unum‘, Becker, Catalogi 7, 21) nicht nachzuweisen; der Thus 

neus ist sicher identisch mit dem Colbertinus der Pariser Nationalbiblio 

thek Nr. 2306, Catal. cod. mss, Bibl. Reg. Paris, 1744, III, 262. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 37 


in dem Bruchstück vorkommenden Zitats als nachisidorianisch 
erkennbar ist. 

Der Kodex dürfte nach Aufhebung des Nonnenklosters (в. о. 
S. 36, Anm. 1) in die Bibliothek von S. Maria gekommen sein 
und ist trotz seines tausendjährigen Alters ziemlich gut erhalten. 

Wir müssen annehmen, daß während der nächsten Jahr- 
zehnte das Klosterleben erstarkte und die Bedeutung des Stiftes 
wuchs, so zwar, daß Abt Ennego (919—948) daran denken 
konnte, den ursprünglichen Kirchenbau zu erweitern — bei 
der neuen Kirchenweihe erschienen Georg, Bischof von Vich, 
und Rudolf von Urgel.! Gleichwohl ist uns betreffs Berei- 
cherung der Bibliothek in dieser Zeit nur eine Nachricht über- 
liefert: Graf Suniarius von Barcelona und Richildis, seine Gat- 
tin, schenken dem Kloster im März des Jahres 925 ,varios 
libros, alhajas у la hacienda de Vilamelich*? Sichere Angaben 
über die Tätigkeit des Ripoller Skriptoriums? stammen erst aus 
der Mitte des 10. Jahrhunderts, unter ihnen als wichtigste die 
Notiz, welche den heute verlorenen Eugippiuskodex einleitete: 
In nomine sancte et individue Trinitatis incipit liber sancti 
Evipii ex Riopollensi monasterii excerptum sub potestate et do- 
minio domni Arnulphi episcopi vel abbatis exaratum ab humil- 
limos Christi servos ac si indignos Sendredus levita necne et 
Suniarius presbiter. Der Ripoller Abt Arnulf war Bischof von 


! Anno МССССХХХУ facta est secunda dedicatio monasterii Rivipullensis 
cuius tum Abbas erat Ennego usw. Marca Hispanica col. 386. Das Faksi- 
mile der Urkunde einer Schenkung der Gräfin Ava und ihrer Söhne an 
Ripoll unter Abt Ennego, aufgenommen nach einem späteren, auch gra- 
phisch beachtenswerten Transsumpt, soll dem zweiten Teile dieser Studie 
beigegeben werden. 

Nach einer Urkunde des Ripoller Archivs (Arm. I del Comun, cajon 29, 
legajo Monasterio fundacion etc. num. 880) exzerpiert von Próspero Bo- 
farull, Los condes de Barcelona I, 69. 

Zu diesen gehört nicht die Angabe von Pellicer y Pagós (Santa Maria 
de Ripoll, 8. 51): el Scriptorium se extendia en espacioso rectángulo 
junto el ábside del templo, у sus ventanas recibian la luz mitigada etc.; 
denn dies ist nur eine Exemplifikation einer allgemeinen Behauptung 
Egurens (Memoria descriptiva, S. LXXIV), daß das Klosterskriptorium 
jener Zeit bei der Apsis lag. Über die Einzelheiten der Anlage des von 
Ennego aufgeführten Neubaues unterrichtet uns keine überlieferte Quelle, 
noch weniger ein Konstruktionsplan. 

* Villanueva, a. a. O. VIII, 38. 


38 III. Abhandlung: Beer. 


Gerona von 954 bis 970; in diese Zeit füllt also die Arbeit der 
beiden Schreiber, die zum Schlusse neuerdings versichern, daß 
sie dem Ripoller Kloster angehören: Gratias agimus Deo nostro 
qui nos confortavit. Qui legat oret pro scriptores miserrimos 
servos sancte Marie Suniarius presbiter et monachus et Sen- 
deredus levita. Die Eigenart des einer besonderen Gruppe der 
Eugippiuscodices zuzuweisenden Manuskriptes gestattet zur 
Einleitung eines der bereits erschienenen Bände des Corpus 
scriptorum ecclesiasticorum latinorum einen kleinen Nachtrag 
zu liefern. Knöll hat in seiner Ausgabe (Eugippii excerpta, 
Vindobonae 1885) die bekannte Redux-Subscriptio aus der ein- 
zigen Handschrift, in der sie erhalten ist, einem alten San 
germanensis, mitgeteilt und bemerkt Praef. XXIV Anm.: ‚Ean- 
dem subscriptionem etiam in codice Euippii bibliothecae 
S. Mariae Rivipullensis (Ripoll?) in dioecesi Vicensi in Catalonia 
fuisse Petrus de Marca archiepiscopus Tolosanus testis est apud 
Labbeum Diss. hist. de script. eccl. I, 776*, Pierre de Marca hat 
den Rivipullensis offenbar anlüflich jener Studien untersucht, 
deren wir früher gedachten. Doch ist später die ganze Sub 
scriptio aus derselben Handschrift publiziert worden, und zwar 
von Villanueva, Viaje VIII, 38f. Den Verlust der wahrschein- 
lich 1835 beim Brande zugrunde gegangenen Handschrift haben 
wir auch aus dem Grunde zu beklagen, weil die genaue Ver- 
gleichung der Codices selbst die Frage hütte lósen kónnen, ob 
die beiden einzigen Textquellen, die wir für die Redux-Sub- 
scriptio besitzen, von einander unabhüngig sind und aus der 
selben, d. h. wohl italienischen Handschrift flieBen, was ich für 
wahrscheinlich halte, oder ob Suniarius und Sendredus aus 
dem Sangermanensis abschrieben.! Der Rivipullensis kann für 


! Die Varianten, die der R(ivipullensis) dem S(angermanensis) gegenüber in 
der von Villanueva edierten Subscriptio aufweist, können nämlich Än- 
derungen des Herausgebers sein, so gleich in den ersten Zeilen scer- 
torum S, scerptorum R, Egippius S, evipius R, et privatu Redux 8, E: 
prefatus Redux R. Doch gibt es andere Abweichungen, die kaum auf 
Rechnung Villanuevas zu setzen sind, z. B. Constantinopolis agustini 5, 
Constantino РР. (d. В. perpetuo) augusto К, pro aedificatione populi chri- 
stiani S, pro edificatione aeclesiae et populi christiani R, testes sitis 5, 
testans В. Einmal bestätigt R eine Konjektur Mabillons: per confessio- 
nem meritoque beati Januarii S und Knöll, meritaque Mabillon und 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 39 


den Sangermanensis nicht die Vorlage gebildet haben, da 
dieser aus dem 9. Jahrhundert stammt. Der Umstand, daß ein 
und dieselbe Subscriptio sich nur in je einer Handschrift von 
Ripoll und von Saint-Germain erhalten hat, ist übrigens für die 
spätere Geschichte der Bibliothek des Klosters Ripoll im Auge 
zu behalten. 

Eine von Villanueva nicht beachtete Notiz über ein Pro- 
dukt des Ripoller Skriptoriums, die erste auch dem Datum nach 
vollständig präzisierte, hat uns Mabillon aufbewahrt, Annales 
O. S. B. III (1706), 537 (z. J. 958). Er erwähnt hier eine Clau- 
sula adscripta vetusto codici bibliothecae Aniciensis, die fol- 
gendermaßen lautet: Anno incarnationis dominicae DCCCCLVIII 
indictione (L) II. Kalend. Octobris hic codex nuncupatus De- 
eretalia Pontificum Romanorum scriptus est sub (Johanne) papa 
HLothario rege, Borrello marchioni praecipiente Arnulfo prae- 
suli summae sedis Gerundae et cuncta congregatio Riopollensis 
coenobii. Ego Johannes monachus atque diaconus transscripsi, 
non meae voluntatis mendosae, sed lima rectitudinis emendatum 
atque distinctum. 

Eine wührend des Hirtenamtes desselben Abtes und Bi- 
schofs Arnulf von dem Ripoller Mónche Johannes 958 mit be- 
sonderer Sorgfalt ausgeführte Abschrift der Dekretalensammlung 
finden wir also in der Bibliothek der bischöflichen Kirche von 
Le Puy und dieser Umstand mag fürs erste überraschen. Das 
Schicksal der Handschrift ist für die literarischen Beziehungen 
Spaniens und Frankreichs im frühen Mittelalter lehrreich. Wir 
wissen, daß Gotescalcus, Bischof von Le Puy, im Jahre 951 
eine Santiagowallfahrt unternahm und bei diesem Anlasse in 
dem durch seine wertvollen Handschriften bekannten Kloster 
San Martin zu Albelda Gelegenheit hatte, ein Exemplar der 
Schrift von Ildefons De virginitate beatae virginis zu sehen. 
Er bat Gomez, einen Mönch des Klosters, um eine Abschrift, 
und über das Zustandekommen dieser sind wir durch eine 
praefatio des Kopisten unterrichtet, die sich in mehreren Hand- 


В; ein anderesmal eine Vermutung Knölls Deo custodiendo я ж x + 
uobisque seruantibus 8, Deo custodiente uobisque seruantibus Knöll und 
R. Endlich hat R gegenüber der Lesart von S und aller Herausgeber: 
Dei gratia faciente .. . ordinatus das naheliegende fauente. 


40 Ш, Abhandlung: Beer. 


schriften der bezeichneten Schrift erhalten hat. Gomez be- 
richtet, daß Gotescaleus magno comitatu fultus ad finem Galle- 
ciae pergebat concitus, dei misericordiam sanctique Jacobi apo- 
stoli suffragium humiliter imploraturus,! libenter conscripsi libel- 
lum a beato Ildefonso Toletanae sedis episcopo. editum in quo 
continetur laudem (sic) uirginitatis Sanctae Mariae perpetuae uir- 
ginis. Diese Transscriptio sei von Gotescaleus auf seiner Rück- 
reise im Januar 951 mit nach Aquitanien genommen worden. Léo- 
pold Delisle hat gezeigt (Le Cabinet des manuscrits de la Bibl. 
Nat. I, 514 ff.), daß diese von Gotescalcus nach Le Puy gebrachte 
Abschrift identisch ist mit dem zweiten Teile des heute in der 
Pariser Nationalbibliothek aufbewahrten Kodex 2855. Dieses 
Exemplar der Schrift des Ildefonsus ist in westgotischen Cha- 
rakteren, deren besondere Schönheit Delisle rühmt, geschrieben, 
die Provenienz des Kodex aus Le Puy durch das Mittelglied 
der Sammlung Colbert erwiesen; zu diesen Umständen treten 
noch andere, welche jeden Zweifel an der Identifikation aus- 
schließen (Delisle, a. а. О. 515+.). Diese erscheint in mehr 
facher Beziehung wertvoll und man muß bedauern, daß Ewald 
und Loewe keine Probe aus dem nach Ort und Zeit genau 
bestimmten Kodex ihren Exempla eingereiht haben. Ist ja doch 
die Handschrift eine Art von Vorläufer der vom kalligraphi- 
schen Standpunkt aus berühmtesten frühmittelalterlichen Hand- 
schrift Spaniens, des herrlichen Albeldensis oder Vigilianus der 
Konzilien, der reifsten Frucht jener Schreibschule, die niemand 
geringerem als Alfons X. dem Weisen wertvollen literarischen 
Apparat für seine Werke lieferte”? Nun ist zu beachten, daß 
der erlesenen Schreibprobe des trefflichen Albeldenser Skrip- 
toriums in Le Puy eine andere beigesellt wurde, die sieben 
Jahre spáüter in der Ripoller Schule unter Abt Arnulf herge 
stellt worden war. Über die Zeit der Einverleibung sind wir 
allerdings nicht unterrichtet. Es existiert wohl ein alter, dem 
11. Jahrhundert zuzuweisender Katalog der Anicienses, den 


! Also eine Santiagowallfahrt Gotescales mit großem Gefolge, und zwar im 
Jahre 951. In diesem Sinne wäre die Gotescalcus betreffende Notiz in 
Farinellis Nachträgen: Mäs apuntes y divagaciones bibliogräfices sobre 
viajes, Madrid 1903 (aus der Revista de Archivos) 8. 2f. zu ergänzen. 

* Vgl. Handschriftenschätze Spaniens, 5. 50. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 41 


Delisle herausgegeben und erläutert hat (a. а. О. III, 443 ff.), 
aber dieses Verzeichnis ist unvollständig und Delisle hat schon 
darauf aufmerksam gemacht, daß gerade die Mehrzahl der 
theologischen und juridischen Handschriften in der Liste fehlen. 
Es ist nicht unmöglich, daß Gotescalcus die Handschrift sofort 
nach ihrer Vollendung bezog, da er 958 noch lebte und Arnulf 
gleichfalls noch zu jener Zeit Abt von Ripoll und Bischof von 
Gerona war. 

Auf diese letztgenannte Würde wäre im vorliegenden Falle 
Nachdruck zu legen. Charles Rocher hat in einer durch reich- 
haltige Urkundenbeilagen wertvollen Schrift: Les rapports de 
l'église Du Puy avec la ville de Girone en Espagne, Le Puy 
1818, eine Frage behandelt, die hier nicht unberücksichtigt 
bleiben kann. Durch die von Fidel Fita beigesteuerten Aus- 
züge aus den Kopialbüchern der Kathedrale von Gerona wird 
nachgewiesen, daß zwischen dieser Kirche und der von Le Puy 
innige Beziehungen aufrecht erhalten wurden, für welche ‚die 
christliche Gemeinschaft das überzeugende Vorbild, das antike 
Diptychon das Symbol‘ darstellte. Die Tradition läßt eine Art 
Bruderschaft bis in die Zeit Karls des Großen zurückreichen, 
der rege Verkehr der Canonici der beiden Kirchen wird im 
15. Jahrhundert urkundlich mit dem Hinweis darauf bezeugt, 
daß die Hermandad seit langen Zeiten bestehe. Da ist denn 
auch für das commercium litterarum ein zeitlich großer Spiel- 
raum gegeben; aber angesichts der vorliegenden Daten hindert 
nichts, den Export der Handschrift noch in die Zeit des Hirten- 
amts Arnulfs zu setzen. 

Wir dürfen diese Zeit als eine Art Vorbereitung zur eigent- 
lichen Glanzperiode des Klosters bezeichnen. Arnulf selbst trat 
als Ripoller Abt (gewählt 948) bereits reiches Erbe an. Im 
Jahre 988 erläßt Ludwig IV. (Transmarinus) ein Ргаєвсгірі 
zugunsten des Klosters Ripoll (Marca Hisp. app. LXXIV, 
со]. 8498.) auf Ansuchen eines Mönches des Klosters von San 
Cucufate, namens Godmarus; in dieser Urkunde werden die 
selbständigen Rechte Ripolls, speziell die Güterrechte bestätigt 
und wir erfahren, daß das Kloster schon damals nicht nur über 
ausgedehnten Grundbesitz in der Umgebung der Siedelung 
selbst, sondern auch in den Grafschaften Barcelona, Gerona, 
Besalú, Огре], Cerdaña, Conflent (Roussillon) und in dem Berga- 


42 111. Abhandlung: Beer. 


gebiete verfügte. In dasselbe Jahr wird auch eine Bulle des 
Papstes Leo VII. gesetzt (Marca Hisp. app. LXXV, col. 851, Jaffé? 
3611), die man schlechtweg einen titulus gloriae für Ripoll und 
speziell für Arnulf nennen könnte, wenn sie einwandfrei über- 
liefert würe. Unangefochten in Gesamtinhalt und Ausfertigung’ 
ist dagegen das an Arnulf und deren Nachfolger gerichtete 
Privilegium Agapits II. vom Jahre 951 (Jaffé? 3654), in der 
Ripolls Gerechtsame neuerdings in feierlicher Weise bestätigt, 
die Freiheit der Abtwahl sowie die Unabhüngigkeit der Coeno- 
biten von weltlichen Gerichten gewührleistet werden. Man wird 
nicht fehlgehen, wenn man dieses Privileg mit einem auch für 
die vorliegende Untersuchung zu beachtenden Umstand in Zu- 
sammenhang bringt, auf den bereits Mabillon (AOSB. III, 514) 
hingewiesen hat, den aber die spüteren Darstellungen des 
Lebens und Wirkens Arnulfs merkwürdigerweise unberück- 
sichtigt gelassen haben (so Villanueva, Viage XIII, 56—65; 
Ant. Merino, España Sagrada XLII, 130ff.; desgleichen Pel- 
licer y Pages 49ff.). Arnulf war 951 in Rom; das dürfen wir 
(mit Mabillon) aus dem Satze eines gleichzeitig an ,Soniarius 
Crassensis abbas‘ (Mon. S. Mariae, Carcassone) gerichteten 
Privilegs Agapits (Jaffe? 3656): Igitur quia per vestrum lega- 
tum, videlicet Arnulfum humilem abbatem postulastis a nobis 


1 Filius noster Arnulfus venerabilis Abba in monasterio admodum reverendi 
vocabuli Riopollensis . . . heißt es dort... ubi beatissimi Benedicti domni 
nostri videtur ordo servari, cuius regularem traditionem auctoritate prae- 
decessorum suorum tenere cum suis fratribus inibi militantibus videtur.‘ 
In den Regesta pontificum erscheint die Bulle nicht unter die spuria 
eingereiht, es ist auch dem betreffenden Auszug keine Bemerkung bei- 
gefügt, aber schon Villanueva hatte gezeigt (Viaje VI, 137; VIII, 6; 
am eingehendsten XIII, 51 ff), daß 938 weder Arnulf noch einige der 
anderen in der Bulle genannten Bischöfe die ihnen hier zugewiesenen 
Würden bekleideten. Ohne die Urkunde direkt als apokryph zu er- 
klären, meint Villanueva, daß unter Leo VII. der Text zwar entworfen, 
aber mindestens erst zwölf Jahre später unter Vornahme der nötig gë- 
wordenen Änderungen endgültig ausgefertigt wurde (vgl. weiter unten). 
Bedenken erregen jedoch gewisse Einzelheiten der überlieferten Text- 
rezension (aus einem der heute verlorenen Kartulare Ripolls zuerst 
ediert von Marca Ap. Nr. LXXXIX, col. 867f.), wobei allerdings nicht 
jene skandalösen Fehler gemeint sind, die den Abdruck М. 133, 907 
entstellen. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 43 


quatenus monasterium supra dietum confirmaremus als sicher 
erschließen. 

Inwieweit die Anwesenheit Arnulfs in Rom zur endlichen 
Ausfertigung der früher erwähnten, für ihn so ehrenvollen Bulle 
Leo VII. beigetragen hat, soll hier nicht untersucht werden; ! 
wohl aber ist der Hinweis am Platze, daß der Abt von Ripoll 
auf italienischem Boden Gelegenheit fand, für Bereicherung der 
Handschriftensammlung des Klosters zu sorgen. Man denkt 
zunächst an den bereits besprochenen sub potestate et dominio 
domni Arnulphi episcopi vel abbatis geschriebenen Eugippius- 
kodex, der, wie angedeutet wurde, möglicherweise auf ein ita- 
lienisches Original zurückgeht. Dieser Ansicht ist auch Villa- 
nueva, aber wenn er meint (Viage VIII, 38): Parece que la 
copia se hizo de otro que habia en la catedral de Näpoles, so 
stellt er sich die Sache doch zu einfach vor. In den beiden 
früher mitgeteilten Einzeichnungen wird die von Suniarius und 
Sendredus angefertigte Abschrift zweimal als Erzeugnis des 
Ripoller Skriptoriums bezeichnet — wir müssen also annehmen, 
daß den beiden Kopisten in Ripoll selbst eine nach dem Redux- 
Exemplar hergestellte Vorlage zur Verfügung stand, was auch 
für die Sangermanenser Abschrift gelten mag. Die Abschrift 
erfolgte nach Arnulfs Romreise, und zwar mindestens drei Jahre 
später, da er schon episcopus vel abbas genannt wird und erst 
954 zum Bischof der Gerundenser Diözese gewählt wurde. 

Nach Neapel weist auch das Exemplar der Vita Nicolai 
des Johannes Diaconus servus S. Januarii hin, das sich in einem 
heute verlorenen Kodex der Bibliothek Ripolls befand (Villa- 
nueva VI, 36, Nr. 57 des Rivaskatalogs). Johannes Diaconus, 
der an der Januariuskirche zu Neapel wirkte, schrieb zu Be- 
ginn des 10. Jahrhunderts und es ist leicht möglich, daß Arnulf, 
auf das von Johannes verfaßte Heiligenleben aufmerksam ge- 
macht, anläßlich seiner Romreise eine Abschrift nehmen ließ; 
diese mit dem erwähnten Rivipullensis zu identifizieren, geht 


! Betreffs des Zeitpunktes der Ausfertigung entscheidet Villanueva, Viage 
XIII, 52 ‚no es del ano 938, sino muy posterior‘ und bestimmt dann den 
Zeitraum mit Rücksicht auf die in der Bulle genannten kirchlichen Wür- 
denträger: ‚La coexistencia de todos estos Prelados no se verifica sino 
desde 949 А 956‘. In diesen Zeitraum fällt nun eben die Romreise 
Arnulfs. 


44 Ш. Abbandlung: Beer. 


allerdings nicht an. Wir erfahren aus Villanuevas und Rivas 
Beschreibung, daß sie außer der erwähnten Vita u. a. noch die 
Evangelienhomilien Baedas, ein Bruchstück von Einhards Vita 
Caroli, Lectiones zu Ehren der Märtyrer und Heiligen und 
dazwischen (fol. 15b) das Gedicht enthielt, welches Abt und 
Bischof Oliva ({ 1046) zum Preise des Klosters Ripoll verfaßt 
hatte. War das Gedicht gleichzeitig mit dem übrigen Inhalt 
der Handschrift geschrieben, so kann diese natürlich nicht aus 
einer früheren Zeit stammen, als Villanueva angibt — Beginn 
des 11. Jahrhunderts. Andererseits kann aber das kleine Poem. 
wie dies ja oft geschah, auf ein freies Blatt später eingetragen 
worden sein; und damit würde stimmen, daß Rivas, dem die 
Zeit der Schriftstellerei Olivas gewiß bekannt war, das Manu- 
skript ins ,10. oder 11. Jahrhundert‘ setzt. Wie dem auch sein 
mag, als sicher können wir annehmen, daß zur Herstellung 
solcher Mischhandschriften, wie die eben erwähnte, einzelne 
Stücke bereits im Skriptorium Ripolls zum Zwecke der Auf 
nahme in größere Sammelbünde! bereit lagen, d. h. eben jene 
Quaterniones mit Einzelschriften, deren auch in dem alten 
Kataloge wiederholt ausdrücklich gedacht wird. Es gibt uns 
dies Anlaß zu einer allgemeinen Bemerkung, die für die ge 
nauere Kenntnis der mehr oder minder intensiven literarischen 
Sammeltätigkeit der einzelnen Äbte nicht ohne Wichtigkeit ist. 
Die Epoche Olivas (1002—1046) bildet auch in dieser Bezie 
hung die Glanzzeit in der ganzen tausendjährigen Geschichte 
von Santa Maria; aber der große Abt war, auch was das lite- 
rarische Klostergut anlangt, ein reicher Erbe; dafür sprechen 
alle Zeugnisse über das Wachstum der Bibliothek, die bisher 
angeführt wurden, ebenso auch die einfache Erwügung, dab 
Abt Oliva und sein Namensvetter, der Mönch — die beiden 
bekanntesten Schriftsteller des Klosters im frühen Mittelalter 
— in den bereits vorhandenen literarischen Schützen der Abtei 
erlernten, was sie später praktisch betätigen sollten. So müssen 
denn sowohl Abt Arnulf wie dessen Nachfolger Windiselus 


1 Oder auch zur Umarbeitung, wie der Bericht des Arnallus Scholasticus 
über seine Vorlage beweist: Allata est nuper in manibus meis quaedam 
scedula premonstrans Beati Stephani . . . translationem, cod. Riv. 40, 
fol. 1", vgl. weiter unten. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 45 


(970--999) und Seniofredus (979—1008) іп ersprießlicher Weise 
für die Bereicherung der Klosterbibliothek gewirkt haben, eine 
Annahme, die auch durch andere Indizien gestützt wird. Pel- 
licer у Pages berichtet in seiner mehrerwähnten Geschichte 
des Klosters (S. 51), daß die Bibliothek Ripolls zu Beginn 
des 11. Jahrhunderts nach dem Tode des Abtes Seniofredus 
121 Bände zählte. Ich finde diese Nachricht anderweitig nicht 
bestätigt, sie hat aber innere Wahrscheinlichkeit und auch Ri- 
vas, der die Zuwachsverhältnisse der Sammlung genau kannte, 
meint in einer noch zu veröffentlichenden Appendix zu seinem 
Kataloge ‚es de creer que se aüadiesen muchos más en tiempo 
del dicho Abad‘. Wir haben also eine ungestört aufsteigende 
Entwicklung der Klosterbücherei anzunehmen; wenn diese nach 
dem Tode Olivas etwa 240 Stücke umfaßte, so ergibt sich aus 
dem Gesagten, daß ein sehr erheblicher Teil der Sammlung 
bereits vor dem Hirtenamt Olivas vorhanden war. Welch füh- 
rende Rolle in der Frühzeit der Entwicklung Ripolls dem Abte 
Arnulf zukam, wurde bereits angedeutet; sein ausgedehntes, 
gewissenhaftes Wirken als Abt und Bischof geht aus zahlrei- 
chen, hier übergangenen Einzelheiten der oben (S. 42) zitierten 
Biographien hervor. Ausdrückliche Erwähnung verdienen seine 
tatkräftigen Bemühungen um den Neubau des Klosters, dessen 
Abschluß er freilich nicht mehr erleben sollte. Aber der an- 
läßlich der dritten Einweihung der Kirche ausgefertigte Akt: 
Acta dedicationis eeclesiae monasterii Rivipullensis A. 977 (Marca 
Hispanica, App. Nr. CXXIII, col. 911—919, aus einem Kartular 
des Ripoller Klosters) gedenkt ausdrücklich dieser Bestrebun- 
gen Arnulfs, des venerandus Abbas, vir per cuncta laudandus; 
Abt Oliva nennt in dem eben erwühnten Carmen Arnulf den 
ersten eigentlichen Gründer der damaligen Kirche: 


Est hie et Arnulphus harum qui prima domorum 
Moenia construxit primus fundamina !) iecit 
Sedis et egregiae praesul rectorque Jerundae 


und die Brevis historia monasterii Rivipullensis a quodam mo- 
nacho Rivipullensi scripta anno Christi MCXLVII (‚ex veteri 


! So Villanueva im Abdruck des ganzen Gedichtes VI, 306 f., im Zitat VIII, 
7 fundamenta. 


46 ПІ, Abhandlung: Beer, 


содісе Ms. monasterii Rivipullensis‘, herausgegeben von Baluze 
App. Nr. ССССТУ, col. 1295 ff.) gedenkt nicht nur des Neu- 
baues, sondern auch der Bemühungen Arnulfs um strenge Be- 
obachtung der Mönchsregel — daraufhin sind nämlich die etwas 
mißverständlichen Bemerkungen dieses ältesten Verfassers der 
Klostergeschichte, vielleicht des ältesten Historiographen Каїа- 
loniens überhaupt, über die Einführung der Klosterregel durch 
Arnulf zurückzuführen.! 

Diese Andeutungen über den 970 gestorbenen, ‚in jeder 
Beziehung des Lobes würdigen‘ Abtes Arnulf mußten gemacht 
werden, um das Verständnis einer für Kataloniens Geistes- 
geschichte im allgemeinen und, wie wir nachzuweisen hoffen, 
speziell für die entsprechende Würdigung der alten Ripoller 
Bibliothek wichtigen wissenschaftlichen Mission anzubahnen, an 
die man fürs erste hier freilich nicht denken würde: ich meine 
die Studienreise Gerberts von Aurillac (Silvester II.) nach Spa- 
nien im Jahre 967. 

Seitdem Büdinger — vor mehr als einem halben Jahr- 
hundert — mit gewohnter Gründlichkeit Gerberts Aufenthalt 
in Spanien aus den Quellen dargestellt hat,* sind wir in der 
Kenntnis dieser für Gerberts Ausbildung entscheidend wich- 
tigen Periode auch nicht um einen Schritt weiter gekommen, 
wührend andere, Gerberts Leben und Forschen betreffende 
Fragen teils durch Ausgaben seiner Schriften, so von Ölleris,? 
J. Havet,* Nic. Bubnov, teils durch Untersuchungen von Prantl,’ 


! Da diese Klostergeschichte wiederholt bei den nachfolgenden Unter- 
suchungen herangezogen werden wird, sei schon jetzt auf den Umstand 
hingewiesen, daß der Verfasser zu seiner Darstellung die Urkunden Ri- 
polls benützte, was auf seine Arbeitsweise kein schlechtes Licht wirft. 
Er kennt die Privilegien Leo VII. und Agapit IL, benützt insbesondere 
genau die soeben erwähnten Acta dedicationis, so daß die beiden Texte 
manchmal wörtlich übereinstimmen und durch Vergleichung gegenseitig 
emendiert werden können. 

Über Gerberts wissenschaftliche und politische Stellung, Habilitations- 
schrift, I. Abteilung (mehr nicht erschienen), Kassel 1851. 

Oeuvres de Gerbert, Clermont-Ferrand et Paris 1867. 

Lettres de Gerbert (983—997) publ. avec une introduction et des notes 
par Julien Havet, Paris 1889. 

5 Gerberti Opera mathematica. Berolini 1899. 

6 Geschichte der Logik im Abendlande II, 53 f. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maris de Ripoll. I. 47 


Karl Werner, Alfred Nagl? Н. WeiBenborn? u. a. mehrfach 
Klärung fanden.* 

Es erscheint darum ratsam, das Wesentliche dessen, was 
uns unverdächtige Quellen über Gerberts spanische Mission 
sagen, zu überprüfen: 

Richerus, Mönch von Sanct Remigius zu Rheims, berichtet 
im 3. Buche seiner Historien (c. 43 s.):° ‚Gerbertus . . Aquitanus 
genere in coenobio sancti confessoris Geroldi a puero altus et 
grammatica edoctus est. In quo utpote adolescens cum adhuc 
intentus moraretur, Borrellum citerioris Hispaniae ducem orandi 
gratia ad idem coenobium contigit deuenisse. Qui a loci abbate 
humanissime exceptus post sermones quotlibet an in artibus 
perfecti in Hispaniis habeantur sciscitatur. Quod cum 
promptissime assereret ei mox ab abbate persuasum est ut 
suorum aliquem susciperet secumque in artibus docendum du- 
ceret. Dux itaque non abnuens petenti liberaliter fauit ac 
fratrum consensu Gerbertum assumptum duxit atque Hattoni 
episcopo instruendum commisit. Apud quem etiam in mathesi 
plurimum et efficaciter studuit. Sed cum diuinitas Galliam iam 
caligantem magno lumine relucere uoluit predictis duci et epi- 
scopo mentem dedit ut Romam oraturi peterent. Paratisque 
necessariis iter carpunt ac adolescentem commissum secum de- 
ducunt. Inde Urbem ingressi... papam adeunt... (сар. 44). 
Nec latuit papam adolescentis industria simulque et discendi 
uoluntas. Et quia musica et astronomia in Italia tunc penitus 


! Gerbert, Wien 1879. 

З Gerbert und die Rechenkunst des 10. Jahrhunderts, Bd. CXIV (1888) 
dieser Sitzungsberichte, 8. 861—922. 

3 Gerbert, Berlin 1888. — Zur Geschichte der Einführung der jetzigen 
Ziffern in Europa durch Gerbert, Berlin 1892, 

* Foulché-Delbosc hat in seiner Bibliographie de Voyages en Espagne et 
en Portugal, Revue Hispanique III, 1896, welche dem Studium der spa- 
nischen Kulturgeschichte neue, fruchtbare Ausblicke eröffnete, Gerberts 
spanische Reise — in ihren Ergebnissen wohl die bedeutendste für die 
Geschichte der Wissenschaften im Mittelalter — nicht erwähnt. Fari- 
nellis Umsicht ist diese Lücke nicht entgangen, er hat in seinen ein- 
schlägigen Nachträgen: Apuntes sobre viajes, Oviedo 1899, 5.3, Anm. 2 
Gerberts Fahrt kurz notiert, als Quelle für diese jedoch Havets Ausgabe 
der Briefe, nicht Richers Bericht angegeben. 

* Mon. Germ. Script. III (1838), 616 f. Zu vergleichen ist die kommentierte 
Wiedergabe dieser Stelle in Bubnovs eben zitierter Sammlung 376 f. 


48 111, Abbandiung: Beer. 


ignorabantur mox papa Ottoni regi Germaniae et Italiae per 
legatum indicauit illuc huiusmodi aduenisse iuuenem qui mathe- 
sim optime nosset suosque strenue docere ualeret. 

Dem aufmerksamen Leser entgeht es nicht, welch hohe 
Bedeutung der Bericht dem Aufenthalt Gerberts in Spanien 
beimißt und wie die Möglichkeit, dort wissenschaftliche Studien 
zu betreiben, förmlich ins Relief gesetzt wird, gegenüber den 
fränkischen und italienischen Landen, wo es an einer solchen 
Gelegenheit gebrach. Die Frage des Abtes von Aurillac, ob 
es in Spanien Münner gebe, die in den artes (natürlich den 
liberales) vollkommen bewandert seien, konnte Graf Borrell II. 
von Barcelona ‚promptissime‘ bejahen. Nachdem Gerbert bei 
Hatto, Bischof von Vich, ‚viel und erfolgreich‘ mathematische 
Studien betrieben hatte, erscheint er mit diesem und dem Grafen 
von Borrell auf italienischem Boden, wo ‚Musik und Astronomie 
vollständig unbekannt waren‘, wird als Jüngling gerühmt, der 
die Mathematik ganz vortrefflich beherrsche und einen vorzüg- 
lichen Lehrer für dieses Fach abgebe. 

Den Verdacht, daß Richer sich zugunsten seines Meisters 
eine Übertreibung habe zuschulden kommen lassen, entkräftet 
die tatsächliche Bedeutung Gerberts, des ‚Leibniz des zehnten 
Jahrhunderts‘. So mag unser Gewährsmann auch die Studien- 
verhältnisse der erwähnten Lande, genauer ausgedrückt, die 
Mittel und Möglichkeiten zum Erlernen bestimmter Wissens- 
zweige objektiv skizziert haben; das ist denn auch von der 
neueren Forschung zugegeben worden. Es steht fest, daß Ger- 
bert bei Bischof Hatto von Vich so reichlich Gelegenheit zur 
Ausbildung in der Mathematik fand wie zu jener Zeit kaum 
anderswo. Dem Wirken dieses Kirchenfürsten, der 971 als 
Bischof von Gerona durch Mörderhand fiel, hat Büdinger eine 
Schilderung gewidmet, die zeigt, daß Hatto die Interessen seiner 
Stellung und seiner Diözese eifrig und erfolgreich zu vertreten 
wußte, und der wir hier nichts hinzuzufügen haben. Büdinger 
hat auch mit dem ihm eigenen Scharfblick den Kernpunkt der 
Frage nach Gerberts Studien bei Hatto erkannt und außer 
dem politischen Wirken auch die Stellung Hattos in der Wis 
senschaft zu ermitteln gesucht, gerade hier aber eine Enttäu- 
schung erfahren. ,Über die Ausbildung und etwaige Schriften 
dieses für Gerberts wissenschaftliche Stellung so wichtigen Man: 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 49 


nes habe ich aber leider keine Angabe gefunden‘ (a. а. O., 
S. 19). 

Obwohl nun Büdinger sich vornehmlich auf die in der 
Marca Hispanica und der Espana Sagrada veröffentlichten bio- 
graphischen Daten über die Bischöfe und Äbte der Mark stützte 
und — zu seinem und seiner Nachfolger Schaden — die ein- 
schlägigen Ergänzungen in Villanuevas Viaje unberücksichtigt 
ließ; obwohl ferner in den letzten Dezennien manches neue 
hierauf bezügliche Material zutage gefördert wurde, so müssen 
wir jene negative Schlußfolgerung auch heute noch unterschrei- 
ben! Den Mangel an Nachrichten über die Hauptfrage, wo 
eigentlich Gerbert die wissenschaftliche Anregung fand, hat 
Büdinger auch empfunden und nennt zunächst unter деп Män- 
nern, die eine solche gegeben haben mochten, Bonifilius von 
Gerona, an den ein bald nach dem Tode Otto II. geschriebener 
Brief Gerberts (Ep. 25) gerichtet ist. 

Der Adressat wird in der Briefaufschrift ausdrücklich Bi- 
schof von Gerona genannt (Bonifilio episcopo Gerundensi); er 
läßt sich aber in den bisher veröffentlichten Bischoflisten dieser 
Stadt nicht nachweisen. Büdinger sah sich daher veranlaßt, 
eine Lücke zwischen dem Tode des Grafen Miro, der seit etwa 
910 Bischof von Gerona war, und dem Bischof Godmar IIl., 
der 987 als Beisitzer im Gerichte des Grafen von Barcelona 
erscheint, anzunehmen und in diese Zeit das Kirchenamt des 
Bonifilius zu setzen. Mit Rücksicht auf das in dem Briefe ent- 
haltene Ansuchen, daß Bonifilius für den Erzbischof von Rheims 
das Werk des Joseph Hispanus (Sapiens) de multiplicatione et 
divisione numerorum verschaffen möge, schließt Büdinger, daß 
‚Bonifilius den Wissenschaften nicht fremd gewesen sein muß‘. 
Noch weiter geht Karl Werner (a. a. О. 38), der annimmt, daß 
Bonifilius ‚zweifelohne zu den Lehrern Gerberts gehörte‘. Wir 
stehen also vor einer Frage, die für die Gerbert in Spanien 
gewordene Ausbildung von Wichtigkeit sein kann und zur 
Lösung reizt. Diese ist von den späteren Forschern nicht ge- 


! Daß Perez Bayer in Nicol. Antonio, Bibl. Hisp. vet. II, 379, Hatto den 
Mathematikern beizühlt, ist mir nicht entgangen; dies geschieht jedoch 
in einer Notiz, die, ganz auf unzuverlässigen Quellen fußend, des monu- 
mentalen Werkes unwürdig ist. 

Sitzungsber. d. phil,-hist. Kl. 155. Bd. 3. Abh 4 


50 Ш, Abhandlung: Beer. 


boten worden. Havet (a. а. О. 19) meint ähnlich wie Büdinger, 
der Episkopat dieses Kirchenfürsten ‚doit se placer entre celui 
de Miron, mort avant 984, et celui de Godmar ПІ, évéque en 
985‘; ihm schließt sich auch Bubnov (a. а. О. 102, Anm. 15) an: 
(Bonifilii) episcopatus ad a. 984 est referendus: initio enim a. 954 
Miro, decessor eius, mortuus esse uidetur! und erwähnt, daß 
Colombier, eine neue Führte weisend, in der Gallia Christiana 
(VI, 20) einen gewissen pote Romanum qui et Boni 
filius‘ gefunden habe (Colombier, Regestum de Gerbert, Études 
réligieuses IV, 306); am resigniertesten urteilt Weißenborn 
(Zur Gesch. d. Einf. d. jetz. Ziffern 78): ‚Wahrscheinlich hat 
der Kriegssturm den Bischof Bonifilius von Gerona, den Josef 
Sapiens und dessen Büchlein weggefegt‘. 

Die Sache steht aber nicht so schlimm; man hat eine 
Stelle aus dem ,Cartoral de Carlo Magno‘ genannten Kopial- 
buch der Kirche Gerona übersehen, die Villanueva in seinen 
Nachtrügen zu den früheren Bischoflisten Viage XIII, 13 
mitteilt, und die vollständige Klarheit über die Bonifiliusfrage 
verbreitet. Eine in dem Kopialbuch enthaltene Urkunde be 
richtet, daß der Priester Giscafredus im Jahre 983 (oder 984) 
über ein ihm gehöriges Grundstück in dem Orte Vulpiliaco 
verfügte und bestimmte: post obitum meum remaneat ad iam 
dicta ecclesia (sic, die Kathedrale von Gerona) et Domno Мігопе 
Episcopo quem vocant Bonofilio et successoribus suis. Villa- 
nueva bemerkt hierzu: ,Este apellido б sobrenombre Bonofilio 
ni era patronimico ni de familia, y si la copia del cartoral no 
nos епрайа, pudo ser un apodo 6 dictado familiar con que 
fuese conocido desde nino.! Bonifilius und Miro sind also ein 
und dieselbe Person, die Bischofliste von Gerona bleibt durch 
den mehrerwühnten Adressatennamen unberührt, denn dieser 
ist ein Zuname, wenn man will, ein Spitzname, und das stimmt 


! Villanuevas Bedenken (si la copia no nos епрайа) sind unbegründet, da 
gerade Bonifilius ein wiederholt vorkommender Zuname war; vgl. in des 
von Villanueva selbst veröffentlichten Akten vom Jahre 986 und 937 
(also aus derselben Zeit): Ennego que vocant Bonofilio (Viage VIII, 27! 
und 982). Über Adaleiz ,llamada Bonafilia‘, Tochter des Grafen von 
Barcelona Suniarius, vgl. Bofarull, Los condes I, 131 f. Pellicer y Pagés 
a. а. О. 66 u. 105 nennt den Bischof schlechthin ,Miron Bonoälio‘, ohne 
xu sagen, woher ihm der Beiname bekannt wurde. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 51 


ja vortrefflich zum Stil des Driefes an einen vertrauten Freund.! 
Die sich sofort daraus ergebende Frage betrifft nun Bischof 
Miro, den ‚Lehrer‘ Gerberts.” Die zur Verfügung stehenden 
Quellen wissen Rühmliches über Miros — wie Hattos — kir- 
ehenpolitisches Wirken zu berichten, über ihre Beziehungen 
zur Literatur und Wissenschaft schweigen sie völlig. Miro hat, 
wie dies bei einem Manne seiner Stellung als selbstverständ- 
lich vorauszusetzen ist, Bücher besessen; in welchem Verhältnis 
er aber zu diesen stand, zeigt ziemlich deutlich sein Testament, 
das zuerst Bofarull y Mascaró, Los Condes de Barcelona I, 
J8ff, neuerdings Francisco Monsalvatje y Fossas in den Noti- 
eias históricas, Besalú, su historia etc. Olot 1899, I, 238 ff. ver- 
öffentlicht hat. Die im Jahre 979 errichtete letztwillige Ver- 
fügung bestimmt zunächst, daß Miro, der Graf von Besalü war, 
in Ripoll begraben werden solle: ‚In primis ad domum S. Marie 
cenobii situm in valle Riupullo ubi corpus meum quiescat... 
donare faciatis ... alodes meos‘ und ordnet am Schluß einer 
langen Reihe von Legaten an: donare faciatis aurum meum . . . 
anulos, sigillos, cintorium ... vasis, palleis, libris id est missale 
et ornamentum S. Michaelis et S. Gelasii . . . et quantum invenire 
potueritis de jeneris librorum totum ad S. Petrum et S. Primum 
(es ist S. Pedro von Besalú). So spricht der gräfliche Bischof, 
der Grandseigneur, dem Gold, Ringe, Siegel wichtiger sind als 
die Bücher (quantum de jeneris librorum, lautet der bezeich- 
nende Ausdruck), nicht der wirkliche Bibliophile. Wenn Ger- 
bert den Bischof Miro um Beschaffung einer kleinen Schrift 
ersucht, so wendet er sich an den mächtigen Kirchenfürsten, 
nieht an den an der Sache direkt beteiligten Sammler. 

Haben wir also davon abzusehen, Hatto oder Miro, wie 
man dies wollte, zu den spanischen Lehrmeistern Gerberts zu 
rechnen, so schließt das natürlich nicht aus, daß in den Bücher- 
sammlungen der Diözesen dieser Bischöfe sich sowohl einschli- 
giges Material wie auch verstündige Verwalter der Lehrmittel 
finden mochten, welche die für Gerbert gewünschte und aus- 


* Dasselbe gilt vom ‚Lupitus‘ Barcinonensis. 

* Wertvolle Beiträge zu seiner Biographie bei Villanueva, Viage XIII, 
64—78. Miro, 970—984 Bischof von Gerona, war vierter und jüngster Sohn 
des gleichnamigen Grafen von Barcelona, der 929 starb. Das Original des 


Testaments befand sich im Ripoller Archiv; vgl. Bofarull y Mascaró a. a. O. 
4* 


59 ПІ. Abhandlung: Beer. 


drücklich zugesicherte wissenschaftliche Förderung zu bieten 
imstande waren. In erster Linie denkt man wohl an die Biblio- 
thek der Kathedralkirche zu Vich, welcher Bischof Hatto vor- 
stand, eben derselbe, dessen Obhut Gerbert vom Abte von 
Aurillae anvertraut worden war. Die Bücherbestände dieser 
Kirchenbibliothek sind uns seit alter Zeit genau bekannt; ein 
Dezennium vor Gerberts Ankunft in Spanien wurde (nach dem 
Tode des Bischofs Wadamirus, 957) ein Inventar der Kathedral- 
bibliothek angelegt, das 53 Bände verzeichnet; diese enthielten 
Bibeltexte, liturgische Schriften, nur wenig Patristisches — der 
im Inventar verzeichnete Isidor I. barg vielleicht den liber sen- 
tentiarum (vgl. Villanueva VI, 70) — aber auch nicht einen 
einzigen Text, der nach damaligen Begriffen dem Studium der 
artes hätte dienen können. Das darf nicht überraschen. Die 
Kathedralkirche war dem äußeren Kult geweiht, das Studium 
hingegen oblag den Mönchen der Klöster, die hierin die Vor- 
schriften der Regel Benedikts mehr oder minder gewissenhaft 
befolgten. Sehen wir mit Recht in den Bücherverzeichnissen sol- 
cher Stifter ein Bild des geistigen Lebens, das in ihnen pulsierte, 
so steht Ripoll in der ganzen Diözese Hattos an erster Stelle 
und überragt, wenn wir das mehrfach erwähnte Oliva-Inventar 
als Grundlage des Vergleiches heranziehen, weitaus die anderen 
kirchlichen Gründungen, die hier etwa in Frage kommen können, 
wie z. B. die Büchersammlungen in den Klöstern des Mont- 
serrate, in San Juan de las Abadesas, 8. Cucufate de Valles, 
oder in der Vicenser Kathedrale (vgl. oben), denn diese hat sich 
nach der Anlage des ersten Inventars in ihrer wesentlichen 
Zusammensetzung nicht geändert. Es wuchs dort im Laufe 
der Jahrhunderte viel patristisches, noch mehr kanonistisches 
Material hinzu; was an alten Handschriften aus diesem Rahmen 
herausfällt, ist ein Vergil und ein Horaz, letzterer heute ver- 
loren. Die Bibliothek besaß keinen Boöthius, keinen Donat, 
nicht einmal einen kleinen Priscian. Das geht deutlich aus 
der Liste hervor, welche Gotthold Heine im Serapeum УШ 
(1847, S. 90f.) veröffentlichte; auch die Beschreibungen, die 
ich vor Jahren in Vich selbst vornahm und die sonst manche 
schätzenswerte Ergänzungen gewinnen ließen, haben nur dazu 
beigetragen, das Urteil über die Dürftigkeit der Bibliothek an 
Lehrtexten der gekennzeichneten Art zu bestätigen. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll, 1. 53 


Anders steht es um die Bibliothek von Ripoll. 

Wenn Graf Borrell in Aurillac gefragt wurde, ob in Spa- 
nien die Möglichkeit geboten sei, Jünglinge in artibus zu unter- 
weisen, so gibt der etwa zwei Menschenalter nach dem Auf- 
enthalt Gerberts verfaßte Katalog der Bibliothek des Klosters 
Ripoll den dokumentarischen Beleg für die Richtigkeit der ent- 
schieden bejahenden Antwort. In jenem Verzeichnis findet 
sich nämlich eine eigene, in keinem Handschriftenkatalog Kata- 
loniens wiederkehrende Abteilung, die der Libri artium, in 
welcher vier Exemplare des Donat, zwei des Priscian, ebenso 
viele Priscianellos (d. Б. Handschriften des sogenannten Priscia- 
nus minor), Dichter, Abhandlungen über Logik, ferner unter 
anderem auch der Kommentar des Macrobius zu Ciceros som- 
nium Scipionis erscheinen; dieser enthält, wie bekannt, іп ein- 
zelnen Teilen auch Beiträge zur Astronomie und Geometrie, 
ein Umstand, auf den wir noch zurückkommen. Es ist dies 
ein Apparat zum Unterricht in den artes, wie wir ihn weder 
in jenen noch in späteren Zeiten für irgend eine Kirchen- oder 
Klosterbibliothek Spaniens feststellen können. Die Lösung der 
Frage, inwieweit Gerbert diesen Apparat für seine Studien 
nützen konnte, ergibt sich wohl am einfachsten durch einen 
Blick auf die Werke, die er für seine eigenen Studien heran- 
gezogen hat. Da er zunächst in mathesi ausgebildet werden 
sollte, so dürfen wir mit seiner Schrift de geometria beginnen. 
Er selbst nennt als Quellen die arithmetica institucio des Воб- 
thius, eben desselben Kommentar zu den Kategorien des Ari- 
stoteles, einige Schriften des Augustinus; ferner wissen wir, 
daß er neben anderen gelegentlich benützten Quellen die eben 
genannte Erläuterung des Macrobius zum Somnium Seipionis, 
dann die Etymologien Isidors sowie ein Corpus der Gromatici 
veteres zur Abfassung seines Traktats herangezogen hat.! 

Die Arithmetik des Boéthius ist im alten Ripoller Katalog 
nieht ausdrücklich verzeichnet, aber der ,Boéthius', der nach 
dem Macrobius unter den libri artium folgt (Nr. 193), deutet, 
nachdem die logischen Kommentare dieses Autors genannt wur- 
den,wohl auf die Arithmetik hin; ja, es dürfte auch ein zweites 


! Näheres hierüber in den Anmerkungen zu der von Bubnov besorgten 
Ausgabe a. a. О. 48 ff. 


54 III. Abhandlung: Beer. 


Exemplar, im Kataloge zwischen ‚Terentius‘ und ‚Musica‘ an- 
geführt und nur als ‚Arithmetica‘ bezeichnet (Nr. 211), mit 
diesem Werke zu identifizieren sein. Ganz sichere Hinweise 
enthält der Katalog betreffs des Kommentars des Boethius 
zu den Kategorien. Er erscheint einmal unter den logischen 
Schriften (Nr. 190), ein zweitesmal gegen Ende als Commentum 
Boéthii super Augustinum пе] Aristotelem (Nr. 238). Diese 
Handschrift hat Rivas zu Beginn des vorigen Jahrhunderts noch 
gesehen und gibt den Titel in der genaueren Fassung: Воё фи 
et Aurelii Augustini editio super Cathegorias Aristotelis de verbo 
ad verbum in latinum translatas. Was die Schriften des Augu 
stinus betrifft, so sind zwei Codices mit Werken dieses Kirchen- 
lehrers — allerdings ohne Spezifikation des Inhaltés — un- 
mittelbar vor den libri artium angeführt (Nr. 170—171; das 
Buch über den Computus, Nr. 172, scheint an eine unrechte 
Stelle geraten zu sein). Die Soliloquia, die Gerbert für seine 
Geometrie heranzog, sind in der Abschrift des Katalogs, wie sie 
mir übermittelt wurde, allerdings nicht verzeichnet. Vergleicht 
man aber die gegen Ende der Liste angeführte Notiz ,Beda cum 
sichomachia sive quinto ac Cattone‘ (Nr. 239) mit einer dem 
heute noch erhaltenen Rivipullensis 106 von einer Hand des 
12. Jahrhunderts vorgesetzten Inhaltsangabe: Liber de notitia 
artis metrica bede presbiteri. Item Soliloquiorum liber II. Sancti 
Augustini et catonis libri ПП. Et liber beati prosperi.! Et 
Sedulii po&e liber, so liegt es nahe, die alte Inhaltsnotiz auf 
diese Handschrift, mit der wir uns noch eingehend beschäftigen 
werden, zu beziehen; sie stammt spätestens aus dem 10. Jahr 
hundert, keine andere Beschreibung des alten Katalogs weist 
auf sie hin, und sowohl die Anführung der Schrift Baedas samt 
den disticha Catonis, wie auch andere noch zu erwähnende 
Gründe lassen die Identifikation gerechtfertigt erscheinen. 


! Dieser ist jetzt als erster (kleinerer) Quaternio der Handschrift vorge- 
bunden, stammt aus dem 12. Jahrhundert und kann daher in dem Kata- 
loge des 11. Jahrhunderts nicht verzeichnet sein. Dagegen ist die Psycho- 
machia des Prudentius verloren gegangen wie andere Stücke der Handschrift 
(so der größte Teil des Leporiuslibells und der Anfang der gromatischen 
Schriften); sie wurde vielleicht absichtlich ausgeschieden und gesondert 
aufgestellt wie sonst gar oft (so zu St. Bertin in drei, zu St. Emmeram 
gar in neun Exemplaren). 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Hipoll. 1, 55 


Dieselbe Handschrift bietet nun auch eine Redaktion des 
Corpus der Gromatici veteres, die, wie wir wissen (vgl. Bubnov, 
a. а. О. 439f.) von Gerbert bei der Abfassung der Geometria 
gleichfalls herangezogen wurden. Von dem sonstigen Apparat 
Gerberts erscheint, wie schon bemerkt wurde, der Macrobius 
(Nr. 192) unmittelbar nach den logischen Schriften. Daß das 
Kloster die Etymologien Isidors besaß, war von vorneherein an- 
zunehmen; sie sind in der Tat im Kataloge verzeichnet (Nr. 60), 
Rivas hat die alte Handschrift noch gesehen und unter Nr. 60 
seines Katalogs beschrieben. 

Ergibt sich schon aus dem eben vorgenommenen Ver- 
gleiche eine gewisse Beziehung zwischen den von Gerbert zur 
Ausarbeitung seiner Schrift über die Geometrie benützten Quel- 
lenwerken und dem in Ripoll für solche Studien aufbewahrten 
Handschriftenbestande, so erscheint die Parallele noch deut- 
licher, wenn wir die Texte berücksichtigen, die Gerbert zu 
seinen Lehrvortrügen benützte. 

Wir sind hierüber in zuverlässiger Weise, und zwar aber- 
mals durch Gerberts Schüler Richer (a. а. О. Mon. Germ. Seript. 
III, 617) unterrichtet. Er schreibt: 

‚Dialeeticam ergo ordine librorum percurrens dilucidis sen- 
tentiarum uerbis enodauit. In primis enim Porphyrii ysagogas 
id est introductiones secundum Victorini rhetoris translationem 
inde etiam eiusdem secundum Manlium! explanauit Cathegoria- 
rum id est praedicamentorum librum Aristotelis. consequenter 
enucleans; periermeneias vero id est de interpretatione librum 
cuius laboris sit aptissime monstrauit; inde etiam topica id est 
argumentorum sedes a Tullio de graeco in latinum translata et 
a Manlio consule sex commentariorum libris dilucidata suis 
auditoribus intimauit ... Post quorum laborem cum ad rheto- 
ricam suos prouehere vellet... poetas... adhibuit ... ac 
docuit Maronem et Statium Terentiumque poetas Iuuenalem quo- 
que ac Persium Horatiumque satiricos Lucanum etiam historio- 
graphum.‘ 

Derselbe von Richer ausdrücklich erwähnte ordo librorum 
— eine Art Kanon, der wiederholt in alten deutschen und frän- 
kischen Bibliotheken (so in Toul), in Spanien jedoch sonst nicht 


1, Boéthius. 


56 НТ, Abhandlung: Beor. 


zu belegen ist — findet sich in dem alten Kataloge der Ripoller 
Bibliothek wieder, und zwar unter den libri artium (Nr. 188—191): 
Isagoges II, Cathegorias, Peri ermeneias. Die von Richer un- 
mittelbar darauf erwühnten ,Topica' finden sich im alten Kataloge 
etwas früher (nach dem Methodiustexte) verzeichnet (Nr. 111): 
es erscheint also der ganze von Richter erwühnte logische Lehr- 
apparat in den alten Manuskripten unserer Klosterbibliothek. 

Was von den Lehrbüchern Gerberts beim Unterrichte in 
der Logik und ihrem Platz in der Ripoller Bibliothek gesagt 
wurde, gilt fast in gleichem Umfange von den beim Unterrichte 
in der Rhetorik herangezogeneu Texten. Der alte Katalog ver- 
zeichnet ein Commentum Virgili; Verse des Statius finden sich 
heute noch in einer alten Ripoller Handschrift (Cod. 83); der 
Terentius wieder ist ausdrücklich in dem Verzeichnisse ange- 
führt, von Iuvenalis ein Quaternio, wobei zu bemerken wäre, 
daß sich Scholien zu Juvenal, besonders zur ersten, zweiten und 
sechsten Satire in einer umfangreichen Glossenhandschrift (im 
cod. 74, wohl einem der sechs Exemplare der ,Glosasí des 
Katalogs, Nr. 99—104) erhalten haben. Daf den Quaterniones 
des Juvenal sieh auch solche des Persius beigesellt haben 
mochten, ist mit Rücksicht auf die Überlieferung dieser beiden 
Texte wahrscheinlich; den Horaz, der in der mir vorliegenden 
Abschrift des Verzeichnisses fehlt, konnte wohl eine der be- 
nachbarten Bibliotheken beistellen,! vielleicht brauchen wir aber 
nicht so weit zu gehen: die Nummer 215 der Rivas-Kopie des 
alten Katalogs ,Quiratui', die fürs erste Schwierigkeiten bereitet, 
wird nümlich aufs einfachste wohl so zu deuten sein, daf wir 
annehmen, es sei — durch Mißverstehen des Verbindungsstriches 
zwischen dem Anfangsbuchstaben und dem folgenden — die 
Einzeichnung (nach Auianum) Oratiu, also Oratium, von Rivas 
verlesen worden. 

Wenn man gegen den Vergleich des früher angeführten 
Berichtes Richers und der Bestände Ripolls den Einwand er 
hebt, daß Gerberts Schüler von Vorträgen spricht, die der 
Meister als Scholastikus der Klosterschule zu Rheims geraume 


! So besaß Vich einen Horazkodex, allerdings aus dem XI. Jahrhundert, 
wenn Villanueva richtig datiert hat. Vgl. das Verzeichnis in den Hand- 
schriftenschätzen Nr. 553, 8. 546. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 51 


Zeit nach dem Aufenthalte in Spanien gehalten hat, so kann 
die Richtigkeit dieser Tatsache als solcher nicht bezweifelt werden. 
Wir sprechen aber von Anregungen, die Ripoll dem Lernenden 
zu bieten vermochte, und andererseits ist zu beachten, daß Ger- 
bert im Jahre 970, unmittelbar nach seiner Abreise aus Spanien, 
vor dem damals fünfzehnjährigen Otto II. mit Otrieus eine 
wissenschaftliche Disputation abhielt und bei diesem Anlasse, 
wie Prantl aus den überlieferten Berichten nachwies, den Kom- 
mentar des Boéthius zur Isagoge auswendig wufite. Das war 
neben bedeutenden Fortschritten in den mathematischen Wissen- 
schaften wie in den artes überhaupt zweifellos eine Frucht 
der in Spanien betriebenen Studien, und damit ist die Schluß- 
folgerung auf das, was die spanischen Lehrjahre für die Aus- 
bildung Gerberts bedeuteten, gegeben: nicht als fertiger Ge- 
lehrter, wohl aber als gut geschulter Vorscholastiker verliefi 
Gerbert die Mark, in der er, wie wir wissen, mehrfach lite- 
rarische Beziehungen rege erhielt. 

Die Entscheidung der Frage, ob Gerbert in Ripoll, ge- 
nauer gesagt: mit Hilfe der im Kloster aufbewahrten Hilfs- 
mittel für philosophische, astronomische und mathematische 
Studien lernte, tritt bei der vorliegenden Untersuchung jedoch 
zurück gegenüber dem hier unternommenen Versuche, an einem 
instruktiven Beispiele zu zeigen, wie der in Ripoll aufgespeicherte 
Handschriftenapparat für wissenschaftliche Arbeit benützt werden 
konnte. Man mag über jene Ortsfrage urteilen wie man will, 
sicher ist es, daß Gerberts wissenschaftliche und didaktische 
Tätigkeit sich vortrefflich eignet, einen wichtigen Teil der Hand- 
schriftenbibliothek Ripolls zu kommentieren, speziell auf Grund 
des Inventars der ältesten Bestände gewissermassen die Energie 
der kurz und fürs erste nicht immer leicht verständlich ver- 
zeichneten, jetzt zum großen Teile verlorenen Manuskripte zu 
wecken. Dient also die Skizze des Studienganges Gerberts 
hier in erster Linie als eine Art antizipierter Erläuterung des 
später mitzuteilenden Katalogs, so mag auch der Hinweis darauf 
gestattet sein, daß der künftige Konstrukteur von Astrolabien 
in Ripoll einen Kodex finden konnte, der dem X. Jahrhundert 
entstammt, unter Nr. 225 des Fonds Ripoll heute noch aufbe- 
wahrt wird und die moderne Aufschrift Tratado de astronomia 
y del relox führt. Dieses Manuskript, vielleicht mit dem im 


58 ИТ. Abhandlung: Beer. 


alten Kataloge unter der Bezeichnung ‚Liber de horis‘ (207) ange- 
führten identisch, ist leider nicht gut konserviert und beginnt 
abrupt mit der Beschreibung einer Tabula ,cuius in capitibus 
bine erecte sunt pinne ad accipiendum solis radium et stellarum‘, 
Nach einiger Umschau gelang es, diese Stelle in dem nach ага- 
bischer Vorlage redigierten sogenannten ,Liber de astrolabio' 
aufzufinden, den zuerst Pez in dem "Thesaurus anecdotorum 
Nov. II, 2, col. 109#. unter dem Titel Hermanni Сопігасії mo- 
nachi Augiensis de utilitatibus astrolabii nach einer Salzburger 
Handschrift herausgegeben (Nachdruck M. 143), Bubnov, Ger 
berti op. math. S. 11488. neuerdings (mit reichem kritischen 
Apparat) ediert und auf Grund verschiedener Indizien, aller- 
dings mit gewissem Vorbehalt, Gerbert zugewiesen hat.! Der 
akephale Ripoller Kodex bietet jedoch nur auf fol. 1" ein Bruch- 
stück jenes ‚Liber de astrolabio‘, auf fol. 1" beginnt eine Ab- 
handlung ‚de mensura astrolabii,?? die mit den Worten: Philo- 
sophi quorum sagaci studio visibilium . . . anhebt, den ersten 
Teil der Handschrift füllt und mit dem Satze: ‚hoc est clima 
in quo es (so) CCCCL anni iam transatti sunt ex quo iste liber 


! Die oben zitierte Stelle findet sich bei Pez, col. 111 C, bei Bubnov im 

12. Abschnitte des II. Kapitels (S. 123). Unter den Gründen, welche 
Bubnov veranlaßten, den Liber de astrolabio Gerbert zuzuweisen, führt er 
a. a. О, 109f. Anm. außer dem Umstande, daß sechs Codices Gerbert als 
Autor nennen, und anderen minder wichtigen folgende an: Liber de 
astrologia, quem Lupitus quidam Barchinonensis ex Arabico sine dubio 
transtulit, ut sibi dirigeretur, Gerbertus initio anni 984 petiit et fortasse 
impetravit; ibi autem, quae in tractatu nostro de astrolabio 
exponuntur invenire potuit. — Gerbertus in Marca Hispanica 
mathesi studuit ibique astrolabii usum discere et libros de hac re scriptos 
ex Arabico in latinum translatos adquirere ... potuit. Tractatus noster 
ab auctore Christiano, qui librum quendam Arabicum vel potius 
ex Arabico translatum ad manum habuit, confectus est. Durch 
den Fund eines aus dem 10. Jahrhundert stammenden, also des ältesten 
bisher bekannten (vgl. die folgende Anmerkung), wenn auch fragmentari- 
schen Exemplars der Schrift auf spanischem Boden, und zwar gerade 
in der Gegend, wo Gerbert studierte, wird die ganze Untersuchung anf 
eine andere Grundlage gestellt: die von Bubnov angefübrten Indizien 
weisen nunmehr auf Lupitus von Barcelona. 
Scheint gleichfalls die álteste uns erhaltene Abschrift eines Traktats über 
diesen Gegenstand, da keines der einschlägigen, von Bubnov a. а.0, 
p. 10985. sorgsam zusammengestellten Manuskripte über das 11. Jahr 
hundert hinaufreicht. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 59 


compositus est tunc almucatil in piscibus nunc in scorpione‘ 
schließt; der zweite Teil der Handschrift (Fol. 39" an) enthält 
einen Traktat ,Quomodo vel quare luna vel prona vel supina 
vel videatur erecta‘ und schließt in einem Absatze: de mensura 
altitudinis. 

Hat endlich Bubnov recht, der vielseitigen produktiven 
Tätigkeit Gerberts nicht bloß die Hymnen-, sondern auch die 
Tondichtung  beizuzühlen,! so sei, um die bereits gezogene 
Sunme der damals dureh die Ripoller Klosterbibliothek er- 
möglichten Anregungen noch zu vermehren, der altehrwürdigen 
Musikhandschriften der Sammlung gedacht. Die mit Neumen 
versehenen Ripoller Codices gehören zu den frühesten Zeug- 
nissen für praktische Musik, die auf spanischem Boden erhalten 
sind, stehen den berühmten Toledaner Codices an Alter wenig 
nach und ihre Ausbeutung hätte dem bereits früher zitierten 
Werke von Riaño schätzenswertes Material zugeführt. Weit 
annfüliger noch sprechen für die Pflege der Musik in der 
Ripoller Abtei plastische Details, die Abt Oliva zu Beginn des 
Il. Jahrhunderts an dem Portale der von ihm neu aufgeführten 
Kirche anbringen lief, Bildwerke, die heute trotz der Zerstö- 
rung des Klosters noch ziemlich gut erhalten sind und uns 
Musiker in der Tracht des 11. Jahrhunderts, unterhalb dieser 
Zitherspieler in römischer Toga, ferner von Musikinstrumenten 
die Panflóte, das Jagdhorn, die Glocke und die Violine vor- 
führen. Es ist dies ein Beispiel für viele, aus denen wir ersehen, 
daß die Schriftdenkmäler der Bibliothek durch die ungemein 
reiche Pflege der bildenden Kunst im Kloster erklärt werden 
kónnen. Es ist hier nieht der Ort, diese dankbare Parallele 
auf anderen Gebieten weiter zu verfolgen. 

Günstige Umstände haben es gefügt, daß wir die bis- 
herigen allgemeinen Darlegungen über den Umfang der geistigen 
Bewegung, die sich während des 10. Jahrhunderts in Ripoll 
bemerkbar machte, durch ein uns überkommenes aufschluß- 
reiches Schriftdenkmal illustrieren können. Zu den Handschriften, 
welche Pröspero de Bofarull im Jahre 1835 im Barceloneser 


| Es handelt sich um einen von Gerbert verfaßten und in Musik gesetzten 
Hymnus in honorem S. Michaelis archangeli, vgl. Bubnov, a. a. O. 388, 
Ànm. 63. 


60 ПІ, Abhandlung: Beer. 


Kronarchiv zurückbehielt und so vor dem Klosterbrande rettete, 
gehört der bereits erwähnte Kodex 106, ein Manuskript in Quart- 
format von (heute) 140 Blättern und von verschiedenen Schrei- 
bern (abgesehen von den Korrektoren) geschrieben. Einzelne 
Teile, wie z. B. das Bruchstück des Leporiuslibells können noch 
im 9. Jahrhundert kopiert worden sein — auf keinen Fall gehen 
wir fehl, wenn wir unter Berücksichtigung des allmählichen 
Vordringens der karolingischen Schrift auf spanischem Boden 
annehmen, daß der Kodex um die Mitte des X. Jahrhunderts, 
also zur Zeit des Hirtenamtes des Abtes Arnulf, bereits voll. 
ständig niedergeschrieben war. Das Manuskript ist, wie bereits 
erwähnt wurde (S. 54), wohl schon in dem alten Kataloge 
verzeichnet; als Klosterbesitz wird es durch ein am Schlusse 
beigefügtes Inventar von Teppichen, Linnen und Wäsche erklärt, 
die einem Bruder mit dem damals seltenen, jedoch gut west- 
gotischen Namen Agila! übergeben worden waren. In dem 
Breve de ipsos drapos quot (so) recepit Agila erscheinen tapi- 
tios XIII, ferner plumatios, capitiales, bancalis, in refectorio 
mapas VI u. à. m. 

Der Inhalt der Handschrift ist so gut wie unbekannt; 
weder Villanueva noch Ewald haben von ihr Notiz genommen, 
nur in dem handschriftlichen Kataloge des B. Rivas findet sich 
eine Beschreibung. Wenn aber Rivas (unter Nr. 137 seiner 
Liste) die einzelnen Teile des Kodex folgendermaßen charak- 
terisiert: Rhetorica. Duo libri Soliloquiorum. Liber Catonis 
Philosophi. Liber Sedulii. Epistola Julii Caesaris. Innocentius 
et Paulus de Libris iuris per singula dominias (so) fundorum 
et situs locorum. De generibus numerorum in ratiocinatione. 
Epistola Hieronymi Presbyteri de Melchisedech, so stehen diese 
Angaben in einzelnen Punkten an Genauigkeit sogar hinter 
dem früher mitgeteilten Inhaltsverzeichnisse zurück, das im 
12. Jahrhundert in den Kodex eingezeichnet wurde (s. oben 
S. 54); vielleicht hat sich der sonst gewissenhafte Archivar an 
dieser Stelle (wie auch an anderen) auf eine ältere, nicht zu- 
treffende Inhaltsangabe verlassen. Da nun andererseits jener 





! Agila der Westgotenkünig herrschte 549—555, vgl. Zeumer, Neues Archiv 
f. ält. d. Gesch. XXVII (1902), 443. Über den Namen handelte zuletzt 
Meyer-Lübke in diesen Sitzungsberichten Bd. CXLIX (1904), Heft П, 
S. 7 u. 89, 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 61 


Sammelband einer der merkwürdigsten, jedenfalls der inhalts- 
reichste der Ripoller Codices ist, die uns aus ülterer Zeit er- 
halten sind, so wollen wir, ohne der Beschreibung des Gesamt- 
inhaltes des Manuskripts in der Bibliotheca patrum latinorum 
Hispaniensis II vorzugreifen, hier wenigstens einige der wichtig- 
sten Teile des Kodex in ihrer Bedeutung charakterisieren und 
hierbei die zu diesem Zwecke ausgewählten photographischen 
Reproduktionen von 12 Seiten zugrunde legen (Taf. IV—IX). 

Auf der ersten Seite (Taf. IV links, Fol. 26 verso der 
Handschrift) finden wir von einer Hand des 11. Jahrhunderts 
unter der Überschrift 
D[OMI]NICA IN I? N[OJC[(TURN]O AN[TIPHONAJS P[ER] 

TOTO ANNO AN[TIPHONA] 

die Antiphonen und Psalmen des officium de Dominica per 
annum, mit Varianten gegenüber der Vulgata, auf die hier 
nieht eingegangen werden soll. Die Zeilen sind durchwegs 
mit Neumen versehen, welche nach der von Guido Adler 
vorgenommenen Bestimmung dem aquitanischen Notensystem 
angehören. Zwischen Fol. 26 verso und 27 recto sind Perga- 
mentblätter (wohl 2) ausgefallen: 27 recto enthält den Schluß 
des sogenannten Libellus emendationis des Presbyters Lepo- 
rius, von dem bisher zwei Handschriften: ein Herivallensis und 
ein Leodiensis bekannt wurden; der in dem Ripoller Kodex 
noch erhaltene Schluß bietet unter anderem die bekannten Sub- 
skriptionen, und zwar mit bemerkenswerten Abweichungen vom 
gedruckten Text (М. 31, 1230), welche die weit vorgeschrittene 
Umbildung der lateinischen Schriftsprache auf spanischem Boden 
beweisen. Unmittelbar daran anschließend folgen die Soliloquien 
Augustins, eben jene Abschrift, die bereits bei Skizzierung des 
Gerbertschen Quellenapparates erwühnt wurde (S. 54). 

Die nüchstfolgende Probe (Taf. V, fol. 50° und 517) bietet 
einen Teil der im Kodex enthaltenen Disticha Catonis (Prol. — I, 34 
Hauthal); eines der ältesten Exemplare der beliebten Spruchsamm- 
lung, die in dem vulgärsprachlichen Schrifttum Spaniens (wie 
auch sonst in der mittelalterlichen Literatur) eine so hohe Be- 
deutung gewinnen sollte." Das ausgewählte Spezimen zeigt sorg- 
same Ausnützung des Beschreibstoffes; auch haben spätere Hände 


1 Vgl. die oben 8. 10 zitierte Studie von Karl Pietsch. 


62 Ill Abhandlung: Beer. 


noch Scholien am Rande und zwischen den Zeilen, ferner auch 
Korrekturen angebracht, die sich durch schwärzere Tinte von 
den zum Teile verblaßten Zügen der ersten Hand deutlich ab- 
heben. Gleich sparsame Ausnützung läßt sich auch bei den 
folgenden Textproben (Taf. VI, fol. 767, 16") beobachten. In 
fortlaufenden Zeilen, d. h. ohne Verstrennung (wie die ganze Ab- 
schrift dieser Dichtungen), lesen wir den Schluß des Hymnus І 
des Sedulius (in Huemers Ausgabe CSEL. Band X, 161 f., Vers 
95—110) nach den vom vorhergehenden Pentameter herüber- 
genommenen Worten Christe tuis als erstes Distichon: Ніс homo 
qui deus est spes est antiqua priorum. Spes in fine piis hic 
homo qui deus est bis zum Schlusse Cum sancto spiritu secula 
magna patri. Amen. Da der größere Teil der Seite nach Schluß 
des Hymnus frei blieb, hat man den verfügbaren Raum benütet, 
um eine Art Tabelle der Sternbilder in 14 X 18, ein Rechteck 
bildenden Quadraten einzuzeichnen. 

Zu den merkwürdigsten der in der Handschrift enthal- 
tenen Stücke gehört das auf fol. 76" beginnende und bis 86" 
fortgeführte Fragment einer bisher unbekannten Rezension der 
Feldmesserschriften. In der sorgfältig zusammengestellten Über- 
sicht der handschriftlichen Quellen für die Gromatiker, die 
Bubnov, a. a. О. 394—493 bietet und die sich als Ergebnis der 
Durchforschung fast aller größeren Handschriftensammlungen 
Europas darstellt, fehlt der Rivipullensis wie auch jeglicher 
Hinweis auf eine der in ihm enthaltenen ähnliche Redaktion; 
diese vollständig auf ihre Quellen zu prüfen, bleibt natürlich 
einer besonderen Studie vorbehalten, das Ergebnis der von mir 
vorgenommenen Untersuchung des Textes dieser Blätter dürfte 
aber zur allgemeinen Orientierung genügen. Die Abschrift ist 
heute akephal und man sieht auch deutlich, daß zwischen fol. 72" 
und 76' des heutigen Bestandes ein Blatt ausgefallen ist; der 
Text beginnt abrupt mit den Worten: populis pacis utilia pre 
stitisse, gedruckt in der Ausgabe: Die Schriften der römischen 
Feldmesser, herausgegeben von Blume, Lachmann und Койо, 
Berlin 1848, Bd. I, 393, 1. 11 ff, und zwar als Teil eines Trak- 
tates, den Lachmann Demonstratio artis geometricae genannt 
hat. Bei der Charakterisierung dieser sogenannten Demon 
stratio macht Blume (a. a. O. IT, 66) aufmerksam, daß die ‚Aus 
züge aus Isidor von Sevilla einen Kompilator des 7. oder eines 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. Г. 63 


späteren Jahrhunderts verraten, vielleicht einen Zeitgenossen 
des Gerbert, der wie dieser auch die Handschrift von Bobbio 
benützte‘, und weist ferner darauf hin, daß das erste der von 
ihm herangezogenen Manuskripte dieser Klasse, der Cod. Reg, 
Vaticanus 1023 aus dem 10. bis 11. Jahrhundert außer der De- 
monstratio auch die Abschrift einer gekürzten Lex Romana 
Visigotorum enthält. In der Ripoller Handschrift, die zweifel- 
los älter ist als der Vaticanus, wird der Text zunächst dem 
zitierten Drucke gleichlautend weitergeführt, nur die den For- 
schern auf dem Gebiete der Agrimensorenschriften wohlbe- 
kannte ,EPISTOLA IULII CAESARIS' (vgl. Blume, a. a. О. 
65) durch eine besondere Überschrift hervorgehoben. 

Im weiteren Verlaufe ändert sich der Sachverhalt, wofür 
fol. 77" und 73" (Taf. VII) gute Belege abgeben. Der Absatz 
links: ‚Omen mensuram‘ usw. findet sich in der zitierten Aus- 
gabe der Feldmesser I, 397, nicht so die vorangehenden und 
die folgenden Sätze; der unmittelbar anschließende und mit 
Ager arcifinius beginnende Absatz weist vielmehr deutliche 
Verwandtschaft mit Isidors Etym. ХУ, 13,11 auf: Arcifinius ager 
dictus est quia certis linearum mensuris non continetur. 

Nahe Beziehungen zur Demonstratio artis geometricae 
zeigen jedoch wieder einzelne Absätze auf fol. 80° und 81' 
(Taf. VIII. Der mit den Worten Lege feliciter anhebende 
Abschnitt findet sich mit nur geringfügigen Anderungen in 
dem Kapitel ,De controversiis! der Demonstratio, in der Aus- 
gabe der Feldmesser I, 403: Lege feliciter — oportebit. Wäh- 
rend aber in diesem Druck sich die Nomina agrimensorum 
unmittelbar anschließen, enthält die Ripoller Handschrift noch 
einige kleine Einschübe, die durch eine Schlußnote getrennt sind: 
EXPLICIT LIBER INNOCENTI ET PAULI DE LIBRIS 
IURIS PER SINGULA DOMINIA FUNDORUM ET SITUS 
LOCORUM. Daß aus dem bekannten INNOCENTIUS У. Р. 
(d. h. vir perfectissimus) auctor de litteris et notis iuris ехро- 
nendis (Feldmesser I, 310) die eben mitgeteilte Subseriptio 
im Ripoller Kodex werden konnte, zeigt, wie weit die Ver- 
derbnis des Textes vorgeschritten war. Als neues Moment er- 
scheint in dieser Handschrift die selbstbewußte Fortsetzung 
jener Subseriptio: POST CAETERA EGO GISEMUNDUS 
DOCENTIBUS LOQUOR, aber zehn Zeilen später beginnt ein 


64 ПІ. Abhandlang: Beer. 


neues, zweites Buch, das durch die Nomina Agrimensorum 
(Kap. I, vgl. oben) eingeleitet wird und dessen weitere Kapitel 
(Kap. II: De orbem [so!] omni [so!] terre in quatuor partibus 
divisum usw.) angeführt werden. Zu erwähnen ist noch, daß 
auch jener Text, den wir mit dem Innocentius Auctor de lit- 
teris iuris zu verbinden pflegen, der wunderlichste der ganzen 
Feldmesserliteratur, nämlich die sogenannten Casae litterarum 
in stark gekürzter Form auf spüteren Seiten der Handschrift 
eingezeichnet wurde." Der hier besprochene Teil des Kodex 
setzt sich eben aus verschiedenen agrimensorischen Exzerpten 
zusammen, wie der Kompilator fol. 80" selbst andeutet: Iubante 
domino hie conplexus sum ех multis librorum voluminibus in 
uno corpore libellos duos. Ob nun jener Gisemund der Ur- 
heber der Zusammenstellung ist oder nicht, jedenfalls erfolgte 
sie zu einem bestimmten praktischen Zweck, der später noch 
angedeutet werden soll. 

Auf ein ganz anderes Gebiet führt das letzte, aus Ko 
dex 106 hier mitgeteilte Spezimen (fol. 89" und 907, Taf. IX). 
Fol. 89" ist für eine eigenartige Einzeichnung ausgespart wor 
den: die 37 Hexameter enthaltende Seite erscheint durch drei 
Striche derart durchquert, daß der eine lotrecht in der Mitte, 
die beiden anderen als Diagonalen laufen; hierdurch wird er- 
reicht, daß von dem mittleren Buchstaben A sechs Linien 
wegstreben, die je 18 Buchstaben durchschneiden; der erste 
Hexameter 


SANTE PUER CLARA QUI SIGNAS LUMINE OLIMPUM 
wird in dem ersten, mittleren und letzten, der mittlere Hexameter 
QUI SIGNIS IUBES IRE RATES TU SISTE RECAUTES 
in dem mittleren, endlich der letzte 

UNICUS IPSE PATRI NATUS QUI SPIRITUS UNUS 


in dem ersten, in den drei mittleren und in dem letzten Buch- 
staben von den erwähnten Querlinien getroffen. 

Die von den Linien berührten Buchstaben bilden nun 
selbst wieder Hexameter, und zwar mesostichisch: 


SPIRITUS IGNIS AQUA VATES SUBSTANTIA CRISTUS 


186 als letzter Abschnitt: Casa que рег z nomen habuerit. 


Die Handschriften des Klosters Santa Marin de Ripoll. I. 65 


diagonal von links oben nach rechts unten: 
SPES DECUS IMPERIUM MAIESTAS GLORIA VIRTUS 
diagonal von links unten nach rechts oben: 
VITA SALUS VERBUM PARADYSSUS PASSIO REGNUM 


Diese metrische Spielerei bietet abermals einen Beleg 
dafür, daß sich die Dichtung der karolingischen Zeit mehr an 
das Auge denn an die Empfindung oder an das Ohr wendete, 
und wir werden noch Gelegenheit haben, gleichfalls aus Hi- 
poller Handschriften ein womüglich noch drastischeres metri- 
sches Artefakt mitzuteilen, wollen jedoch bei diesem Anlaß 
zeigen, daß derlei Spielereien sich von einem ernsteren Hinter- 
grund abheben. 

Die auf der gegenüberstehenden Seite (90°) eingezeich- 
neten Notizen über Zahlen und ihre Bedeutung (mit den Über- 
schriften: De generibus numerorum in raciocinacione — Genera 
numerorum in sensibus — De quadrifario dei opere) bilden 
nur eine kleine Probe umfangreicher mathematischer, metri- 
scher und astronomischer Kollektaneen, welche dieser Teil des 
Kodex enthält;! als erster Abschnitt erscheint (fol. 86") das 
Stück Tercia divisio totius numeri; ob dieses mit den Sen- 
tentiae zusammenhängt, die der von Gerbert in Abschrift er- 
betene libellus de multiplicatione et divisionae numerorum des 
Josephus Ispanus‘ (Josephus Sapiens)? enthielt,? bleibt eine 
offene Frage. 

Der Inhalt des heute mit Nummer 106 signierten Rivi- 
pullensis wird durch diese Angaben, welche sich ja nur an 





! Die auf dem unteren Teile der Seite gegebene Anweisung der Zahlen- 

bezeichnung durch Buchstaben steht vielleicht auch in Beziehung mit 
den damals verwendeten sogenannten ,Cartas formatas‘, vgl. España Sa- 
grada XXVIII, 109ff.; Villanueva, а. a. О. VI, 166f., 282 f. 
Heinr. Suter, Die Mathematiker und Astronomen der Araber und ihre 
Werke, Leipzig 1900, S. 79 meint unter dem gebotenen Vorbehalt, man 
könnte, was die Zeit betrifft, diesen Josephus Sapiens für ,Jüsuf b. Härün 
el-Kindi, Abü 'Omar' einen bedeutenden Dichter und Gelehrten, der um 
970 in Córdoba lebte, halten. Jos. v. Karabacek teilt mir freundlichst 
mit, daß in dem Namen Ispanus möglicherweise das als Gentilicium 
gebräuchliche Ispa(h)anus steckt; angesichts der großen Freizügigkeit 
der arabischen Gelehrten erscheint eine solche Annahme nicht auffüllig. 
Gerberti Epistolae 17 und 25, beide aus dem Jahre 984, vgl. Havets 
Ausgabe, 8. 14f. und 191. 

Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 3. Abh. b 


66 ПІ, Abhandlung: Beer. 


einzelne charakteristische Spezimina knüpfen, keineswegs er- 
schöpft. Er enthält am Anfang medizinische Rezepte, dann 
Baedas Metrik, Boéthius de trinitate sowie fidei christianae 
complexio und noch manche andere Stücke, über die der Ka- 
talog berichten wird. Die hier gebotenen Mitteilungen reichen 
aber aus, um über die Bestimmung der Sammelhandschrift 
keinen Zweifel aufkommen zu lassen. Das Manuskript war 
ein Schulbuch, welches den ,docentibus wie auch den Studie- 
renden erprobte Lehrtexte über Glaubensfragen und Moral, 
Astronomie, Mathematik, Metrik, Vorschriften der Heilkunde 
usw., nebstdem noch einen neumierten liturgischen Text an die 
Hand geben sollte. Vornehmlich praktischen Interessen dienten 
die Exzerpte aus den Agrimensoren. Es ist klar, daß das 
Kloster Ripoll, welches über ungeheure Gebiete verfügte und 
seine Domänen immer mehr anwachsen sah, auf Feldmessung, 
oft auch auf Verteidigung der Grenzen seines Gebietes bedacht 
sein mußte. So ist denn auch in derselben Kompilation (fol. 80: 
der Handschrift) ein Widerhall der alten Controversia über 
„locorum religiosorum modus restituendus‘ zu finden, vgl. Schrif- 
ten der römischen Feldmesser I, 22 f. (Frontin). 

Der Versuch, die Zusammensetzung des bisher völlig un- 
bekannten Inhalts der eben besprochenen Handschrift durch 
den Vergleich mit anderen spanischen Mischhandschriften jener 
Zeit zu illustrieren, miflingt. Es existiert in spanischen Samm- 
lungen kein Manuskript des 10. Jahrhunderts, das sich an Viel- 
gestaltigkeit und an Reichtum eigenartiger Texte mit diesem 
messen künnte.! Die Ripoller Bibliothek mochte auf dieses 


1 In der Bibliothek des Cav. Carlo Morbio zu Mailand fand M. Jaffé eine 
Pergamenthandschrift des 10. Jahrhunderts (es ist, worauf mich A. Gold- 
mann freundlichst aufmerksam macht, die Hs. Nr. 379 in dem voa 
Wilh. Meyer-Speier verfaßten Auktionskatalog der Sammlung Carlo 
Morbio, Leipzig, List und Francke, 1889), die von fol. 177 an die Ety- 
mologien Isidors, die Ars des Donat sowie verschiedene Glossare, ferner 
von anderen Händen die Disticha Catonis, einen Brief des Hieronymus 
an Paulus, ein Verzeichnis juristischer Noten und Exzerpte aus Papst- 
viten birgt. Von den vorgehefteten 16, ursprünglich dem Kodex nicht 
angehörigen Blättern enthalten die ersten 13 ein gromatisches, die letzten 
drei ein grammatisches Fragment. Das Feldmesserbruchstück auf den 
ersten 13 Blättern erwies sich als nahe verwandt mit Teilen der von 
Lachmann edierten zwei Rezensionen der Casae litterarum, vgl. Th. 





Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 61 


Zimel, vielleicht das wertvollste Stück der Studienbücherei, mit 
Recht stolz sein und es ist nicht ausgeschlossen, daf es wie 
vielen anderen so auch Gerbert als Lehrbuch diente. 
Festzustellen, welche Handschriften sich außer den eben 
erwühnten im letzten Drittel des 10. Jahrhunderts in der Ri- 
poller Klosterbibliothek vorfanden, ist schwierig, weil sichere 
Indizien hierfür, so namentlich Bibliotheksverzeichnisse aus jener 
Zeit fehlen. Ein ansehnlicher Teil der Bibel- und liturgischen 
Codices, welche das Verzeichnis des 11. Jahrhunderts anführt, 
war wohl schon im vorhergehenden Jahrhundert vorhanden. 
Auch ist wahrscheinlich, daß ein oder der andere Profantext 
aus dem Ripoller Skriptorium hervorging, obwohl weder direkte 
noch indirekte hierauf bezügliche Nachrichten aus der Zeit der 
Nachfolger Arnulfs, nämlich der Äbte Windisclus (970—979) 
und Seniofredus (979—1008) vorliegen. Daß Windisclus den 
von Arnulf begonnenen dritten Aufbau des Klosters vollendete, 
wurde schon erwühnt; auch auf Ausgestaltung der Bibliothek 
und des Skriptoriums wird man bedacht gewesen sein; das In- 
ventar der Kirchengüter, welches 979 nach dem Tode dieses 
Abtes für Miro, Grafen von Besalü und Bischof von Gerona, 
angefertigt wurde, enthält die leider sehr summarische Angabe: 
libri numero LXV et eo amplius. Für die Zeit des Hirten- 
amtes des Abtes Seniofredus mangelt selbst eine solche vage 
Andeutung. Möglich ist immerhin, daß einige Handschriften 
des 10. Jahrhunderts, die sich noch heute erhalten haben, wäh- 
rend der Wirksamkeit der beiden genannten Abte in dem Ri- 





Mommsen, Monatsberichte der kgl. preufischen Akademie der Wissen- 
schaften, Jahrg. 1861, Berlin 1862, 1014ff. Wenn Mommsen fragt, ,ob 
die Casae wirklich aus der noch lebenden gromatischen Technik her- 
vorgegangen und nur verdorben sind oder ob sie nicht vielmehr der 
Periode vollständiger innerer Auflösung der Gromatiker bei einem schein- 
haften äußerlichen Fortleben derselben und Forthantieren mit den Bü- 
chern und Bildwerken der alten Meßkundigen angehören‘, so beantwortet 
das Ripoller Kompendium, das offenbar dem praktischen Bedürfnis eines 
an Latifundien reichen Klosters nachkam, und dessen Urheber mit seinem 
sermo agrestis sich mehr um den ager (loca religiosa) als um den Priscian 
kümmerte, die Frage im Sinne der ersten Alternative. Unbedingt wird 
man Mommsen zustimmen, wenn er diese Stücke ,Dokumente aus einem 
der dunkelsten Gebiete der Tradition antiker Technik während des frü- 
hesten Mittelalters‘ nennt, und wenn er urteilt, daß ‚was von dieser sich 
erhalten hat, für künftige Prüfung aufbewahrt zu werden verdient‘. 
5* 


68 Ш, Abhandlung: Beer. 


poller Skriptorium hergestellt oder von dem Kloster erworben 
wurden, so die prächtige Priscianhandschrift (heute Nr. 59), 
die sehr umfangreiche Glossensammlung, die so oft unter dem 
Namen ‚Liber glossarım et tonologiarum‘ zitiert wird (Nr. 74), 
ferner der Kodex, welcher des Boöthius Kommentar zu den 
Kategorien des Aristoteles und den Liber de Magistro des 
Augustinus, sowie zum Schluß einige Verse aus der Thebais 
des Statius enthält (Nr. 83). Berühmt waren auch zwei ‚alte‘ 
Konziliencodices der Ripoller Bibliothek: Marca hatte sie stu- 
diert, Burriel über sie berichtet, wie den einschlägigen, von 
Rodriguez de Castro in seiner Biblioteca Española II, 304, 307£. 
mitgeteilten Nachrichten zu entnehmen ist.! Die beiden wert- 
vollen Manuskripte sind 1835 verbrannt und nur von einem 
der beiden hat sich die von ‚Antonius de Olmera et de Des 
prats, monachus et Bibliothecarius regii monasterii Rivipulli‘ in 
Ripoll selbst ,decimo octavo cal. Febr. 1776* vollendete Ab- 
schrift erhalten (heute Kodex Nr. 77). Olmera ergänzt die an- 
derweitig bekannten Nachrichten: ‚exstant bini manuscripti 
membranacei quorum quisque es (so) collectio antiquorum ca- 
nonum Ecclesiasticorum, unus quidem molis maioris . ..... 
Ex Бос ergo codice desumptum est presens hoc apographum‘; 
irrt de Olmera nicht bei seiner Bestimmung: codicem vero istum 
scriptum conicio saeculo XI ex compendiariis notis, quibus uti 
visum fuit‘, so muß wenigstens diese eine Handschrift frühe- 
stens der Olivazeit angehüren.? Dagegen dürfen wir annehmen, 
daß die ursprüngliche Anlage einer anderen, leider verlorenen 
Handschrift bereits ins 10. Jahrhundert füllt; sie war ehedem 
mit Nr. 40 bezeichnet und wurde von Rivas unter dieser Num- 
mer als ,Necrologium Monachorum et Benefactorum Monasterii 
ЕВ умри! — Martirologium Sanctorum — Regula S. P. Bene 
dicti* katalogisiert. Es ist dieselbe Handschrift, aus welcher 
Villanueva den (erst im 11. Jh. eingezeichneten) bereits erwühnten 
Handschriftenkatalog publiziert und auch sonstige schützens 





1 Algunos Códigos solo contienen de los concilios Españoles hasta d 
IV Toledano, como los que vió Marca en el Monasterio de Ripoll. 

3 Dieselbe Altersbestimmung (s. XI) auch in der betreffenden Beschreibung 
des Katalogs vom Jahre 1823, die Ewald, Reise 392 mitteilt. Villanuers 
weist Viage VIII, 55 die Handschrift dem Anfang des 10. Jahrhur 
derts zu. 


Die Handschriften des Klostess Santa Maria de Ripoll. f. 69 


werte Notizen mitgeteilt hat.! Altes Ripoller Gut ist ferner der 
jetzt unter Nr. 52 in Barcelona aufbewahrte Kodex; Einzeich- 
nungen aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts bezeugen deut- 
lich diese Provienz. Der Hauptinhalt des Kodex, das Carmen 
des Johannes Diaconus, die Vita Gregorii von demselben und 
Gregors Homilien in Ezechielem samt der Expositio super 
cantica canticorum, ist aber älter als diese Einzeichnungen und 
gehört bestimmt dem 10. Jahrhundert an. Das Gleiche gilt 
auch von der Handschrift Nr. 46, die bereits bei Besprechung 
der vor- und nachgebundenen sehr alten Fuero juzgo-Blätter 
erwähnt wurde. Der Kodex als solcher birgt Grammatisches, 
so Baeda, Donat u. a., sämtlich im 10. Jahrhundert, also in 
vorolivianischer Zeit aufgezeichnet. Einzelne Teile dieser Misch- 
handschrift weisen schon vorbereitend auf den wesentlich er- 
weiterten Kreis literarischer Interessen jener intellektuell reich 
bewegten Periode, die mit der Zeit des Hirtenamtes des 
Abtes Oliva zusammenfällt und unsere volle Aufmerksamkeit 
erheischt. 

Oliva, der dritte Sohn des gleichnamigen Grafen von Cer- 
даба und Besalü, Urenkel Wifreds, des Gründers von Ripoll, 
trat, noch nicht 32 Jahre alt,? als Mönch in das Kloster ein, wurde 
1008 zum Abt Ripolls, nach dem Tode Borrells, Bischofs von 
Vich, zum Bischof dieser Kirche gewählt und war geraume 
Zeit auch Abt von Cuxá im Roussillon. Die durch lange Jahre 
entfaltete Wirksamkeit dieses 1046 verstorbenen Abtes ist die 
glänzendste, welche die Ripoller Klostergeschichte kennt, und 
bildet einen dankbaren Vorwurf für eine kirchen- und kultur- 








1 Auch sonst ist dieser Kodex, in dem wir eine wichtige Quelle für die 
Geschichte des Klosters verloren haben, wiederholt benützt worden, so 
z. B. von Próspero de Bofarull in den Condes vindicados, Bd. I, 37, 97, 
106. 

з Apenas contaba 32 años‘ Pellicer y Pagés, Santa Maria del Monasterio 
de Ripoll, p. 62. Das, so viel ich sehe, durch die bekannten Urkunden 
nicht belegte Datum der Geburt Olivas mag der Autor den Dokumenten 
des Kathedralarchivs von Vich entnommen haben. Mit der Ansetzung 
der Geburt Olivas ins Jahr 971 würde ungefähr stimmen, daß ihn das 
Nekrologium zu Vich ‚in optima senectute‘ sterben läßt (España Sagrada 
XXVIII, 134). Die Angabe von Torres Amat, Memorias, p. 445: nació 
al fin del siglo diez ist schon deshalb zu vag gefaßt, weil Olivas Vater 
(Cabreta), wie wir bestimmt wissen, 990 starb, 


10 IH, Abbandiung: Beer. 


geschichtliche Monographie, umsomehr, als das Hirtenamt Olivas 
außerhalb Spaniens fast gar nicht, unter den deutschen Histo- 
rikern nur von Gams in seiner Kirchengeschichte Spaniens II, 
2, 436 ff. und hier recht ungenügend behandelt wurde.! 

Der vorliegenden Untersuchung obliegt nur, die wichtig- 
sten Ereignisse der olivanischen Epoche aus den zum Teil schon 
früher, zum Teil jetzt neu erschlossenen Quellen kurz namhaft 
zu machen. Zu diesen gehören die bereits genannte Historia 
brevis monasteri Rivipullensis vom Jahre 1147,? ferner die 
Gesta Comitum, die (im Kapitel 10 De tribus filius Olibani 
Cabretae) Oliva als berühmtes und verdientes Mitglied der 
grüflichen Familie schildern, sowie ziemlich zahlreiche Urkun- 
den; leider sind auch diese bisher weder vollständig noch ent- 
sprechend genau verüffentlicht worden, wobei zu bemerken ist, 
daß ein Teil der wichtigsten Olivaakten nicht auf spanischem 
Boden, sondern in der Pariser Bibliothéque Nationale aufbe- 
wahrt wird. 

Über die hier zunüchst in Betracht kommende Handschrift 
der Pariser Nationalbibliothek F. lat. 2858 (olim Colbertinus 
5222) hat Baluze keine nühere Mitteilung gemacht, sie ist im 
Catal. cod. ms. Bibl. Regiae ПІ, 343 (1744) ungenügend beschrie- 
ben worden und auch die wiederholte, in jüngster Zeit anläß- 
lich der Ausgaben der Lupusbriefe erfolgte Benützung der Hand- 


! So meldet Gams, a. a. O. 437: Einige sagen, daß er (Oliva) 38 Abteien 
geleitet habe. Diese Nachricht beruht auf argem Mißverständnis einer 
Stelle der Gesta Comitum Barcinonensium (Marca Hispanica, col. 543): 
Oliba fuit monachus Rivipulli et Abbas, deinde Episcopus Vicensis; спі 
etiam fuit commissum regimen monasterii sancti Michaelis de Сахапо. 
Sedit etiam in episcopatu annis XXVIII et rexit coenobia (gemeint sind 
Ripoll und Cuxá) XXXVII. Es ist wohl klar, daß nur von Olivas 
38 jähriger Wirksamkeit als Abt die Rede sein kann. 

Marca Hispanica App., Nr. CCCCIV, col. 1295ff. Der anonyme Verfasser 
benützt auch für die olivianische Zeit die Urkunden des Klosterarchivs, 
am eingehendsten den Akt über die vierte Dedikation der Kirche, wel- 
cher nach Vollendung des großartigen, von Oliva ausgeführten Wieder- 
aufbaues des Klosters ausgefertigt wurde; er kennt die für Ripoll aus 
gestellte, an Oliva gerichtete Bulle Benedikts УШІ., ferner das Privileg 
aus dem Jahre 1011, welches das Kloster auf Olivas Betreiben vom 
Papste Sergius erhielt, und deutet auch die Beziehungen an, die Oliva 
außerhalb seiner Diözese zu unterhalten wußte. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 11 


schrift ist der genaueren Kenntnis ihres Gesamtinhalts nicht 
zugute gekommen.* Der erst nach 1664 zusammengestellte Band 
vereinigt zwei nicht nur nach dem Inhalt, sondern auch nach 
Entstehungszeit, Provenienz und äußerem Habitus ganz ver- 
schiedene Stücke: fol. 1—63 des jetzigen Volumens in Klein- 
quart enthalten die ‚Epistolae Beati Lupi Abbatis Ferrariensis‘ 
8. IX—X und befanden sich, wie unter anderem eine größtenteils 
ausradierte Ursprungsnotiz fol. 1" /// nobii /// /// UI II fera [|| 
dartut, im 16. Jahrhundert in dem 630 gegründeten Benedik- 
tinerkloster zu Ferriéres (Loiret); fol. 64—11 (ein Quaternio) 
in Oktav, erst zu Colberts Zeiten beigebunden,? enthalten zu- 
náchst Anicii manlii seuerini boecii uiri clarissimi ex consulum 
ordinibus edici (so) prima super categorias aristotelis a se uer- 
bum e uerbo translatas de greco in latinum (Fragment) s. XI 
und dann von 68" an, wohl von derselben Hand, die uns hier 
interessierende Korrespondenz, die sich bei genauerer Prüfung 
als weit inhaltsreicher erwies, als die bisherigen Mitteilungen ver- 
muten ließen; die Schrift ist zum Teil flüchtig hingeworfen, 
zum Teil stark verblaßt, so daß die Lesung sehr erschwert 
wird; aus diesem Grunde hat wohl auch André Duchesne, 
unter dessen handschriftlichen, in der Pariser Nationalbibliothek 
aufbewahrten Kollektaneen? (vol. 56, fol. 414—417) sich die 
Kopie eines Teiles dieser Korrespondenz findet, von der Ab- 
schrift einiger Stücke abgesehen. Ich notiere: 


! G. Desdevises du Dezert bespricht in seiner Ausgabe: Lettres de Servat 
Loup, Texte, Notes et Introduction, Paris 1888, 8.6 auch den zweiten 
Teil des Kodex 2858, folgt aber durchaus den Angaben des alten Cata- 
logus codicum, auf den er auch in der Note verweist, und wiederholt 
(,5. Une lettre d'un moine anonyme à un autre moine nommé Jean. 
6. Une autre lettre du méme etc. 11. Une lettre anonyme à un philo- 
sophe inconnu, désigné par l'initiale R* u. a. m.) alle Fehler jenes Kata- 
loges vom Jahre 1744. Darum durfte auch in der jüngsten Ausgabe der 
Briefe des Lupus, Mon. Germ., Epist. IV, I, S. 5, Anm. 5 nicht behauptet 
werden: Desdevises p. 5—6, ubi accuratius de altera consuta codicis 
parte agitur. Vgl. auch A. Levillain, Bibl. de l'Ecole des Chartes LXII, 
1891, 455 Anm. 2. 

з Levillain bemerkt а. a. О. richtig: il est certain que ce cahier n'a rien 
й voir avec le ms. де Ferrières. 

3 Vgl. Bibliothéque Nationale. Catalogue des manuscrits des collections Du- 
chesne et Bréquigny par René Poupardin. Paris 1895. 





12 MI. Abhandlung: Beer. 


1. fol. 66" (nicht bei Duchesne): Domino patri oliue et 
almo pontifici beati mich(aelis archangeli in) cenobio (es ist San 
Miguel de Cuxá) degentes in domino filii salutem . . . dum do- 
mino niteremur offerre preces pro anima apud uos defuncti 
fratris dolorem nimium nobis intulit subito deilarii cellalarii le- 
uite et monachi deposicio. Tercio enim die dominice resurec- 
cionis id est XII. K. mai tempore sancti sacrificii permissu dei 
reliquid uitam huius seculi; hunc ergo uestris uestrorumque 
commendamus orationibus... Zu beachten ist die Datierung 
des Todestages des Deilarius ohne Jahresangabe, die auch den 
folgenden Abschriften fehlt; der Tod erfolgte XII. Kal. Mai, 
20. April, am 3. Tage nach dem Ostersonntag; auf den 18. April 
fiel der Ostersonntag 1025, also fünf Jahre nach dem Tode des 
Grafen Bernhard, auf den sich das folgende Rundschreiben 
bezieht. 

2. fol. 667-677 (Duchesne fol. 4147 —414") == Marca Hisp. 
App. CLXXXVII, col. 1024: Dilectissimis patribus et fratribus . . 
(Rundschreiben der Mönche Ripolls und Cuxás über den Tod 
des Grafen Bernhard von Besalú). In dem Colbertinus folgt 
gleich nach den letzten Worten des Schreibens (Deus pacis et 
karitatis sit semper cum omnibus uobis) ein Electuarium ad 
catairon (so) et ad omnes interiores dolores (vier Zeilen, auch 
von Duchesne kopiert), darauf (fehlt in der Marca Hisp.): 


Iam sine fine dei ualeas plebs inclita sumi (so) 
Immemor haud nostri plebs ueneranda dei 
Accipe funereum mesto de pectore luctum 

Si tua cum propriis probra lauentur aquis 
Atque iterum salue felix et perpete uiue. 


3. fol. 67" —68: (Duchesne fol. 415") = Marca App. 
CLXXXIX, col. 1026: Gaucilino sancte prime sedis bituricensis 
archiepiscopo . . . O.! sancte ausonensis ecclesie presul ... Nach 
dem Schluß des von Marca mitgeteilten Textes (. . . perenniter 
iungat Deus) folgt im Colbertinus (nicht in der Marca Hisp., 
doch von Duchesne kopiert, der aber am Rande des Col 
bertinus irrig bemerkte ,versus Gauzilini', also nicht erkannte, 
daß wir ein akrostichisches Gedicht an Gauzlin vor uns 


haben): 


Ір h. Oliva. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. І. 13 


Germine conspicuos pulero decorando clientes 
Aureus etherea prefulges consul in astra 

Vita tui donec diano ! stat corpore uigil 

Cuius in esperie facundo concita cursu 

Institit interior fines doctrina benigne 

Luxque suo сіаго meum сог tersit amictu 

Inde means ut sol exaussit nubila cuncta 

Nunc decus eximium nostri uenerandeque? presul 
Excipe quod nostre potis est tibi dicere carte. 

4. fol. 68: (Duchesne fol. 414 "f.) = Marca App. CLX XXVIII, 
col. 1025 8: Omnipotentis dei clementia. Gauzlin an Oliva. Nach 
dem Schluß des von Marca mitgeteilten Textes folgt: 

Omnia possideant uestram moderamina mentem 
Luceat et magni pectore consilii 

Ipse deus sit ubique tibi protectio tuta 

Blanda salus egrum iam refouens animum. 
Ampla manus domini forti uirtute gubernet 

Et regni pulcro uos locet in solio. 


Darauf wieder ein Electuarium (ad suspiriosos), 11 Zeilen 
(nieht bei Duchesne), dann 

5. fol. 68* (Duchesne fol. 416"): Piissimo Patri oliue con- 
ciola alme genetricis marie (d. Б. die Gemeinde der Ripoller 
Mönche) meldet den Tod des Remundus diaconus. 

6. fol. 68" (nicht bei Duchesne): Venerabili atque hono- 
rabili domino fratri Johanni il. monachus. Ein Dankschreiben: tue 
pietatis dono effectus sum diues... Siquidem karissime domine 
inmensas tibi refero grates pro tantis impensis et beneficiis. Der 
Adressat dieses und des folgenden Schreibens wohl identisch 
mit Johannes von Fleury, der sich in Nr. 9 an Oliva wendet. 

1. fol. 68" (Duchesne fol. 4167): Venerabili patri domino 
Joanni monacho suus illius famulus poncius monachus. Ein für 
die Kenntnis des Handschriftenleihverkehrs wichtiges Schreiben 
(betreffend die Salomon gehörigen Manuskripte), s. S. 97, A. 3. 

8. fol. 68" (Duchesne 415’): Domino et uenerabili Santio 
regi iberico Oliua sancte presul ausonensis aecclesie. Das bis 
jetzt unbekannte Schreiben Olivas an König Sancho den Großen 
mit der Bitte um einen Beitrag zum Bau der Ripoller Kirche; 
weiter unten (S. 79f.) unter den Regesta Oliviana mitgeteilt. 


! 8o (für sano). ? Die Hs. hat uenerandique. 


74 III, Abhandlung: Beer. 


9. fol. 69" (Duchesne 415"): (Reverendissi)mo et si dicere 
audeam amantissimo domino! abbati oliue frater Joannes humilis 
monachus . . . (Drucknachweis unter den Regesta Oliviana Jahr 
1022). Diesen Johannes monachus Floriacensis mit dem in den 
vorhergehenden Briefen genannten Johannes zu identifizieren 
liegt nahe. Nach den letzten Worten des Briefes . . . non parua 
dona dominus Gaucilinus abbas aut uobis aut uestris legatis 
sicut petii libens tribuet folgt im Colbertinus ein bisher unbe 
kannter Hymnus auf Oliva in Distichen ‚cum figura ерапа- 
lepsis (vgl. Sedulius, Hymnus I), also in sogenannten uersus 
echoici oder ,serpentini*: 


Laudibus egregiis ueneraris climate cuncto 
Tolleris haud modicis laudibus egregiis 
Edocet omnimodis sermo tuus omnia queque? 
Lingua tui corda edocet omnimodis 

Presul amate Deo radiaris solis ad instar 
Iustus es a iusto Presul amate deo 

Abba pater meritis Nec non consistis et idem 
Diceris apte deo Abba pater meritis 

Nomine fersque tuo Per magnum omen oliue 
Quod pacem portat Nomine fersque tuo 

Angelus in facie semper dinosceris esse 
Pares cum luce Angelus in facie 

Cencies ergo uale sacer inclite sancte beate 
Es quoniam felix cencies ergo uale 

Christus ab arce poli tribuat sedes paradisi 
Vitam concedat Christus ab arce poli. 


10. fol. 69* (Duchesne fol. 4167): Oliua sanete ausonensis 
Ecclesie presul . . . universo cetui cenobio dei genetricis com- 
manenti — Marca Hisp. App. CXC, col. 1026f. Vgl. weiter 
unten 8.79 und 84. Die von Baluze auspunktierten Stellen sind 
tatsächlich so verblaßt, daß eine Lesung unmöglich erscheint. 

11. fol. 69" (Duchesne 416"): Universis abbatibus christi- 
que fidelibus quoquo locorum habitantibus floriacensis conciola 
deiecta et patre uiduata gibt Nachricht vom Tode ihres Abtes 
Abbo. 





1 Duchesne fügt vor domino das im Original nicht enthaltene Wort ‚meo‘ ein. 
* Omnia queque — quaecumque. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 15 


12. fol. 69"f. (nicht bei Duchesne): Tocius philosophie 
nitore decorato domno A.1 egregio philosopho peripsima (?) 
et despectus eius cliens il aeterne brauium remunerationis. 
Quanta unice dilectionis deuotione mens mea uestre uenerationi 
substernitur explere (so) uerbis nequeo. Elemosina enim uestre 
karitatis non tantum prodest accipientibus nucas scientie liberalis 
set iterum danti uobis quantum spes premii solatium sit laboris. 
Denique celsitudinem uestre largitatis corde tenus exposco ut 
pietatem (fol. 70") quam circa me actenus exibuistis in docendo 
inrefragabiliter in finem usque protendatis quatinus premium 
perhenne percipere mereamini a christo deo. Sciatis autem 
uolo quia hec est proprii cordis affectio ut deus uestros acu- 
mulando conseruet amicos et deiciendo ocius conterat inimicos. 
Interea polleat sanitas et longe fiat omnis aduersitas. 

Fidum me uestri famulum per secula scito Milies ut uale- 
tis(so) dominus concedat Jhf. 

Dico libenter amen nostrum sic finio carmen. Der übrige 
Teil von 70: und 71" ganz blank, auf 71" Federproben. 

Die hier dem Inhalt nach skizzierten, im letzten selbstän- 
digen Quaternio des Kod. 2858 nach dem Boéthiustext ent- 
haltenen Stücke bieten, wie man sieht, zum überwiegenden 
Teile eine auch in literarischer Beziehung beachtenswerte Kor- 
respondenz zwischen Ripoll und Fleury (Saint-Benoit-sur-Loire) 
aus dem ersten Drittel des 11. Jahrhunderts, angefangen vom 
Tode Abbos von Fleury (f 1004); ein gewisser Parallelismus 
zwischen Gauzlin von Fleury und Graf Oliva von Ripoll tritt 
auch äußerlich hervor. Den Ursprung der für den Haus-, viel- 
leicht für den Schulgebrauch bestimmten Sammlung haben wir 
in Ripoll zu suchen,? Stücke wie 1, 5, 3 und — falls meine 
Vermutung bezüglich des Scholasticus Arnallus zutrifft — auch 
12 waren für Fleury belanglos. Den Ripoller Ursprung ver- 


! Cat. cod. ms. Bibl. Reg. III, 344 ‚ad R philosophum'. R ist sicher falsch 
gelesen, A unzweifelhaft richtig, damit der Hinweis anf Arnallus scho- 
lasticus von Ripoll gegeben, an den als ehemaligen Lehrer sich Johannes 
(von Fleury?) gewendet haben mochte (pietatem . .. in docendo . . . pro- 
tendatis, vgl. auch accipientibus nucas scientiae liberalis). 

1 Eine große Zahl solcher Briefe samt den Antworten wurde im Archiv 
zu Ripoll aufbewahrt, vgl. Villanueva VI, 187. Möglicherweise war der 
Leiter der Klosterschule, Arnallus, Veranlasser der Zusammenstellung. 


16 Il. Abhandlung: Beer. 


mutet auch Alex. Vidier, der eine Publikation der Gauzlin 
betreffenden Stücke vorbereitet.! Zu dem auf den ersten drei 
Blättern des Quaternio enthaltenen Boöthiustext wäre endlich 
noch die unter Nr. 126 der von Rivas angelegten Liste ent- 
haltene Beschreibung: Boetii et Aur. Augustini editio super 
Cathegorias Aristotelis de verbo ad verbum in latinum trans- 
latas zu vergleichen, noch genauer stimmt der in dem von 
Baluze erworbenen Katalog der Ripoller Codices (Paris, Nat. 
Bibl, Baluze 372) fol. 14" unter Nr. 90 verzeichnete Titel: 
Апісії Manlii Seuerini Boecii clarissimi ex consulum ordinibus 
editio prima super cathegorias Aristotelis a Se uero Bü (so)e 
verbo translatus de greco in Latinum. So haben der Kopist 
des Boethiustextes und der Verfasser des in den Besitz Baluzes 
übergegangenen Katalogs wohl ein und dieselbe Vorlage vor 
Augen gehabt. Auf jeden Fall ist dargetan, daß die wert 
vollsten bis jetzt bekannten Urkunden für die Kenntnis der 
Geistesgeschichte der Olivianischen Zeit nicht im alten Ripoller 
Bestand zu Barcelona, sondern in Paris aufbewahrt werden. 


1 Ich nehme hier gerne Gelegenheit, diesem zuvorkommenden Beamten 
der Nationalbibliothek für vielfältige freundliche Unterstützung, unter 
anderem für den Nachweis der Abschrift Duchesnes bestens zu danken. 
Ebenso enthält die Handschrift der Pariser Nationalbibliothek F. lat. 
7476 (Cat. IV, 364) als einzige Quelle der Überlieferung ein wertvolles 
Schriftdenkmal der Olivaepoche (в. 5. 84); die vorgenommene Prüfung des 
Kodex F. lat. 5132 (Cat. IV, 42), der allerdings zumeist Ripoller Urkunden 
aus dem Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts enthält, hat ge 
zeigt, das außer den Gesta comitum Barcinonensium noch andere, in dem 
Sammelband enthaltene Stücke auf die olivianische Zeit reflektieren. 
Ferner fand ich in Band 107 der Kollektion Baluze zu meiner Über- 
raschung eine sehr stattliche Reihe bisher unbekannter Abschriften von 
Urkunden, die sich durchwegs auf Ripoll beziehen; mehr als hundert 
Blätter der Handschrift (fol. 180—984) füllend und die Zeit von der 
Klostergründung bis 1440 (Bulle Eugen IV. an Ripoll aus diesem Jahre 
umfassend, bilden sie einen wenn auch nicht vollständigen, so doch 
immer willkommenen Ersatz für die alten Kartulare, deren Verlust s 
schmerzlich empfunden wurde, zugleich auch einen Beleg für die Rich 
tigkeit der oben 8. 14 gegebenen Wertung der bisher wenig dorch: 
forschten Kollektaneen Baluzes. Außerdem enthalten noch Band 108 
und 109 derselben Sammlung schätzbares einschlügiges Material. Endlich 
sei noch einer kürzlich erfolgten Erwerbung der Nationalbibliothek ge 
dacht, des Ms. F. Esp. 520: Jaime Villanueva, Memorias cronológicas de 
los condes de Urgel, Manuscrito autógrafo; auch in diesem noch ur 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 77 


Die ausführlichste Würdigung von Olivas Wirken als 
Bischof und Abt wird noch immer Enrique Florez verdankt, 
aus dessen nachgelassenen Papieren der Episkopolog von Vich, 
darunter die Biographie Olivas, in der Espana Sagrada XXVIII 
(17741), 121—140 veröffentlicht wurde; hier ist namentlich das 
von Marca publizierte Material verständig verwertet worden, 
nicht vollständig hingegen, wie es scheint, der wertvolle hand- 
schriftliche Episkopolog des Juan Luis de Moncada, Dekans 
der Kirche von Vich (f 1653)! Einige Nachträge lieferten 
Villanueva (Viage VI, 181ff. und VIII, 8f, auch mit Urkun- 
denpublikationen), ferner zuletzt Pellicer y Pages.” Trotz man- 
cher Unsicherheit, die betreffs einzelner Fragen und Urkunden- 
texte herrscht, verfügen wir bereits über ein ziemlich inhalts- 
reiches Material für die Regesta Oliviana, das freilich die noch 
zu schaffende wissenschaftliche Biographie des. bedeutendsten 
Ripoller Abtes wird überprüfen und ergänzen müssen. 

Unter demselben Vorbehalt teile ich im folgenden einige 
der einschlägigen Daten mit: 


971: (?) Geburt. (Pellicer у Pagés 62.) 
983: (?) Anwesenheit bei der Einweihung des Klosters San Lorenzo de Васі. 
(Pellicer y Pagés 79.) 


edierten Werk des trefflichen Forschers werden verschiedene, die Ri- 
poller Blütezeit betreffende Fragen erörtert. 

Über ihn und den auch von Caresmar gerühmten Episkopolog vgl. Torres 
Amat, а. а. О. 425f., Villanueva, Viage VI, 2f., Esp. Sagr. XLIII, p. XIX 
(Handschriftenschätze, S. 407). Wenn Florez vom ‚Dean‘ spricht (,dice 
el Dean‘, 8. 132), so ist Moncada gemeint. 

Torres Amat, Memorias 445ff. s. v. Oliva und Vicente de La Fuente, 
Historia eclesiástica de España ПІ? (1873) 308ff. wiederholen, was die 
Anführung urkundlicher Quellen anlangt, nur Bekanntes; merkwürdiger- 
weise ließen alle Biographen das enthusiastische Enkomion unbeachtet, 
das der Verfasser der Gesta vel obitus domini Petri ducis Venetiae at- 
que Dalmatiae, veröffentlicht von Mabillon, AOSB. saec. V, 878—888, 
am Schluß seiner Relation Oliva widmet; besonders auffällig ist diese 
Lücke in den Nachträgen Villanuevas, da er ausdrücklich auf den von 
Oliva dem Petrus Urseolus zu Ehren eingeführten Kult hinweist (Viage, 
VI, 185). Andererseits ist wieder Edélstand du Méril, der in seiner 
Ausgabe: Poésies populaires latines du moyen-âge, Paris 1847, S. 302 ff. 
den Parisinus 6132 ausführlich beschreibt, der eben zitierte Druck der 
Gesta Petri ebenso unbekannt geblieben wie die von Baluze besorgte 
Ausgabe der ‚Gesta comitum‘, von denen sich eine später noch zu be- 
sprechende Rezension in derselben Handschrift findet. 


D 


18 


990: 


1000: 


1002: 


1008: 
1009: 


1011: 


1012: 


1018: 


1019: 


1020: 


ПІ. Abhandlung: Beer. 


Tod des Vaters Olivas, Oliva Cabreta, Grafen von Besalú und Cerdaña. 
(Marca Hispanica 414.) 

Zeuge bei dem Akt einer Schenkung des Grafen Bernhard von Besalü 
an das Kloster Cuxá. (Marca Hispanica 418. Urkunde aus dem Kar 
tular des Klosters ediert ebenda App. CXLVII, сої. 954.) 

Eintritt in das Kloster Ripoll. (Chronicon Rivipullense aus der Bibliothek 
del Carmen descalzo zu Barcelona, vgl. Villanueva VIII, 8; Pellicer 
y Pagés 62; Chronicon alterum Rivipullense, aus dem verlorenen Cod. 
ol. 37, Villanueva V, 244.) 

Wahl zum Abt von Ripoll. (Villanueva VIII, 8.) 

Ardmannus und dessen Gattin Ша verkaufen ein von Oliva, Abt von 
Ripoll, erworbenes Allod. (Nach dem Kartular der Kirche Urgel, Marea 
Hispanica 421.) — Teilnahme an der Einweihung der Kirche San 
Martin de Canigó. (Marca Hispanica 421 und 972, Pellicer y Pages 79.) 
Oliva, Abt von Ripoll und Cuxá, erbült von Papst Sergius IV. die 
Bestütigung des Besitzes und der Privilegien der beiden Kloster. (Marca 
Hispanica 423; App. CLXIVf., col. 978ff.; für Ripoll Pellicer y Pagés 
384ff, hier in den wesentlichen Teilen übersetzt nach einer vom Ri- 
poller Archivar Mariano Peraller 1711 angefertigten, jetzt im Archiv San 
Pedro zu Ripoll aufbewahrten Abschrift; Jaffé* 3974.) — Graf Wifred 
und dessen Gattin Wisla schenken dem Kloster Ripoll ein Allod in der 
Stadt Ventolano (Grafschaft Cerdaña) Facta carta donatione VL Kal. 
Mart. Anno XV Regnante Roberto Rege (Auszug aus der Urkunde iu 
der Hs. der Pariser NationalbibL, Kollektion Baluze, 109, fol. 407). 
(?) Eodem anno aut circiter Oliba Abbas Rivipullensis invisit limina 
Apostolorum Petri et Pauli et a Benedicto VIII. Papa privilegium 
obtinuit ut in monasterio Rivipullensi cantetur alleluya et hymnus 
angelicus in festivitate hypapanti sive in festo purificationis beatae 
Mariae usw. (Marca Hispanica 424; Abdruck der Bulle aus dem Archir 
Ripoll ebenda App. CLXX, col. 994f. übersetzt Pellicer y Pagés 3921. 
Die Originalbulle caj. 1, leg. 4 des Archivs und die bezügliche Stelle 
der Consueta des Klosters besprochen von Villanueva VIII, 52£.) 
Wahl zum Bischof von Vich; verleiht die Kirche Torello dem Ritter 
Gambaldus auf Ersuchen der Gräfin von Barcelona Ermesinda. (Е. 8. 
XXVIII, 123.) 

Oliva, Abt von Ripoll, und sein Bruder Bernhard, Graf von Besalú, 
entscheiden als Richter in einem Streite zwischen Ermesinda, Gräfin 
von Barcelona, und Hugo, Graf von Ampurias. (Marca Hispanica 430 
und App. CLXXXI, col. 1013f.; E. S., а. а. 0.) Oliva verkauft einige 
Besitzungen mit Genehmigung des Grafen Wifred von Сегдайа, des 
Bischofs von Narbonne u. a. (Marca Hispanica, col. 431.) 

Tausch eines Allods des Klosters Cuxá gegen Besitzungen der Vize: 
gräfin Altrudes. (Aus dem Kartular des Klosters Cuxá, Marca Hispanica 
App. CXCII, col. 1031.) — Anläßlich des Todes Bernhards, Grafen von 
Везаїй, des Bruders Olivas, in den Fluten der Rhóne: Die oben er 
wühnte Enzyklika (mitgeteilt von Villanueva VI, 302ff. nach einer 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 79 


Urkunde des Archivs von Ripoll, vgl. Marca Hispanica 431); Brief- 
wechsel zwischen Oliva und Gauzlin (Quelle oben S. 72f. 
Anm. angeführt); Reise Olivas nach Manresa mit der Gräfin Ermesinda 
zum Zweck der Wiederherstellung der dortigen von den Mauren ver- 
wüsteten Kirche Santa Maria (‚ut legitur in veteri membrana‘ Marca 
Hispanica 387; E. S. XXVIII, 124). 


1022: Anwesenheit bei der Einweihung der Kirche San Pedro de Roda (Marca 
Hispanica App. CXCIV, col. 1034), der Kirche Santa Maria de la Рійа 
(Pellicer y Pagés 79) und der Kirche 8. Pablo im Tale Conflent (Villa- 
nueva VI, 181f. und 289 nach der Urkunde aus 8. Pedro de Cam- 
prodon); Brief des Münches Johannes von Fleury an Oliva über 
Verbrennung einiger Ketzer im Auftrage des Königs Robert. Vgl. 
oben S. 74. (E. S. XXVIII, 124 Anm.) 


Cirea 1023: Olivae epistola ad monachos Rivipullenses (‚ex cod. 5222 
bibl. Colbertinae* (8. o. S. 74); Marca Hispanica App. CXC, col. 1026 f., 
danach E. S. XXVIII, 2766). — Wiedergewinnung der Abtei Santa Ce- 
cilia von Montserrate für das Kloster Ripoll (Marca Hispanica 433; 
E. S. XXVIII, 125 Urkundliche Quellen [Kopien]: ,Qualiter recupe- 
rauit Dominus Oliva Episcopus et Abbas Riuipullensis Sanctae Ceci- 
lia [sic] Montiis Serrati, Bestätigung des Grafen Berenger ,Facta carta 
donationis VI nonis Junii anno XXVII Regnante Rodberto Rege 
[1023]. [Signum] Berengarius gracia Dei comes qui hanc donationem ` 
feci et testes firmare rogaui, Paris, Nat. Bibl. Coll. Baluze 107, 
fol. 189—190. — Restitutio Abbatiae Sanctae Caeciliae de Monte Ser- 
rato, gleichfalls Bestätigung Berengers, ibid. fol. 287’f.); Brief Olivas 
an Sancho, Kónig von Navarra über eine eherechtliche Frage 
(E. S. XXVIII, 277 ff); Wiederherstellung der Schlósser Tous und 
Montbuy (E. 8. XXVIII, 126, nach Moncada). 


Wahrscheinlich nach 1023, mehrere Jahre vor 1032: Brief Olivas an 
Sancho, König von Navarra, mit der Bitte um einen Beitrag zum 
Bau der Klosterkirche von Santa Maria. (Vgl. oben S. 73.) Der bisher 
unedierte Text lautet: 

Domino et uenerabili Santio regi iberico Oliua sancte presul 
ausonensis aecclesie cum omni subiecto sibi grege alme riuipullensis 
marie presentis et future uite gaudia. 

Tantam nos erga te amantissime domine scias habere karitatem 
ut si tue uisum erat pietati nil obedire nobis preciperes quod (so) de- 
uotis ut serui non obediremus animis. Bed quia tua nil exigit a nobis 
pietas putamus in aliquid nos existere tibi culpabiles. Suplicamus ergo 
carissime Domine nobis ut seruis mandare unde tibi impendere pos- 
simus seruicia quia mandare si placet secundum quod est nobis posse 
obedientes in hoc deuote tue erimus iussioni, Etenim nos pro te 
tuorumque fidelium semper instantes oracioni sumus. Ob quam rem 
obsecramus ut nostre acceptabiliores sint omnipotenti orationes inma- 
culatum te custodire ab omni malo et uisitare pupillos et orphanos in 
tribulatione positos ac liberare captiuos quia hoc est munda et inma- 


80 III. Abbandlung: Beer. 


culata religio apud Deum et patrem. Precamur etiam domine aliquid 
impertiri famulis tuis ad agendum ceptum opus dei genetricis marie 
ecclesie quo illius ope fultus impenetrabilis consistere ualeas aduersus 
inimici iacula et ab omni securus culpa uultum sui filii placatum in 
die tremendi examinis conspicere. Sanitatem denique uestram et ala- 
critatem nobis si placet mandate quia non secus nostri quam reminisci- 
mur uestri. Gratia uobis semper in ypo ihu. 

1024: Anwesenheit bei der Einweihung der Kirche San Martin де Ораза. 
(Pellicer y Pagés 79.) 

1027: Schiedspruch zwischen Wifred, Graf von Сегдайа (Bruder Olivas), und 
Stephanus Isarni, betreffend ein Allod. (Marca Hispanica App. CCI, 
col. 1042 nach einer Urkunde des Archivs von Cuxá.) 

Circa 1027: Teilnahme an dem Konzil zu Vich. (Diago, Historia de los vic- 
toriosissimos antiguos Condes de Barcelona, Barcelona 1603, Lib. П, 
cap. 32, p. 94, nach ihm Marca Hispanica 434, E. S. 127.) 

1027: (?) Teilnahme an dem Konzil zu Narbonne. (E. S., a. a. О.) 

1027: Einführung eines feierlichen Kults zu Ehren des Petrus Urseolus, ebe- 
maligen Dogen von Venedig, f 997 zu San Miguel de Cuxä. (Villa 
nueva VI, 185; Gams II, 2, 436.) Vgl. oben 8. 77, Anm. 2, 

1029: Teilnahme an dem Konzil zu Vich. (E. 8. a. а. О.) 

1080: Wiedergewiunung der zwischen den Schlössern Tous und la Rocheta 
gelegenen, von Bernardus Sendredi usurpierten Besitzungen der Kirche 
Vich. (E. S. 128, nach Moncada.) 

1030—1031: (?) Beilegung des Streites, betreffend die Kirchen im Gebiete des 
Sehlosses Gurb. (Ebenda, nach einer Urkunde des Vicenser Kathedral- 
archivs. Vgl. ferner: Scriptura cessionis quarundam ecclesiarum factae 
Bernardo Sendredi ab Oliva episcopo Ausonensi circa annum Domini 
MXXXI, Villanueva VI, 290 und dazu ebenda 184.) 

1081: Intervention bei dem Streit betreffend den Besitz des Schlosses Selp 
oder Speut. (Ebenda, die betreffende Urkunde nach dem Original der 
Vicenser Kathedrale, veröffentlicht von Villanueva VI, 299f.); des 
gleichen bei der vom Gerundenser Bischof Pedro vollzogenen Schen- 
kung der Pfarrei Navata an die Kathedrale Gerona. (E. S. 129, nach 
Moncada.) 

1032: Vierte Einweihung der (von Oliva vollständig nenerbauten) Kirche 
Santa Maria de Hipoll. (Feierlicher Dedikationsakt Marca Hispanica 
App. ССУПІ, col. 1050f., Auszug in der Brevis historia mon. Hir, 5 
oben S. 70 Anm.2; E. S. 129; Villanueva VIII, 9; Pellicer y Pagé 
64—74.) — Sermo in dedicatione ecclesiae 8. Mariae Rivipullensis 2. 
D. MXXXII (‚Ex cod. MS. saec. XI in bibl. eiusdem coenobii sub 
n.57.* Villanueva VIII, 210ff., vgl. ibid. p. 26). — Carmen Olivae in 
laudem monasterii Rivipullensis editum post annum MXXXII 
(Aus demselben jetzt verlorenen cod. Riv. olim 57 ediert von Villa 
nueva VI, 306#.; vgl. ebenda 191.) 

1033: Teilnahme an der zu Vich abgehaltenen Versammlung geistlicher und 
weltlicher Würdentrüger betreffs Verkündigung eines Gottesfriedens; 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 81 


‚la gran autoridad del Obispo (Oliva) moveria А que se tuviese alli 
la Junta‘ (E. 8. 129, nach der Urkunde Nr. 2131 des Archivs der 
Kirche Ager); Epistula Olivae de constitutis ab eo insynodo 
super pace et tregua Domini observanda data post annum 
MXXXIII. (Aus dem heute verlorenen cod. Riv. olim 40 ediert von 
Villanueva VI, 308f.; vgl. ebenda 192f.) 


Nach 1033: Olivae ad posteros suique successores abbates admo- 


1034: 


1035: 


1038: 


nitio. (Aus derselben Handschrift ediert von Villanueva УТ, 310; 
vgl. ebenda 193 ) 

Intervention bei der Legatzuweisung nach D. Ramon Borrell, Grafen 
von Barcelona, zugunsten der Kirche Vich. (E. S. 130, ohne Quellen- 
angabe.) 

Teilnahme an der Versammlung von Bischöfen zu Cuxá, um diesem 
Kloster den Besitz der Kirche Santa Maria Entreambasaguas (Tre- 
mesaigues) zu bestätigen. (Marca Hispanica 438; Mabillon AOSB. IV, 
404; E. S. 130). 

Einweihung der (von Oliva vollstindig neu aufgebauten) Kathedrale 
Vich: Sede Ausonense de San Pedro y San Pablo (E. S. 130f. und 
Weihurkunde 282ff,, zuverlässiger nach dem Original des Vicenser 
Kathedralarchivs herausgegeben von Villanueva VI, 294ff.; vgl. Gams 
II, 2, 436); Feststellung der Besitzverhültnisse des Schlosses Calaf 
(Moncada nach zwei Urkunden des bischóflichen Archivs von Vich, 
vgl. E. S. 131£.); Teilnahme an der Einweihung der Kathedrale zu Gerona 
(antistes illustrissimus regalique stirpe satus ac etiam Deo dilectus et 
populo suminisque uirtutum meritis aequiparandus Oliva iure pro de- 
bito Ausonensis Episcopus', Marca Hispanica App. CCXVIII, col. 1066). 


Cirea 1038: Garsias, Mónch von Cuxá, berichtet ausführlich über Geschichte 


1039: 


1041: 


1043: 


1045: 


1046: 


und Reliquienbesitz seines Klosters an Oliva. (M. H. 441 App. CCXXII, 
col. 1072 ff, vgl. weiter unten 5. 85.) 

Nach dem Tode des Ritters Bernardus Rovira interveniert Oliva als 
Testamentsvollstrecker bei Übergabe des der Kathedrale Vich legierten 
Allods Bnadella bei Manresa. (Moncada nach einer Urkunde [Kathe- 
dralarchiv Vich?] vgl. E. S. 132.) 

Einweihung der Pfarrkirche Santa Eulalia de Rivomanitabili. (Mon- 
cada nach einer Urkunde dieser Pfarre, E. S. 132.) 

Teilnahme an dem (auf Olivas Betreiben einberufenen) Konzil zu Nar- 
bonne (Marténe-Durand, Thesaurus novus IV, col. 83f; E. S. 133); 
Teilnahme an der Einweihung der Kirche San Miguel de la Roqueta 
(Villanueva VI, 301, nach einer Urkunde des Vicenser Kathedral- 
archivs, vgl. ebenda 186; Pellicer y Pagés 79). 

Teilnahme an der Einweihung von San Miguel de Fluviá. (Marca 
Hispanica App. CCXXVIII, col. 1087f.; E. S. 133; Gams II, 2, 436; 
Pellicer y Pages 79.) 

Tod (Neerol. Vicense, E. S. 134; Chron. alterum Rivipullense Vill. 
V,245 [1047!]) Encyclica littera monasteriorum S. Mariae Rivipullensis 
et S. Michaelis Coxanensis super obitu D. Olivae episcopi Ausonensis et 


Sitzungsber. d. phil -hist. Kl. 155. Bd, 3. Abh. 6 


82 ПІ. Abbandlung: Beer. 


utriusque monasterii abbatis anno MXLVI. (Nach einer Urkunde des 
Ripoller Archivs ediert von Villanueva VI, 3028.; vgl. ebenda 187, 
dazu die Antworten des Vicenser Klerus und des Klosters Carroffum, 
[Charroux] Villanueva, ebenda; vgl. a. Gams II, 2, 437; Pellicer у 
Pagés 62); Akt der Wahl seines Nachfolgers Pedro im Archiv des Klo- 
sters Ripoll (Villanueva VI, 190). 


Die Darstellung der Wirksamkeit Olivas als Abtes von 
Santa Maria wird ein bisher nicht berücksichtigtes Moment in 
den Vordergrund zu rücken haben. Das Kloster Ripoll war 
von seiner Gründung an dazu bestimmt, die Grabstätte der 
Grafen von Barcelona zu bilden, das Saint-Dénis der Mark zu 
sein, wie später Poblet die Gruft der aragonesischen Könige 
barg! und der Eskorial das Pantheon der Herrscher Spaniens 
von Karl V. an wurde. Die Grafen von Barcelona haben die 
Stätte, da ihre sterblichen Überreste ruhen sollten, reichlich 
bedacht, dafür sind die Testamentsurkunden, die wir in der 
Marca Hispanica und in Bofarulls Condes vindicados lesen, 
sprechende Belege; auch der Anonymus, der 1147 die Ge- 
schichte des Klosters schrieb, weist ausdrücklich darauf hin 
und es wird sich noch Gelegenheit ergeben, zu zeigen, wie 
diese Seite der Bestimmung des Klosters Ripoll auf die litera- 
rische Produktion von Einfluf war. Graf Oliva, der Abt von 
Ripoll, sah in dem seiner Leitung anvertrauten Kloster das 
Grab des Gründers des Heiligtums, seines Urahnen Wifred. 
er begrub dortselbst seinen früh verstorbenen Bruder Wifred 
(Р 1020); nieht bloß kirchliche, sondern direkte Familieninter- 
essen mußten Oliva dazu bewegen, der Ruhestätte der Mit 
glieder seines Hauses die größte Sorgfalt zuzuwenden. Diesen 
Beweggründen entsprang sein fürs erste überraschender Ent 
schluß: das vor kaum einem Menschenalter neu, und zwar zum 
drittenmale aufgeführte Kloster vollstindig abtragen und den 
vierten Bau des Heiligtums aufführen zu lassen, der an Pracht 
und künstlerischer Ausschmückung alles bisher in der Mark 
Gesehene übertreffen sollte. Ja, wir dürfen annehmen, dab 
hierdurch auch die Rekonstruktion des Klosterbaues von Cuxá 
und der Neubau der Kathedralkirche von Vich, die gleichfalls 
auf Oliva zurückgehen, angeregt wurden. Andererseits даті 


1 Funerals dels Reys d'Aragó А Poblet. Transcrit y publicat per Manuel 
Bofarull y Sartório. Barcelona, 1886 (detailliertes Zeremoniell). 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. Г. $3 


die unbefangene Würdigung dessen, was der berühmteste Abt 
von Santa Maria für sein Kloster geleistet hat, dessen Abstam- 
mung aus dem regierenden Geschlechte, die hieraus resultie- 
renden Beziehungen zur Herrscherfamilie, ferner auch den Um- 
stand nicht außeracht lassen, daß Oliva von 1018— 1046, also 
23 Jahre Haupt der Diözese Vich und noch längere Zeit (etwa 
von 1011 angefangen) Abt von Cuxä war. Diese Vereinigung 
von Machtmitteln kam dem Orte zugute, an dem er ‚mit be- 
sonderer Liebe bung"? als Folge des erheblich gesteigerten 
Wirkungskreises dieses Abtes von Ripoll, der bei zahlreichen 
Einweihungen von Kirchen als willkommener Gast intervenierte, 
Konzilien in der Mark und in Frankreich als stimmführendes 
Mitglied beiwohnte, Beziehungen mit dem heiligen Stuhle in 
Rom wie mit hervorragenden Klöstern Frankreichs und, nicht 
in letzter Linie, mit dem damals mächtigsten König der Halb- 
insel, mit Sancho dem Großen von Navarra, unterhielt, ergab 
sich, was hier besonders zu betonen, eine Erweiterung des 
geistigen Gesichtskreises für alle, die mit Ripoll in Beziehung 
standen. Von diesem Gesichtspunkt aus ist auch Olivas schrift- 
stellerische Tätigkeit zu werten; weder an Umfang noch an In- 
halt bedeutend, zeigt sie uns doch die Machtsphäre des Autors, 
sie gibt die Richtung an, nach welcher sich tiefergehendes 
literarisches Arbeiten im Kloster auf den durch ihn gebahnten 
Wegen entwickeln konnte, und ist aus diesem Grunde sympto- 
matisch für die Strömungen, die wir, den gegebenen Indizien 
folgend, auch tatsächlich nachweisen können. 

Die Mehrzahl der von Oliva erhaltenen Schriftstücke sind 
Hirtenbriefe, in denen er als Oberhaupt seines Sprengels Ver- 
fügungen erläßt, Mahnungen erteilt und mit Strafen gegen die 
Zuwiderhandelnden droht. Bemerkenswert ist der Brief über 
den Gottesfrieden, der außer diesem noch Bestimmungen gegen 
Falschmünzer und Münzverfälscher enthält, ferner auch ein Offi- 
cium pro defunctis anordnet, wie denn überhaupt die Sorge 
um das Wacherhalten des Gedächtnisses an die Dahingeschie- 
denen — man denkt da an den Ahnenkultus des Sprossen eines 
Herrscherhauses — für Olivas Wirken charakteristisch ist; 





! Hunc locum speciali dilexit amore.“ Gesta comitum Barcinonensium, 
Marca Hispanica, col. 543. 


6* 


84 II. Abhandlung: Beer. 


auch die Ermahnung an seine Nachfolger spiegelt dieselbe Für- 
sorge wieder. Ein anderer Hirtenbrief wendet sich gegen die 
Missetüter, die Allodien und ‚Cartas‘! des Klosters entwendet 
hatten. Die Sprache Olivas ist im Vergleich mit anderen Stil- 
proben jener Zeit als korrekt gerühmt worden und dieses Lob 
ist nieht ganz ungerechtfertigt. Daß Oliva in seiner Jugend 
ernste Studien betrieben habe, läßt sich aus seinen Schriften 
erkennen und wird zudem ausdrücklich an einer bisher nicht 
beachteten Stelle bezeugt.” Sympathisch berührt bei Oliva, 
dem Epistolographen, die ungezwungene Frische an manchen 
Stellen, ja sogar auch ursprünglicher Ausdruck des Natur 
gefühls, wie wir es in jener Zeit nicht allzuhäufig finden und 
von dem namentlich der ca. 1023 an die Ripoller Mönche ge 
richtete Brief (s. oben S. 74 u. 79) Proben enthält.* 

Über Oliva als Prediger hat Enrique Florez Евр. 8. ХХУШ, 
155f. im Anschluß an den von ihm 265 ff. edierten Sermo Olivae 
episcopi in Natali S. Nareissi samt der Legende der Conversio 
Beatae Afrae apud Provinciam Ariciensem Civitate Augusta 
gehandelt. Aus dem Rahmen der wesentlich pastoralen Prosa- 
schriften fällt der Esp. S. 2171. mitgeteilte Brief Olivas ап 
König Sancho. In diesem Schreiben entscheidet Oliva über 
eine ihm vorgelegte eherechtliche Frage, mit der sich wichtige 
politische Interessen verknüpften, auf Grund von Belegen, die 
er aus der Schrift, den Vätern und den Canones holt, in wür 


_ 


Unter diesen ‚Cartas‘ sind zunächst Besitzbriefe zu verstehen; die Sorge 
für diese Art Urkunden dient nicht sowohl historischen, sondern prak- 
tischen Interessen. 

з Vgl. Vicente de La Fuente, Historia eclesiástica de España Ш? (1873) 309. 
Der Mönch von Cuxá Garsias wendet sich in dem oben S. 81 zitierten 
Sermo an Oliva und hebt hervor ‚Omnipotens Deus...uos.. primum 
uidelicet uernantis aetatis disciplinis, praeexerceitaminibus (eine Erinne- 
rung an Priscian) et multa sollicitudine in processu temporis laborare 
compulit. 

Cignos et gauianeum delicias Domini quam maxime custodite et quiequid 
illis aduersi acciderit aut boni contigerit continuo litteris praenotate ut 
aut prosperis collaetemur aut aduersis afficiamur. Euge autem quoniam 
est nobis et grus quae iam didicit aera saltibus peruolare asinis d 
porcis oculos eruere nideturque iam capite rubescere pennis nigrescere 
et uoce clarescere; cuius tantis prosperitatibus uos conuenit congaudere 
(Marea Hispanica col. 1026 f.) 

5 Vgl. a. Gams, a. a. O. 438. 


- 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll, I. 85 


diger und energischer Weise! Endlich besitzen wir von Oliva 
das bereits mehrfach erwühnte Carmen in laudem monasterii 
Rivipullensis;? an die ersten 16 leoninischen Hexameter schließen 
sich 15 Disticha, deren Pentameter gleichfalls Binnenreim auf- 
weisen. Der Verfasser will offenbar schon äußerlich seine 
Kunstfertigkeit in einem Gedichte zeigen, das vorwiegend versi- 
fizierte Epitaphe auf einige Ripoller Äbte und mehrere im Klo- 
ster begrabene Mitglieder des Grafengeschlechtes enthält, im 
Grunde aber auf die Glorifizierung des Verfassers hinausläuft. 
Außer dem Verse: Septimus ipse sequor qui nune sum carminis 
auctor lesen wir folgende bezeichnende Selbstverherrlichung: 


Presul Oliva saeram struxit hic funditus aulam 
Hanc quoque perpuleris ornauit maxime donis 
Semper ad alta tulit quam gaudens ipse dicauit. 


Zielbewußtes Wahren kirchlicher Interessen sowie der 
Geist frohen, impulsiven Neuerns durchziehen als Grundmotive 
Olivas Schriften ebenso wie seine persönliche Tätigkeit; die 
literarische Bedeutung des kraftvollen Kirchenfürsten liegt denn 
auch nicht so sehr in dem, was er selbst schrieb, als in dem, 
was er in dem Kreise der Seinen anregte. Als charakteristi- 
sches Beispiel hierfür darf der eben erwähnte Sermo des Mön- 
ches Garsias von Cuxä bezeichnet werden; die betreffende 
Aufzeichnung ist gewiß von Oliva angeregt worden, der einen 
Abriß der Geschichte des Klosters und eine Aufzählung der 
zahlreichen dort verwahrten Reliquien gewünscht haben mochte. 
Diesem Wunsche kommt die Relation des Mönches Garsias nach, 
die, obwohl in schwulstiger Sprache geschrieben, von ziemlich 
genauer Kenntnis der Geschichte des Klosters,” insbesondere 
von großer Versiertheit in den Vitae Sanctorum zeugt, speziell 
jener Heiligen, deren Reliquien in Cuxä verehrt wurden. So 
wird der von Oliva gewünschte Bericht zur ausgedehnten Ab- 
handlung, die an Umfang alle Schriften übertrifft, die uns von 
Oliva selbst erhalten sind. In ähnlicher Weise hat der Abt von 
Ripoll auch andere literarische Produktionen angeregt. 


1 Zum Schlusse heißt es: Datum per manus Arnalli huius operis ministri. 

з Vollständig veröffentlicht von Villanueva VI, 306 f. 

* Urkundenstudium wird auch hier angedeutet: Nonnulla ergo quae sunt 
inter cartulas descripta inueni. Marca Hisp., col. 1073. 


86 IH. Abhandlung: Beer. 


Dies ist zunächst bei dem mit dem Abte gelegentlich ver- 
wechselten Mönch Oliva der Fall, über dessen Arbeiten wir 
ziemlich genau unterrichtet sind, obwohl die Handschrift, welche 
die meisten seiner kleinen Werke vereinigte, ehemals unter der 
Nummer 37 in der Klosterbibliothek aufbewahrt, heute ver- 
loren ist. Villanueva hat sie noch gesehen und (Viage VIII, 
55.) beschrieben: dem Ende des 11. oder dem Anfange des 
12. Jahrhundert angehörend, also etwa zwei Menschenalter nach 
dem Tode des Abtes Oliva geschrieben, enthielt sie zu Beginn 
ein kurzes Martyrologium und darauf folgendes kleine Werk: 
Incipiunt epistolae de paschali cyclo Dionysiali, ab Oliva sanctae 
Virginis Mariae Rivipollensis monacho editae. Den versifizierten 
Prolog zu diesen Epistolae (nur diesen) hat Villanueva in den 
Beilagen des Bandes (220f.) herausgegeben. Der Text der 
Episteln als solcher ist uns übrigens nicht verloren gegangen, denn 
der jetzt in der Pariser Nationalbibliothek aufbewahrte, offen- 
bar aus Ripoll stammende Kodex F. lat. 7476 (vgl. oben S. 13, 
Anm. 2) hat ihn uns erhalten, dagegen sind gewisse komputistische 
Miszellen verloren, die Villanueva aus der ersterwühnten Ri- 
poller Handschrift nicht kopierte, diese Unterlassung mit den 
Worten entschuldigend: ‚son tablas de cómputo dificiles de 
entender y mas de copiar*.! Das in derselben Handschrift über 
lieferte Chronicon Rivipullense hat uns wieder Villanueva ge 
rettet (Viage V, 241—249): an Daten der römischen und älteren 
Kirchengeschichte schließen sich Provinzial- und Klosterannalen 
sowie andere an, denen vom Standpunkte eines Mönches von Santa 
Maria aus Wichtigkeit zukommt. Die Teilnahme des Mönches 
Oliva an diesen Aufzeichnungen ist móglich, aber nicht zu er 
weisen. Eine solche Autorschaft vermutet jedoch Villanueva, und 
zwar, wie es scheint, mit Recht, bei dem in der Mischhand- 
schrift enthaltenen Traktat de ponderibus et mensuris (Text 
gleichfalls verloren). Ausdrücklich wird der Mönch Oliva als 
Autor bei dem folgenden Teile der Handschrift genannt: Incı- 
piunt regulae abaci ab Oliva virginis Mariae Rivipollensis mo- 
nacho editae. In die ziemlich stattliche alphabetische Liste 


! Komputistische Tabellen schließen sich dem Text der Epistulae auch im 
Parisinus an; ob sie identisch sind mit den von Villanueva erwührter, 
kann man, da das Ripoller Ms. ol. Nr. 37 verloren ist, nicht entscheiden. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. ST 


von Abacisten, die Bubnov, a. a. O. XCff. zusammenstellte 
(Abbo— Wazo), ist Oliva als neu hinzukommender Name ein- 
zutragen; wir wüßten auch wirklich nur den Namen des Autors 
und den Titel der Schrift, wenn nicht Benito Rivas den Ein- 
fall gehabt hätte, bei der Beschreibung der Handschrift (Nr. 37 
seines Katalogs) die ersten Verse (leonin. Hex.) der Regulae 
in Abschrift mitzuteilen, für deren Treue er natürlich die Ver- 
antwortung trägt: 


‚Claret in exiguis sapientia uerbis ! 

Hisque ualere suum deprenditur esse profundum 
Cernitur бас tabula numeri consistere summa 
Legibus inque suis monstratur computus omnis, 
Illis quisque caret mathesim iam querere cesset, 
Diuidit hec numerum lectis in partibus omnem? 
Atque modo uario perducit multiplicando 

Hec sua sepe legat qui discere dogmata temptat 
Que sensu teneat summo studioque frequentat 
Ne uentus tollat quod menti tradere artat‘ ? 


hierauf folgt (nach Rivas) die Aufschrift DE MULTIPLICA- 
TIONE VEL DIVISIONE ABACI NUMERVS, mehr wissen 
wir aber nicht und kónnen nicht einmal vermuten, wie Oliva 
seine regulae entwickelte; die beiden gleichfalls in der ver- 
lorenen Handschrift überlieferten und von Villanueva, a. a. O. 
VIII, 222 ff. edierten Briefe: Epistola Olivae monachi ad domi- 
num Olivam episcopum de feria diei nativitatis Christi und 
Epistola Olivae monachi ad Dalmatium monachum de feria diei 
nativitatis Christi gestatten nur nach einer ganz speziellen Rich- 
tung (kalendarische Berechnung) einen Einblick in die kom- 
putistische Arbeit unseres Mönches. 

Ein eigentümliches Geschick waltete über der Kenntnis 
von Olivas Breviarium (so lautet die vom Autor selbst ge- 
wählte Bezeichnung) de musica. Nachdem Villanueva (VI, 51.) 
von dieser Schrift Kunde gegeben und einige Verse aus dem 
in das Breviar eingefügten Gedichtchen über die Musik mit- 
geteilt hatte, galt der betreffende Kodex für verschollen — 
wenigstens sprechen Amador de los Rios, Riano, Menéndez y 





! Im 2. Hemistich ein Wort ausgefallen, was Rivas nicht bemerkt hat. 
? Kein Binnenreim, wohl omnium zu lesen. * Wohl aptat. 


88 НІ. Abhandlung: Beer. 


Pelayo u. a. über das Manuskript so, als wenn es nicht mehr 
vorhanden wäre. Der Kodex, welcher das Breviar enthält, 
liegt aber noch wohlbehalten im Kronarchiv zu Barcelona (heute 
Ripoll Nr. 42). Von der Seite, auf welcher sich das so häufig 
zitierte Gedicht über die Musik eingezeichnet findet, ist eine 
photographische Reproduction hergestellt worden (fol. 5" der 
Handschrift, Taf. X rechts), aus der entnommen werden kann 
daß sich an das Gedicht Erläuterungen theoretischer und prak- 
tischer Natur anschließen. Es folgt hier die zum erstenmal 
gebotene vollständige Umschrift der Verse unter Berücksichti- 
gung der zahlreich angewendeten Distinktionszeichen. 


Maiores tropos - ueteres dixere quaternos: 

Omnibus ac proprios istis posuere minores ' 
Tertius at quartum - fert primus iure secundum; 
Sextum nam quintus * octauum septimus ambit; 
Maior in ascensu · cordas sibi uendicat octo; 

Finali a propria * et quinis descendit ab ipsa; 
Sicque minor quinis * constat superis et in imis; 
Quatuor in cordis- post mesen continuatis' ^ 
Troporum finis: cunctorum cernitur omnis; 

Post mesen quinta - primus finitur in ipsa; 

Qualiter est tropis- cantus quoque subditus omnis ^ 
Principio metaque sui - denotat gloria patri; 

Fine quidem cantus monstratur perpete tropus’ 

Ut pateat cantus - constet si legibus aptus* ^ 
Simphonias recte diatesseron et diapente: ^ 

Melis intensas: attendes necne remissas; 

Jam nune PETRE tibi placeant uersus monocordi’ 
Quos prece multimoda - monachus tibi fecit OLIVA: 
Hic Petre mente pia · frater te poscit OLIVA: ^ 
Emendes recte -quod uideris esse necesse. 


Der in den letzten Zeilen zweimal genannte Petrus (man 
kónnte an den Nachfolger des Grafen Oliva in der Ripoller 
Abtwürde denken, vgl. Villanueva VIII, 9) ist wohl iden- 
tisch mit dem Adressaten, an den sich die Vorrede des Rre- 
viariums (dessen Text in der Handschrift durch eine nachträg- 
lich eingefügte Philippus-Vita, fol. 4", Taf. X links, unterbrochen 
wird) wendet. Dieses für die Kenntnis gelehrter Arbeit in 
Ripoll wichtige Prooemium weist darauf hin, daß der Mönch 
Oliva wiederholt vom Adressaten ersucht wurde, ihn in die 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 89 


Musik wissenschaft einzuführen, falls entsprechende handschrift- 
liche Quellen hierfür zu beschaffen wären. Man habe nun 
allerdings in benachbarten Klöstern nach solchen Werken ge- 
sucht, leider vergeblich; gleichwohl habe der Adressat sein Er- 
suchen wiederholt, dem nunmehr der Mönch Oliva entsprechen 
will. Wie in dem Gedichtchen Petrus aufgefordert wird, zu 
bessern, was er fehlerhaft finde, so lesen wir eine ühnliche Mah- 
nung auch hier, und wenn diese nicht konventionell gemeint 
ist, so darf man ein reges wissenschaftliches Interesse auch bei 
dem Adressaten voraussetzen. 

Noch ansprechender stellt sich ein Trifolium strebsamer, 
unter der Ägide des Ripoller Abtes Oliva viribus unitis arbei- 
tender Klosterbrüder in einer ‚Prosopopeia‘ vor, die gleichfalls 
noch zu dem Breviarium zu gehören scheint, von Villanueva 
3. a. O. bereits ediert wurde, jedoch nicht vollstindig, da die 
sehr bezeichnende Randnote, die so hübsch auf die gemeinsame 
Arbeit der drei genannten Mönche hinweist, in jener Mitteilung 
ausfiel. Die Verse lauten wie folgt: 


PROSOPOPEIA. 
Sede sedens diua · comes - abbas · praesul - Oliua · Tri 
Р Rimans cum studio - quid musicet eufona clio- OLIVA 
VI Me fore delegit: Arnaldus iussa peregit - ni 
P Qui iussus peragit: quiequid laudabile sentit ARNALDVS 
Gualterus uero: de fonte regressus hibero: tas 
Formis signauit - numeris signata probauit - GVALTER? 


Wie in dem Briefe de feria diei nativitatis Christi wendet 
sich der Mónch Oliva auch hier an seinen gleichnamigen Vor- 
gesetzten, den Abt; dieser wird auch praesul, also Bischof, ge- 
nannt, wodurch die Abfassung der Verse zeitlich umschrieben 





' Cum multimode euriositatis instantissima studia feruentissimum tui ani- 
mum discendique cupidum ad quodque scibile sollicitarent artemque 
musicam precipue quia iam de ceteris aliqua noueras... desiderares а 
nobis tandem ... quod te eam...doceremus si librorum copia suppe- 
teret obtinuisti. Cum autem nec libros quos ab amico tuo quodam spe- 
rabas ... inuenisses... cum iam nuncios per uicina cenobia petendorum 
librorum causa delegasses mensurandi monocordii regularis racionem . . . 
poposeisti (schließt) Quocirca frater amantissime CHRISTO MENTE 
PIA MONACHUS SUBIECTUS OLIUA hoc breuiarium . . . suscipias . . . 
debita racione defendas. 


9 ИТ. Abhandlung: Beer. 


wird; sie muß zwischen die Jahre 1018 und 1046 fallen. Den 
Vers 5 genannten Gualterus, der von Fons Hiberus! kam und 
die Figuren sowie die musikalische Notation einzeichnete, führen 
die Schriften des Olivakreises sonst nicht an; der Zeile 3 ег- 
wähnte Arnaldus erinnert an den Schreiber des vom Bischof Oliva 
an König Sancho von Navarra gerichteten Briefes (vgl. oben S. 55, 
Anm. 1), der in der Subscriptio auch als Helfer bei der Aus 
arbeitung der Denkschrift erscheint, doch ist bei einer solchen 
Identifikation Vorsicht am Platze, weil in jener Zeit kein Name 
háufiger gewesen zu sein scheint als Arnaldus oder Arnallus. 

Immerhin ist man versucht, jenen Arnallus, der in dem 
bereits mehrfach zitierten Bericht des Mönches Garsias von 
Cuxá an den Bischof Oliva in auszeichnender Weise genannt 
wird ... dilecti praeceptoris vel in toto vestri familiaris Arnalli 
refugium duco... mit jenem Arnallus Scholasticus zu identih- 
zieren, der sich selbst in einer Translatio Sancti Stephani ab 
Jhierosolymis Constantinopolim als Verfasser nennt. Die kleine 
Schrift ist heute noch (im Kodex 40) erhalten und gewührt in 
der auf die feierliche Überschrift: Arnallus scholasticus uni- 
versis in Christo lectoribus folgenden Einleitung Aufschlüsse 
über die Entstehung des Schriftchens und Einblick in das Ver- 
fahren mittelalterlicher Bearbeiter hagiographischer Texte. Dem 
Leiter der Ripoller Klosterschule kam ein Blatt zu, welches 
die Translatio des heil. Stephanus behandelte und die sich nach 
eingehender Prüfung als nicht frei von stilistischen Fehlern er- 
wies. Ein durch seine vornehme Abstammung ausgezeichneter 
Mitbruder, Segoinus mit Namen, ersucht Arnallus, hier die 
bessernde Hand anzulegen, und so macht dieser sich denn an 
seine Arbeit.” Wie wir diesen Arnallus mit dem damaligen Haupt 
der Ripoller Schule identifizieren, so mag der ehrwürdige Ver- 
anlasser der Arbeit identisch sein mit jenem Segoinus, dessen 
Tod die früher zitierte Enzyklika der Ripoller Klosterbrüder 


| Fontibre bei Reinosa (vgl. Madoz XIII, 405) an der Quelle des Ebro. 
? Riv. 40, fol. 17: Allata est nuper in manibus meis quedam scedula pre- 


monstrans Beati Stephani . . . translationem ... quam diligenter inspectam 
repperi nec elocutionis ordine comptam nec eleganti verborum composi 
tione politam ... Interpellatus sum autem a quodam fratre venerabili 


stemmate nobilitatis perornato segoino nomine ut huius structure seriem 
pro posse corrigerem. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 91 


aus dem Jahre 1020 (vgl. oben S. 78) als vor kurzem erfolgt 
erwühnt. 

Der olivianischen Blüteperiode gehört ferner der Mönch 
Wifred an, welcher dem aus dem 10. Jahrhundert stammenden 
Kodex von Gregors Homilien (heute Nr. 52) zu Beginn des 
folgenden Jahrhunderts eine Art Begleitschreiben vorsetzte, das 
nach den einleitenden Worten: Cunctis qui hunc librum lecturi 
sunt Guifredus sancte dei genetricis. marie monachus den In- 
halt des Buches empfiehlt und zu dessen Beherzigung ermahnt.! 
Unmittelbar auf dieses Schreiben Wifreds folgt der bereits 
oben erwühnte, wohl gleichfalls von Wifred geschriebene Hirten- 
brief des Bischofs Oliva, betreffend die Diebstühle von Allodien 
und Besitzbriefen des Klosters. 

Der sich um den Bischof Oliva gruppierende Kreis von 
Schriftstellern, unter denen wir den Mönch Oliva, Garsias, 
Petrus, Arnallus Scholasticus, Gualterus, Guifredus namentlich 
kennen und denen sich wohl auch einer oder der andere der 
in den Urkunden erscheinenden, die Akte ausfertigenden No- 
tare beigesellt haben mochte, hatten, abgesehen von dem Ober- 
haupte der Diüzese,* einen gemeinsamen Stützpunkt: die Ri- 
poller Klosterschule. 

Auf ein diese Schule betreffendes, bis jetzt, wie es scheint, 
unbeachtet gebliebenes Zeugnis hat Mabillon in seinen Annalen 
(IV, 233 unter dem Jahre 1013) hingewiesen, allerdings ohne 
Angabe der Quelle, aus der er schópfte; es ist dies der Bericht 
in den Miracula 5. Benedicti IV, 7 (S. 183 der Ausgabe von 
Certain). 

Um die Blüte des Klosters Fleury unter dem Hirtenamt 
des Abtes Gauzlin zu illustrieren, wird erzählt, daß Männer 
vornehmer Abkunft von allen Seiten herbeikamen, um, den welt- 
lichen Würden entsagend, sich in das Kloster zurückzuziehen; 
daß unter diesen sich auch Spanier befanden, belegt der Be- 
richt durch das Beispiel von zwei Brüdern, die aus Barcelona 
kamen: der eine, Johannes, von Jugend auf im Ripoller Kloster 


1 Irrtümlicherweise hielt Villanueva УШ, 50 Wifred für den Schreiber 
des ganzen Kodex. Sein Brief ist sicherlich erst später eingetragen, 
was auch Ewald (a. a. О. 387) erkannte. 

з ‚Vitae ac morum probitate cunctis carus, eruditione filiorum et gracia 
maximus Oliba, sagt der Mönch Garsias (Marca Hispanica, col. 1079). 





92 IIL, Abhandlung: Beer. 


sacris imbutus litteris, hatte die Abtwürde von Santa Cecilia, 
gelegen ‚in cuiusdam montis vertice‘, innegehabt;! durch ihn 
und seinen Bruder erfuhr man in Fleury von dem wunder. 
tätigen Bilde der Jungfrau in Santa Maria.? 

Kam Johannes bereits als gewesener Abt nach Fleury, 
so haben wir ein neues Zeugnis dafür, daß die Ripoller Klo- 
sterschule schon im letzten Drittel des 10. Jahrhunderts als 
Bildungsstätte diente; der Zug der beiden Barcelonesen nach 
dem Herzen Frankreichs ist einer der vielen Hinweise auf jene 
Erweiterung der Beziehungen des Klosters, die sich speziell 
unter dem Abt Oliva intensiv geltend machte. 

Diese müchtige Bewegung war allerdings schon vorbereitet. 
Die sicher dem 10. Jahrhundert angehörende Ripoller Handschrift 
Nr. 46 enthält einen Priscian und außer kleineren grammati- 
schen Exzerpten auf fol. 11 und den folgenden Blättern einen 
Traktat, der, zu gleicher Zeit niedergeschrieben wie der Haupt. 
inhalt, in mehrfacher Beziehung Aufmerksamkeit verdient. Nach 
der Adresse: Karissimo fratri Aimenio(so) Usuardus conlevita 
et monachus lesen wir unter anderem... munus tibi paululum 
ac diu permanens bonum statuere putaui... uidelicet omnium 
terminaciones declinacionum  uerborumque utillimas coniuga- 
ciones que grece ysagoge latine uero artis grammatice dici pos- 


! Damit kann wohl nur Santa Cecilia auf dem Monserrate gemeint sein. 
Villanueva bemerkt (VII, 168) ausdrücklich: Santa Cecilia que äntes 
era el principal (monasterio) у la üncia abadia independiente de tode 
esta montaña. Über die hierarchischen Verhältnisse der Abtei um die 
Jahrtausendwende ist uns nichts bekannt und Villanueva hat sich. da 
ihm Mabillons Notiz ebenso unbekannt blieb wie deren Quelle, auch 
über den Abt Johannes nicht ausgesprochen. 

Mabillon, der dem Bericht der Miracula folgt, schreibt a. a. O.: Cum 
Gauzlinus Floriacensi monasterio et simul Bituricensi ecclesiae praeesset, 
multi nobiles undequaque ad sancti Benedicti coenobium abdicatis sae 
culi honoribus se receperunt. Non minori studio Hispanici eo se con- 
tulere, in his eo duo germani, profecti ab urbe Barcinone quorum 
unus Iohannes nomine in Rivipolensi beatae Mariae monasterio 
a pueritia sacris imbutus litteris abbatiam sanctae Caeciliae in cuins 
dam montis vertice sitam obtinebat: alter, vocabulo Bernardus, florentis 
militiae abiectis deliciis spretisque nuptialibus vinculis Floriaci habitum 
sanctae religionis induit. Huius relatu didicere Floriacenses extare in 
illis partibus monasterium sancto Benedicto nuncupatum, in quo mir 
cula fieri consueverant. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. І. 93 


sunt introductiones. Huius igitur operis ex diuersis auctoribus 
collector et in unum extiti congestor...in quo fratris Ragen- 
bolli nobis dilecti amiei solum adminiculum sensi. Usuardus und 
Aimonius sind bekannte Namen von zwei Mónchen des Klosters 
Saint-Germain-des-Prés; der erste war Kompilator des großen 
Martyrologiums, der zweite Autor der Translatio der Märtyrer 
Georgius und Natalia, deren ‚series‘ er von den Mönchen Usuar- 
dus und Odilarius erfahren hatte (Migne 115, 940). Auch der 
Name Ragenoldus (so) läßt sich, wie ich sehe, in dem alten 
Nekrologium des Klosters Saint-Germain unter dem Tage 
V. Non. Mai. auffinden.! Ist diese Identifikation richtig, dann 
lernen wir den Verfasser des berühmten Martyrologiums, dem 
im Mittelalter eine führende Rolle zukam, auch als Gramma- 
tiker kennen, denn die in der erwühnten Einleitung gegebene 
Zusage wird in der Tat auf den nüchsten Blüttern des Kodex 
eingelöst. An diese grammatische Erörterung schließt sich nun 
eine metrische Spielerei, die wohl zum Groteskesten gehört, was 
die an wunderlichen metrischen Produkten wahrlich nieht arme 
Diehtung jener Zeit aufweist: ein Oblong von Hexametern ge- 
bildet, dem früher (5. 64f.) beschriebenen ähnlich, aber durch 
noch größere Künsteleien auffallend. Das Skelett für diese 
liexameter bilden die Buchstaben von zwei Versus recurrentes: 


METRASUITCERTASIVISATRECTIUSARTEM, 


dem man noch zur Not einen Sinn abgewinnt, und der erheb- 
lich dunklere 


UTCITIUSREPSITNEUENTISPERSUITICTU. 


Der erste Vers bildet die erste und letzte Zeile, der zweit- 
genannte steht in der Mitte (Vers 17) und man achte wieder 
darauf, daß dem Mittelbuchstaben U der beiden Verse je 
16 Buchstaben vorangehen und folgen. Dementsprechend sind 
die Buchstaben der 33 Zeilen so geordnet, daß in den beiden 
Diagonalen durch Verbindung der an ihnen laufenden Buch- 


! Jacques Bouillart, Histoire de l'Abbaye royale de Saint-Germain-des- 
Prez, Paris 1724, S. СХШ. Vgl. auch Recueil des Historiens de la 
France, Obituaires de la Province de Sens. Tom. I. Diocéses de Sens 
et de Paris, Deuxiéme Partie, Paris 1902 (p. p. Aug. Molinier) S. 1020 
unter den Nomina monachorum de monasterio Sancti Germani (841—847): 
Ragemboldus. 


94 111. Abhandlung: Beer. 


staben der Vers METRA SUIT usw. gebildet wird. Hiermit 
war aber noch nicht genug getan; denselben Vers lesen wir 
außerdem noch akrostichisch sowie telestichisch und den zweiten 
(UT CITIUS ete.) mesostichisch. Damit scheint nun der Höhe- 
punkt metrischer Artefakte, die auf Kosten des Geschmacks 
und Menschenverstandes angefertigt wurden, erreicht zu sein.' 

Der Umstand, daß dieselbe Spielerei auch noch in einer 
zweiten Handschrift der Ripoller Bibliothek aus jener Zeit, 
nämlich im Cod. 74, fol. 14 sorgfältig kopiert wiederkehrt, zeigt, 
welche Freude man an den fürs Auge berechneten Versen, 
namentlich ап den rückläufigen Zeilen, damals hatte? Wenn 
wir über diese Spielereien der Ripoller Mönche lächeln, so 
dürfen wir doch nicht vergessen, daß wir hier, wie sonst so oft, 
sezessionistische Auswüchse vor uns haben, die auf Pflege der 
Metrik und Vorliebe für Dichtungen im allgemeinen schließen 
lassen. Die Beweise für die Richtigkeit dieses Schlusses fehlen 
nicht; hierzu gehören nicht bloß die metrischen Abhandlungen, 
die uns heute noch in alten Ripoller Handschriften erhalten 
sind und in noch viel größerer Zahl vorhanden waren, die 
Kopien von Werken klassischer und nachklassischer Dichter, 
die metrische Behandlung historischer, selbst wissenschaftlicher 
Themen; diese Vorliebe hat auch bei Erhaltung seltener, ja 
sonst überhaupt nicht erhaltener Dichtungen späterer Zeit gute 
Früchte getragen; man mag gerade hier anmerken, daß das 
älteste lateinische, die Taten des Cid in sapphisch-adonischen 
Versen besingende Gedicht einzig allein durch ein Ripoller Ma- 
nuskript (heute in Paris, F. lat. 5132, Cat. IV, 42) erhalten ist.’ 





1 Die Mitteilung des ganzen Machwerks in der Bibl. Patr. lat. Hisp. H 
wird das Verfahren Paul von Winterfelds nachahmen müssen, der bei 
der Ausgabe eines ähnlichen, aber noch immer nicht so gekünstelten 
Verswerkes des Eugenius Ушратаз bemerkte (Mon. Germ. PLMA. IV, 
1, 437): Transeripsi omnibus coniecturis abstinens cum certi quicquam in 
his metricis ineptiis constitui posse paene desperem. 

Übrigens auch noch heute, so im modernen Spanisch: Dábale arroz á la 
zorra el abad. (Der Abt gab dem Fuchse Reis.) Im Deutschen: Relief- 
pfeiler; Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie; ezechisch: Kobyla 
má malf bok (Die Stute hat eine kleine Lende). 

Du Méril, welcher das Gedicht zuerst aus der Handschrift edierte (Poésie: 
populaires latines du moyen Age 308 ff), war der Provenienz noch nicht 
ganz sicher; diese ist aber durch die große Zahl Ripoller Akten, die 


Die Handschriften des Klosters Sauta Maria de Kipoll. 1. 95 


Wie dieser Sang, obwohl gelehrten Ursprungs, dem ältesten 
spanischen Heldenepos präludiert, so erinnert die Einzeichnung 
am Schluß des Kod. 74: Tres magi adsunt. Baldasar. Gasbar. 
Melchior. Ad orandum dominum uenientes. tria munera. secum 
tulerunt (vgl. oben S. 8) an das älteste dramatische Spiel, das 
die spanische Literatur kennt, an die Reyes Magos. 

Die Aufzeichnung des von Usuardus verfafiten gramma- 
tischen Traktats in einer Ripoller Handschrift des 10. Jahr- 
hunderts ist eines jener wenigen Beispiele aus der voroliviani- 
schen Zeit, daß außerspanische literarische Produkte jüngeren 
Datums in Ripoller Codices ein Echo finden. Während der 
Olivaepoche ändert sich die Sachlage vollständig. Der treff- 
liche Kodex mit den Kapitularien frünkischer Herrscher (vgl. 
oben S. 4), denen die Promissio Odonis regis (Mon. Germ. Leg. 
I, 554) vorangeht, die Epistel des Ansegisus an Ludwig und 
Hinkmars Briefe folgen (Kod. 40); die Abschrift von Hukbalds 
de harmonica institutione (Kod. 42, gleichfalls noch erhalten), ein 
Fragment von Einharts Vita Caroli samt Gerwards Disticha in 
Caroli et Einhardi laudem! (Kodex olim 57, Villanueva VIII, 
36 f.), eine Abschrift der Explanatio Paschasii et Gisleberti super 
lamentationes Ieremiae (in derselben Handschrift, Villanueva 
ibid.), zwei Exemplare des Liber Officiorum Amalarii episcopi 
ad Carolum regem (Kivaskatalog Nr. 76 und 162) — sämtlich 
in Handschriften der Olivazeit — zeigen deutlich die neue, 
der Bereicherung der Bibliothek zugute kommende Erweiterung 
der literarischen Interessensphüre. Diese gelang zunüchst da- 
durch, daß man mit bedeutenden Benediktinerklöstern Frank- 
reichs wie Fleury und Saint-Germain in engere Füllung trat. 
Alle einschlägigen Beziehungen in ihren Wurzeln bloßzulegen, 
ist heute noch nicht müglich; die Korrespondenz Olivas, der 
Bericht über spanische Mürker in Fleury geben gewisse Finger- 
zeige, noch deutlichere der Umstand, daß sich das Statutum 
Odilonis abbatis Cluniacensis de Defunctis (Marriere et Quer- 
cetanus Bibl. Cluniacensis 338) in einer noch erhaltenen Hand- 


sich in dem Kodex finden, und durch andere Indizien auDer Frage ge- 

stellt. Vgl. auch МПа y Fontanals, De la poesía heróico-popular castellana 

(Barcelona 1874), S. 227. Baist, Zeitschr. f. rom. Phil. V, 1881, 64 ff.; 

Menéndez y Pelayo, Antología de poetas líricos Cast. XI, 1903, 8. 308 ff. 
! Mon. Germ. PLMA. II, 126. 


96 ПІ. Abhandlung: Beer. 


schrift (Kodex 151) eingetragen findet. Hierdurch kommt das 
Anwachsen des französischen Einflusses, über den man in Spa- 
nien oft und bitter genug klagte,! auch hinsichtlich der Riten 
sinnfällig zum Ausdruck. 

Auch für die literarischen Beziehungen Ripolls zu Italien 
liegen Anzeichen vor. Sie beginnen mit der — direkten oder in- 
direkten — Übernahme der Neapolitaner Rezension des Eugippius 
(vgl. oben S. 37f.) und setzen sich in jener Abschrift der gleich- 
falls nach Neapel weisenden Vita Sancti Nicolai des Johannes 
Diaconus fort, die sich in derselben Handschrift findet, in die 
auch das Carmen des Bischofs Oliva zu Ehren Ripolls einge- 
zeichnet wurde. Ob der langjährige Aufenthalt des Venezianer 
Dogen Petrus Urseolus im Kloster Cuxá, dessen Abt Oliva war, 
direkt literarisch befruchtete, wissen wir nicht; Oliva hat, dem 
fremden Gaste zu Ehren, bald nach dessen Tode (995) einen Kult 
eingeführt (vgl. oben S. 77, Anm.2). Zu beachten ist ferner, daß, 
wenn auch die Reise des Bischofs Oliva nach Rom nur durch 
ein einziges, nicht ganz zuverlüssiges Zeugnis überliefert wird 
— das ‚adiens nos‘ der Bulle des Papstes Benedikt УШ. (Marea 
Hispanica App. CLXX, col. 994) läßt nämlich verschiedenartige 
Deutung zu —, doch die Romfahrt seines Vaters Oliva Cabreta 
feststeht, über welche kürzlich J. Pijoan einige Daten mitge- 
teilt hat.” Daß solche Romreisen dazu benützt wurden, um 
wertvolle Besitzbestätigungen vom heiligen Stuhle zu erlangen, 
ist bekannt; auch literarische Erwerbungen mögen damit Hand 
in Hand gegangen sein — das scheint für die Olivazeit zu- 
nächst die bis heute noch unbekannte Abschrift des Traktates 
von Bachiarius de fide darzutun, die sich in einem der Rivi- 
pullenses (Kodex 151, fol. 147 ff.) findet. Bisher wurde nur eine 
einzige Handschrift von den Herausgebern herangezogen: der 
sehr alte Ambrosianus (vielleicht dem 8. Jahrhundert ange- 
hörend), von dem wir wissen, daß er früher im Kloster Bobbio 


! Die Hauptrichtungen dieses Einflusses sind skizziert in meiner Spani- 
schen Literaturgeschichte (Goeschen) I, 88, 96. 

? In derselben Handschrift (natürlich aus späterer Zeit) auch Eintragung 
von zwei Bullen Urban IL an Hugo von Cluny (Jaffé* 5349 und 5682). 

3 An einer Stelle, an der man dies zunächst nicht erwarten sollte, näm- 
lich in dem katalanischen Tagesjournal La Ven de Catalunya, Barce- 
lona, 26. Februar 1904. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 97 


gewesen war. Es ist anzunehmen, daß eben infolge der er- 
wähnten Beziehungen unseres Klosters für dessen Bibliothek 
eine Abschrift erworben wurde. Ähnliches darf auch von der 
Kopie der Schriften des Rangerius von Luca angenommen 
werden,! die ehedem in Ripoll war, das einzige ältere Manuskript 
(s. XII) dieser Gedichte, von denen Villanueva glücklicherweise 
eine vollständige Abschrift genommen hatte, wodurch sie uns 
erhalten wurden, obwohl der Ripoller Kodex 1835 verbrannte; 
die Niederschrift erfolgte allerdings, wie sich schon aus der 
Lebenszeit des Autors ergibt, in der nacholivianischen Periode. 

Da sich den früher aufgezählten Abschriften nichtspani- 
scher Werke, die bestimmt in die Olivazeit fallen, noch Ko- 
pien einer großen Zahl traditionell vererbter Texte anschlossen, 
muß es überraschen, daß bestimmte Daten über Zeit und Um- 
stände der unter Oliva im Ripoller Skriptorium angefertigten 
Abschriften völlig fehlen. Daß der Klosterbibliothek im allge- 
meinen große Fürsorge zugewendet wurde, beweist nicht so- 
wohl eine uns erhaltene, gegen die Entwendung einer Hand- 
schrift sich richtende Notiz, die man ja allenthalben antrifft,? 
sondern vor allem das rege literarische Leben, das damals in 
Ripoll pulsierte, das Suchen nach Texten in umliegenden Klo. 
stern (so nach einer Musiklehre, vgl. oben), das beweist vor 


! Villanueva, Viage VIII, 53f. Ewald, Reise 336 ff., 391. Sancti Anselmi 
Lucensis episcopi vita a Rangerio successore suo ... Scripta ... Opus 
iuris publici factum a Vincentio de La Fuente, Matriti 1870. 
Rivaskatalog Nr. 61, Handschrift von Hieronymus in Psalmos aus der 
Olivazeit: Tu domine mi frater qui hunc libellum accipis, sensatim caue 
et animaduerte et lente terge et leniter folia reuolue longe ad litteras 
digitos pone nec litteram ledas ortor namque te karissime et nimium 
contestor per ipsum ad cuius iudicium omnes resurrecturi eximus de 
Cenobio Sancte Marie qui est in Riopullo noli abstrahere eum sed quam 
citius potueris reuertere ibi facias. 

Bezeichnend hiefür ist auch das bereits früher (S. 73) erwühnte, bisher 
unveröffentlichte Schreiben des Mönches Poncius an den Mönch Johannes 
(von Fleury?), das folgendermaßen lautet: Venerabili patri domino Jo- 
hanni monacho suus illius famulus poncius monachus perpetuum pacis et 
sanitatis munus. Obsecro benignissime domine ut quaterniones quos 
uobis transmisi quantocius transcribatis et remittatis quia 
Salomon ualde indignatus est contra fratrem suum pro his et ipse im- 
properat mihi amarissimis uerbis, Set tamen si cepistis eos transcribere 
cito transcribite et tunc demum remittite. Non enim inueniuntur 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 3. Abh. 1 


98 ПІ, Abhandlung: Beer. 


allem die Vergrößerung der Bibliothek, über die statistische Daten 
vorliegen (vgl. S. 18 f., 67 u. 100, Anm. 2). Es ist gewiß, daß das 
Ripoller Skriptorium unter Oliva seine Traditionen aufrecht erhielt 
— als Specimina der Schreibarbeiten aus jener Zeit sind zwei 
charakteristische Stücke ausgewählt worden, nämlich (Taf. XI) 
die mit Neumen versehenen UERSVS IN NATALE APOSTO- 
LORUM PETRI ET PAULI aus dem Rivip. 40 (fol. 63") so- 
wie (Taf. XII) eine Seite aus einem Exemplar von Boöthius 
de Arithmetica (I, 4, М. 63, 1083f.) im Rivip. 168 (fol. 5") mit 
Randnoten in westgotischer Kursive.! Doch steht nur bei einer 
einzigen aus der Olivazeit stammenden und für Ripoll erwor- 
benen Handschrift das Datum fest.? Villanueva sah (vgl. a. a. O. 
VIII, 516.) in der Ripoller Klosterbibliothek ein Manuskript 
des Forum iudicum, welches in der Aufschrift als Kopie er- 
klärt wurde, die Homo bonus levita in Barcelona im 15. Jahre 


in nostris regionibus alio in loco a Papia usque huc. Set e 
psalterium quod misi si uidetur ut transcribatis transcribite si non 
semper remittite; propter hoc igitur quod iussistis ut nuncium uobis trans- 
mitterem ecce optutibus uestris presens adest. Si uestre prudentie placet 
aut possibilitas subpetit per hunc mihi dirigite et de cetero quidquid 
uobis placet uelut fidissimo seruo mihi mandate. Dominum etiam Oli- 
banum patrem meum mea uice obsecrate ut beneficium et karitatem 
quam mihi presenti semper solitus est conferre etiam absenti non ne- 
glegat impendere. Ut et hi qui eum non nouerunt cognoscant quam 
benignus erga me et ceteros meos similes consueuit existere. In deo] 
frater ualeas karissime semper et nostri miserearis iugiter memor. 
Diese enthalten eine Art paraphrasierender Erklüruug einzelner Sätze 
des Textes, so z. B. am linken Rande, Mitte: Magnitudinum proportio 
est ut puta medium tertium quadrans uel his similia | Numerorum рго- 
portio est uelud duplum triplum quadruplum uel his similia. — Paläo- 
graphisch sind die Randnoten auch darum merkwürdig, weil sie, frühe 
stens im 11. Jahrhundert eingezeichnet und doch den von Ewald uni 
Loewe in den Exempla tab. V aus dem Ovetensis s. VIII reproduzierten 
Proben verwandt, die lange Kontinuität dieser Schriftübung für Katale 
nien ebenso dartun wie die Exempla Tab. XXXIV aus dem Tolet. 14, 23 
a. 1070 mitgeteilten Zeilen für Kastilien. 

Nachtrüglich bemerke ich bei der Durchsicht des für Etienne Baluze im 
Jahre 1649 angefertigten Katalogs der Rivipullenses (Paris, Bibl. Nat. 
Coll. Baluze Nr. 372), daß Nr. 41 dieses Verzeichnisses (losephus und 
Orosius, vgl. Nr. 81 des weiter unten mitzuteilenden alten Katalogs) die 
Datierung enthielt (fol. 407 der Hs.): Fuit scriptus praedictus liber 4. Ка- 
lendarum Septembrium Era 1049 Anno Domini 1011 indictione 9, also 
während des Hirtenamtes des Abtes Oliva. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 99 


der Regierung des Frankenkönigs Robert, d. h. im Jahre 1011 
hergestellt hat.! Wenn Ripoll ein so wichtiges Handbuch wie 
das Forum iudicum von auswürts erwirbt und nicht in seinem 
eigenen Skriptorium herstellen läßt, so würde das eigentlich 
gegen dieses sprechen; dem scheint aber doch nicht so zu sein. 
Unter der Signatur Z. II, 2 wird in der Eskorialbibliothek eine 
als ‚Codice de Cardona‘ bekannte Abschrift des Forum iudicum 
aufbewahrt, über die Hartel-Loewe BPLH. I, 132f., Ewald, 
Reise 282f. sowie Ewald und Loewe in den Erlüuterungen 
zu Taf. XXXIX ihrer Exempla gehandelt haben. Diese Hand- 
schrift, welche der Bischof von Vich, Cardona, im Jahre 1585 
Philipp II. für die Eskorialbibliothek schenkte, enthält nun fast 
wörtlich dieselbe Aufschrift; zu den geringen Varianten gehört 
die, daß statt anno XV im Escorialensis anno XVI steht. Wir 
haben hiermit den Beweis, daß Homo bonus levita innerhalb 
des Zeitraumes von zwei Jahren zwei Abschriften des Forum 
iudicum fertigstellte, von denen eine für die bischöfliche Biblio- 
thek in Vich, die andere für Ripoll bestimmt war. Man geht 
wohl nicht fehl, wenn man an handwerksmäßige Herstellung 
juridischer Texte denkt, und es ist wahrscheinlich, daß die Kir- 
chenverwaltungen es vorzogen, sie von dem Fabrikanten zu 
beziehen, als im eigenen Skriptorium herstellen zu lassen. 

Den Mangel bestimmter Nachrichten über die Erwerbung 
oder Anfertigung von Manuskripten für das Ripoller Kloster 
unter der Hirtenzeit des Abtes Oliva ersetzt bis zu einem ge- 
wissen Grade der alte Handschriftenkatalog des Klosters, der 
in der vorliegenden Untersuchung so oft herangezogen wurde. 
Bevor wir ihn nach der vollständigsten, bis heute unveröffent- 
lichten Abschrift mitteilen, ist es vielleicht angezeigt, die bisher 
gebotenen Angaben über dieses Verzeichnis (vgl. oben S. 23, 
33 Anm. u. 0.) kurz zusammenzufassen. 


! In nomine Domini incipit liber iudicum popularis: quorum merita iudi- 
cialis sententia premit. Scriptum videlicet in Barchinona civitate a 
iussione Bonus homo levita, qui et iudice: a rogatu de Sinderedo dia- 
cono filium quadam (so) Fructuoso Camilla ad discernendas causas iudi- 
ciorum inter potentem et pauperem noxium et innoxium iustum et in- 
iustum veridicum et fallacem rectum et erroneum raptorem et sua bene 
utenti. Cuius libri explicatio die kalendas Septembras (so) anno XV 
regnante Roberto rege francorum in Francia. 

1* 


100 III. Abhandlung: Beer. 


Gemeinsame Quelle aller bisherigen Abschriften und Aus- 
gaben des Katalogs ist der heute verlorene Rivipullensis, olim 40; 
aus diesem hat die Liste zuerst Benito Rivas abgeschrieben 
(Bibliothek der Madrider Akademie der Geschichte, Est. 27 
Gr.-4° E. N. 122). Unabhängig von der Rivaskopie ist die Ab- 
schrift, die Villanueva nahm und Viage VIII, 216f. veröffent- 
lichte; diese ist aber nicht vollständig, was zuerst Ewald, Reise 389 
erkennen ließ, der auch (nach dem Vorgange von Rivas) den 
olivianischen Ursprung des Inventars annahm. Leider hat Ewald 
nur kurze Auszüge aus der Rivasabschrift gegeben, die Becker, 
Catalogi antiqui Nr. 49, S. 134 abdruckte. Die von Pellicer y 
Pages S. 106 gebotene Liste wiederholt mit wenigen Änderungen 
die Angaben Villanuevas; die ‚Handschriftenschätze‘ stellen unter 
Nr. 391, S. 412f. das damals bekannte Material zusammen.! 

Schwierigkeiten bereitet der Umstand, daß der Katalog 
flüchtig, insbesondere mit vielen Abkürzungen eingetragen war, 
die sowohl Rivas wie auch Villanueva wiederholt mißverstan- 
den haben: so hat Villanueva Plutargus statt Psalterium argen- 
teum gelesen (vgl. oben S. 23f.), Ims kopiert, statt Imnos auf- 
zulösen, Rivas wieder Iners statt Lectionarios abgeschrieben 
(auf weitere Irrtümer machen die Anmerkungen meiner Aus 
gabe aufmerksam). Unter diesen Umständen ist Konjekturen 
ein gewisser Spielraum gestattet, doch halte ich mich, soweit 
dies tunlich, an die vollständigere Rivasabschrift, auch in der 
Zählung, die den von Rivas eingehaltenen Absätzen folgt,? füge 
jedoch die Varianten der Kopie Villanuevas bei, der einzelne 
Rubriken besser gelesen, vollständiger abgeschrieben, speziell 
die Reihenfolge der Eintragungen sorgsamer berücksichtigt hat. 


! Bemerkungen zu einzelnen Stellen des alten Katalogs lieferten M. Mani- 
tius, Philologisches aus alten Bibliothekskatalogen (bis 1300), Frankfurt 
a. M. 1892 (Ergänzungsheft zum Rhein. Museum, N. F., Bd. 47), sowie 
J. H. Albanés, La Chronique de Saint-Victor de Marseille, Mélanges 
d'Archéologie et d'Histoire VI, 1886, 227 ff. 

DaB die von Rivas getrennt angeführten Titel der Werke nicht immer 
selbständige Volumina bezeichnen, sieht man sofort (vgl. Nr.198f.), auch 
zieht die alte Beschreibung selbst manche von Rivas getrennte Titel 
zusammen (wie 223 und 224). Dadurch, daß man die ‚Quaterniones‘ und 
wohl auch andere Nummern nicht als selbständige Bände ansah, sowie 
die nach Monserrate abgegebenen Codices ausschied, mag sich die Be- 
rechnuug ,volumina 192* ergeben haben. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 101 


Ніс est brevis Librorum Sanete Marie. 


(1—3) Bibliotecas III. | (25—21) Prophetarum III. 
(4—5) Moralia II. (28—29) Epistolas Pauli II. 
(6—1)  Cartularia II. (30—33) Passionaria ШІ. 
(8—9)  Estiualia II. (34—35) Collationes II. 
(10—22) Antiphonaria XIII. | (36—37) Vitas patrum II. 
(23— 24) Prosarios II. | (38—40) Textus euang. III. 


Die Aufschrift enthielt keinen Zusatz über die Zeit der Anlage des 
Katalogs, doch versichert Rivas, die Einzeichnung stamme aus dem 11. Jahr- 
hundert, und fiigt zum Schluß seiner Abschrift bei: ,Este Cathalogo presumo 
se formó en tiempo del Abad Oliva'. Ferner erwühnt er (wie auch Villanueva 
VIII, 35) ein nach Olivas Tod (Villanueva: А 14 de Marzo del аїо 1047) 
angelegtes Inventar, welches das ,Psalterium argenteum‘ anführte (vgl Nr. 117 
des Katalogs) und die Summe zog: et sunt libri numero centum XC duo. 
Ist die Identifizierung des Handschriften-Sammlers und Spenders Salomon 
richtig (vgl. Anm. zu Nr. 218—228), so erhált jene Datierung eine neue 
Stütze. 

(1—3) Alle diese drei alten Bibeln verloren. Rivas führt unter Nr. 54 
seines Katalogs noch an: Biblia Sacra, continens Genesim, Exo- 
dum, Leviticum, Numerum (so), Deuteronomium, Libros Josue, 
Judicum cum Praefationibus D. Hieronymi ...es un libro en 
folio de letra excelente y segun su caracter del siglo XI. 

(4—5) Verloren. Auch Rivas sah nur mehr zwei Exemplare der Sentenzen 
Gregors (Nr. 49 und 52, beide s. XI) und einen codex des Liber 
Pastoralis (Nr. 182, s. X), keine Handschrift der Moralia. 

(6—7) Auch die Transsumpte verloren, vgl. oben S. 13. Über ziemlich um- 
fangreiche, in der Kollektion Baluze der Pariser Nationalbibliothek 
erhaltene Abschriften des 17. Jahrhunderts s. 8.76, Anm. 2. 

(8—9)  Breviere oder Homilien, vgl. in dem Salzburger Katalog Becker 
115, 130: due omelie hiemales et estiuales. Verloren. In Villa- 
nuevas Abschrift des Katalogs folgen jetzt die Nummern 80—55. 

(10—22) Verloreu, ein specimen als Füllsel im Kod. 106, fol. 26v, s. Taf. IV. 


(23—24) Verloren. (25—27) Desgleichen. 
(28—29) Desgleichen., (30—33) Desgleichen. 
(34—35) Cassian. Gleichfalls verloren. (36—37) Verloren. 


(38—40) Villanueva beschreibt Viage ҮШ, 43 einen ,codice de los IV evan- 
gelios con las iniciales iluminadas sin distincción de capitulos, 
escrito en el siglo XI‘, vielleicht einen der hier aufgezählten; 
die von Villanueva unmittelbar darauf beschriebene Evangelien- 
handschrift, die auch den ,liber sacramentorum editus a S. Ge- 
lasio papa romano emendatus a beato Gregorio* enthielt, kann 
hier nicht angeführt sein, da sie (nach Rivas Nr. 155) 1048 ge- 
schrieben wurde. 


102 ПІ, Abhandlung: Beer. 





(41—51) Missales XI. | (68—64) Alii homiliarum II su- 
(52—55) Lectionaria IIII. per matheum. 
(56—57) Dialogorum II. (65) Super lucham. Super 
(58—59) Exameron II. iohannem. 

(60)  Ethimologiarum. (66) Claudium. 

(61) Liber de Trinitate. | (67—68) Liber bede cum euan- 

(62) Liber omeliarum su- geliis II. 

per Jezechielem. (69)  Aimonis I. 


(41—51) Verloren. (In dem für Etienne Baluze im J. 1649 angelegten Ka- 
talog der Rivipullenses, Paris, Bibliothéque Nationale, Coll. 
Baluze Nr. 372, findet sich unter Nr. 132, fol. 21" der Hand- 
schrift die kurze Beschreibung: ‚Liber qui est missale uetus). 

(52—55) Desgleichen. (Rivas kopierte: Iners, Villanueva löste richtig auf.) 

(56—57) Desgleichen. Vgl. die Bemerkung zu 4—5. 

(58—59) Des Ambrosius Hexaemeron finde ich weder in alten noch neueren 
Katalogen Ripolls verzeichnet. 

(60) Isidorus. Verloren. Rivas beschreibt unter Nr. 60 seines Katalogs 
eine Handschrift (s. XI), die: ,Ethimologia et significationes 
diversarum rerum* und andere kleinere Stücke enthielt. Spuren 
der Benützung der Et. in cod. 106, s. S. 65: Tertia divisio to- 
tius numeri, III, 8; De quadrifario dei opere, Schrifttafel 3, 
vgl. Is. Et. ed. Otto, S. 637. 

(61) Nicht nachzuweisen (Augustinus oder Hilarius). 

(62) Heute Nr. 52 mit dem Vorwort des Mönches Wifred, s. oben S. 31. 

(63—64) Villanueva kopiert: XL Homelie II: super Matheum. super Lucam. 
super Johannem; in der hier zugrunde gelegten, von Rivas 
angefertigten Abschrift werden aber 63—64 deutlich von 65 
geschieden. Zu vergleichen wäre aus dem Katalog von St 
Gallen Becker 22, 146, unter den Augustiniana: questionum in 
evangelium mathei et luce et iohai libri Ш in vol. I. 

(65) Vgl. 63—64. 

(66) Vielleicht des Claudius Taurinensis (Schülers des Bischofs Felix von 
Urgel) Auslegung der Korintherbriefe wie in Bobbio (Becker 
32, 255) oder ein anderer seiner Bibelkommentare. 

(67—68) Von Rivas wird unter Nr. 57 eine Handschrift: ,Expositiones Evan- 
geliorum per Bedam' mit anderen Stücken (darunter das Carmen 
des Bischofs Oliva, vgl. oben 8. 85) beschrieben. Villanueva 
VIII, 36. In derselben Handschrift auch die S. 43 besprochen® 
Vita S. Nicolai. 

(69) Offenbar Aimonius (Haimo) Floriacensis Historiae Francorum libri 
IV, eine bald nach der Abfassung (durch das commercium litte- 
rarum zwischen Fleury und Ripoll, s. oben S. 72 ff.) erworbene 
Abschrift. Verloren. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. 103 


(70 --11) Istoria ecclesiastica П. (18) Liber Sancti bene- 


(42)  Tripartita. dicti. 

(43) Canticum graduum. | (79) Liber de natura boni. 
(14—15) Prosperum II. | (80)  Gerachia. 

(16)  Porphirium grecum. | (81) Iosephum. 

(11)  Oollectarum I. . (82) Веде de temporibus. 
(70—71) Verloren (Eusebius). 

(72) Verloren. (Die Historia ecclesiastica vocata tripartita des Aurelius 

Cassiodorus.) 
(73) Desgleichen. (Ps. 119 f., Text oder Kommentar.) 


(74—75) Desgleichen. Villanueva: Prosperum I. Vgl. Manitius, Philologisches 


(76) 
(77) 


(78) 


(79) 
(80) 


(81) 


(82) 


aus alten Bibliothekskatalogen, Frankfurt a. М. 1892, 8. 118. 


Villanueva: Prophetarum grecum. 8. die Anmerkung zu Nr. 80 des 


Katalogs, vgl. übrigens oben 8. 55. 


Vgl. Homeliarum collectarum I in Bobbio, Becker 32, 650; vgl. 


auch Becker 36, 90. 


Wohl die von Rivas unter Nr. 37, von Villanueva ҮШ, 55 ff. be- 


schriebene Handschrift, die außer Benedikts Regel die kleinen 
Schriften des Mönches Oliva barg, vgl. 8. 86. 


Verloren. Augustinus. 
Die von Rivas unter Nr. 33, von Villanueva VIII, 44 beschriebene, 


heute verlorene Handschrift, die außer ‚Hierarchia S. Dionysii 
Areopagitae‘ noch eine vita 5. Martialis, Fulgentii ep. де fide 
ad Petrum diaconum, den ‚Liber Porfirii‘ und die Categoriae 
Aristotelis ab Augustino translatae enthielt. 


Verloren. losephus Flavius, die obige kurze Bezeichnung auch 


sonst in alten Katalogen, s. Becker 94, 31 und 95, 79. Bestätigt 
wird diese Bestimmung durch die in dem für Baluze 1649 an- 
gelegten Katalog der Rivipullenses (Paris, Bibl. Nat. Coll. Ba- 
luze 372) unter Nr. 41 enthaltene Beschreibung (fol. 7" der 
Handschrift): in folio magno pondere maximo Liber incipiens: 
Quoniam bellum quod cum Populo Romano gessere Judaei om- 
nium maximum quae nostra aetas uidit quaeque auditu per- 
cepimus‘ etc. Eine Autorangabe fehlt, aber aus der Beschrei- 
bung geht bestimmt hervor, daß ein Exemplar des Iosephus 
Flavius de bello Judaico verzeichnet wird. Die Abschrift stammt 
aus der Zeit des Abtes Oliva (1011), vgl. oben S. 98, Anm. 2. 


I. H. Albanés, La Chronique de Saint-Victor de Marseille, Mélanges 


d'Archéologie et d'Histoire VI (1886) 2871ff. wollte diese Hand- 
schrift mit dem Vatic. Reg. 123 identifizieren, da er, Villa- 
nuevas unrichtiger Angabe folgend, meinte, der Katalog stamme 
erst aus dem 12. Jahrhundert. Der Reginensis ist aber eine 
erst nach der Anlage des hier mitgeteilten Katalogs angefertigte 


104 


Ш. Abhandlung: Beer. 


(83) | Confessiones. | (94—98) Canones У. 
(84—85) Pastoralia II. (99—104) Glossas VI. 
(86—88) Summum bonum (105—107) Lib. iudices III duo 

ПІ. uetustissima. 
(89—91) Martirologia ПІ. (108—109) Decada II. 
(92) Ortographia. (110)  Metodium. 
(93) Capitularem K. (111) Topica. 
Abschrift, bei deren Herstellung allerdings Ripoller Quellen be- 
nützt wurden. Näheres hierüber und über die Beziehungen 
Ripolls zu St.-Victor im zweiten Teile dieser Studie. 
(83) Nicht nachzuweisen. So weit ich sehe, ist dieses Werk des Augu- 
stinus sonst in alten spanischen Katalogen nicht verzeichnet. 
(84—85) Rivas Nr. 182: ,Pastoralis Gregorii P. P. en pergamino del siglo X. 
(86—88) Isidorus. Alle Exemplare verloren. Nachtrüglich finde ich in dem 
für Baluze hergestellten Katalog der Rivipullenses (vgl. die 
Anm. zu Nr. 41—51) fol. 21" der Handschrift folgende Beschrei- 
bung: 127 (ohne Angabe des Formats) Liber de summo bono 
Beati Isidori. Item confessio seu oratio Beati Ildefonsi Tole- 
{апае sedis Archiepiscopi. Item liber eiusdem de virginitate 
Sanctae Mariae contra haereticos et Judaeos. 
(89—91) Eines dieser Exemplare wohl identisch mit Kod. 40 der Rivasliste, 
der zu Beginn ein ,Necrologium Monachorum et Benefactorum 
Monasterii Rivipulli‘ enthielt. Über die anderen Stücke der 
Handschrift vgl. S. 23 und 100. 
(92) Wohl Cassiodor. 
(93) | Die heute noch erhaltene Handschrift Nr. 40 vgl. 8. 95. K ergänzen 


Rivas und Ewald, Reise 389, richtig: Karoli. 


(94—98) Über die Ripoller Handschriften der canones conciliorum us 


die noch erhaltene junge Abschrift eines Exemplars s. oben 
S. 68. 


(99—104) Ein schönes Exemplar noch im Кой. 74 erhalten, vgl. 8. 56 


und 68. 


(105—107) III. duo uetustissima fehlt bei Rivas. Ein Exemplar war die 


Homo bonus-Abschrift aus dem Jahre 1011, vgl. S. 98; als 
Reste eines der uetustissima wurden S. 33 die Schutzblätter 
des Kod. 46 angenommen. 


(108—109) II. fehlt bei Rivas. Vielleicht Decadae Psalmorum, z. B. in Saint 


(110) 


(111) 


Riquier (Becker 11, 24), diese wären aber unter Nr. 117—140 
angeführt worden; daher eher Decades sancti Augustini super 
psalmos wie in St. Gallen (Becker 22, 153 Ё). 


Selbständig nicht nachzuweisen. Metodii Paterensis de errore ho 


minum im Kod. 106, fol. 117. 


Boéthius. Vgl. oben 8. 53 f. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 105 


(112) | Sententiarum par- (158) | Doctrina Chri- 
uum. stiana. 
(113—116) Medicinalia IIII. (159) ` Gesta iulii. 
(117—140) Psalterium argen- | (160—161) Amelarii II. 
teum alios XXIet (162) | Espositum regule. 


unum toletanum (163) | Sententiarum Gre- 

et alterum tripli- gorii. 

cum. (164) | Registrum Augu- 
(141—150) Ymrs X. stini. 
(151—157) Orationes УП. (165) Ешріџт. 


(112) Vielleicht Tajos Exzerpte, Kod. 49, з. S. 34ff. Vgl. Nr. 163 des 
Katalogs. 

(113—116) Verloren. Jüngere Kopien medizinischer Schriften im Ked. 181, 
s. S. 6. 

(117—140) Durchwegs verloren. Einen Liber Psalmorum iuxta editionem 
LXX interpretum a sancto Hieronymo editum s. X—XI sah 
noch Rivas (Nr. 117 seines Katalogs) Über den Silberpsalter 
s. S. 19 ff. 

(141—150) So Rivas mit der Bemerkung: ,entiendo Jeremias'; man hätte 
also an zehn Exemplare der Lamentationes zum Chorgebrauch 
(wührend der Karwoche) zu denken; Villanueva las aber 
Ims X, was Aug. Engelbrecht zweifellos richtig als Imnos 
(Imnarios) deutet. 

(151—157) Nach diesem Absatz und nach 197 hat Rivas zwei Zeilen aus- 
punktiert, wohl deshalb, weil er die zwei folgenden Einzeich- 
nungen nicht lesen konnte; müglicherweise war hier oder nach 
197 der heute verlorene Kodex mit dem liber Prognosticorum 
futuri saeculi des Iulianus Toletanus verzeichnet, der von 
Villanueva, Viage VIII, 51 dem 11., von Rivas (Nr. 158) dem 
10. oder 11. Jahrhundert zugewiesen wird. 

(158) Augustinus. Verloren. 

(159) Verloren. С. Iulius Caesar, vgl. das Verzeichnis der Bücher von 
Le Becq: Gesta Caesaris. in alio gesta Caesaris et Orosii, 
Becker 86, 100 f. Vgl. auch Manitius, Philologisches aus alter 
Bibliothekskatalogen, S. 24. 

(160—161) Rivas verzeichnet unter Nr. 76 und 162: Liber officiorum Amala- 

rici episcopi ad Carolum regem; beide Exemplare verloren. 
(162) Natürlich В. Benedicti. Nicht erhalten. 
(163) Verloren. Rivas Nr. 49: Liber Sententiarum Gregorii papae urbis 
Romae. Letra muy hermosa del siglo XI. Vgl. Ewald, Reise 390. 
(164) Verloren. 
(165) Рег oben 8. 37 ff. ausführlich besprochene Eugippiuskodex. 


106 ПІ. Abhandlung: Beer. 


(166—167) Epacticum II. | (110—171) Augustin. II. 
(168) | Regum. | (172) Alius liber de com- 
(169) Genera officiorum. puto. 

Libri artium. 

(173—176) Donatos IIII. (188—189) Ysagoges II. 

(111—118) Priscianos II. (190) | Cathegorias. 

(179—180) Priscianellos II. | (191) Peri ermenias. 

(181—182) Virgil. II. |. (192) Macrobius. 

(183—185) Sedul. III. (193) | Boetius. 

(186—187) Constructiones II (194) | Commentum Vir- 

una cum Äratore. | gili. 


(166—167) Verloren. Vielleicht Isidor, vgl. Rivas Nr. 36: Isidorus super Pen- 
tateucum et super lib. Regum etc. s. X—XI. Vgl. auch Becker 
8, 26. 

(168) Vgl. die Anmerkung zur vorhergehenden Nummer. 

(169) Verloren. Isidorus. 

(170—171) Rivas verzeichnet unter Nr. 35: Sermones D. Augustini s. X—XI. 
Zu erwähnen wäre auch die S. 25 ff. eingehend behandelte 
Mischhandschrift, die an erster Stelle Quaestiones Augustini 
enthült; ferner beschreibt der für Baluze hergestellte Ka- 
talog der Rivipullenses (vgl. Anm. zu Nr. 41—51) unter Nr. 113 
(fol. 21 der Handschrift) folgendes Ms.: ‚in fol. Liber Beati 
Augustini. Continet capitula 84 de caritate, de patientia, de 
dilectione, de humilitate, de indulgentia, de compunctione, de 
oratione, de relinquendo saeculo etc. Post medium ait: Incipit 
liber Sancti Augustini Antistitis Hipponensis de conficta vi- 
tiorum et de machina virtutum. Post tractatum hune: Incipit 
liber de quatuor virtutibus cardinalibus‘; endlich fol. 22": 
147 (wieder ohne Angabe des Formats) ,Liber Sancti Augustini 
Episcopi vetustissimus et а blattis semicomestus‘. 

(172) | Villanueva, der eine andere Abfolge der Eintragungen bietet 
(vgl. S. 100), setzt diese Nummer nach 208—209 des vorlie 
genden Verzeichnisses, wo sie offenbar an ihrem richtigen 
Platze steht. 

(173—176) Verloren. Rivas Nr. 41: Grammatica Donati ohne weitere Angabe. 
Über die Libri artium vgl. oben S. 53 ff. 

(177—178) Ein prächtiger Priscian, heute noch im Kod. 59 erhalten. Zu 
dieser und den folgenden Nummern der libri artium vgl. oben 
8. 53 ff. 

(183—185) Vgl. Manitius a. a. O. 128. (186—187) Vgl. ibid. 14. 

(192) Vgl. ibid. 108. (193) Vgl. ibid. 135 und S. 53 dieser Studie. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll, I. 107 


(195—196) Breuiarios lectio- | (202—206) Missales toleta- 


num Il. nos V. 
(197) | Legem romanum. (207) | Liber de horis. 
Ua ewe s (208—209) Quaterniones de 
Е computo II. 


(198) | Quaterniones de (210) | Terentius. 
boetii et alius de (211) ` Arithmetica. 


iuuenal. (212) Musica. Я 
(199) Quaterniones albof. | (218) Liber eiceronis de 
(200) Alter de XII | Amicitia. 


signis. | ET 
(201) Alius de Athanasio. | (214) Auianum. 


(195—196) Verloren. 

(197) | Offenbar ein Exemplar der bekanntlich von Gust. Haenel muster- 
gültig edierten Lex Romana Visigothorum, von der sich in 
Spanien nur eine alte Abschrift (in der Kathedralbibliothek 
zu León) erhalten hat. 

(198) | Quaterniones de Boetii wohl identisch mit Kod. 168, vgl. oben 
S. 9. Manitius a. а. О. 135. Über Juvenal in Ripoll vgl. 
oben 8. 56. 

(199 So Rivas und Ewald; Becker, vielleicht richtig: albos. 

(200) Daraus vielleicht die Einzeichnung im Kod. 106, fol. 757, s. 
Taf. VI. 

(201) Nicht nachzuweisen. 

(202—206) Sämtlich verloren. Vgl. S. 31 Anm. 1. 

(207) Rivas und Villanueva: heris. Wohl der heute noch erhaltene 
Kod. 225, vgl. oben 8. 58. 

(208—209) Rivas 162: Liber computorum (vor der Amalariusabschrift) s. X— 
XI. Verloren. 

(210) Verloren. Vgl. S. 55f. Diese Einzeichnung und die folgenden 
Nummern sind in Villanuevas Ausgabe des Katalogs nicht 
enthalten und werden nach der von Benito Rivas hergestellten 
Abschrift hier zum ersten Male veröffentlicht. 

(211) Verloren, vgl. übrigens Nr. 198 dieses Katalogs und 8. 53f. dieser 
Studie. 

(212) Verloren (Bo&thius). In dem für Baluze angelegten Katalog der 
Rivipullenses (vgl. die Anm. zu Nr. 41—51) finde ich unter 
Nr. 101 (fol. 15" der Handschrift) verzeichnet: ‚in fol. Liber 
inscriptus Musica Boecii simul cum Rhetorica Ciceronis*, 

(213) Verloren. 

(214) Verloren. 


108 


(215) 


(216) 


Ш. Abhandlung: Beer. 


Quiratui. (217) | Commentum par- 
Liber dialectice. tium. 


Hos libros dedit salomon pro ermengaudo filio suo. 


(218) 
(219) 
(220) 
* (221) 
(222) 


(293) 


(215) 


(216) 





Vita Sancti Gre- commentum par- 
gorii. tium ^ maiorum 
Prosperum. siue medio titulo. 


Duos Canones. | (224) Кеш alium Priscia- 
Sententias Ysidori | nulo cum declina- 
cum eius cro- | tionibus. 

| 

| 

| 


nica. (225) | Eiusdem in XII 
Donatum I cum uirgilii uersibus. 
Seruiolo. ¬ (226) | Etmaiorem Priscis- 
Priscianulo iuniore | num de Construc- 
ac Remigio uel tionibus. 


So deutlich in der Rivasabschrift; ich lese Oratium, vgl. oben 


S. 56; diese Annahme wird indirekt durch den für Baluze 
hergestellten Katalog der Rivipullenses (vgl. die Anm. zu 
Nr. 41—51) bestätigt, denn dort wird das sonst nirgends be- 
legte Vorhandensein eines Ripoller Horazkodex bezeugt; unter 
Nr. 189 (fol. 26" der Handschrift) lesen wir: Quinti Horatii 
Flacci Venusini Poétae lyrici poómata omnia. Maecenas atari: 
edite regibus O et praesidium et dulce decus meum etc. totus 
ipsius textus sine hypomnematis. 


Verloren. (217) Verloren (Priscian). 


(218—228) Der Spender dieser Codices ist wohl identisch mit jenem Salomon, 


(218) 


(219) 
(221) 
(223) 


(224) 
(226) 


der in dem von Poncius an Johannes gerichteten Briefe als 
Entsender von Handschriften (zum Zweck ihrer Kopierung) ge: 
nannt wird, vgl. oben S. 97, Anm. 3. 


In dem noch erhaltenen Kod. 52 geht den Homilien Gregors in 


Ezechielem die Vita Gregorii des Johannes Diaconus voran. 


Verloren. (220) Vgl. Nr. 94—98 dieses Katalogs. 
Verloren. (222) Verloren (vgl. Nr. 173—176 dieses Kataloge). 
In der von Rivas angefertigten Abschrift deutlich von Nr. 223 


durch Absatz geschieden und doch syntaktisch dazu gehörig. 
Da siue in diesem Teile des Katalogs wiederholt kopulatir 
gebraucht wird, suchte ich in medio titulo den verderbten 
Titel einer grammatischen Schrift, allein vergebens; so behält 
ein von Ph. Aug. Becker mitgeteilter Vorschlag Recht, siue in 
sine zu ändern und in dem Beisatz einen Hinweis auf das 
Fehlen eines Zwischentitels zu sehen. 


Verloren. (225) Verloren. 
Vgl. Nr. 177—178 des Katalogs. 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. І. 109 


(227) | Et Centimetrum de (228) Е boetium de con- 
uirgilio siue iu- solatione siue de 
uenale. trinitate. 


In Montesserate. 








(229) | Missale Т. (292) | Ушпов. 
(230) | Sermonarium I. (233) ^ Antifonarium I. 
(231) | Rabbanum. 
(234) | Porphirium. (299) | Beda cum sichoma- 
(235) Et Augustini. chia siue Quint. 
(236—237) Duo commenta Рог- ( ac Cattone. 
phirii. (240) ^ Centonem in euan- 
(238) Commentum boetii | gelio. 
super Augusti- (241)  Sedulium. 
num uel Aristo- (242) Ac oratore. 
telem. |, (243) . Et iudicum. 
Petrus pro Johanne dedit. 
(244) S Amelarii. | (246) et altercationem 
(245) | Augustinum de doc- Athanasii et 
trina christiana. Arrii. 
(227) Verloren. Rivas liest Centimentitum. (228) Verloren. 


(229)  Betreffs dieser nach ‚Montesserate‘ abgegebenen, durchwegs ver- 
lorenen Handschriften sei daran erinnert, daß Santa Cecilia 
auf dem Monserrate 1023 von Oliva für Ripoll wieder ge- 
wonnen wurde, vgl. oben 8, 79. 

(282) | Rivas: Ymi. (234—237) Vgl. oben S. 54 u. 56. 

(238) | Vgl. oben 8.54. (239) Vgl. oben 8. 54 п. 69 Я. (240) Verloren. 

(241) | Vgl. oben 8.62. Selbständig nicht nachzuweisen. 

(242) Aratore. Vgl. Manitius а. a. О. 8. 144. Rivas verzeichnet unter 
Nr. 254 seines Katalogs: Magister Joannes de Ecclesiae sacra- 
mentis, Liber Aratoris subdiaconi en verso exametro en per- 
gamino, su letra del siglo XI. 

(243) Ein Forum iudicum (vgl. Nr. 105—107 dieses Katalogs), wenn 
Rivas richtig kopierte; doch paßt das Rechtsbuch schlecht zu 
den vorangehenden Texten, weshalb Wilh. Weinberger an- 
sprechend Iuuencum liest. 

(244) Vgl. Nr. 160—161 dieses Katalogs. (245) Verloren. 

(246) Vigilius Thapsensis. Verloren. Eine spätere Abschrift in dem aus 
Ripoll stammenden Kodex der Pariser Bibl. Nat. F. lat. 5132 
fol.26 ff., vgl. Cat. cod. ms. Bibl. regiae IV, 42 und E. du Méril, 
Poésies populaires latines du moyen âge, Paris 1847, 8. 303. 


110 ПІ, Abhandlung: Beer. 


Obwohl, wie bereits bemerkt wurde (vgl. oben S. 100, 
Anm. 2), den im vorstehenden Kataloge beigefügten Nummern 
gewiß nicht durchwegs selbständige Volumina entsprechen, so 
gewährt das zum ersten Male nach der vollständigsten Abschrift 
bekannt gemachte Verzeichnis doch einen guten Einblick in 
die Reichhaltigkeit der Ripoller Klosterbibliothek unter dem 
Hirtenamt Olivas; in Spanien kann sich keine Bibliothek jener 
Zeit — die der Kathedralkirche Toledo, über deren Bestand 
in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts wir jedoch urkund- 
lich nicht unterrichtet sind, vielleicht ausgenommen — mit der 
Ripoller Bibliothek messen; außerhalb Spaniens gab es damals nur 
wenige Klosterbibliotheken, und zwar nur die berühmtesten wie 
z. B. Bobbio, St. Gallen, Lorsch, Reichenau, welche die Ripoller 
Bücherei an Zahl der Manuskripte übertrafen. Der Ripoller 
Katalog ist auch darum merkwürdig, weil er, wenngleich in 
der Anlage der überwiegenden Mehrzahl anderer Bibliotheks- 
kataloge folgend und zuerst die biblischen und liturgischen, 
dann die Profantexte und späteren Zuwendungen anführend, 
doch den Einschlag aufweist, den die profanen Lehrtexte (Libri 
artium) der Bibliothek gaben; der Katalog belehrt uns auch, 
wie kein anderes Zeugnis, über die außerordentlich großen Ver- 
luste, welche die reiche Sammlung im Laufe der Jahrhunderte 
erlitten hat. Die biblischen und liturgischen Manuskripte, durch 
vielen Gebrauch hart mitgenommen, durch prächtige Druck- 
erzeugnisse auf diesem Gebiete verdrängt, sind fast durchwegs 
verloren; einige patristische Codices und einige wissenschaftliche 
Lehrbehelfe, das ist alles, was von dem einstigen Reichtum 
bis auf unsere Tage gerettet wurde. So bildet der Katalog 
mit anderen früher herangezogenen Quellen das wertvollste 
Mittel, um die Grundlage zu erkennen, auf der sich das litera- 
rische Leben im Kloster bis zum Ausgange des Mittelalters 
fortentwickeln konnte; dies an der Hand der wichtigsten aus 
späterer Zeit erhaltenen Codices darzustellen, ist Aufgabe des 
zweiten Teiles der vorliegenden Studie. 

Durch die Unterstützung der kaiserl. Akademie der Wis 
senschaften und dank der speziellen Fórderung, welche der ver 
blichene Vizepräsident der Akademie, Wilhelm v. Hartel 
der Sekretär der philosophisch-historischen Klasse, Josef v. 
Karabacek und das korrespondierende Mitglied Augus! 


Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 111 


Engelbrecht diesen Forschungen angedeihen ließen, ist es 
möglich gewesen, das bereits früher gewonnene Material durch 
Studien in einer an einschlägigen Erläuterungsquellen beson- 
ders reichen Sammlung, in der Pariser Nationalbibliothek zu 
ergänzen; ein Teil der Nachtrüge wurde noch vor Abschluß 
des Druckes hier verwertet, andere Ergebnisse der Pariser 
Forschungen, die erwünschte Ausblicke auf die spätere litera- 
rische Tätigkeit des Klosters eröffnen, sollen in dem zweiten 
Teile der Abhandlung Aufnahme finden. 

So reich und vielgestaltig die geistigen Interessensphären 
Ripolls sich auch in späteren Jahrhunderten darstellen, so werden 
sie doch, wie angedeutet, wesentlich durch die Grundlagen be- 
dingt, die Abt Oliva während der Hochblüte des Klosters zu 
schaffen wußte; unter ihm ist Ripoll geworden, was P. Piferrer, 
einer der besten Kenner der katalanischen Lande, von dem 
Kloster rühmt (Recuerdos y Bellezas de España II, 270 f.): 
Panteón de los condes de Barcelona, sepulcro de los de Besalú, 
precioso archivo de la historia de los siglos medios, monumento 
arquitectónico donde estaba vivamente reflejado el pensamiento 
de toda una época. 


119 пі. Abhandlang: Beer. Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. 


Schrifttafeln. 


1. Cod. 46, 253 X 322 mm, Schutzblätter, Bruchstücke eines 
Forum iudicum s. VIII(?) —IX. Vgl. 8. 33 ff. 


2. 3. Cod. 49, 246 X 324 mm. Fol. 137: Taio, Sententiarum libri У, 
Schluß; Fol. 137" De trinitate diuinitatis quaestiones s. X 
(911). Vgl. 8. 34 ff. 

4—9. Cod. 106, 225 X 265 mm, s. X. 

(4). Fol. 267: Dominica in primo nocturno... Antiphona (mit 
aquitanischer [diastematischer] Notation, später einge- 
tragen), Fol. 277: Libellus emendationis des Presby- 
ters Leporius, Schluß; Aufschrift des ersten Buches 
der Soliloquia des Augustinus, vgl. 8. 61. 

(5). Fol. 507, 517: Disticha Catonis, Prol. — 1,34, vgl. S. 61. 

(6). Fol. 75": Sedulius Hymnus I, 95 — 110, darunter eine 
tabula signorum, vgl. S. 61f. Fol. 76" Bruchstücke einer 
Rezension des Corpus der Gromatiker, vgl. S. 62f. 

(7. 8). Fol. 77°, 787, 80", 81": Bruchstücke aus derselben 
Rezension, vgl. З. 63 f. 

(9). Fol. 89": 37 Hexameter mit einem mesostichischen und 
zwei Diagonalversen, vgl. S. 64f. Fol. 90": De generi- 
bus numerorum u. a. (z. T. Exzerpte aus Isidors Etym.), 
vgl. S. 65. 

10. Cod. 42, 257 X 347mm, s. XI. Fol. 4" (später eingetragen): 
Vita Sancti Philippi. Fol. 5*: Oliva monachus, Carmen de 
musica. Vgl. S. 8f. 88. 

11. Cod. 40, 300 X 360 mm, s. XI. Fol. 63": Versus in matale 
apostolorum Petri et Pauli. Vgl. S. 98. 


12. Cod. 168, 138 X 203 mm, s. XI. Fol. 57: Boethius de Arith- 
metica I, 4. Vgl. S. 9 u. S. 98. 


‘QV € "PH ‘SGT 'ossery "3819 “Hd '-цәзчәзвтдү *p Fer sten "р *as3unzitg 





D i + , Р 
“ y eem ge дом nd pm ! зу рів эбэ жмут Г H уте) 
(жыгы rv з | kr dk: 
J w үүн м Ar «У 
р ` Tor bor jal 


ТЫ квне л М у на у, ml 


у, وبر‎ ¬ were م‎ EY H " зга - à ‚Tb. by 






Asse Aia mper уте ез 0n 
DT orm e wenn pet и Lë 
eraus nem ipa چ نمر‎ ТУГО el 


dde ну br ee 


» ws nec RÉI Russ 


чо | ar MA e 





% 
oom dep y у Rose, caedis cp ieri PJ che بير‎ coe d ren YA | 
й i - y + d E A 
H o EN t зало 1 Aw 4 + га TY гео 4 y |. ту оо "Du : 
і E. ur TY ой E? шы "w^ I: mut dex, ФО مدي‎ T2 dmm dog ute 
e ^ D be ng РА К d b 
{ a A огч جو‎ "угар у м 3 - с): ^ ei dch IER BER |. 





bs rrp E Зы & Eë E n >» о 
Ka AN wech Не" cc zs quod وم پا ا‎ g 
элә» verre Ж 39422 بدا‎ aati "d 
esr) ارد ہہ‎ S „> є Hl vz وه‎ n ige 
7375 er. A wf ^c тест» ی‎ T 
vd ev чу» ns нас, і. درد‎ Les move ; 
. لم یی ور‎ cp pm omni Ze? vi c'e mar ades PAS 
| терену urn lemen randa ken? 
ہم وسو حدر سیه‎ iim ze є Léa gie 
тт Фә е re ` чи dur e be дж 
Vene ns ebe ei renden ү „wg 
uidisse enn mn) A 


poets ә " a 
EN, зі Ge E с 
E» ` yon - Ан" d я 

empto en 


Iert гг? ین مر‎ د١‎ cw" - 2 mw 











dann ve اید‎ > и 7 > 
` +, L TE түз 


«уч 2, г 











-- 





‚ER. Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. Tafel 2. 





—_ I 


^ < á— m 


o0 ege äm prulmaumdiciau ST. "e "Si 
сані latas eamel une ва e 
аптек вк нс их. 6ccelom 
фалтотробана bim [чат 5 
nı 4 Калт. адалт» бае 
m ёам апа. osne фаза тебе ` 
| Deban er Quru битте®о cob бога 
ılmiauatonänpotune- 1c 
habe Imıdindn. дало або 
damnu катер > &(enéaatana. 
| вові У Mion бп. ` 
ho (appli Sedi поп {ê 
ти ат Intprugunbeuettung 
acm labicona LSa une. ` 
| «t uodfafpıcun попса | 
б gaalaussn (lb, gei dea (eu ciam f 
minauna filo nomo(aaolanac 
“od lm пејачот обата. 
RE a iadi i боби à 
Р ucımar: | ofoenft-auen u În cor, Se 
honumlau (олен АРА d 
ат ang uf oa nonána4aamnof 
In au боб e-( olli e can 
TEEN "бу pl. сї! Ben 


ge ни 
Seren Пак зсібпебоги " 


> _ O REE E 
" Prem Sahin mf ст. (abu 
чно AGS TS. Me Уссс олгун». ` 


wd, 25 26. geck Our 
- 46476 хо An 404 (evo om 
ala puelle prm dum non "ё." 


бат na» 


rrá 





—.— mainda № 


Sitzungsb. d. kais. Akad, d. Wissensch., phil.-hist. Klasse, 155. Bd., 3. Abh, 


ER. Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. 1. Tafel 3. 












Es e - -- 






i dix зом dr 
МИШ ДОШ ЫЎ: 


"yc éllónas (6m däs ито 
D up vite элини >< n. 


` "` дл án ax. et га Kos 
В - Є 
| EE 

~ Zënn нка к гиў. - 






«сери fS Sonn 7 \ 


тое пет «ема 
Digi «1 mad. ^ 
CS ай Manta 












upat mic pm? | ме RAN КМ 
ET res E SA А Ins alem lue ac. 
EE дана не ón. де m teste ` амы 


' nat oma (p d Gomm, a’ blanc act C02 с 
п EL eer né umn met dt 
ma BE еә E хх e Neti. Junge бт pore Y | 
onáne- ж въ. > Drmormutge. Dicas Pul T 

cas продана петао 
гає таар Abax gn дз bun 
$ . 
бест vente | ` 
quoni. in. са таборі. заптентіс 


Di mol Cer dm белаш. EN i 


anam асы» Ge? yit ^ ^, «Pont unmuxfichwen 


A ا ر‎ Cas «оте cuau. ERNST ag — ' 
` Ta giana ornas. ‚a oen ada Sent ceu (e eno 


gn caste Т | 
Paige рбабәбл erte Е "Думала сало ої t 







(pen iumin 
en eiu Pom бю — 8 








































R a 
^ к: Dn ct coctonám - ь бсо men 
LE E» 7598 ھام‎ ` pum m pum 
At mın amon n г. aua (óc 64 MS M 







алое. ‹ non | ‚ амел nxpodu Ce, l 
Sen An 4 inon - | be TEE e(aotaf ө Т 


r Seat: 
«ам. ' 






ame. < 








ТРИЕ" 


Sitzungsb. d. kais. Akad, d. Wissensch., phil.-hist. Klasse, 155. Bd., 3. Abh, 


"чау E "Pg ОСТ ‘oss "ystq- piyd *"qosuosstA, ^p Pri sten "р geing 


said iot дід" LH 
We Rene 
E r у=" کا س‎ жө) ا زر‎ і 
Be vr Zog modry yuarıyo TES itr and лод" O 7 | " = ` 1 
da rn el n · m MADE اوک‎ e ч ча $ äer M : | й F ® Ф `ар Pr 
ME a la AT ` TH Chr erg ASRS ні ET | 
gy гро орон A udni aaa | 5 IAT o ir وو‎ i 
SÉ Е і | - » Pig "ПЧ o Фе і " PET „panh та ра FP » 
ا‎ ртр 7 mer naa Naar тем Jo miny "Ши кыйалы $ SZ, Ze pre a - - А 
: | € zum Fan ماک‎ ЯРУ very niue үч "uu 


KN Adano ды й" medi on 
я m я даже л M an juez eJd wre e л ут \ 


.- є 





ч О e 
^$5 ма ыды denm, ERTL 14 caet с fang рр бу 8 Au $ ` , 
у | ` д v. ут i атыл д WE joues Ами رار‎ éi 13 pira e 
e у ai e А e f 
вї . 


м ; тулы 
"aep ma "Rtl ЕВА a йо ырын 5 ya j 
ar or : pue ‚һа; J ad Kate rk ni , іж № hr Ze | | 
Piu WA, op MM Suy ВР Sei rm. 


. ты мои рт га FPF з 
єм hw ал > d DÓOY v. Гы 


NT т iid кечат HAN a ы: ли men Ө yas cis el asch зәр HE j 
| = 3 
"ТТ = * a $ y d e 95^ ^u ^ - ^ - 
болта ет) sr? E ч Aided ук A 1. Ainin сыре mind jon аз] @ ge є " " a A » D у м 
j. я f | Wadi OJ rr рушы ceres РИЦ о ВЫ [юте ТУЗАУРХ 
«3 er лам à я". VN 4 E Ar, 
&> ste фы, 2 erwepn. 15 joie y von мер E eva ددشم‎ т; 29 ALS "Tz T "LS . 1 L 1 - К т $ 
4 d 1 ` 
„дарый DA мо" н» d eua ed idv 15. 9 
ي فة‎ А mit > т ^ Sande u. = А , . 
Г Ts aa r < маст see о 
" Й P | ^ точи n * E ” я 
"i рои pn їв ا‎ у, nl uan ME gest“ eid Diss ja iv 2 \ : Ы ' 1 f 
j pr; | Й Р hh drin] рано фор эм 447 rin), Lario L 
tài Se dire, iid SN өы Жү £r ahy jam aa nun fu a сити У ' гркісн 1", os ei WA * e D 
a spa d sel gi чорна APT on jun м" IMT gnana d эз, nm A : A m kan F MM gd pm: rä зүнтал, ie p a» 7400 Y 
e 4 E i Ї e ) ч 4 F т є 2. A e e a Ai o» А А 
D ^ - ы ae 
ал г“ сном pm jos rnn tfite mi inr: Bn" اا ل ودر ایی‎ | ~ ` М 
3 * d ; MY uy әз nyl( d йет, р une mmm vane Орр ы } 
„ "т KAT Kate лү Р КОРР Мух, азл дв add оро dv Б і ` е! Lie à |" ?. | j^ "^. oc, c tn 
g kA f 
D Ae. SUN jut imet ü і 4 J N м ` - م‎ ща чані ь .Д + 
і - «атоми em Lum Dot jain pam te ВІ ДЯ ا‎ Ьа id б í ZA » N ^ теч "раму $ n : И 
DH м 


ek ds def vorn Redes г [Лат | 
en por + eS e une VS] CE за oe oma) ceo eq й АР 
m ‚ * | e - e от 4 г D 


Ki 
Zut! IURIS dj nun а dua вы vn —9| ый $ туч Ti | 
‹ № 2% 23592 rra red й 
^ 
и ¥ 


20143 ouy aega жав P {ма ГР 


| PATLE j піна srj из у arma سد‎ ep? m: үт = maa Ke Am | € d a A ? Ze SR e 
er ча. rw ETI - в а ^ H 
däre ур уч Man gp юрене н giele кума З ww; ISPA Жы! фам anis m во or { 
з І e - D * - - . 
z м . CEA 


“Р матан јот" or. mw MNT „ala үм < ره‎ s мирчәзәр | e 
ST ONNP oe zi IN [НЕ HL 
ро. іш 


tr „ч 


| 
e wax? рим ahs’ tts rn преса perpe: dip. nde ng ырыр Fj 
і 


"Qqy^$ "pg ‘SGT "овечту "jstrq- ці *"qosuasstA, P Por ‘SIX "р "qs2unzyig 





"ЧЧУ $ "ра ‘GGT aset 9919 Il '"qosuossrA, "р "роҳу ‘SIX "р "qsSunzjis 






єз 

ki 
Gp 
Ё 


у Г 
Aak AE 
ТОУ Takis, 
Ki Г 
Es 
= 
v | 
s 






EINE 
"P 


TANA 


JN 
SE 


EC 
"T sje 









dal [o] іє 
Bap 









IN EC 
:cI j N E 1 4 = -—— 
As TAE "lai S I CTS ES 


! F Ka | т 
төл mom принц aepo Кеө түл" madog msnm i 
(Ree egen inst jme mdr), Mirta pho inda, DN 
4 еу 


ЕБ 
ER 
E 





T a 
- 7. t9 m 
MO УЧ 


м. ТӨ Geer idi ai 





"garg "PASST ‘oss "stq-[rqd. "nosuasstA, "р "pay si р "qsSanziig 











3 a 
vg ' v ` 
. «и му" A г вок «вотум geng elleng 4 Р 
ees 4 Ee nl pers S EA ег 
> ger ah æy 
- nmm | 
чер ده‎ vm e 









T ] rm ao 1 ‘hne 
E T N y em ur nd jire mme rp rt > ta d 
# p? je ge deed EK toi азоту gebr реча Arie УУ) 
3 „дер engt vg At 24 1 ^ a! ( | 7 [ j 
4 vr r Г" r нан Dr han r lv ү dh T vr mne шд» "Ld зачаті! 
: 2 Ц e ur rent ГЕТРИ Гри Ma وز ھب‎ d 
m „А «У 


п 
اکور‎ әреме Senn) Wan 
мою nr 








. Тела уз мето sed e erpuist? ii ,h 
ЖЫ 4-е. чы шш 





Wa Є "ря ‘COT ossepy *jspq-'[rqd. **qosuosstA, "р "pyxy "год "р ‘488012315 








зу 5 "SE tobe soa 

СЕ т 
©. € oqÍ inwo: d. 
moeviuod. 
"15 уаз ч. 
"pd SIL e 





> e "Wi ? >; 

духу суотому amb Фм -9 У: Dern O1 зы E P 

Ar. E ged se, ` 
MAL 22% 2195 Mit. sum arabe: KA. 


23x00 39 291 9x ERT EE 


$1410» аъ 510 n1 Big "re і 
! . ur 
V» Ses grt Sii Tone Я -м NAN З О viov" м 
Е. X. auoi]09 x un e 
Г , ILIV versah S- N a mmy mo е T 942 t d 


экю wg . Е 
ч у, ж 





9:7 NNSA тмә 51175. чагы мч 


sev хе» 






inne) | үз pep mnm non pua 
vn. a TU via jp 






ed by Go 


"gay `$ ра ‘GOT 'ossery SIM“ *qosuossra, "р "режу "ТЕХ "р 'qsdunzyig 


mr ur — 
> m 
` 
му 
> 











У ші матку ә| 
127). N: р 
mo я зи дит aaow jy о лара 
J or) 
A SCH bie mp Й ug ай DU p Mini = 


Dro паб npn ) 


ды 
à і x - Р 
^ Daß UM 227212 d'Ee ifi haart 12 Чи 


Е 





Aora WINO N JUN ui PU шәт АС 0 s 
ODT о for U, Ey ERE P 
Dl ка ває бана Вәд 2 Di са я му adm? 32100 у 19. р) г. n Jin ) ado as 
Qmm m MÀ nein mr hp = zu d UA) димир TPIP , 
em tum e Sie m ny Y zt чо) 2 ки 
cm KO 91 7 »i : 
Yom nr E mee T. лш y aburan ) 
mr me зс рү) чо: ' ) 
umen yad үтү dme m ч سوه‎ yo лам притоці? 
++ anna dr em) num ф Ми» ze УР 
tete орі я ти рівна RS 
TU eru pub aie AUTE CANSA 
D reen geed кыл W3NÜ((SN32STY pe 





n Cere ЗА Le AM Лутту? ттш. мат 
“Жүр (epe wapus ыу "рї? призадб ui ow W зам.п b e Im здларда 
т ў T мат) SIR? 


à ET m „upy ika iid и mäer: ze J 2, 7 y: e qe ir amer 
ж | s ابر‎ or alat yod Ці jidd w jqio 0 | pyp seii pun до annm сма 


ed by Google 
g © 


IO 


Digitized by Google 


SER. Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. Tafel 11. 





TJ) ‚' sé s M ES ° Rem Я Же» DM 8 бе 


я е e e? \ e e й $9. з er ^ 
SS ua Wt CUPS DC ыл Eer we 
оз ge, gf > SAN dë Te : SS Др пае eu на 


Q4 4 m9 ДШ. Pu. ed ua - 5 
D — AC : D й Ро В MAL ا‎ Е. й р us 

` Hee eg een peri pa mh hin gege, 

Р; . . . ° є «є ò * ^ e 3 
nep emen Delo ты aere cues nola H | — s. OPES. à . ^ e 

D . P Tum. dankt ч ў е Ze D 

SÉ D .. P. Se? "linis А i ag Maren que оо $. 





Ve mn Fünf ann aiin org 
а в m" "Hr ни cog eel оба бў agor 


pr geleed pla Acre qune «нить. derer foa pet ala : 


.ч 


пасе Ве fimul cres rogna penuner. Gen уза ei I chos. du f А s М 


fait еы]. | 
femal efto анына bom Da nenia foleni mer А Nari ff {факсты € 





Sitzungsb. d, kais. Akad, d, Wissensch., pbil.-hist. Klasse, 155. Bd., 3. Abh. 


Fafe reent Добре gu labore. фата мыт < : 
Ma rt тт ни etie a 


| 
| 
Digitized by Google 


ЕЕК. Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. I. Tafel 12. 





hom TT 

bh» з dirge 1 | 
" d Й uyo nulla minor {т qua 1qemina [А 
MEAE } Alina: патауч у 916 Ли p 


^ i | dafi Az aber ть er 
Az ET dido EE daa for 











P D. та Йа or al:a 412100 диетой пыте 

Җа $ ре. блін эз Шыр Йыл. lodna 

» SP parar duufionenlalminur& Gi етй oui 

T і. i. gr fao vina diuifione garni: (Seng 

" Hi Пітаті пш. fed humg uf diumiomy 

Г РР auge 04 Bee ا‎ NEUES 
TE perc pride с > ЯР 
7 aym eni quan rakê 1 in rin d 
LL ee en ar Bi 
ОЇ Р schtere nun. 


ELT 


2— zT ar2;wleo lite como слот hæna 





- =т=т мм е e 


К | (ноз с амр eem a 


{ pide £. aM Iv wl, мм. 


Sitzungsb. d, kais. Akad. d. Wissensch., phil.-hist. Klasse, 155. Bd., 3. Abb, 





Sitzungsberichte 


der 


Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 
Philosophisch-Historische Klasse. 
155. Band, 4 Abhandlung. 


Ran ostreit-Literatu r. 


Ein Beitrag 
zur vergleichenden Literatur- und Kulturgeschichte 


von 


Moritz Steinschneider, 


weiland korresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften. 


Vorgelegt in der Sitzung am 11. Juli 1906. 


Wien, 1908. 
In Kommission bei Alfred Holder 


k. u. k. Hof- und Universitáts-Buchhándler 
Buchhándler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 


Periodische Publikationen. 


Schriften der Balkancommission. Linguistische Abtheilung. I. Band. 
Die serbokroatische Betonung südwestlicher Mundarten von 
Milan Rešetar. 49, 1900. 10.K — 9 M. 

— — П. Band. Das Ostbulgarische von Lj. Miletié, 49. 1905. 
14 K 50 h — 13 M. 
-— — ПЕ Band. Die Dialekte des südlichsten Serbiens von 





Olaf Broch. 49. 1903. 16 K 40h — 14 M. 
— — IV. und V. Band. Das Dalmatische von M. Є. Bartoli. 
4°. 1906. 40 K — 36 M. 


— — VI. Band. Der heutige lesbische Dialekt verglichen 
mit den übrigen nordgriechischen Mundarten von Раш 
Kretschmer. 4°. 1905. 30 К = 25 М. 

Quellenwerke der altindischen Lexikographie. Band I: Der 
Anekarthasamgraha des Hemachandra, mit Auszügen aus 
dem Kommentar des Mahendra, herausgegeben von 
Th. Zachariae. Grof-89. 1893. 12 К = 10 M. 

— — Band II: Das Unadiganasutra des Hemachandra mit 
dem selbstverfassten Kommentare des Autors, herausgegeben 
von Joh. Kirste. Groß-8°. 1595. 10 К 40 h = 8 M. 10 Pf. 

— — Band III: Der Matkhako$a, mit Auszügen aus dem 
Kommentare und drei Indices, herausgegeben von Theodor 
Zachariae. Grofi-89, 1891. 8 K 60h = î M. 

— — Band IV: Der Dhätupätha des Hemachandra mit dem 
selbstverfassten. Kommentar des Autors, herausgegeben 
von Joh. Kirste. Groß-8°. 1901. 18 K — 16 M. 

Schriften der südarabischen Expedition. I. Band. Die Somali- 
sprache von Leo Reinisch. I. Texte. 49, 1900. 20 К = 15 M. 

— II. Band. Die Somalisprache von Leo Reinisch. II. Wörter- 


buch. 40, 1902, 50 К = 45 M. 
— III. Band. Die Mehrisprache in Südarabien von Alfred Jahn. 
Texte und Wörterbuch. 49, 1902. 24 K — 22M. 
— IV. Band. Die Mehri- und Sogotrisprache von Dav. Heinr. 
Müller. I. Texte. 4%, 1902. 94 К = 21 M. 
— V. Band. Teil 1. Die Somalisprache von l.eo Reinisch. 
III. Grammatik, 49, 1903. 12 K — 10 M. 40 Pf. 
— VI. Band. Die Mehri- und Soqotrisprache. II. Soqotritexte. 
4°. 1905. 48 K — 42 M. 


Selbständige Werke. 
Aptowitzer, V.: Das Schriftwort in der rabbinischen Literatur. 
Prolegomena, 8%. 1906. 1К 90 h — 1 M. 90 Pf. 
Bittner, Maximilian: Der vom Himmel gefallene Brief Christi. 
in seinen morgenländischen Versionen und Rezensionen. 49. 
1906. 16 K — 16 М. 


IV. Abhandlung: Steinschneider. Haugstreit-Literatur. 1 


IV. 


Rangstreit-Literatur. 


Ein Beitrag zur vergleichenden Literatur- und Kulturgeschichte 
von 


Moritz Steinschneider, 
korresp. Mitgliede der Каз. Akademie der Wissenschaften. 


(Vorgelegt in der Sitzung am 11. Juli 1906.) 





Vorbemerkungen (Quellen). 


Der vorliegenden Abhandlung, welche meine Forschungen 
über die Beziehungen der arabischen Literatur zur europii- 
schen abschließt (vgl. Sitzungsberichte Bd. 149, n. 4, Bd. 151, 
n. 1), mögen einige Bemerkungen vorangehen, welche ihre 
Entstehung und Umgestaltung sowie das Thema selbst betreffen. 

Als ich im Frühling 1905 mein Material druckfertig er- 
ledigte, glaubte ich noch, auf mein Thema zum ersten Male 
aufmerksam gemacht zu haben (Hebr. Bibliogr. XXI, 1881, 
3. 10); glücklicherweise hielt ich Umfrage und verfolgte die 
Quellen der mir angedeuteten Forschungen rückwürts, so 
weit sie mir unter persönlichen Hindernissen und Schwierig- 
keiten zugänglich waren;! ich mußte mich auf Gebiete wagen, 
deren Bücherkunde ich nicht beherrsche, und muß Ergänzungen 
entgegensehen, um über Identität von Drucken mit abweichen- 
dem Titel (s. z. B. n. 73°), Umfang, Inhalt und Form aus 
eigener Anschauung berichten zu können. 


! Ich bedaure namentlich die bisherige Unzugänglichkeit folgender Druck- 
schriften: Knobloch, Streitgedichte usw. Breslau 1886 (Diss.); Alfred 
Kalischer, Observationes іп poesiam roman. provinc. Berlin 1866 (Leip- 
ziger Diss. Lit. Zentralbl. 1867, S. 580); Ach. Jubinal, Nouveau Re- 
cueil des Contes dits Fabliaux, Paris 1839; Remains of the Early po- 
pular poetry of England ed. by Hazlitt, London 1861. 

Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 4. Abh, 1 


2 IV, Abhandlung: Steinschneider. 


Die allmähliche Erweiterung des Quellenkreises führte 
Übelstände mit sich, indem die meisten Schriften nicht bloß 
mein engeres Thema behandelten, also mancher Streit zweifel- 
haft blieb, weil ich nicht selbst prüfen konnte, andererseits 
die Einreihung größerer Massen sehr umständlich ist und leicht 
zu Unordnung und Irrtum führt.! 

Ältere Zusammenstellungen von Streitgedichten, welche 
ich als Quellen häufig und mit bloßen Verfassernamen zitiere, 
betreffen wesentlich eine Sprache, nur gelegentlich auf eine 
Parallele in einer anderen Sprache hinweisend, die das Original 
oder eine Übersetzung oder Bearbeitung enthält. 

Seit der Mitte ungefähr des 19. Jahrhunderts haben Ita- 
liener in Monographien, Sammlungen, Zeitschriften der volks- 
tümlichen Literatur gesammelt und behandelt, witzige, scherz- 
hafte, satyrische Gedichte großenteils aus dem Volksmunde 
geschöpft, wo die Contrasti eine hervorragende Rolle spielen. 
Mir sind wahrscheinlich nur einige der bedeutendsten Quellen, 
hauptsächlich aus d’Anconas 2. Auflage der Origini bekannt. 
Ich erwähne hier zunächst eine lehrreiche Schrift: 

Giuseppe Pitr& verfaßte 3 Bände unter dem Titel: Biblio- 
teca delle tradizioni popolari siciliane, wovon 1 und 2 mit 
besonderem Titel: Canti popolari Siciliani Palermo 1870, Bd. 3: 
Studi di poesia popol. vol. unico, Palermo 1872 (393 pp.): 
p. 52/3 und 256 ff. behandelt Contrasti. 

Alfonso Miola, Le seritture in volgare dei primi tre se- 
coli della lingua ricercate nei codici della biblioteca publ. di 
Napoli, vol. 1, Bologna 1878 (396 pp.), bietet Spezialitäten, die 
an entsprechender Stelle zitiert werden sollen. 

Adolfo Bartoli, Storia della letteratura italiana, t. ЇЇ 
(and. Titel: La poesia ital. nel periodo delle origini, Firenze 
1879 [417 pp.], behandelt im 1. Kap. die provenzalischen 
Einflüsse und p. 76 ff. die Contrasti, auch französisch nach 
Littré. Einzelnes zitiere ich unter den Schlagwörtern. 

Ap. Lumini, La farse di Carnevale, Nicastro 1888, р. 23, 
zitiert in der Note: Francesco Ferrari: Il contrasto della Bianca 


! Mein erster Entwurf zählte nicht 100 Gegenstände, die erste Redaktion 
gegen 120, zwischen den 140 schließlich geordneten Nummern mußten 
über 50, durch b, e, d bezeichnet, eingeschaltet werden. 


Rangstreit-Literatur. 3 


e della Bruna im Giornale Stor. della letteratura ital., Torino 
1885, vol. VI, p. 332—398, und findet mit Recht den Grund- 
gedanken in Hohel. 1, 5: nigra sum sed formosa. 

Dem gegenüber ist zu bemerken, daß Albert Schmidt: 
‚Was muß man von der italienischen Literatur wissen?‘ 2. Auf- 
lage von Grundriß der Gesch. der ital. Lit., Berlin o. J. (1900), 
215 5. die oben besprochene Literatur grundsätzlich zu igno- 
rieren scheint. S. 7 liest man: ‚Die Troubadours auf italie- 
nischem Boden (13. Jahrh.) berühren den gründlichen Kenner 
der Sprache und Literatur seltsam.‘ Auch er leitet die An- 
fange des Dramas zunächst von heiligen Aufführungen ab. 
(8.53, vgl. oben Anm. 1.) 

Im Vordergrunde steht unter den lebenden Sprachen 
das Französische, respektive Provenzalische, worin die 
Troubadours eine besondere Gattung von Gedichten als Streit- 
gedichte unterschieden — davon wird unten eingehend ge- 
sprochen werden. Die sogenannten Debats oder Disputa- 
tions („Desputoison‘, Bataille) des 14. Jahrhunderts behandelt 
Emil Littré mit üsthetischer Kritik im XXIII. Bande der 
Histoire Litt. de la France (Paris 1856) p. 216—33. 

In Italien entwickelte sich die Gattung der Contrasti 
bis zur persönlichen Aufführung. Visconte Colombo de Patines, 
Bibliografia delle rappresentazioni italiane sacre e profane stam- 
pate nei secoli XV e XVI, Firenze 1892 (92 pp.), beschreibt 
die Bücher meist nach Autopsie äußerlich sehr genau. Die 
weite Unterabteilung (р. 17—81 n. IV—XIV) beschreibt ‚Con- 
trasti^ (p. TO französ. Débats), in welchen der Ursprung der 
Furse zu suchen sei.! — Inhalt, Form und Geist italieni- 
scher Streitgedichte unter Anführung von Stellen behandelt 
Alessandro d'Ancona (Origini del teatro in Italia, Firenze 1877? 
l, II n. XXXII p. 25—38): ‚Г contrasti‘. Er betrachtet diese 
Gedichtart geradezu als eine ‚unvollkommene dramatische Form‘, 
welcher nämlich ein authentischer Text fehle (p. 27). Sie habe 


! Auch Hauréau, Notices etc. VI, 32, sieht in den ,Débats' einen Übergang 
zum Drama. Der Zusammenhang der Contrasti mit den heiligen 
Aufführungen (rappresentazioni) wird von mehreren Autoren hervor- 
gehoben. 

! Die 2. Ausg., Torino 1591, konnte ich erst ganz kürzlich benutzen, um 


aus I, 149—62 einige neue Nummern und Verweisungen einzuschalten. 
1* 


4 ТУ. Abbandlung: Steinschneider. 


bis dahin noch nicht die Aufmerksamkeit (curiosità) der Ge- 
lehrten auf sich gezogen;' in der Note zitiert er Hist. Litt. de 
la France XXII, 162 (wo nur von meiner n. 105 die Rede ist) 
und XXIII (Littré). 

Englische Rangstreite, bezeichnet als Dialogue, 
Discours, Combat, Comparison, Controversy, Debate, 
sammelt, aus Th. Wright (s. unten Latein) und sonst, Ethé in 
Abhandlung des Kongresses (s. unten), S. 55ff.: 28 Nummern. 
Verwandt sind die Estrifs. 

Lateinische Streite, bezeichnet durch: Altercatio, Cer- 
tamen, Colloquium, Con flictus, Contentio, Disceptatio, 
Disputatio, sind meines Wissens nicht besonders gesammelt, 
aber einzeln ediert in den Sammlungen und Anthologien, von 
Leyser, Th. Wright (,attributet to W. Mapes‘), du Meril, 
Jac. Grimm S(chmeller], Carmina Burana, Stuttgart 1347 
(n. 46 der Bibliothek des Literar. Vereins; er sieht die latei- 
nische Poesie des Mittelalters als deutsches Vatergut an S. ҮШ). 
In der neuesten Sammlung von Jakob Werner, Beitrüge zur 
Kunde der latein. Literatur des Mittelalt,, aus Handschr. ge 
sammelt, 2. verm. Auflage, Aarau 1905, wo weit mehr als 400 
Gedichte entweder vollständig, oder Stücke (meist Anfünge 
daraus mitgeteilt werden, habe ich bei flüchtigem Blättern 
keinen Rangstreit bemerkt. Hingegen bietet die kleine Samm- 
lung Carmina med. aevi von Francesco Novati, Firenze 155) 
(86 рр.)? allerlei Beachtenswertes (р. Ö1 ff.). — Ich füge hieran. 
Auffällig ist der Mangel an Nachrichten über spanische Rang 
streitgedichte. Die kurze Notiz bei Amador de los Rios, Istoria 
crit. de la Lit. езрай., Madrid 1863, IV, 266, ist unklar.* Nach 
Deutschland scheint der eigentliche Wettstreit sehr spät ge 
wandert und dort nicht heimisch geworden zu sein. Die Literatur 
der Minnesänger kenne ich allerdings nicht. Auf die ‚Kampf- 
gespräche‘ des Hans Sachs weist d’Ancona ganz allgemein 
und erst in der 2. Aufl. p. 549 hin. Seine mir näher bekannten, 





! Dieser Bemerkung begegnen wir auch bei anderen Autoren. 

? Eigentlich Map, s. die Zeitschr. Anglia II, 226. 

з Collezione di operette inedite orare п. 4. Novati unterschreibt die 
Avvertenza p. 14. 

* In den Zitaten ist die alte Schreibweise beibehalten und sehr selten 
durch sie bezeichnet. 


Rangstreit-Literatur. 5 


unten beschriebenen Gedichte bestehen aus Reimpaaren. Er 
hört meistens selbst, wachend oder träumend den Disput und 
richtet oder moralisiert im ‚Beschluß‘. Die Literatur über ihn 
verzeichnet unter anderen Goedeke, Gesch. der deutschen 
Dichtung, II. Ausg., Dresden 1886, S. 411. Ich habe die in 
der Berliner k. Bibliothek vorhandenen Nürnberger Einzelaus- 
gaben benutzt, auch die Gesamtausg., Kempten 1612, 4°, aus 
letzterer die genauen Daten gezogen. 

Ich reihe hieran eine allgemeine lehrreiche Abhandlung, 
die auch zwei Wettstreite darbietet: Sir Alex. Croke, An Essay 
on the origin, progress and decline of rhyming latin verses 
with many specimens, Oxford 1828 (141 рр.). Pag. 95ff. ent- 
halten Strophe 1—6 und die letzten 12 Str. der Visio Here- 
mitae (Leib und Seele), p. 103ff. Auge und Herz. 


Rangstreit - Poesie. 


I. Allgemeines. 


In der Zusammenstellung verschiedenartigen Stoffes 
unter einem gewissen Gesichtspunkte entsteht das Bedürfnis 
eines Schlagwortes, welches sich zur Überschrift eigne. Wäh- 
rend bei Behandlung eines gleichartigen Stoffes dieser selbst 
sich als Sehlagwort und Überschrift darbietet, ist bei verschie- 
denem Stoffe der Gesichtspunkt der Betrachtung nicht ohne 
weiteres ein angemessenes Schlagwort; letzteres muß mitunter 
erst erfunden werden, namentlich wenn die zusammengestellten 
Dinge noch keinen gemeinschaftlichen Namen haben. In dieser 
Lage befinde ich mich bei der folgenden Zusammenstellung 
von literarischen Stücken, meistens metrischen Gedichten, worin 
zwei Gegenstände gewissermaßen um ihren eigenen Wert 
streiten, gewöhnlich um in gegenseitiger Anerkennung sich zu 
versöhnen oder durch einen gewählten Schiedsrichter auf den 
bestimmten Kreis des relativen Wertes hingewiesen zu werden. 
Auch die Prosa ist hier ‚Dichtung‘. 

Beim Studium der Literaturgeschichte verfolgen wir ge- 
wöhnlich bedeutende Erscheinungen, Epochen, hervorragende 
Persönlichkeiten oder Schriften, auch vorherrschende Gattungen. 
‚Wer sucht, findet oft, was er nicht sucht.‘ Ist die Aufmerk- 


6 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


samkeit erst auf eine Einzelheit geführt worden, die unbeachtet 
geblieben ist, so fangen wir nun an, dieselbe weiter zu ver- 
folgen. Mir waren zuerst neuhebräische Stücke aufgefallen, 
welche in Sammlungen liturgischer Stücke eingedrungen 
sind. Dieser an sich nebensächliche Umstand ergab sich als 
wichtig für die Quellen der Rangstreit-Gedichte und für die 
Unterscheidung religiöser (oder liturgischer oder ritualer) und 
profaner (weltlicher) Poesie überhaupt.! Es scheint, als ob 
eine definierbare Grenze zwischen diesen beiden nicht existierte, 
so daß insbesondere Didaktisches, selbst wenn es ursprünglich 
einem bestimmten profanen Zwecke seine Entstehung verdankte, 
einen Platz zwischen Hymnen und sogar im Ritus erlangen 
konnte. Zur Mitteilung von Strophen des Streites zwischen 
Wasser und Wein (unten n. 134) bemerkt Dukes (Litbl. des 
Orient 1850, S. 781): ‚Daß dieses (Gedicht) in einer Gebet- 
sammlung sich befindet, füllt dem Leser vielleicht auf; man 
findet aber hie und da wirklich verschiedene Sachen in solchen 
Sammlungen, die fern sind von Gebeten;‘ als Beispiel zitiert 
er ein Lobgedicht des Jehuda ha-Lewi; der Leser findet unten 
(n. 449) ein solches von ibn-Esra. Man könnte eine Bemerkung 
von Gaston Paris (La littérature frangaise au moyen äge, Paris 
1888, p. 173) heranziehen: ‚Die lateinische Kirche hat in 
ihren ältesten Hymnen populäre Lieder nachgeahmt.‘ Kirche, 
Synagoge und Moschee haben auch Hymnen nach Melodien 
frivoler Lieder verfaßt, um diese zu verdrängen. Hier aber 
liegt die Sache umgekehrt. Der neuhebräische Dichter be 
wegt sich in Phrasen der heiligen Schrift und in Anspielungen 
auf biblische Personen, Sachen und Ereignisse; wenn diese 
einem Abschnitte des Pentateuchs (Seder, Parascha) oder der 
Propheten (Haftara) oder dem Buche Esther (Megilla) an- 
gehörten, so lag es nahe, das Streitgedicht dem Ritus des Sabbat 
oder Festes einzuverleiben, an welchem jene Abschnitte während 
des offiziellen Gebetes in den Synagogen vorgelesen wurden. 
Der Ritus der in aller Welt zerstreuten Synagogen hat sich 
so vielfältig verschieden gestaltet, daß Zunz der Entwicklung 
und Schilderung der örtlichen Besonderheiten einen eigenen 
Band widmete (1859). Eine eklatante Beleuchtung dieser Eigen- 


1 Späthebräisch vp vg und on "v. 


Rangstreit-Literatur. 7 


tümlichkeit liefern nicht weniger als 207 für Purim gedichtete 
Hymnen, deren alphabetisches Verzeichnis ich in der Monats- 
schrift für die Gesch. und Wiss. des Judentums (1902, 5. 569 
— 81) liefern konnte. 

Nach und nach fand ich eine größere Anzahl von Stücken 
derselben Gattung, meist überschrieben mz", also Disputation, 
auch 33, 2295. пр\зтїз (s. Hebr. Bibliogr. XXI, 1882, S. 10). 

Da die alte hebrüische Dichtung und Darstellung eine 
Selbstbelobung oder Prahlerei gar nicht, oder doch vielleicht als 
seltene Ausnahme aufweist und die eigene Bezeichnung des 
Dichters oder Verfassers immer mehr typisch werdende Aus- 
drücke der Bescheidenheit bis zur Selbsterniedrigung erzeugt,! 
so liegt es nahe, auch hier, wie in anderen Kreisen und Formen 
der neuhebrüischen Poesie, das Vorbild und den Ursprung der 
Gattung bei den Arabern zu suchen, in deren ältester Poesie 
bekanntlich der Ruhm des Stammes und des eigenen Ver- 
dienstes einen besonderen Platz und technischen Ausdruck 
fand,? insbesondere in Wettgedichten und vor dem Feinde. 
Es gehörte nicht eine besondere Gabe der Phantasie dazu, 
das Verhältnis von Rivalen auf alle möglichen Dinge zu über- 
tragen; aber der Ausdruck Wettpoesie wäre irreleitend , da 
man darunter Dichtungen verstehen würde, deren Wert geltend 


! L. Zunz, ,Hebr. Redeweisen für bescheidene Meinungsäußerung‘, ZDMG. 
25 (1871), S. 132—8; Gesamm. Schriften III, §. 41—49. Eine Ausnahme 
ist Immanuel, п. 1364, 

Die Wurzel ,z? bietet mehrere Sproßformen von der Bedeutung: seinen 
Stamm und sich selbst rühmen. Zu den alten und аш meisten bekannten 
arabischen Wettgedichten gehören die zwischen Farazdak und Djarir 
(Anf. 8. Jahrh.); s. v. Hammer, Litgesch. der Araber II, 260, 263, 265; 
Brockelmann, Gesch. der arab. Lit. I, 58; ZDMG. Bd. 59, В. 589, 595 
(Beschimpfung); vgl. Ethé, Gruudriß der iran. Philol. S. 228. Vgl. auch 
De Gubernatis, Storia della letterat. III, 137 und 173 (wo Ethés Name 
fehlt). Über Wettstreit arabischer Dichter überhaupt und deren Schieds- 
richter, vor Muhammed s, G. W. Freytag, Einleitung in das Studium 
der arabischen Sprache, Bonn 1861, В. 185, — Prof. Chauvin in Lüttich 
teilte mir im Juni 1905 folgende Stelle mit aus Ginguené, Hist. litté- 
raire d'Italie (1824, 9. Ed., wo I, 288 über Tenson) p. 290: ,C'est aux 
Arabes, comme nous l'avons dit, qu'ils. empruntérent les tensons ou 
combats publiques‘ etc. — Nachdem ich alles Vorhergehende geschrieben 
hatte, fand ich die Begründung bei Fauriel, s. unten die Literatur 
über die Troubadours. 





8 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


gemacht wird, während es sich hier um den Vorzug des per- 
sonifizierten Gegenstandes (gewissermaßen des Dichters selbst) 
handelt; so daß vielleicht die Bezeichnung Vorzugsstreit ge 
rechtfertigt wäre und dem arabischen 3,=li,J! (s. unten п. 22, 
23, 95, 96, 100) am nächsten käme; s. auch для n. 10. 

Ich habe mich zu wenig mit arabischer Poesie und Rhe- 
torik beschäftigt, um mehr als wenige Beispiele sammeln zu 
können, wie es vielleicht ein Leser dieses Artikels nunmehr 
tut oder schon getan hat. Hingegen hatte ich Gelegenheit, 
eine für den Anfang bedeutendere Anzahl von Beispielen in 
verschiedenen Sprachen aufzufinden, über deren Ursprung sich 
etwas ergeben dürfte. Damit ist wohl auch mein Versuch 
über dieses Thema gerechtfertigt. 

Der erwähnte Mangel an Belesenheit in der poetischen 
Literatur der Araber bewog mich zu Anfragen über einzelne 
Stücke oder allgemeine Quellen. Über erstere verdanke ich 
dem befreundeten Professor Goldziher einige Nachweisungen, 
worunter von allgemeiner Bedeutung sein dürfte, wenn sie 
aus älteren Quellen schöpft. Das enzyklopädische nie LS 
esI Ou. ‘esladi von Djamal al-Din abu Bekr, Kairo 1310 
(1892/3), widmet den 22,4 ein kleines besonderes ‚Buch‘ LS 
(р. 65—11), bestehend aus 9 Nummern, welche später unter 
den Schlagwörtern: Gott, Prophet, Seele, Iblis, Bewohner von 
Hóhlen, Reich, Vergebung, Freigebigkeit, Staat erscheinen. 
Herr Dr. Mann (früher mein Nachbar in der königl. Bibliothek) 
wies mich auf die Abhandlungen von Н. Ethé hin, Professor 
Chauvin wies mir anderes nach, wodurch mein Material so 
bereichert wurde, daß infolge der Einschaltungen die Маше. 
ration gänzlich geändert werden mußte. Da aber mein Thema 
ein begrenztes, die Beispiele häufig dieselben oder denselben 
Gegenstand betreffende sind, so ist eine allgemeine Ausein- 
andersetzung unentbehrlich. 

Die erste Abhandlung Ethes stammt aus einem Vortrag 
von H. Ethé im 5. internationalen Orientalisten-Kongreß in 
Berlin 1881 (welchem ich nicht beiwohnte),! abgedruckt: Ab, 





1 Es ist seltsam und doch richtig, daß Ethé und ich in derselben Zeit 
und ganz unabhängig von einander auf fast dasselbe Thema geführt 
wurden. 


Rangstreit-Literatur. 9 


handlungen und Vorträge des 5. Kongresses, Teil II, 1. Hälfte, 
Berlin 1882, S. 48--135: ‚Über persische Tenzonen‘. 
Die Resultate dieser Abhandlung und nur diese wiederholen 
sich in $ 11 des Abschnittes ,Neupersische Literatur‘ von 
Н. Ethé in ‚Grundriß der iranischen Philologie . . . Herausg. 
von Wilh. Geiger und Ernst Kuhn, II. Band, Straßburg 1896 — 
1904, 5. 226ff. (ich zitiere die Parallelen daselbst mit der 
Abbrev. ‚@r.‘). 

Jene Überschrift, welche eine Gattung persischer Ge- 
dichte mit einem provenzalischen Namen bezeichnet, kenn- 
zeichnet den Ausgangspunkt und das Ziel der Untersuchung. 
Ethé fand zwischen den persischen Streitgedichten (22) 
und den provenzalischen Tenzonen eine auffallende Ähnlichkeit 
auch in der äußeren Form, aber keinen sicheren Nachweis 
eines historischen Zusammenhanges, wührend eine ,irgend wie 
vermittelnde Einwirkung des Ostens schwer von der Hand 
zu weisen веі“. 

Für die Lósung dieses Problems kommen zwei Momente 
in Betracht: Inhalt und Zeit; ersterer ergibt auch den Unter- 
schied zwischen Ethés Problem und dem Thema der gegen- 
wärtigen Abhandlung. In der persischen ‚Munatsira‘ sind die 
Gegenstände der Vergleichung so unwesentlich für diese Gattung 
von Gedichten, daß man den anscheinend gleichgültigen Um- 
stand eines Schiedsrichters für wesentlich und den Ursprung 
erklärend erachten, das Wett- und Streitgedicht für ein ‚ver- 
stärktes Lobgedicht (25), nämlich des Schiedsrichters 
erklären konnte (Ethe 8. 49, Gr. 226). Ich ging, wie oben 
bemerkt ist, vom Selbstlobe (der arabischen 5,24), aus, 
welches von den Wettdichtern selbst auf fingierte Gegenstände 
übergehen und sehr leicht einen ethisch-didaktischen, selbst 
einen religiósen Charakter annehmen konnte, insbesondere, 
wenn abstrakte Begriffe, Zustände, Verhältnisse und moralische 
Eigenschaften einander gegenübergestellt wurden. Dies geht 
soweit, daß die Form des Dialogs zwischen Tieren verschiedener 
Art zur Einkleidung diente, um Tugenden zu empfehlen und 
vor Lastern zu warnen, ohne daß die Wahl der Redner von 
dem Gegenstande abhinge. Hier entsteht ein Zwitter von Rang- 
streit und Fabel. Zwei solche größere lateinische Schriften, 
welche im Mittelalter zur Erbauung verfaßt und verbreitet 


10 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


wurden, hat der Bibliograph Grüsse als die ältesten lateinischen 
‚Fabelbücher‘ herausgegeben (1880). Da ihr Inhalt teilweise 
mit dem der Rangstreite nahe verwandt ist, so habe ich eine 
Notiz darüber einem Anhang vorbehalten. 

Der provenzalische oder südfranzösische Tenson (wahr 
scheinlich aus contentio entstanden, aber männlich gebraucht: 
deutsche Autoren gebrauchen Tensone femin.) ist einem eigen 
tümlichen Kulturboden entsprossen: der romanischen Galanterie, 
welcher der ‚Roman‘ und die ‚Romantik‘ Namen und Existen: 
verdanken. Diese überschwengliche Anbetung des weiblichen 
Geschlechts ist eine Karikatur der Anerkennung des ‚wackeren 
Weibes‘ in dem Loblied, welches, den Sprüchen des weisen 
Salomon angehängt, von frommen Juden noch heute am Sabbat- 
eingang gesungen oder rezitiert wird.” Der Tenson ist ur 
sprünglich eine bis zur Sophistik getriebene Kasuistik der 
Liebe, die gegebene entscheidende Behörde ist der Liebeshof 
(Cour d'amour) und in Ermanglung eines solchen tritt ein 
gewähltes Schiedsgericht — eventuell aus einer einzigen 
Person bestehend — für die Entscheidung ein. Hier handelt 
es sich scheinbar um eine Theorie oder Praxis in Liebes- 
angelegenheiten, in der Tat um die höhere Fähigkeit des 
Dichters, so daß im Grunde doch eine Rangstreitigkeit vor- 
liegt. Ein Troubadour? fingiert einen Liebesfall und stellt 
einen oder mehreren anderen Wettbewerbern die Wahl frei 
zwischen zwei oder mehr einander entgegengesetzten darauf 
bezüglichen Thesen (mitunter, wie sich die betreffenden Per- 


1 [m Dictionnaire universel von Boiste, Paris 1829, p. 669: tençon (masc. 
querelle und tenson p. 670 (ebenfalls m.), dispute galante. 

? Nach dem herrschenden Gesetz der Extreme tritt der zartesten Galan- 
terie gegenüber eine bald vorherrschende Satire gegen die Frauen. 
Der Mutter Gottes ruft ein geistlicher Würdenträger zu: ,Mulier taceat 
in Ecclesia‘ und noch im 17, Jahrhundert behandelt ein deutscher Päda- 
goge alles Ernstes die Frage: Ob die Frauen Menschen sind? (Vgl. 
auch unter n. 1364) Der deutsche Fabeldichter Waldis (!5. Jabrh: 
‚vertritt die im Mittelalter allgemein verbreitete und auch jetzt noch 
vielfach herrschende Ansicht, daB Frauen geschlagen werden müssen, 
wenn sie ihre Pflieht erfüllen sollen* (Aug. Wünsche, Die Pflanzenfabel, 
Leipzig und Wien 1905, S. 90). 

3 Im Kreise dieser Dichter entstand der Tenson und wird daher in diesem 
Teil der Literaturgeschichte behandelt. 


Rangstreit-Literatur, 11 


sonen zu verhalten haben). Der Herausforderer verteidigt 
nicht, wie ein Doctorandus in der noch immer scheinlebenden 
Promotions- Disputation — eine eigene Ansicht, sondern ist 
bereit, jede von dem (oder den) Herausgeforderten adoptierte 
zu bekämpfen! Diese sonderbare und unnatürliche Bedingung 
eines Wettstreites dürfte kaum mit dem Ursprung des Tenson 
verknüpft gewesen sein; sie herrschte aber frühzeitig, wird 
auch in maßgebenden, schon von Ethé zitierten Quellen an- 
geführt, die ich aufgesucht habe, um Beispiele für mein be- 
sonderes Thema näher zu prüfen oder nachzutragen, wenn Ethe 
sie nicht notiert hätte; denn auch der Tenson ist nieht ohne 
Umwandlung geblieben, bis zum Wegfall jener Bedingung und 
zur Dichtung von Rangstreitigkeiten zwischen verschiedenen 
Gegenständen, wie sich später zeigen wird. 

Die von mir benutzten Quellen über Tenson sind: 

1. M. Raynouard, Choix des poésies originales des Trou- 
badours, t. II, Paris 1817; Introd., p. XCVI f., wo Beispiele 
von gewählten Schiedsrichtern, p. CXCII Tenson als Werk ver- 
schiedener Dichter; CXCVI Benennungen (s. unten). Dieses 
Werk wurde um 1850 bereits mit fünffachem Ladenpreis be- 
zahlt (Mahn, Werke der Tr. I, 5. XIV). 

2. Diez, Die Poesie der Troubadours. Zwickau 1826, 
S. 186: Die Tenzonen; S. 193 ist das Beispiel eine Disputation 
über Frau oder Buhlerin. 

3. Giovanni Galvani: Osservazione sulla poesia dei tro- 
vatori e sulle principali maniere e forme di essa confrontate 
brevemente colle antiche italiane. Modena 1828 (530 pp.), 
Abschn. XIII, p. 65 ff. handelt della Tenzone, zuletzt p. 80 von 
contrasti. Er greift auf griechische und lateinische Schäfer- 
gesprüche zurück. | 

4. (Claude) Fauriel hinterließ nach vierzigjährigem Stu- 
dium Vorlesungshefte, welche zuerst die historische Methode 
einführten (preéf. p. УП) und Jules Mohl als Histoire de la 
Poesie Provengale in drei Bänden, Paris 1846, herausgab. 
Das Werk vereinigt gründliche Forschungen, welche zu neuen 
Gesichtspunkten führen, mit einer leicht verständlichen anzie- 
henden Darstellung. Der I. Band bietet eine Skizze des Ganzen, 
sowohl der Methode als der Resultate. Die ersten Versuche, 
das Provenzalische (Südfranzösische, vom Nordfranzüsischen 


12 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


sich unterscheidend wie etwa Italienisch oder Spanisch) schrift- 
stellerisch zu verwenden, ging von Priestern und Mönchen 
aus (p. 3); Gegenstände der Frömmigkeit wurden als Panto- 
mimen oder Dramen in Kirchen aufgeführt, der poetische ‚In- 
stinkt‘ der Südfranzosen wurde durch Kriege und das Ver- 
hältnis zu den arabischen Nachbarn geweckt. — Den Einfluß 
der Araber behandelt ein besonderes Kapitel (S. 419ff., und 
s. unten Bd. II). Die Troubadours sangen anfänglich selbst 
ihre Gedichte und einzelne taten es noch später, nachdem die 
Klasse der Jongleurs sich gebildet hatte (p. 23). Die Geist- 
lichkeit haßte das Provenzalische, worin ihr kühne Vorwürfe 
gemacht worden; Innocenz IV. verbot den Studierenden in der 
Bulle vom Jahre 1245 das Provenzalische als ‚ketzerische‘ 
Sprache (р. 24). Um 1180—1200 beginnt eine ähnliche galante 
chevalereske Poesie der 7rowveres in Nordfrankreich, wie die 
der Minnesänger in Deutschland. Troubadours der Provence 
dichteten in provenzalischer Sprache und lehrten an den kleinen 
Höfen Italiens (р. 39—49).! 

Im II. Bande behandelt К. die Literatur nach den Gat 
tungen (lyrisch usw.), beleuchtet durch hervorragende Vertreter. 
Seine prosaischen Übersetzungen geben die Form nicht wieder, 
um so deutlicher die Ideen, in denen sich die Kultur kund- 
gibt; so z. В. staunen wir über Pecire Cardinals Kühnheit in 
der Verteidigung beim jüngsten Gericht (p. 183). Die persön- 
lichen Satiren des Guillaume de Bergmandorn sind am meisten 
poetisch, aber auch ‚les plus éhontés* (p. 198). Die Deutschen 
werden brutaux, grossiers und discourtois genannt. F. kann 
sich nicht erinnern, wer die deutsche Sprache mit Hundegebell 
vergleicht; am Rande des Exemplars der königl. Bibliothek 
(p. 200) hat jemand: Peire Vidal und Peire de la Caravans 
notiert. Im Albigenserkriege nehmen die Troubadours einmütig 
und heftig für die Feudalen gegen die Kirchlichen Partei,’ 
nicht ohne Schaden der Poesie ‚la violence y tenait trop aise 
ment lieu de beauté“ (р. 217). Manches wagt Fauriel nicht zu 


' Den Unterschied zwischen der ital. artistischen Lyrik im 13. Jahr. 
hundert und der Lyrik der provenzalischen Troubadours beleuchtet Al. 
d'Ancona im Propugnatore, Bologna 1885 (XVIII, 1) p. 17. 

* Eine Sammlung kirchenfeindlicher Lieder zitiere ich später. Der Kos- 
trast von Laien und Geistlichen ist auch in Streitgedichten vertreten. 


Rangstreit-Literatur. 13 


übersetzen (p. 220). Der Institution von Troubadours und 
Jongleurs Ähnliches fand F. nur bei Griechen und Arabern. 

Im Ш. Bande behandeln Kap. XXXI—V einzelne hervor- 
ragende Troubadours in chronologischer Reihenfolge, K. XXXVI 
ein anonymes Epos über die Verfolgungen der Albigenser. Für 
unser Thema wichtig ist K. XLI (p. 310): Rapport entre la 
poésie arabe et celle des Provengaux. Innerhalb desselben 
geht F. auf die Bedeutung der provenzalisehen Juden nüher 
ein (p. 313f£), ohne die neueren Forschungen auf diesem Ge- 
biete zu kennen, wie wiederum in den letzteren Fauriels wich- 
tige Resultate meines Wissens nicht weiter berücksichtigt 
wurden.! Unter anderem findet F. (р. 316) in Talamuz oder 
Talamus (kommunale Freiheiten) das hebräische Zalmud wieder. 

F. unterscheidet zwei Perioden der Chevallerie, eine kirch- 
liche und eine weltliche (p. 318). Eine Analogie der christ- 
lichen Kirchenverteidiger sind die Раб im arabischen Spanien 
(р. 320). Der Terminus Garlambey ... Galaubey stammt aus 
dem Arabischen (alê р. 326). Eine handschriftliche Randnote 
leitet es von gotisch galaubs (Aufruhr) ab? — F. findet Ana- 
logien zur provenzalischen Poesie in der altarabischen (p. 329); 
unter den Gedichtformen hebt er (р. 336, Z. 1) das arabische 
‚Maouhascha‘ (Muwaschschah, шо»), Gürtelreim hervor. Zu 
meiner Überraschung las ich (ib.), daß von allen lyrischen 
Formen die Provenzalen am wahrscheinlichsten die Tesons 
von den Arabern lernten! Auch die Bezeichnung Zorneyamen 


! Im J. 1845 veröffentlichte L. Zunz eine Abhandlung: ‚Die jüdischen 
Dichter der Provence‘ in seinem Werke: Zur Geschichte und Literatur 
(Berlin). — Ich erinnere hier daran, daß der durch Heine in weiteren 
Kreisen bekannte Jehuda ha-Levi, um die Mitte des 12. Jahr- 
hunderts an den Grenzen christlicher und arabischer Bildung lebte und 
einzelne Verse in arabischer und spanischer Sprache verfaßte, unter 
anderen als Schiedsrichter zwischen zwei hebräischen Dichtern mit 
arabischen Namen ein versifiziertes hebräisches Urteil abgab (Divan, 
her. у. Н. Brody, 8. 175, п. 116). 

Kann das romanische galant, gallant damit zusammenhängen? Die vielen 
Bedeutungen dieses Wortes lassen sich auf zwei zurückführen: fein (artig, 
prächtig) und mutig (englisch gallant, tapfer, wacker). Die romanisti- 
schen Autoritäten scheinen durch Ableitung von gala (Pracht) als Grund- 
begriff das erstere zu setzen, der prächtige wird zum tapferen. Ich fände 
es natürlicher, wenn der kräftige (Beschützer der Schwachen, der Frauen 
der Ritter) allmälig zum artigen sich entwickelte. 


14 IV, Abbandlung: Steinschneider. 


(Tournier) passe hierzu; die Analogie finde sich nur bei Ara- 
bern (p. 337). Selbst das dreisaitige Violon des Jongleurs finde 
sich beim arabischen Rawi (Erzähler, Deklamator, p. 339). 

5. С. A. К. Mahn, Die Werke der Troubadours їп pro- 
venzalischer Sprache, Berlin, Bd. І, 1846, II 1855, Ш (ohne 
Titelblatt in dem Exemplar der königl. Bibliothek) gibt Nach. 
riehten und Gedichte von 195 Troubadours in chronologischer 
Reihenfolge; Bd. IV, 1853, enthält nur Gedichte von Guiraud 
Riquier unter Mitwirkung von S. L. H. Pfaff. Die Vorrede 
(р. I-XXXV) bespricht die Bedeutung dieser Literatur, ist 
aber hauptsächlich linguistisch. Nach S. XIII hat sich der 
romanische Dialekt aus dem altklassischen römischen unter 
Einfluß des Deutschen und Arabischen entwickelt; letzteres 
wird in einer längeren Note linguistisch nachgewiesen. Als 
Quellen dienen die Schriften von Raynouard und Diez sowie 
Mahn, Gedichte der Troubadours (mir vorläufig unzugänglich). 
Mahn, Biographien der Troubadours, Berlin 1853 (58 S.) er 
günzt einzelne Artikel, durchaus deutsch. 

6. Paul Meyer, Les derniers troubadours de la Provence 
d'aprés le chansonnier donné à la bibliothéque Impériale par 
M. Ch. Giraud, Paris 1871. — Das schnelle Aussterben der 
provenzalischen Poesie und Literatur überhaupt zeuge nach 
Diez der Zusammenhang mit der Geschichte des Feudalsystems 
(p. 2. Nur wenige Proben bieten vollständige Gedichte. 

| 1. Karl Bartsch, Grundriß zur Geschichte der proven- 
zalischen Literatur, Elberfeld 1872, 8. 34; ‚mehr Spiel des 
Witzes‘; 8. 35: Benennungen. 
3. Franeis Hüffner, The Troubadours, Londou 1878, 
Же id Benennungen (nach Raynouard). Der Kampf zwischen 
: roubadours führt oft zu ‚the grossest slender‘ (dem 
gröbsten Schimpf). 
E en Raynaud, Bibliographie des Chansonniers fran- 
Beschreibung AV siècles, 2 voll. Paris 1884 (XIII, 252 рр) 
bung der Mss. XVIII, 248 + 4. Verzeichnis der Chan- 


sons, 2130 й 
sonniers). nur nach den Reimen geordnet, und der Chan- 


* Benennu 
ngen: Cont . А . 
partida, tornejar néensos, jocs (jeux) partitz (geteiltes Spiel) partiment, 


ner і і 
^^ (wenn mehr als zwei streiten). 


- 


Rangstreit-Literatur. 15 


10. Ludwig Selbach, Das Streitgedicht in der altpro- 
venzalischen Lyrik und sein Verhältnis zu ähnlichen Dichtungen 
anderer Literaturen. Marburg 1886 (Ausgaben und Abhand- 
lungen aus dem Gebiete der romanischen Philologie veröffent- 
licht von E. Stengel). 

Diese eingehende Studie (128 5.) betrachtet und behandelt 
das Streitgedicht im weiteren Sinne von allen Seiten (vgl. die 
Rezension von Oskar Schultz in der Deutschen Literaturzeitung 
1887, S. 201 und (zugleich von Knobloch, Die Streitgedichte 
der Provenzalen und Franzosen, Dissert. Breslau 1886, s. unten, 
mir zur Zeit unzugünglich) im Literaturblatt für germanische 
und romanische Philologie 1887, S. 76. Leicht verwirrend ist 
Selbachs Einteilung in Kapitel und Paragraphe, nebst einer fort- 
laufenden Zählung ohne Bezeichnung, die ich später als Nummern 
zitieren werde. Die Verschiedenheit der Gesichtspunkte ergibt 
sich aus den Überschriften, deren wichtigste etwa folgende: Ver- 
hältnis zu anderen l.iteraturen, S. 20 (gegen Ethé S. 29); die fin- 
gierte Tenzone 35 (am wichtigsten für Rangstreit); Beteiligung 
zweier Verfasser 47; Tenz. und Sirventes 49; die persönliche 
Tenz. 53; die historische Tenz. 65; Partimen 69; Razonamen 83; 
Jutjamen Anhang (Proben) 100; Nachtrag über Anobloch 112. 

11. Ludwig Römer, Volkstümliche Dichtungsarten der 
provenzalischen Lyrik (20 S., Ausgaben und Abhandlungen 
aus dem Gebiete der roman. Philologie, Marburg 1884, n. 26) 
leitet die Tenzone, welehe er seinem Freunde Selbach über- 
läßt, von der Pastorelle ab (A. 13. S. 65, 66). Der Fanatismus 
des Albigenserkrieges brachte Elend in das glückliche Land 
und vernichtete die heitere Poesie (S. 2). 

Hiermit ist der Gesichtspunkt des Inhalts genügend be- 
leuchtet; ein wesentlicher Unterschied zwischen östlicher und 
westlicher Poesie in bezug auf ihren Gegenstand schwindet 
allmählich, ja sogar die poetische Form, welche Ethé hervor- 
hebt, tritt endlich, wie in anderen Schöpfungen der Phantasie, 
zurück und macht im Orient der gereimten, im Okzident der 
poetischen Prosa Platz. Die Poesie gibt sich in den Schilde- 
rungen kund, die durch den Gegensatz an Reiz gewinnen, 
des Metrums und der Strophik entraten können. 

Der zweite Punkt, das Zeitverhältnis, ist leider nicht mit 
der wünschenswerten Genauigkeit zu ermitteln. Zu den von Ethé 


16 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


herangezogenen Literaturen kommt noch eine, ihm vollständig 
unbekannte, die hebräische, sowohl in Asien als in Europa; 
es ergibt sich die Frage, ob Juden, deren Vermittlung in den 
Wissenschaften des Mittelalters durch neuere Forschungen 
klargestellt ist, vielleicht auch poetische Formen aus dem Orient 
nach dem Okzident brachten? Längst bekannt ist es, daß der 
getaufte Jude Petrus Alfonsi (1106) die arabische Makamen- 
form in lateinischer Sprache nachahmte (Disciplina clericalis, 
s. die hebr. Übersetz, S. 933)! Hebräische Rangstreitgedichte 
sind im 12. Jahrhundert über mehrere Gegenstünde von zwei 
Juden vertreten, welche von Spanien aus bis nach Syrien und 
weiter reisten (s. unten n. 31 und 44). 

Über arabische Streitgedichte fehlen besondere Unter- 
suchungen; die spärlichen Nachweisungen Ethés berechtigen 
nicht zu einem Testimonium a silentio. Nach Ethé (S. 51) exi- 
stiert die eigentliche poetische Munatsara, d. h. das abgeschlossene 
Streitgedicht in Kasidenform im Arabischen überhaupt nicht, 
über den Wettstreit in Prosa bei Hariri s. weiter unten. 

Der älteste provenzalische Tenson ist der zwischen Grafen 
Wilhelm IX. von Poitou, Herzog von Aquitanien und dem Vize- 
grafen von Ventadorn (1067—1127, Mahn, Gedichte 8. 179, 
298, Bartsch S. 35, Ethé S. 51, Selbach S. 13). 

Der persische Dichter Asadi (Esadi al-Hakim aba 
Na'so Ahmed b. Mansur, gest. zwischen 1030—41) hat zuerst 
das Wort- und Wettkampf-Lied auf persischem Boden heimisch 
gemacht, man kann ihn also als eigentlichen Begründer der 
Munadsarat ansehen (Ethé, Gr. S. 227/8). Dieses Resultat eines 
Spezialisten wird wohl für die spezielle Sprache und Dichtungs- 
gattung seine Richtigkeit haben. Die von Ethé angeführten 
Beispiele auch aus anderen Sprachen sind, soweit sie Hang 
streitigkeiten zwischen Personen und personifizierten Sachen oder 
Begriffen in dem oben begrenzten Sinne darstellen, in der unter 
II folgenden Aufzählung ausgenutzt, ohne die damit verbun- 
denen Nachrichten über die Autoren vollstindig wiederzugeben. 


! Die hebr. Übersetzung S. 933 (Zeitschr. für Hebr. Bibl. 1904, 8.55, 
n. 40, Z. 3, bezieht sich S. 6 auf Österreichers Schrift), Europ. Über 
setzung В. 59. S. 985: Petrus Anfulsus‘, dazu: Calendarium magnum. 
Petri, Ms. Bodl. Ashwol. 4599. — Aus der Disciplina Clericalis fliessen 
franzüsische Gedichte, s. Fabliaux ed. Paris 1808, I, p. XXL 


Rangstreit-Literatur. 1 7 


Was die hebräischen Stücke betrifft, so kenne ich sie 
nur zum geringen Teile aus Autopsie eines Drucks oder Manu- 
skripts; ich beabsichtige auch nicht die Charakteristik der Dar- 
stellung, am allerwenigsten eine chronologische Anordnung 
der meist undatierten oder der Zeit nach unsicheren Stücke. 
In einzelnen Fällen habe ich zur Angabe der Quellen allerlei 
Bemerkungen angefügt. 

In Ermanglung eines besseren Anordnungsgrundes habe 
ich die alphabetische Reihenfolge nach dem zuerst redenden 
und in der Überschrift zuerst genannten Gegenstande gewählt 
und unter dem zweiten eine Verweisung auf den ersten einge- 
schaltet. Für Hebräisch und Arabisch ist die deutsche Über- 
setzung gewählt. 

Zu den ältesten Themen und beliebtesten Bearbeitungen 
gehört der Streit zwischen Seele und Körper, eigentlich im 
umgekehrten Sinne der anderen, weil hier zur Entschuldigung 
für die Sünde die Unfähigkeit zu sündigen hervorgehoben 
wird; bei dieser Nummer ist die angegebene reiche Literatur 
wahrscheinlich noch mehrfach zu ergänzen.! 

Die Zusammenstellung umfaßt nur kurze Stücke, worin die 
Gegenstände selbstredend eingeführt sind; ausgeschlossen sind 
daher nicht wenige in den Quellen über Streitgedichte erwähnte 
und sonst zum Teil sehr verwandte Literaturen, worüber man 
freilich nur nach Autopsie urteilen kann. Es lassen sich nicht 
ale ausgeschlossenen Schriften unter prüzise Rubriken bringen; 
es gentige der Versuch, einige solche zu definieren und dann 
ohne genaue Unterscheidung Beispiele anzuführen, worunter 
einige ursprünglich aufgenommen, später dureh Klammern als 
zweifelhaft oder an der Grenze der Einschräukung bezeichnet, 
teils nur durch Verweisungen vertreten oder dazu herabge- 
mindert sind. Das Gebiet der menschlichen Phantasie wider- 
strebt den Abgrenzungen der unerbittlichen Logik. 

Hiermit ist auch schon eine Rubrik der nicht näher be- 
handelten Stücke aufgestellt: Zweifelhaftes oder Unsicheres. 

Ausgeschlossen sind eingehende Schriften, worin die Dis- 
kussion in die Form eines Dialogs zwischen den Vertretern 


-— 


! Ich bemerke eben, daß er im Index zur Jew. Lit. р. 24 fehlt, з. р. 176: 
Joh. Halevi b. Isaac b. Sabbatai. 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 4. Abh. 2 


18 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


einer Ansicht gekleidet ist. Desgleichen Streite des Dichters 
oder einer anderen Person mit einer ihr angehörenden Sache 
(Kleidungsstück usw.), weil auch hier die Streitenden nicht 
sich selbst miteinander vergleichen. Beispiele aus diesen 
Rubriken sind: das gedruckte hebrüische Buch: Krieg (name) 
der Weisheit (Wissenschaft) und des Reichtums von Jehuda 
ibn Sabbatai (1217/8), worin fingierte Personen für die einen 
oder die anderen eintreten. — Disputation des Offenbarungs 
gläubigen mit dem Philosophen epp: ву mnn mz" (ediert in 
Dibre Chahamim von El. Aschkenasi, Frankfurt a. M. 1354, 
f. 12*—19), welches ein Teil des ernsten apologetischen Werkes 
ran wp von Isak Pulgar ist. — mann nax Epistel (Abhandlung 
des Disputs) zum Beweis der Übereinstimmung zwischen 
on (positiver Religion, Offenbarungsglauben) und Wissenschaft 
von Schemtob Palquera (13. Jahrhundert), zum 3. Mal 
herausg. von Ad. Jellinek (Wien 1875) mit dem ungenauen 
deutschen Titel: ,Dialog zwischen einem Orthodoxen und einem 
Philosphen'; s. die ausführliche Besprechung in Hebr. Bibliogr. 
ХУ, 41—45. — Matthaei de Krakovia libellus de altercatione 
Rationis et Conscientiae super celebratione missae etc. Ms. 
Wolfenbüttel 3137 1° (Catal. Aug. IV, 240). Von den englischen 
Disputationen ist die zwischen Z’hricek und Nightingale aus- 
geschlossen, welche über die Weiber zur Zeit Eduard l. dis 
putieren, indem Ethé (S. 52 n. 2) als eigentümlich hervorhebt, 
daß hier nicht über die eigenen Vorzüge gestritten wird. Des- 
gleichen zwischen einem alten und jungen Mann über Eigen 
schaften einer Frau, englisch (Ethé S. 58 n. 22); der Contrasto 
di Belzabü e Satanasso (d'Ancona, Origini? I, 216) muß sich 
doch wohl auf einen dritten Gegenstand beziehen, wie der 
Contrasto Cristo in croce ed il demonio sopra la salvazione del 
genere umano (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, phil- 
hist. Kl. Bd. 46, S. 115; vgl. d'Ancona, Index zur 2. Ed. p. 5% 
Col.2). Von den Aufführungen, in welchen alte Helden sich 
miteinander vergleichen, wie Scipio und Alexander M., Hannibal 
und Sanct Georg, Gibon und Simson (d'Ancona 2/I, 290 II, 33, 
360, vgl. II, 585: Sonette, im Index zu 599 ungenau verzeichnet) 
sind entweder Texte unbekannt oder mir unzugänglich. 

Der Streit (nın) zwischen einem Greis und Jungen an 
geblich von Josef Palquera, Ms. Vatican 291 14 (auch nach 


Rangstreit-Literatur. 19 


Bartol und Wolf, B. H. In. 949), ist höchst wahrscheinlich aber 
von dem bekannten Schemtob Palquera b. Josef (13. Jahr- 
hundert, s. Catal. Bodl. p. 2542, wo die mögliche Identität mit 
¬" nuu Jewish Lit. p. 378 zu р. 346) Der eigentliche 
Gegenstand des Streites und Nüheres, betr. das Ms. überhaupt, 
ist nicht bekannt. 

Gegenstünde im Besitz einer Person mit derselben im 
Streite behandelt Seelbach S. 37 n. 87, 42 n. 84, S. 43 n. 86, 
genauer Novati p. 81ff. Dahin gehören die Kappe Cupa (ital. 
von Hugone lo Primat Aureliacensis) ediert in Bibliothéque 
de l'École des Chartes, Bd. 31 (Paris 1871) p. 310; der Mantel, 
das Felleisen (Valigia, Valise, von maestro Antonio di Ferrara?); 
latein. contra Tibiam; 5 Sonette italienisch zwischen Varnozzo 
und seiner Laute (liuto), wozu noch die Harfe (arpa) kommt; 
eine Schmähung (invettiva) gegen ein quadrello (Bolzen, Bügel- 
eisen ?) nebst Responsio Verreliae und Replicatio Vannolii. Auch 
das Pferd kommt in einem unstrophischen Gedichte in catalo- 
nischem Dialekt vor. Auch der Streit zwischen Jungfrau und 
junge Frau in Hariris Makamen (2, 36 in Rückert her. v. 
Bohm s. a. S. 210, angeführt von Ethé, S. 52) dreht sich nicht 
um die Streitenden selbst. Ein eigentlicher Wettstreit scheint 
nicht der ,Libellus de instructione animae seu Dialogus inter 
Rationem et animam, Ms. der Prager Universität 748 (Catal. 
Codd. ete. auctore Joseph Truhlar, Prag 1905). — 

An der Grenze unseres engeren Kreises stehen drei italie- 
nische ,Contrasti^, welche Al. d'Ancona (Poemetti popolari, 
Bologna 1889, р. 131ff.) als Anhang zu ,Superbia e morte di 
Senso‘ (Original von Julius Mosen: das Lied vom Ritter Wahn, 
Leipzig 1831) aus älteren Ausgaben abdrucken ließ, weil sie 
dem Inhalte nach verwandt sind. Der Tod beweist in ihnen 
seine Macht über alle Menschen, teils unter Berufung auf 
biblische und andere berühmte Personen, einem Semplicista, 
einem Krieger und einem Geizigen. Die schließliche Moral 
lehrt, daß nur ein gottgefälliges Leben vor der Todesfurcht 
schütze. — An der Grenze unseres Themas stehen auch die 
‚Contrasti‘ bei Franç. Corazzini, Componimenti minori nella 
letteratura popolare italiana nei principali dialetti, saggio di 
letteratura dialettale comparata, Benevento 1877 (1006 Lieder, 


wovon 768 zuerst ediert; ohne spezielles Studium der Dialekte 
от 


20 IV. Abbandlung: Steinschneider. 


unverstündlich), 1. p. 214: Fra due innamorati; 2. p. 245: Fra 
una Sorera ed una nora; 3. p. 221: La Zeza, o ridicoloso 
contrasto in persona di D. Niecola Pacchesecche, Tolla Cetrula 
figlia di Zéza e Polecenello, es sind 4 Streitende; 4. p. 221: 
Tra due cognate; 5. p. 229: La figlia che vuol marito; 6. р. 232 
dasselbe in anderem Dialekt; 7. p. 233: desgleichen. Dieselben 
Stücke bespricht d’Ancona, La poesia popolare italiana, Livorno 
1818, р. 13—15, indem er Carducci als Auffinder bezeichnet. 
Nr. 4 und 5 finde ich als n. XXI und XXIII aus dem 13. bis 
14. Jahrhundert bei Giosue Carducci, Cantilene e Bullate, 
Strambotti e Madrigali nel secolo XIII e XIV, Pisa 1871, p. 39 
und 43; s. auch Lumini, l. c. p. 37; Adolfo Bartoli, Storia II, 9, 
welcher aus Carducci hervorhebt, daß im Streit der Schwäge- 
rinnen zuerst die Zenzona vom Chevaleresken auf einfache 
Sittenschilderung übertragen sei. Über die obigen Contrasti 
s. auch G. Pitré III (Stud.) p. 261ff. Der Streit zwischen 
Abraham und Terah wegen der Götzen (bei Ethé S. 14 n. 3, 
Gr. 228; vgl. Psuuds-Abu Zeid, Le livre de la Création, ed. 
Huart, in Publications de l'école des langues orient. vivantes, 
t. ПІ, Paris 1903 p. 51). 

Eine objektive, allgemeine Charakteristik der Streit- 
gedichte nach Tendenz und Inhalt, wie Selbach eine solche 
auf dem engeren Gebiete der provenzalischen Literatur ver 
sucht hat, wird sich bei eingehender Vergleichung aller Einzel- 
heiten schwerlich ergeben können. Das Streitgedicht ist eine 
literarische Form die, auf den verschiedensten Inhalt ange 
wendet, entgegengesetzten Tendenzen dienstbar gemacht wird: 
der Frömmigkeit bis zum Aberglauben, der Moral und Be 
lehrung und ernster Haltung, aber auch den Ausschreitungen 
der Eifersucht oder Satyre bis zu pübelhafter Beschimpfung, 
dem harmlosen Scherz, der Liebe bis zur Leidenschaft, der 
Lüsternheit bis zur Frivolitit, dem Übermut bis zur Zete 
und Unflätigkeit (s. unter C gegen C n. 18%); und gerade 
dadurch sind die Streitgedichte eine lehrreiche Quelle für 
Kulturgeschichte des Volkes und der Gebildeten. Von den 
Schimpfreden berichten Ethé, Selbach und andere, der mab- 
lose Burchille (gest. 1448) läßt in einem Sonett die Dichtung 
mit seinem Scheermesser streiten (Schmidt, Was muß usw. 


S. 56). Mahn (Werke d. B. I, Vorr. S. XVI) meint, daß die da- 





Rangstreit-Literatur. 21 


malige Geistlichkeit, deren Unsittlichkeit fast alle Vorstellungen 
überstieg, den heftigen Unwillen und den herben leidenschaft- 
lichen Tadel der Troubadours nicht mit Unrecht verdiente usw.! 
Von entsetzlicher Sittenlosigkeit der ganzen italienischen Ko- 
mödie des 17. Jahrhunderts spricht Schmidt (l. c. S. 124); s. 
auch unter Costanza n. 19d. — Fauriel (Hist. I, 11) leitet die 
Grobheit der Ironie von einer natürlichen Reaktion gegen die 
subtile Chevallerie ab. Inwieweit die Jongleurs und Trouba- 
dours als Klasse oder Sitte zu nehmen seien, hält er für unent- 
schieden (das. S. 9), ihre Wirkung erstreckt sich über ihre 
räumliche und zeitliche Grenze hinaus. 

Soweit im Allgemeinen. Über die Nützlichkeit einer solchen 
Zusammenstellung für Literatur und Kulturgeschichte (Folklore) 
verliere ich kein Wort gegenüber den Lesern dieser Blätter und 
komme zum Verzeichnis selbst. 


IL Gegenstände.? 


Acqua, s. Wein. 

Aetas, s. unter Jahreszeiten. 

Ale, s. Wine. 

Alter, s. Jugend. 

Ammoniten, s. Jephtah. 

1. Altercatio Amoris dei cum Ámore seculi, Anf. ‚Utinam 
ad desideratas aliquando'; Ende: ‚Cum sanctis possit coronare‘, 
und Reim des Kopisten; ms. Prag 15718}. 76—78°, 13. Jahr- 
hundert (Catal. Codd. ete. latin . . . universitatis, Pragae 1905). 

1°. Ameise und Floh von Charisi, s. n. 31 (2. 4). 

Amore, s. Innamorato. 

Anoma, s. Säule. 

1°. Il Contrasto che fà l'Angelo di Dio contra el (sic) 
Demonio suo nemico; In Firenze 1550, 4? (12 Bl.); Ibid. alle 
Scale di Вах s. а. 4° (2 ВІ.). Batines p. 81 n. XII kennt drei 
Ausgaben ohne Datum; man zitiert auch eine v. J. 1605 und 
eine undatierte Firenze e Pistoja per il Fortunati. Vgl. d'An- 


1 Vgl. Ed. Brinckmeier, Rigelieder der Troubadours gegen Rom und die 
Hierarchie. Halle 1846, S. V. 

3 Die Schlagwörter sind in der Regel in fremden lebenden Sprachen dem 
Original entsprechend. 


22 IV. Abhandlung: Steinscbneider. 


сопа, Огісіпі р. 35 п. 3 und р. 29, 34 über den Gegensatz 
des Demons zum Engel oder zur Jungfrau Maria; in 2. Ausg. 
Tornio 1591, І, 551/2. 

Aqua, s. Wein. 

1°. Araber und Perser, persisch von Asadi; Ethé Gr. 226. 

Агрепі, 8. Silber. 

Arm, Armut, 8. Reich, Reichtum. 

1%. La Bataille de sept Arts, von Henry d’Andeli (nach 
1230), in Reimpaaren, Proben aus Mss. bei Littré, in Hist. 
Litt. de la France XXIII, 225. 

3. Arzt und Astrolog, „54.15 «445! in der 20. Ma- 
kame der persischen ‚sau> مقاماتٽ‎ des Kadhi “Натай al. 
Din abu Bekr al-Balkhi (gest. 1164/5), gedruckt in Cawnpore 
1268 H. (2mal) und Bachnau 1879, ms. der Bodl. und des Brit. 
Mus. (Ethé, S. 13, Gr. 228). 

Astrologe, s. Arzt. 

9. Auge und Augensalbe, persisch, anonym ms. Brit. Mus. 
Add. 421 u. 5622 (Ethe, Gr. 229). 

4. Auge und Herz, hebr. Gedicht von Schalom Schibzi, 
in Jemen (17. Jahrhundert), dessen Verse in verschiedenen mss. 
großenteils dieselben sind; ich zitiere hier und sonst Ms. Berlin 
meines Verzeichnisses (II, 1897, vgl. mein: Die arab. Lit. der 
Juden, S. 159). Das obige Gedicht besteht aus 11 vierzeiligen 
Strophen, deren letzte den Namen (sw ог) angibt; Nr. 1: 

бу m 551 рр 
a33 Paren ро 
oaks Dv сорго 
сапу Dën "cn 


4*. (Disputatio inter Cor et oculum) findet sich ohne 
diese Überschrift in 14 Vierzeilen abgeteilt schon bei Alex. 
Corke (An essay on the origin ete. — s. oben unter lateinisch) 
p. 103—6; dasselbe aus mehreren Mss. abgedruckt von Th. 
Wright, The latin poems . .. Walter Mapes (London 1341) 
p. 93, Anf. 

‚Si quis cordis et oculi 
Non sentit in se jurgia‘, 


1 Die Konjektur omg. vom chald. зе (P. Heinrich, Fragm. eines Gebet 
buches aus Jemen. Wien 1902, S. 36) ist ebenso unrichtig als unnötig. 


Rangstreit-Literatur. 23 


56 kurze Zeilen in VII Strophen zu 8 Zeilen mit abwechseln- 
dem Reim. Die Ratio als Schiedsrichter entscheidet; beide 
sind schuldig, das Herz ist causa, das Auge occasio. Ich 
hatte nicht beide Ausgaben gleichzeitig vor Augen vorliegen. 

4°, Le Débat du Cuer et de l’(Eil, französisch aus dem 
15. Jahrhundert, aus einem Pariser Ms. ediert von Wright (l. c. 
unter b) p. 310—21 in 3 Kolumnen: 


‚En May la premiere sepmaine 
Que les bos sont paret de vert‘; 


eine sehr lange Reihe ungezählter Strophen (beinahe 100) zu 
8 Zeilen, wovon 1, 3 reimen, desgleichen 2, 4 usw. Die Richterin 
ist hier Venus. 

4°. Eine englische Bearbeitung von с erschien um 1500 
oder früher als: a Lytel Treatise called the Dysputacyon or 
Complaynt of the Huart thoroughe perced with the lokynge 
of the Eye. Warton, Hist. Engl. Poet. ed. 1840, II, 388 kannte 
das französische Original nicht. Wright, 1. c. p. XXIV note 
gibt aus Warton die 1. Stanze von 8 Zeilen (1 u. 3 reimen, 
2 u. 4 usw.); Anf. In the fyrst weke of the season of Maye. 

Augensalbe, s. Auge. 

Avaro, s. Sfrazzusu. 

Babylon, s. Jerusalem. 

5. Bagdad und Isfahan, persisch anonym, ms. des Brit. 
Mus. (Ethé, Gr. 228). 

6. Ball und Schlägel (+555 (555), persisch von Tilit 
Djágarmi (gest. 1460/1), erwähnt in Ilahi's e? Аду. (Sprenger 
S. 86, bei Ethé S. 754). 

6». Desgleichen von ‘Arifi (1438/9), s. Himmel n. 41. 

7. Band, сиў und ruf (Manchette und Halskrause). 
À merry dialogue between Band, Cuff und Ruff, dramat. Prosa, 
London 1813, Harl. Miscell. Band, vol. X, 204 (Ethé S. 59 n. 26). 

Beauty, s. Conscience. 

8. Beduine (, 5529) und Stadtbewohner, persisch anonymes 
Gedicht Ms. Bodley. Ouseley, Add. 69; Ethé S. 75 п. 4, 
Gr. 228 n. 2. 

Beere, s. Wine. 

8». Disputo fra il Bene e il Male, rezitiert von Giosué 
Capasso vor König Friedrich (d'Ancona* II, 96). 


24 IV. Abbandlung: Steinschneider. 


8°. Die Bewohner der Höhlen und die Bewohner von 
Schlössern, arabische Prosa bei Djamel al-Din n.5; ein kurzes 
Gedicht ist eingeschaltet. 

Biagio, s. Costanza. 


9. ‚Il contrasto della Bianca e della Brunetta‘ ist ein so 
beliebtes Streitgedicht, daß eine genaue Angabe aller Drucke 
seit dem 16. Jahrhundert noch nicht möglich ist, trotz der 
Nachweisungen von Batines p. 86 n. XI, Lumini p. 28, einer 
Notiz in der Scelta di varietà, Heft 187 Bologna 1582, p. 944, 
insbesondere Severino Ferrari (Il contrasto della Bianca ere. 
im Giornale stor. di Letteratura ital, t. VI, Bologna 1855, 
p. 3852—98). 

Der Verfasser ist unbekannt; nicht Beluzori da Cingoli, 
dessen Frottola (spaßhaftes Lied) schon in der ältesten Aus- 
gabe, Firenze 1515, angehüngt ist, wie schon Batines bemerkt. 
Das Gedicht in Ottava rima beginnt: ,Chi vedesse in prima una 
(una) domina bella‘. 

Die Ausgabe Fir. 1545, 4? nuovamente stampato, umfaßt 
4 ungezäblte Bl. zu 2 Koll, mit 2 Holzschnitten. Aus einer 
Ausg. nuovamente ristamp. Venetia et in Bassano per Gio. Ant. 
Ramondini s. a., gibt Ferrari p. 261, 3 den Text mit zahlreichen 
Noten, teils Varianten; p. 317 ff. behandelt er die Ähnlichkeit 
und Verschiedenheit vom Débat de deux Demoiselles, dessen 
Verfasser vielleicht Simmonet Caillon sei. Nach einer Mitteilung 
von Salomo Morpurgo an Ferrari (p. 395) existiert eine Ausg. 
Nuovamente ristamp. s.l. c. a, 12 Bl. Eine Ausg. Bologna 
s. a. 4° im 16. Jahrhundert nimmt nur 1 Bl. (Bogen?) zu 
2 Koll. ein. 

95^, «з menda (Kriege Gottes), Streit zwischen Bibel und 
Tradition, von dem großen Dichter Josef b. Jahuda (ob vom 
ibn Aknin, dem berühmten Schüler des Maimonides?), Ms. 
des Brit. Mus. Reg. 16 III; s. G. Margoliouth, Deseripts list 
ete. London 1893, р. 18. 

9°, Il Contrasto di Bighignol e Tonin. Con la canzon 
del Ghallo e la Frottola del (so) Sbisso; con altre cose попа: 
mente azonte; s. l. c. а. 4° (4 Bl. unpag.) zu 2 Coll., Holzschnitt. 
Druck aus d. J. 1501—56; auch Ven. 1549, 8°. Batines p. 80 
n. 10 hat nichts über Inhalt und Form. 


Rangstreit-Literatur. 25 


10. Blumen Streit (verschiedener), ,5,2- Lon قصة الزھور‎ 
من المعاتبة‎ ex, arab. anonym, in arab. und latein. Lettern 
(umschrieben von Seetzen?), ms. Gotha 2189, 52 vierzeilige 
Strophen (Ethé S. 54). 

Bogen, s. Lanze und s, Pfeil. 

Brebis, s. Denier. 

Brod, s. Kuchen. 

ll. Streit des Brotes und des Weines, pm отом ом, ms. 
Vatican 303° anfangend; [1. ттлт] гучо ‘рес суч pa. Ms. 
Turin 238 enthält zwischen Hymnen mehrere Streitgedichte, 
wovon Peyrons Catalogue leider nur kurze Inhaltsangaben in 
lateinischer Sprache bietet, so p. 279 ,certamen inter panem et 
vinum‘. Auch in Ms. Lipschütz (Hebr. Lublinger XXI, 10), 
jetzt in Cambridge (Catal. Schiller-Szinessi S. 57 n. 10°) findet 
sich dieser Streit; vom Verfasser war noch nirgends die Rede. 
David Kahana hat in seiner Sammlung der profanen Gedichte 
des Abraham ibn Esra (worüber s. u.) dieses Stück (S. 117 
n. 107, в. S. 241), aus der höchst seltenen Sammlung men вує 
(Constant. 1545) n. 300 abdrucken lassen. Er findet das Akrost. 
ax in Z. 12, 15 (vielmehr 16), 20, 28, folglich dürfte = in 
Z. 24 zu suchen sein.! Der Abdruck bietet 13 Strophen zu 6 
oder 4 Zeilen, folglich fehlt eine in Strophe I und ist eine zu 
viel in VII; Vierzeilig sind IV, V, VI, X, XI, XII; ob in V 
und XI 2 Zeilen fehlen? Die Autorschaft scheint mir wenig 
gesichert. 

Brunetta, s. Bianca. 

12. Streit der Buchstaben des hebräischen Alphabets, 
worüber neben einem oft edierten Stück ein ungenügend be- 
schriebenes ms. und eine schwerlich korrekte bibliographische 
Notiz in Betracht kommen. In dem sogenannten ,nvrw des 
Rabbi Akiba‘, findet sich ein längeres prosaisches Stück, welches 
Jellinek (Bet. ha-Midraseh III, 50--64) als ‚zweite Rezension‘ 
dieses Midrasch abgesondert hat. Zuerst wird erzählt, wie die 
einzelnen Buchstaben in umgekehrter Reihenfolge, also zuerst 
n usw., vor Gott traten, als er die Welt erschaffen wollte, 
und jeder sprach: Durch mich erschaffe die Welt; diese Ditte 
wurde durch einen Bibelvers begründet, von Gott mit ähn- 


1 ‘y's in 7.43, 44 und 61,62 sind schwerlich vn j2. 


26 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


licher Begründung abgewiesen. Nun kennt Benjacob in seinem 
‚„Bücherschatz‘ S. 485 n. 897 ein Buch nrw оров Diskussion 
der Buchstaben, Konstantinopel 1571, Berlin 1701, ohne An- 
gabe einer Quelle. Dieses Buch fehlt in meinem Supplementum 
Catalogi (Zentralbl. für Biblioth. XI, 1894 S. 498), weil ich erst 
im Jahre 1904 bei der Bearbeitung des Supplements zu Ben- 
jacob überhaupt davon Kenntnis nahm. Der Titel ist mir ver- 
dächtig; der talmudische Ausdruck könnte von Jemand her- 
rühren, der ein defektes Buch so bezeichnete; aber welchen 
Inhalts? Von dem Buchstabenstreit des Pseudo-Akiba sind 
Ausgaben jener Orte und Jahre nicht bekannt. 

Eine gereimte Bearbeitung des Streites der Buchstaben 
in ms. Vat. 384 19 trägt die Überschrift armin поїла, ebenfalls 
ein technischer talmudischer Ausdruck für Disputation, dessen 
Authentie jedoch durch Alcharizi (unten n. 11) bestätigt wird. 
Der Anfang lautet: вл Gap pap 571 anan гаро [777] amaS 22795 
ich ergänzte in der Hebr. Bibliogr. XIV, 7 das Reimwort z'z7. 
In derselben Zeitschr. Bd. XXI S. 10 und VII füge ich hinzu, daß 
diese Reime in ms. 1 des Dr. Sünger (vormals in Wien) hinter 
Cap von Abraham ibn Esra sich finden, und zwar mit dem 
Titel: тоок (Kuchen?); den Verfasser Salomo b. Elia Scharbit 
Ha-Sahab (nach meiner Vermutung, entsprechend dem griechi- 
schen Chrysokokka), der um 1374— 1386 in Griechenland 
lebte, weist Zunz, Literaturgeschichte der synagogalen Poesie 
nach (S. 373), er zählt also dieses Versstück zu den Hymnen, 
die ja dergleichen mehr aufweisen. (Über Salomo s. auch mein: 
Die hebr. Übersetz. usw. S. 536, 630, Hebr. Bibliogr. XIX, 56, 
Biblioth. Mathem. 1898 S. 83.) Ms. Turin 238 (Catal. Peyron 
p. 251) enthält hinter Hymnen mehrere Streitgedichte, wovon 
leider nur der Inhalt lateinisch mitgeteilt ist; 7, 284: ‚Certamen 
inter 22 literas alphabeti‘. 

12*. Bataille de Caréme et de Charnal, erwähnt Gaston 
Paris, La littérature frangaise au moyen-áge, Paris 1888, p. 158, 
з. Karesme. 

12°. Le débat du C. et du C., in Montaiglon und Raynaud, 
Recueil général des Fabliaux ... II, 133 С. Bartoli, Storis 
II, 26 n. 10; das ist der Streit, dessen Titel nicht mit Anstand 
voll anzugeben ist, bei Lumini p. 28. Ich konnte den Recueil 
noch nicht benutzen. 


Rangstreit-Literatur. 27 


Cairi, s. Damaskus. 

13. La terribile erudelissima tremenda e sanguinea guerra 
oecorsea nuovamente tra Cani e Gatti, composta da Antonio 
Michelari da Firenze, Fiorenza, Trevigi, Righattini, s. a. 

13*. Guerra tremenda seguita l'anno scorso in Calieut fra 
Cani e Gatti, Venezia 1800. Anfang: ,Del 1799 za (— gia) 
del nostro. — (Dasselbe?) Bologna 1804, Lucca 1825. 

13*. Guerra ecc. tra Cani, Gatti e Sorci, Lucca sa: 
Anfang: ,Del mille e tanti di del nostro*. 

13^ bis 13° sind Nachahmungen der Battaglia delle Gatti 
n. 33 (s. Scelta di curiosità n. 187, Bologna 1882, р. 231). 

134. La Rappresentazione et festa di Carnesciale et 
della Quaresima. Nuovamente stampata, Firenze 1554, Aprile, 
4° (6 Bl. mit 8 Fig.). Vorangeht eine Frottola di Carnesciale; 
auch ibid. 1558, 4? (7 Bl. und 7 Fig.); ibid. 1568, 49 (7 Bl. und 
8 Fig.) — Auch: Tragicomedia di Squaquadrante Carneval 
e di Madonna Quaresma (so), Brescia, Giac. Farlino s. a. 
(16. Jahrhundert) 8? (12 Bl.). — Verfaßt in verschiedenen ital. 
Dialekten und maecaronischem Latein; s. auch Karesme, Batines 
p. 18 n. XIV. 

Carnevale, s. Karesme. 

14. Liber de quaerimoniis seu conflictu carnis et animae, 
eine Nachahmung von Doethius, de consolatione, verfaßt von 
Hildebertus Cremonensis (geb. 1055), gedruckt in der Patristik, 
ed. Migne, vol. 171, Paris 1854 p. 996—1004 (Peigner in 
Abhandl. zur Gesch. d. Mathematik ПІ, 1530 S. 289), Anfang 
des Gedichtes: ,Multa duces Latii pro libertate tulere*. 

15. Debate of the Carpenters toels in: Remains of the 
Early Popular Poetry of England by Hazlett, London 1864, 
I, p. 19—90; die streitenden Zimmermannswerkzeuge sind auf- 
gezählt bei Ethé, S. 55, Anm. п. 1. 

Cata, s. Trabugunt. 

16. Streit zwischen Chanukka und den Festtagen in 
hebräisch und jüdisch-deutschen Reimen, anfangend: ву cp: 
сер) ‚Seht lieben Leut, was da tut‘, Akrost. r wahrscheinlich 
von dem jüngeren Salomo Runkel, der um 1547 lebte, ist 
in 2 Mss. der Bodleiana enthalten, Neub. n. 377 erkannte die 
Identität mit 272 nicht, Benjacob verzeichnet die Reime unter 
“у п. 209; vielleicht ist ein Ms. in Basel; s. Monatsschr. für 


28 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


Gesch. und Wiss. d. J. 1903 S. 363, vgl. meinen Katalog der 
h. Handschr. in München, Ed. 1897 S. 217 zu п. 393f. 241° 
Der handselir. Katalog Oppenh. benennt das Stück м'я», daher 
im Serapeum 1864 S. 52. — S. auch Sabbat. 

Charnage, s. Karesme. 

17. Ein Wettstreit zwischen Leuten aus China und aus 
Rom über Bilderkunst und Malerei bildet eine Episode in 
Iskendernameh des Nizami (1200/1). 

Chrebien, s. Juis. 

Christen, s. Prophet. 

17*. Contrasto del Cittadino e del Contadino, s. 1. с.а. 
4° (16. Jahrhundert, gedr. in Liena). In Ottava rima; Batines 
p. 81 n. XIV. 

17*. De Clarevallensibus et Cluniacensibus, aus einem 
Ms. ediert von Th. Wright in Latin poems ete. р. 2371—42, 
anfangend : 

Dum Saturno conjuge partus parit Rhea‘ 
168 Zeilen, je 4 reimend. 

Clarke, s. Knight. 

Clerici, s. Rustici. 

Cluniacenses, s. Clarevallenses. 

18. ll combate della comidie di carne y de ayuno, 
angeführt bei Amador de los Rios, Hist. crit. de la literatura 
Espanola, Madrid 1863 IV, 166 n. 2 — von einem deutschen 
Clarus 12—13. Jabrhundert. 

19. The Books in Meeter (so) of Robin Conscience 
against his father convetousness, his mother newgise, and sister 
proud beauty (Gewissen gegen ,Habsucht, Modesucht und 
Prahlen mit Schönheit‘, etwa um 1550, anonym, nach Ethé 
S. 58 n. 10, ohne Angabe von Druck oder ms.). 

19*. The combat between Conscience and convetous 
nesse in the minde of man, als Traum, anonym, London 158. 
‚Ähnelt in schlagfertiger Debatte den orientalischen Munazarat 
am meisten‘, Ethé S. 58 n. 20. 

Contadino, s. Cittadino. 

19°. Entre mon Cor (Herz) e me e mon Saber. Si тое 
tensos, l’autra nueg que m (so) dormia, ein Partimen von 
Lanfranc Cigala, Selbach, d. Streitgedicht S. 45 n. 89. 


Rangstreit-Literatur. 29 


19°. La Contenzione di Mona Costanza e di Biagio 
[contadino], et puossi far in comedia. Composto per Bernardo 
Giamburlari (so, lies Giambullari) Ciptadin Fiorentino, s. |. c. a. 
49 [Firenze, Ende 16. Jahrh.] (4 Bl. zu 2 Coll, Holzscehn. 
unter dem Titel, zuletzt 3 Canzone di Giuliana bella. Auch 
s. l. c. a. 4? (Ende 16. Jahrh.; 5 Bl.); ferner anonym in Siena, 
per Francesco di Simione, 1543, 8°, und Nuovamente stampata 
in Siena, s. а. 89 (16 pag.). Die dritte Person ist der Podesta ; 
es fehlt nicht an obszünen Anspielungen (Batines p. 81, 82, 
d'Ancona p. 37). Auch abgedr. in Scelta di curiosità n. 96, 
Bologna 1898 (35 Bl. kl. 8° nach d'Ancona ohne Revision mit 
dem Original) und in Scelta n. 187 Bologna 1882 p. 2471—52, 
wo eine Ausg. Fir. 1556, 4° angeführt wird. — Das frivole 
Gedicht enthält 43 Strophen Ottava rima. 

Covetousness, s. Conscience (2 Artikel). 

20. Cuckoo and Nightingale (Kuckuck und Nachtigall) 
von Pseudo-Chaucer (Ethé S. 56 n. 3). 

Cuckoo, s. Lark. 

Cuff, s. Band. 

21. A Dialogue between Custome and veritie concerning 
the use and abuse of dancing and minstrelsie, anonym von 1581 
(Typ. Antiqua IV, 575, bei Ethé S. 58 n. 18). 

Dagger, s. Sword. 

22. المغاخرة بين دمشق ]4[ القاهرة‎ Rangstreit zwischen D a- 
maskus und al-Käbira (Cairo), arab. von Alam (nicht Ilm) 
al-Din abu 'l-Hasan Ali b. Muhammed al-Dimaschki al-Misri 
alSakhawi (gest. 643 H., begann 29. Mai 1245). Hagi Khalsa 
УТ, То. 12533 (s. Index VII, 1033 п. 1221). 

23. Desgleichen von Kadhi Schams al-Din Muhammed b. 
Muhammed al-Bisati (gest. 842 H., begann 24. Juni 1438); 
Н. Kh.l. с. (з. VII, 1217 п. 8108). 

24. بين الرطب والعنب‎ Ыл» Streit zwischen Dattel und 
Traube, arab. anonym, (ee in ms. Gotha 2293 (Е S. 52 п. 2). 

25, Disputation des Dattelkerns, persisch von abu Ishak 
aus Schiraz, deutsch von Hammer (abgedr. in H. Jolowiez, 
der poetische Orient, 2. Aufl. Leipzig 1856 S. 560). 

Death, s. Life. 

95*. Le Debat de deux Demoiselles, l'une nommée la 
Noyre et l'autre la Tannée, suivi de la vie de Saint Нагепе 


30 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


[Hering, eine Parodie] et d'autres poésies du XV 2? siècle avec 
des notes et un Glossaire, Paris, imprimerie de Firmin Didot, 
1828 VIII n. 176 p., der ungenannte Herausg. (nach Brunet 
de Bock) bemerkt p. VII: In den Werken der Trouvères 
findet man neben einer gesunden Moral ,les idées et les ex- 
pressions les plus contraires à la religion et aux meurs‘. — Der 
Text des Débat reicht bis p. 40. Je 4 kurze Zeilen reimen. 
Der Verf. redet zu Anfang (p. 26) darin (die in der Ed. nicht 
genannt sind) als Richterinnen an. ‚Mes Dames d'apparte 
nouvelle, er spricht auch als Aueteur zwischen den Streitenden, 
schaltet p. 13 einen Changon, p. 35 ет Roudeau ein. Nach p. 42 
wäre das Gedicht 1490 verfaßt. Über den etwaigen Verf. Sim- 
monet Callon, s. unten den ähnlichen Streit zwischen Bianca. 
Von den angehängten Stücken p. ТІ Natura, unten п. 79". 

Demon, s. Angel. 

26. Contrasto del Denaro e dell’ Uomo, italienisch s. l. 
c. a. 4? (16. Jahrh.), eines der ältesten gedruckten Stücke, da 
das franzósische Original von Claudio Patim im 16. Jahrh. 
gedruckt ist (Batines p. 79 n. VII). 

Demut, s. Hoffart. 

26°. Débat du Denier et de la brebis (A. Jubinal, Nou 
veau recueil de Contes dits fabliaux, 1839? II, 264, in Reim- 
paaren; s. Littré in Hist. litt. de la France XXII, 233, u. G. 
Paris, Lit. franç. p. 158. 

Diceplayer, s. whoremonger. 

Diener, s. Gott. 

Donna, s. Huomini. 

26°. Donzella Donna, ediert aus einem Ms. von Selbach, 
das provenzalische Streitgedicht, S. 102, n. 4; 54 Zeilen 1, 3, 6, 
8, 9, 11, 14, 16 reimen, also terza rima; Anfang: ,Bona donna 
tan res al sin coratie‘. — Vgl. Jungfrau. 

Drinkard, s. whoremonger. 

Eglise, s. Smagoque. 

Ehr(e), s. Wollust. 

Eisen, s. Silber. 

21. Streit des Elephanten und Hasen aus der persischen 
Fabelsammlung Anwar i Suheili (aus dem Indischen stammend, 
im Arabischen bekannter als Kalila wa-Dimna), deutsch von 
H. Ethé, Morgenlünd. Studien S. 158, Leipzig 1870. 


Rangstreit-Literatur. 31 


28. Disput zwischen Enfer und Paradis, französisch, Ms. 
Bern 314; erwähnt zuletzt den Grafen von Boulogne, der 
1223—34 regierte; Littré, Hist. Litt. de la Fr. vol. 23 р. 219, 
wonach Amador de los Rios, Storia IV, 266 zu ergänzen ist. 

Enoy, s. Fame. 

Erde, s. Himmel. 

Estate et Inverno, s. Jahreszeiten. 

Falk, s. Nachtigall. 

39. Streit zwischen Fame und Envy (Ruhm und Neid) 
bildet den Prolog zum Lustspiel: The General Cashier d. 1712, 
dem Prinzen Eugen gewidmet. 

30. Streit zwischen Feder und Scheere schildert Schem- 
tob Ardutial (oder Ardutiel) b. Isak in Soria (1345) in einer 
Humoreske, die er nicht schrieb, sondern mit der Scheere 
ausschnitt. Sie ist mit der Überschrift морь, ediert von El. 
Aschkenasi in der Sammelschrift Gen 25, Frankfurt a. М. 
1849 (Catal. Bodl. p. 2519, die hebr. Übersetz. S. 912; vgl. Verz. 
d. hebr. HB. Berlin II, 28 n. 189). 

Feder, s. Schwert. 

31. Feder und Schwert ,,, опро 22mm вул, so beginnt 
die gereimte Überschrift des 40. Kapitels des Buches mann; 
enthaltend die Makamen, welche der Spanier Jehuda Alcharisi 
(oder al Harizi), um 1216—18 auf weiten Reisen verfaßte und 
gesammelt als Gegenstück zu seiner hebr. Übersetzung der 
Makamen des “Hariri verschiedenen Personen widmete. Wir 
besitzen dieselbe Übersetzung nicht vollständig. 

Von den originalen 50 Makamen des hebräischen ‘упт 
enthalten nicht weniger als acht Streitgedichte, nämlich 4, 5, 
13, 17, 39, 40, 41, 43; К. 12 und 42 über dasselbe Thema 
stehen jenen sehr nahe. Im allgemeinen S. Hebr. Übersetz. 
S. 852. 

Der Kürze und Bequemlichkeit halber stelle ich hier 
gleich die Gegenstände zusammen und als deren hebräische 
Bezeichnung die 1. Halbzeile der hebr. Überschrift des be- 
treffenden Kapitels (ich benutze die Ausg. Amsterdam 1726, 
die am häufigsten zu finden ist).! 


“= —— —ÁM— HÀ 


! Übersetzungen einzelner Kapitel siud angegeben in Catal. Bodl. p. 1344, 
bei Kaminka p. XLIX über dessen Ausg. s. Z. f. H. B. IV, 34. 


32 


IV. Abhandlung: Steinsehneider. 


(Kap. 4) armen 0 maws, zum Lob von zwei Dichtern, 
welche die Ameise und den Floh vertreten, sie selbst 
sind der Landstreicher und sein Sohn; deutsch von Karl 
Krafft, zuletzt in seinen Jüd. Sagen und Dichtungen, 
Anspach 1839, S. 157; auch deutsch von S. J. Kaempf, 
Nichtandalusische Poesie usw., Prag 1858, I, 19 (im 
Il. Teil hebr. mit Anmerkungen); daraus im Werke ‚Die 
jüd. Literatur‘, Her. von Wimtr und Wünsche, Münster 
1896, III, 161, wo eine Charakeristik Charisis von A. 
Sulzbach vorangeht. 

(5) emmwn з" mawa, Lob von zwölf Dichtern, deren 
jeder einen der zwölf Monate des Jahres vertritt; deutsch 
von Krafft, l. c. S. 169; bei Kämpf, l. c. I, 33. S. unten 
zu 136° Zenerel. 

(12) sna! maim nbs Geiz und Freigebigkeit 
und ihre Streitigkeiten. Die beiden Eigenschaften werden 
hier weniger redend als handelnd eingeführt; der Geiz 
wird vom Gegner eingesperrt und erläßt vom Gefängnis 
aus ein Rundschreiben an die Gemeinden Israels in Ba- 
bylon (dem Vaterlande des Gefangenen) bis nach Ägypten, 
welche um die Wette ihre Tapferkeit und Stärke rühmen 
(in Gediehtehen) und den Gefangenen auf den Thron 
erheben. Offenbar hat Charisi, der arme Dichter, in 
jenen Gemeinden nicht die beanspruchte Freigebigkeit 
gefunden und sie durch diese Satyre geißeln wollen. 

In К. 42 mamm пол ат», Streit des Geizes und 
der Freigebigkeit, wird ersterer durch einen Greis, letz- 
tere durch einen Jüngling vertreten. Die Doppelte Bear- 
heitung beweist die Bedeutung des Themas für den 
Verfasser, 

(13) 55571 mun су vorm mz» Streit der Seele mit dem 
Leibe und dem Intellekt. 

(17) posam pan man Disputation des Ungläubigen 
(Ketzers) und Gläubigen; gemeint sind die Karaiten, 
wie sich unweifelhaft ergibt. Ich identifiziere daher: 
Gaam ospr ра maw, Disput. der Karaiten und Rabbaniten, 
im Index von Ms. Lipschütz, jetzt Cambridge 35 (s. H. 
B. XXI, 10 und oben zu n. 12). 

(39) arm abba mz» Disput. der Nacht und des Tages. 


Rangstreit-Literatur. 33 


(40) anm vyn, s. п. 31 deutsch bei Dukes, Ehren- 

säulen usw. S. 92. 

(41) пект vx пріпь, Streit des Mannes und der 

Frau. Identisch ist wahrscheinlich own су mv: man, 

Disput. der Männer und der Frauen im Index von ms. 

Lipschütz, jetzt in Cambridge n. 35 (Hebr. Bibliogr. XXI, 

10, vgl. oben zu n. 6 und hier zu Kap. 17). 

(42) s. oben n. 12. 
(43) moz en mımn, Streit des Meeres und trockenen 

(Landes) Höchst wahrscheinlich ist identisch a mz" 

лози" in Ms. Merzbacher 46 (Katalog von Rabinowitz, 

München 1888 S. 4), nicht vor 1729? 

Feste, s. Chanukka. 

32. (Fleisch) der Gaystliche Bachsybaum (so), von dem 
Streit des Fleischs (so) wider den Gayst‘ (so) usw. (von Hans 
Witzstadt von Wertheim), anfangend: ‚Nun höret zu jr (so) 
Christenleit‘ (s. o.), gedruckt s. |. с. a. (4. Bl., з. Heyse, Bücher- 
schatz, S. 65 n. 1047). 

Floh und Ameise, s. n. 31 (24). 

Flora, s. Phyllis. 

Folly, s. Wit. 

Formica, s. Musca. 

Fortuna, s. Sapienzia. 

33. Eine Frau rühmt sich, die unglücklichste zu sein, 
worauf eine andere behauptet, unglücklicher zu sein, arab. 
anonym, im Kitáb al-Agäni IV, 34 (Wellhausen, Reste altarab. 
Heidentums, 2. Aufl., S. 90). 

33*. Streit von Freigebigkeit und Geiz, al 58,6014 
Jess bei Djamal al-Din n. 8. Erstere sagt zu letzteren: 
‚Der Prophet ist der Beschützer ((3,) der Freigebigkeit, du 
bist mit den Juden und Christen‘. 

Frühling, s. Jahreszeiten. 

33°. Ein Kampfgesprüch zwischen Fraw Frümkeit 
(Frómikeit) und Fraw Schalckheit (so), von Hans Sachs, zu- 
letzt (Bl. 15°); gedruckt zu Nürnberg durch Georg Wachter 
(1540), 16 Bl. 16°, das Letzte unbedruckt. Anfang: Als ich 
wegen Handtwerck (so) nach that wandern. Der Verfasser 
schläft bei Leipzig ein und träumt den Streit. Die Streitenden 
berufen sich auf geschichtliche Persönlichkeiten, der Ver- 

Sitzungsber. d. phil.-hist. KL. 155. Bd. 4. Abh. 3 


34 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


fasser zitiert in seinem ‚Beschluß‘ Plutarch. Auch in Ed. 1612, 
S. 515, datiert 6. Mai 1540. 


33°. Contrasto ridiculoso chi fa (sic) na Gatta e un 
Загсі. Composto рег Franciscu Curuna, Palermitano, Napoli 
per Antonio Gramignani, s. а. kl. 8 (8 unpag. Bl); Ottava 
rima, ungezählte Strophen; abgedruckt im Propugnatore, a. X 
(1877) vol. I p. 366—74. Anfang: ,Cui vanta Bergamascu є 
спі Tudiscu‘. Gius. Pitré (Bibliot. delle tradizioni, III, 261, 263) 
erwähnt nach einer Ausgabe, betit. Contrastu ridic. есе. na 
tinta gatta ecc., Palermo s. a. 1. Hälfte des 16. Jahrh.; Titel- 
vignette eine häßliche Maske. 


934, La gran battaglia delle Gatti e delle Sorci (Katzen 
und Mäuse), Firenze s. а. 4? (4 Bl); Nuovamente Stampata, 
mit Holzschnitt: ein Mann öffnet eine Türe, hinter welcher 
Mäuse fressen. Anfang: ,Nel tempo che parlavan gl’animali‘; 
s. Scelta di curiosità n. 187, Bologna 1882, p. 253. 

Nachahmungen s. unter Cani n. 13°, 

Gedult, s. Kühnheit. 


34. Gehör und Gesicht halten den 4. Disput in den 
persischen fünf von Khwadja Schá'in al-Din Alib. Tarika Isfa- 
häni (gest. 1431/2), ms. Brit. Mus. Add. 16.839, f. 16° und 25, 
Ethé S. 76; vgl. unter Vernunft. Siehe auch D. Kaufmann, 
die Sinne, 1884, S. 139. 

35. Geiz und Freigebigkeit, s. unter n. 31 (K. 12). 

Geiz, s. Freigebigkeit n. 33*. 

96. Of Gentylness and Nobylyte, a dialogue between 
the Merchant, the Knyght and the Plovman, disputyng who 
is a very Gentylman and who is a Nobleman, in Versen ge 
druckt, Oxford s. a. (Ethé S. 54 n. 24). 

36°. Hans Sachs. Ein Kampff gesprech zwischen Gesund 
heit und Krankheit; zuletzt gedruckt zu Nürnberg durch 
Georg Wachter (um 1543) 16? (11 unpag. Bl). Anfang: 

‚Da man zelt fünfzehnundert (so) jar 
Nach des Herren gepurt und dar- 
Zu drey und vierzig in dem Morgen 
Lag ich eyns nachts, mich that hart schmerzen.' 
Auch Ed. 1612, S. 929, datiert 7. März 1543. 
Gesicht, s. Gehör. 


Rangstreit-Literatur. 35 


36°, Dialogo fra la Giovane e la Vecchia, von Sanna- 
zaro; die junge beklagte sich, daf die Jugend so kurz sei, die 
alte, daß das Alter so viele Übel verursache; 4’Апсопа? II, 98. 

Gläubige, s. Unglüubige. 

Glück, s. Tugend. 

31. omas nanba (so ist zu lesen für manba im Katal., 
der auch guerre im Sing. übersetzt), Krieg der Glieder, 
nämlich: Kopf, Hände, Herz, Füße und — Geist! man möchte 
ihn als Richter, nicht als Partei erwarten — in Reimen von 
Jomtob Soriano, sonst unbekannt. Ms. Paris 1288, kopiert 
von David b. Moses in Toledo 1511. — Wir haben hier nicht 
eine Parallele zur bekannten Parabel des Mn. Agrippa vom 
Magen und den Gliedern, eher eine Zerstückelung der Dis- 
putation von Seele und Körper. 

Gnade, s. Vergebung. 

37°. Contrasto della Gola e della Ragione, wofür d’Ancona 
31,561 Archivio Glossolog. XI, 2 zitiert. 


38. Dialog oder Disputation zwischen Gold und Merkur 
(Quecksilber) bei Vincent von Beauvais und anderen, auch ein 
Buch der LXX, angeblich von Johann, übersetzt von ,Renald 
Cremonensis‘ s. Europ. Übersetz. usw., Sitzungsber. 1904, Nr. IV 
в. Berthelot, Introd. a la Chimie und la Chimie au moyen ёсе I 
(1893) p. 70 und 326. 

Gold, s. unter Reich und Weizen. 

Goose, s. Horse. 

38*, Streit zwischen Gott und dem Diener (Menschen) 
الله مع العمد‎ 8,514, bei Djamal al-Din n. 1. Vgl. Selbach S. 39, 
n.79, wo der Mönch von Montaudon im Paradiese ein Ge- 
spräch mit Gott führt und sich beklagt. 


39. Mx op pm mz» Disputation des Greises mit dem 
Jüngling, anfangend: лузп nm zm [l nano] ‘nan Jar. 


39*. Einen Rangstreit zwischen Greisenalter und Jugend 
(us und Us) verfaßte arabisch der Vielschreiber, bekannt 
als al-Djahits (Mitteilung Goldzihers, ohne genauere Angabe). 
— Abu Othman “Amr b. Bahr starb in Basra Dezember 868 
oder 869. Quellen über ihn sind gesammelt in meinen Werke: 


Polemische Lit. S. 122 und 414 (Auszüge aus der polem. Schrift 
3* 


36 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


im Brit. Mus. Supplem. 1129 IX, der Katalog erwähnt jene 
nieht und Brockelmann I, 152 (342) auch die Schrift selbst 
nieht). Vgl. auch Leclerc Hist. de la médicie arabe 1816, 
I, 315 und Hebr. Übersetz. S. 401. Fihrist hat keinen Spezial- 
artikel, Zitate s. im Index II, 242 unter .اہو عشمان‎ — Einen 
andern Rangstreit von Djahits s. unten n. 45%. 

Hase, в. Elefant. 

39%. Ein Kampfgespräch von einer Haußmaidt und 
Kindbeth Kelnerin, von Hans Sachs; zuletzt gedruckt zu Nürn- 
berg durch Friederich Gutknecht s. a. (4 Bl. 16°). Anf.: ‚Vor 
Jaren dient ich in ein Hauß‘, der Verfasser belauscht in einer halb- 
offenen Türe (so auch auf dem Titelholzschnitt) und unterbricht 
die Schimpfreden; der ‚Beschluß‘ endet: ‚Und so rath im [ihm] 
aus Nürnberg‘. Hans Sachs. — In Ed. 1612 S. 10 undatiert. 

Herz, s. Auge. 

Hiems, s. (Jahreszeiten) n. 46. 

40. Himmel und Erde, persisch von Asadi (gest. 1030), 
gedichtet um 1010—30, bei Ethé 8. 162—9, deutsch S. 109—106. 

41. Himmel und Erde, persisch von Arif (1438/9) aus 
dem mystischen Epos Ball und Schlägel (vgl. n. 6%), (Ethé S. 13, 
persisch S. 123—926, deutsch S. 121—830, Gr. 228). 

Hitze, s. Kälte. 

Hiver s. Jahreszeiten. 

41%. Hans Sachs, Kampfgesprüch zwischen der Hoffart 
und der edlen Demut, anfangend: 

‚In meiner wanderschafft ich zog 
Bey schwatz für ein gebirge hoch; 
datiert 23. Mai 1535; Ausg. 1612; 5. 505. 

42. Le Débat de l'Homme marié et de l'homme non marié 
avec le plaintif amoureux, s. l. et a; Brunet, Manuel II, 541. 

L’Homme mondain, s. Religieux. 

49*, Le Débat де l'Homme et de la femme, з. 1. с. а. 
(16. Jahrh., Brunet). 

43. Certamen inter Humilitatem et superbiam‘, alt 
franzüsische, ms. Douce (erwühnt von Michel, Einleit. zu Tristan 
I p. LVII; vgl. Pseudo-Augustinus, de conflictu virtutum n. 118). 
SEH a Horse, the Sheep and the Ghose (Gans), sol 
Karl ы eier Zeitgenossen Chaucers sein (Remains ої the 

у Popul. Poetry of England von Hazlif, London 1864, I, Introd. 


Rangstreit-Literatur, 37 


p. XIV, ХУ und Typograph. Antiquities, London 1812, IT, 308. In 
der von Ethé S. 56 mitgeteilten 1. Strophe ist vom ‚alten‘ Brauch 
die Rede, daß zwei oder drei Personen, in Kontroversen, Plees 
(= Pleas) und Discordes einem Schiedsgericht sich unterwarfen. 

433. 11 Contrasto degli Huomini (sic) e delle Donne, 
s. l. c. a. 4?, Ende 15. Jahrh. (6 Bl. zu 2 Koll.; unter dem Titel: 
Vignette). Nur ein Exemplar bekannt, wenn nicht identisch 
mit Hain, Керегі. n. 5619, betitelt: ,Contrasto . .. Cioè uno 
che le infama e l'altra che le pregia e loda'. Eine andere Aus- 
gabe з. |. c. a. 16. Jahrh. Das Gedicht ist in Ottava rima ver- 
faBt (oder aus b übersetzt?); Batines p. 78 n. 5. D'Ancona р. 37 
n. 5 (auch I, 561 n. 3) scheint irrtümlich mit diesem Gedicht zu 
identifizieren den Contrasto delle donne, welchen er im Propu- 
gnatore vol. 2 parte 2, Bologna 1869, p. 412—38 aus einem 
Ms. ediert hat. Dieser besteht aus 80 Stanzen in Ottava rima, 
anfangend: ,Nuova canzon di femmine tristizia und ist bei 
Brunet IV, 125 als anonym ediert von Gabriel Petri (1472—80) 
verzeichnet. D’Ancona sucht in einem längeren Schreiben an 
A. Wesselowsky nachzuweisen, daß der Verfasser Antonio Pucci, 
bekannter Sänger des 13. Jahrh., sei, dessen volkstümliche 
Gedichte für die Kulturgeschichte sehr interessant sind (s. Prop. 
p. 403, 405). Dieser ,Contrasto' ist aber überhaupt kein Streit- 
gedicht zwischen zwei Personen, sondern eine Reihe von Er- 
widerungen der Frauen gegen die Männer, beginnend mit 
Eva. Es gehört in den weiten Literaturkreis der ‚Frauenfrage‘, 
welche erst in neuester Zeit eine praktische geworden ist. Die 
Anwendung biblischer und historischer Beispiele erinnert an die 
hebräischen und italienischen Gedichte von Juden im 16. Jahr- 
hundert, worüber s. meine Abhandlung ‚Zur Frauenliteratur‘ 
in der Zeitschrift Letterbode, Jahrg. XV, Amst. 1886/7, S. 49 — 
95, und Monatsschrift für Gesch. und Lit. d. Jud. 1898, S. 471.! 
— Pucci und andere, die Frauen betreffende Rangstreitschriften 
sind nachgewiesen in meiner ,Letteratura delle Donne' in der 
Zeitschr. П Buonarroti 1879, 1884. 

43°. Streit zwischen Iblis (= Diabolos) und dem Pro- 
pheten (Muhammed), bei Djamal al-Din n. 4. Satan erscheint 


1 Mit Eva beginnen auch die allgemeinen Sündenregister der Frauen 
bei Weiner, Beitr., S. 28, 29. 


38 IV. Abbandlung: Steinschneider. 


als alter blinder Dünnbärtiger #5. Die Versuchung ist wohl 
eine Nachahmung der Versuchung Jesus. 

434, Contrasto d'un Innamorato contro ad amore, Ms. 
Magliab. VII, 1145, nach d'Ancona p. 31, n. 3, 

Intellekt, s. Seele und s. Staat. 

Inverno, s. Jahreszeiten. 

Isfahan, s. Bagdad. 

44. Vom Streit der Jahreszeiten, namentlich Sommer 
(oder Frühling) und Winter besitzen wir verschiedene Bear- 
beitungen, die hier nach den Sprachen geordnet sind: orien- 
talisch, lateinisch, französisch, italienisch, englisch. Der spani- 
sche Jude Abraham ibn Esra starb in Rom 1168, nachdem er 
viele Länder durchwandert, Verschiedenes aus dem Arabischen 
übersetzt oder bearbeitet hatte (Die hebr. Übersetz., Index 
S. 1049); seine Berühmtheit verdankt er seinen exegetischen 
und grammatischen Schriften; er ist aber auch, meines Wissens, 
der älteste bekannte Verfasser hebräischer Streitgedichte, 
vielleicht so vieler, daß wir ihn als denjenigen betrachten dürfen, 
der zuerst diese Form, etwa nach arabischen Mustern, in die 
hebräische Poesie einführte. Hier erwächst das Bedürfnis, eine 
Zusammenstellung aller ihm beigelegten Stücke schon aus der 
erforderlichen Kritik ihrer Authentie, und eine kurze Bemerkung 
über die Quellen darf nicht fehlen. 

Die Gedichte Abrahams, außer einem Diwan in den ver- 
schiedensten Handschriften und Druckwerken zerstreut, sind 
erst in neuester Zeit übersichtlich geordnet und herausgegeben. 
Zunz sammelte, hauptsächlich aus liturgischen Quellen, die 
religiösen Gedichte (in engerem Sinne) in seiner Literatur- 
gesch. der synagogalen Poesie (S. 407—14, 414, Anh. 9, 10, 
34, 50, Register S. 75; Abenesra) — Jakob Egers edierte 
den ,Diwan' aus Ms. Berlin, Fol. 1233 (n. 186, II, 28 meines 
Verzeichnisses), Berlin 1886. Dieser Diwan, von Jaschua b. 
Elia ha-Lewi (um 1360?) redigiert, enthält auf 138 Seiten, 
260 Stücke verschiedenen Inhalts. Egers verzeichnet S. 186/7 
die Anfänge von nahe an 200 Hymnen, die nicht im Diwan 
vorkommen. Beachtenswert sind die Bemerkungen des Samm- 
lers S. XVI über die Unsicherheit der Authentie der einzelnen 
Stücke. — David Rosin sammelte die ‚außergottesdienstliche‘ 
Poesie in verschiedenen Unterabteilungen in vier Beilagen des 


Rangstreit-Literatur. 39 


Jahresberichtes des jüdisch-theologischen Seminars in Breslau 
1885, 1887, 1888, 1891 unter dem Titel: Reime und Gedichte 
des Abraham ibn Esra, auch mit besonderer Seitenzahl 1—226 
ausgegeben. S. 166, c, d enthält einen deutschen ‚Inhalt‘. Der 
hebräische Text ist von einer deutschen Übersetzung und An- 
merkungen begleitet; ein alphabetisches Verzeichnis der Anfänge 
blieb Desideratum. — 1894/5 gab die Gesellschaft ,Achiasaf* 
in Warschau als V. Werk ihrer Auswahl hebrüischer Klassiker 
(Poesie und Rhetorik) 2 Bände (XX, 266 und 141, 98, S. 32°) 
heraus, betitelt: ,R. Abraham ibn Esras Gedichte, ediert und 
bevorwortet von David Kahan‘ (so auf dem Umschlage des 
IL Bandes, Heft 1). Die hebräischen Titel unterscheiden: 
Gedichte, Rhetorisches, Rätsel, Epigramme, Biographie. Eine 
Übersicht der XIII Abteilungen (VII enthält 4 Streitgedichte, 
n. 105—8) mit 133 Gedichten, nebst alphabetischem Verzeichnis 
der Anfänge findet man in Bd. I, S. Ш—1Х und XIV—XXII; 
Bd. II enthält nur rhetorische Prosa und gereimte Fragen, deren 
Unechtheit Kahana selbst unwiderleglich beweist — dennoch 
aufgenommen hat. 

Über ibn Esra als Dichter handelt Albrecht in ZDMG. 
(Bd. 57, 1903, S. 421#.: ‚Studien zu den Dichtungen Abrahams 
b. Ezra, über Akrosticha S. 442, Musikstyl 452, Streitgedichte 
455. — Letztere sind: 

a) Brot und Wein, sehr zweifelhaft, s. oben n. 3. 

b) Jahreszeiten, eigentlich Sommer und Winter, anf. 
T^» \зл 75 лн Зк, in der Sammlung Schirim etc. Constant. 1545, 
п. 297, nach Zunz, Lit. S. 539 von einem unbestimmten Abra- 
ham (Kahana S. 246 gibt n. 299 an). Im Diwan S. 45, n. 122 
(s. S. 160) wird angegeben: ‚nach dem Versmaß von ‘к=з Зк, 
d.i. unten e (bei Rosin S. 104, n. 64, Kahana S. 109, n. 205). 
Die Strophik ist hier korrekt, 7 Strophen zu 7 Zeilen mit dem- 
selben Reim, worauf 4 kurze Zeilen mit 2 anderen Reimen 
folgen. Das Akrost. Abraham ergibt sich aus Str. I—V. 
Unsere Bearbeitung findet sich wohl in Ms. Turin, f. 23, f. 280 
bis, als Certamen inter aestatem et hiemem (Catal. Peyron p. 257). 

c) Sabbat und Feste (Feiertage), anfangend: "yw naw pa 
матчу manba, gedruckt in der Hymnen-Sammlung mnbw'nze, 
Oran 1856, 2. Ausg. 1880 (s. Hebr. Bibliogr. XX, 112), S. 159 
(в. unten), und кою" nm Aden 1897 f. 30, n. 97; aus dem 


40 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


Diwan bei Egers S. 79, n. 184, vgl. 163, bei Kahana S. 120, 
п. 108, Anm. S. 248, mit einer ungenauen Überschrift ps з 
nsw app, Hier haben 10 Strophen 6 gleichreimige Zeilen und 
eine Zeile durchgehenden Reimes (in Ed. Oran fehlen die 4 
letzten Worte der Il. Strophe). Str. IV—VIII bieten das Akro- 
stichon Gan, St. VII im 2. Worte; Kahana wirft Egers vor, er 
habe nicht gesehen, daß das л zu ın zu stellen sei — obwohl 
er seinen Text nicht danach verbessert hat. Allein re: 
klingt nicht wie ibn Esra. Eine deutsche Übersetzung gibt 
Albrecht in ZDMG. 57, S. 456. — Identisch ist wohl das 
anonyme “ym naw гот, Ms. E. N. Adler, 2. 41 (The Persian 
Javs, 1898, Abdr. aus Jew. Qu. Rev.) p. 13. 

d) Streit der 5 Sinnesorgane, worüber Manachem in 
Rom als Richter vorgeschlagen und gepriesen wird, anfangend: 
aps bw epp oem, gedruckt in der Sammelschrift Kerem 
Chemed, Bd. IV, Prag 1839, 5. 143, in Zeitschr. ha-Karmel, 
Wilna I, 1861, S. 253; bei Rosin S. 124, n. 18; bei Kahana 
S. 60, n. 35 (mit der aus Rosin übarssisten Überschrift: „Zu 
Ehren des В. Мапасһеш! und dessen Sohnes Moses‘, der nur 
zuletzt erwähnt ist) Anm. 8. 228; besteht aus 72 Zeilen mit 
durchgehendem Reim, ohne Akrostichon. 

e) Tier und Mensch, in Schirim ete. Ed. Constant. 1545, 
п. 221; am Ende von avn bps nx nur in Ed. Mantua 1557, 
auf dem Titelblatt als mw, in der Überschrift als хол be 
zeichnet, welche in Kürze den Inhalt jenes Buches umfasse, 
bei Kahana S. 112, n. 106 als oıxm nenn pa man, Anm. S. 247, 
wo Allerlei zu berichtigen, ja sogar die Autorschaft sehr zu 
bezweifeln ist. In Z. 1, 2 ist nicht bloß Abraham, sondern 
auch «25272 (in Ed. Mantua verwischt) gezeichnet, daher 
Zedner, Catal. p. 408 (Die hebr. Übersetz. S. 861) Abraham 
b. Machir angibt. Allerdings wäre es ja nicht unmöglich, 
daß für "з ein mit x anfangendes Wort den Namen Meir er- 
gäbe; Abraham b. Meir heißt ibn Esra, aber auch zwei jüngere 
Homonyme (Zunz, Lit. S. 464 und 704). Für ibn Esra spricht 
die Angabe des Metrums im Diwan unter 5 (s. dort). Auch 
der Strophenbau ist derselbe, nur sind es hier XI Strophen zu 
5 und 4 Zeilen; in І, ПІ, IV, VI, VII sind die Anfangsbuch- 


1 Vgl. Zunz, zu Benjamin von Tudela, Ed. London Bd. II. 


Rangstreit-Literatur. 41 


staben der Vierzeilen dieselben wie die der Fünfzeilen, welche 
in I und II mit x beginnen und bis * reichen, also nur die 
Hälfte des Alphabets erschöpfen. Die Fünfzeilen, welche nach 
Kahana in Ed. Mantua hinter VII fehlen, sind offenbar über- 
schüssig. Der Verfasser hat die Abhandlung der sogenannten 
‚Lauteren Brüder‘ gekannt, welche Kalonymos erst im Jahre 
1316 unter dem Titel Jggeret Ваще Chajjim ins Hebräische 
übersetzte. Kahana (S. 247) meint, ibn Esra habe das arabische 
Original gekannt, dessen Verfasser er wonm jax nennt, wahr- 
scheinlich für [Zeid] b. Rifa'a bei Landsberger, Igg. В. Ch., 
Darmstadt 1882, S. XXVII; Dieterici, Der Streit zwischen 
Mensch und Tier (Berlin 1858), S. 262, schreibt Rafaa. — Ohne 
Zweifel ist durch Abkürzung die Überschrift mew nen ра mz» 
oder z^ in Ms. Vat. 303, und Ms. Lipschütz, jetzt Cambr. 
(H. L. XXI, 10, vgl. oben n. 12) entstanden, vgl. Strophe II. 
Ich identifiziere ohne Bedenken ,Questus animalium in hominem* 
in Ms. Turin bei Peyron p. 251, n. 238 zwischen anderen Streit- 
gedichten; vgl. oben n. 3 und unten n. 111. 

f) Zion und der Feind, Diwan, Egers 8. 68, n. 168, Anm. 
S. 162, deutsch bei Albrecht, ZDMG. 57, S. 456. Besteht aus 
VI Strophen zu 4 Zeilen mit demselben Reime, vorangehen 
als Motto 2 Zeilen zu je 3 gereimten Absützen; die erste be- 
ginnt ix mex und endet mit ", die zweite beginnt sx “зк und 
endet auf r2; mit dem entsprechenden (Gürtel-) Reime schließt 
eine 5. Zeile in Strophe I, III, V und II, IV, VI. Das Akro- 
stichon возозокк ergibt sich aus dem Motto und den VI Strophen 
in dem ersten Worte, welches auf die Formel px mx 
und zeg ax folgen. Egers hat das in keiner Weise bemerk- 
lich gemacht, zuletzt heißt es: ,1000 Jahre und mehr sind 
verflossen‘, d. h. seit Zerstörung des Tempels. Weder Zunz 
noch Rosin und Kahana kennen diesen Streit, der allerdings 
zu den heiligen gerechnet werden kann; sind 6) und c) es 
weniger? 

44*. (Jahreszeiten.) Streit zwischen Sommer und Winter. 
Hebräisch von Anonymus, Ms. des Buchhändlers Fischl-Hirsch, 
Reimprosa, anfangend: зкело pps mm mna, also ein Traum, 
woraus der Verfasser zuletzt erwacht. Mehr erfährt man nicht 
von N. Brüll, Jahrbücher für jüd. Gesch. und Lit. IX. Frankfurt 
а. М. 1889, 5.4, п. 3. 


42 IV. Abbandlung: Steinschneider. 


44. (Jahreszeiten) Rangstreit zwischen Frühling und 
Herbst, arabisch: „52,250, au)! 8,504 (so teilt mir Goldziher den 
Titel mit) von Djahits (s. oben п. 39*), gedruckt in Konstanti- 
nopel, Druckerei Djawäib 1302 Н. (1884/5); Brockelmann 
I, 153, n. 9 gibt: Jalwat al-Harif fi Munazarat etc. 


44.* (Jahreszeiten; Streit zwischen Sommer und Winter, 
türkisch von Lami, Ms. in Wien (Krafft n. 158), Hammer, Osman. 
Dichtkunst II, 29 (Ethé S. 76). 


45. (Jahreszeiten) unter diesem Schlagwort stelle ich 
die verschiedenen Titel zusammen): de conflictu Veris et 
Hyemis, anfangend: ,Conveniunt subito cuncti de montibus 
altis‘, sowohl unter dem Namen des Веда Venerabilis (gest. 
26. Mai 735, sicherlich nicht Verfasser) als auch des Milo, 
Benediktiners in Sankt Amand (gest. 874), der Ähnliches 
dichtete; gedruckt als Beda, Francof. 1610, 8° ши Ovid, 
Amatoria, als Milo in Casimir Oudin, Commentaria de scrip- 
torum ecclesiast. Francof. et Lips. 1122, I, 326, s. Fabricius, 
Bibl. Cat. med. ed. 1858, I, 180, V, 14: kurze Erwühnung von 
Karasan, Frühlingsgabe, Wien 1839, S. 150, Novati, p. 51, 
der von Übersetzungen spricht, aber keine nachweist; Selbach, 
S. 25, n. 51. 

45." (Jahreszeiten) De altercatione Hiemis et Aestatis 
von Bernardius Sylvestris (über welchen s. mein: Die Europ. 
Übersetz. aus dem Arab., in Sitzungsberichte der k. Akademie 
1904, n. IV, S. 8), Ms. Angler, nur im Index von Schums 
Catal. p. 886 als ,Poet. п. 29*. 

46. (Jahreszeiten) Le débat де l'Iver et de l'Esté, 
abgedruckt im Recueil de poésies françaises des ХУ. et ХУІ. 
siècles etc. par A. de Montaiglon, Tome VI, Paris 1857 p. 190—5. 
Anfang: ,Esté commence 

Chascun de ma venue doit estre esjouysans*. 
20 Monoryme Quatrains. 


Nach p. 190 gibt es З gothische Ausg. у. J. 1. 8 Bl., auch 
in Sylvestres Recueil de poésies goth.-frang.; 2. 4 Bl.; 3. 8 Bl. 
mit einem Sermon. — In Jubinals Nouveau recueil de Contes 
ete. p. 40—49 findet sich: De l'Yver et de l'Este. Die Dis 
putanten halten dort lüngere Reden und in verschiedenem 
Metrum, — Hier beginnt die letzte Rede des Sommers: ,X ver, 


Rangstreit-Literatur. 43 


nous ne devons estriver! longuement'. Angehängt ist р. 196: 
L'estat présent de l'homme, auch in ältern Ausgaben. Brunet, 
Manuel II, 248, erwühnt eine Ausg. Lyro v. J. um 1539. 

46." Y ver et Esté (Debat де Г...), anonym (14. Jahrh.) 
ediert aus einem Ms. in Genf (15. Jahrh.) in Recueil de Poésies 
Frangaises, par An. de Montaiglon et James de Rothschild, 
tome X, 1875, p. 41—49 (es folgt n. 49—53 eine bibliographische 
Notiz von E. P., d. i. Emile Picot, р. 42, vgl. d'Ancona? I, 61, 
п. 5). Das französische Gedicht besteht aus 32 quatrains mono- 
rimes, deren 1. und 2. vom Dichter, die übrigen abwechselnd 
von den Streitenden gesprochen werden. Anfang: 

‚Lautrier par ung matin, sur la rive de Sainne (sic) 

Entre Mente et Meulant, tout parmi une plainne.‘ 

Der Streit endet mit einer Versóhnung. Der Text ist orignell. 

46." Disputacion entre l'Yver et l'Esté, in anglo-norma- 
nischem Dialekt umschrieben, nach Littré (Hist. Lit. de la 
France, XXIII, 231). 

47. (Jahreszeiten) de Yeme [et] estate, mitgeteilt im 
Archivio glottolog. II, 1873, p. 206—8, 152 Zeilen, Reimpaare. 
Anfang: ,Dua razon ve voio [= voglio] contar‘. 

47." (Jahreszeiten) Piacevole discorso, dove s'intende 
contrastare l'Estate e l'Inverno ecc., composto da Foriano 
Pico fiorentino, Napoli, per il Monaco (s. a.). Probe daraus 
(ott. rima, 135, 24 6, 1 8 reimen) bei Gius. Pitre, Bibl. delle 
tradiz. popol. sicil. III, Palermo 1872, p. 260. 

41.* (Jahreszeiten) The debate and Stryfe between Somer 
and Wynter, anonym, in Remains of the Early Pop. Poetry I, 
Introd. p. XIV, n. X, ПІ p. 29 ff, nach Ethé S. 57, n. 5 das 
älteste Muster, endet mit einem Kompromiß ohne Schiedsrichter. 

48. (Jahreszeiten) Ein Gespräch zwischen dem 
Sommer und Winter von Hans Sachs, anfangend: 

‚Eins mals an S. Matheus tag 
Als gleich die sonn war in der wag‘; 
datiert 9. Juli 1538; Ausgabe 1612, 8. 846. 
Jay, s. Lover. 





1 Vgl. englisch Estrife, strife — streifen im Sinne von treffen, das ja als 
Dingwort Schlacht bedeutet. 


44 IV. Abhandlung: Bteinschneider. 


49. рор sz плех ро точ Disput zwischen Jephta und 
den Kindern Ammon (Ammonitern), von dem Elementarlehrer 
Abraham b. Jakob Anau (Anaw) in Rom (1757/8), Ms. Almanzi 
311, jetzt Brit. Mus. Ace. 27209 (Margoliouth, Descriptive List 
of the Hebrew and Samaritan MSS. etec., London 1893, p. 84); 
vgl. Vogelstein und Rieger, Gesch. d. Juden in Rom, Bd. II, 
Berlin 1895, S. 282. 

49*. Tract. de conflictu Jerusalem et Babylon, Ms. Prag 
1031f. 1612 (Catal. Trahlar 1905, p. 428). Anf.: ,Inter Baby- 
lonem et Jerus. Ende: Curitales decem milia. — Vgl. n. 1306f. 
134* (Catal. p. 503): Jacobi (de Paradiso) Carthusiensis Trac- 
tatus de duabus civitatibus scilicet Jerusalem et Babylone. 
[Anfang] ,Reberea consons fidee‘; Ende: ,manentibus inviolatis‘. 
— Vgl. unter Virtutes, п. 118. 

49*, Le débat du jeune et du vieux (vieulx) amoureux, 
s. l. c. a. 4? goth. (Lyon um 1500), und s. l. c. a. 6 Bl. voraus 
abgedruckt im Recueil des poésies etc. par Montaiglon t. VII 
(mir leider durch eine Umstellung in der k. Bibliothek unzu- 
günglich). Brunet, Manuel II, 549 kennt drei Ausgaben: 1) s.l. 
c. a. (Paris, Jean Trepperel, um 1500) 4? goth. 12 ВІ.; 2) Paris, 
Rolin Gaultier s. а. 89, 12 Bl.; 3) s. |. c. a. 4°, 10 ВІ. 

Identisch ist wahrscheinlich: Le debat du vieux, s. 1. 
c. a. (Paris um 1500) 4? goth. 8 Bl. (du vieulx) s. 1. c. a. (Auf. 
16. Jahrh.) 49 goth. 6 Bl. und 2 Ausg. in 8? s. |. c. a. (vieil) 
8 Bl. mit 2 Figuren; (veculx), nouvellement imprimé à Paris 8 ВІ.; 
Brunet II, 550. Anfang und Form kann ich jetzt nicht angeben. 

Jeunesse, s. Nature. 

494, Hans Sachs. Kampfgesprüch, das Alter mit der 
Jugend, anfangend: ,Eins reis ich in der Rosenblü(te), zuletzt 
sprechen die 3 Parzen; datiert Sonntag nach dem Obersten 
(80) 1544; langes Gedicht, Ausg. 1612, S. 240—55. 

June, s. May. 

Jüngling, s. Gras und Wollust. 

50. La Disputation entre un Juif et un Chrétien, in 
alexändrinischen Versen, ,rime plates‘; Littré Hist. Litt. de la 
France XXIII, 217. 

51. سرما وکرما‎ 3,bBLis, Streit zwischen Kälte und Hitze, 
persisch, anonym, Ms. Ellioth Coll. 294 (Ethe S. 75, n. 5, 
Gr. 228, n. 1). 


Rangstreit-Literatur. 45 


59. #جالسة الا خوان؛ ومصاحبة اللان فى مغاخرة القهوة‎ 
,والدخان‎ Streit zwischen Kaffee und Tabak, arab. von Ahmed 
al-Hafi, Verfasser einer Streitschrift gegen das Verbot des 
Tabaks, Ms. Gotha 2777, kopiert 1099 H. (1687/8); Ethe 
S. 52, п. 3. 

Kamm, s. Locke. 

53. Streit zwischen Karaiten und Rabbaniten, von 
Jehuda Alcharizi, s. unter n. 31. 

54. La Bataille de Karesme et de Charnage (im Gedicht 
selbst steht Charnaige durch den Reim gesichert), anonym 
14. Jahrh., in der Sammlung: Fabliaux et Contes zuerst ediert 
von Barbazan, dann von Méon Paris 1808, IV, 80—99, vgl. 
p. VI (vgl. Littré in Hist. Litt. de la France XXIII, 230; 
Puébusque bei Amador de los Rios, Hist. crit. de la Litt. бврай. 
IV, 266). 586 Zeilen in Reimpaaren. Anf.: 

‚Seignor, ge ne vos quier celer 

Uns (sic) fablel vueil renoveler‘; 
Ende: ,Ainsi devint Karesme hom 

A Dant Charnaige le Baron‘ 
— 8. auch Caréme. 

54.^ Ich stelle hierher einen der Contrasti in italienischer 
Sprache: Dialogo Bernesco (von Francesco Berno?) in lingua 
Calabra tra Carnevale e Quaresima, wofür Carnilivari und 
Coraisima in der Probe, bei Apollo Zumini. Le farse di Car- 
nevale in Calabria, Nicastro 1888 (53 u. 2 p.) p. 33; 82 Strophen 
zu 8 Zeilen, wovon 135, 24 6 und 7 8 reimen. Das 
interessante Schriftchen von Lumini gibt ein lebendiges Bild 
des südlichen Karnevalhumors; vgl. d’Ancona? II, 211. 

Kerze, s. Lampe. 

55. Kerze und Rauchfaß, türkisch von Ahmedi (1400), 
deutsch von Ferdinand Wolf, іп Н. Jolowiez, der poetische 
Orient, 2. Aufl. Leipzig 1856, S. 599. 

56. Kerze und Schmetterling (Liebe und Freundschaft) 
türkisch von Ahmedi, hinter п. 55, 1. с. 

Kindbeth Kelnerin, s. Hausmaidt. 

57. A dialogue betwene a Knyght and a clerke (Geist- 
lichen) concerning the power spiritual and temporal von William 
Orcham, englisch und lateinisch 1540 und Typogr. antiquities 
ПІ, 311 (Ethé S. 58, п. 15). — Ritter (Soldat) und Geistlicher 


46 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


bilden den typischen Gegensatz der höheren Stände; vgl. Trac- 
tatus de Clerico et milite, Ms. Prag 592 f. 64 (Cat. v. Truklar 
1905), anf.: ‚Tempore Berengarii huius nominis primo‘. 

Knight, s. Marchant. 

Körper, s. Seele. 

Krankheit, s. Gesundheit. 

58. Einen Streit zwischen süßem Kuchen und Brot, der 
eine launige Nachahmung von Sa'dis Streit der Violine und 
Laute sein soll, verfaßte persisch der Feinschmecker und 
Gastronem ‘Djamal al-Din (oder Fakhr al-Din) abu Ishak 
vulgo Bustiak aus Schiraz (gest. 1420 oder 1427, Ethé Gr. 304). 

58.* Kampfgesprüch zwischen der Kühnheit und der 
Geduld, von Hans Sachs, anfangend: ,In meiner thummen 
Jugent,‘ datiert 17. Februar 1537; Ausg. 1612, S. 491—501. 

59. وقندیل‎ hoà Ві? Streit zwischen Lampe und 
Kerze, persisch in Prosa von Scharaf al-Din Fadhl Allah al- 
Kazwini (13.—14. Jahrh., Ms. Brit. Mus. 3322 (Ethé Gr. 338). 

Land, s. Meer. 

59. La Guerre et le débat entre la Langue, les membres 
et le ventre etc. Nouvellement imprimé à Paris s. a. Abge 
druckt in Collection des Poésies, Romans etc. publiés d'anciens 
Manuscrits et d'après des Editions des ХУ." et XVIe? siècles, 
15* livraison, Paris, chez Silvestre (beendet 10. Mai 1849) 16° 
Lage A (zu 4 Bl.) bis f. II und 1 Bl. enthaltend eine biblio- 
graphische Notiz, wonach es 3 alte Ausgaben gibt: 1) Lyon 
in 4°, von Verdier dem Jean d’ Abundance beigelegt, 2) goth. Paris 
chez Jean Treppasel, 4°, 18 Bl, 3) goth. Paris s. a. kl 4" 
18 Bl. mit Holzschnitten. Ein Faksimile der letzten Ausgabe 
edierte die Société des bibliophiles français in 30 Exempl. Groß- 
velin mit 2 Blatt Avertissement von Monmerqué; sie liegt 
auch der Ausgabe 1849 zugrunde. Als letzte Quelle hat man 
wohl die Aesop’sche Fabel anzusehen. Das Gedicht ist nach 
Brunet, Manuel II, 1294, die Übersetzung eines solchen von 
Johannes Sarisberiensis. 

Die vorliegende Bearbeitung des als Fabel des Agrippa 
bekannten Streites der Glieder (vgl. membra) ist darin eigen- 
tümlich, daß die Zunge die andern Glieder aufstachelt, nämlich 
Augen, Ohren, Nase, Hände, Füße, welche als Disputanten 
auftreten. Vor den Reden derselben ist die Figur eines Mannes, 


Rangstreit-Literatur. 41 


meist neben einer gedeckten Tafel, abgebildet. Die Überschrift 
lautet: Le débat de la langue et du ventre (der Anfang lautet: 
L'acteur commence à parler) Die Strophe besteht aus 9 Zeilen, 
worin 1 2, 3 6 1, 4 5, 8 9 reimen. 

60. Lanze und Bogen, persisch von Asadi (um 1010— 
30), bei Ethé S. 88—94, deutsch S. 94—101, Gr. 226. 

Lanze, s. Schwert. 

61. Comparison between the Lark, the Nightingale, the 
Thrush (Drossel) and the Cuckoo van Saltwood (Remains of 
the Early Popular Poetry, Introd. p. XIV, XV, Ethé S. 51, п. 12). 

Laute, s. Violine. 

Leib, s. Seele. 

Leben(dige), s. Life, Tod, (Tote) und Vivus. 

Liebchen, s. Liebhaber. 

Liebe, s. Vernunft. 

62. Streit zwischen Liebhaber und Liebchen; das letzte 
der 5 Streitgedichte von Sá'in al-Din Ali b. Tarika al-Isfahani 
(gest. 1431/2), Ms. Brit. Mus.; s. unter Vernunft die Berichtigung 
von H. Y. VI, 139. 

62." Defence of death, a most excellent disscourse of 
Life and Death written in French by Philip (sic) de Monay 
Gent and doone (sic) into English by E. A. 157 (Typ. Antiqu. 
IV, 575; Ethé S. 58). S. auch Tote. 

Linum, s. Ovum. 

Literae alphab., s. Buchstaben. 

63. Locke und Kamm, persische Prosa, anonym, Ms. 
Brit. Mus. Add. 44 und 5622 (Ethé, Gr. 229). 

64. Lówe und Fuchs, aus dem persischen Fabelbuch 
Anwari Soheili, deutsch von Ethé, Morgenländ. Studien, Leipzig 
1870, S. 147. 

[Lombarden. s. Provenzalen.] 

65. Controverse between a Lover and a Jay (Elster), 
von Fheylde (Remains of the Early Popular Poetry, Introd. 
p. XIV, XV; Ethé S. 57, n. 11). 

Loyicus, s. Presbyter. 

Busch, s. Wasser. 

66. مغاخرة بين البيض والسمر‎ Rangstreit zwischen weißen 
und braunen Mädchen, arabisch von Hamid al-Hakkak, Ms. 
Brit. Mus. 640* (Ethé S. 52, n. 5). 


48 IV. Abbandlung: Steinschneider. 


67. Streit zwischen Männern und Frauen (Weibern) arab. 
von Hamid usw., vor n. 70, s. diese. 

68. Männer und Frauen (Weiber), в. п. 31 (2, 41) — 
s. auch Man. 

Maid, з. Wife. 

69. Wettstreit zwischen den Städten Malaga und Salé, 
arabisch von ibn al-Khatib [Lisan al-Din, gest. 1374, Brockel- 
mann II, 262, n. 10], bei Josef Müller, Beitr. z. Gesch. d. westl. 
Araber, München 1868 (Ethé S. 53, n. 10). 

Male, s. Bene. 

70. Interlocucyon (sic) with an argument betwyxt man 
and woman and which of them could prone to be most ex- 
cellent, in Typogr. Antiqu. II, 381 (Ethé S. 57, n. 14), — s. 
auch Männer und Philosoph. 

Lucaini (p. 28) bemerkt, daß beim Rangstreit zwischen 
den Geschlechtern das weibliche stets nachstehe (cede), 
weil der Dichter dem männlichen angehört. Das erinnert an die 
Fabel des Lokmann, worin der Löwe sagt: Wenn der Löwe das 
Gemälde anfertigt, so würde ein Löwe den Menschen zerreißen. 

71. Marguet converti, bei Jubinal, Nouveau recueil de 
Fabliaux ete. I, 8317—26, in Strophen zu 8 Zeilen mit 2 Reimen. 
M. diskutiert mit einem Greise; Littré, Hist. Litt. de la France 
XXIII 218. Den Anfang kann ich nicht angeben, da mir 
Jubinal unzugünglich ist. 

71. Le Mariage des sept Arts et des sept Vertus, Ms. 
in Rheims, vielleicht von Jean le Tenturier. 410 Verse in ein- 
reimigen Vierzeilen (14. Jahrh.); Littré, l. c. p. 221. 

11." La Bataille et le Mariage des sept Arts, von Jean 
le Tenturier (14. Jahrh.), ediert von Ach. Jubinal, Nouv. Rec. 
de Fabliaux etc. p. 56; Littré, l. с. p. 223; d'Ancona, Orig.’ 
I, 548, n. 2 scheint eine Separatausgabe Paris 1838 anzugeben. 

71.3 Contrasto fra Marito e Moglie di Noto in Sicilia 
composto dal contadino Salvatore Piccinano, zuerst von Ар. 
Lumini, Le farse ecc. 1888 p. 18—22, anf.: 

,Vaice garlanne davanti e derreri 
Comu virissi agghienti di luntanu‘. 
— Diese Carnescialata besteht aus 19 ungezühlten Strophen 
zu je 8 Zeilen mit alterierenden Reimen, 1 3 5 7, 2 46 8. 
Matrimonio, s. Tugend. 


Rangstreit-Literatur. 49 


117 De Mauro et Zoilo, in: The Latin poems attributed 
to Walter Mapes, ed. by Th. Wright, London 1841, p. 243— 
50; 260 Verse in gereimten Vierzeilen; Anf.: ,Nuper ductu 
serio plagam ad australem*. Der Mónch und sein Gegner ver- 
sühnen sich zuletzt. 

19. The Justes (Jouanier) of the Moneth of May and 
June, von Charles Brandon, in the 22, year of the reygne of... 
Кузде Henry ҮП. (1506), gedr. 1507, in Remains of the Early 
Pop. Poetry IT, 110 (Ethé S. 57, n. 13). 

Medina, s. Mekka. 

18. Meer und Land, s. unter n. 31 (L. 43). 

173. Rangstreit zwischen Mekka und Medina, arabisch 
المكلمن‎ Alina مناظرة الجرمين‎ vom Scheikh und Imam Nur 
al-Din Ali b. Jusuf al-Zarandi al-Ansari (aus unbestimmter 
Zeit), ein Auszug, dessen Anfang Надії Khalfa VI, 146, n. 12987 
angibt. Der Verfasser ist nur an dieser Stelle erwühnt, nach 
Index VII, 1190, n. 1089. 

Melancholischer Jüngling, s. Philosophie. 

19. Disputatio Membrorum von Philippe de Gréve 
erwähnt Bartoli, Storia II, 78, aus Meyer, Documents Mss. 
р. 34, welches Zitat ich nicht weiter verfolgen kann. $8. auch 
Auge und Langue. Das Pro und Contra der Frauenfrage 
bespricht Antonio Pucci in einem Artikel, welchen Al. d'Ancona 
im Propugnatore, t. Ш, 1870, p. 35—53 mitteilt. Auch dort 
werden die berühmten bösen und braven Frauen aus Bibel und 
klassischer Literatur als Argument angeführt; vgl. unter 1364, 

Mensch, s. Tier. 

Merchant, в. Gentylness. 

Merkur, s. Gold. 

74. Merle (Amsel), and Nightingale, von Dunbar, in 
Remains I, (Ethé S. 57, n. 8 ohne Seitenzahl). 

Mond, s. Sonne. 

49. m^" ayaw mz» Dialogo dos Montes, auto que se 
representou com a mayor aspectacäo, e solemnidade na Syna- 
goga Amstelodama ete. A. 3384. Composto pello erudito Senhor... 
Rehuel Jessurun ete. Amst. 1767, 4° (12 und 100 p.). Der 
Verfasser ist Paul de Pina. Die Reden von 7 Bergen wurden 
mit musikalischer Begleitung vorgetragen in der Synagoge 
Beth Jahacob in Amst. am Pfingstfest 1767. Näheres über 

Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 4, Abh, 4 


50 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


Buch und Verfasser bei Kayserling, Biblioteca Esp., Straßburg 
1890, p. 89. 

Mortuo, s. Vivo. 

Mund, s. Zunge. 

76. Disputatio Mundi et religionis, von Guy de la Marche, 
8. Hauréau, Notices et Extraits, t. VI, p. 255. 

76. Disputatio Muscae cum formica, ediert von Bekker 
im Bericht über Verhandlung der Berliner Akademie 1850, 
S. 9—16 (d’Ancona, p. 33), 276 Zeilen in vierzeiligen Reimen. 
Der Verfasser nennt sich am Anfang: ,Eo Bonvecin de la Riva 
no vojo fa Ken no den, 

77. مسلمان 25 اندر قهلة‎ sرظاie‎ Wettstreit zwischen M usel- 
mann und Perser, persisch von Asadi (Ethé S. 57, Gr. 226). 

18. شب وروز‎ 8,50 Wettstreit zwischen Nacht und Tag, 
persisch von Asadi, bei Ethé S. ТТ, deutsch S. 83—88 (vgl. 
S. 60, Gr. 226), um 18 Beit mehr als bei Hammer, dessen Über- 
setzung auch bei H. Joloviez, der poet. Orient, 2. Aufl., Leipzig 
1856, S. 438: Tag und Nacht. 

79. Desgleichen hebrüisch von Jehuda Alcharist, s. oben 
n. 31 (K. 39). 

19." Rangstreit zwischen Nacht und Tag, arabisch Хар 
الليل والضهار‎ yale? الاسرار فى‎ Ms. der Refaja in Leipzig n. 351f. 
11—18 (abgeschrieben von Goldziher 1878), verfaßt von dem 
Mystiker "Alawan b. Atijja al-Humawi (gest. 1527); vgl. auch 
Brockelmann II, 333, n. 13. 

479. Le débat et procés de Nature et de Jeunesse, 
anonym, gedruckt hinter Débat de deux Demoyselles, Paris 
1825, p. 71; in Strophen zu 12 Zeilen, wovon 1 2 4 5 9 reimen, 
ebenso die übrigen; Anfang: 

‚Le Prologue c'est l’Acteur, 
Pourtant se (sic) j'ay la teste folle*. 
Die Jeunesse erklärt schließlich: ‚Nature bien m’accorde а toy’. 

80. Wettstreit zwischen Nachtigall und Falke, vor Salomo, 
türkisch, anonym, Ms. Gotha, Katalog Pertsch S. 162 (Ethe 
S. 16). — S. auch Nightingale. 

81. Disput zwischen Narzisse und Rose (ell у), 
arab. in Prosa und Versen von al-Dahmarawi, Ms. Berlin, 
Sprenger 1119 (und 1168), kopiert 1015 H. (1606/7) — Der 


Rangstreit-Literatur. 51 


Titel ist schon nach Sprengers Katalog S. 73: Al estl; 
danach ist Ethé 5. 53, n. 9 zu ergänzen. 

Nemico, s. Uomo. 

Newyise, s. Conscience. 

Nightingale, s. Cock, Lark, Merle, Owl, Thruff. — 8. 
auch Nachtigall. 

S1." Im Bellum grammaticale von Andrea Guarna dis- 
putiert Nomen mit Verbum usw.; d'Ancona? I, 548, n. 4. 

81.* Tenzone fra l'Onore e la vergogna, anfangend: ,Udite 
una contenzione‘, in der Sammlung ‚Laudi‘ ed. Salviano, Roma 
1558, p. 130, n. XCIV, wohl auch in anderen Ausgaben der 
Laudi (d'Ancona? I, 156, n. 5). In der Ed. Firenze 1485 fand 
ich diese Tenzone nicht, auch nicht in einer modernen. 

82. SU, 555 AXsL.4 Wettstreit zwischen Opium 
und Tabak, persisch, vom anonymen Dichter selbst geschlichtet 
durch gleiches Lob als seine besten Tröster, Ms. Brit. Mus. 
Add. 16803, kopiert 1743 (Ethé S. 14, n. 2). 

83. Conflietus Ovi et Lini von Hermannus Contractus 
bei da Méril, Poésies popul. lat., Paris 1843, p. 379; ungezählte 
nieht gereimte Strophen, anf.: 

lempore quo rumpi linum solet herba vocari 
Cum sibi jam telas spondet anus dubias‘. 

84. The Owl and the Nightingale, anonym, in Remains 
of the Early Pop. Poetrie I Introd. (Ethé S. 57, n. 10). 

Paradies, s. Enfer. 

Parse, s. Muselmann. 

85. Dialog zwischen den Perlmuscheln und den Perlen 
in arabischer Sprache: „Js الاصداف‎ US, von abu Пайѕ Omar 
al-Harnadi, Damaskus 1302 H. (1885), kl. 49 (28 S.; s. Lam- 
brecht, Catal. de l'Institut de langues orient. viv. p. 425, n. 3304). 

Perser, s. Araber. 

86. Streit zwischen Pfeil und Bogen, aus König und 
Derwisch, persisch von Hilali (getötet 1532/3), bei Ethé S. 133 
(vgl. S. 73, Gr. 128), deutsch von Ethé, Morgenl. Studien, S. 239, 
з. Kongreß 733. 

87. Pfeil und Schwert, persisch von Angari (gest. 1059), 
deutsch von Hammer, auch in H. Jolowiez, der poet. Orient, 
2. Aufl., Leipzig 1856, 8. 437. Über den Verfasser в. Ethe, 


Gr. 282. 
4* 


59 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


Phantom s. Wahn. 

87." De Phillide et Flora, anonym, zuerst ediert in 
Aretins Beitrüge zur Gesch. und Lit. IX, 302—9, dann aus 
einen Ms. unter den latein. Gedichten, welche Walter Mapes 
beigelegt werden (1841), p. 258—67; besteht aus 316 Versen, 
wovon je 4 reimen, Anfang: 

Omni parte florida, coelo puriore 

Picto terrae gremio, vario colore. 
Phillis liebt einen ,clericus', Flora einen Soldaten. Fast die 
Hälfte des Gedichtes schildert den englischen Gerichtshof. 
Eine englische Übersetzung s. folg. n. 

87." An amorous contration of Phillis and Flora. Trans 
lated out of Latine by R. F. Esquire, im Anhange zu Mapes 
Gedichten, bei Wright, |. с. р. 264—71 in 2 Kolumnen, je 1 
Zeilen (nicht gezählt) reimen; Anfang: 

‚In floyry season of the yeere 
And whan the firmament was cleere‘. 

87.2 Hans Sachs. Gespräch der Philosophie mit einem 
melancholischen betrübten Jüngling; anfangend: ‚Eins mals 
lag ich im summer‘; datiert 27. Oktober 1567; Ausg. 1612, 
5. 198—5. 

Philosophie, s. Talmud. 

87.* Istoria noua de uno Contrasto dignissimo interlocutori 
Uno Philosopho con uno suo amico qual sia el (sic) meglio 
prender moglie o no ecc. ecc. Cosa uera et chiamasi Sonaglio 
delle donne, anonym, в. Lea, 4° (Anf. 16. Jahrh.); 4 unge 
zählte Bl. zu 2 Koll. — Andere Ausgaben betitelt: Z} Sonaglio 
delle Donne, в. 1. e. а., 49 (16. Jahrh.; 6 ВІ. mit 5 Figuren); 
Siena, alla Loggia del Papa s. a. (6 Bl. mit 3 Fig.); Lucca, 
per il Ciufetti, s. a., 49 (17. Jahrh.; 4 ВІ); Leida e si vende 
in Livorno ... 16° (60 fae.); modernisierter Nachdruck der 
l. Ausg. mit Varianten der 2 vorangehenden Ausg. durch 
A(ntonio) B(entoloni), abgezogen in 100 Exempl, aber auch 
in der Sammlung: Poeti burleschi ecc. des Buchhändlers Masi 
t. XVIII, parte 3. — Alle diese Ausg. (außer der 1.) beschrieben 
von Bertoloni, sah Batines (p. 82), der noch zitiert: Siena alla 
Loggia del Papa 1611, 4% und Todi per Crispolo Ciccolini 
(з. a.?] 129 (20 рр.). — Es versteht sich, daß der Philosoph 
Hagestolz, der Freund verheiratet ist. 


Rangstreit-Literatur. 53 


88. ,Platane und Winde‘, persisch von Sadi (gest. 
1265), deutsch bei W. Bacher, Sa'dis Aphorismen, Straßburg 
1879, n. 193. 

Plato, s. Reich. 

Plawman, s. Merchan. 

Player (Dice-) s. Woremonger. 

Pluto, s. Reichtum. 

Povertä, s. Reich. 


88.> De Presbytero et Logico, nach einem Ms. unter 
den latein. Gedichten angeblich von Walter Mapes ediert von 
Th. Wright (1841) p. 251—7; 216 Zeilen, wovon je vier 
reimen; Anfang: ‚Нога nona sabbati tempore florenti*. Schließt 
mit einer Ermahnung an die Presb.: ‚Adeste presbyteri logi- 
cum айе“. 

S8.° Streit des Propheten mit den Christen, bei Djamal 
al-Din n. 2, nur 7 Zeilen, über Jesus, also nicht streng in 
unseren Kreis gehörend. 

Prophet, s. Illis. 

88.! Der Vorzug der Provenzalen oder Lombarden in 
Tenson zwischen Raimons de Miraval und Bertram Falco, bei 
Selbach S. 16, n. 140, steht an der Grenze unseres engeren 
Gebietes eigener Anpreisung. Über eine Analogie bei Immanuel 
b. Salomo в. zu n. 15361, 

Quareme, s. Karasen. 

Quecksilber, s. Gold. 

Rabbaniten, s. Karaiten. 

Ragione, s. Gola. 

89. Reich(tum) und Arm(ut) sind Gegensätze, die schon 
in Sprüchen Salomos 30, 8 als Extreme abgewehrt werden; es 
wäre auffallend, wenn sie nicht durch Rangstreit ausgedrückt 
wären; einen solchen arabischen hat Djamal al-Din, n. 6: 
ПАЙ الاغنياء مع‎ 221,645, Rangstreit zwischen den Armen und 
Reichen. 

89.» Den Streit eines Reichen mit einem Armen schildert 
eine Tenzone des ‚Münches von Montaudon‘, nach Selbach 8. 45, 
n. 89, dessen Angabe (305, 13) ich nicht weiter verfolgen kann. 
Über den Verfasser s. Fauriel II, 190 und Mahn, Werke der 
Troub. II, 57. 


54 IV. Abhandlung: Steinschneider, 


89.* Ich stelle hierher eine italienische dramatisierte Be- 
arbeitung: La contenzione della Povertà contro la Ricchezzi 
Rappresentazione tragicomica (anonym), Firenze 1564, 8°; in 
1 Akten, Prosa; Batines p. 81, n. 13. 

89.4 Klage, Antwort und urteyl zwischen Frau Armut und 
Pluto, dem Gott des Reichtumb unter yhm das pesser sey, von 
Hans Sachs, Nürnberg 1531, kl. 4° (4 Bl. zu 2 Koll.), Anfang: 

‚Einst mals mich in dem Hornung kalt 

Mein weg trug durch den dicken walt‘. 
S. 556, Ed. 1612. Richter ist ‚der Waldbruder‘. Datiert nur 1531. 
89.° mamai лоо Streit des Reichen und des Armen in 
hebräischen und deutschen Reimen mit vier kurzen Vor- 
reden, von Alexander b. Isak Pfaffenhofen, geboren im Elsaß, 
verfaßt nach dem Tode seines Sohnes und der Pest im Jahre 
1625, Ms. Bodl. Neubauer 1415, wonach meine Notiz im Sera- 
peum 1864, n. 407, nach dem handschr. Katalog, und Benjacob, 
Thesaurus S. 341, n. 1512 zu berichtigen und ergünzen sind. 

89. sp «vcr пропо Streit des Reichen und des Armen, 
unvollständig im Ms. Hirsch 61 (1811) in New York, f. 129, 
nach Mitteilung des Prof. A. Marx von März 1906. 

90. Reichtum und Weisheit bilden den Wettstreit 
zweier Troubadours (Fr. Hueffer, The Troubadours, London 
1878, p. 117; Ethé S. 52); Gold und Gut oder Wissenschaft 
(Selbach S. 76, n. 47, S. 89, n. 183). 

90." Le Débat du Religieux et de l'homme mondain, 
Paris, 21 Mars 1491, 4°; auch in Dance aux aveugles 114? 
(wo 3 Strophen fehlen), und s. 1. е. а., 12 Bl. — Stanzen von 
8 Zeilen. Anfang: ‚Qui prit plaisir de passer (eps [temps] а 
lire‘; Brunet, Manuel, II, 549. 

Dasselbe u. d. T. Le Débat de l'Homme mondain et du 
Religieux, s. l. e. a. 4°, goth., 4 Bl.; Brunnet, l. c. 

Religio, s. Mundus. 

90.* Disputatio Rosae cum Viola, italienisch von Bonvesin, 
ediert von Bekker in Berichten der Berliner Akademie 1851, 
S. 39 (d'Ancona II p. 33, nota? II, 553, im Index р. 594, 552). 
248 Zeilen, in vierzeiligen Reimen; Anfang: 

‚Quilo se deffinisce la disputation 
Dra rosa e dra viora (sic)... . 
Rose, s. Narzisse. 


Hangstreit- Literatur. 55 


90.1 مناظرة قلشن کل ونرکس‎ Disputatio Rosarii, Rosae et 
Narcissi, persisch von Maulana Muhammed b. Husein, verf. 
970 H. (begann 31. August 1562); Hadschi Khalfa VI, 140, 
n. 12989; der Verfasser ist nur hier erwähnt, s. Index p. 1154, 
n. 5815. 

Ruff, s. Band. 

Rum, s. China. 

90.* Altricatio [Altere.] Rusticorum et Clericorum mota 
per eos coram dom. Papa tamquam judici assumpto, s. l. e. a. 
(cir. 1470, d'Ancona? I, 561, n. 8). 

91. Streit zwischen Sabbat und Chanukka anfangend 
pz wen поеми nav “уор no, teilweise scherzhaft, von Salomo 
Scharbit ha-Sahab, dem Verfasser des Streites der Buchstaben 
n. 12., Zunz, Lit. 372 gibt prinzipiell nicht an, wo das Gedicht 
zu finden sei. In den zwei Wörtern des Anfangs ist wohl auch 
die Stelle im Morgengebet angedeutet, wo das Gedicht zu 
rezitieren wäre. 

92. Streit zwischen Sabbat und den Festen, s. oben п. 44°. 

Saber, s. Cor. 

Sale, s. Malaga. 

Sanftmütigkeit, s. Zorn. 

Schere, s. Feder. 

Schlägel, s. Ball. 

99. Disputa fra (un vecchio) la Sapienza e la Fortuna 
(von Annibale Bentivoglio aufgeführt 1490), s. Il Propugnatore, 
nuova serie II, 127, d’Ancona® II, 129, Anm. 4 zu p. 128. 

93. Streit zwischen den 8 Schriftarten, arab. von abu 
Muhammed Abd Allah b. Ahmed s. Salamat al-Mukaddasi 
[Makdisi], Ms. Gotha 2718 (Ethé S. 52, n. 4). 

Schwert, s. Feder. 

94. نى واهن‎ 5bU Feder und Schwert, persisch von 
Fakhr al-Din (1012—92) zweimal, das kürzere Gedicht bei 
Ethé S. 118, deutsch S. 120; vgl. S. 12, Gr. 221. 

95. السيف والقلم‎ s, UL. Rangstreit des Schwertes und 
der Feder von abu Hafis Ahmed Muhammed al-Katil al-Anda- 
lusi, der noch 440 H. (beginnt 16 Juni 1048) lebte, Jal 55» (?) 
2 As القول‎ (Sau ,من‎ kann nur bedeuten: Er ist der erste 
in Andalus, von welchem die Abfassung eines solchen Gedichtes 
berichtet wird; aber Flügel (H. Kh. VI, 7, n. 12535, vgl. VII, 


56 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


1078, n. 2951) übersetzt unbegreiflicherweise: ,primes qui 
in Andulus praestinationi divinae convenienter interfectus est! 
Hat er einen anderen Text vor sich gehabt? 

Hammer (Lit. d. Araber У, 489) n. 4413: ‚Ebu Найз (sic) 
Ahmed Ben Bord(!) schrieb über den Vorzug der Feder und 
des Schwertes, der erste (nach dem Zeugnisse ibn Chakans), 
welcher darauf aufmerksam machte‘. In der Anmerkung heißt 
es: ‚Н. Ch. kennt diese Abhandlung nicht und nennt nur zwei 
andere (n. 6191, Bd. III, 423); in der Geschichte des osmani- 
schen Reiches sind mehrere osmanische [d. h. türkische] ange- 
geben‘. Meine Auffassung fand ich bewährt durch Goldzihers 
Angaben in der hinter n. 99 zitierten Abhandlung S. 322, wo 
als Quellen al-Dhabbi Ed. Codera n. 954 und Makkari II, 364 
zitiert sind. 

96. „ass والسيف‎ „ЛК З Us, Rangstreit zwischen Feder 
und Schwert und Dinar (Goldmünze), arab. von abu Nasr 
Ali b. Hibat Allah b. Makula (355, gest. 1094, oder etwas 
früher); anfangend: «5,9 الام‎ 2,5 Ul „ЛЛ (H. Kb. VI, 8, 
n. 12836, VII, 1184, n. 6849; zu ergünzen eine Verweisung 
unter Ali VII, 1038; III, 264 zitiert er Avicanna (bei Brockel- 
mann I, 354 nur als Geschichtschreiber). 

97. السيف والقلم‎ З дідо Rangstreit zwischen Sch wert und 
Feder, arab. von Zein al-Din abu Hafts Omar ibn al-Wardi 
(gest. 19. März 1329), in mehreren Mss., auch aufgenommen im 
Diwan, gedruckt Konstantinopel, 1300 H. (Ethé S. 53, n. 7, 
ergänzt aus Brockelmann S. 140, n. 23; H. Kh. VII, 1255, 
n. 9434). 

98. فى مغاخرة السہف والقلم‎ 452471 у, die gereihte Perle, 
Rangstreit zwischen Schwert und Feder, arab. von 'Safi b. 
Ali b. Abbad aus Askalon (gest. 730 H., beg. 28. Oktober 1329, 
Goldziher, Wiener 7. f. К. M. XIII, 1399, S. 322 А. 4). 

99. السيف والقلم‎ сухо مغاحرة‎ Rangstreit zwischen Schwert 
und Feder, arab. von Djamal al-Din Muhammed b. Mubammed 
ibn Nabata, oder Nubata (gest. Oktober 1366), Ms. Kopenhagen 
231 (Еһ S. 53, п. 3, ergänzt aus Brockelmann II, 12, 7.2; 
vgl. H. Kh. VII, 1113, n. 4853). 

100. رسالة السيغية والقلية‎ von Molla Ali b. Amr Allah, 
vulgo ibn „US! (innaji, oder Khinali ete. gest. 979 H., beg. 
26. Mai 1571), nach Н. Kh. ПІ, 646, n. 7367: ai, wo der 


Rangstreit-Literatur. 57 


Anfang; VII, 1034, n. 1264, ‚secundum rationem humanitatis 
studiosorum‘ für arab. 452), d. h. die Humaniora betreiben (hier 
soviel als Belletristen, im Gegensatz zu eigentlichen Poeten 
im engeren Sinne?). 

101. Desgleichen von Molla Ahmed Busnawi (gest. 983 H., be- 
gann 12. April 1575; H. Kh. III, 412, n. 6191, VII, 1524, n. 810). 

102. Streit des Schwertes und der Feder im persischen 
Mathnawi von Masud al-Kummi (1462, s. unter Sonne und 
Mond), Ethé S. 75; Gr. 228; bei H. Kh. VI, 140, n. 12988 
(VII, 993): Goldziher (l. e. unter n. 98) behandelt den Gegen- 
satz der Begriffe von geistlicher und militärischer Macht, der 
in den Symbolen vom Schreibrohr und Schwert typisch ge- 
worden ist, in der Literatur des Islams als ein Moment der 
Kulturgeschichte. 

103. السیف والرہے‎ 5 UL. Rangstreit zwischen dem Sch wert 
und der Lanze, arabisch von 'Alà al-Din Ali b. Muhammed 
al-Sa’di, vulgo: ibn Abd Allah al-Tsähir (gest. 717 H., begann 
16. März 1315, H. Kh. VI, 7, п. 12534). 

Scherz, s. Horse. 

104. Streit zwischen Seele und Intellekt (555), von 
Schalom al-Schibzi b. Josef, einen vielseitigen gewandten 
hebräischen Dichter in Jemen (lebte 1687), handschriftlich in 
den beliebtesten Sammlungen, welche hauptsächlich aus den 
Gedichten Josefs und seiner Familie bestehen (s. meine Arabi- 
sche Literatur der Juden S. 239). Die Streitenden wenden 
sich hier zu Anfang an den Richter: 


b due bsr vb) 
bern лиз МІК 
bind pown 199 IN 
byw герп DT 


' Der Gegensatz von Buch (oder Schreiber) und Schwert ist schon im 
hebräischen Wortspiel xes und xoro im Talmud Aboda S. 17° zu finden. 
Zu den Zitaten in Hebr, Bibliogr. XIII (1873), 33, welche Goldziher 
8. 324 anführt, füge ich: Samuel ha-Nazid (11. Jahrb.) bei Dukes, Sa- 
lomo b. Gabirol S. 44, Moses ibn Esra, bei Dukes, M. b. E. S. 96: 
Abraham Bederschi und seine poetischen Rivalen in der Provence, 
behandeln das Thema nach einem Araber, der seinen Herrscher in 
bezug auf beide rühmt ("264797 zz in moon отт Amst. 1865, 8. 26), vgl. 
Litt. d. Or. VII, 564 und Katal. der hebr. Mss. in Wien (wo allerlei 
Unrichtiges) n. СУПІ. 


58 IV, Abhandlung: Steinschneider. 


(Seel’ und Intellekt befragen mich, 
Wem mein Lob gebühre sonderlich; 
Zum Gerichte stellten beide sich; 
Welche Antwort geb’ den Fragern ich?) 


Ms. Berlin 182 (352 Oct., f. 1006, n. 138). 

105. Der Streit der Seele mit dem Leibe (Körper) über die 
Verantwortlichkeit für die Sünde, also beziehungsweise über 
die Unschuld, ist dem Inhalte nach, und sogar in Verbindung mit 
der Parabel vom Blinden und Lahmen, älter als die rhetorische 
oder poetische Bearbeitung irgendeines mir bekannten Rang- 
streites. Dieser Streit wurde ein beliebtes Thema, dessen verschie- 
denartige Verwendung eine Monographie verdiente. Eine solche 
liegt außerhalb meiner jetzigen Leistungsfähigkeit, schon wegen 
der Beschaffenheit der Quellen, deren Durchmusterung erforder- 
lich wäre, wenn die schwierige Beschaffung gelänge. Um die hier 
beabsichtigte Übersicht von Rangstreitigkeiten überhaupt nicht 
durch den unverhältnismäßigen Umfang einer einzigen zu unter- 
brechen, werde ich hier nur einige allgemeine Bemerkungen ein- 
rücken; die früheren Zusammenstellungen darüber sind eine Anf- 
zählung im Einzelnen, einer besonderen Abhandlung vorbehalten. 

Die Frage nach dem Ursprung des ‚Streites‘ ist viel- 
leicht von der nach dem Erfinder der Parabel zu trennen; 
letztere, die jetzt den Kindern aus Gellert bekannt ist, mag 
unabhängig einem höheren Altertum angehören; der Streit 
entspricht derart dem nachexilischen, vorchristlichen Ideen- 
kreise der Juden, daß die Entstehung innerhalb desselben 
nicht befremden dürfte. Seltsamerweise bietet uns die älteste 
Quelle folgende, später sehr oft mit Weglassung der Persön- 
lichkeiten wiederholte Anekdote (Babyl. Talmud Traktat Aboda 
Sara f. 71, ich übersetze nicht wörtlich: Antoninus [wer ge 
meint sei, ist streitig] sprach zu Rabbi (d. i. Jehuda, gegen 
Ende des 2. Jahrh.): Leib und Seele können sich vor dem 
[Gottes-] Gericht unschuldig erklären; der Leib behauptet: 
der Sünder ist die Seele, nach ihrem Scheiden liege ich wie 
ein stummer Stein im Grabe. Die Seele erwidert: der Leib 
sündigte, seitdem ich ihn verließ, fliege ich wie ein Vogel! in 


' Die Vorstellung, daß im Tode die Seele wie ein Vogel wegfliege, ist 
nach Einigen der abergläubische Grund, daß man ein Fenster бе 


Rangstreit-Literatur. 59 


der Luft. Der Rabbi antwortet mit einem Gleichnis. Ein König 
setzt in einen Feigengarten zwei Wächter, einen Lahmen und 
einen Blinden, jener schlügt diesem vor, ihn zu den Feigen zu 
tragen, welche sie verzehren. Der Besitzer verlangt Rechen- 
schaft und, da jeder von den beiden auf die eigene Unfühigkeit 
hinweist, so setzt er den Lahmen auf den Blinden und bestraft 
sie zusammen. So macht es auch Gott; er ‚schickt die Seele 
in den Leib und bestraft sie beide‘. Die Herbeiziehung von 
Psalm 50 Vers 4, in der bekannten homiletischen Manier, 
beweist sowenig einen jüdischen Ursprung als der Namen 
Antonius (der noch andere Fragen stellt) den fremden. Hin- 
gegen ist die Verwendung der Parabel zur Theodicee und 
indirekt zur Begründung der Auferstehung vor dem jüngsten 
Gericht in der Blütezeit biblischer Apokryphen keine luftige 
Hypothese. 

In arabischen Quellen einer viel späteren Zeit wird die 
Parabel, ausgeschmückt auch mit Erweiterung durch die als 
Gärtner personifizierte Vernunft, anscheinend auf Inder zurück- 
geführt, wie in den Abhandlungen der sogenannten ‚Lauteren! 
Brüder‘ (II, 415 des Originals Ed. Bombay, nach Mitteilung 
Goldzihers, die k. Bibliothek besitzt sie nicht, deutsch bei 
Dieterici, die Anthropologie 1871 S. 211). Ich habe aber schon 
in der hebr. Bibliogr. (XIII, 1873, S. 31) die Vermutung ge- 
äußert, daß hier Inder für Juden (ae für 25% 2542) ge- 
setzt worden sei. Die frühere Voraussetzung, daß zu jener 
problematischen Brüderschaft auch Juden gehörten, habe ich 
als unbegründet erkannt und so ausdrücklich erklärt; doch be- 
durfte es derselben nicht, um die Kenntnis der Parabel seitens 
jener eklektischen Enzyklopädisten zu erklären, deren Schriften 
sicher nicht vor dem 10. Jahrhundert existierten. 

Beinahe um dieselbe Zeit erwähnt (Pseudo-) abu Zeid 
(Le Livre de la Creation, herausgegeben von Cl. Huart, Publi- 
eations de l'École des langues orient. vivantes, Sect. IV t. 16— 
18, Paris 1900--3, t. II p. 118, französ. p. 110) die Lehre von 
der Auferstehung mit der kurzen Andeutung ‚gleich dem 


Über Seele und Vogel läßt sich vieles finden. S. unter anderem De 
Gubernatis, Zoolog. Mythology. 

1 Das heißt: ,wahrhaftigen': diese richtige Erklärung von «зд gab 
Goldziher. 


60 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


Blinden, der den Lahmen trägt‘, worüber der Herausgeber 
keine Aufklärung gibt. 

Nicht lange darauf erwähnt der gelehrte Arzt al-Biruni 
(gest. 1050?) in seinem Werke über Indien (India, englisch 
von Sachau, p. 47) im Anschluß an indische Ansichten über 
die Seele ein ,Gleichnis. Eine Karawane wird von Räubern 
zerstreut bis auf einen Blinden und einen Lahmen, welche 
verbunden weiterwandern. Der Zusammenhang ist hier nicht 
klar. Die Erzählung vom Blinden und Lahmen kommt auch 
vor in dem arabischen Werke seg) Aaen العلوم‘‎ oc, Kairo 
1310 H. (1892/3) S. 65 l. Z., wie mir Goldziher mitteilt. Zu 
dieser Parabel hat Viktor Chauvin in Liéges in seiner Biblio- 
graphie des ouvrages arabes (Lieges und Leipzig) Nach- 
weisungen gegeben, II, 1897, p. 221, n. 13 (Kalila); ILI, 1898, 
p. 52 (1001 Nacht); VI, 1902, p. 10. Der Verfasser des arabi- 
schen Buches Kanz al-Israr führt die Schilderung von Leib 
und Seele rhetorisch aus, nach einer Mitteilung bei Pocock, 
Notae ad Portam Mosis (Oxon 1654, p. 280), wonach meine 
Angabe (die hebr. Übersetz. S. 852), daß Poc. den Verfasser 
nicht nenne, ungenau ist. Pocock läßt bereits als jüdische 
Quelle Joh. Cochs latein. Übersetzung der Stelle im Talmud 
folgen, die oben in Kürze mitgeteilt. 

M. Müller, Theosophy, p. 201, kennt keine Parallele zum 
Talmud (bei Kohut), Wilh. Linow, The desputasoun bitwen 
the Боді ete. (Erlanger Beiträge zur englischen Philologie 1., 
herausg. von Н. Varnhagen, Erlangen und Leipzig 1889, I, S. 2), 
glaubt der erste zu sein, der über diesen Streit auf den Talmud 
zurückgeht, indem er von drei deutschen Übersetzungen die 
Ehrmanns mitteilt, wo der Name Antoninus nicht vorkommt. 
Er trägt kein Bedenken, den Talmud ‚gewissermaßen als die 
Urzelle aller späteren Bearbeitungen zu betrachten‘, und be 
merkt gelegentlich, es sei von der größten Wichtigkeit, die Be 
ziehungen des Talmud zu den abendländischen Literaturen zu 
erforschen. 

105.» Contrastu ridiculusu chi fa un Sfrazzusu cu n’ Avar", 
composto da me Petru Кісираги (Ricupero da Catania) in ottava 
rima siciliana, Palermo, per Mich. Costanza 1696, 16? (8 unge 


! Vgl. d'Ancona, Origini? I, 551 Ende Anm. 1. 


Rangstreit-Literatur. 61 


zählte Bl.). Der Verfasser schickt beide zuletzt in die Hölle; 
G. Pitré, Bibl. III, 260. 

105.° Silber und Eisen halten einen Rangstreit in einem 
dem Recimend Ball beigelegten Werke gegen die Alchemie, 
Tulik o Maruvillos del mundo ete. en lingua limosina etc. 
traducidolo en espanol un discepolo, Majorca 1750 (p. 246, Cap. 2, 
Disput zwischen fer und argent, Hist. Litt. de la France, 
t. 29, 1885, p. 354, vgl. Kopp, Die Alchemie П, 330). — Vgl. 
Gold und Merkur. 

105. Disputoison de la Sinagogue (brune) et la Sainte 
église (eternelle), in Jubinal, Mystéres, Paris 1839, II, 506—8. 
Littré, Hist. Litt. de la France XXIII, 1852, p. 216, stellt die 
Disputanten um und hat die hier in Parenthese gestellten 
Adjektive. Anfang: ‚De les menco vuelent [für veulent?] vivre 
li mengongier‘ (so). Ungezühlte einreimige Vierzeilen. 

106. Streit der Sinnesorgane von Abraham ibn Esra, 
s. n. 441, 

Söhne (sechs), s. Vater. 

Sommer, s. Jahreszeiten. 

107. Rangstreit der Sonne und des Mondes im persischen 
Motheawi (Zweizeilenreimen) von Khuadja Masud al-Kumni 
(al-Turkomani? 1462) Ms. Bodl. Ausely 7; Ethé S. 75, Gr. 
S. 228. Н. Kh. VI, 140, n. 12988: „al, الشمس‎ s,bU gibt 
weder Zeit noch Sprache an, letztere in anderen Schriften des 
Verfassers (VII, 1144, n. 5432); er fügt auch Schwert und 
Feder hinzu (n. 102). 

Sorci, s. Gatti. 

108. Liber, vel dialogus inter Spiritum et animam 
de christianissimo documento humanitatis, Ms. Wolfenbüttel 
2819 (IV, 85). Ob dieser Dialog ein Rangstreit sei, ist noch 
zu untersuchen. 

Ein alchemistisches Buch de Spiritu et anima (Ms. Wolfen- 
büttel, Aug. VI, 1) soll von einem Zisterziensermönch  her- 
rühren, nach B. Hauréau, Notices et Extraits de Mss. latins, 
Paris 1890, V, 113. 

108. Rangstreit zwischen Staat und Intellekt, arabisch: 
الدولة مع العقل‎ 8,614, bei Djamal al-Din n. 9 (S. 70). 

Stadtbewohner, s. Beduine. 

Synagogue, s. Sinagogue. 


62 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


109. اهل السنة والروافض‎ в, Rangstreit der Sunniten 
(Orthodoxen) und Heterodoxen von abu l-Mahasin Jusuf al- 
Tufeili (ohne Zeitbestimmung); Н. Kh. VI, 140, п. 12986 (nur 
hier, nach Index VII, 1142, n. 5353). 

Superbia, s. Humilitas. 

109." Worke for Cutleos or a Merry Dialogue between 
Sword, Rapier and Dagger (Dolch), gespielt von Studenten 
in Cambridge, gedruckt in London 1611 (Harl. Miscell. London 
1813, vol. X, n. 212), Prosa; Ethé, p. 59, n. 25. 

Surci, s. Gatta. 

Tabak, s. Kaffee und s. Opium. 

Tag, s. Nacht. 

110. mer bm поли zen Streit des Talmud und der 
Philosophie, von einem Anonymus, nicht vor dem 13. Jahrh., 
Reimprosa aus Ms. Paris 1005, ediert von Israel Goldblur, in 
555 bnw wı» (französ. Tit. Trésor d'Israil à Paris), Wien 
1894, S. 20—24 (über dieses Buch vgl. die hebr. Zeitschr. 
“рил I, 111). Die Philosophie beruft sich auf einen angeb- 
lichen Ausspruch des Aristoteles:! ,Erschlagt den, der kein 
Gesetz (mnn, positive Religion) hat‘; und führt Moses, den 
göttlichen Mann [4. M. 33, 1] Sohn des Maimon‘ (gest. 1204) an 
(S. 21). Die schließliche Aussöhnung besteht darin, daß der 
Unterricht mit dem Talmud beginne und die Philosophie folge. 
Das erinnert allerdings an den langen wirklichen Kampf um 
die Philosophie und die profanen Wissenschaften im 13. Jahrh., 
wohin Halberster das Stück versetzt (vgl. meine Einleitung in 
die jüd. Lit. d. Mittelalters, in Jewish Qu. Rev. XVII; 1905, 
р. 354—69). Der Stil ist allerdings nicht der elegante der 
Streitschriften jener Zeit. 

Tamia, s. Tuogno. 

Thrush, в. Lark. 

111. Tiere und Mensch, Ms. hebräisch Turin 238 (Peyron 
р. 251) f. 276 enthält unter anderen Streitgedichten: ‚Questus 
animalium in hominem‘; ich habe oben (n. 44°) das dem ibn 
Esra beigelegte Gedicht identifiziert, welches dem Inhalt der 
Abhandlung Tier und Mensch entspricht, welche der Enzy 





1 Wenn ich nicht irre, wird dieser Ausspruch im Namen Platos zitiert 
(von Josef Caspi?), und zwar 77 für rap, 


Rangstreit-Literatur. 63 


klopädie der sogenannten `. Lanteren Brüder‘ angehört, im 
Original in hebräischer Übersetzung und in deutscher Über- 
setzung aus beiden gedruckt ist (s. die hebr. Übersetz. S. 860 ff.). 

Die Vermutung liegt nahe, daß der Titel: „uw 22,514 
disputationes hominis bei H. Kh. VI, 139, n. 12983 ein ver- 
kürzter und ,cum animalibus! zu ergünzen sei; solange kein 
Streitgedicht dieses Inhalts bekannt ist, dürfte er aus einer 
Überschrift jener Abhandlung abzuleiten und der Plural be- 
gründet sein. 

[Tiere ‚und Vögel‘, Hebr. Bibliogr. XXI, 10 ist eigentlich 
und Mensch‘, s. n. 44*.] 

Tonin, s. Bighignol. 

Tools, s. Carpenter. 

112. Hans Sachs. Ein Kampfgesprüch zwischen dem 
Tod und dem natürlichen Leben, welches unter je beden (so) 
das pesser sey, Nürnberg 1533; kl. 49 (6 Bl). Anfang: 

Eins morgens früe in dem Herbstmon (so) 
Da wolt ich auß nach Vögeln gon. 
Im Index der Ausg. 1612 finde ich dieses Gedicht nicht. 

113. Streit (maa=) zwischen den Toten und den Lebenden, 
hebräisch im Gebet (Salifa) von Josef b. Mattatja; Ms. Merz- 
bacher (in München) 90; in einer Gebetsammlung um 1480. 
Der Verf. ist offenbar identisch mit dem Gleichnamigen bei 
Zunz, Literaturgesch. 370, welchen Brüll, Jahrb. I, Frankfurt 
a. M. 1874, S. 99 mit J. b. M. im 15. Jahrhundert identifiziert. 
Im Jahre 1343 schrieb Josef b. Mattatja Ms. München 268. 

113." Streit zwischen Trabuquet und Cata von Kaimon 
Escrivan (Chrest. 317), worüber Römer, Volkstüml. Dichtungs- 
arten der altprovenzal. Lyrik (Ausgaben und Abh. a. d. G. d. 
roman. Philol. 26), Marburg 1886, 8. 65, A. 13 zu 8. 22 Tenzone; 
Selb. S. 45, п. 90. 

Tradition, s. Bibel. 

Traube, s. Dattel. 

114. Sseon "eo Buch des Intelligenten, Streit (man) 
zwischen dem guten Triebe und dem bösen, von Tobia Isak 
Baruch in Nizza Monserrato, Autograph 1783 (oder 17822), 
Ms. Halberstam 398 (52 BL, 4°), jetzt als Ms. Montefiore 309 
іп Jews College London; s. H. Hirschfeld, Deseript. Catalogue 
of the Hebrew Mss. of the Montefiore Library, London 1904, 


64 ТУ. Abhandiung: Steinschneider. 


р. 95, wo die technischen hebr. Bezeichnungen залозу" und 
ynan (Genes. 8, 21), das ‚Sinnen, Dichten, Trachten‘ des Herzens, 
mit dem englischen plur. good and evil ‚imaginations‘ nicht genau 
wiedergegeben ist; mag auch eine englische Bibelübersetzung 
diesen Ausdruck gebrauchen. Der Gegensatz ist ein ethischer, 
nieht ein psychologischer; der Jude stellt sich persönliche 
Dämone vor. 

115. Im Katalog der hebräischen Handschriften und Bücher 
usw. des Professors David Kaufmann (jetzt Eigentum der ungari- 
schen Akademie), beschrieben von Dr. Max Weiß (Frankfurt 
a. M. 1906, S. 169, n. 521f. 630), heißt es: ein Wechselgesang 
des pan ^x und zw x, jeder Gesang in 4 Strophen, beginnend 
(ich übersetze aus dem Hebräischen): ‚Es spricht der böse 
Trieb, die Verständigen unter den /sraeliten (Muhammedanern) 
haben schön gesagt: Hütet eure Frauen... Es ist kaum zu 
zweifeln, daß hier ein Wettstreit vorliegt, ob innerhalb unseres 
Themas. Der böse Trieb kommt schon in Genesis 8, 21 vor, 
der gute Trieb ist ein entgegengesetzter Engel (s. die Zitate 
bei J. Levy, Neuhebr. u. chald. Wörterb. II, 259). Hiermit 
hängen die Kontraste des Dämons zusammen (d'Ancona, 
Orig.’ II, 599: Contr. di fra Belzebub). 

115." учу 2% x pa mo Disput zwischen gutem und bösem 
Trieb, ohne Quelle bei Fürst, Bibl. Jud. I, 288, und wohl 
daher bei Benjacob, Thesaurus, Wilna 1867, S. 505, n. 6 unter 
"зх, stammt wohl aus ... "кл wx mz", einer Operette, worin 
die singenden Personen: ein Kind, der gute und der büse 
Trieb, die Bewohner des Paradieses und der Hölle; verfaßt 
für eine Gesellschaft (с'єюсл) in Florenz 1670 (vgl. unten 
zu 136"), ms. Schwager 69 (Katal. 11), wo em гох eine Um- 
stellung von Immanuel. 

115. Ein Kampfgesprüch zwischen Fraw Tugent und 
Fraw Glück, von Hans Sachs, Nürnberg durch Harhing s. а, 
klein 4? (23 S.). — Nürnberg durch Georg Wachter, sa, 16° 
(12 ВІ.); Ed. 1612 S. 535. Anfang: 

‚Als inn (so) des Morgen Blüt 
Lustreych das meyn Gemüt.‘ 
Datiert 7. Mai 1545. 

115.° Il contrastu del Matrimonio di Tuogno e dela (sie) 

Tamia el (sic) quale & Bellissimo ete. — M. 519. [d. i. 1510] 


Rangstreit-Literatur. 65 


Februario‘, in 4° (4 ungezählte Bl. zu 2 Koll. in Versen, ge- 
druckt in Firenze und Siena; Batines p. 80, n. 9 mit unge- 
wöhnlichem Mangel an Angaben über die letzten Ausgaben. 
D’Ancona p. 37, n. 4 zitiert nur Batines. 

Unglaube, s. Glaube. 

Untugend, s. Tugend. 

Uomo, s. Danaro. 

115." Disputa fra l'Uomo e il Nemico, aufgenommen in 
‚Laude‘, ed. Salviano, Roma 1558, p. 67, n. XLVII, anfangend: 
‚Or udite la battaglia‘; d'Ancona? I, 156, п. 4. 

116. Debatte zwischen Vater und 6 Söhnen im persischen 
Schahin Umoah des Farid al-Din ibn “Attar (umgebracht 1230); 
Ethe, Gr. S. 228. Ich kann nur annehmen, daß der Vater 
hier der zwischentretende Schiedsrichter oder gewissermaßen 
der Vorsitzende ist, wenn dieser Streit in unseren Kreis ge- 
hören soll. 

Vecchia, s. Giovane. 

Ventre, s. Langue. 

Ver, s. Jahreszeiten. 

Verbum, s. Nomen. 

116." Rangstreit zwischen Vergebung (? А5)! und 
Gnade (e), arabisch bei Djamal al-Din n. 8. 

Vergogna, s. Onore. 

117. Vernunft und Liebe führen den 1. Rangstreit unter 
fünf Paaren, verfaßt von Khwadja Sain al-Din Ali b. Tarika 
al-Isfahani (gest. 1431/2, Katal. Rinu, L), welche sich ge- 
schichtlich aus einander entwickeln. Die andern sind: 2. Wahn 
(зво) und Vernunft; 3. Wahn und Phantasie; 4. Gehör und 
Gesicht; 5. Liebhaber und Liebchen sta (32555; ms. Brit. 
Mus. Add., 16839 und 23983, Ethé S. 76, Gr. 228. 

Offenbar stammt aus diesen 5 Streitgedichten der unvoll- 
ständige und unkorrekte Artikel уч З dm ol, BU bei Н. 
Kh. Vl, 140 n. 12984, den Flügel nicht fachgemäß wieder- 
geben konnte. Hier wird nur п. 5 als Kompendium ( 42x?) 
mit einem arabischen Anfang angegeben, welcher vielleicht 





! Freytag, Lex. arab. hat diese Form nicht; die Bedeutungen bei Dozy, 
Supplem. II, 148 passen hier nicht. 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 4. Abh. 5 


66 IV, Abhandlung: Steinschneider. 


vor dem persischen Original stand, oder wirklich einem arabi- 
schen Kompendium entnommen ist? 

117. Rangstreit zwischen Verstand, Recht und Glück, 
wer von ihnen einen niedrig gebornen Menschen am sichersten 
zu den höchsten Ehrenstellen leiten kann (der Verstand siegt), 
persisch von Inscha (nach 1572) in Gulschan Litafut (Rosen. 
flor der Lieblichkeit); Ethé im Grundriß S. 228. 

Vin, s. Wein. 

Vieux, s. Jeune. 

Viola, s. Rosa. 

Violine, s. Laute. 

118. Unter dem Namen des heiligen Augustinus ist in 
dessen Werken (z. В. Ed. Basil. 1556 t. VIII, р. 1028—42) ein 
libellus de conflictu virtutum et vitiorum (viciorum), lib. unus. 
Voran liest man: ,Caeteris sanior sed nihil habens Augustini. 
Anf. Postolica vox clamat. Die Einleitung zühlt die miteinander 
disputierenden Laster und Tugenden (mehr als 20) auf. Zu- 
erst spricht Superbia: Multis, imo pene omnibus meliores; ihr 
antwortet Humilitas. Hauréau, Not. et Extr. III, 178, bemerkt 
aus einem Ms. De conflietu virtutum et viciorum, angeblich 
von Augustinus, daß man am Ende finde: secundum beatum D., 
was Bernardum bedeute; eine verschiedene Abhandlung findet 
sich auch in den Werken des heiligen Bernard, wovon ein Teil 
in Ms. Paris 14807. 

118." Giostra delle Virtü e dei Vizi, ediert von Er. 
Percopo im Propugnatore, 1887, p. 1—14 im marchigianischen 
Dialekt aus dem 14. Jahrhundert, bearbeitet nach Prudentius 
Clemens Psychomaetria (Gedicht)! und dem Conflietus von 
Bernard, von einem anonymen Mönch, wahrscheinlich in 
Macerata (s. p. 21). Der Text p. 24—61 besteht aus III Teilen 
zu 16 (4 X3 4) Zeilen, Summa 857 (so) Versen mit künst- 
lichem Bau und Reim, worüber s. p. 24. Anfang: 

‚De duy сісіаде voliove 
dure bactalie contare 
ke sempre se conbacte*. 


1 Fabricius, Biblioth. lat. med. VI, 324 zitiert einen anderen Prudentius, 
dessen de septem peccatis mortalibus et virtuti septem oppositis, ms. in 
Quedlinburg. Ich konnte diese Notiz nicht weiter (etwa in einer neuen 
Ausgabe des Prelli, s. Prop. p. 16) verfolgen. 


Rangstreit-Literatur. 61 


Vgl. D'Ancona, Orig.? I, 548, n. 1. Im Index II, 600, unter Con- 
trasti fra le virtü celesti, verzeichnet: 124, 156, 316, 351 (Druck- 
fehler?). I, 124 erschienen Misericordia und Pace gegen Verità 
und Giustizia (gedruckt in Sacre rappresentazioni I, 182), 
D'Ancona knüpft daran eine lange Stelle aus einem ‚Sermo‘ 
des heiligen Bernard. Pag. 316 ist Parallele. — Die Tugen- 
den haben ihren Sitz im himmlischen Jerusalem, die Laster 
im höllischen Babylon (Prop. р. 9, s. auch oben п. 49%), 

Der Gegensatz von Tugenden und Lastern ist begreiflicher- 
weise ein beliebtes theologisches Thema; zur Beleuchtung mögen 
hier Mss. aus Truhlars Katalog der latein. Handschr. in Prag 
(1905) dienen. N. 213f. 82* (lieben), 1271 Dictionarium virtutum, 
1432, 1528, 1590. — In der Ausgabe von Hans Sachs 1612 ist 
der Kolumnentitel des ПІ. Teils, S. 485—124 ‚Von Tugend 
und Laster‘. 

118. Virtù, Fortuna und Gloria streiten um den Vor- 
rang in einer italienischen Aufführung 1502; d'Ancona, Ori- 
gini? II, 74. 

119. De conflictu Virtutum et Vitiorum Carmen incip.: 

Vos qui sub cristo (sie!) 

mundo certatis in isto; 
Ms. Vatic. Palat. 719f. 149 (Catal. Vat. T. 1. auct. Н. Stevenson 
jun. 1886, 4? p. 261). 

119.° Il contrasto del Vivo e del Morto anonym, s. |. e. a. 
Ende 15. Jahrhundert, 4? (4 Bl. zu 2 Koll.), mit Abbildung des 
Todes zu Pferde, Gedicht in Ottava rima. — Dua (sic?) con- 
trasti vno del vivo e del morto e l'altro de Lanima (sic) et del 
Corpo ece., Firenze 1568, 4° (4 ungezühlte Bl. zu 2 Koll.). — 
Andere Ausgaben: в. 1. e. a. 4? (1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, 
Firenze, 4 Bl); — Fir. appresso Giouanni Boleni 1585, 4°; 
Fir., Dalle Sealle di Budin, 4° (17. Jahrh.); Fir. appresso EN 
Scalle ecc. 4° (17, Jahrh.); Fir. Alle Sealla ecc. 1612, 4°; 
desgl. 1614. Man führt auch eine Ausgabe Fir. 1606 an, auch 
Fir. et Pistoja per Pierant. Fortunati (17. Jahrh.). Alle diese 
Ausgaben verzeichnet Batines p. 79, n. 6 ohne ein Wort über 
den Streit selbst. Novati gibt ein Ms. an, in der Scelta di 
euriosità n. 187, Bologna 148? p. 216, wird eine Ausg. Fir. 1570 
angeführt, worin der Contrasto dell'anima (s. n. 105) vorangeht. 
— S. auch Life und Tote. 


HK 


68 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


Nach d'Ancona? I, 550, findet sich in Ausgaben und mss. 
ein Contrasto del Vivo eec. in 3 ‚cantari‘ oder ‚giornate‘, worin die 
Streitenden die Qualen der Hölle und des Fegefeuers schildern; 
er hat eine Ausg. Bologna 1809 vor Augen, vielleicht wesentlich 
identisch mit Le dimande di un vivo et di un morto ... con 
le risposte, s. l. e. a. (Mitte 16. Jahrh.) Ein gereimtes Stück: 
de lo Vivo e de lo morto ist ediert von Miola; Le scritte in 
volg. dei primi secoli della Nazionale di Napoli, Bologna 1518, 
І, 331—48. In den Laudi aquilane, ediert von Percopo, im 
Giorn. Stor. Lett. Ital. VIII, 209 ist ein Dialogo fra un V. e 
un morto, worin letzterer die 9 Höllenstrafen beschreibt. Letz- 
tere scheinen hier überall die Hauptsache. — Die Contrasti 
zwischen dem Tode und einem Sünder, oder einem Krieger 
u. dgl., deren Ausgabe d'Ancona anfügt,! mit Hinweisung auf 
Brunet Bd. II und V, beweisen nur die Macht des Todes über 
alle. Dahin gehórt wohl auch der Contrastu di la Morti (so) 
e lu Gnuranti von Jacopo Pittureri, Palermo per Coppola 1667; 
mit dem Titel: Contrasto del morto con l'ignorante [früher: 
simplicista ?] nuovamente composto e tradotto in lingua toscana 
da Foriano Pico, Napoli, Puci s. a. (Pucci verfaßte andere) 
1716 (G. Pitré, Bibl. III, 52, 256). 

Miola, l. с. p. 162 teilt ein Gedicht mit ‚de virorum mor- 
tis beginnend: ‚Dove & la jactancia de Olofernes a la Morte‘, 
endend: ‚Et sic de aliis, qui sunt innumerabiles. — Wie alt 
ist die Legende von Moses und dem Todesengel? (Benedetti 
bei d’Ancona, Origini? I, 558; vgl. Mühleisen-Arnold, der Islam, 
deutsch von W. Germann, Gütersloh 1818, S. 149). 

Der Italiener Salomo Jesaia Bassan dichtet auf den Tod 
des Salomo [b. Jesaia] Nizza (lebte noch 1718, Catal. Bodl. 
p. 2359 und 3032, vgl. Mortaras Indice ecc. 1888, p. 41, Soave 
im Vessillo 1880, p. 203/4, mir jetzt nicht zur Hand) ein Ge 
spräch mit dem Tode, s. Katalog Schwager 6, Husiatyn 1904, 
S. 85, n. 1924 und n. 1927 anonym. 

Vögel, s. Tiere. 

120. Vox (Fuchs) und Wolf streiten (englisch) in einem 
mehr episch gehaltenen Gedicht, gedruckt in Remains of early 
English poetry I, 390; Ethé S. 57, n. 7. 

121. Wahn, s. Vernunft (unter 117). 

122. Wahn, s. Phantasie n. 117. 


Rangstreit-Literatur, 69 


123. ,مقامة فى المغاخرة بين الماء والهواء‎ Makame (ent- 
haltend) den Rangstreit zwischen Wasser und Luft, arabisch 
von Ahmed al-Barbir (? уд у), Damaskus 1300 (1883), 23 Seiten. 
Für die Schüler der Unterrichtskommission in Syrien (E. Lam- 
brecht, Catal.... de l'École des langues or. viv., Paris 1897, 
p. 310, n. 2470). 

Wasser, s. Wein. 

W ein, s. Brot und s. Vine. 

124. Ein Rangstreit zwischen Wein und Wasser ist mir 
aus den Sprachen der Muslimen nicht bekannt. Das ist wohl 
zunächst aus dem Verbot des Weins (gewissermaßen als Rivalen 
des Wassers) abzuleiten, obwohl es an Lobgedichten auf den 
Wein, besonders bei Persern, ebensowenig fehlt, als am Weine 
selbst an den Tafeln der Großen in gewissen Zeiten und Ländern. 

Anders verhält es sich in der neuhebräischen Poesie, 
welche den Preis des Weines in vollem Einklang mit ihren 
heiligen und autoritativen Schriften wie auch mit gewissen 
Gebriuchen besingen durften. Der Wein ‚erfreut des Menschen 
Herz‘ (Ps. 104, 15); Gebt Wein denen, die erbitterten Gemütes 
sind‘ (Sprüche 31,6). Die Kundschafter, eine schwere Traube 
auf einer Stange tragend, sieht man manchmal als Illustration 
von Handschriften und Drucken. Das politische Ideal des alten 
Hebrüers lautet: ‚Jeder unter seinem Weinstock und seinem 
Ölbaum‘.! 

Auf dem Altar wurde Wein geopfert. Im Hause und in 
der Synagoge wird Ein- und Ausgang von Sabbat und Fest- 
tagen, jetzt auch Beschneidung und Trauung, mit Segen über 
den Becher gefeiert; und zur Liturgie des Pasahabends gehört 
das Leeren von 4 Bechern, wenn möglich roten Weines zur 
Erinnerung daran, daß Pharao, nach der Legende, zur Heilung 
des Aussatzes sich im Blute hebräischer Kinder badete. Be- 
kanntlich hat dieser harmlose Gebrauch durch Auslegung des 
Hasses bis in die neueste Zeit wirklich zu schrecklichem Blut- 
vergießen geführt. Schon die ersten Christen — noch als 
‚Juden‘ bezeichnet, wurden von den Heiden beschuldigt, beim 
Abendmahl Menschenblut zu trinken — wie Kirchenväter be- 


1 Vgl. darüber A.S. Yahuda, Die bibl. Exegese (im 24. Jahresbericht der 
Lehranst. f. d. Wiss. 4. Jud. Berlin 1906, 8. 21. 


70 ТУ, Abhandlung: Steinschneider. 


richten.! Spätere christliche Autoren kehrten den Spieß um — 
wie bekanntlich aus der Umkehr einer älteren Anekdote durch 
Shakespeare der Jude Shylok entstand. — Аш Purimifeste, 
lehren alte Autoritäten, soll man so lange trinken, bis man 
nicht unterscheiden könne zwischen: ,Verflucht sei Haman‘, 
und: ,Gesegnet sei Mordechai. Dieses jüdische Volksfest, 
welches wahrscheinlich zuerst in Italien unter dem Einfluß des 
Carnevale sich bis zur unjüdischen Maskerade entwickelte," ist 
mit einer staunenswerten Menge von Hymnen bedacht worden, 
welche in verschiedenen Ländern der Liturgie des betreffenden 
Ritus einverleibt wurden. Eine derselben, unt. And. ‚gedruckt 
mit Musiknoten von [Cantor] Ed. Birnbaum‘, Königsberg 1894, 
beginnt mit den Worten: ‚Es ist uns nicht erlaubt, Wasser zu 
trinken‘ (Monatsschrift für Gesch. u. Wiss. d. Jud. 1902, S. 375, 
n. 71). Wenn man nun den Streit zwischen Wein und Wasser 
mehrfach bearbeitet und in verschiedenen Sammlungen findet, во 
móchte man erwarten, daf am Purimfeste sein Platz sei; aber 
nirgends ist eine Beziehung zu diesem Feste zu finden. Hin- 
gegen ist die erste hier folgende Nummer nach einer jüngeren 
Notiz für den 7. Tag des Pasahfestes gedichtet, weil das 
Wasser vom Durchzug durch das Rote Meer spricht, das an 
diesem Tage gefeiert wird.* Für die Reihenfolge der verschie- 
denen Bearbeitungen des Themas ist noch kein entscheidendes 
Moment mit Sicherheit aufzufinden; sie sind anonym oder von 
sonst unbekannten Autoren, alle aus unbestimmter Zeit. 

A: Hebräisch. 

Die gereimte Überschrift beginnt: mes px го Tm" esr 
‚Zwischen Wasser und Wein ein Streit ohne Gleichen‘. Das 
Gedicht besteht korrekt aus 8 Strophen zu je 7 Zeilen; Z. 1—6 


! Zitate und Folgerungen bei Corva (psendon. gel. Jude und Missionär). 
Über den Ursprung . . .. Breslau 1840; vgl. Zeitschrift Hebr. Bibliogr. 
1906, S. 180. 

* Es gibt Schauspieler, welche glauben, der Italiener müsse in einem 

deutschen Jargon sprechen. 

Auch die sogen. Krüppchen (Krapfen, Pfannkuchen) in Italien ‚Hammel- 

ohren‘ gehören dahin; s. meine Abhandl. ‚Purim und Parodie‘ in der 

Monatsschrift f. md. Gesch. ..... , 1903— 5. 

Eine alte feine Bemerkung erklärt die Kürzung der Halleluja im Ritus 

dieses Tages. Gott spricht: Meine Geschöpfe versanken im Meere, und 

ihr wollt Lieder singen! 


+ 


= 


Rangstreit-Literatur, 11 


haben den gleichen Reim, Z. 7 reimt in allen Strophen (ich 
bezeichne die Strophe mit römischer, die Zeile mit arabischer 
Ziffer) І, 1 lautet лезо ву обо зб my ом; die ersten Buch- 
staben von I—V ergeben den Namen des Verfassers înim, 
daher ‚Weinlied‘ von Jehuda bei Zunz, Literaturgeschichte 
S. 564, 2.1 (561 in Gestetners Mafteach, Berlin 1889, S. 58 ist 
Druckfehler); VI, VII ergeben ‚ben‘ VIII, 1—4 тәх, also hieß 
der Verfasser Jehuda ben Elia (Elijja), nicht: ‚ben Adam‘, 
wie Deinard |. c. angibt, weil das 1. Wort in VIII osx ist! 

Das Gedicht ist seit mehr als 350 Jahren mehrere Male 
und wie es scheint nirgends vollstindig und ganz korrekt 
gedruckt; ich kenne allerdings direkt nur die 2 jüngsten 
Ausgaben; die älteste a) Konstantinopel 1545, in der höchst 
seltenen poetischen Sammlung nwan oww n. 227 (Catal. Bodl. 
р. 506, п. 2328 und Add.) habe ich nie gesehen; — Р) in der 
Hymnensammlung оток pap, Oran 1880, S. 158; Str. V und 
ҮШ sind dieselben; c) in dem Katalog der Bibliothek des 
M. Sulzberger (jetzt in Jewish Theolog. Seminary, New York) 
betitelt =x» mx von E. Deinard, New York 1896, S. 15—16, 
wo V, 1 «x (für zz) das Akrost. stört, und VI, 2 eine ein- 
geschobene Zeile bietet. — Str. I, II, VII, VIII edierte L. Dukes 
aus Ms. Michael 610 (jetzt Bodl. 1194, Katal. Neubauer p. 412, 
n. 229) im Litbl. des Orient 1850, Col. 752, ohne Angabe des 
Autors (danach ist sein Zitat in der Zeitschrift pam V, 263 
zu ergänzen). — Das Gericht entscheidet, daß der Wein mit 
Wasser gemischt sein soll.? 

125. (Streit des Wassers usw.) Anfang: om піт yaw 
anonym (ob von einem Simeon ?), 12 Strophen, in der unter Û 
erwähnten Sammlung x maw 5. 159. Dieses Gedicht (nicht 
124, wie ich in Arab. Lit. d. Juden S. 271, n. 231 glaubte) ist 
wohl das Original des arabischen xxw ^»: subs уз in der 
Sammlung Ge гркох, Tunis s. а. in 11 Strophen, anfangend: 
"ENDO N". 

126. m су om nam, anonym, in der Sammlung '’x maw 
S. 157, anfangend: mba гук пого. 


"ОБ in І eine Zeile überschüssig ist? 

* Über das Alter der hebräisch-jüdischen Sitte, den Wein mit Wasser zu 
mischen, s. Wilh. Ebstein, Die Medizin im N. T. und im "Talmud. 
Stuttgart 1903, S. 13. 


12 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


127. cum ph nrpibns der Streit des Weines und des 
Wassers; Ms. Bodl. Canon. 83 (Catal. Neubauer n. 378 und 
Add.), anfangend: wgs Dmx sm пк wmn; aus Ms. Fischl Hirsch 
abgedruckt von N. Brüll in seinen Jahrbüchern IX (1889) 8.5, 
vielleicht unvollständig, besteht aus 4 einleitenden Zeilen und 
drei Reden von Wein in 10 Zeilen, Wasser in 8 Zeilen und 
Wein in 8 Zeilen. 

Es dürfte in den Anfangsbuchstaben der 3 Reden ", т, 7, 
die Hälfte des Namens Jesaia sein, so daß das Ganze aus 
drei Reden des Weines und drei des Wassers bestünde, viel- 
leicht auch noch einem schließlichen Urteilspruch. Die Emen- 
dation зутко für zz zu Anfang wird durch den Anfang von 
n. 125 gewissermaßen unterstützt. 

128. osm pen mionbo (lies nanba?) Krieg(e) des Weines 
und des Wassers, hebräisch und jüdisch-deutsch, 8 Strophen, 
Akrostichon in beiden Josef Sofer; Anfang: ven SK jg ут. 
VIII Strophen, I, Ш, V, VIT, VIII spricht der Wein, I, II, Ш, 
V haben 7 Zeilen 1 3, 2 4, 5, 6. 7 reimen; IV, VI, VII, nur 
6. N. Brüll, Jahrb. IX, S. 2, edierte Text und Übersetzung, 
letztere mit deutschen Lettern, wobei durch hochdeutsche Aus- 
sprache der Reim (13, 2 4, 5 6) unkenntlich wird, 2. B. VIII, 
2, 4: laut, Lot. — Brüll vermutet die Identität mit Ms. Merz 
bacher п. 25, geschrieben 1517, und weist Ähnlichkeiten in der 
hier folgenden Nummer 129 nach. 

129. pm oen ра піз", Streit zwischen dem Wasser und 
dem Wein, jüdisch-deutsch ‚nach den Methoden von Dietrich 
von Bern‘, anfangend: ‚Ihr Leut, ich ruf zu euch‘, und hebräisch 
übersetzt, anfangend: w-px wk 52`5к, 22 Doppelstrophen von 
abwechselnden Rednern, wo auf 2 besonders reimende 2 durch- 
gehends reimende folgen. Die ersten Gegenreden gibt L. Dukes, 
Moses b. Esra, Altona (1839) S. 23, 24. Das Akrostichon nennt 
Elia b. Mose; anderweitig Elia Branz genannt (Katal. Bodl. 
р. 942, Hebr. Bibliogr. XXI, 10; Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. 
d. Jud. 1905, S. 92). Die Buchstaben mew, welche Dukes, Le 
als einen Namen ‚Schlita‘ betrachtet, sind die Anfangsbuchstaben 
einer bekannten Eulogie. Das Gedicht ist mit Hymnen von 
Akiba Frankfurt und Elia in Basel 1599, 8? gedruckt, sehr 
selten; die Bodleiana besitzt 2 Exemplare. Die ästhetische 
Kritik, welche Dukes an Gedicht und Verfasser übt, ist nicht 


Rangstreit-Literatur. 13 


ganz gerecht; er kannte auch das Vorbild (n. 128) nicht. — 
Ich erlaube mir hier ein zu unserem Thema nicht gehöriges 
Zitat: f. 33 liest man: Widerschlag ist nicht verboten, лз 
lautet rückwärts gelesen ebenso‘. 

Wohin gehört pn ву Cp nz" Streit des Wassers mit 
dem Wein, ms. E. N. Adler in London, S. 41? (The Persian 
Jews p. 13). 

B: Lateinische Bearbeitungen sind vielleicht noch nicht 
vollstándig bekannt, gedruckt sind die folgenden: 

130. Goliae! Dialogus inter Aquam et Vinum nach 6 
Mss. ediert von Th. Wright, The latin Poems attrib. to W. 
Mapes, London 1841, p. 87—92. Das Gedicht besteht aus 
166 Zeilen, wovon je 4 reimen. Anfang: 


Cum tenerent omnia medium tumultum. 


Unter dem Namen des Primas (Hugo de Primate Aure- 
liacensis ist aus Ms. S. Marco XIV, n. 128, dasselbe Gedicht 
ediert von Jakob Greiner (Kleine Schriften Bd. 3, Berlin 1866, 
8. 78): Versus Primatis. Novati (Carmina medii aevi, Firenze 
1883) edierte dasselbe, aber nur 156 Zeilen nach einem Manu 
skript der Angelica in Rom р. 58— 65,? die eigentlichen Streit- 
reden (36 Vierzeilen) haben da die Überschriften ‚Aqua‘ und 
‚Vinum‘. Das Zitat: ,Wattenbach, Anfänge p. 456° (Novati, 
p.52, n. 1), vermag ich nicht weiter zu verfolgen. Der Ver- 
fasser träumt sich in Trunkenheit in dem Himmel und hört 
den Streit in dem Olymp; für Wasser und Wein treten in den 
einleitenden Versen Thetis und Lyceus (Bacchus) ein; der Wein 
siegt durch einen Bibelvers, wie überhaupt auch hier auf 
Bibel und Ritus Berufung stattfindet (vgl. Selbach l. c. p. 27). 
Gegenüber der oben hervorgehobenen vermittelnden Entschei- 
dung im hebrüischen Gedicht n. 124 hebe ich die Worte des 
Weines (Ed. Wright, p. 88, Z. 27. 28) hervor: 


' Golias, Goliardus (auch ‚Episcopus‘) bedeutet im mittelalterlichen 
Latein etwa soviel als ,Spottvogel', ,lustiger Patron', s. Wright, l. c. 
p. IX ff, XXII Note. XXXVII; vgl. gaillard. 

3 Der Titel ist dort: Contentio aquae et vini. in ms. Vat. Reg. 85: Discep- 
latio (Novati p. 52). In Ms. Prag 1482 (Katalog Truhlaf 1905) folgt 
auf die Contentio f. 551: ,Super hiis (so) confessio Primatis: Estuans 
intrinsecus‘. Die Contentia endet: ‚Dei patris Amen‘: bei Grimm: Re- 
spondi breviter vobis consentio‘, 


74 ТУ, Abhandlung: Steinschneider. 


Ergo qui potaverint (potaverit, Ed. Nov.) vinum aqua 
(aquae, N.) mixtum 

Sunt (est, N.) adversus Deum et Christum. 

131. De Conflietu Vini et aquae, gedruckt (з. F. Wolf, 
Über die Lais usw., Heidelberg 1841, S. 33, bei Th. Wright 
L c. p. XXV Note) in Chr. Aretin, Beiträge zur Geschichte 
und Literatur Bd. IX, München 1307, S. 1316, aus einem an- 
deren Ms. bei S. (Schmeller), Carmina Burana, Stuttgart 1847 
(Bd. 16 der Bibliothek des Liter. Vereines), S. 232, n. 113. 
Anfang: 

‚Denudata veritata 

Suceintaque brevitata‘ 
XI Strophen, I—IX zu 6 Zeilen, XI hat 9 Zeilen (letzte: 
‚valde necessaria), ob 1—9 aus einer ХП. Str.? Z. 1245 
und 3 6 reimen.  Ungleiches darf nicht vermischt werden. 
Selbach charakterisiert dieses Gedicht durch derbe Lebhaftig- 
keit und Mangel der biblischen Gelehrsamkeit des Verfassers 
von n. 150. In der Tat gehört es zu der profansten ‚Potatoria‘. 

131°. Disputatio Vini et Aquae, in Schmeller, Carmina 

Burana (Bd. 16? der Bibliothek des Liter. Vereines in Stuttgart), 
Tübingen 1847, p. 35, n. 232, und bei du Méril, Poésies popu 
laires latines, Paris 1839, p. 503 (Novati l. c. p. 52, n. 4). 

C: Französische Bearbeitungen. 

132. Le Débat du Vin et de leau (l'eau oder ГКапе), 
wovon Brunet, Manuel II, 55/6 ed. 1861 zuerst drei Ausgaben 
genauer beschreibt: (1.) s. a., klein 4°, got., 8 nicht gezählte 
Bl. (Lyon, Monrachal et Chauffard, Ende 15. Jahrhundert). — 
(2.) (Paris) klein 4°, 6 Bl, Druckerzeichen des Michel le Noir 
Verse zu 8 Silben; zuletzt Akrostichon (s. unten). — (3.) s.l. 
e. а., 49, got, Guill. Tavernier. Dann folgen fünf andere Aus 
gaben, ebenfalls unediert. Die Ortsangabe bei Brunet in Paran- 
these ergibt sich aus dem Drucker oder dessen Zeichen: 
1. Lyon 5 Bl 49; 2.) got, kl. 89; 3.) kl. 89, 16 Bl, Holz 
schnitt: ein Mann spricht mit einer Frau. — (4.) auf dem Titel 
ein Holzsehnitt: Christus und vier Personen an einer Tafel 
— (5.) 89, 8 Bl. (Jean Chamey um 1530). Anatole de Montaiglon, 
Recueil de poésies frangoises (so) du ХУ" et ХУГ siècle, Paris, 
1556, IV, 103 beschreibt die von ihm gesehenen, worunter 2 got. 
in 4? die bei Brunet fehlen. Die beste Ed. ist (6.) Le Débat etc. 


1 


Raugstreit-Literatur 1: 


Voran Holzschnitt, Männer an einer Tafel, 8 Bl. zu 24 Versen 
(2 Strophen), zuletzt: ‚су fine le debat etc.‘ — Eine got. in 4°, 
6 Bl. zu 32 Zeilen; Tit. Le debat du vin et de l’Eau, mit der 
unbekannten Druckermarke M. H., wovon das Faksimile bei 
Brunet (ältere Ed. I, 32) — (7) got. 49, 6 Bl, das Zeichen 
des Масе Penthoul, zuletzt ,Cy fine .. nouvellement imprimé 
par Guill. Tavernier, libraire, demeurant à Provins; elender 
Text. — Eine der ülteren Ausgaben, vielleicht die des Michel 
Le Noir іп 49, 6 Bl, ist wieder abgedruckt (von de Bock) 
hinter Les Débats de deux Demoiselles. Paris, Didot, 
1825, p. 128—42; (Text 131) — dann Noten bis 147. 

Brunet gibt 316 Verse an; Montaiglon ediert p. 108--21: 
‚Le Débat du Vin et de l'Eaue. [Par Pierre Janec.]'; mit An- 
merkungen, Anfang in Ed. 1825: ,Ung soir (bei Mont.: Ung 
jour, tout) seullet me suppoye‘; die Verse sind nicht gezählt 
(nach p. 104 nur 312), 26 Strophen von 12 Zeilen, worin nur 
zwei Reime, nämlich Z. 12459 12 und die übrigen.! Zwischen 
Wein und Wasser redet der ,Acteur' (Autor), dessen Akrostichon 
die letzte Strophe bildet. Das Wasser beruft sich auf Sapience 
(Salomo's, das Apokryph) sonst ist von Bibelkunde nicht die 
Rede, aber von allerlei weltlichen Angelegenheiten, scheint also 
kaum eine Klosterfrucht. 

133. La Desputoison (sic) du Vin et de l'Jaue (sic), (etwa 
aus dem 13. Jahrh.), Anfang: ‚Je fui l'autrier à une feste‘; zuerst 
her. v. Achille Jubinal, Nouveau Recueil de Contes ete. vol. I, 
Paris 1839, und daraus bei Th. Wright l. c. p. 299—300 in 
Doppelkolumnen, also sehr lang, aber ohne Strophenbau: je 2 
aufeinander folgende (kurze) Zeilen reimen. Das Wasser spielt 
hier eine sehr ungeordnete Rolle, durch kurze Zwischenbe- 
merkungen; es sind vielmehr die Weine verschiedener Orte, 
welche um den Vorrang streiten und zuletzt sich einigen (p. 306 
vorl. Z. ‚Plus s'entr'aimerent que devant). Amador de los Rios 
(Hist. erit. de la letterat. esp. IV, 1863, p. 166). Montaiglon (l. c. 
р. 105 note) zitiert Jubinal, Nouveaux fabliaux I, 203—311, wie 
schon Littré, Hist. Litt. de la France XXIII, 297.* 


! In Ed. 1825 ist im Akrost. (Z. 209) qui vouldra savoir mon nom um- 
zustellen mon nom savoir. 

2 Der Streit zwischen Wasser und Wein wird in Frankreich noch jetzt 
volkstümlich gesungen; Romania 1877, VI, 594 bei d'Ancona VI, 596. 


16 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


D: Spanisch. 

134. (Etwa 17. Jahrh.) nach einem undatierten Druck, 
wahrscheinlich früh im 18. Jahrhundert, bei Th. Wright (Lat. 
poems р. 306--10 in 2 Spalten: ‚Nuevo у curioso romance, en 
que se refiere el pleyto y publico desafio que tuvo el Agua 
con el Vino para saber qual de los dos era de mayor utilidad 
e provecho.‘ Die Verse sind nicht gezählt, auch gar nicht ge- 
reimt, die Zeilen kurz; Anfang: 

‚En tiempo del Rey Pevico 
Anno de Marie castana.‘ 
Zur Zeit des Don Quixote und Sancho Panza streiten Wein und 
Wasser; Ritter und Knecht entscheiden zu Gunsten des Wassers, 
‚X el poeta pide ä todos 
Los de la opinion contraria‘. 

E: Italienisch. 

135. ‚Disputatione del Vino e dell’ Acqua‘ findet sich, wie 
es scheint, in mehreren älteren Ausgaben: Novati p.54 zitiert C.de 
Batines, Bibliografia delle saere Rappresentazioni [Firenza 1852] 
р. 80,1 und d'Ancona, Origine del Teatro italiano [Firenze 1871] 
II, 37. Er erwähnt eine seltene Ausg. Firenze 1568 in Wolfen- 
büttel, naeh Milehsack und d'Ancona (Descrizione ragion. ecc. 
Bologna 1882). Titel: ,Nobilissima Historia della Disputatione 
del Vino e dell’ Acqua, cosa bellissima da ridere‘, 41 Vierzeilen. 

136. Novati (p. 55) besitzt eine Rezension in lombardischem 
Dialekt, betitelt: ,Noeuo Dialog (so) tra l'Acqua el Vin che 
per divertir fà '| bosin‘, Milano, Tumburini, s. a. Die ein- 
leitenden Verse, welche N. mitteilt, beginnen: Gent d’ogni 
razza e d'ogni tast. Es reimen stets zwei aufeinanderfolgende 
Zeilen. Die Streitenden schließen und schwören ewige Freund- 
schaft: ,Massem tra i pint, mezz e boccad‘. Ist hier vielleicht 
eine Satyre auf die Fälschung des Weines, namentlich in Gast- 
häusern (pint ist englisch, es gilt auch !/,) zu suchen? Ein voll- 
stándiger Abdruck dieses Gedichtes liegt mir leider nicht vor. 

F: Deutsch. 

136." Hans Sachs. Ein Kampfgesprüch zwischen Wasser 
und Weyn, zuletzt: Gedruckt zu Nürnberg durch Hermann 


' Dort wird folgende Ausgabe angegeben: Historia della disputatione del 
Vino et dell'aequa .. . composto. Firenze 1550, 4° mit Figuren. 


Rangstreit-Literatur. 7 7 


Hansing, s. а. (um 1536, 6 unpag. ВІ.). Die Disputanten sind 
Baechus und Neptun. Anfang: 

‚Vor Jaren als in Wesslandt 

Zu Genua der Statt genant‘. 
(6 unpag. Bl. kl. 4°) S. 842 Ed. 1612; datiert 2. Januar 1536. 


136.° Folgenden Titel entnehme ich Heyse, Bücherschatz 
(Berlin 1854, S. U, n. 1124): Vier schöne geistliche Lieder, 
Straßburg 1630 (4 BI). Das 4. ‚Wie der Wein und das Wasser 
miteinander streiten* usw. Anfang: ,Ein neyes Lied wir singen 
hir‘ (so). Leider gehört dieses Stück nicht zu denjenigen, welche 
die k. Bibliothek aus jener seltenen Sammlung gekauft hat. 


136.° La Bataille des Vins, par Henri d'Andeli, in der 
Sammlung: Fabliaux et Contes, ed. v. Barbazan, dann von 
Méon, Paris 1808, I, 152—8 (vgl. Littré in Hist. Litt. de la 
France XXIII, 227), 104 Zeilen, in Reimpaaren, Anfang: 

‚Volez oir une grant (sic) fable, 
Qu'il avint l'autrier sus la table 2 
Au bon Roi qui at non Phelippe‘. 
Ende: ‚Prenons tel vin que Dieu nous done‘. Hier streiten 
die Weine verschiedener Länder. 

Weinstock, s. Zuckerrohr. 

Weisheit, s. Reichtum. 

136.1 (Weisheit und Torheit). Die enge Verwandtschaft 
der italienischen Contrasti mit und ihr Übergang zu dem Drama, 
namentlich dem allegorischen, ist in der oben einleitend ange- 
gebenen Literatur anerkannt, von d’Ancona hervorgehoben. 
Eine in vielfacher Beziehung interessante Illustration bietet 
eine hebräische Broschüre aus später Zeit. Simcha (auch 
Simon) Calimani, Rabbiner in Venedig, hebräischer Poet, der 
seiner hebräischen Grammatik in italienischer Sprache einen 
Anhang über Poesie hinzufügte (1315), auch sonst Schriftsteller 
in italienischer Sprache (Monatsschr. für Gesch. u. Wiss. des 
Judentums 1899, S. 507), verfaßte auf Veranlassung einer 
Hochzeit ein allegorisches hebräisches Drama betitelt oppe бр 
nanm mx ox, Stimmen des Simcha (der Freude) oder Disput 


1 Delitzsch, Zur Gesch. d. jüd. Poesie vermerkt: Zur Bibelübersetzung 
1751. 


18 IV, Abhandlung: Steinschneider. 


(oder Sieg) der Weisheit, unter welcher verschiedene Personifi 
kationen auftreten. Eine Notiz über diese in Venedig 1734 
gedruckte Broschüre, die mir leider unzugänglich ist, gibt 
S. D. Lazzatto (“xm ms, mit lateinischen Titel: Bibliotheca ete., 
Leopoli 1847, f. 60).! Letzterer weist auf ein ähnliches oft ge- 
drucktes Hochzeitsgedicht (nban nmw) des berühmten Dichters 
Moses Chajjim Luzzatto (gest. 1747) hin, von welchem hier nur 
hervorzuheben ist, daß er darin, und noch mehr in einem 
anderen Hochzeitsgedicht, welches mit Prolegomena von Franz 
Delitzsch (Leipzig 1837) erschien, viele Gedanken dem Pastor 
fido des Guarini entlehnt.? 

Die Juden Italiens, die ältesten in Europa, nahmen in 
Literatur und Kultur eine ganz eigentümliche Stellung ein, 
die ich anderswo (Monatsschrift f. Gesch. u. Wiss. d. Jud. XLII, 
1898, S. 116 ff. im Art. Ital. Lit. d. Juden) kurz erörtert habe,’ 
und auch hier nur mit Rücksicht auf unser Thema besprechen 
kann, nämlich insofern ihre Literatur zu Schlüssen auf die 
Geschichte der Contrasti berechtige. 

Wenn die Juden unter der Herrschaft des Islam ihren 
Tribut zahlten, so waren sie in ihrem Privatleben unbelästigt, 
in ihrem Wohnsitz unbeschränkt, zu den Vorlesungen der 
Muslimen über profane Wissenschaften zugelassen; in der 
Polemik von Zeloten findet sich nichts von ritualem Mord, 
Brunnenvergiftung; an eine wirkliche Kreuzigung glaubten 
sie selbst nicht. Persönliche Fähigkeit führte zu sehr hohen 
Stellen, medizinische Vorträge fanden muslimische Schüler. 
Unter solchen, nicht stets ungetrübten Verhältnissen entstand 
eine ‚arabische Literatur der Juden‘.* 

Aus Italien stammt der Ausdruck ‚Ghetto‘ (aus Borghetto) 
für einen verrammelten Stadtteil, den engen Wohnplatz der 
Juden; in der Republik Venedig verbrannte man 1554 den 
Talmud und Tausende von hebräischen Büchern und Hand- 


سم 


Ein gemeines handschriftliches Plagiat beging ein unbekannter Ahron 
in Wien 1802; s. Hebr. Bibliogr. H, 1872, S. 65. 

з Almanzi in der hebr. Sammelschrift Kerem Chened ПІ, Prag 1835, 
S. 132 Anm. 

Polemische und apologetische Literatur in arab. Sprache, von M. Stein- 
schneider, Leipzig 1877. 

Zusammengestellt von M. Steinschneider, Frankfurt a. M. 1902. 


Kangstreit-Literatur. 79 


schriften; italienische Zensoren und Inquisitoren verunstalteten 
hebräische Quellen wegen angeblicher Verletzung des katholi- 
schen Glaubens, teils aus Unkenntnis, worüber komische Anek. 
doten kursieren. Aber in keinem christlichen Lande haben die 
Juden sich ihren Landesgenossen, von denen sie sich schon 
äußerlich wenig unterschieden, so sehr genähert in Sprache! 
und deren literarischem Gebrauche, ausgenommen eine gewisse 
Obszönität,? in Sitten und Gebräuchen in Verbindung mit per- 
sönlichem Verkehr.? 

Seit dem 17. Jahrhundert mehren sich die hebräischen 
Gelegenheitsgedichte, hauptsächlich als Elegien (лур) auf den 
Tod von hervorragenden oder bekannten Persönlichkeiten und 
Gratulationen zu Hochzeiten, welche im 18. Jahrhundert die 
typische Form eines Rätsels (ттл) annehmen, die wir allerdings 
schon bei dem oben genannten М. Ch. Luzzatto antreffen; dafür 
findet sich auch Form des Rätsels (mm? rx),* z. B. bei Elia 
Levi b. Rafael Salomo, welcher (1766—91) eine Reihe von 
Gelegenheitsgedichten verfaßte, welche die k. Bibliothek zufällig 
erworben hat. Diese mitunter witzigen und eleganten ,Moment- 
bilder‘, meistens auf einem Folioblatt gedruckt, sind selten über 
den engen Kreis der Familie hinausgetragen und wohl nur von 
wenigen Gelehrten Italiens gesammelt worden, obwohl sie für 


! Auch der Gebrauch des Lateinischen kommt hier in Betracht. Jehuda, 
genannt Messar Leon (16. Jahrh.), studiert und verwendet wohl zuerst 
klassische Literatur, wie im Art. Leon (Ersch u. Gruber II, Bd. 43, 
8. 119, Kol. 1) hervorgehoben ist. Isak Husik (Juda M. Luons Commen- 
{агу on the Octus Logica, Leyden 1906, p. 5) fügt hinzu: ‚as well as 
mediaevel‘; allein letztere hat schon im 14. Jahrhundert Jehuda aus 
Rom, der Vetter Immanuels durch hebräische Übersetzungen vertreten: 
s. Monatsbl. f. Gesch. und Wiss. des Jud. 1898, S. 262 in einem Ar- 
tikel über das Lateinische bei den italienischen Juden. 

* Vgl. oben. 

Unter italienischen Juden finden sich Raufbolde, Tanzmeister und Tanz- 

lehrer (Zeitschr. für hebr. Bibl. 1905, S. 188), Musiker, Komponisten 

und Schauspieler (Rivista Isr. 1906, S. 28). 

Über Rätsel wurde ich von einem italienischen Literaturkenner auf 

Pilré, Bibliografia delle tradizioni popul. d'Italia, Palermo 1894, p. 168 ff. 

verwiesen. — In Deutschland wären Polterabend- und Hochzeitsgedichte 


- 


zu vergleichen, 8. unter anderen Prof. Snebarau, Die Entstehung von 
Reuters Läuschen, im Jahrb. d. Vereins f. niederd. Sprachf. Norden u. 
Leipzig 1903, 8. 16. 


80 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


Geschichte und Literatur mitunter die einzige gewissermaßen 
dokumentierte Quelle bilden. Kein mir bekannter Katalog bot 
bis zum Ablauf des 19. Jahrhunderts eine nennenswerte Anzahl 
Stücke dieser Gattung, die sich wohl nicht ohne allen Einfluß 
der noch heute bestehenden Landessitte gebildet hat. Die jüdische 
Buchhandlung L. Schwager in Husiatyn (Galizien) veröffentlichte 
seit wenigen Jahren 10 Kataloge, worin eine beachtenswerte Zahl 
der geschilderten Pamphlete, offenbar von einem Besitzer in Ita- 
lien herrührend, verzeichnet sind. Ein näheres Eingehen wäre 
ein weiterer Ausläufer eines Exkurses, welcher die Rezeptivität 
der italienischen Juden im Allgemeinen exemplifizieren soll. 

Vom Einfluß des italienischen Karnevals, der eine eigene 
Literatur hervorgerufen hat, ist bereits die Rede gewesen. Eine 
Parodie des Talmuds in Form eines ,Traktats Purim‘ wurde 
verfaßt von Kalonymos b. Kalonymos (auch Calo genannt), aus 
Arles (Provence), der im Auftrage Roberts von Anjou arabische 
Philosophie ins Lateinische übersetzte, und (1507—1520) in 
Pesaro mit ähnlichen Sachen gedruckt, aber von frommen Juden, 
denen eine solche Lektüre sündhaft erschien, aufgekauft und 
vernichtet, so daß jene Ausgabe zur Seltenheit gehört. 

Das alte und unsterbliche Thema, welches in unserer 
praktischen Zeit die Form der ‚Frauenfrage‘ angenommen hat, 
die Ansicht von der Minderwertigkeit des Frauengeschlechtes, 
ist uns oben (n. 67 ff. 87°) in der Form von Disputationen ent- 
gegengetreten. In Italien wurde im 15. und 16. Jahrhundert 
darüber in hebräischer und italienischer Sprache polemisch 
und apologetisch gedichtet (Zur Frauenliteratur, im Letterbode 
XII, 1836/1, S. 49—95 und Sonderabdruck in 50 Exemplaren, 
Monatsschr. f. Gesch. u. W. der Juden 1898, S. 471, wo die An- 
regung auf Boccaccio zurückgeführt wird). 

Immanuel b. Salomo aus Rom, wahrscheinlich ein Freund 
Dantes, verfaßte Makamen, deren Lektüre wegen der darin 
vorkommenden Frivolitäten (Ausschreitungen des Witzes) in 
dem jetzt faßt unter allen frommen Juden geltenden Gesetzbuch 
des Josef Caro verboten wird. Die letzte Makame ist eine 
deutliche Nachahmung der Divina Comedia Dantes. Die 





! Robert von Anjou und sein Verhältnis zu einigen gelehrten Juden 
(Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Jud. Bd. 48. Breslau 1904, S. 713--17). 


Rangstreit-Literatur, 81 


Rivista Israel, Bd. II und III (Firenze 1905/6) enthält einen 
ausführlichen Artikel: ,L'elemento italiano nelle Mechabberot* 
(so heißen die Makamen Immanuels) von Umberto Cassuto. 
Die dort erörterten Einzelheiten philologischer Art interessieren 
uns nur, insoweit sie einen Einfluß des Italienischen selbst auf 
den Hebraismus Immanuels dartun. Näher berührt uns die 
vor 70 Jahren von Delitzsch (zur Gesch. d. jüd. Poesie S. 144) 
hervorgehobene Tatsache, das faßt gleichzeitig mit der kan: 
führung des Sonetts in die italienische Sprache Immanuel 
dasselbe in die hebräische verpflanzte.! Von Bedeutung ist es, 
daß Immanuel im IX. Kap. (S. 85 Ed. Berlin) ein ‚christliches‘ 
Gedicht zu übertreffen sich rühmt, wozu Cassuto II, 161 eine 
italienische Parallele anführte aus einer Klasse, die man als 
Vanta (Prahlerei) bezeichnet; die Existenz einer solchen erklürt 
vielleicht die in der jüdischen Literatur hóchst seltene (vgl. oben), 
bei Immanuel so grell hervortretende Selbstberüucherung. Hier 
interessiert uns hauptsächlich seine Stellung zu Wettgedichten, 
insbesondere zu den fingierten Contrasti. 

Michael Sachs (die religiöse Poesie der Juden in Spanien, 
Berlin 1845, 8. 21—31) vergleicht die Schilderungen Charisis, 
(der in der Provence sich aufhielt) von früheren und gleich- 
zeitigen Dichtern (Tachkemoni K. 3, 18 und K. 14) mit den 
gleichzeitigen des Mönches von Montodon,? und Immanuel (s. 
unten) denen des Raimons von Miraval.® Eine kurze Übersicht 
der hier in Betracht kommenden Stücke Immanuels beleuchtet 
das Verhältnis des letzteren zu seinem ein Jahrhundert älteren 
Muster und zugleich Rivalen Charisi. 

Immanuel fand in Fermo einen ungenannten Mäzen, den 
er als ‚Fürst‘ auch in Dialogen und als Rivalen einführt. In 
K. 2 reimt dieser zum Lobe der häßlichen Beria, Immanuel 


1 Vgl. L. Dukes, Zur Kenntnis der neuhebr. relig. Poesie, Frankfurt a. M. 
1842, S. 134; Litbl. d. Or. I, 61; Steinschneider, Manna, Berlin 1847, 
S. 111 (wo auch Analogien der altitalienischen Novelle); Cassuto, 
1. с. IT, 30 f£, verbreitet sich über das Metrum, welches mehrfach ver- 
kannt ist. — Seine Satire gegen die Frauen ist in deutscher prosaischer 
Übersetzung von C. Siegfried abgedruckt in ,Die jüd. Literatur* Bd. III 
Trier 1896, S. 196. 

з Über ihn siehe oben unter Reiche n. 89». 

3 Meine Bemerkung in Manna 8.95 (vgl. Litbl. IV, 60) geht nicht auf 
die Verschiedenheit des Stoffes der ,Wettgedichte' ein. 

Sitzungsber. d. phil.-hist. КІ. 155. Hd. 4. Abh. 6 


82 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


verherrlicht die schöne Tamar, d.h. ihren mächtigen Eindruck, 
selbst auf den Satan. Das Publikum des Wettkampfes applaudiert 
beiden und dieser Beifall, der ja eigentlich nur dem Verfasser 
gilt, ist der stets angestrebte Lohn des Dichters. Nur eine 
Probe dieser ‚Wechselxenien‘, übersetzt von Livius Fürst, teilt 
A. Sulzbach mit in ‚die jüdische Literatur‘, her. v. J. Winter 
u. Aug. Wünsche, Bd. 3, Trier 1896, S. 198. 

Im 5. Kap. (S. 46) ist es am Purim, wo er mit dem Mázen 
um die Wette dichtet, der eine spricht einen Satz, der andere 
antwortet mit einem Reim, zuerst ohne bestimmtes Thema, dann 
kommt ein Kontrast: Liebe und Haß; dann aber Antworten 
über dasselbe Thema, zuletzt aus 26 Doppelreden über Neid be- 
stehend. Das Publikum bezeichnet die vernommenen Worte 
als ,prophetische*. 

Im 6. Kapitel antwortet der Verfasser die Fragen eines 
Ungenannten mit einer auf die Frage reimenden Bibelstelle 
(gibt es dafür ein niehthebrüisches Muster?) Eine deutsche 
Übersetzung des Kap. jedoch mit Auswahl der Fragen (einige 
sind obszün) gab ich in ‚Manna‘ (Berlin 1847) S. 13ff. 

K. 9 (S.82) ist für unsere Untersuchung von Interesse. 
Der Müzen fragt ihn, ob er die Gedichte des Jehuda Charisi 
kenne, worauf Immanuel denselben als den ‚einzigen Sänger 
der Zeit‘ preist. Darauf fragt jener nach dem Gedicht über die 
Monate. Immanuel antwortet, er habe viel dergleichen verfafit, 
was sich im Vergleich mit jenem nicht schämen dürfe, und teilt 
ein Gedicht darüber mit, worin aber nicht die Monate selbst 
sprechen wie bei Charisi, also kein eigentliches Wettgedicht. 

Im 10. Kapitel wechselt der Verfasser mit dem Mäzen in 
gereimten Aphorismen ab, welche Weisheit und Sittlichkeit 
betreffen. 

Versucht man also, die eigentümlichen Züge im Poeten Im- 
тапиеї? mit Bezug auf die Kontraste zu fixieren, so ergibt 
sich, daß das eigentliche, an die dramatische Form streifende 


1 Derselbe Band enthält S. 193—95 eine allgemeine Charakteristik: ‚Imma- 
nuel b. Salomo Romi‘; im allgemeinen Register S. 913 wird er als Imm. 
v. Romi unterschieden vom folgenden Imm. b. Salomo. 

? Sie sind ausführlich besprochen in der Skizze, welche aus ,Litbl. d. Or. 
ТУ, 57 f.‘ jetzt mit Zusätzen im I. Bd. meiner gesammelten Schriften 
abgedruckt ist. 


Rapgstreit-Literatur. 83 


Streitgedicht in Immanuels vielfachen Nachahmungen kaum 
vertreten ist, wie man es 100 Jahre nach Charisi auch in 
Italien erwarten möchte, wenn es dort bereits Mode geworden 
wäre. Immanuel überbietet sich in einemfort mit Kontrasten, 
vielmehr in Parallelen, die auf eine hinauslaufen, Lob anderer 
und um so größeres Eigenlob. 

136.° Der Streit des Weizens mit dem Golde, neuara- 
mäisch, in Prosa bei M. Lidzbarski, Geschichten und Lieder 
aus den neuaram. Handschr. der K. Bibliothek, Weimar 1896, 
S. 304, versifiziert von Aug. Wünsche, die Pflanzenfabel in der 
Weltliteratur, Leipzig und Wien 1905, S. 11.1 

Widow, s. Wife, Woman. 

137. A dialogue between a Wife, a Widow and a Maid, 
von Sir John Davis, gedruckt in ‚The poetical Rhapsody‘ (wo?) 
1611; Ethe, S.58, n. 21. 

Winde, в. Platane. 

138. Wine, Beere and Ale together by the eares, written 
first in Dutch‘ (Holländisch) by Gallobellicus, and faithfully 
translated by Mercurius Drittanicus for the benefit of his nation. 
London 1629; Prosa, endet mit einem Tanze, ,wherein the 
severall Natures of them all is figured and represented‘; Её, 
S. 58, n. 23. 

Winter, s. Jahreszeiten. 

139. A Dialogue of Wit and Folly, dramatisch darge- 
stellt, John vertritt das Leben des Weisen, James die Behag- 
lichkeit des Geistlichen; der Richter Jerome weist den Triumph 
des Geistes nach; Ethé, S. 57, n. 27, ohne Angabe eines Drucks 
oder Ms. 

140. А contention between three Brethern ... the W ho- 
remonger, the Drunkard and the Dice-Player, von "Thomas 
Salter, London 1580; von Ethé angeführt. 

Wolf, s. Vox. 





! Dieses Buch (184 S., von S. 10 ff. nur deutsche Literatur berück- 
sichtigend) konnte ich ausnutzen, ohne diese Abhandlung zum vierten 
Male zu ergänzen und die Zählung zu ändern. Vielleicht sammle ich die 
Streitgedichte später, welche in Pílanzenfabeln vorherrschen (Wünsche 
S. 144 und 184) mit der Tendenz, Bescheidenheit und Achtung vor dem 
wahren Wert einzuprägen. 

6* 


84 IV. Abhandlung: Steinschneider. 


141. Kampfgespräch zwischen Fraw Wollust und Fraw 
Ehr, von Hans Sachs, anfangend: ‚Als ich in meiner Jugend 
Ый (so)‘, datiert 25. Sept. 1549; Ausg. 1612, 5. 509—12. 


141*. Hans Sachs. Gesprech Fraw Ehr mit einem Jüng- 
ling, die Wollust betreffend, anfangend: ‚Da ich in meiner 
Jugend stand‘; datiert 9. Mai 1548; Ausg. 1612, S. 633—9. 
Dieses Gespräch verfolgt dieselbe Tendenz indirekt. Die Dis- 
putanten berufen sich auf griechische Philosophen. 

Woman, s. Man. 


141". The two married Women and the Widow, von 
Dunbar (in Remains?), Ethé S. 57, n. 9. 

Young man, s. Old man. 

Zühne, s. Zunge. 


142. Questione fra Zenare (Januar) e li altri mesi; 
ediert von Ed. Lidfords, Bologna 1872 (Scelta di curiosità, 
n. 121). Überschrift: ,La questione fra Ser Zenare et l'altri XI 
mesi‘. Anf.: ,Moresti da vantaggio‘. 202 Zeilen (Halbzeilen) zu 
Strophen von 8 Zeilen, wovon 2 4 6 8 reimen. Die moralische 
Anwendung ist: Wer etwas beginnt, bedenke das Ende. — 
Vgl. d'Ancona, Orig. р. 33, n. 1 (d. 1. Ausg.), 2/1, 561, n. 6 
verweist er auf seinen Artikel I mesi dell' anno im Archiv. delle 
tradizioni popol. II, 1883, p. 239, mir nicht zugünglich). — 
Lumini, р. 39, n. 2 zitiert Ad. Gaspary, St.[oria] della lette- 
ratura italiana trad. dal tedesco da Nicolo Zingarelli, Torino 
1887, I App. p. 430. — Francesco Corazzini, Componimenti 
minori nella letterat. popol. ital, Benevento 1877, р. 314-3 
gibt ein im Karneval in Benevent von 12 Personen gesungenes 
Gedicht über die 12 Monate, anfangend: D so[n] Ghiannaro е 
so[n] lu principale‘, zu 6 oder 8 Zeilen, wovon die letzten zwei 
reimen, die anderen abwechseln. 

Eine italienische Anweisung über die Beschüftigung in 
jedem Monat gibt Alf. Misla, Scritture, p. 189. 

143. Zion und der Feind, von Abraham ibn Esra, 8. 
oben n. 44 f. 

Zeulus, s. Maurus. 


144. Hans Sachs, Kampfgesprüch zwischen Zorn und 
Sanfftmütigkeit; anfangend: ‚Hört zu ein wunderliches wunder; 
datiert 1142; Ausg. 1612, S. 502—5 


Rangstreit-Literatur. 85 
145. Geschichte des Krieges zwischen Zuckerrohr und 
Weinstock, arabisch in ägyptischem Dialekt, Ms. Cambridge 
(у. J. 1468; Browne, Handlist р. 327, n. 1300, anfangend: 423, 
والعنب‎ „weil جرت بين‎ 
146. ,مناطرة زان ودهان‎ Streit zwischen Zunge und Mund 
(Zähnen), persisch Ms. Elliott coll, Ethé S. 74 teilt den An- 
fang mit. 


ANHANG. 
Zwei alte ‚Fabelbücher‘. 


Der Rangstreit personifiziert vorzugsweise zwei Dinge 
oder Begriffe; er streift an dramatisierte Logik, welche sich in 
Gegensätzen bewegt, namentlich in kontradiktorischen (pro 
und contra) der eigentlichen Unterlage jeder Erörterung oder 
‚Erwägung‘ (Vergleichung von gegeneinander wirkenden Waag- 
schalen) Es ist also nicht auffällig, daß die Form des 
Streites vorzugsweise zwischen zweien (Dialog) in den weitesten 
Kreisen nicht bloß der Poesie, sondern auch der Prosa be- 
liebt geworden. Im Grunde sind schon die Gespräche Platos 
über philosophische Begriffe, mehr als poetisch angehaucht, ein 
Übergang zur Streitform. Wenn meine Abhandlung in einer 
engeren Kreislinie sich begrenzte, so soll hier eine sehr nahe- 
liegende literarische eigentümliche Erscheinung besprochen 
werden. 

Die Tierfabel, welche Tiere sozusagen vermenschlicht, 
indem sie die Tiere in menschlicher Weise denken, sprechen 
und handeln läßt — gewissermaßen eine Umkehrung von Dar- 
vinismus — hat von jeher eine praktische Tendenz verfolgt. 
Die Tiere sollen den Menschen Weisheit lehren. Im Mittelalter 
entstand der sogenannte „‚Physiologus‘,! worin die wirkliche 
oder vermeintliche Beschaffenheit von Tieren zu moralischen 


1 Eine zu Anfang defekte weitere Ausführung bietet das latein. Ms. S. 194 
in Prag; Catal. Codd, latin. in Biblioth, Univers. auct, Jos. Truchlaf 
1905, p. 72. Vgl. auch daselbst п. 1517 f. 1—87: Breviloquia naturalia 
cum commentis fidei (Jacobi de Lausanna Moralitates rerum naturalium 
alphabetica digestae) und daselbst f. 88—99: Moralitates rerum. 


86 IV. Abbandlang: Steinschneider. 


Lehren führen sollte. Eine Verquiekung der Fabel- und Streit- 
literatur schuf zwei Schriften, welche Band 148 der ‚Bibliothek 
des literarischen Vereins in Stuttgart‘ (Tübingen 1880) bilden, 
mit folgendem Haupttitel: 

Die beiden ältesten lateinischen Fabelbücher des 
Mittelalters, des Bischofs Cyrillus Speculum sapientiae 
und des Nikolaus Pergamenus Dialogus creaturarum. 
Herausgegeben von Dr. J. G. Th. Graesse (309 S.). 
Auf diese Bücher hat schon Ethé S. 57 hingewiesen, in- 

sofern sich ühnliche Themata wie in den Streitgedichten finden. 
Die Kenntnis der neuen Ausgabe verdanke ich einer freund. 
lichen Mitteilung des Herrn Prof. Seelmann. Den „Erläuterungen 
(S. 283 ff.) entnehme ich nur wenige und sehr gekürzte Angaben 
über Autoren und frühere Drucke. 

Man hielt gewöhnlich Cyrillus für den Kirchenvater aus 
Alexandrien (gest. 444); das Speculum ist aber viel jünger; 
ein positives Resultat ergibt sich aus Grässes weitläufiger Be- 
sprechung aller Hypothesen nicht. Vielleicht ist hier der eigen 
tümliche Charakter mit in Anschlag zu bringen. Zwischen den 
verteidigten Begriffen (Tugenden, oder Dingen) und den Ver 
teidigern unter den Tieren ist nicht die geringste wirkliche 
oder erdachte Beziehung; die Tiere sind ganz willkürlich 
gewühlt (Grüsse S. 290), sind also im Grunde für den Streit 
noch weniger von Bedeutung als die Verfasser von Streiten; 
der Gegenstand nur ist dureh ein Tier vertreten und bleibt 
die Hauptsache für die Rangstreitschriften, wo er personifiziert 
sich selbst vertritt. Alte Mss. und Drucke haben 2 Register 
nach der Reihenfolge der Kapitel der IV Bücher (127, II 30, 
ПІ 27, IV 11), nämlich moralischen Lehrsatz und die redenden 
Tiere oder in wenigen Füllen personifizierte Gegenstände (z. B. 
de aqua, oleo etc. IV, б). Das 2. Register habe ich in alpha 
betische Ordnung gebracht, das Wörtchen de weggelassen, 
aber den Ablativ beibehalten. Zitate aus der Bibel A. und N. T. 
stellt Grüsse S. 204—6 zusammen. 

Das Speculum ist schon im 15. Jahrhundert mehrmals 
gedruckt, diese Ausgaben waren so früh selten geworden, dal 
der Jesuit Balthasar Corderius (Cordier) ein von ihm aufge 
fundenes Ms. für etwas Unbekanntes hielt und (1630) heraus 
gab (Gr. S. 292, Probe von Abweichungen S. 293). Zu dem Ver 


Rangstreit-Literatur. 87 


zeichnis der ältesten Ausgaben in Hains Repertorium, п. 5903 ff. 
fügt Gr. 8. 297 ff. allerlei hinzu. Auch deutsche Übersetzungen 
sind gedruckt (Gr. S. 299, vgl. S. 286 über Mss.); über eine 
spanische und bólimische s. Gr. S. 304. 

Den Charakter des Speculum in Tendenz und Form zeigt 
auch der Dialogus Creaturaram des Nicolaus Pergamenus, 
von welcher Grüsse p. 302 —8 handelt. 127 fortlaufende Kapitel 
behandeln alle möglichen konkreten und abstrakten Gegen- 
stinde im Rangstreit mit ihren Gegensätzen, welche die 1. Ta- 
bula p. 129, 135 nach der Reihenfolge des Buches aufzählt. — 
Dagegen vermißt man ein alphabetisches Verzeichnis, woraus 
sich die Identität mancher '"Themata mit Rangstreitgedichts- 
Gegenständen sofort ergibt und zur Vergleichung der Behand- 
lung einladet. Ich habe ein solches angelegt. 

Eine 2. Tabula р. 131--37 enthält ein alphabetisches 
Register der sich ergebenden Lehren nach dem Hauptgegen- 
stand geordnet, indem mitunter mehrere sich aus demselben 
Dialog ergeben. Der Anfang lautet: ‚Abstinentia longam et 
sanam vitam donat. 103“; Ende: Uxori cuidam a viro suo tria 
facienda proposita sunt 90°. 

Der Stil ist hier einfacher und klarer als im Speculum, 
der Ansopischen Fabel sich nähernd. Der belesene Verfasser 
zitiert Autoren bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts (Gr. p. 803). 
Die lateinische Übersetzung des Kalila we-Dimna! hat er nicht 
gekannt, wohl aber bietet er Berührungspunkte mit den be- 
kannten Fabel- und Erzühlungsschriften des Mittelalters. Für 
die Verwertung hat sich Grüsse ein Verdienst erworben durch 
ein Verzeichnis von Parallelen (p. 304—6) aus jener Literatur 
bis auf Lafontaine herab. 

Grüsse schließt (p. 306) mit einer ausführlichen und ge- 
nauen Angabe der vielen Ausgaben und Übersetzungen, 
worunter sehr alte (auch anonyme), jetzt selten gewordene, 
unter anderen in dem ersten überhaupt in Stockholm ge- 
druckten Buche. 





1 Aus dem Hebräischen ins Lateinische übersetzt von Johann von Capua 
(1262—78) unter dem Titel: Directorium vitae humanae; s. mein: Die 
hebr. Übersetzung, 8. 875. 


Sitzungsberichte n= 


der 


Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien 
Philosophisch- Historische Klasse. 


155. Band, 5. Abhandlung. 











Studien zur Geschichte 


altdeutschen Predigt. 


Von 


Anton E. Schönbach, 


wirkl, Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften, 


Achtes Stück: 


Über Leben, Bildung und Persónlichkeit Bertholds 
von Regensburg. II. 


Vorgelegt in der Sitzung am 10. Oktober 1906. 


Wien, 1907. 


In Kommission bei Alfred Hólder 


к, п, К. Hof- nnd Universitäts - Buchhändler 
Buchhándler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 


Detter, Ferdinand: Die Völuspa. 89. 1899. 1 К 30h — 1 M. 30 Pí. 

Dimand, Bernhard: Zur rumänischen Moduslehre. 4°. 1904. 
14 К 20 h — 14 M. 20 FF. 

Grienberger, Theodor v.: Untersuchungen zur gotischen Wort- 


kunde. 8°. 1900. o K 80h — 5 M. 80 Pf. 
Heinzel Richard: Abhandlungen zum altdeutschen Drama. & 
1896. 2 K 60 h — 2 M. 60 Pi. 


Herzog, Eugen: Untersuchungen zu Macé de la Charité's alt- 
französischer Uebersetzung des Alten Testamentes. 89, 1900. 
1 K 80 h — 1 M. 80 Pf. 
Kelle, Johann v.: Ueber Honorius Augustodunensis und d 
Elucidarium sive Dialogus de summa totius christian 
theologiae. 8°. 1901. 40 h — 40 
— Ueber ein in Wallerstein aufgefundenes Bruchstück de: 
Notkerschen Psalmenübersetzung. 8°. 1901. 30 h — 30 Р. 
- Untersuchungen über das speculum ecclesiae des Honorius 
und die libri deflorationum des Abtes Werner. 8°. 1907. 
1К — IM 
— Untersuchungen über das Offendiculum des Honorius, 
sein Verhältnis zu dem gleichfalls einem Honorius zu- 
geschriebenen Eucharistion und Elucidarius sowie zu den 
deutschen Gedichten Gehugde und Pfaffenleben. 5°. 1904. 
1 K 10 h — 1 M. 10 Pf. 
— Untersuchungen über des Honorius Ineuitabile siue de 
praedestinatione et libero arbitrio dialogus. 3°. 1905. 
90 h — 90 Рі. 
Maddalena, E.: Uno scenario inedito. 89, 1901. 60 h — 60 Рі 
Meyer-Lübke, Wilhelm: Die Betonung im Gallischen. 8°. 1901. 
1 K 60h — 1 M. 60 Рі. 
- Zur Kenntniss des Altlogudoresischen. 89. 1902. 
1 K 10 h — 1 M. 70 Pf 
- Romanische Namenstudien. I. Die altportugiesischen Per 
sonennamen germanischen Ursprungs. 80, 1905. 
2 K 40 h — 2 M. 40 Pi. 
Mussafia, A.: Zur Kritik und Interpretation romanischer Texte. 
Fünfter Beitrag. 89. 1901. 10 h — 70 Pi. 
-- — Sechster Beitrag. 8°. 1902. 1 K 50h — 1 M. 50 Pi. 
— Per la bibliografia dei Cancioneros spagnuoli. 4°. 1900. 
1 K 60 h — 1 M. 60 P. 


V. Abh.: Schönbach, Studien zur Geschichte der altdentschen Predigt, VIII. 1 


Ys 


Studien zur Geschichte der altdeutsehen Predigt. 


Yon 


Anton E. Schónbach, 


wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften. 


Achtes Stück: 


Über Leben, Bildung und Persönlichkeit Bertholds von 
Regensburg. II. 





(Vorgelegt in der Sitzung am 10. Oktober 1906.) 





Vorbemerkung. 


Das vorliegende Heft schließt meine Beschäftigung mit 
den Predigten Bertholds von Regensburg ab, die sich über 
beinahe dreißig Jahre hin erstreckt hat. Es wird zuerst das 
Verhültnis von Bertholds Wissen über die Natur zu dem Werke 
De proprietatibus rerum seines Lehrers Bartholomaeus Anglicus 
erórtert, wornach darauf verzichtet werden darf, ein Weltbild 
aus Bertholds Äußerungen zusammenzusetzen. Hingegen wird 
mit seinen Worten dargestellt, was er Wichtiges und Lehr- 
reiches, für sich selbst und seine Zeit Bezeichnendes, über 
die Menschen und ihr Gebaren zu berichten weiß. Darauf 
wird es unternommen, den Platz genau festzulegen, den Ber- 
thold in der Geschichte der altdeutschen Predigt behauptet. Es 
wird die Besonderheit seiner Predigtweise nach Komposition, 
Inhalt und Stil beschrieben und gezeigt, durch welche histo- 
rische Verhültnisse, Bedingungen und Einflüsse ihr Entstehen 
zu erklären ist. Daran fügt sich eine Schilderung der Persönlich- 
keit Bertholds von Regensburg, der Versuch einer Charakteristik. 

In einem Punkte erfüllt die Abhandlung ein früher von 
mir gegebenes Versprechen nicht: es fehlt die Untersuchung 


über das asketisch-mystische Werk: Der geistliche Baumgarten. 
Sitzungsber. d. phil.-bist. Kl. 155. Bd. 5. Abh, 1 


2 V. Abhandiung: Sohónbach. 


Die Arbeit geriet zu weitliufig, als daß sie diesem Hefte hätte 
angeschlossen werden können, und bleibt einer besonderen Pu- 
blikation vorbehalten, die demnächst ans Licht treten soll. 


Während der langen Jahre meines Beschäftigens mit den 
lateinischen Predigten Bertholds von Regensburg und mit den 
davon abhüngigen deutschen Texten, die seinen Namen bean 
spruchen, war es für mich immer eine Hauptschwierigkeit ge 
wesen, wie man sich vorzustellen habe, daß der große Volks- 
redner in den Besitz eines so erstaunlich umfassenden Wissens 
über die Welt und die Natur gelangt sei: aus allen ihren Ge- 
bieten bezieht er seine Beispiele, Bilder, Vergleiche, der ge 
stirnte Himmel, der Gang der Planeten, Tiere, Pflanzen und 
Báume, der Leib des Menschen, gesund oder krank, die Arten 
des Siechtums, die Arzneien dawider, all das bietet sich ihm 
anscheinend von selbst und ohne irgend welche Hemmung zur 
rhetorischen Ausbeutung dar. Nun ist ja gerade das dreizehnte 
Jahrhundert unverhältnismäßig reich an Menschen, die sich 
mit einer enzyklopüdischen Bildung ausgestattet hatten und 
darauf eine ausgedehnte Schriftstellerei errichteten, allein bei 
jedem von ihnen ist doch die Universalitit der Kenntnisse be- 
stimmten gelehrten, wissenschaftlichen Zwecken dienstbar ge- 
macht und ohne sonderliche Verbindung mit der Praxis des 
Lebens geblieben. Man braucht sich nur der bedeutendsten 
unter ihnen zu erinnern. Sie gehörten fast sämtlich den beiden 
Mendikantenorden, den Minoriten und Dominikanern an, die 
in Wahrheit die Theologie und Wissenschaft dieses merkwür- 
digen Zeitalters erhoben und beinahe allein auf ihren Schultern 
getragen haben. Der kenntnisreichsten einer war gewiß Vinzenz 
von Beauvais, der aber ausschließlich den Studien lebte und 
darin sich durch eine beschränkte Tätigkeit als Lehrer und 
königlicher Rat wenig stören ließ: seine Lebensarbeit als Heraus- 
geber des Speculum majus läßt sich am ehesten mit der heut. 
gen eines Generalredaktors bei einem großen Konversations- 
lexikon (etwa auch mit der Noah Websters) vergleichen, der 
die Übersicht des Ganzen besitzen, die Herstellung der Artikel 
leiten und überwachen, auch für Fehlendes selbst einspringen 
muß. Albert der Große sah sich in seiner außerordentlichen 


Studien zur Geschichte der altdeutachen Predigt. VII. 3 


Wirksamkeit als Forscher und Darsteller stets durch die An- 
forderungen der Welt gehindert, sein bischöfliches Amt fand 
er mit seinen Studien unvereinbar. Roger Bacon war nur Ge- 
lehrter, kann kaum Lehrer genannt werden, und entfaltete 
seine geniale Begabung im Beobachten, Untersuchen, fast nur 
zufällig in Aufzeichnungen (mit der Drucklegung seiner unver- 
öffentlichten Schriften beginnt eben jetzt Robert Steele: Opera 
hactenus inedita Rogeri Baconi, Казс. I. London, Moring 1906). 
Auch die großen Theologen des dreizehnten Jahrhunderts, 
Thomas von Aquino, Bonaventura, Alexander von Hales und 
einzelne Pariser Professoren, haben jedem Wirken in der Welt, 
anders denn vom Lehrstuhl aus, entsagt und dadurch allein 
auch ein ausgedehntes Wissen über Natur und Geschichte in 
den Dienst ihrer Bestrebungen zu stellen vermocht. 

Selbst der Schöpfer und wichtigste Förderer des Betriebes 
der Wissenschaften in England, Robert Grosseteste, Bischof 
von Lincoln, sah sich außerstande, für längere Zeit in Studien 
und politisch-pastoralem Wirken zu verweilen: zeitweilig gab 
er das eine zugunsten des anderen auf. Und allen diesen 
Fällen gegenüber wäre Berthold von Regensburg als eine 
staunenswerte Ausnahme aufzufassen: er hätte nach dem Zeug- 
nis der auf ihn zurückgehenden Überlieferung es verstanden, 
ein wirklich enzyklopädisches Wissen sich zu erwerben und es 
während eines durch Jahrzehnte mit größter Energie und glän- 
zendstem Erfolg betriebenen Wirkens als Prediger und Beich- 
tiger, verbunden mit noch sonst mannigfacher praktischer Be- 
tätigung, solche Kenntnis zu erhalten und zu mehren. Das 
dünkte mich schier unbegreiflich und die Notwendigkeit, dieses 
Rätsel aufzuklären, hat mich geraume Zeit in meinen Arbeiten 
über Berthold aufgehalten und den Abschluß meiner Unter- 
suchungen hinausgeschoben. Heute freilich stellt sich mir die 
Sache um vieles einfacher dar, als ich früher hatte glauben 
müssen. Es hat sich gezeigt und ist im siebenten Hefte dieser 
Studien dargelegt worden, daß Berthold von Regensburg nach 
1230 zu Magdeburg den Unterricht eines ausgezeichneten En- 
zyklopädisten, des Bartholomaeus Anglicus, genossen hat und 
daß er dessen Werk De proprietatibus rerum vielleicht schon 
als Schüler, gewiß aber in der innerhalb des dritten Dezen- 


niums des 13. Jahrhunderts in Deutschland vollendeten Redak- 
1* 


4 V. Abhandlung: Schónbach. 


tion ausgiebigst gebraucht hat. Zunächst muß bei diesem be- 
deutenden Reallexikon noch einen Augenblick verweilt werden. 

Das Werk, über welches ich in den Mitteilungen des In- 
stituts für österreichische Geschichtsforschung 27 (1906), 54ff. 
einläßlicher gehandelt habe (das Buch von Robert Steele, B. A., 
Medieval Lore-London, Stock 1893 war mir bis zur Stunde 
unerreichbar), zerfällt in 19 Bücher. Das erste erörtert die 
philosophischen Grunddefinitionen im Sinne der modernen Scho- 
lastik und in stetem Bezug auf die Trinität und Christus. Das 
zweite handelt von den Eigenschaften der Engel, das dritte 
von denen der Seele, das vierte von denen des Leibes, dessen 
Glieder dann im fünften behandelt werden, die Lebensalter 
des Menschen im sechsten, die Krankheiten im siebenten. Da- 
mit schließt der Teil des Werkes, der sich mit dem Menschen 
selbst befaßt; die übrigen Bücher sind einer wissenschaftlichen 
Beschreibung der Welt gewidmet; 8: über die Welt und die 
himmlischen Weltkörper; 9: über die Zeit und ihre Abschnitte; 
10: über Materie und Form; 11: über die Luft und ihre Be- 
wegungen; 12: über die Vögel im allgemeinen und beson- 
deren; 13: über das Wasser und seine Ausstattung (de ejus 
ornatu bezeichnet vielleicht nur das lange 26. Schlußkapitel 
über die Fische); 14: die Erde und ihre Teile; 15: die Länder 
der Erde; 16: die Edelsteine; 17: die Bäume; 18: die Tiere 
im allgemeinen und besonderen. Das umfangreiche 19. Buch 
versammelt gewissermaßen die Reste, die nach der Auftei- 
lung des Stoffes noch übriggeblieben waren. In den ersten 
fünfzig Kapiteln werden Farben (dabei eine Theorie ihrer Ent- 
stehung), Geruch und Geschmack behandelt, darauf folgen 26 
Kapitel über die Flüssigkeiten; von putredo, der Füulnis, wird 
ein kübner Übergang gefunden zu einer Art Exkurs in 37 Ka- 
piteln über die Eier der Vögel und Reptilien, darnach als Er- 
gänzung 18 Kapitel über Zahlen, Maße und Gewichte, endlich 
noch 15 Kapitel über Musik und musikalische Instrumente. 
Gemessen an den Enzyklopädien der Antike und ihren Nach- 
folgern im Mittelalter, besonders an Isidor von Sevilla, ist das 
Werk des Bartholomaeus Anglicus unvollstindig und das zu- 
sammengewürfelte 19. Buch kann keinen Ersatz bieten für die 
fehlende Behandlung der Künste. De proprietatibus rerum 
stellt eine Realenzyklopüdie dar, bei welcher der Naturkunde 


Stadien zur Geschichte der altdeutschen Predigt, VIII. 5 


ein starkes Übergewicht zufällt, die Geschichte der Menschen 
wird gar nicht berücksichtigt, obzwar historische Notizen genug 
mit aufgenommen sind. Durch diese Eigentümlichkeit wird 
auch die Stellung des Werkes in der Reihe der mittelalter- 
lichen Enzyklopädien zur Genüge gekennzeichnet (vgl. meine 
Abhandlung S. 65 #.). Der Verfasser ist von einem ganz 
praktischen Zwecke ausgegangen, er war ein englischer Minorit 
und wollte für seine Vorlesungen als Lektor an einem Ordens- 
studium, in größerem Maßstabe zu Paris, dann von 1230 ab 
in Magdeburg, behufs Erklärung der Realien der Heiligen 
Schrift, sich das erforderliche gelehrte Material zusammentragen. 
Das hat er mit großem Fleiß, mit Umsicht und Geschick ge- 
tan; er legt Isidor zugrunde, geht aber auch auf Plinius und 
Solin zurück, nutzt die Theologen aus, herauf bis zu den mo- 
dernen Meistern in Frankreich und England, und schöpft aus 
einer Menge medizinischer, naturwissenschaftlicher und philo- 
sophischer Schriftsteller, selbst unmittelbarer Zeitgenossen (die 
Namenliste, welche dem Wiegendrucke des Werkes beigefügt 
ward, ist ganz unvollständig und nennt manche wichtige und 
späte Autoren gar nicht). Das Bedeutendste an der Enzyklo- 
pädie des Bartholomaeus Anglieus ist, daß sie vollauf den 
Durchschnitt des modernen Wissens in der ersten Hälfte des 
13. Jahrhunderts darlegt. Die Masse des Materials aus der An- 
tike bildet den Grundstock, dieser wird aus Aristoteles ergänzt, 
und zwar mittelst der neuen, in Italien und England entstan- 
denen Übersetzungen, ferner mittelst der arabischen Kommen- 
tare und der Erläuterungen, z. B. von Robert Grosseteste. Die 
Araber spielen eine große Rolle: Algazel, Albumasar, Avicenna, 
Averroös werden häufig zitiert, die Ärzte Heli und Jorath, der 
Astrologe Miselat, Raschi usw. Solches Wissen entspricht durch- 
aus dem damaligen Stande der Studien in England. Denn dort- 
hin hatten die vornehmlich von Paris ausgehenden Bemühungen 
um erweiterte und vertiefte Kenntnis der Aristotelischen Schriften 
mit größtem Erfolge gewirkt und besonders Oxford war unter 
dem mächtigen Einfluß Robert Grossetestes, nachmals Bischofs 
von Lincoln, der größten und reichsten englischen Diözese, zu 
einem Mittelpunkte für Philosophie und Naturwissenschaften 
geworden. Griechen und Araber ließ man nach England kom- 
men, um mit ihrer Hilfe Aristoteles und seine Kommentatoren 





6 V. Abhandlung: Schönbach. 


ins Latein zu übertragen, ein Gelehrter wie Michael Scotas, 
Hilfskräfte wie Alfredus Anglicus, nahmen an der Arbeit teil, 
in deren Gefolge auch eine Reihe anderer Schriftwerke aus 
diesem Gebiete übersetzt und damit bekannt gemacht wurden. 

Das Werk des Bartholomaeus Anglicus spiegelt in den 
Hilfsmitteln, deren es sich bedient, diesen Aufschwung der eng- 
lischen Studien genau wieder. Ich bin zurzeit nicht imstande, 
auch nur festzustellen, wie viel Bartholomaeus von Robert 
Grosseteste unmittelbar gelernt hat, von dem eine groBe Anzahl 
von Schriften naturwissenschaftlichen Inhalts herrühren, zumal 
Physik, besonders Optik und Mathematik betreffende, da bei- 
nahe gar nichts von ihnen bisher gedruckt ist; ich kann nur 
aus den Zitaten bei Bartholomaeus diese Beziehung erkennen. 
Auch was die Ausdehnung und den besonderen Charakter des 
gedruckten wissenschaftlichen Materiales anlangt, erweist sich 
Bartholomaeus als zu dem Arbeitskreise des Robert Grosseteste 
gehörig. Daher begreift es sich denn auch, daß Bartholomaeus, 
als er die für seinen Pariser (und Magdeburger) Bibelkurs her- 
gestellten Manuskripte in ein Werk enzyklopädischen Charak- 
ters umwandelte, das ursprüngliche Ziel seiner Kompilation mit 
Absicht nach allen Richtungen überschritt. Zwar ruft er sich und 
den Lesern immer wieder ins Gedächtnis, daß die von ihm auf- 
gesammelte Gelehrsamkeit zur Erklärung der in der Bibel vor- 
kommenden Dinge aus dem Reiche der Natur dienen solle, 
aber sofort trägt er eine Menge von Mitteilungen vor, die mit 
dem Inhalte der Bibel gar nichts zu schaffen haben. Und zwar 
nicht bloß Einzelnheiten im Anschluß an biblische Realien, 
Gruppen von Kapiteln, die für eine systematische Abrundung 
bestimmt sind, sondern Plan und Anlage des gesamten Werkes 
gehen ebenso gewiß über die Zwecke eines biblischen Real- 
lexikons hinaus, als ebenso sicher aus ihnen und aus den De- 
tails der Ausführung, sogar der stilistischen Form nach (vgl. 
meine Abhandlung S. 67 ff.), dieser ursprüngliche Zweck des 
Unternehmens zu erschließen ist. Das Werk stellt eben einen 
Kompromiß dar zwischen der Bestimmung für den Lehrbetrieb 
an der Minoritenschule und zwischen den weitgreifenden wissen- 
schaftlichen Interessen der damaligen englischen Forschung. 
Und das noch in einem anderen wichtigen Betrachte. Schon 
im 12. Jahrhundert -— und wer dazu die richtigen Mittel ge- 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 7 


braucht, könnte diese Strömung vielleicht bis in die angelsäch- 
sische Zeit zurückverfolgen — gab es in England das Bestreben, 
die antike Überlieferung von dem Wissen über die Natur durch 
eigene Betrachtungen der Wirklichkeit zu ergänzen und zu 
korrigieren, ein Drang, der später nicht wieder aufgehört hat, 
der über Izaak Walton und über Whites klassische Natural 
History of Selborn bis auf Darwin heraufreicht und fast bei 
jeder Nummer der ‚Times‘ in den Einsendungen sich offenbart, 
welche über irgendeinen Vogel oder Fisch, das Vorkommen 
einer Pflanze, Neues mitteilen wollen. Mit erwünschter Deutlich- 
keit bekundet sich diese Neigung in den beiden Büchern De 
naturis rerum von Alexander Neckam, die Thomas Wright im 
34. Bande der Rerum Britannicarum medii aevi Scriptores 
(1863) herausgegeben hat. Dieser Autor, der vor der bespro- 
chenen grofen Bewegung der Geister in England wirkte — 
sein Leben erstreckte sich von 1157 bis 1217 — steckt eines- 
teils ganz in der alten Tradition des Auslegens und der Tropo- 
logie, welcher die Welt nur einen Vorrat von Gegenstünden 
für Interpretationskünste vorstellt — man begreift Berkeley 
von diesem Punkte aus — andererseits aber trägt er mit 
größtem Eifer Observationen vor, die ihm selbst oder anderen 
gelungen sind, teilweise ganz verstündig, teilweise ins Fabelhafte 
mißverstanden oder übertrieben, und diese rückt er unmittelbar 
neben seine gelehrten Exzerpte. Aufs stärkste offenbart sich 
dieser Trieb, selbständig zu betrachten und zu forschen, in dem 
wissenschaftlichen Wirken Robert  Grossetestes und seines 
Freundes Adam von Marsh; am höchsten entfaltet er sich in 
dem bedeutendsten Schüler dieser Männer, dem genialen Roger 
Bacon. In dieser geistigen Atmosphäre ist die Enzyklopädie 
des Bartholomaeus Anglicus erwachsen, auch sie mischt mit 
der gelehrten Überlieferung allenthalben die Ergebnisse mo- 
dernen Beobachtens, sei es des eigenen, sei es des anderer, 
was nun freilich ebenfalls gar nicht zu der Aufgabe des Werkes 
sich schickt, das den geistlichen Lesern der Bibel, insbesondere 
den Minderbrüdern, die notwendigen Sacherklärungen darreichen 
will. Bartholomaeus lernte und lehrte eben in dem Bereiche 
dieser Strömungen der englischen Studien; er hat gewiß zu 
den wichtigsten Männern gehört, welche diese Richtung nach 
Deutschland übertrugen, wo sie alsbald neue Wurzeln geschlagen 


8 V. Abhandlung: Schönbach 


hat. Scheint es mir doch heute schon außer Zweifel, daß auch 
die weitausgreifende wissenschaftliche Betätigung des Albertus 
Magnus durch die englischen Anregungen ausgelöst und be- 
stimmt wurde: Bacons Grundsätze der Forschung, Beobachtung 
und Experiment, bilden auch die Basis für die Arbeiten des 
großen deutschen Dominikaners. 

Es ist nun gewiß für die ganze Ausbildung der persön- 
lichen Anlagen Bertholds von Regensburg von nicht geringer 
Bedeutung, daß er, ein Schüler des Bartholomaeus Anglicus, 
sein Wissen von der Natur aus dessen Werke De proprieta- 
tibus rerum schöpft. Vor allem jedoch macht dieser Umstand 
uns die Ausdehnung seiner Kenntnisse in einer Weise verständ- 
lich, die sich mit den sonstigen Verhältnissen seines vielbeschäf- 
tigten Lebens unschwer vereinen läßt. Gewiß hat Berthold zu 
allen Zeiten in seinen Predigten von seinem Naturwissen reich- 
lichen Gebrauch gemacht, entnimmt er ihm doch hüufig die 
wirksamsten lllustrationen; in der schriftlichen Verwertung hat 
er sich jedoch merkwürdig beschränkt. Wir wissen, daß seine 
Rusticani eine Mustersammlung von Sermonen ausmachten, 
durch deren Studium die nächsten Generationen von Predigern 
aus dem Minoritenorden sich heranbilden sollten. Es ist nun 
auffallend, stimmt aber durchaus zu dem, was im fünften Stücke 
dieser Studien über die Eigenschaften der Rusticani ermittelt 
wurde, daß in den lateinischen Texten bei Anführung von 
philosophischen, naturwissenschaftlichen und besonders medizi- 
nischen Sohriftstellern Unterschiede zu bemerken sind. Der 
Rusticanus de Dominicis (vgl. Studien 5, 9f.) weist unter seinen 
Zitaten gar keine aus Werken dieser Art auf, er ist also in 
diesem Bezuge als Musterkanon mit der strengsten Enthaltsam- 
keit gearbeitet und will eben dadurch, möglichst gelöst von 
den Bedingungen des Ortes und der Zeit und von der Beson- 
derheit der zugrunde liegenden wirklichen Predigten, sich einen 
weiten und dauernden Einfluß sichern. Die Bilder und Ver- 
gleiche aus der Naturkunde fellen deshalb keineswegs, sie 
werden nur namenlos vorgetragen und sehen darum aus, als ob 
sie zu dem uralten Vorrat von Exempeln aus Natur (z. B. aus dem 
Physiologus) und Geschichte gehürten, die seit Ambrosius und 
Augustinus, seit Caesarius von Arles und Gregor dem Großen 
nicht mehr aus der Predigt geschwunden sind. Anders verhalten 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. ҮШ. 9 


sich die beiden übrigen Rusticani (vgl. Studien 5, 24 ff.): sie 
nennen aufer Aristoteles, den philosophi, doctores, physici und 
naturales noch Albumasar, Galen, Hippokrates, Solinus, Ysaac. 
Zurückhaltender scheinen wieder die Sermones ad Religiosos 
(Studien 5, 57 5), die neben Aristoteles nur die allgemeinen Be- 
zeichnungen, aber eine Menge von Beispielen aus der Natur- 
kunde ohne Autornamen vorbringen. In den Sermones Speciales 
(Studien 5, 60 ff.) findet sich Jorath und außer den gewöhn- 
lichen Zitaten aus Aristoteles etc. noch die astronomi. Die 
Freiburger Handschrift (Studien 5, 13 ff.) führt gleichfalls Jorath 
an und die meisten der in den übrigen Sammlungen vorkom- 
menden Namen und Quellen. Demnach bestütigen diese Diffe- 
renzen nur die uns schon bekannten Unterschiede zwischen 
den authentischen Kollektionen der Predigten Bertholds und 
den nicht von ihm selbst redigierten. 

Der Beweis nun, daß die Zitate naturkundlichen Inhaltes 
in Bertholds lateinischen Sermonen hauptsüchlich aus dem Werke 
des Bartholomaeus Anglicus, De proprietatibus rerum, schüpfen, 
läßt sich strikte und für alle vorkommenden Fälle nur in der 
zu erhoffenden Ausgabe dieser Predigten erbringen, wo unter 
dem Text oder in den Anmerkungen die loci bei Bartholomaeus 
zu notieren sind. Hier muß einstweilen folgendes genügen: wo 
seltene naturwissenschaftliche Schriftsteller (z. B. Algazel in der 
Vorauer Handschrift, Albumasar, Jorath, Ysaac [vgl. Studien 
4, 49] usw.) angeführt werden, weist es sich überall, daß diese 
Stellen bei Bartholomaeus vorhanden sind, und zwar meistens, 
wofern es sich um einzelne Notizen und Angaben handelt, 
wörtlich und auch in der Ausdehnung, wie Berthold sie vor- 
trägt. Doch beschränkt sich die Übereinstimmung nicht hierauf. 
Vielmehr finden sich auch naturkundliche Mitteilungen, die 
Berthold ohne Namen des Autors oder Hinweis auf eine Quelle 
vorbringt, bei Bartholomaeus wieder, gleichfalls der Mehrzahl 
nach in gleicher Ausdehnung und wörtlicher Übereinstimmung. 
Es ist durchaus nicht wahrscheinlich, daß dieses Zusammen- 
treffen zufällig stattfindet: Berthold hat schwerlich aus weitem 
Umkreis dieselben Autoren und Stellen gewählt wie Bartholo- 
maeus (einige Male ganz auffällig, z. В. die Ausführungen über 
die Linse Sanct. 229, 2f. und Bartholomaeus, lib. 17, cap. 96; 
über den Geruch Freib. 2, 25^, über die acht Arten der sapores 


10 V. Abhandlung: Schönbach. 


Freib. 1, 205° und des Bartholomaeus 19. Buch). Ferner: ich 
habe keine andere Enzyklopädie gefunden, die Berthold zu- 
gänglich hätte sein können, in der die Menge seiner Mitteilun- 
gen sich wiedergefunden hätte, wenngleich natürlich vereinzelte 
Übereinstimmungen schon deshalb vorkommen müssen, weil die 
verschiedenen Enzyklopädisten des Mittelalters zum guten Teile 
dasselbe überlieferte Material ausbeuten. Studien 7, 14 habe 
ich einer ‚unsicheren Stelle‘ in Bertholds lateinischen Predigten 
gedacht, ‚die man für einen Hinweis (auf das Werk des 
Bartholomaeus) halten könnte‘. Selbst diese zaghafte Ver- 
mutung muß zurückgenommen werden. Die Baumgartenberger 
Handschrift des Rusticanus de Sanctis (über sie vgl. Studien 4, 
54 ff.) enthält nämlich in Nr. 2, р. 84 den Passus: in quatuor 
ordinibus lapidum, quos pontifex habuit in pectore. require 
Bartholomaei. Daß im 16. Buche der Enzyklopädie des Bartho- 
lomaeus Anglicus, welches von den Steinen handelt, eine Er- 
klärung der Gemmen des hohenpriesterlichen Ephod (Exod. 28, 
6 ff.) sich nicht findet, dürfte die Richtigkeit des Zitates nicht 
zweifelhaft machen, weil es sehr gut auf des Bartholomaeus 
Bibelkurs bezogen werden könnte. Allein die Stelle weist auf 
eine Predigt für das Fest des Apostels Bartholomaeus, obzwar 
sie unter den Zitaten der übrigen Handschriften des Rusticanus 
de Sanctis nicht vorkommt, vgl. Studien 5, 40 ff. Die Weise der 
Ausführung ist durchaus die übliche und das zitierte Stück 
(Studien 4, 63, Nr. 70 und S. 166, Nr. 196; bei Jakob Nr. 12) 
erörtert in der Tat zunächst die vier lebenden Steine des 
himmlischen Tempels und dabei den Schmuck auf dem Kleide 
des Hohenpriesters. Es liegt also hier keine Anführung des Bar- 
tholomaeus Anglicus vor. 

Nun bin ich keineswegs der Ansicht, daß Berthold seine 
Angaben aus der Naturkunde oder sein Wissen von der Natur 
überhaupt ausschließlich aus dem Werke des Bartholomaeus 
Anglicus geschöpft habe. Er besaß ein offenes Auge für die 
Welt (was schon die Bemerkungen mit ipse vidi bezeugen, vgl. 
Studien 7, 33f.) und die Menschen, das der Unterricht des 
englischen Lektors am Magdeburger Studium vermutlich ge- 
schärft hat, und er wird eine Menge von kleinen Beobachtungen 
selbst gemacht haben (z.B.Comm.20,6: daß Kuhgalle die Ameisen 
vertreibt), wie er sie ja in schier unerschöpflicher Fülle aus 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. ҮШ. 11 


dem menschlichen Leben beizubringen wußte. Dann hat Ber- 
thold wirklich viel und, wie es für einen guten Prediger not- 
wendig ist, immer gelesen; er mag daher manches über Bar- 
tholomaeus hinaus sich angeeignet haben. Wenn Freib. 2, 233° 
für die Vorzeichen des Antichrist der Liber divinorum operum 
simplicis hominis der heil. Hildegard von Bingen angezogen wird 
(Patrol. Lat. 197, 1027 ff.), der angepfropft ist mit einer Menge 
von Beobachtungen und Auslegungen der Naturphänomene, so 
mag Berthold auch andere naturkundliche Schriften dieser Ver- 
fasserin gelesen haben; Bartholomaeus kannte sie nicht. Es 
bleibt aber schon an sich ein wichtiges und aufklärendes Er- 
gebnis, wenn sich die Hauptmasse der Naturkenntnis Bertholds 
von Regensburg vielleicht auf den Unterricht des Bartholomaeus 
Anglicus, gewiß auf die Benutzung von dessen Werk De pro- 
prietatibus rerum zurückführen läßt. — 

Demnach ist es hier nicht notwendig, Bertholds Kennt- 
nisse von der Natur ausbreitend darzulegen oder ein Weltbild 
aus einzelnen Stellen seiner Predigten zusammenzusetzen, es ist 
uns jetzt bekannt, daß sein Naturwissen dem der hüchstgebil- 
deten Menschen seiner Zeit ungefähr gleichgestanden hat. 
Nicht auf literarische Überlieferung, oder wenigstens nur in sel- 
tenen Fällen, läßt sich zurückführen, was Berthold über die 
‚Welt‘ als Inbegriff der Menschheit mitteilt, wie er ihr Leben 
ansieht, beschreibt und wie er es anders und besser wünscht. 
Auch hier kann es sich nicht um ein erschöpfendes Aufzählen 
aller Angaben in Bertholds lateinischen Predigten handeln, son- 
dern höchstens um eine Verknüpfung markanter, für die An- 
schauungen des Redners und seiner Zeit bezeichnender Stellen. 

Die Menschen sind aus vier Elementen geschaffen, Spec.54, 1: 
nomina, in quibus ostendit expresse, quomodo se ad illa tenere 
debeat, quare non fecit corpora nostra ex ullo elementorum, 
sicut solem, lunam, stellas, celum cristallinum, empireum. nobi- 
liter hoc nequaquam voluit facere, sed nostra corpora ex qua- 
tuor elementis, ut in illis doceret, qualiter nos ad illa quatuor 
predicta habere deberemus. ignis: qualiter igitur nos ad Domi- 
num habere debeamus, ostendit nobis et docuit nos Dominus in 
hoc, quod ex igne nos composuit et semper ignem nos circum- 
ferre fecit. ignis igitur, qui super omnia elementa est, et qui 
omnino est calidior et omnibus elementis fortior, significat cari- 


12 У. Abhandlung: Schönbach. 


tatem. ignis enim excellit omnia elementa ordine, specie et vir- 
tute. specie, quia sicut ignis omni elemento est lucidior, et in 
tantum lucidius, quod consumit omnem immunditiam in rebus, 
et non solum in se est clarus, sed etiam omnia clara reddit, in 
que agit, ut patet in ligno, in ferro, in carbone et in qualibet 
alia re, que, quantumcunque turpis sit in se, claram et lucidam 
reddit, dum inflammat. — fecit et posuit Dominus aerem sub 
ignem, et licet fecerit inferiorem aéris partem aliquando turbi- 
dam, superior tamen est semper pura et quieta, nec aliqui pro- 
cellosi et ventosi motus possunt ad eum attingere, nomina plu- 
viam, nivem et alia, et est aér transparens — dic ut scis — 
— voluntas. — sed queris, quomodo tertio, id est cuilibet pro- 
ximo, dare debeas jus suum. respondeo: cur queris a me? hoc 
docet te liber tuus, aqua, que omnibus rebus palpabilibus bene 
facit, vel potando vel mundando vel incrementum crescendi 
dando vel conservando, ne omnino dissolvantur, et hoc per hu- 
miditatem suam, et est communis omnibus. et omnia, que in 
terra sunt, si non aque humiditas nos conjungeret, omnes in 
cinerem dissolveremur, animalia, montes et omnia in terra, 
quod patet in arboribus vel ligno. cum enim ignis extrahit 
aqueum humum, in cinerem vertitur, quem dicimus calcem. sic 
montes, si quis tantum ignem haberet, vel terra. — terra, quam 
sub omnia elementa collocavit, et est vilior, ponderosior, opa- 
сіог, deformior, ignobilior, immundior et fex elementorum. Nur 
aus Erde, Comm. 32, 2: debemus diligenter considerare et con- 
templari ad proprium contemptum, de qua vili materia formatus 
est homo, scilicet de limo terre, que ceteris est indignior ele 
mentis. planetas enim et stellas fecit Dominus quoad apparen- 
tiam quasi ignee nature. flatus et ventos ех aére. pisces et vo- 
lucres ex aqua. de terra vero homines et jumenta. considerans 
igitur homo aquatica, vilem se inveniet. considerans aérea, se 
viliorem cognoscit. considerans ignea, se vilissimum reputabit, 
nec valebit se parificare celestibus, nec audebit se preferre ter- 
renis, quia se jumentis similem recognoscit. Trotzdem hohe 
Stellung des Menschen, Spec. 56, 3: miseri, qui tam proni sunt 
ad occidendum homines, cum eorum aceisione non solum Deus, 
mm et retro mundus tam superiori quam inferiori parte offen- 
ee an elementa, quia corpus hominis ex 

. terra dedit partem etc. offenduntur inferiores 


Studien zur Geschichte der altdentschen Predigt. VIII. 13 


stelle, pro modo loquendi, que, ut corpus hominis perficeretur, 
forte dederunt et efficax adjutorium. sol magnum, ut dieitur, 
cordi etc. similiter et stelle superiores zodiaci. nam estivalia 
dominantur et forte prestant adjutorium membris superioribus a 
pectore usque ad renes. autumpnalia a lumbis inclusive usque 
ad crura. hiemalia vero, ut Capricornius, Aquarius et Pisces, 
respiciunt genua et infra. signa veris, ut Aries et Taurus et 
Gemini a capite usque ad pectus. unum pro modo loquendi: 
virtutes celorum movebuntur contra homicidam. Der Mensch 
ein Mikrokosmus, Freib. 1, 161°: debet etiam homo habere po- 
tentiam, ut, sicut Deus potens est in suo mundo, ita sit homo 
in suo: microcosmus enim dicitur homo, vel minor mundus. 
Verüchtlichkeit des menschlichen Leibes, Sanct. 132, 1: mirum 
valde, unde nobis perveniat superbia et quomodo desit humili- 
tas, cum nusquam in nobis fodere possimus per considerationem, 
quin humilitatis multam materiam invenire valeamus. si fodimus 
in corpore, quid exit de eo, nisi fimus, sordes turpes, que ma- 
teria humilitatis sunt? similiter per oculos, nares et ceteros 
sensus. si in corde et spiritu, inde exeunt cogitationes male, 
desideria prava etc., que coinquinant hominem. Mensch wie ein 
Baum, Spec. 48, 6: interdum dum vivit homo, est omnino pau- 
per et miserabilis, quia, cum sit arbor, et a Deo dicatur arbor, 
Daniel (4, 7 ff): tu es arbor. est arbor inversa: crinis radix, 
truncus caput, corpus stipes, brachia et crura rami, digiti ma- 
nuum et pedum ramusculi, ungues eorum folia. sed quis est 
fructus? et quid fluit de illa? fructus illius corporis sunt pulcra 
poma illius etc. quis est fructus tuus? vermes intus et extra. 
quid fluit? de illa fluit balsamum, de illa vinum, mirra, thus. 
quid de te? quid de oculis? fode hinc inde. quid de auribus 
etc. Der Mensch muß alles borgen, Spec. 49, 1: sed nunquam 
pauperior nascitur homo, quam vivendo convertatur. mendicat 
enim corium ab animali, linum de terra, ovum de pullo, et sic 
de singulis. quare ergo vilitatem tuam non attendis? redde sin- 
gula singulis et nudus permanebis. et in morte es nimis pau- 
per. nulla creatura mundi in morte pauperior est peccatore, 
nec bufo etc, nec aliquis piscis, nec avis, nec brutum, nec ver- 
mis, quia illa tantum una morte moriuntur, tu infinitis. saccum 
plenum fimo orna quantumcunque vis, cum monilibus, annulis, 
sertis, scarleto, vario, tamen saccus est plenus fimo, ita et tu 


14 V. Abhandlung: Schönbach. 


plenus es fimo. — cum omnes sibi deditos superbus faciat pu- 
tare, se esse multo majorem, quam sit, indignatur, si non pro- 
cedit alterum; cum residet, si ei non assurgitur; si non hono- 
ratur, cum tamen nihil sit coram Deo. immo quosdam sic 
excecat superbia, quod etiam, que eis verecunda sunt et pro 
quibus ab hominibus contempnuntur, et que secundum seculum 
displicent, putant sibi esse gloriam et laudem, ut patet in cri- 
nibus quorundam virorum clericorum et in vestibus quorundam 
laniatis, caudatis, ut patet in peplis feminarum croceis; ut quid- 
quid eis dicatur, non valet, sic sunt ex superbia inflate et ex- 
cecate et inebriate. Sanct. 170, 1: cogitare, qualiter homo venerit 
et unde venerit, quam miserabiliter! miserabilius enim natus 
est quam jumenta. item quam vilis, quia est arbor universe 
vanitatis, et vas fimi et fetore plenum, et fructus ac liquor ejus 
vilior ceterarum arborum. item quam cito in morte erit et in 
sepulcro — hec multum faciunt ad humiliationem hominis. 
Manche Menschen sind wie Tiere und schlechter, Domin. 3*: ad 
undecimam autem et duodecimam conditionem verus sol predicto 
modo non venit, sed ad eternas tenebras illas ambas trans- 
mittit. prima illarum sunt brutales, sensibilia tantum diligendo: 
amant enim tantum terrena, et que carnem delectant, faciunt; 
diligunt tantum, que sensibus exterioribus sapiunt, sicut bestie 
sive bruta, que affectant, que ori, que oculis, que auribus, que 
tactui incontinentiam generant, videlicet gulam et otiositatem et 
hujusmodi. secundi autem sunt multo viliores bestialibus. hii 
enim novissimi sunt inter omnes Dei creaturas. hii sunt insen- 
sibiles, qui videlicet, quicquid eis dicitur, non moventur ad ti- 
morem vel amorem Dei. Freib. 2, 57°: non sunt ut quidam, 
qui sunt ut jumenta, ut bruta, que, nihil curantes de divinis 
neque de Deo, circa terrena semper occupantur. nolite fieri 
sicut equus. sunt enim quidam ut equi scilicet in peccatis, nec 
genuflectunt, nec se flagellant, non audiunt missas, non con- 
fitentur, non dicunt Pater noster, ut nec bruta. cur talibus daret 
Dominus gloriam celestem potius quem brutis? Seit Sündenfall 
und Sintflut steht es um den Menschen immer schlechter, Domin. 
121, 1: remanserat tamen adhuc post hoc peccatum Ade tanta 
virtus fructibus terre, ut homines sine vino et carnibus vivere 
possent septingentos annos vel octingentos aut noningentos vel 
amplius, usque dum venit incontinentia, scilicet secundum pec- 


Studien zur Geschichte der altdentschen Predigt. VIII. 15 


catum, propter cujus detestationem Deus movit quodammodo 
per diluvium secundario mundum, unde sic debilitatus est, ut 
non solum sine fructibus, immo nec sine vino et carnibus saltem 
per trecentos vel ducentos dies sani vivere possint. Lebensdauer, 
Comm. 28, 2: plus tamen gaudet Deus de servitio hominis quam 
angeli, quoad hoc, quia, licet angeli serviant et ab initio mundi 
usque ad finem, homines vero tempore brevissimo, id est sexa- 
ginta vel quadraginta vel viginti seu decem annis tantum, tamen 
remunerat homines tantum pro brevi illo servitio, quantum an- 
gelos pro illo longissimo (also auch hier 60 Jahre als Durch- 
schnittsmaximum des menschlichen Lebens, vgl. Studien 7). 
Menschliche Leiden, Sanct. 18, 1; non est homo vel fuit, qui non 
cotidie aliquem istorum incommodorum vel defectuum sustineat, 
vel etiam plures: unus unum, alius duos vel tres etc. unum est 
frigus, aliud calor et hujusmodi. est aliquis hic, qui nunquam 
frigus sustinuit vel calorem? — primum incommodum est frigus, 
secundum sive secundus defectus est calor, tertium fames, quar- 
tum sitis, quintum debilitas sive lassitudo, sextum tristitia, sep- 
timum timor, octavum labor, nonum confusio sive erubescentia, 
decimum mors. JBeim Tode wird der Mensch verlassen, Sanct. 
232, 2: sic cum homo diu fovet et laborat in istis temporalibus, 
quando maxime indiget, ut concomitentur eum, scilicet cum exit 
de mundo et diabolum et ejus principes videt, tunc relinquunt 
eum solum turpiter et currunt ad alium, ubi sunt multa tem- 
poralia, quorum multa foverat Augustus vel Alexander, et cum 
magis necessaria habuit, cucurrerunt alium et dereliquerunt eum 
in inferno, ut eternaliter puniretur (ist der Stoff von Everyman, 
Homulus und Hekastus). Alle Menschen sind untereinander gleich, 
Comm. 34, 6: de eadem terra sum ego et rex, eodem pretio 
emptus. sed Deus sic instituit, ut presit homo vitiis alterius 
hominis, non homini. utinam considerarent hoc judices seculares 
et spirituales! natura omnes homines equales fecit. tenetur ergo 
homo Deo, qui supra nos est, jus suum dare. hoc jus exigit ab 
homine. Die Menschen sind aufeinander angewiesen, Sanct. 199, 
1: cerebrum hujus capitis, a quo sensus et motus dominus Papa. 
oculi cardinales; nares sub eis episcopi; aures religiosi, paupe- 
res seu divites; os sive dentes prelati vel plebani, docentes et 
vitia subditorum mordentes et cibo celesti ipsos pascentes; col- 
lum alii clerici Dominum laudantes et dulciter cantantes; 


16 V. Abhandlung: Schönbach, 


brachia potentes et principes; manus milites eis adherentes, 
utique Ecclesiam defendentes; pectus, in quo viget sapientia, 
consiliarii; venter, in se continens omnium ventositates mem- 
brorum, est congregatio peccatorum fetentium et immundorum 
in Ecclesia, quos tolerat in se, et tamen valde confunditur. 
nota diversos, quorum aliquos cotidie per portam amare mortis 
dejicit in fetorem inferni, tandem omnes judicio. — crura et 
pedes, totum corpus sustentantes, laboribus despecti et in luto 
ambulantes, sunt rustici et servitiales. omnia hec se invicem ut 
membra corporis diligere debent. nullus tam pulchros hic habet 
oculos, qui despiciat videre pedes suos, in luto ambulantes; sic 
nec quisquam nobilior, potentior, ditior despiciat in Ecclesia in- 
feriorem, sed potius honoret. Deus non fecit hominem de diver- 
sis materiis: unde fecit oculum, inde et pedem. rex et mendicus 
sunt de una materia, servus et dominus, ancilla et domina, de- 
formis et pulchra, dives et pauper, miles et rusticus, imperator 
et leprosus. ideo inferiores nequaquam sunt contempnendi. — 
melius vestimus pedes quam oculos, os vel nasum, ita Dominus, 
quando melius in celo honorat inferiores quam superiores. — 
secundum est, quod quodlibet membrum nulli alteri invidet, 
sed ex corde sibi congaudet et condolet, etiam si habet idem 
officium quam aliud, ut oculus ocnlo. vel si etiam habet indignius 
offieium. non invidet pes, qui in luto ambulat, capiti vel oculo, 
quem nunquam tangit pulvis et qui multo eo pulchrior, immo 
potius ipsum vellet esse adhuc pulchriorem. non invidet pes 
cordi, quod est sapientius; non cerebro, quod est custoditum 
melius et locatum altius; nec ori, quia ili datur vinum, cum 
sibi aqua et hujusmodi. ideo dilige proximum sicut te ipsum 
et quiesce ab invidia. mare largitatis divine invidendo exsiccare 
non potes, solem excecare, celum in infernum commutare. multo 
facilius totum mare in dulcedinem converteres, de celo infernum 
faceres, de aqua ignem, quam fontem largitatis divine exsiccare. 
tertium est, quod quodlibet membrum corporis alteri pro possi- 
bilitate subvenit. oculus sibi soli non videt. manus sibi soli non 
laborat ete. sed manus dat ori cibum, qui sibi datur, os sto- 
macho, stomachus epati, epar aliis membris. cum enim satis 
habes, sub capite ponis et sub dorsum; et cum satis habet os, 
dat stomacho, ille epati, epar omnibus membris exterioribus et 
interioribus. sic debet quisque dividere, primo sibi, postmodum 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 11 


filiis, deinde proximis et indigentibus amicis, postea aliis vicinis 
juxta uniuscujusque indigentiam. bane etiam doctrinam natu- 
ralem sumere possumus de arboribus. cum enim truncus bene 
firmatur et sucum de terra attrahit, dividit illum omnibus ramis, 
et sic fructus ex hoc multiplicatur. si trancus sibi soli sucum 
retineret et ramis non divideret, sine fructu rami manerent ibi 
etc. sic etiam videmus in celestibus. stelle virtutes a Deo sibi 
datas participant cum terra, et illa participat terre nascentibus 
arboribus, arbustis, herbis, floribus etc. sibi adherentibus, prout 
indigent. quod si terra, que sibi desuper dantur, sibi soli reti- 
neret, arbores, herbe et hujusmodi fructus non producerent. — 
(Vgl. Studien 5, 29) cum stomachus nimis retinet, fit apostema 
quandoque; cum epar, fit ydropicus et generatur ycteria, gel- 
suht. cum pulmo, fit peripneumonia in eo quandoque; cum ejus 
sanna (Du Cange 8, 304), fit tisicus; cum oculi, oculorum dolor; 
cum dentes, dentium; cum intestina, ibidem impotentia, paralisis, 
wutende giht; cum pedes, podagra; cum manus, cyragra; cum 
vene, acuta. sic fit membris fidelibus in Ecclesia, cum per con- 
cupiscentiam miniam acquirunt non acquirenda, vel retinent non 
retinenda, ex tali avaritia pereunt. quartum, quod membrum 
lesum ab alio non vindicat se, sicut debet esse in membris Ec- 
clesie. si os comedit vel bibit, quod oculos lesit; si pes cecidit, 
unde caput leditur vel vulneratur, non se vindicat, nec alia 
membra in pedem vel os exercent vindictam. si manus secat 
digitum manus alterius, illa non revulnerat. quare? quia ex hoc 
dolor multiplieatur. quintum, quod unum membrum ex multa 
dilectione sibi fieri reputat, quod alteri fit, sive bonum, sive 
malum. unde si pes leditur, dicit os: me lesit. si manui aliquid 
datur, dicit os: bene mihi fecisti. si corpus comprimitur, dicit 
os: cur me premis? sic debet esse in Ecclesia hominum. Arbeit 
als die Last des Menschen wird im mhd. und überhaupt im 
weitesten Sinne genommen, Freib. 1, 143%: satis est miserabile, 
quod omnes creature aliquid exercitium laboris babent, et tamen 
nulla creatura tantum pro labore suo remuneratur ut homo, et 
tamen ita pigri sumus ad labores. superior ereatura, que est 
angelus, habet exercitium laboris, quia omnes sunt administra- 
torii spiritus. sol, luna semper die noctuque, licet hoc nisi sa- 
pientissimi intelligant. similiter omnes inferiores sive creature 


cum labore magno sibi vietum conquirunt. 191^: die multas 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 5. Abh. 2 


18 У. Abhandlung: Schönbach. 


creaturas, qualiter laborant et non otiantur, quod terra diversa 
producendo, quod aqua, nisi aliud obsistat, semper ad mare 
fluendo et refluendo, aér pluendo, ningendo etc., quod angeli, 
quod ipse Deus semper, cum in terris esset. Spec. 48, 3: quia 
omnis homo natus est ad laborem et est in labore, ille in hoc, 
ipse in hoc. ut avis ad volatum, illa sic volat, ista sic. et quia 
es ad hoc natus, sustine ergo patienter pro Deo sicut Deus pro 
te sustinuit, et patientia in tribulatione magnos fecit sanctos. 
immo de majoribus gaudiis, que sancti in celo habent, per hoc 
habent, ut Petrus, ut Paulus etc. Reichtum, sein Mißbrauch, 
sein Nutzen, Domin. 97, 2: divites mali sunt, qui male expen- 
dunt res suas in luxuria, in superbia, epulis et in vanitate, 
scilicet vestium et familiarum et domorum, histrionum etc. 
Verüchtlichkeit des Goldes, Comm. 15, 1: quid adeo vile est, ut 
nec videat nec audiat nec hominem alloquendo consoletur, sed 
jaceat ut truncus cecus et mutus, omnium virtutum nullam ba- 
bens? quid adeo vile est, ut etiam vilia bruta, canes, jumenta, 
aves et reptilia illud contempnant nec illud congregare dignen- 
tur? Geldsummen, Freib. 1, 63%: si scires, quod post prandium 
deberent tibi dari mille marcarum auri et hujusmodi, libenter 
faceres aliquas venias vel sustineres verbum vel dimitteres in- 
continentiam vel hujusmodi. sed mille marce nihil sunt respectu 
premii, quod pro qualibet bonitate tibi dabitur, et non curas 
operari. hoc ideo, quia fidem magnam non habes. 153*: et est 
magna misericordia Dei, quod pro penis futuris recipit tribula- 
tiones presentes. tale est, ac si ille, cui deberentur mille marce 
auri vel argenti, et reciperet pro eis fabas vel lapillos, cum 
quibus facta esset computatio. plus enim est faba una respectu 
marce argenti quam tribulatio presens respectu pene future. 
1543: adeo fuit immundum idolum luxurie, quod nec audeo 
nominare. ipsum est Beelfegor, simulacrum ignominie, quod 
habuit aliud nomen turpissimum. de quo idolo Augustinus tam 
turpiter scribit, quod predicator pro decem milibus marcarum 
exprimere non deberet. 100.000 Mark, vgl. Studien 7, 55. Sechs 
Solidi, Domin. 118, 2: plus dolent multi, si ad valorem sex so- 
lidorum perdidissent, quam doleant de omnibus peccatis, que 
fecerunt, quam de omnibus bonis, que in celo perdiderunt: 
quam de omnibus tormentis, que in inferno meruerunt. Moneta 
dativa, Domin. 144, 2: interim enim est moneta penitentie dativa 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 19 


(Du Cange 3, 42: ,moneta dativa‘, que in usu, commercio et 
conversatione est) postquam autem abjicitur, pro nichilo repu- 
tatur. unde qui post mortem primo penitere incipere voluerint, 
nihil eis prodest. Denarius, Comm. 8, 3: denarius est rotundus, 
ita gaudium tuum erit sine fine. item denarius habet imaginem 
regis, quia, quidquid gaudii habent, a gaudio Dei habent pre- 
cipue. Falscher Denar, Sanct. 48, 2: certe, si Domino terreno 
solveres censum vel tributum et dares ei denarium falsum, ha- 
beret pro hoc, quod ei illuderes. Pfennig, Prägung und Gewicht, 
Domin. 133, 2. Spec. 93, 1: quia socii veri sunt diabolorum et 
omnino cum eis concordant, ut duo oboli cum denario. Der 
blinde Bettler bekommt falsche Münze, Freib. 2, 84*: et ideo 
dicitur peccator quilibet cecus, quia non habet facultatem dis- 
cernendi, unde quandoque credit, quod dentur ei boni denarii 
et dantur ei falsi, picti, nec ambulandi, credit enim ire ad dex- 
teram et vadit ad sinistram, nec rebellandi, immo est lusus 
aliorum. si ceco proponeretur aurum et cuprum, tam cito poneret 
manum ad cuprum ut ad aurum. sic peccator. — idem de melle 
et felle, anguilla et serpente, lacte et toxico. Unendliche Zahlen, 
Comm. 11, 9: quanta est arena terre, frondes et germina. pisces 
in mari et reptilia. quot sunt gutte aque. quot sunt athomi in 
sole. quot sunt dampnati et demones. quot semina terre. quot 
sunt gutte de aére cadentes a pluvia ad nos. cum omnia pre- 
dicta habeant finem numeri, sed pena peccatoris non habet 
finem mensure. Sanct. 143, 1: tot enim gaudia ibi dabit Dominus 
et plura, quam sunt gutte pluvie — vel grandinata aut pruinata, 
quia nix tantum in hieme, grando in estate, pluvia vero omni 
tempore descendere potest; ita in omni tempore fluunt a Domino 
habundantie gaudiorum. Sanct. 209, 1: sicut nullus potest men- 
surare, quot sint cubiti ad celum, quot in infernum et quot 
passus per terram et quantum spatium mare occupat, sic nec 
delectationem illorum fereulorum, que Deus sanctis preparavit. 
Freib. 2, 6*: timeo, quosdam hic esse, qui Domino tenentur 
plus quam in decem milia talentorum, quia tenetur plus ardere 
peccator pro mortali quam decem milia annorum. quantum plus, 
tantum plus. quantum omnia folia, si lingue essent, numerare 
non sufficerent, si usque ad judicium numerarent, tot milibus 
annorum ardebit peccator. quantum nunc omnes stelle, si linguas 
haberent, quantum nunc omnes homines, nati et nascituri, quia 


ож 


20 V. Abhandlung: Schönbach. 


enim peccavit contra eum, qui est sine fine, punietur sine fine. 
1124; plures enim sunt hic іп sulco quam olim in mundo for- 
nicatores. plures fornicationes fiunt ab istis paucis in mense 
quam olim in quadringentis vel quingentis annis. tam graviter 
punietur, quod omnes, qui unquam de arismetica aliquid didi- 
cerunt, infinitatem penitentie numerare non. possent. si enim 
dicerent, quod pro qualibet una vice tot annis, quot gutte in 
omnibus aquis, eruciaretur, nihil dicerent respectu, quod erit, 
et nimis parum. si tot annis, quot unquam creature fuerunt, 
sunt et erunt et postquam tam diu a novo incipiunt, ac si nun- 
quam aliquam penam pro hoc sustinuissent. 

Das normale Wohnhaus ist aus Holz, Freib. 2, 1*: ut 
Deum pre omnibus diligas, ut pro nullo homine vel nulla re 
facias contra Deum vel contra preceptum suum. si sint pueri 
vel domus suus etc. si corpus tuum, si femina, si res tue, ager, 
si aurum, si argentum etc. si terram plus diligis, habes terrenum 
Deum. si domum, tunc habes ligneum Deum; si castrum, lapi- 
deum; si hominem, tunc carneum etc. Haushalt, Sanct. 101, 1: 
sic quelibet ars suam habet disciplinam. nam artem suam habet 
cocus (der niederste!), quomodo debeat cibum coquere, textor 
suam, miles suam etc. sicut pariter miles statim, cum videt ic- 
tum sibi vibrari, clipeum opponit, ut ictum excipiat, aliter gra- 
viter lederetur, sic bonus miles Christi temptationi statim debet 
objicere resistentiam. debet quilibet sapiens domui, in qua diu 
morari debet, in necessariis providere. qui enim ad longinquas 
partes esset iturus et ibi pro tempore moraturus, modis omnibus 
satageret, qualiter necessaria, que posset, ibi premitteret, ut, 
dum veniret ibi, inveniret, quibus secure et tranquille viveret. 
sapiens autem in dispositione domus scit, quod quinque sunt ne- 
cessaria, ut bene disponatur: primo cibus, secundo potus, tertio 
vestes, quarto custodia: ad hoc enim adhibentur sere, vectes 
contra canes, fures et mures; quinto utensilia diversa: olle, 
ciste, sedes, lecti, ligna ad ignem et hujusmodi. sextum uxor 
proba.  Zeinlichkeit, Freib. 2, 58*: mundam domum, hoc est, 
mundam familiam studeat habere pro posse. nam pro illa ratio- 
nem reddere oportet, ut abbatem, plebanum, episcopum. ideo 
malum facere illis hoc vel hoc non jubeat nec permittat equos 
ad prata alterius ducere, vel avenam, quia indubitanter tenetur 
ad restitutionem utrique. non debet hospitari fornicarias pre- 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 91 


dilectione vel pretio, quia tune demones hospitantur pro pretio. 
Hausvater hart, Comm. 5, 6: (paterfamilias) ut quidam, coram 
quibus, cum inebriantur vel offenduntur, nusquam audet familia 
comparere, sed, cum domum introerunt, omnes trepidant. Diese 
Hausvüter similes sunt regulo, (Du Cange 1, 102) cujus flatus 
adurit totum, super quod incedit, ita quod in circuitu caverne 
ejus nihil oritur omnino, quia exsiccat arbores, herbas et fru- 
tecta et scindit lapidem et inficit aérem, ita quod, si quando 
avis volat decontra locum, in quo manet, statim cadit mortuus, 
et similiter alie bestie. hunc serpentem alii serpentes omnes 
timent et fugiunt, preter solum Armene, qui basilisco multa 
affinitate conjungitur, et forte fugit et iste quandoque, in cujus- 
cunque animalis cor momorderit, statim moritur in momento. 
dicitur autem, quod mustela interficit eum (Barthol. Angl. 18, 8). 
Der Hausvater soll sein ut nobilis rex apum, aculeo carens, ut 
sol in mundo totam mundum consolans. non permittant in do- 
mibus suis aliquem presentem verecundari, irrideri, alicui ab- 
senti detrahi, maxime et singulariter clericis et religiosis et 
singularibus. Böse Hausväter, Comm. 33, 6: ut viri, qui non 
permittunt uxores orare, cum ipsi nunquam orent, non parvam 
eleemosinam dare, non de lecto surgere, non confiteri, non pre- 
dicationem audire. sed quidam adeo bonam fidem et pacem et 
concordiam simul habent, ut milvus cum gallina, lupus cum 
cane, accipiter cum columba, draco cum elephante, serpens cum 
homine, aves cum noctua, ciconie cum ranis. sunt similiter qui- 
dam ut duo galli, qui statim ut conveniunt, contendunt gratis, 
nec pro castris et agris et hujusmodi. sic et ipsi contentiosiores 
sunt gallis, nam illi per aliquod tempus simul degentes discunt 
pacifice commanere, isti tamen per spatium octo vel decem an- 
norum. sunt ut sidera errantia, que jam plus quam per quinque 
milia annorum cum celo non concordaverunt, sed semper die 
noctuque sibi contrariantur. sic et quidam nunquam concordant 
nee concordabunt. Sanct. 190, 1: cito est aperiendum, ne, ut 
vir uxori nimis pulsando et diu expectando det alapam duris- 
simam, vel ne declinet aut graviter irascatur. Schicksal der 
Ehefrauen, Comm. 33, 3 (vgl. Studien 7, 23): unde si mariti 
mali sunt, raro vel nunquam corde quiescunt, vel si adulteri 
vel bibuli seu lusores aut quasi furiosi. si vero boni sunt, quasi 
semper timent, ne moriantur, et ipsam solam oporteat multos 


22 У, Abhandlung: Schönbach. 


parvulos educare sine adjutorio. virgo vero nihil habet hujus- 
modi tribulationis, non timet verberari vel aliquid predictorum, 
et multo levius est ei ferre tunicam in dorso quam multos par- 
vulos in unco (l. utero); in nocte quiete dormire, quam multo- 
tiens pro lactando filium expergisci; se solam pascere quam 
multitudinem orphanorum. Geiz im Haushalt, Sanct. 79, 1: sed 
quidam adeo sunt avari, quod reservant illa, que remanserunt 
in mensa, et nihil vel modicum dant pauperibus, potius permit- 
tunt dari gallinis suis aut porcis quam Christo et proximis. aut 
permittunt potius putrefieri, similes lupis, qui omnia devorant, 
et si quid remanet, abscondunt vel usque ad putredinem reser- 
vant. quare et vos, matresfamilias, plus pulmenti apponite: 
invenit enim Christus quandoque panem, sed raro pulmenti, et 
scitis hominem non diu posse durare cum solo pane (aus der 
Mendikantenpraxis). sed sunt quidam adeo avari, quod nullum 
pro Deo hospitare volunt, immo quos pro denuo hospitio reci- 
piunt, in quantum possunt, decipiunt, a quibus indigent, nimis 
care vendendo. Fünf Pflichten einer guten Ehefrau, Sanct. 33,1: 
primum est honorare soceros. secundum est diligere maritum, 
etiamsi minus videatur uxorem diligere. tertium est regere fa- 
miliam, ne coram marito sit indisciplinata vel contendat, ne 
ancille turpiter agant, hoc enim vergeret in detrimentum ho- 
noris domine. quartum gubernare domum, ut omnia in domo 
sint munda, pulchra, nitida, ordinata, ne sit ibi aliquid feditatis, 
pulveris, fimi, quod oculos hospitis offendat; ne sit quasi stabu- 
lum immundum. sit etiam provida in rebus conservandis et 
dispensandis. quintum est, se irreprehensibilem in omnibus cu- 
stodire et bonam famam utique habere, ut omnes loquantur de 
ea bene et nullus male. hoc quinque multum valent ad dilee- 
tionem mariti obtinendam; si non est uxor pulchra multum, 
bona cura fit; si non multum nobilis aut pecuniosa. ille enim 
quinque conditiones pre omnibus conditionibus aliis merito suf- 
fieiunt, unde et hec filias suas doceat maritandas. Kindern wird 
die Nahrung zugemessen, Comm. 26, 6 (vgl. Studien 7, 36): sicut 
et medicine dieuntur dispensari, quando proportionaliter distri- 
buuntur. sicut autem parvulis, ut proficiant in augmentum, 
datur cibus debitus sub mensura. si enim indebitus daretur, 
ut venenum, vel inmensuratus, id est, supra modum nimius vel 
omnino nimis modicus, perirent. Körperliche Übung beim Er- 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 23 


ziehen, Spec. 58, 1: (que corpori sunt bona) unum est, dum 
modo sit in bono aére, exercitium corporale. secundum est ab- 
stinentia. Schwimmen, Freib. 1, 114^: et nota: qui vult natando 
aquam transire, necesse habet manus et pedes et etiam alia 
membra movere et caput erigere, ne submengatur. sic conjun- 
gatos per eleemosinarum largitionem et bonam operationem et 
alia membra in operibus penitentie, ne in aquis delectationum 
submergantur; et in hiis omnibus caput recte intentionis ad 
Deum erigere, et sicut potest transire. nota, quod sicut non est 
securum in aqua profunda alicui rei diu adherere et ibi stare, 
sic non est securum etiam proprie uxori nimio amore adherere, 
quia vehemens amator est. sed robur utendum est ad trans- 
eundum periculum sicut pertica. Kinder verziehen, Sanct. 225, 2: 
ut faciunt quedam matres, que tota die, mense vel anno loquun- 
tur de probitate filiorum, qui vix sunt sex vel octo annorum, 
eum tam modicum habeant probitatis, quod plus expendunt in 
die quam luerentur. verbum oportet ex multorum membrorum 
auxilio ad lucem deduci. vadit de pulmone ad cor, de corde 
ad guttur, de gutture ad linguam, de lingua ad dentes, a den- 
tibus ad labia; in quo significatur, quod verba non debent le- 
viter proferri. Sanct. 51, 1: parvulus pro pomo dulci, ovo vel alia 
re delectabili daret hereditatem suam; sie quidam adeo parvuli 
in fide, quod pro verbis delectabilibus et dulcibus fidem deserunt 
nobilissimam, que propter totum mundum a fideli anima поп 
deberet. Sanct. 56, 2: cum enim pueri ad nundinas veniunt, cum 
magnis mercimoniis mercari volentes, bonum forum inveniunt, 
et puer Jhesus venit, portans imperium, omnes volentes hoc 
comparare, bonum inveniunt forum. Freib. 1, 132°: breviter 
autem, quasi more puerorum balbutiendo, tangam. Vögel als 
Spielzeug der Müdchen, Sanct. 120, 2: moris virginum nobilium 
est plurimum diligere aviculas dulciter canentes, sic Beata Virgo 
in duleisona oratione multum delectatur, maxime autem in Бас 
salutatione, eum devote depromitur. Spec. 53, 3: nota, virgo 
sterilis est et cum magnis nescit occupari, sed amorem suum 
quasi totum reponit super vilia, inutilia et parvula, vel super 
asperiolos (spariolos, Freib. 1, 1314; auch die Römer kannten 
Eichhörnchen als ein Spielzeug der Mädchen, vgl. Forcellini unter 
sciurus), aviculas, catulos, buppas, annulos vitreos, serta et 
hujusmodi. — Hofkleider, Freib. 2, 66°: qui non potest venire 


24 V. Abhandlung: Schónbach. 


ad curiam magnam cum scarleto, veniat cum blavia tunica vel 
grisea, quod tantummodo non veniat nudus ut робо (= bufo, 
vgl. Diefenbach, Gloss. 410. 83), et tamen salvabitur. Eitelkeit 
der Kleider, Freib. 2, 91°: intemperantia vestium, quibus multe 
femine eternaliter occiduntur, que nimis supra modum in vesti- 
bus excedunt, ita ut etiam mariti ipsarum nimis graventur, ut 
satisfaciant superbiis earum. aliter enim ipsos quiescere die 
noctuque non permittunt. — quedam (Kupplerinnen) habent 
imagines meretricum pietas, quedam judearum per crocea pe- 
pla ete. Spec. 93, 2: aliquis socius diaboli est ita superbus de uno 
panniculo, non valente solidum, quod non deberet ita superbire, 
si omnes reges et principes mundi essent consanguinei sui, de 
omnibus castris mundi vel regnis vel divitiis. vel aliquis in nova 
tunica blavea, vel gladio, vel serto de parva pulcritudine et co- 
lore, quod, si esset Helena vel Hester vel ut sol, non tantum. 
Schönheit, Freib. 2, 89*: certe, o luxuriose, si persona, cum qua 
luxuriaris, tam pulchra esset, ut oculos haberet sicut sol, ca- 
pilos ut stelle, corpus ut celum vel aurora clarum, si diligenter 
penam considerares, quam prima hora, cum ad infernum du- 
ceris, sustinebis et que in eternum durabit, eam devitares, 
immo in caminum ignis potius quam ad luxuriandum ad ipsam 
intrares. Der Spiegel hat noch etwas Wunderbares an sich und 
wird daher leicht zum Zauberspiegel, zum Wunschding (vgl. 
Studien 2, 98 f), Freib. 2, 258%: est enim homo ut speculum. 
Domin. 104, 1: quanto enim speculum melius est tersum ac po- 
litum, tanto lucidius resultant imagines ex eodem. Sanct. 62, 1: 
quia sicut faciei mee imago ingrediendo et egrediendo speculum 
non frangit, sed integrum remanet, sic et ipsa concipiendo et 
pariendo virgo permansit et in eternum permanet; 1806, 1: si 
militer ut imago in speculo mihi vel tua tibi, et cum illa pul- 
chra est, delectatur homo in ea et libenter videt. sic ipse Deus 
in anima pulchra delectatur. — Gastfreundschaft (vgl. Studien 
2, 111 = Baumgb. 9746). Freib. 1, 138°: ‚шале, inquit (Michas), 
apud me et esto mihi parens‘ (Iudic. 17, 10), vriunt, ,debeoque 
tibi decem argenteos‘. die dominorum multos et magnos. ‚et 
vestem duplicem et quoad victum‘, chost, ,sunt necessaria‘. 
Gastmahl, Freib. 1, 19*: exemplum de convivio. mendico sufficit, 
quod habet unum ferculum, quia scit, quod totum ex gratia 
datur, quod habet. servo, quod duo, quia, qui aliquid servivit, 


- 


Stndien zur Geschichte der altdentschen Predigt, VIII. 25 


plus. ргіпсірі dantur octo vel decem. libenter vellet mendicus, 
quod debet sedere cum ргіпсіре supra, liceat поп audeat que- 
rere. sufficit ei, quod habet. — Tisch == Nahrung, Spec. 86, 1: 
mensa, in qua omnia membra desideranter cibantur et potantur, 
et juvantur corporis omnia (membra), omnibus subvenitur, sive 
sint utilia, nobilia, sive superiora et econtra, et eis bene fit, 
significat caritatis beneficium, voluntarium ad omnes, ad illos 
et ad illum. sumus enim omnes unum corpus in Domino, sin- 
guli autem alter alterius membra, etiam si te lesit aliquid, 
mensa ista est serena, perfectis optima, penitentibus et infirmis 
est misericors. Tischzucht, Spec. 15, 2: turpe esset, in mensa 
alieujus nobilis vel etiam alicujus rustici, hujusmodi comedere 
et os ut porcus. Freib. 1, 53°: qui ad magnum convivium ad 
magnos ire debet, antequam sedeat, manus lavat. Vgl. Freib. 
2, 211° (Studien 7, 29 f.). — Die Verwerflichkeit des Ehebruches 
(und der Unzucht), seine Gefahr, die Strafen dafür behandeln 
viele Stellen, Spec. 87, 2: tertium est: non mechaberis, quod 
similiter facile est observare (wie das 4. und 5. Gebot), quod 
ile juvenis dixit se servasse. facile est autem continere vel 
uxorem ducere, et utrumque est honorabile, quia continere est 
angelicum, contrahere humanum. sed fornicari turpe, quia est 
brutale, et ideo in occulto fit; matrimonium vero contrahitur in 
publico, quia contrahere honorificum est. unde, quanto plures 
intersunt, tanto honorabilius reputatur, et ideo institutum est, 
ut etiam in facie Ecclesie contrahatur (man sieht, wie verhültnis- 
mäßig neu die feierliche sakramentale Eheschließung in der 
Kirche für Bertholds Publikum noch war) vide ergo, utrum 
libentius velis esse in honore quasi angelus, caste vivendo et 
tamen gloriose salvari, vel in honore ut homo, naturaliter in 
matrimonio vivens et similiter salvari; vel sicut brutum, ut 
canis, equus vel cattus et hujusmodi, hinc inde vagando tur- 
piter, et dampnari. nam sicut brutum celum non introibit, sic 
nec tu. Freib. 1, 212°: miraris de hoc. non mireris. die, si ali- 
quis abduxisset tibi uxorem tuam et tibi mandaret, quod adhuc 
in futurum, post quatuor aut sex annos, postquam vetula et 
cecutiens esset, et postquam illa se satiasset, quod tibi nunc 
illam reddere vellet, die, quantum illum diligeres! ita die de 
Шо, qui te rebus tuis predatus fuisset et condempnaretur. item 
de illo, qui te incendisset et post tot annos cessare vellet; puto, 


26 У. Abhandlung: Schönbach. 


quod illum parum diligeres. ita Dominus te. satis Dominum 
molestasti; non tibi sufficit, sed adhuc diutius ipsum vis offen- 
dere et tune redire postea. tu facis contra preceptum Domini. 
Freib. 2, 110* (vgl. Studien 5, 89): maledictus, qui cum aliena 
incontinentia peccaverunt. est aliquis hic talis scolaris, puella, 
juvenis. — est forsitan aliquis vel aliqua hic, super cujus ma- 
num clamare deberent volucres plus quam super noctuam aat 
super cattum. immo canes latrare, lupi ululare, semina, que 
tangit, marcescere. — hoc quod aliquis est modo viginti anno- 
rum, qui plus peccavit hoc peccato quam aliquis olim septin- 
gentorum annorum. ubi estis, corvi et volucres, quod non de- 
vorastis talem manum? unum solum de hiis scio, qui confitebatur 
et martyr efficiebatur et multa sustinuit in penitentia. quis 
est?‘ non nominabo. peccare cum uxore parvum esset respectu 
illius. — ‚maledietus, qui dormit cum uxore patris sui“ (Deuter. 
21, 20). hoc est grave et Deo ita contrarium, quod nulla incon- 
tinentia tantum est mala, ut crudeliter loquar. qui illud tunc fe- 
cerint vel facerent, si habuisset duas consanguineas, vel illa 
duos consanguineos, non tantum peccasset. si duas sorores, 
immo, quod horribile est dietu, si matrem et filiam, et econ- 
verso. contra hanc non tantum duodecim tribus sanctorum, sed 
omnes angeli in celis, omnis Dei creatura clamet semper, ut 
omnes aves, pisces, quadrupedia, vermes, angeli, diaboli, et 
omnia alia. Comm. 29, 6: paucas enim video vel paucos, qui 
diligant suas pellices, vel qui diligant eos, qui cottidie et con 
tinue commercium habent cum uxoribus suis. Wenn Ehebruch 
erlaubt würe: omnes enim viri furto uxorum perirent; timerent 
enim femine, quod ab eis relinquerentur, si in aliquo offende- 
rent. parvuli quoque perirent, cum nullus sciret, quis esset pater, 
nec illum quisquam suum filium usurparet, et sic ex inopia 
matrum parvuli perirent. Sanct. 191, 1: vir non vult uxori re 
conciliari, si semel adulteratur, sed Deus peccatori libenter, 
quicquid etiam fecit, ut patet in Magdalena. Comm. 33, 6: sunt 
aliqui, qui libentius sufferrent magnam partem rerum suarum 
sibi subtrahi, quam hoc. citius paterentur occisionem patris, 
propriam vulnerationem, similiter uxor, quam illam, que ma- 
ritum suum sibi abstulit. Freib. 2, 136°: tanta erit pena tua 
(adulteri), ut Salomon, omnium mortalium, excepto Christo, in 
naturalibus sapientissimus, спі Dominus tam innumerabilem 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 91 


contulit sapientiam, ut harenam maris omnibus hominibus in- 
numerabilem, cum de omnibus naturalibus locutus fuisset, vide- 
licet de astris, de elementis, de arboribus a summa ad infimam, 
et de ceteris naturalibus — ut nunquam potuerit invenire nu- 
merum sive finem penarum ejus. Kupplerin (Studien 5, 89), Freib. 
2, 111°: cum aliter aditum habere non potest, portat pannum, 
ut sic habeat introitum. Abtreibung der Leibesfrucht (vgl. Studien 
2, 26), Comm. 29, 5: similiter, qui juvant juvenculas, ut aborsum 
patiantur (begehen Totschlag). Comm. 34, 1 = Freib. 2, 68°: 
quinti, qui partum necant corporaliter, quod fit quatuor modis: 
sive cum sterilitatem procurant, valde de facili impeditur, quod 
Deus non dat conceptum. item, cum in utero nondum vivificatus 
occiditur. tertio, cum occiditur vivificatus. Romanus Peniten- 
tialis Herbarius: vir aut mulier interfectores infantum, in ex- 
tremis vite cum venerint cum fletu, suscipite ad penitentiam. 
Rabanus: que per adulterium concepit idque occiderit, placuit 
vix in fine dandam esse communionem, eo quod scelus gemi- 
navit. sed si ex fornicatione, antiquis placuit usque ad exitum 
vite eas ab ecclesia removeri. humanius autem nunc diffinimus 
decem annorum tempus. unde sibi parcant femine a nimio la- 
bore post conceptum. omnia bruta sibi parcunt post conceptum. 
quarto, cum natus occiditur vel ponitur in loco, ubi mori 
oportet. nulla bestia simile facit, immo nec corvus infidelissimus 
usque post volatum. nam quelibet rationalis natura fetum suuin 
pascit, paganus, judeus, hereticus. immo irrationalis, aves, sues, 
bestie quoque et reptilia. si quereretur etiam a brutis, an pasce- 
rent fetus suos opere, responderent, quod sie, tam aves quam 
bestie quam etiam reptilia. immo quedam irrationabilia pascunt 
fetus alienos, ut quedam aves cuculum et perdix et jumenta, 
immo quedam lupe pueros. nulla in hoc mundo bestia similis 
est mulieri male. o malum omni malo pejus, mulier mala! non 
tamen que hoc fecerint, desperent, sed se emendent, et Domi- 
nus parcet. Vgl. in den deutschen Texten 1, 71, 26 ff. und 
Josef Haupt, Über das Arzneibuch des Meister Bartholomaeus 
1812 (WSB. 11, 32). Sanct. 99, 1 (vgl. Freib. 1, 242°): sicut fe- 
mine, que concipiunt, sed, quia incaute sunt nec sibi cavent, 
aborsum faciunt. quod aliquando fit ex parte corporis, ut ex 
pereussione, casu ab alto, gravi labore, vel ex vehementi saltu, 
aut ex passionibus anime, ira, tristitia, timore, ex frigore vel 


28 У. Abhandlung: Schönbach. 


calore superfluo. unde phisici pregnantibus prohibent longa 
balnea, quia partus, non valens sustinere nimium calorem, pro- 
perat ad exeundum ad aérem frigidum. aliquando ex egritudine, 
fame, siti longa aut satieate nimia, et multis aliis de causis, 
quas femine diligenter caveant. — ut quedam femine, que se 
putant impregnatas et valde gaudent, et habent intra se quam- 
dam carnem erudem (Hf. erudelem) et immundissimam, que 
quandoque movetur in utero, nec habet oculos nec aliqua mem- 
bra, sed est rotundus ut caput. et quia movetur quandoque, 
putant se impregnatas, et accidit quandoque inflatio mamillarum 
et repletio, sed decepte sunt, quia est, quod dicitur ‚mola‘. et 
quandoque habent illud in se plus quam per annum, ex quo 
multe earum moriuntur. Diese Predigt war für Frauen be- 
stimmt. Die mola kennt auch die heutige Medizin, ebenso die 
des Volkes, wo sie als ,Wasserkalb, Aberkalb‘ bezeichnet und 
für einen Wechselbalg gehalten wird. Vgl. Höfler, Zeitschr. des 
Vereins für Volkskunde 6, 57. Dazu Freib. 1, 215?: quedam 
vero vix vel unquam parere possunt, licet omnes difficulter, et 
bujus diffieultatis causa est multiplex. aliquando ex ipsa mu- 
liere, aut quia debilis passa infirmitates vel famem, vel nimis 
timida et hujusmodi. vel ex parte fetus, quia magnus, vel quia 
filia, vel quia debilis et non juvat se in descensu et hujusmodi, 
aut quia nimis pinguis. 

Was aus Berthold über den Begriff der Heimat, über da: 
römische Reich zu erfahren ist, das findet sich schon an früheren 
Stellen verzeichnet (z. B. Studien 7, 29). Als Quelle der Macht 
der alten Römer wird der Gehorsam bezeichnet, Spec. 83, 5 
gemäß 1 Mach. 9, 1ff., besonders 16: — ut significatur in Ro- 
manis: omnes obediunt uni, ideo super omnes fuerunt exaltati. 
Lehrreich sind Bertholds Angaben über die Stände der Menschen. 
Während die Dreigliederung der menschlichen Gesellschaft in 
Adel, Freie und Unfreie bei den Germanen uralt ist (Grimm, 
Rechtsaltert.* 1, 311 ff), wurde die moderne Auffassung der 
menschlichen Stünde, wie schon das langsame Aufkommen der 
Worte dafür status und stant lehrt, erst im späteren Mittel 
alter ausgebildet. Bei Berthold ist zwar das Betreben, nach 
Ständen zu gruppieren, sehr deutlich ausgeprägt, die Zahl der 
Stände ist jedoch sehr verschieden und wechselt je nach der 
aus der historia (Studien 6, 61) abzuleitenden Disposition und 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 20 


den Einteilungsgründen im besonderen Falle. Allerdings läßt 
sich nicht verkennen, daß bei allen vorgenommenen Gliederun- 
gen ein gewisses Prinzip kirchlicher Auffassung durchsteht, das 
sich im Gegensatz zu den älteren germanischen Anschauungen 
befindet. Man erkennt, daß zu Bertholds Zeit die Dinge sich 
noch nicht festgelegt hatten, daß noch alles im Werden be- 
griffen war, aber man merkt auch, wie die Grundlagen der 
modernen Sonderung in Stände sich bilden. Sechs Stände nimmt 
Berthold an Comm. 44, 3: cum autem sex sunt genera homi- 
num in Ecclesia, scilicet religiosi (== claustrales), clerici, mi- 
lites sive nobiles, mercatores sive mechanici, rustici, familiares 
et femine. [Nicht damit deckt sich die in demselben Stück 
vorangehende Einteilung der Heiligen, die zunüchst zwei Klassen 
von Mürtyrern unterscheidet, dann: tertius et quartus exercitus 
sanctorum sunt duo genera judicum, primus judices seculares, 
ut sanetus Karulus rex, sanctus Heinricus imperator (Studien 
1, 23 f.) et alii quamplures, licet tales nunc rari sint in Ec- 
clesia. secundus judices spirituales, ut beatus Nicolaus, Martinus 
et alii plurimi pape, episcopi, prelati etc. duo genera religioso- 
rum: primus, qui sine claustro ducunt vitam religiosam; se- 
cundi boni claustrales diversorum ordinum, ut Benedicti, Fran- 
cisci еіс.) Spec. 64, 3 = Freib. 2, 35° wird die Gliederung in 
sechs Stände an die sechs Tore der Stadt Jerusalem geschlossen, 
deren jedes zwei Flügel hat. genera sunt sex: nobiles, clerici, 
utrique religiosi, id est claustrales et non claustrales, merca- 
tores seu mechanici, similiter servitiales et femine. — una 
porta, que dicitur judiciaria vel judicialis, est vita nobilium 
sive judicum, quibus hominibus Dominus contulit res et honores. 
duplex ejus valva, sunt duo, que vite nobilium attinent et sunt 
necessaria. primum est, ut sint humiles et valde timentes 
Deum. unde Dominus mandavit divitibus hujus seculi, quod 
precipue debent Deum multum timere, quia, cum quandoque 
inferiores peccant, puniuntur graviter per judicem vel plebanum, 
per vicinos arguuntur; sed nullus est, qui audeat dicere illis 
veritatem vel punire eorum excessus. sed omnes durissimo ju- 
dicio reservantur. ideo multum timeant sibi et sint humiles, 
quia Deus non curat de superbia et de humilitate vestra, ut 
de infimo leproso. in nullo habet vos Deus altiores quam nos 
alios. sunt quidam et quedam, que extollunt super nos, quia 


30 У, Abhandlung: Schönbach. 


nobiles vel vestite. decepti sunt omnino, quia nullus coram Deo 
altior, nisi qui est melior et plura bona facit. — зі adulterantur, 
non reprehenduntur; si hoc vel hoc faciunt, si injustum auxi- 
lium prebent amicis etc. — quia digni sunt morte. — secundum 
est, ut subditos ab injuriis aliorum, pro posse et in quantum de- 
bent, defendant per suum judicium. ipsi enim illos pro posse 
tueri tenentur, ut parentes majores fetum suum minorem. juste 
debent judicare, non respiciendo personam cujuscunque, sed 
causam. — et sicut eos ab aliis defendunt, ita ipsi eos non le- 
dant. tantum esset eis, ut unus lupus raperet eis ovem sicut 
alius. estne verum? non debetis facere, cum sitis nobiles, ut 
rusticorum ignobiles magni canes, qui pro posse custodiunt ca- 
daver et fugant corvos, picas, parvos canes — sed ut ipsi ro 
dant et consumant. — secunda porta clericorum. prima valva 
lucida vita, — ut laici in eorum vita videant, qualiter vivere 
et placere Domino debeant. unde in festo sanctorum clericorum 
legitur in evangelio: ‚vos estis lux mundi‘ (Matth. 5, 14). se- 
cunda valva est, ut in omnibus sibi commissis a Deo sic ordi- 
nate et debite cireueant (Germanismus: umbe gen), sicut Domi- 
nus eis commisit, videlicet cum sacramentis, cum baptismo, 
penitentia, oleo sancto, verbo Dei, cum corpore et sanguine 
Christi, cum animabus sibi commissis, cum patrimonio crucifixi. 
(Die 3.—6. Pforte sind mit besonderen roten Überschriften aus- 
gestattet.) — tertia (porta) vita religiosorum. prima (valva) pu- 
ritas; secunda: si sint elaustrales, ut exterius in corpore servent, 
que regula, ordo et prelatus suus sibi precipiunt. (Der Unter 
schied war hauptsüchlich durch die Minoriten wichtig geworden.) 
si vero non es claustralis, sint, ut dixi, mundi cordis et bone 
conscientie. — (Studien 7, 26). et bene per portam piscium si- 
gnificantur religiosi, qui multum silent et se ab hominibus ab- 
scondunt et nudi sunt et captivi. — quarta porta vita merca- 
torum et mechanicorum. — qui nunc hic nunc ibi ratione lucri, 
nunc huc nunc illuc discurrunt. — due valve sunt duo, que 
attinent veraciter vite eorum. una, ut suis coofficiatis studeant 
non invidere, sed permittant Deo res suas dare, ubi voluerit, 
quia tamen propter invidiam illorum dare non desinit..— in 
hoc quidam rustici et mechanici plurimum offendunt. secunda 
valva, ut res injusto modo non conquirant, quemadmodum qui- 
dam, qui dominicis diebus nunquam quiescunt; quidam, qui in 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 31 


domibus suis mala fieri permittunt causa lucri; quidam, qui 
semper perjurant, immo sepe pejerant; ut qui preemunt qui- 
dam, qui carius in certum terminum vendunt; quidam, qui fu- 
rantur, ut quidam molendinarii, qui non per se, sed servi eorum, 
puli eorum et porci eorum et circulus (= hominum coetus 
collectus, Du Cange 2, 339) furantur. sed dicit mercator vel 
mechanicus: ,quid ergo faciemus?' (Matth. 6, 34). — quinta porta 
vita servitialium. — quos in luto et in quibuslibet vilibus locis 
laborare oportet, cito autem ab hujusmodi liberabuntur. — 
fideles sint tam Domino celesti quam terreno. terreno, ut tam 
in opere quam in rebus sint ei fideles, ut videlicet non furentur 
et in opere non otientur etc. — debet etiam esse fidelis Do- 
mino celesti in corpore suo, ut videlicet illud corpus, quod ei 
dedit, sibi mundum et castum custodiat. hoc enim eis est ne- 
cessarium, cum sepe simul oporteat servos et ancillas laborare. 
et quantum Dominus diligit senum largitatem, tantum juvenum 
castitatem, quia utraque rara est et ideo cara. secunda valva 
est, ut nichil pro timore dominorum terrenorum faciant aliquo 
modo, quod sit contra Dominum celestem, nec graminando nec 
pabulando nec alios decipiendo nec feminas eis ducendo nec 
proximum pro eis ledendo. sexta porta vita feminarum. prima 
valva humilitas, quam tantum Dominus in eis diligit, quod nul- 
lam virtutem, nullum bonum, nullam sanctitatem, nichil quod 
agere vel pati posset homo, tantum remunerat Deus, quan- 
tum humilitatem cujusdam femine (Maria) remuneravit. dic. 
quod sancti multa bona pro Domino fecerunt et multa mala 
pertulerunt, unde eam super omnes apostolos, qui multos pre- 
dicando converterunt, locavit, super illum et illum. dic aliquos 
in speciali ordine, si vis. super omnes martires, qui multa per- 
tulerunt. super omnes virgines. super confeminas, que multum 
jejunaverunt et 3e flagellaverunt et talia bona fecerunt. et econtra 
nullum peccatum tantum hic punivit in feminis ut superbiam 
unius femine, non homicidia, non hoc et hoc. et mirum, quod 
tota superbia vestra est in panniculis (quod dic sepe!) in pan- 
niculis, pro quibus dampnabimini. alique, que etiam videntur 
bone, ardent pro vilibus suis panniculis, qui quandoque vix 
valent unam marcam vel dimidiam vel quinque solidos, vel de- 
cem vel quadraginta vel octoginta vel centum annos, vel valde 
superbe, licet non agnoscant, mille milia et in eternum.  mise- 


32 V. Abhandlung: Schönbach. 


rabile! si pro castro, si pro comitia tantum vellent ardere, ali- 
quid esset. si pro provincia, principatu, si pro regno, pro decem 
regnis, pro centum, pro mille, hoc tamen esset adhuc magna 
fatuitas. sed quod pro vili panniculo et pro hederlino vult tan- 
tum et tantum ardere, et insuper tanto et tanto bono carere, 
hoc maxima stultitia est omnium stultitiarum. quod Julius re- 
gnum celorum perdidit, quia regnum violenter optinere voluit, 
aliquid fuit. quod Alexander, quia mundum, quod Nabuchodo- 
nosor, quia tantum de terra capere potuit, sed quod femina pro 
vili panniculo — (Studien 2, 25 f.). — Neun Stände, Freib. 2, 31°: 
novem ordines in Ecclesia christianorum officiorum dicuntur. 
officium clericorum, quod est summum in dignitate; religioso- 
rum, nobilium sive militum, hii sunt superiores. alii septem sunt 
— vgl. Studien 5, 85. Lehrreich ist die variierende Fassung 
derselben Stelle Sanct. 31, 1 (Studien 5, 29), wo zehn Stände 
gezühlt werden: primus ordo sive primum officium hominum in 
Ecclesia, qui per primum significatur servum, dicitur clerus, 
qui primus est in dignitate, et si bene se in officio suo habuit, 
valde magnus erit in remuneratione. secundus religiosorum, ter- 
tius nobilium sive judicum. hii tres ordines sunt principaliores 
in Ecclesia et altiores. septem sequentes sunt septem genera 
fidelium deditorum artibus mechanicis vel manualibus, qui of- 
ficia sua manibus exercent, quibus fideles in Ecclesia susten- 
tantur. unum illorum dicitur lanificium sive operimentale. omnes 
igitur textores, caleifices sunt sub hoc officio. hoc, scilicet lani- 
fieium, comprehendit in se omnia, que ad vestitum pertinent: 
texere, consuere, nere etc. secunda dicitur architectoria, hec 
omnia comprehendit, que ad edificia, utensilia et instrumenta 
pertinent in lignis, lapidibus, metallis, luto, coloribus, celaturis, 
sculpturis, dolaturis. tertia navigatio, choufhantwerc, hec omnia 
comprehendit, que ad vecturas et mercatum in emendo et ven 
dendo, commutando rebus. quarta agricultura, hec omnia com- 
prehendit, que ad agrieulturam terre pertinent in agris, pratis, 
ut arare, seminare, metere in hortis, silvis, arboribus ete. quinta 
venatio, hec omnia comprehendit, que ad cibum pertinent in 
carnibus, avibus, piscibus, decoctionibus, salsamentis et potibus. 
unum ejus species sunt ferinum (sonst ferina, vgl. Du Cange 
3, 438 f), aucupium, piscatio, et comprehendit cocos, pistores, 
vinitores, braxatores, carnifices et breviter omnes tractantes, 


Stadien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 33 


que comedi et bibi possunt. sexta medicinalis practica, hoc con- 
tinet omnia ad medicandum pertinentia; hujus species sunt cy- 
rurgia, pharmacia et dieta. septima theatrica — (Stud. 2, 56 f.). 
— Elf Stände, Freib. 2, 2312: undecim cornua sunt undecim 
genera laicorum, que imperium sub se habent, unum semper 
sub alio, qui omnes іп judicio erunt equales, nisi іп quantum 
bonitas extollit. primum sunt reges Ecclesie, secundum provin- 
ciales, tertium comites, quartum barones, quintum judices, sex- 
tum milites communes, septimum mercatores, octavum artifices, 
nonum rustici, decimum otiosi sive vagi, decimum primum et 
in se pessimi armigeri. — Zwölf Stände, Domin. 138, 2: hec 
sunt secundum distinctionem unam duodecim genera hominum 
in Ecclesia: primi sunt principes, quos vere amare lugere potuit 
in cruce, quia multi eorum, etsi non omnes, diabolum secuntur. 
secundum genus nobiles. tertium consiliarii dominorum. quar- 
tum inferiores milites. quintum familia predictorum. sextum 
judices. septimum advocati causidiei. octavum mercatores. no- 
num rustici. decimum commune vulgus. decimum primum cle- 
rici. decimum secundum religiosi. Freib. 1, 126° (von den zwölf 
Stämmen Israels werden nur zehn zur Disposition verwendet, 
daher ist die Aufteilung in Stünde mangelhaft, es fehlen z. B. 
die Edelleute und Stadtbürger): dico igitur ex parte Dei primo 
filio Ruben — id est, primis in Ecclesia, videlicet principibus 
nobilibus, id est, domino pape, imperatori, cardinalibus, patri- 
archis, regibus etc., ut, cum venerit Dominus terre, immo celi 
et terre, ut coram eo devote et humiliter genuflectant, cum 
tribus regibus de equis descendentes. — secundo filio Levi — 
a quo prelati Veteris Testamenti ortum habuerunt, videlicet 
prelatis omnibus, decanis, prepositis, abbatibus, presbiteris, 
archidiaconis et aliis omnibus. — tertio ordini Jude — videlicet 
clericis, acolitis, ceroferariis (— qui cereum defert in ecclesia- 
sticis ceremoniis, Du Cange 2, 274), subdiaconis, diaconis, cano- 
nicis et omnibus aliis clericis. — quarto filio Nephtalim — religiosis 
monachis, Predicatoribus, Minoribus, Templariis, Hospitalariis, 
heremitis, inclusis sororibus. — quinto ordini Авег — merca- 
toribus, qui secundum tria genera comparant vel vendunt, id 
est, secundum numerum, pondus et mensuram, etiamsi interim 
numerant, ponderant et mensurant, vel comparant aut vendunt, 


si bono modo fieri potest, cito e manibus omnia deponant et 
Sitzungsber, d, phil.-hist. Kl. 155. Bd. 5. Abh. 3 


34 У, Abhandlung: Schönbach. 


coram Domino terre procidant et adorent. — sexto ordini Za- 
bulon — qui significat laboratores omnes artifices, carnifices, 
sutores etc., qui etiam in nocte laborare consueverunt, ut susten- 
tentur. — septimo ordini Gad — significat rusticos in quocun- 
que labore agri, horti, prati, qui, quantumcunque laborant, quasi 
semper infortuna (1. infortunium? im Sinne von maleficium, 
scelus, vgl. Du Cange 4, 351) sequitur eos malorum dominorum. 


— octavo ordini Ysachar — significat omnes, qui servitiis alio- 
rum omnium predictorum occupantur, ut scutiferi, servi, ancille 
etc. — nono ordini Dan — genus Antichristi, genus peccan- 


tium, qui contrarii sunt Christo et ei se per inobedientiam op 
ponunt, videlicet omnes peccatores, homicide, adulteri etc. — 
decimum Benjamin — omnes parvuli, scolares, servuli, ancillule, 
domicelli, domicelle, parvuli et, si possibile esset, in utero existen- 
tes, ut Johannes Baptista. — Verschiedene Einteilung der Stände, 
Domin. 45, 2 (Studien 7, 114 f.): nota: licet multiplex sit divisio 
diversorum statuum hominum, quia nunc in quatuor, nunc in 
decem, nunc sie, nunc sic dividuntur, ita etiam secundum unam 
divisionem dividitur quandoque status hominum in duodecim. 
non tantum, quod equalis sit proportio cujuslibet divisionis, nam 
una pars potest esse majoris numeri in decuplo vel centuplo 
quam alia. unde hic caute est loquendum, ne homines despe- 
rent. cum igitur in duodecim partes status hominum dividitur, 
non tamen equales ex eis decem partes excedunt vel cedunt 
diabolo, et due tantum Deo. quantum autem ille decem preva- 
leant et quantum sint majoris numeri, nullus sciet nec scire 
potest aliquo modo, nisi forte per revelationem. quod autem 
secundum unam divisionem decem partes cedant diabolo et due 
Domino, licet tamen, ut dixi, nesciatur, in qua proportione nu- 
meri excedant — іп qualicunque numero excedat numerus 
dampnatorum numerum electorum, hoc enim solus Deus novit. 
Wieder anders Comm. 21, 4. 

Vom Kaiser gehen die weltlichen Würden aus, Comm. 9,5: 
— non tamen quasi fabulam: sialicui pro certo diceretur, quod 
imperator sibi comitatum vel ducatum vel regnum firmiter dare 
disponeret (Urkundenausdrücke), diu libenter pro hoc laboraret. 
Spec. 48, 2: magnum esset alicui supervenienti de exilio sedere 
coram omnibus in trono imperatoris vel regis cum eo, et hoc 
promittit Christus. Sanet. 103,1: nota, imperator dilectam sponsam 


Studien zur Geschichte der altdeutschon Predigt. VIII. 35 


suam non committit cuilibet, sed de quibus maxime presumit. 
Das könnte sich sehr wohl nur auf ein historisches Vorkomm- 
nis zur Zeit Kaiser Friedrichs IL. beziehen. — Bezeichnend 
scheint mir, daß die Zahl der Stellen, an denen Berthold bei- 
spielsweise von einem König spricht, sehr viel größer ist als 
die, an denen er des Kaisers gedenkt. Ein großer Teil von Ber- 
tholds Leben fällt eben mit der kaiserlosen Zeit des 13. Jahr- 
hunderts zusammen. Krönung des Königs, Sanct. 183, 1: nota 
igitur, cum rex terrenus debet produci et coronari, archiepisco- 
pus exeuntem de thalamo benedicit. postea duo episcopi illum 
suscipiunt dextera levaque honorifice, habentes reliquias in collo 
pendentes, ceteri autem clerici, sollempni apparatu ornati, pre- 
cedente sancto evangelio et duabus crucibus cum incenso boni 
odoris ducunt ipsum ad ecclesiam cantantes versum: ‚Кесе mitto 
angelum‘ (Luc. 7, 27), plebe sequente. ad ostium atrii eeclesie 
stabit clerus et archiepiscopus eum primo cum oratione bene- 
dicet, post intrantes, ante chorum pallia et arma deponit et per 
manus episcoporum in chorum introductus usque ad gradum 
altaris, cuncto pavimento palliolis contecto, orant pro ipso. post 
archiepiscopus eum benedicit et ungit in regem oleo sancto in 
capite, pectore, scapulis, in ambabus compagibus brachiorum 
dicens: ,ungo te in regem in nomine Patris et Filii et Spiritus 
Sancti', et dicunt: ‚Amen‘. post datur ei sceptrum et baculus. 
tunc archiepiscopus reverenter ei coronam imponit, et ad solium 
ab episcopis honorifice ducitur. post dat illis oscula pacis et 
cunctus clerus gaudens sonantibus campanis concinit: Te Deum, 
cantante populo Kyrileis. et archiepiscopus missam celebrat plena 
processione. post fit convivium magnum. Diesem Zeremoniell 
entspricht das der Aufnahme eines neuen Heiligen in den 
Himmel. Comm. 29, 4: honorantur enim reges, non tantum quia 
boni, sed etiam quia super populum inuncti et coronati. Sanct. 
151, 2: quemadmodum securior est filius regis, quod rex ipsum 
non condempnabit, quam ejus capitalis inimicus. 67, 2: de om- 
nibus largissimis regibus legimus, quod tantum partem regni 
dare amicis suis voluerunt, vel ad plus medium, ut Assuerus, 
Herodes; Christus vero totum. Domin. 117, 1: si rex inimicum 
suum, qui multa mala ei intulisset, captivasset et multa ei tor- 
mentorum genera preparasset et diceret, ut tantummodo hoc non 


iteraret, et se fecisse doleret, et sic eum nunquam ledere vellet, 
3* 


36 V. Abhandlung: Schönbach, 


insuper immo multa bona illi daturum se sponderet, et ille e 
converso omnia hec contempnaret nec eum offendere curaret, 
nonne digne puniri deberet? Sanct. 133, 2: nam si frater alı- 
eujus paupercule persone summus et intimus consiliarius regis 
efficeretur, magna esset ibi gloria, sic etc. 231, 2: pone exem- 
plum de paupere, quanta esset ejus letitia, si rex ipse de pa- 
latio sibi occurreret. Freib. 2, 180?: si quis regi apportaret vas 
vel scutellam plenam muscis mortuis, pro balsamo non daret, 
immo esset derisio. Freib. 1, 39°: similiter et quidam reges et 
divites viderunt, quod alii divitias non bene diviserunt, ideo 
tenuerunt pro causa dicta et etiam, ut pauperes defendant, 
habent illas, quia per eorum potentiam terrentur mali, ne audeant 
pauperes opprimere, sicut lupus non audet oves invadere pre- 
sente pastore. 166°: si rex magnus tugurium leprosi intraret, 
miraremur. quis? Dominus omnipotens ad proprios servos et 
viles. 125°: exemplum: si rex se dare promitteret cuilibet pau- 
peri venienti ad se decem marcas auri, et cum quidam pauperes 
diu ibi expectassent, sed rege appropinquante recederunt, sicut 
hii omnino stulti essent, sic etc. tales sunt ut quidam stulti pau- 
peres, qui magnam eleemosinam diu expectantes, cum jam dari 
debet, recedunt. Fürst gibt dem Kaiser drei Erbsen, Spec. 13, 1: 
si magnus princeps veniret et fieret sibi cessio, offerret impe- 
ratori tres pisas, derisio esset omnibus. ita est de religioso, qui 
debet esse quasi princeps et magnus coram Domino. Hofdiener, 
Comm. 36, 4: qui enim pauperes alios spernunt et conculcant, 
ipsi spernentur et conculcabuntur a dominis suis, et extrahentur 
eis dentes, donec reddant, quicquid extorserant. ut fit torculari, 
quod valde comprimitur, donec reddat, quod in se recepit. 
Versus: maxima queque domus est servis plena superbis; sunt 
et dicuntur miseri, qui castra secuntur. servi curiales. hujus- 
modi enim semper comedunt alienum, ideo nesciunt quomodo 
vivere et superbe incedunt. — neque enim modestiam habent 
in gestu nec pudicitiam in habitu nec abstinentiam in cibo nec 
verecundiam in verbo, missas non audiunt, operibus misericordie 
non insistunt, predicationes contempnunt, sibi invicem invident 
et detrahunt, dum unus vult alteri preeminere, invident, dum 
in gratia dominorum alter alteri prefertur. Beamte, Comm. 42, 4: 
ut officiales quidam et alii quandoque faciunt, qui ex ima parte 
extorquent a subditis, ex alia parte non dant dominis, sed semper 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 37 


vel totum vel partem sibi reservant. Siegel, Sanct. 149, 2: sieut 
enim cera impressa celatissimo sigillo nunquam quiescit, nisi 
eidem imprimatur, ibi enim ubique quiescit, sic nec anima, nisi 
ad Deum revertatur, ad cujus imaginem est creata. Comm. 
16, 4 = Freib. 2, 150%: si cera imprimatur alicui sigillo, etiam 
si postea deferatur per totum mundum et omnibus sigillis adap- 
tetur, nulli perfecte adaptabitur nisi primo. sic est de anima 
ad imaginem Dei facta. Siegel des Papstes, Studien 7, 121. — 
Krieg, Freib. 2, 79°: quando aliquis habet gwerras, ut sua re- 
cuperet, plus valet, quod ipse in gwerra expendit, quam quod 
ibi acquirit. quando vero ad hoc, ut vindicet fratrem vel co- 
gnatum sibi, nulla utilitas ex hoc sequitur illi, qui mortuus est. 
melius ei esset, quod procuraretur, quod homo pro anima ejus 
iret trans mare vel quod processio fieret a ministris Dei super 
interfectum cum aqua benedicta et cruce, non cum igne male- 
dicto et lanceis et vexillis, sicut a diaboli ministris multoties fit. 
— dubius eventus belli, quandoque enim illi, qui fortiorem se 
credit in bello, deterius accidit. dic exempla multa de Biblia. 
Dazu das Sprichwort Studien 2, 102. Kriegsknechte, milites 
(nicht immer läßt sich bei den Klagen des Predigers genau 
feststellen, ob unter milites Adelige oder Kriegsleute schlecht- 
weg verstanden werden), Domin. 65, 1 — Freib. 2, 83": octava 
plaga (Agyptens) fuit locusta, cujus non erat numerus et operuit 
faciem terre, ut nec quicquam ejus appareret, et impleverat 
domos omnium Egyptiorum, ut dicitur in Exodo (10, 1— 29, 
besonders 14 ff), tanta, quam non viderunt patres nostri, et 
comederunt et corroserunt omnia, que residua erant grandini, 
vastantes omnia. locuste sunt armigeri. locuste enim plus quam 
cetera animalia minuta frugibus nocent, ut hic dicit Glosa, sic 
et ipsi plus nocent hominibus temporaliter quam ceteri ignobiles. 
quicquid enim grandini, id est dominis, remanet, consumunt 
totaliter et corrodunt omnino pauperes. sunt enim ipsi de terra, 
scilicet de rusticana progenie, ideo profundius et nequius sciunt 
in domibus pauperum minutas res eorum perscrutari, et faciunt, 
quod nobiles invito facerent. sic et ipsi plus nocent hominibus. 
de hae materia, si vis, quere in Apok. ІХ (9, 3ff.) de locustis, 
que exierunt de puteo abyssi et fuerunt armate et cruciaverunt 
homines nimis quinque mensibus et habebant super se regem, 
angelum abyssi, cui nomen hebraico Zabaddon, grece Appolion, 


38 V. Abhandiuog: Schönbach. 


latine: ,exterminans'. Sanct. 177, 2: ita dic de armigeris, qui 
rapere possent ut alii armigeri mali, si vellent. Freib. 1, 240° 
(vgl. Studien 7, 36): et quia modo multi illorum (Kriegsleute 
des Kónigs) sunt luxuriosi, ideo illorum animositas est, quod 
incendunt villas, domum vidue vel molendinum (die Mühle ist 
dem Interesse des Dorfes dienstbar und wird daher besonders 
hervorgehoben) vel rusticum occidant vel ecclesiam spolient et 
boves vel capras agitent et sequantur etc. semper dicit: ,bello 
cum illo domino vel cum Шо‘. falsum est, sed cum capris, bes, 
bobus, viduis, cum domo rustici et molendino. hoc bellum etiam 
sciret vilis ancilla, quod ante se agitaret capras etc. et ignem 
apponere ad domum. quam viriles sunt milites nostri, bellatores 
nostri! Freib. 1, 222*: sieut dux plus diligit militem, qui fugit, 
sed post fugam strenue agit, quam multos alios, qui nec fugiunt 
nec ibi fortiter pugnant. Comm. 2, 5: non libenter sequitur miles 
dominum illum, qui non potest sibi restituere equum suum, si in 
servitio suo eum amiserit. Pferd, Eigenschaften (vgl. mein Buch 
über Hartmann von Aue, 8. 319 f; Reinhold Köhler, Kleine 
Schriften 3, 33 f.), Spec. 72, 4, die 32. Predigt, fehlt bei Jakob 
S. 102 und ist im Lips. 496 rot überschrieben: Equus debet habere 
sex laudabiles naturas, ita debet habere religiosus. Dort heißt 
es 12, 5: debet igitur habere equus caput exiguum, pelle prope 
ossibus adherente; oculos magnos, quasi ante caput jacentes; 
aures breves et argutas, quasi in ante porrectas; latus longum 
substrictum; crura fortia, sicca et equaliter a genu usque ad 
pedem porrecta; item ut sit corpore fortis et altus. Das wird 
dann noch im einzelnen verbandelt, wobei sich mehrfach 
deutsche Ausdrücke angewandt finden (Stud. 5, 64): — ut habeat 
aures non magnas et erectas et collum erectum, ut de altis, de 
celestibus libenter audiat et loquatur, non de istis inferioribus. 
— crura fortia et a genu plana — intentiones, ut plane pro 
Deo faciat bona, que facit. multi enim versus cantantur, locu- 
tiones leguntur (im besonderen kirchlichen Sinne), ministeria 
fiunt, eleemosine dantur, sacrificia etc., pro quibus Deus nun 
quam remunerat. — ut fortis sit et altus. — item Dominus in 
religioso, ut nobilis in equo, sex bonos mores singulariter querit, 
contra sex mores pessimos vel vitia, que detestatur singulariter 
et supra modum, ita quod multo minus pretium pro ipso dat. 
— unum est, si habeat ita durum os, ut freno teneri non possit, 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 39 


sed currat, quocunque velit. nam tales quandoque portant et 
se et sessores in precipitium vel inter inimicos. — unum est, 
quod faciliter cum freno ducatur. — secundum vitium, sunt 
stationarii, nec ulterius induci possunt, ut multi religiosi, quasi 
omnes, quorum alius vadit, quantum aliquis per annum pro- 
fecisset, et sibi subsistit, alius, quantum quis per duos etc. 
(Studien 5, 64.) — item tertium est: in aquam se non immergere, 
ut quidem, et dominos submergunt et periclitant in nimiam car- 
nalitatem. — quartum est (Studien 5, 64): plane ire, non nimis 
cespitare, ut quidam equi, quos oportet semper in custodia te- 
neri, aliter graviter cespitant, struchent, id est, aliter sepe ca- 
dunt, ilii sunt in statu periculoso. quintum est formido inutilis 
et inordinata et stulta, ut equi umbratici. — Mit meiner Auf- 
fassung dieser Stelle (Studien 2, 16f.), die sich auch auf Du 
Cange 8, 365 stützte, ist Roediger nicht einverstanden, er nimmt 
wmbratilis, umbraticus als Bezeichnung eines Pferdes, das an 
der umbra leidet, einer Augenkrankheit == mhd. scheme, nhd. 
Schemen, und beruft sich auf Lexer 2, 698. DWtb. 8, 2538, 
Nr. 5. — sextum: mali mores (equi), mordent quidam homines, 
equos secum stare non permittunt, calce feriunt, non se suffe- 
runt ascendi etc. sic quidam religiosi ita sunt feroces, feri, im- 
portuni et crudeles, quod, cum tempus crudelitatis venerit, nullus 
cum eis pacem habeat, verbis nunc illum turbando, nunc illum. 
cum non sunt moti, satis sunt tolerabiles; cum vero ab aliquo 
moventur, nullus cum eis pacem habet. Domin. 92, 1: caro enim 
nostra est ut equus stationarius, qui, quanto magis quiescere 
permittitur, tanto plus deterioratus est; etiam ut aqua, que, cum 
non movetur, putrescere et fetere incipit; sic et corpus, si per 
castigationem discretam non exercitatur, de die in diem pejo- 
ratur. Freib. 1, 161^: quid est pinguedo corporis nisi stercus? 
qui igitur stercus contra se cumulat, citius putrescit. equus, si 
diu otiosus stat in stabulo, vilescit. moderatio commodi et pabuli. 
sana est corpori et anime. inde divites sepius egrotant quam 
pauperes. Spec. 62, 5: exemplum de equo, qui, nisi cito dometur 
vel ambulare informetur, non mansuescit et trotare vix resistet. 
exemplum de virgula. exemplum de instructione parvorum. 
exemplum in curatione gravium infirmitatum. nemo repente fit 
summus, vel vix aliquis, exceptis martyribus. Freib. 1, 192": 
etiam beatus Augustinus comparat corpus equo et animam sive 


40 V. Abhandlung: Schönbach. 


spiritum sessori. si equus infrenatur, recte incedit. si non, per 
quecunque devia currit et se et sessorem precipitat vel sic aut 
sie occidit. sic et corpus facit anime. 1, 240": ideo studet dia- 
bolus eos ad peccatum inducere, quia scit, quod equus antiquus 
non de facili discit ambulare et canis antiquus fune trahi, ve- 
stimenta luto putrefacta non de facili lavari posse, lupus antiquus 
domari. ideo, vos pueri, cavete peccatum et intendite bono. 
Spec. 67, 5 — Sanct. 204, 2: dilectus homo exterior, cum incras- 
satur, recaleitrat spiritui, sicut palefridus abbatis, qui duplicem 
habet prebendam (et otiatur), hinnit et recaleitrat et quandoque 
sessorem suum precipitat. runcinus enim rustici, qui multum 
laborat et durius pascitur, quando a carruca (carra) solvitur, in 
pace capite demisso ad stabulum revertitur. 

Adel und Herren — am Wappen zu erkennen. Freib. 2, 
42? — Studien 5, 85. Einleitung, Baumgb. Rust. de Sanctis, Nr. 9 
(149): per latus Aquilonis significantur nobiles seculi, qui frigido 
vento, id est, tumultibus seculi expositi sunt. quorum sunt tria 
genera: primi sunt reges et principes; secundi comites, baroni 
et liberi; tertii milites et confinitimorum judices. Freib. 1, 20°: 
potens est, qui habet unum castrum. potentior, qui regnum 
unum; potentissimus, qui totum mundum. Freib. 2, 189*: magnis 
autem principibus preparantur domus tripliciter, ita et sibi. 
primum est, quod diligenter mundantur sive purgantur. secundo 
ornantur floribus vel gramine vel varn (Studien 5, 90), vel ta- 
petii, sedilibus, pulvinaribus et aliis. tertio custodes ostiis ap- 
ponuntur, ne aliquis introeat, qui eos turbet. (Zuhörer Bertholds) 
Sanct. 73, 2: si dicitis: ,nobiles et divites sumus‘, respondeo —. 
Stufen des Herrendienstes, Comm. 28, 3: sicut enim honestius 
est servire regi vel imperatori quam militi seu garzioni, sic 
honestius est servire creatori quam alicui creature. Spec. 89, 4: 
et eis libenter serviunt singulariter. primi sunt potentes sive 
magni, sub quibus tute vivunt, ut, cum dicitur: ,cujus est iste?', 
si dieitur: ,vilis illius militis, verecundatur; si dicitur: ‚impe- 
ratoris camerarius vel pincerna', gloriatur. Sanet. 111, 1: quem- 
admodum nobiles plus gaudent de uno cervo, licet cum labore 
apprehenso, quam de multis agnellis, quos possident in ovili. 
consideret igitur peccator, non esse modicum quid, pro quo 
tanti tam magnifice gaudent. 166, 2: qui igitur plus diligit lupum 
vel canem, non est virtuosus, ut quidam, qui potius vellet mori 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIH. 41 


proximum quam canem immundum vel lupum. talis non est 
virtuosus nec babet ordinatum amorem. dicis: ‚me lesit‘. re- 
spondeo: si non vis diligere nisi diligentes te, quare ergo Deus 
tanta pro te pertulit, si tu nihil pro eo? (dic aliqua!) si paganus 
pro homine tanta pertulisset, quanta Deus, cum aliquo haberet 
sibi regratiari. multi honore principum abusi, sunt incurialiores 
bubus tales. 232, 1: facit enim Dominus anime ut nobilis homo 
et curialis, qui, recepto hospite in platea, primo in egressu be- 
nigne suscipit, dicens: ,domine, super omnia, que hic sunt, pre- 
eipite!‘ 179, 2: licet enim dominus terrenus committat cellerario 
bona sua; non tamen ideo vult, ut solus consumat omnia, sed 
familie distribuat. Freib. 1, Те: exemplum de domino, qui co- 
tidie contumelias et alapas et alias injurias a servo vili tam diu 
sustineret. 210°: facit eis ut nobiles, qui dant militibus suis 
equos, castra, villas, vestes nobiles etc., ut eis libentius serviant, 
quod et faeiunt. sie justi Domino pro beneficiis. (Sitten des 
Adels) Spec. 64, 4: primum est, ut (nobiles) sint humiles et 
valde timentes Deum. unde Dominus mandavit divitibus hujus 
seculi, quod precipue debent Deum multum timere, quia, cum 
quandoque inferiores peccant, corripiuntur, puniuntur graviter 
per judicem vel plebanum, per vicinos arguuntur; sed nullus 
est, qui audeat dicere illis veritatem vel punire eorum excessus 
(sehr bezeichnend!), sed omnes durissimo judicio reservantur. 
ideo multum timeant sibi et sint humiles, quia Deus non curat 
de superbia et de humilitate vestra ut de infimo leproso. in 
nullo habet vos Deus altiores quam nos alios. sunt quidam et 
quedam, que extollunt se super nos, quia nobiles vel vestite. 
decepti sunt omnino, quia nullus coram Deo altior, nisi qui est 
melior et plura bona facit. — si adulterantur, non reprehen- 
duntur; si hoe vel hoc faciunt, si injustum auxilium prebent 
amicis etc., qui digni sunt morte. — secundum est, ut subditos 
ab injuriis aliorum, pro posse et in quantum debent, defendant 
per suum judicium. ipsi enim illos pro posse tueri tenentur, ut 
parentes majores fetum suum minorem. juste debent judicare, 
non respiciendo personam cujuscunque, sed causam. (Deuter. 
16, 19) et sicut eos ab aliis defendunt, ita ipsi eos non ledant. 
tantum esset eis, ut unus lupus raperet eis ovem sicut alius. 
estne verum? non debetis facere, cum sitis nobiles, ut rustico- 
rum ignobiles magni canes, qui pro posse custodiunt cadaver 


42 Y Abhandlung: Schönbach. 


et fugant corvos, picas, parvos canes — sed ut ipsi rodant et 
consumant. Baumgb. Rust. de Sanctis, Nr. 83 (854): primi (qui 
districtius quam ceteri judicabuntur) sunt potentes et nobiles, 
qui in dignitatibus positi judicium et justitiam in Ecclesia non 
fecerunt, immo ipsi plus quam ceteri viduis et pupillis et sacris 
locis et multis hominibus nocuerunt, immo et alios nocere per- 
miserunt nec jusserunt. Spec. 74, 3: plerique dominorum nune 
tales (ut Joseph) non sunt, ideo nec adeo ab hominibus dili- 
guntur, nisi tantum a joculatoribus et ab hiis, qui lucrum de 
ipsis querunt. subditi autem eorum habent ipsos pro rapacibus 
lupis suis, sicut et sunt. Sanct. 96, 1: hii sunt milites, qui 
multas res et homines simul colligunt, in quibus operamur pre- 
dicando multa bona, videlicet quod hoc et hoc malum dimittant, 
hoe et hoc bonum faciant, sed habent inter cetera duo idola, 
hoc est, duo peccata, que eis nusquam vel raro eis predicando 
auferre possumus; alia eis quandoque bene auferimus. que sunt 
illa? unum: exactiones sive oppressiones indebite. induceremus 
eos bene quandoque ad hoc, quod dimitterent torneamenta, 
choreas, adulteria, apertas rapinas etc., sed quod deserant ex- 
actiones indebitas, nequaquam. sciant tamen, quod, quamdiu 
hoc idolum apud se habent, salvari non possunt; aliqua ratione 
faciant, quicquid velint. et ideo Dominus multum adit eos in 
tantum, quod tripliciter punit eos. primo, quod non permittit 
eos hic prosperari vel raro etc. — secundum idolum est, quod 
juvant dominos vel amicos suos, sive juste sive injuste. dicunt, 
quod non possunt dimittere pro hoc vel pro hoc. 177, 2: unde 
nobiles, qui sibi cavent ab exactionibus, rapinis et oppressione 
indebita subditorum, plurimum merentur, scientes, quod, quic- 
quid injuste habere potuerunt et illud pro Deo contempserant, 
tantum meruerunt, ac si Deo illud obtulissent. 22, 1: Rachel, 
que interpretatur ‚ovis‘ vel ,videns Deum‘, est religio, que debet 
esse mitis ut ovis et videre Deum per contemplationem. duo 
ejus filii sunt duo genera religiosorum, videlicet claustralium et 
non claustralium. Zelpha, que interpretatur ‚os hians‘, est status 
clericorum, qui alios docent. duo filii clerici beneficiati et non 
beneficiati. Bala, que interpretatur ‚absorbens‘, sunt nobiles sive 
divites, qui aliis famem patientibus bona terre multa absorbent. 
cujus duo filii nobiles ceteros judicantes et non judicantes. Lia 
— laboratores sive mechanici —. 180, 2: verbi gratia, ut cum 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 43 


dominus jubet servum incendere, predari, occidere, furari etc.; 
sic jubens dampnatur, ut qui opere perficit. 202, 2: domini 
autem terreni volunt sibi durius satisfieri quam sustinere valeat, 
qui eos lesit; Dominus vero celestis non sic est crudelis, sed 
clementissimus et dulcissimus. Domin. 19, 1: due rote super 
terram, alte et horribilis aspectus, sunt alti et potentes hujus 
mundi, seculares et spirituales. quam magna sit potestas et di- 
gnitas dominorum secularium, scilicet regum, ducum, comitum 
etc. respectu pauperum et inferiorum, in vobis ipsis cottidie 
videtis: quod jubent, fit, et quod inhibent, non fit. item, quam 
alta sit dignitas dominorum spiritualium, scilicet archiepiscopo- 
rum, episcoporum etc., similiter patet, quia dicitur eis a Domino: 
quodcunque ligaveritis etc. Comm. 42, 2: sed mali consiliarii 
consulunt dominis, quod subditos suos gravent, eo quod subditi 
multa lucrentur et domini necessario indigeant adjutorio, et 
tales consiliarii ponunt dominis canem super dorsum (Studien 
2, 104). Zu strenge Herren, Comm. 42, 2: Beispiel Roboam, 
Folgen: primum, quod predictum est, quod decrescunt ei res, 
ut, qui apes spoliat nimis melle, se spoliat. et secundum, quod 
decrescit ei favor subditorum et minus dolent de adversitatibus 
ejus et minus ei sunt fideles. tertium, quod decrescit in homi- 
nibus, quia ab eo recedunt ad alios dominos sive ad alias terras. 
quartum, quod ex eis sequitur, quia decrescit ei honor, quia, 
qui perdidit res et homines, hujus etiam honor minuitur. quin- 
tum, quod fama sua perditur apud homines et apud alienos. 
hec sunt temporalia. — unde non remanebunt ei nisi duo, sci- 
licet nomen dignitatis cum incerto victu cottidiano, quod vix 
veniet cum rebus omnibus de anno ad annum, de mense in 
mensem, de ebdomada in ebdomadam, immo de die in diem. 
secundum: solatium adulatorum. nec in hoc sibi placeant, quia 
quicunque honorant eum, hoc faciunt ex timore vel pro questu, 
ut canes, qui secuntur cadavera, ut lupi et vultures, qui, quam- 
diu inveniunt, quod rodant, secuntur cadavera; cum vero nu- 
datum est, relinquunt. sic aves ad aquilam. quia permittit eas 
secum predam edere, sed cum ei deficit, ipsas comedit. sint 
ergo clementes, et ex hoc crescent eis res, hominum favor, 
copia hominum, honor, fortuna. Spec. 93, 1: sic quidam domini, 
ut quidam advocati etc. sunt. non est humanum crudelem esse, 
cum homo habeat os parvum, ungues et pellem lenem. — sunt 


44 V. Abhandlung: Schönbach. 


multi ut mare, quod facili vento movetur et fetet et spumat 
et insanit et homines perdit et tribulat. sic quidam domini sem- 
per pauperes tribulant, semper cruciant illos: ‚da! da! (= дір! 
gip!), immo quoadquid sunt pejores illorum quidam diabolo 
(= Freib. 1, 23°), quia ille non nisi malos torquet, isti bonos 
et malos, id est, viduas bonas, orphanos, rusticos, sacerdotes, 
religiosos. Freib. 1, 33* (Studien 5, 79): abstulerunt nostra nobis 
et labores nostros, unde vivere debuimus nos et filii nostri! 
assunt igitur angeli boni, et queret equus judex testimonium 
ipsorum. et respondebunt: ,equissime judex, vera sunt hec, quia 
hec vidimus, doluimus, dissuasimus sollicite, nihil profecimus*. 
mali angeli a sinistris: ,equissime judex, vera sunt hec, quia hec 
vidimus, consuluimus, fecerunt quod consuluimus, et multum 
letati sumus‘. ita dic ad omnia alia, que secuntur. secundo de 
similiter conquerimur de istis furibus, quorum quidam nobis 
nostra nocte occulte furabantur, quidam aperte in die nobis vi- 
dentibus. primi, qui in nocte sic vel sic nobis res nostras fura- 
bantur, vestes nostras de cameris, peenniam nostram de cistis, 
nostros equos de stabulis nostris et pecora, vinum de cellariis 
nostris, pisces de gurgitibus (gurges — locus in fluvio arctatus 
— ad capiendos pisces, Du Cange 4, 140f.) nostris etc., gra- 
mina de pratis nostris, pabula de agris nostris. Freib. 2, 97°: 
vix enim aliquis princeps, qui non habeat aliquas res injustas, 
vel castra aut civitates sive terras vel injusta thelonea aut aug- 
mentata aut homines aliorum vel exactiones. vix est aliquis 
miles, judex vel nobilis, quem avaritia ex aliqua parte non vi- 
cerit: per rapinam, advocatias, exactiones. ita dic civibus et aliis 
statum suum. similiter domus omnes civitatis. rarus est enim civis 
vel mechanicus vel agricola, immo ancilla vel servus, qui non per 
aninam avaram sit infectus: illi cum usura, illi cum pignoribus. 
alii cum preemptione, alii cum hac vel cum hac fraude, alii cum 
ungelto (Studien 5, 88). — immo parvuli servuli incipiunt avare. 
immo et domum regine incendit princeps Babylonis avaritia. 
nam sicut nobiles viri extorquent majora a subditis injuste, sic 
quedam nobiles femine minora, ut nere, lanam carpere, linum 
dare etc. immo et nobilissimum templum incendit. multos enim 
in clero per pluralitatem beneficiorum, per extorsionem pecu- 
niarum. multi enim religiosorum nunc per simoniam et per pro- 
prietatem et per nimiam vel avaram conquisitionem deducuntur. 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 45 


37°: secunda valva, ut nihil (servi, rustici) pro timore terreno- 
rum dominorum faciant aliquo modo, quod sit contra Dominum 
celestem, nec graminando nec pabulando nec alios decipiendo 
nec feminas eis ducendo nec proximum pro eis ledendo. — 
Große Sippschaft, Sanct. 79, 2: pauperum non recipiunt, bene 
vestitis et magnas caudas familiarum habentibus magna com- 
moda faciunt. Vögte, Domin. 64, 2: septima (plaga Egyptiorum) 
grando maxima — iniqua dominatio sive advocati injusti nullis 
elaustris nunc parcunt vel ecclesiis, nam quas predecessores 
eorum dotaverunt, ipsi spoliant. tales advocati, judices, tyranni, 
principes etc. exactores sunt quasi lupi. 

Stüdte, Spec. 59, 5: (himmlisches Jerusalem) tres habuit 
muros. intra extremum murum civitatis habitabant artifices et 
plebei et populares. intra secundum sive medium cives nobi- 
liores et prophete, intra tertium fuit domus regis et templum 
Domini. Sanct. 120, 1: triplex signum — in Oriente mundi, 
quia stella magna apparuit in Oriente existentibus. in medio, 
quia vox angelorum insonuit: Gloria in excelsis etc. non tamen 
dico pro certo Jerusalem sitam in medio mundi, sed quodam 
respectu, sicut et alie terre multe respectibus diversis. in fine 
mundi, id est, Rome. Roma enim sita est in Occidente mundi, 
in qua fons olei in nativitate Domini erupit et templum pacis 
corruit. 7,2: sunt plerique sic curiosi, si scirent pro certo civi- 
tatem in partibus transmarinis sitam, in qua tale esset con- 
vivium et tales ac tanti convive et que tam laudabilis et 
amena esset, solummodo causa videndi ipsam quantocius trans- 
fretarent. — hec non est magna ut Ninive, nec ornata ut ci- 
vitas Romana (so und nicht Ratisbona wird die Abkürzung 
aufzulósen sein), nec divitiis talibus exuberans ut quondam Tyrus 
gloriosa, nec talis ibi pax ut quondam in Jerusalem tempore Sa- 
lomonis — hec enim omnia pro minimo, immo pro nihilo ibi 
essent. Vgl. Studien 2, 59 f. Sanct. 250, 1: et sieut fossata civi- 
tates undique circumdant et cingunt, sic luxuria corpus et ani- 
mam circumdat et inquinat. et sicut aqua in fossatis fetet, sic 
isti nimis coram Domino. Spec. 86, 1: aliquando autem de ster- 
quilinio fit hortus, aliquando de loco ameno fit locus fetidus, 
sicut patet in civitatibus subversis. nam illa regio tota irriga- 
batur quasi paradisus. Himmlische Stadt im Vergleich zur irdi- 
schen, Freib. 1, 182: pro posse vitanda est societas malorum; 


46 V. Abhandlung: Schönbach. 


nullus enim liber haberet consortium cum urtieis, cum ferro 
candenti, cum spinis, cum serpentibus et ranis etc. — diabolus 
nunquam vult habere pacem tecum, nisi quam cattus cum mure, 
vel lupus eum ove aut milvus cum pullo. — inter cives illius 
regni celestis est pax perfectissima, sicut unus oculus concordat 
cum alio, et membrum cum membro. Vgl. Freib. 1, Ak (Studien 
5, 18). 

Achtung durch den König, Comm. 46, 6: sic rex genera 
liter maleficos sive inimicos illos vel illos proscribit, singulares 
tamen inimicos nomine exprimit et in littera proscriptionis no- 
minetenus scribi facit. — Richter, wozu vgl. die Stellen über 
den Adel oben S. 31, dann Studien 5, 89. 7, 24 ff. Freib. 1, 5*: 
et expensis nimiis ex pigritia et negligentia tota terra manet 
sine pace. nam subjudices, cum non habeant judicium nisi pro 
questu, non judicant nisi secundum amorem vel munera et ex- 
hauriunt pauperes, et cum jubentur accipere tantum ut digitus, 
accipiunt ut cubitum. ideo deberent ipsi domini judicare et se- 
euros pauperes facere et istos capere, donec pauperibus omnia 
redderent. — o quantus est Karolus! quantus H(enricus) etc. 
— domini in terra sunt, ut rex apum inter apes est. dic, si 
vis. ut sol, qui, ubicunque venit, multe stelle illum comitantur: 
nunc ille, que dicuntur Cancer; nunc ille, que Pisces etc. si 
ascendit, ut in die, secum ascendunt; si descendit, ut in nocte, 
secum descendunt. amici sui, consanguinei sui, affines sunt cum 
suis subditis. vicini sunt, quos ad hoc cogit familia sua. alii 
secum descendunt ad infernum amicitia, alii timore, munere, 
adulatione, silentio etc. qualis rector civitatis, tales et inhabita- 
tores in ea. 2, 24 (vgl. Studien 1, 91): ideo, vos domine, non 
permittatis filios vestros male loqui et male facere, et vos, viri, 
familiam vestram, et quilibet judex in districtu suo, sive sit 
judex major sive inferior, si aliquod peccatum non haberet, 
quia hoe non facit, dampnatur. noni, qui non manifestant, niht 
offent, ad corrigendum peccatum alterius, cum ad officium ejus 
pertinent revelare, ut in synodo Alexandrina. 2,602: tertium. 
quod majores subditis debent, est, ut sint boni judices et dili- 
genter exerceant officium suum, sicut et quilibet fidelis homo 
suum. debent enim laborare, ut pacem faciant in terra suis et 
inter suos, et etiam, si possent, inter alios, ut Deus fecit. sic 
et ipsi, cum creduntur esse in quiete, debent scrutari maleficos 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII, 47 


et іпсагсегаге. — ut patet in David, in Karulo —. item, si 
dieit aliquis, quod libenter juste judicaret, si sciret, respondeo: 
debet cavere in judicio, ne abstrahant eum a vero judicio hec 
quinque: inordinatus timor, amor, odium, negligentia, cupiditas. 
Erbrecht, Freib. 2, 40% — Studien 5, 85. Erpressung, Kauf, 
Comm. 44, 5: venenum, cum quo singulariter milites sive no- 
biles se inficiunt, est exactio sive rapina. suadent demones ipsis, 
quod pauperibus res suas auferant, quia res suas aliter defen- 
dere non valeant. verum est, satis studiose ipsos quidam de- 
fendunt, sed non sicut gallina pullos suos a milvo, ut quiete et 
pacifice vivant, ut ditentur et proficiant, sed sicut canis cadavera 
corvo, ut solus comedat. Freib. 2, 159?: nota de dominis, qui 
pauperes etc., et de predonibus vel incendiariis, qui vestes in 
hieme vel in frigore auferunt vel domos incendunt. Domin. 
118, 2: quale est, quod latro ridet, cum ducitur ad suspendium? 
puto non esse angelum in celo, qui non dampnaretur, si tale 
fecisset ut tu. Freib. 2, 176°: sed si non converteris, tanto erit 
gravius judicium, ut carnifex, quanto altius securim levat, tanto 
fortius percutit animal. ita de arcu. nota: alicui expectavit 
(Dominus) usque ad canitiem, et non advertit. — si aliquis de- 
meruisset vitam et ligatis oculis sicut latro deduceretur per 
pratum florum ad decollationem, cum perveniret ad finem prati, 
stultus esset, si gaudens iret per flores et non consideraret, 
quid futurum ei esset in fine prati. insuper, si aliquis illum re- 
vocaret, et non curaret, sed semper iret. Spec. 49, 3: quis latro 
reddere nollet, cum duceretur ad patibulum? qui molam haberet 
in collo, ut in profundum precipitaretur, si non posset funem 
solvere, rogare deberet amicos vel filios vel uxorem, ut vellent 
nollent exsolverent eum, etiam furtive. Vgl. Studien 2, 115 ff. 
Strafen, Sanct. 109, 2: indubitanter enim malis non est bene, 
qui pro suis iniquitatibus in patibulis eruciantur, rotantur, igne 
cremantur, suffodiuntur, carceribus torquentur еїс., sed veris- 
sima est respective habita comparatione ad peccatores damp- 
natos, qui in inferno torquentur. multo enim acrius cruciantur 
ili quam isti. isti enim simplicem sustinent mortem, illi dupli- 
cem in eternum. Freib. 1, 10^: insuper multi pro peccatis suis 
etiam corporaliter eruciantur, suspenduntur, rotantur ete. per- 
dunt oculos, manum etc. tot libras vel tot. ad peccata etiam 
sepe admiscent se diverse amaritudines, unde ille raptor sagit- 


48 У. Abhandlung: Schönbach. 


tatur per crus etc. habeat sibi dampnum! cur ergo non quievit? 
ille vulneratur, ille oceiditur, ille ferro ustulatur vel suspenditur 
— habeat sibi dampnum! cum quo diabolo occupavit se? cur 
non fuit in pace? ista lena vel adultera perdit nasum, ille 
ebriosus calculatur (muß hier heißen: ‚leidet am Stein‘, doch 
kann ich eine solche Bedeutung weder aus Du Cange 2, %f. 
noch sonst belegen), et aliam habebit gravem et magnam infir- 
mitatem. Ше luxuriosus fit leprosus ete. ille invidus semper 
tristatur, ille iracundus peraltercatur (unbelegt), ille usurarius 
capitur etc. hujusmodi. Freib. 1, 1918: si enim regnum celeste 
venale esset, et si Deus vellet, quod homo pro illo per totum 
corpus catenis ferreis ad statuam ferream ligaretur et ibi cotti- 
die panem et aquam usque ad mortem comederet, libenter pati 
posset. et si hoe Domino adhuc non sufficeret, sed vellet, quod 
super hoc cottidie flagellaretur ad sanguinem, libenter pati de 
beret, bonum foret. et si adhuc Domino non sufficeret et vellet, 
quod cottidie ad caudam equi trahereris per spinas, sentes, 
carduos et scopulos per decem annos, libenter etc. si adhuc 
non hoc, sed quod in inferno ut diabolus torquereris per mille 
annos, libenter etc., bonum foret et optimum mundi. Jeronimus 
in libro illustrium virorum de Ignatio cap. XVI (Migne, Patrol. 
Lat. 23, 766 f.) scripsit: Ignatius ad Romanos: ,oro, bestias ve- 
loces esse mihi (quidam ponunt feroces) ad interitum et illiciam 
[bei Migne: alliciam] eas ad me comedendum. [Ein Satz fort- 
gelassen.] si noluerint venire, ego vim faciam, ego me ingeram, 
ut devorer. ignoscite mihi, filioli mei: quid prosit mihi, ego 
scio. [Es fehlt: nunc incipio Christi esse discipulus.] nihil de 
eis, que videntur, desiderans, ut Jhesum Christum inveniam. 
ignis, crux, bestie, confractio ossium, membrorum divisio et totius 
corporis contritio et tormenta diaboli in me veniant, tantum ut 
Christo fruar. — Erfindung des Galgens, Domin. 135, 2: (6. бе 
bot) sie adhue sacerdotes, qui in subditis eam (luxuriam) pu- 
niunt, spiritualiter commendat; e converso punit, qui non. Nu- 
meri VI (25, 4): suspende cunctos principes (in patibulis). — 
hic die, quod patibulum inventum fuit. nota ,cunctos', quia 
omnes in judicio dampnet, qui pro posse non exstirpant eam a 
subditis. Furcht vor Gehüngten, Domin. 142, 1; vgl. Studien 2, 
114, wo der Literatur beizufügen ist: Chr. Villad Christensen. 
Baarepreven, Kopenhagen 1900. 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 49 


Kaufleute, gemeinsame Unternehmungen, Domin. 56, 2 == 
Freib. 2, 15°: cum amor omnia faciat communia, que sunt pri- 
vata, sicut socii mercatores sibi lucrum communicant omne, licet 
unus petat hane provinciam querens nundinas, alter alteram, 
communitas tamen pacti et societatis lucrum reducit in idem. 
Unlauterer Gewinn, Freib. 2, 194 (kürzer Comm. 31, 2): per 
avaritiam multipliciter, quia pro avaritia facit quosdam mentiri, 
fraudare, festa violare, pejerare. per avaritiam facit, ut, si posset 
unus alteri vendere valens obolum pro triginta denariis, ven- 
deret. ut quidam apotecarii sive institores et plerique alii et 
breviter omnes, qui volunt ditari, non dico sustentari, sic in- 
humane et rapaciter vendere consueverunt. ideo omnis nego- 
tiator, qui vellet esse securus de vita eterna, non deberet in- 
tendere, ut ditaretur, sed ut sustentaretur secundum conditionem 
status sui. Zerminhandel, Spec. 64, 6 = Freib. 2, 36°: ut res 
injusto modo non conquirant, quemadmodum quidem, qui do- 
minicis diebus nunquam quiescunt; quidam, qui in domibus suis 
mala fieri permittunt causa lucri; quidam, qui semper jurant, 
immo sepe pejerant, ut qui preemunt; quidam, qui carius in 
certum terminum vendunt; quidam, qui furantur, ut quidam 
molendinarii, qui non per se, sed servi eorum, pulli eorum et 
porci eorum et circulus furantur. Habsucht vererbt sich, Domin. 
148, 1: cum enim vident juvenes filii mercatorum, quod patres 
sui alios decipiunt, faciunt ut illi. cum enim vident subditi, quod 
majores habent tam magna pignora, ita non timent perpetrare, 
que majora sunt. Üble Praktiken, Spec. 11, 2: nota, quod diffi- 
cile est, in negotiatione hominem non offendere: item Leo Papa 
(Epist. 167, Patrol. Lat. 54, 1206, inqu. XI): difficile est, inter 
ementis vendentisque commercium non intervenire peccatum. 
verumtamen mercator volens salvari caveat hec septem: primum 
est, ut nihil emat vel vendat, quod Deus inhibuit. inhibuit 
autem, quidquid non est utile, immo nocivum. non ergo debes 
vendere puellam ad incontinentiam, non uxorem alicujus filiam, 
ancilam, consanguineam etc. — item non judeum, rectum vel 
injustum. item ecclesias, sacramenta, talos, juramenta, predica- 
tionem. — secundum est, ut non sit nimis cupidus lucri supra 
modum, ita quod proximum supergrediatur fratrem suum, 
quoniam vindex est Deus de hiis omnibus. — tertium, ut ca- 


veant mendacia et juramenta sive perjuria. — quartum est, ut 
Sitzungsber, d. phil.-hist. Kl. 155. Bd. 5. Abh. 4 


50 У, Abhandlung: Schönbach. 


caveant furtum sive fraudem in numero, pondere et mensura, 
sive in aliis, in quibus fraus esse potest. item breviter: quam- 
cunque rem vendis, in qua latet malum, quod videre non potest 
emens nec cognoscere, quod tu scis, in hoc furtum commisisti, 
et ideo facis contra preceptum septimum. non facias furtum, 
nec in numero, nec in pondere, nec in mensura, nec in alio 
quocunque modo, quoniam contra hoc septimum preceptum fe- 
ceris. deprehensus cum hoc furto reddes septuplum, ut dieit 
Salomon Prov. VI (6, 31), quia pro hoc dabis in morte, quod 
nunquam Deum videbis, quod nunquam angelos, sanctos, Ma- 
riam, celum; animam et corpus eterno supplicio. nota de men. 
sura, videlicet de digito mercatorum et de finibus et de exten 
sione pannorum etc. de cauponibus, quod miscent aquam vino, 
quod non implent, sic vel sic. Mich. VI (6, 10): ‚mensura minor 
irae plena‘. de pondere, quod facitis in ponderatione, quod fa- 
citis cum vivo argento. item, quod libram alicujus levatis ex 
ima parte, quod alte tenetis, quod ligamen. si dicis: ,do ei, ut 
videat', respondeo: si habes eum pro tali, quod bene agnoscat, 
et neminem velis decipere cum hoc, sit ita. si pro tali, quod 
non, non. si pro anguillo dares ignaro serpentem, cum sint si- 
miles, et ille comederet et moreretur, homicida sui esses. si pro 
auro cuprum, fur suus esses. — in numero, quod convenitis, ut 
hoc vel hoe carius nullus emat, et sic vendentes spoliatis. quod 
male numeratis etc. breviter: ubicunque in hoc, quod non vi- 
detur, fraudare aliquem intenditis, in hoc furtum committitis, 
sive sit in re inanimata vel animata. misere fur, aquam vel 
farinam lacti admisces, vaccam vendendam per aliquos dies non 
mulgetis, vendens quasi tristis, ut mamillis turgentibus lactis 
copiam habere videatur; caseos exbutiratis; lanam in madidam 
terram, ut plus ponderet, per noctem reponitis. in omnibus hiis 
multum peccatum committitis. piscium veterum fauces tundis 
vel sanguine tingis; carnes malas pro bonis vendis, pisces cor 
ruptos, et sic reus eris mortis comedentium. pulverem et quis 
quilias vel purgamenta frumento addis et pro frumento vendis. 
equos tales et tales pro bonis vendis. vestes veteres sophisticas 
(Du Cange 7,528 — adulterare), ut sic quasi nove videantur, 
et cum pauper operarius putat se diu bene vestitum, vix filum 
tenent ad paucos dies utriusque suture. hujusmodi fraudes sunt 
signa diaboli, quem plurimi heu mercatores habent, et hii omnes 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 51 


датарпапіог. — quintum, ut caveat usuram, que fit in preemp- 
tione et prevenditione. Le. XXV (Levit. 25, 36): ne dederis 
usuris nec amplius accipias, quam dedisti. Das Folgende Studien 


2, 105. — sextum, ne nimis tristentur mercatores et operarii, 
cum non prosperantur vel dampnum patiuntur, et contra Deum 
irascantur et murmurent. — septimum est, ut festa non infrin- 


gatis. Freib. 2, 38*: et ideo omnino debet ibi quatuor cavere, 
duo emptor et duo venditor, ne dampnentur. unum, quod emptor 
debet cavere est, ne emat levius quam in mandato. ut pre- 
emptores faciunt, quia hoc est usura. dic breviter aliquid de 
hac. secundum, ut scienter non emat rapinam vel furtum. ven- 
ditor etiam duo caveat. unum est mendacium et fraudem. plura 
sunt, ut non jurare semper et festa observare, et non supra 
omnem modum nimis care vendere, ita quod emeng supra mo- 
dum jaceat in dampno etc. sed illa duo predicta sunt precipua. 
unum est, ut dixi, mendacium et fraus, liegen triegen lugen 
trugen (Studien 5, 85). pro quo plurimi mercatores dampnantur. 
quoties enim mentiris, ut proximum decipias, mortaliter peccas. 
— in hujusmodi fit dupliciter fraus. uno modo, cum quis habet 
diversa pondera vel diversas mansuras, et vendit ad minorem 
et emit ad majorem. secundo modo, cum quis habet justam 
mensuram et pondus, sed tamen male mensurat et ponderat. 
sicut faciunt caupones, qui implent mensuram spuma, vel ulnam 
veram sic vertunt vel digitum in ulna, ut qui mensurat septem 
ulnas, quod dimidia deficit. omnes predicti tenentur ad restitu- 
tionem, cum sint veri fures, aut dampnantur, quia faciunt contra 
Dei preceptum. — quicquid tu carius non agnoscenti, quid in 
re est, vendis rem, quam tu agnoscis eam valere, tantum eum 
decepisti. dicis: ‚do ei, ut videat. dic de anguilla et serpente, 
vel ut appareat alterius modi. secundum est, ne vendat carius 
ad terminum quam ad manum. omnes tenentur ad restitutionem 
militibus, quos semper ita defraudant, et aliis omnibus, sive 
taliter vendant hoc vel hoc. nam est crudelis et immunda usura, 
ut judei. judeus enim nihil aliud facit, nisi quod vendit tempus. 
Das Folgende Studien 2, 13 ff, wo bei dinstag В. Much in der 
Heinzelfestschrift S. 193 ff. angezogen werden sollte. — Spec. 
96, 2: quinti artifices, mechanici, mercatores. — fraus, hoc vix 
evellere possumus, fatentur enim: ,si mentiri vel fraudare no- 


lumus, vendere aliquid non possumus. — hoc ejus (diaboli, vgl. 
4* 


59 ү. Abhandlung: Schönbach, 


Studien 2, 117 f.) signum sive character est, quod habent com- 
muniter mercatores sui, quacunque per terras vadant. faciet 
diabolus omnes, liberos et servos, mercatores habere caracterem 
bestie, ne quis possit emere vel vendere, nisi qui habent carac- 
terem bestie aut numisma nominis illius. Freib. 1, 240°, vgl. 
Studien 5, 83. Tuch, Spec. 57, 5: quia fit homo per longam ejus 
(male voluntatis) consuetudinem ut pannus, qui diu jacet in im- 
mundo ceno, quia hic ita putrefit, ut lavari non possit vel utilis 
effici; si cito levatum fuisset, lavari potuisset. Comm. 81, 2: 
nota de novacula, que leniter et noscienter barbam hominis 
aufert, sic quidam negotiatores. Kaufläden und Markt, Comm. 
22, 9 = Freib. 1, 169°: exemplum de transeuntibus institas, in 
quibus sunt venalia diversa delectabilia. ubi aliquis transit et 
vix oculum brevissime in transitu illic deflectit, huic forte pri- 
mus modus comparatur. deinde, si aliquantulum illa respicit, 
nesciens quid faciat, sed statim cum perpendit, se illuc respi- 
cere, recedit sine mora, huie forte secundus modus comparatur. 
sed si postquam perpendit se illa respicere, non tamen recedit, 
sed tantum videre delectatur, quod in illorum aspectu vult de- 
lectari, licet nullam omnino voluntatem emendi habeat, huic 
forte tertius modus assimilatur, in quo modo multi peccant mor- 
taliter, licet religiosi nescientes nolint opere in conscientiam 
perpetrare aliquo modo. Freib. 2, 250?: deberet homo, cum hic 
sint nundine Dei, remissionis peccatorum et glorie celestis, 
semper aliquid emere et reportare, saltim bonam voluntatem, 
ut de aliis nundinis. Wage, Spec. 53, 3: quartum est libra. nota: 
libre utraque pars semper inter se contendit, ut lingula ad se 
fleetatur, пес cum alio occupatur, et significat vitium quoddam, 
per quod multi a celo trahuntur, videlicet superbiam. — hoc 
peccatum equiparantie et excellentie et placentie respectu aliorum 
plurimos nune dampnat, qui omnes cogitationes suas ad hoc ponunt, 
ut hominibus placeant vel alios excellant. pro hoc milites tornea- 
mentis intendunt, pro hoc ancille et virgines chorizant, pro hoc 
viri dignitates querunt, religiosi et clerici prelaturas, ut laudentur 
et honorentur. pro hoc plerique viri et maxime femine, quantum 
possunt, se excolunt et ornant se, ut per hoc placeant et lau- 
dentur, ut tantum lingulam brevi tempore per hoc emant. sicut 
lingula multa pondera adhuc sustinet, sic et ipsi multipliciter et 
diu laborant, ut linguam nostram emant, sic et sic se ornando. 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 53 


Bauern, Spec. 77, 2: cum predicas laicis, sic procede. si 
es in civitate, die: cras veniant rurales. post principium die: 
vos rurales et mechanici et servitiales estis in vera via magno- 
rum sanctorum in dura vita. dic multa. die duram vitam ipso- 
rum. et vix aliquis vestrum sanctificatur. non dico: ,salvatur*, 
sed ,sanctificatur', cujus festum celebretur. de omni aliorum 
hominum conditione multi. Vgl. Studien 5, 48. 23. 7, 57. Sanct. 
39, 1: rustici sollicite servant tempus seminandi, metendi, me- 
dici curandi, mercatores mercandi etc. 205, 2: sicut autem agri- 
cola seminare volens semen, inter cetera quatuor facit corpora- 
liter: mane surgit — non sit ergo verbum ,mane surgere ante 
lucem‘ propter multas utilitates. item: purum granum et melius 
eligit ad seminandum et cavet, ne malum admisceat. item: ante 
se semen spargit et in diversis locis post se semen spargit, qui 
post mortem anime sue bene facere disponit. item: non statim 
fructus querit. JBauernsünden, Sanct. 96, 1: rustici invidia. 
Freib. 2, 82*: quinta plaga (Agyptens) mors pecorum, que sim- 
plicia sunt et dure pascuntur, sunt rustici, quorum multi per- 
eunt et de paupertate ad paupertatem vadunt. faciunt enim 
mala opera et diversa. ibi enim maxima vigent mendacia, per- 
juria, convitia, maledicta, furta, incantationes, fraudes, immo et 
hereses. quare? quia de sola vita presenti sunt solliciti, ut ju- 
menta, et Deum non curant. diebus festis potius intersunt choreis 
ete. quam misse vel vero Deo; Вес est eis nimis longa, eum 
etiam sit brevis. Bauern helfen bei Raubzügen, Freib. 2, 226*, 
vgl. Studien 5, 91. 

Handwerker, Sanct. 224, 2: quamdiu autem carpentarius 
secundum lineam non operatur, facit opus curvum; et quamdiu 
scriptor secundum lineam non scribit, non recte scribit; et 
quamdiu lapicida lapidem quadrum secundum mensuram non 
secat, non recte operatur, etiam si sibi recte operari videatur. 
sic quamdiu non vivimus secundum justitiam, voluntatem et 
vitam Dei, sed vivimus carne et vita nostra curva et inordinata, 
vita mala vivimus, etiam si nobis recta videatur. — si esses 
pauper, et dives ante se denarios aureos seminaret, et alter ex 
parte altera plumbeos, stultus esses, si relictis aureis, quibus 
ditari posses, plumbeos colligeres, qui modicissime tibi sub- 
venirent. si hortum intrares, ubi multa copia sanorum et nobi- 
lium pomorum foret, et econtra multa copia putridorum, si 


54 V. Abhandlung: Schönbach, 


putrida colligeres et sana relinqueres, stultus esses. si aliquis 
nobilis artifex esset, qui artificio suo marcam cotidie deservire 
posset, et portaret fimum pro obulo, hunc omnes fatuum dice- 
rent. multo magis fatuus est iste, qui cum virtutibus et utilibus 
operibus cotidie magna gaudia posset mereri in celo, si vellet, 
et occupat se inutilibus, quibus meretur infernum vel purgato- 
rium. Baumgb. Rust. de Sanct. 924: quinti sunt Sepherueym 
(= Sepharuaim, 4 Reg. 17, 24 ff.), id est, librarii vel mechanici, 
qui bene librarii dicuntur, quia quasi in libra filii et filie eorum 
discunt mentiri et decipere etc. appone: et habent duo idola: 
primum est decipere. dant enim aliquando hominibus emere 
tertiam vel quartam partem nimis caram. ille sutor facit servam 
suum corium comburere, ut appareat. isti fullones tingentes 
pannum in caldarium et comburentes eum, postea pro bono dant 
hominibus. isti pannos veteres et alias res antiquas faciunt 
quasi novas. isti cerdones inter se paciscuntur, ut vadant ante 
portam et intrantibus ad forum prebeant pro rebus ista, ut 
nullus plus quam alter; et sic de ceteris mechanicis aliqua dic. 
solent etiam dicere: ,si non deciperemus et mentiremur, ut 
oportet, parum lucraremur'. ego dico eis, quod parum in hoc 
luerantur boni, sed ad minus infernum lucrantur. secundum 
idolum est mentiri. nota, quod nemo poterat vendere vel emere, 
nisi adoraret bestiam et habuerit ejus karakterem, id est, men- 
dacium diaboli, qui fuit mendax ab initio. appone aliqua. 
Schuster, Freib. 1, 180%: ideo omnes studete omni diligentia, 
quod aliorum bona multum diligatis, quod ille, qui melius cantat, 
quod melius cantet. ita dic multa ad religiosos. qui plus dili- 
gitur, qui plus laudatur, pro hoc vel pro hoc. ita dico de alia 
persona. ita dico de alio claustro. ita de alia religione. sed 
multi sunt, qui non solum non diligunt, sed etiam invident ut 
demones, quod calcifex collaboratori suo, si sibi bene contingat 
et quod prosperetur. nomina multa genera. sic religiosus de alio 
claustro vel alia religione, et quod multum diligatur et quod 
multum laudatur. hoc superbus non sustinet. Stiefel, vgl. Freib. 
1, 22214 (Studien 5, 82 f.), welchem Passus die Stelle vorangeht: 
vult Deus eos puniri in inferno ex justitia sua, et sanctis ad 
magnum gaudium, quia lucet in eis justitia Dei (vgl. Studien 
1, 81). ut piscator magnum habet gaudium, cum videt magnum 
piscem captum hamo salientem; ut falconarius, cum videt herodios 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 55 


magnam ardeam trahentes; ut venator maximum cervum cani- 
bus circumdatum; ut rustici magnum et pessimum lupum, canes 
lacerantem — sic cum videmus istos magnos predones, advo- 
catos, tyrannos, usurarios, adulteros etc. sed dicis: ,quare ergo 
predicatis peccatoribus, ut convertantur, ex quo gaudent de eis 
in celo?! respondeo: ideo, ut ipsi penam evadant, et ideo, quia, 
si salvabuntur, majus gaudium supra modum habebimus de ipsis, 
videntes Dei misericordiam in ipsis in celo lucere, quam gau- 
deamus de eorum condempnatione. Töpfer, Freib. 2, 252?: subito, 
dum non speratur, veniet contritio ejus et comminuetur, sicut 
conteritur lagena figuli contritione pervalida, et non invenietur 
de fragmentis ejus testa, in qua portetur igniculus de incendio 
aut hauriatur parum aque de fovea. hoc est: ita conteretur 
peccator in judicio, quod nec modicum caritatis igniculum dein- 
ceps concipiet. Schneider, Comm. 29, 3 = Freib. 2, 158°: exem- 
plum de sartore, qui, etsi de vili panno aliquid permittit 
perire, tamen de nobili, ut scarleto et alio vario et purpura, 
nihil voluntarie sinit perire. Косі, seine Stellung, Freib. 1, 140°: 
plus placet tibi servitium filii tui quam coquinarii (Du Cange 
2, 556), licet tibi multum placeat, non quod majus sit, sed quod 
filius ex majori fidelitate, familiaritate et dilectione facit, que 
facit, et quia germanior nature tue, et ideo plus eum diligis, 
unde in remuneratione cum coquinario tuo das. Kochen, Freib. 
2, 1414: ideo pro hoc, sicut tu delectaris, cum anser bene as- 
satur aut pullus, qui tibi debetur, aut pisces in caldario bene 
coquuntur, salsantur, piperantur, ita ipsi diaboli, cum illi fortiter 
torquentur. Berthold weiß, daß man Fleisch, um es rasch weich 
zu bekommen, mit Spießglas siedet, Relig. 92, 2 f.: qui autem 
cito vult decoqui, studeat tribus praedictis. ad hoc autem, quod 
hoc fiat etiam valde cito, et quod etiam valde cito possit venire 
ad perfectionem et omnia incommoda, quasi sint valde modica, 
leviter pati, faciat, ut boni coqui. apponat spissum vitrum ad 
carnes, id est, mundum Christum, pro nobis multo calidiora et 
fortiora passum. Dazu vgl. Studien 7, 33, den ganzen XVII. Sermo 
ad Religiosos, De culina regis coelestis (ed. Hoetzl, S. 88 ff.) 
und den entsprechenden Abschnitt des ‚Geistlichen Baumgarten‘. 

Dienstboten, servitiales, Spec. 64, 6: quinta porta: vita ser- 
vitialium. — quos in luto et in quibuslibet vilibus laborare 
oportet, cito autem ab hujusmodi liberabuntur. — fideles sint 


56 V. Abhandlung: Schönbach. 


tam Domino celesti quam terreno. terreno, ut tam in opere 
quam in rebus sint ei fideles, ut videlicet non furentur et in 
opere non otientur etc. — debet etiam esse fidelis Domino ce- 
lesti in corpore suo, ut videlicet illud corpus, quod ei dedit, 
sibi mundum et castum custodiat. hoc enim eis est necessarium, 
eum sepe simul oporteat servos et ancillas laborare. et quantum 
Dominus diligit senum largitatem, tantum juvenum castitatem, 
quia utraque rara est et ideo cara. Schlechte Behandlung, Sanct. 
19, 2: non est faciendum ut quidam, qui sibi servientes, cum 
inhirmantur, die secundo vel tertio de domo ejiciunt et mori 
permittunt vel, si retinent, ut canem sub gradu locant nec me- 
lius ei quam cani faciunt. Lohn, Freib. 2, 92*: deberetis tamen 
aliqua bona facere, etsi Paternoster non perficeretur, sed ab- 
rumperetur etc. sed quidam nihil omnino boni volunt facere. 
queris a servo tuo, cui das viginti solidos, et vis, quod tibi sit 
ad omnia servitia die noctuque paratus, et certe non das sibi 
tantum, quantum tibi Dominus vult dare. Wenig Essen, Freib. 
2, 119*: immo sunt quidam adeo avari, quod volunt sibi fer- 
venter serviri ut a jumentis, nec videre possunt, quod fortiter 
comedant servientes, et si monent fortiter comedere faciunt, ut 
moneant cito cessare. libenter vident eos fortiter et ante pran 
dium et post laborare, sed non libenter vident fortiter comedere. 
debent ipsis in mensis habundanter necessaria tribuere, et post 
certo tempore pretium tribuere, nihil etiam addere (laboris?). 
sciant tamen hospites, quam hospiti Deo rationem reddere in 
morte, si necessaria subtrahunt familie. Sanct. 79, 1: sed qui 
dam adeo sunt avari, quod reservant illa, que remanserunt in 
mensa, et nihil vel modicum dant pauperibus, potius perinittunt 
dari gallinis suis aut porcis quam Christo et proximis. aut per- 
mittunt potius putrefieri, similes lupis, qui omnia devorant, et 
si quid remanet, abscondunt vel usque ad putredinem reservant. 
quare et vos, matresfamilias, plus pulmenti apponite: invenit 
enim Christus quandoque panem, sed raro pulmenti, et scitis ho- 
minem non diu posse durare cum solo pane (aus der Medi- 
kantenpraxis). Schlechte Dienstleute, Sanct. 2, 2: caro — servus 
malus, qui, si non premitur, rebellis domino efficitur. caro enim 
est ut later, qui, quanto studiosius et pulchrius lavatur, tanto 
immundior et turpior efficitur. sic et caro, quanto delicatius 
nutritur: est dignum, ut castigetur, ne luxurietur. 110, 2: — 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 51 


similes vilibus ancillis, que domum purgantes pulveres etc., que 
in facie apparent, mundant, illa vero, que turpiora in angulis 
latitant, ibi remanere permittunt. sie (in confessione) quidam 
maxime sexus femineus magis naturaliter verecundus. Wäscherin, 
Comm. 20, 4: lotrix, quando fortius pannum percutit, plus de- 
albatur; caveat tamen, ne ipsum laniet. Sanct. 48, 2: si enim 
muliercule, aliquas ferias suscepture, solent maculas vestium 
aqua diluere, multo magis nos accepturi diem natalem maculas 
animarum fletibus abluamus. item nota, quod dicit, si aqua non 
sufficit, quod olei mollitiem et saponis acrimoniam addidit, si 
vestis tantum est infecta. 

Künste, Wissenschaften und Fertigkeiten stehen für Berthold 
oft auf einer Linie und werden unter einander verwechselt, 
Freib. 1, 1*: hoc bonum (ut virtutes) non habeant alie scientie. 
qui enim discit bene declinare, propter hoc nescit bene cantare 
vel econtra versificari, litteras componere, scribere, legere, jura, 
philosophicam, texere, pistare et hujusmodi multa. Kunstwerk, 
Freib. 1, 77°: Assuerus (vgl. Esth. 1, 6 ff) — in domo Ша mi- 
rabili, de qua legitur in historia Alexandri, eujus columpne 
erant argentee, tectura instar firmamenti concamerata, habens 
gemmas diversi coloris in figuram siderum et signorum dispo- 
sitas. — in horto esset vinea, habens vites argenteas, palmites 
aureos et botros ex varietate gemmarum distinctos. lectuli quo- 
que aurei et argentei dispositi erant super pavimentum sma- 
ragdo stratum (Berthold schmückte also die biblische Erzählung 
mit Farben aus der Alexandersage, die er für ein historisches 
Buch hält). Buchschmuck, Freib. 1, 22214 (Studien 5, 82 f.). 
Malerei; Farbenreiben, Freib. 2, 147*: дп multo experimento 
tribulationis habundantia gaudii ipsorum fuit‘ (2 Cor. 8, 2) — 
Andreas — Agatha — quanto, tu aurifex, aurum plus comburis, 
tanto fit nobilius. ita die alias: vitrum lueidius; triticum arctius 
eribratur, fit purior simila. vinum pendulum spinis verberatur 
et fit recentius. corium a coriario sub pedibus conculcatur vel 
concussum fit melius. ferrum limatum purius. tu, pictor, color 
plus contritus fit melior. similiter lutum plus conculcatum, olla 
melior. rustice, terram cum profundius et sepius aras, fructus 
uberiores reddunt. sic est de bono homine, ideo boni multum 
diligunt pati. Maler, Domin. 34, 2 = Freib. 2, 61°: secunde sunt 
virgines fatue, que se colorant ut scuta scutarii (mhd. schiltere 


58 V. Abhandlung: Schönbach. 


bezeichnete also noch nicht ausdrücklich ‚Maler‘), ornant se ut 
pavones, portant venalem virginitatem ad choreas et spectacula, 
exponentes emptoribus ut institores merces suas et volunt con- 
eupisci. (Schild, Freib. 1, 221°: nulla galea est tam spissa, lorica 
tam gravis, que non levis reputetur, si gravis ictus in pugna 
sustineatur.) Skizze zu einem Gemälde, Freib. 1, 175°: hec sunt 
tantum prepicture, ut pictor facit, Portrüt der Geliebten, Freib. 
1, 13° (Studien 2, 99); vgl. 2, 177°4, Hurenbilder, Freib. 2, 97°: 
intemperantia — vestium, quibus multe femine eternaliter occi 
duntur, que nimis supra modum in vestibus excedunt ita, ut 
etiam mariti ipsarum nimis graventur, ut satisfaciant superbiis 
earum. aliter enim ipsos quiescere die noctuque non permittunt. 
— quedam (Kupplerinnen) habent imagines meretricum pictas, 
quedam judearum per crocea pepla etc. Moses’ Liebesring, Freib. 
2, 153*: Moyses in antiqua lege recedens ab uxore Ethiopissa, 
sculpsit annulum, ut semper in aspectu ejus memor esset, ut 
dieit Josephus. Heiligenbilder, Freib. 1, 1534: nota de corona 
Romanorum, quam dabant vincentibus, et ideo debet libenter 
resistere et pugnare pro illa gloria. libenter pugnaverunt Ro- 
mani, licet parvum boni ex hoc assequerentur, videlicet, quia, 
cum venit, recipiebatur cum aliqua gloria et retro caput aereus 
quidam clipeus ponebatur. unde et sancti pinguntur cum tali 
clipeo, qui fortiter pugnaverunt. Dämonen als häßlich gemalt, 
Freib. 2, 5° (Studien 7, 92). Gemälde vom jüngsten Gericht, 
Freib. 2, 42*: si vultis plus aliis habere in celo, plus laborate. 
unde, fratres, quod unus tam magnus in celo est pre alio, quod 
unus est in infimo, unus in summo etc., quod unus omnino ei 
prope sedet, alius non; ratio non est, quia unus est consangui- 
neus, alius non, sed quia plus boni fecit et melius Domino ser- 
vivit. Petrus non fuit consanguineus, Paulus non, Job, Magda 
lena, Katerina, Nicolaus, Elisabeth et alii infiniti. omnino 
equaliter habet se ad omnes homines. unde sedens in maje 
state, circumstantibus sanctis, habet librum (libram?) in una 
manu, aliam in modo jurantis, quod dicit: ‚juro, quod, qui me 
lius servat precepta (am Rande: ter) scripture mee, vicinior 
mihi est et melius remunero‘. Vgl. Studien 7, 83. — Glasfenster 
sind etwas Neues und Auffälliges, Spec. 10, 2 = Freib. 2, 210°: 
die, si vis: cristallina fenestra, que prohibet pluviam et lucem 
nihil impedit et sine qua omnes camere obscure fuissent et per 


Studien zur Geschichte der altdentschen Predigt. VIII. 59 


quam omnes sunt iluminate, significat bonam et puram con- 
scientiam et voluntatem. Sanct. 58, 2 — Freib. 1, 87?: secundum 
est in bonum conari, prout est homini possibile. licet enim opus 
meritorium vite eterne non possit facere peccator in mortali 
sine gratia gratum faciente, nec se possit illuminare per illam 
gratiam, eo quod ipsam non habet, potest tamen facere aliquid, 
quo facto illuminetur. sicut ille non potest domum sole illumi- 
nare, tamen potest aperire fenestram, quo facto illuminetur. ita, 
licet peccator ex condigno non possit gratiam merere, faciat 
tamen, quod in se est, id est, predicta duo. 

Musik, Lyra, Sanct. 155, 1: non si orans vel canens ut 
lyra, que nescit, quid canit. 132, 2: tympanum est pellis extensa 
inter duo ligna, per quod mortificatio carnis significatur. chorus 
est multitudo similiter canentium, et dicitur ‚chorus‘ quasi 
‚coövorum cantus‘, quia in choro omnes voces equaliter reso- 
nant; per eum charitas significatur, qua omnes in Christo unum 
sumus. Sanct. 166, 2: sicut in organo qualitatis (Du Cange 6, 64) 
sonus immutatur et omnia sonum suum custodiunt, sicut ille, 
qui organum moderatur, facit sonare modo hanc cordam, modo 
illam, et eodem modo graviter, modo acute. ita Dominus pro 
voluntate sua utitur elementis et ceteris creaturis ad beneficium 
justorum et punitionem impiorum, et hoc est, in se elementa 
convertuntur, id est, vires suas mutant et intermittunt, sicut in 
organo qualitatis sonus, id est, qualitas soni immutatur pro 
voluntate organizantis. et omnia elementa scilicet, licet sic mu- 
tentur, sonum suum custodiunt quoad universalem moderationem. 
non enim Deus creaturam condidit sibi contrariam, sed volun- 
tati sue consentaneam. nota, quomodo mare circuit terram etc., 
aér etc. ignis, celum, planete singuli regirant congaudentes 
tibi, dum es in terra. sed illud gaudium modicum est respectu 
gaudii angelorum et sanctorum Dei, cum ad eos in celum venies, 
cum te videbis sole pulchriorem ete. tange dotes. istum quadru- 
plicem amorem ordinatum habuit beatus Anthonius. dic vitam 
suam ut supra. Freib. 2, 53* (Studien 5, 86 f., vgl. meine Studien 
zur Erzühlungsliteratur des Mittelalters 2, 14 f.). 2, 183* (Studien 
2, 58. 5, 90), 2, 2504: libentissime quidem audiunt, ut dulcia 
cantica et musica instrumenta, filomenam etc. Saite, Domin. 
119, 1: in chordis prius lutum fetens, sed cum ejicitur, fit sonus 
in eis, Deo valde detectabilis. Glocke, Sanct. 148, 2: ut cam- 


60 У. Abhandlung: Schönbach. 


pana bona, quanto antiquior, tanto fit melior et dulcior, ut di- 
citur. Lieder singen, Comm. 5, 1 = Freib. 2, 57° (Studien 2, 90). 
Spielleute, Studien 2, 56ff. Fahrende Schüler, Sanct. 143, 2: Rabbi 
— magister, quia primo docuit angelos in celo, multo autem post 
tempore venit in mundum, ubi factus est magister hominum 
verbo et facto, ut sicut primo docuerat angelos in celo, quomodo 
essent beati: licet quidam eorum, quos docuit, discere non cu 
rarent, ut Lucifer, Astaroth et multi alii, qui facti sunt vagi et 
a Deo recedentes, nec unquam quiescentes, sicut vagi scolares. 
docuit autem quedam inferiora et communia et quedam alta 
prima omnibus necessaria, et sunt decem, que qui diseit et 
opere implet, salvabitur; qui vero contempnit, dampnabitur. sunt 
quidam, ut scolares vagi et viles, discere nolentes, qui dure 
verberantur et confunduntur, cum alii, qui studiose didicerunt, 
coram omnibus laudibus extolluntur. communia omnibus, sicut 
pueris, scripsit in tabulis, omnibus addiscenda. 148, 2: exem- 
plum de pueris studentibus, quibus primo durum videtur stu- 
dium, sed postmodum sine coactione student, student immo et 
delectatione et amore studii relinquentes patriam et parentes 
in exilium vadunt (spricht da eigene Erfahrung Bertholds? vgl. 
Studien 7, 17f.), res, quas habent, expendunt, mane surgunt, 
male comedunt, ut studere valeant. si igitur consuetudo horum 
mundanorum facit labores dulces, quanto magis servitium Dei 
celestis consuetudo dulce fecit, quod gratia supercelesti adju- 
vatur! 

Verschiedenes, Edler Jagdhund, Freib. 2, 59°: faciat quis- 
que ut nobilis canis, qui non mordet hominem, sed lupum. unde 
et dux apum non habet aculeum. similiter et reges unguntur 
in signum clementie. sed multi faciunt ut ignobiles canes, qui 
insiliunt in hominem et fugiunt lupos. itam quidem auferunt 
res bonis et dant malis. sed a bonis accipere et malis dare non 
pertinet ad celum, ut faciunt quidam joculatoribus pro laude, 
qui earet naso, pede vel manu pro suo scelere. honorem non 
habet. vis ergo honorem ab illo emere, qui nullum habet? (vgl. 
Studien 2, 60). Bauernhund, Sanct. 81, 1: pluribus est ut сабо, 
qui libenter comedit pisces etc. ut cani rusticano, qui libenter 
comedunt carnes leporinas etc. ut inobedienti infirmo, qui li- 
benter sanaretur, nec tamen vult dimittere, que medicus pro- 
hibet: vinum, piper, carnes vaccinas ete. Reise (vgl. Studien 7, 27), 


Studien zur Geschichte der altdentschen Predigt. VIII. 61 


Sanct. 70, 2: si quis enim longissimum iter proficisci deberet, 
si diligeret corpus, res et honores, et deferret de hora in horam, 
immo in crepusculum, et se vilibus et inutilibus parvulis occu- 
paret, vere stultus esset. 101, 1: debet quilibet sapiens domui, 
in qua diu morari debet, in necessariis providere. qui enim ad 
longinquas partes esset iturus et ibi pro tempore moraturus, 
modis omnibus satageret, qualiter necessaria, que posset, ibi 
premitteret, ut, dum veniret ibi, inveniret, quibus secure et 
tranquille viveret. (Lebensbedürfnisse.) sapiens autem in dis- 
positione domus scit, quod quinque sunt necessaria, ut bene 
disponatur: primo cibus: secundo potus; tertio vestes; quarto 
custodia; ad hoc enim adhibentur serre, vectes contra canes, 
fures et mures. quinto utensilia diversa: olle, ciste, sedes, lecti, 
ligna ad ignem etc. Wein, Spec. 60, 2: sicut enim materiale 
vinum inter omnes liquores et sucos arborum obtinet principatum 
quoad homines, nam pre omnibus liquoribus vinum moderate 
sumptum cor letificat —; si autem immoderate sumitur, nihil 
perniciosius. Sanct. 130, 2: quemadmodum nobilis plus delec- 
tatur in vino recenti quam omnino acido, plus in vino puro quam 
in fecibus, in serto de recentibus floribus quam in marcidis 
et arefactis — gratius est Deo bonum tale et magis delectatur 
in illis, qui citius convertuntur. 148, 1: bonum est mustum, sed 
inveteratum multo sanius. simile de pisce. hanc habuit beatus 
Joannes, qui Domino servivit circiter XCVI annos, et ideo Do- 
minus multum eum dilexit. Weinkeller, Freib. 1, 226°: o quam 
tristes erunt in morte et in judicio, qui nune perdunt tempus 
suum. si aliquis haberet multa vasa in cellario suo et crederet 
esse plena vino, et cum quereret, inveniret omnia vacua, mul- 
tum doleret. sic in morte hominis: tot hore! tot dies! tot men- 
ses! tot anni! Weinfafl, Freib. 2, 482 (vgl. Studien 5, 86). Wein 
verbessern, oben S. 57. Fahrender Weinhandel, Spec. 62, 1: nota, 
quod diabolus est ut clamator vini infernalis, id est, luxurie, 
ut ad eum veniamus, et portat et dat gustare. Freib. 1, 7*®: 
sicut aliquis clamat vinum clarum vel rubeum vel aliam rem, 
item manifestavit se (Christus) per creaturam. sicut mercator 
exponit res ad videndum, ut magis appetant homines illas, item 
manifestavit se per sanctorum experientiam; sieut apothecarius 
dat species suas ad gustandum, ut citius emantur, manifestavit 
autem suam pulchritudinem per sacram scripturam. — Finger, 


62 V. Abhandlung: Schönbach. 


werden allegorisch gedeutet, Freib. 2, 67°: hoc ideo, qui sicnt 
pollicem possum magis opprimere quam alium digitum, ut patet 
(Gebärde), ita nullum genus hominum in mundo ita opprimitur 
ut pauperes vidue. opprimit et molestat eas primus digitus 
statim, id est, despectio. Weiteres Studien 5, 81. secundus di- 
gitus est paupertas. modo non tibi videtur, quod aliquid habeas, 
sed tamen triplex articulus te premit. ille, qui sibi tenebatur, 
nihil tibi reddit. cui ille, a te repetit et judicio circeumducit. et 
que divisit, hinc inde dividuntur, ita quod tibi parum manebit. 
tertius, dura et amara vita in cibo, potu, vestitu, quia vix audet 
accipere ad sufficientiam. quartus, timor et sollicitudo, quia 
oportet te timere fere omne, quod est super te, quod sibi tua 
rapiat; juxta te, tradat; infra, furetur. nunc est maritus tuus, 
colonus tuus, mercator tuus, judex tuus, advocatus tuus etc. sed 
non desperes. — Das unruhige Bett, Sanct. 161,2: nota, quod tria 
sunt, que lectum inquietum reddunt: primum, si stridet, quando 
movetur (vgl. Felix Liebrecht, Germania 24, 21); secundum, si 
nimis est angustus; tertium, si nimius apud ipsum est strepitus 
transeuntium, clamantium etc. 


Unter allen den reichlichen Zeugnissen des Mittelalters, 
welche die außerordentliche Wirkung der Predigten Bertholds 
von Regensburg beschreiben, messe ich keinem höhere Wichtig- 
keit bei als den Worten Roger Bacons, der sich nach scharfem 
Tadel über die Prediger seiner Zeit folgendermaßen äußert 
(Konrad Hofmann in den Sitzungsberichten der Bayrischen Aka- 
demie der Wissenschaften 1867, 2, 375): frater Bertholdus Ale- 
mannus, qui solus plus facit de utilitate magnifica in praedi- 
catione, quam fere omnes alii fratres ordinis utriusque (der 
Dominikaner und Minoriten). Demnach hat dieser fühigste Be- 
urteiler, der die gesamte theologische Produktion und die wissen: 
schaftliche seiner Zeit überblickte, Berthold von Regensburg 
für den weitaus hervorragendsten Prediger des 13. Jahrhunderts 
gehalten oder mindestens aus dieses Zeitraumes mittleren Jahr- 
zehnten. Geschah dies mit Recht, dann erhebt sich sofort die 
Frage: wie ist die Besonderheit von Bertholds Predigt historisch 
zu erklären? 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 63 


Freilich könnte ich mir alle Mühe um dieses Problem 
sparen, wofern Jostes die Sachlage zutreffend auffaßte, der in 
seiner schon des öfteren angezogenen Rezension meiner Arbeit: 
‚Über eine Grazer Handschrift lateinisch-deutscher Predigten‘ 
im Historischen Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 12 (1891), 
365 behauptet: ‚Ich bin nicht mit Schönbach der Ansicht, 
daß Berthold, was seine Predigtweise anlangt, auf den Schultern 
anderer stand, aber Nachfolger wird er genug gehabt haben —‹. 
Verstehe ich diesen Satz richtig, dann scheint mir der darin 
vertretene Standpunkt gänzlich unhaltbar: Berthold von Re- 
gensburg braucht nicht historisch verständlich gemacht zu wer- 
den, denn er ist ein homo sui generis, der keine geschichtlichen 
Voraussetzungen hat. Für mich wäre Berthold auf diese Art 
ein Wunder, das heißt, eine Erscheinung, welche die Natur- 
gesetze durchbricht. Nun kann man ja über Wunder, oder was 
man dafür hält, sehr verschiedener Ansicht sein; darin jedoch 
werden auch diejenigen Forscher, welche die Annahme eines 
Wunders in historischer Entwicklung als zulässig erachten, 
mit mir einig sein, daß man zur Vermutung eines Wunders 
erst dann greifen darf, sobald die Mittel natürlichen Erklärens 
sämtlich versagt haben. Für meine Auffassung verhält sich die 
Sache so: ich kenne keine Wunder in der Geschichte der 
dentschen Literatur. Wohl weiß ich, daß es darin mancherlei 
Rätsel gibt, von denen etliche vielleicht unlösbar bleiben wer- 
den. Das ist aber doch nur dort der Fall, wo unsere Quellen 
versagen, unsere Kenntnis nicht zureicht. Wie viele Rätsel der 
mittelalterlichen Literaturgeschichte haben sich während der 
letzten Jahrzehnte aufgehellt bei gemehrter Einsicht oder durch 
glückliche Funde! Demgemäß halte ich es für eine Pflicht 
wissenschaftlichen Forschens, daß man auf die historische Er- 
klärung eines Werkes oder einer Persönlichkeit, auf das Er- 
kennen der Bedingungen ihres Entstehens erst dann verzichte, 
wenn alle Mittel resultatlos erschöpft scheinen, und selbst das 
nicht endgültig, sondern nur zeitweilig, da jede Wendung un- 
serer Studien, jede Erweiterung unseres Gesichtskreises auch 
unser Verhältnis zu dem bereits aufgegebenen Problem zu än- 
dern vermag. Was hat — als tröstliches Beispiel — die Kunst- 
geschichte innerhalb der letzten Jahrzehnte für ‚Hafte‘ (der 
altdeutsche Name des Rätsels) entknotet! Dabei denke ich an 


64 У. Abhandlung: Schönbach. 


Franz Wickhoff und seine Schule, an Maximilian Dvorak und 
seine glänzende Arbeit, durch welche das Wirken der Brüder 
van Eyck alles Wunderbaren entkleidet wurde. Noch will ich 
nicht versäumen, hinzuzufügen, daß auch der Begriff des Wun- 
ders sich sehr mannigfach interpretieren läßt: Augustinus sah 
in den normalen Vorgängen des täglichen Lebens die größten 
Wunder und damit behält er in gewissem Sinne recht. Es wird 
dann für den, der diesem höchsten Meister der Theologie des 
Mittelalters folgt, die ganze Aufgabe des Forschens im Welt- 
system um eine Instanz verschoben: von der Pflicht, sich um 
die Zusammenhänge aller dieser Wunder sowie um die Genesis 
jedes einzelnen zu bekümmern, scheint mir die menschliche 
Wissenschaft darob keineswegs entbunden; es handelt sich da 
nur um Unterschiede der Terminologie. 

Jedesfalls darf sich meines Erachtens kein Philologe vor 
dem Erklären eines literarischen Phänomens zurückziehen, in- 
dem er es den Fachgenossen als ein bedingungsloses präsen- 
tiert, als eine Pallas Athene, die gerüstet dem Haupte des Zeus 
entsteigt; zum mindesten nicht, bevor er sich selbst daran ver- 
sucht hat. Jostes hatte das bei Berthold von Regensburg nicht 
getan und war daher meinem Ermessen nach nicht berechtigt, 
meine Aufstellungen schlechtweg abzulehnen. An sich ist das 
ja sehr unwichtig und ich habe hier seinen Widerspruch nur 
deshalb erwähnt, weil ich nicht den Schein erwecken wollte, 
als ob ich einer Erörterung der prinzipiellen Frage auswiche. 
Für mich bleibt Bertholds Predigt eine historische Erscheinung, 
die, so eigentümlich sie sein mag, auf ihre Voraussetzungen 
zurückgeführt und aus diesen verstanden werden muß. 

Das geschieht am leichtesten, wenn man einen Blick auf 
die Berthold vorangehende Entwicklung der deutschen Kanzel- 
beredsamkeit des Mittelalters wirft oder vielmehr auf die der 
mittelalterlichen Predigt überhaupt. Denn diese war wie alle 
Theologie und alles kirchliche Wesen jener Zeit international, 
auch in etwaigen Sondergestalten bei romanischen und germa- 
nischen Völkern durch die Vermittlung der einen Kultursprache, 
des Latein, zusammengehalten. Es scheint mir — und auch 
darin unterscheidet sich meine Auffassung von der, die Jostes 
vertritt — nicht erlaubt, die Entwicklung der altdeutschen Pre- 
digt gesondert z. B. von dem maßgebenden Vorbilde der fran- 


Studien zur Geschichte der altdentseben Predigt. VIII. 65 


zösischen zu betrachten. Doch darüber sind die Akten bereits 
geschlossen und ich darf mich hier um so eher auf das Her- 
vorheben einiger Hauptpunkte beschränken, als ich ohnedies 
binnen kürzester Frist meine jetzige Kenntnis von der Ge- 
schichte der deutschen Predigt des Mittelalters in knapper und 
allgemein zugänglicher Darstellung zusammenfassen will. 

Die Predigt vor der Laiengemeinde ist in Deutschland 
während des Mittelalters niemals anders denn in deutscher 
Sprache gehalten worden; wenn noch immer (zuletzt Super- 
intendent Richard Albert, Geschichte der Predigt in Deutsch- 
land 1892 -- 1896) gelegentlich die Behauptung auftaucht, man 
habe den Laien auch nur zuweilen lateinisch gepredigt, so bleibt 
sie ohne Beweis und beruht auf Voreingenommenheit und un- 
zureichender Sachkenntnis. Innerhalb der Klostermauern für 
Mönche und bei anderen Gelegenheiten für geistliche Zuhörer- 
schaft ist gewiß des öfteren lateinisch gepredigt worden, ob- 
gleich beweisende Zeugnisse dafür in Deutschland bei weitem 
nicht so häufig sind als nach den Ermittelungen Barthelemy 
Hauréaus in Frankreich. (Spuren von Deutsch bei Zisterzienser- 
kollationen des 12. Jahrhunderts begegnen in den Sermonen des 
Hermann von Reun, vgl. meine Abhandlung über ihn WSB. 150 
[1905], 18. 26.) Aber die deutsche Predigt des Mittelalters hat 
sich bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts in völliger Ab- 
hängigkeit von der lateinischen befunden, soweit wir nämlich 
aus den uns erübrigten Aufzeichnungen schließen dürfen. Aller- 
dings ist die Masse unserer Überlieferung dieser Prosa durch- 
aus nicht von einheitlichem und gleichmäßigem Ursprung. Bis 
weit hinauf ins 12. Jahrhundert und in einzelnen Ausläufern 
darüber hinaus werden Predigten der älteren Kirchenväter, 
einschließlich des stark benutzten Beda, ins Deutsche wörtlich 
oder auszugsweise übertragen. In der zweiten Hälfte des 
12. Jahrhunderts macht sich der Aufschwung der französischen 
Theologie vom 11. Jahrhundert ab geltend: in Frankreich ent- 
stehen jetzt zunächst große Predigten, die aus Stücken der 
Kirchenväter zusammengefügt und durch Zutaten abgerundet 
werden; ihnen schließt sich dann zunehmend freier die selb- 
ständige Produktion der französischen Kanzelredner an. Die 
Sammlungen dieser Sermones gelangen sehr rasch nach Deutsch- 
land und werden auch hier übersetzt (vgl. Studien 1,139 ff. % Neben 


Sitzungsber. d, phil.-hist. Kl. 155. Bd. 5. Abh. 


66 V. Abbandlung: Schönbach. 


diesen größeren Vortragsstücken deutscher Sammlungen gibt es 
dann noch kleinere, die man gerne , Ansprachen' nennt, obschon 
es eigentlich keinen rechten Grund gibt, sie von ‚Predigten‘ zu 
trennen, und solche Ansprachen hat man zumeist für unabhän- 
gige Arbeiten deutscher Verfasser gehalten. Das ist jedoch nur 
zum geringsten Teile richtig, denn in der Regel finden auch 
die ‚Ansprachen‘ ihre Widerlagen in kurzen Sermones lateini- 
scher Sammlungen. Versuche, sich von dem Vorbilde der lateini- 
schen Predigt, auch französischer Provenienz, zu emanzipieren, 
sind nachweislich nur selten gemacht worden, kaum vor der 
Mitte des 13. Jahrhunderts. Ich muß nun noch bemerken, daß 
es sich gar nicht der Mühe lohnte, diese Beobachtungen hier 
niederzuschreiben, wofern sie nur an dem in deutscher Sprache 
uns überlieferten Predigtenmaterial angestellt wären. Denn dieses 
beträgt nur einen verschwindend geringen Bruchteil des Vor- 
rates, der für deutsche Prediger des Mittelalters handschriftlich 
erstellt wurde. Die weitaus größte Menge deutsch gehaltener 
Predigten steckt in den noch ungezählten Kodizes lateinischer 
Aufzeichnungen, die man unternahm, damit daraus die Prediger 
mittels ihrer selbstverständlichen Kenntnis des Latein die Ho- 
milien und Sermone studierten, welche sie dann deutsch ihrem 
Publikum vortragen wollten. Man findet dieses Verhältnis ganz 
wohl begreiflich für das 14. und 15. Jahrhundert, dessen ge- 
druckte Predigtenmagazine der fleißige Cruel zuerst durchge- 
arbeitet hat, es gilt jedoch ebenso für die frühere Zeit. Darum 
läßt sich eine wissenschaftliche Geschichte der altdeutschen Predigt 
mit einigem Anspruch auf dauernde Geltung heute noch gar nicht 
herstellen. Die Lösung dieser Aufgabe kann erst allmählich 
vorbereitet werden, indem man alle auf deutschen Bibliotheken 
vorfindlichen Handschriften lateinischer Predigten mit Rücksicht 
auf ihren Ursprung untersucht; die Bibliotheken außerhalb 
Deutschlands mögen manche von deutscher Hand geschriebene 
Kodizes enthalten (insbesondere die englischen), sie werden 
aber doch nur Ergänzungen bieten, denn der Zug des Ein- 
flusses ging während des Mittelalters, einschließlich der Anfänge 
der Renaissance, von Frankreich, Italien, England zu den 
Deutschen, nicht umgekehrt. Wir entbehren also noch der 
grundlegenden Vorarbeiten (Linsenmayer hat verdienstlicher- 
weise eine Anzahl von Handschriften bayrischer Klöster gelesen), 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 61 


nach deren Vollendung sich erst wird erkennen lassen, inwie- 
fern die ungeführe Skizze der Entwicklung der altdeutschen 
Predigt, die sich aus den wenigen deutschen Niederschriften 
gewinnen ließ, gemessen an der ungeheuren Fülle der lateini- 
schen Aufzeichnungen deutschen Ursprunges, der Wahrheit ent- 
spricht, inwiefern sie berichtigt, erweitert oder überhaupt anders 
gezeichnet werden muß. Ich möchte es gar nicht wagen, über 
diese Frage hier zu reden, wofern ich nicht seit mehr als einem 
Jahrzehnt größere Reihen von Handschriften lateinischer Pre- 
digten, die in Deutschland entstanden, in den Händen gehabt 
hätte (vornehmlich aus München, Wien, Innsbruck, Graz usw.). 

Die entscheidende Wendung in der Geschichte der Pre- 
digt des Mittelalters ganz im allgemeinen trat ein mit dem 
Wirken der beiden Mendikantenorden. Durchaus nicht unver- 
mittelt. Denn wenigstens die französische Predigt hatte schon 
im Verlaufe des 12. Jahrhunderts im Zusammenhange mit dem 
Aufblühen des Landes, seiner Ritter und seiner Kaufmannschaft, 
sich glänzend entfaltet und mannigfach bereichert. Farbige 
Schilderung des Lebens innerhalb der einzelnen Stände (schon 
Petrus Cantor hatte in Paris Standespredigten gehalten), Be- 
schreibung sündhafter Praktiken von Handwerkern und Krä- 
mern, Erzählungen von Schule und Universität drängen sich in 
die Kanzelreden und verleihen ihnen die größte Anziehungs- 
kraft. Maurice von Sully, der Erzbischof von Paris, nimmt in 
diesem Betrachte die hervorragendste Stellung ein, seine Pre- 
digten sind auch alsbald aus den lateinischen Niederschriften 
ins Französische übertragen und dadurch besonders Laien zu- 
gänglich gemacht worden. Gerade die Eigenschaften, welche 
wir an der Mendikantenpredigt als auszeichnend rühmen, treffen 
wir schon bei mehreren Kanzelrednern der nächst voraufgehen- 
den Zeit: leidenschaftliche Bewegung, Aufnahme packender 
Einzelnheiten aus der Wirklichkeit des Lebens, Einführung des 
Dialoges und der Rollen, weitausgreifende Rhetorik. Es findet 
also tatsächlich kein Sprung in der Entwicklung der mittel- 
alterlichen Predigt an dem Zeitpunkte statt, wo die Mendikanten- 
orden die Führung übernehmen, was auch theoretisch schon 
nicht wohl zu vermuten wäre, da die Mendikantenprediger von 
Ruf und Auszeichnung uns durchweg als Schüler älterer Lehrer 


bekannt sind. Aber es versteht sich von selbst, daß nunmehr, 
5* 


68 V. Abhandlung: Schönbach. 


nach der Stiftung der Gesellschaften von Dominikus und Fran- 
ziskus, die Dinge einen viel rascheren Lauf nehmen, die Rich- 
tungen zu Strömungen anwachsen und, was sich früher als Eigen- 
tümlichkeit und Vorzug einzelner Prediger erkennen ließ, jetzt 
förmlich zu neuen Gattungen sich ausbildet. Die beiden Orden 
trennen sich allmählich auch im Predigtwesen. Die Dominikaner, 
die Fratres Praedicatores im engeren Sinne, haben zwar zu allen 
Zeiten viele und wirksame Volksredner gehabt, die größere In- 
tensität im Betriebe ihrer Studien, die Glaubenszensur, die 
Leitung frommer und geistlicher Frauen haben jedoch ihrer 
Predigtweise ein besonderes Gepräge verliehen. Die stärkere 
populäre Wirkung ist, während des 13. Jahrhunderts wenigstens, 
doch von den Minderbrüdern ausgeübt worden,’ weil (und nicht 
obgleich, s. Studien 6, 36 f.) damals in der Gemeinschaft ihres 
Ordens auch die wissenschaftlichen Studien mit Nachdruck ge- 
pflegt wurden. Dieser Gruppe gehórt als die bedeutendste Per- 
sönlichkeit Berthold von Regensburg an. 

Die Eigenart dieses mächtigen Volksredners muß zu er- 
fassen sein, wenn man sich zunüchst von der Komposition, dem 
Inhalt und dem Stil seiner Predigten genaue Begriffe verschafft. 
Die deutschen Aufzeichnungen lasse ich, gemäß der von mir 
im sechsten Heft meiner ‚Studien‘ begründeten Ansicht, ganz 
außer Betracht, obzwar sie in bezug auf das einzig Vergleich- 
bare, nümlich den Stil (trotz einer Unmenge von Berthold- 


1 Das bezeugt z. B. Everard von Villebene, Kanonikus des Ordens Vallis 
Scolarum, der 1267 Doktor an der Universität Paris wurde und beson- 
ders in den siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts predigte, wenn er 
(Codex Graecensis Nr. 818, ful. 333° am Tage des heil. Franz von Assisi) 
sagt: parvulus, sicut jam dictum est, fuit beatus Franciscus, qui in gen- 
tem fortissimam profecit, fratrum scilicet minorum, qui sunt fortes, for- 
tiores, fortissimi. fortes in formatione morum, fortiores in consolatione 
affüictorum, fortissimi in destructione errorum. — Die Bedeutung der 
Predigt in dem Wirken der Bettelorden läßt sich sofort aus der beson- 
deren Beschaffenheit ihrer Kirchen ersehen: sie sind vornehmlich für die 
Predigt bestimmt, haben daher weite Räume, wenig und schmale Pieiler; 
diesen Bedürfnissen paßte sich besonders die Gotik an, die sichere 
und bequeme Konstruktionen erlaubte. Vgl. Dohme, Geschichte der 
deutschen Baukunst (1887), S. 198 ff. Kraus, Geschichte der christlichen 
Kunst 2, 161 ff. (über die Bauweise der Franziskaner- und Dominikaner- 
kirchen). M. Hosack, Die Predigtkirche des Mittelalters in der Zeit- 
schrift für Bauwesen 1893, Sonderabdruck: Berlin 1893. 


Studien zur Geschichte der altdentschen Predigt. VIII. 69 


schriften besitzen wir noch keine wissenschaftlich ausreichende 
Beschreibung des Stiles der deutschen Texte), durchaus geeignet 
sind, meine Ausführungen zu stützen. Am kürzesten kann ich 
mich über die Komposition der lateinischen Predigten fassen, 
weil ich diese gerade Studien 6, 58 ff. einläßlich betrachtet habe. 
Dort zeigte sich, daß die nach dem Textspruche vorgetragene 
historia aus dem alten Testament, mittels deren dann die Dis- 
position des Stoffes vorgenommen wird, zu den wichtigsten for- 
malen Kennzeichen der Bertholdschen Predigten gehört. Aber 
keineswegs dieser allein, vielmehr charakterisiert sich dadurch 
Bertholds Predigttechnik als eingegliedert in den historischen 
Zusammenhang des 13. Jahrhunderts: die historia nämlich ist 
in der französischen Predigt schon des 12. Jahrhunderts auf- 
gekommen und hat sich von da nach Deutschland verbreitet. 
Es genügt, für diese Dinge auf die Werke von Bourgain und 
Lecoy de la Marche zu verweisen. In bezug auf den Aufbau 
seiner Predigten nimmt daher Berthold keine Sonderstellung 
unter seinen Zeitgenossen ein, er fügt sich vielmehr dem all- 
gemeinen Gange der Entwicklung. 

Was den Inhalt von Bertholds Predigten anlangt, so wird 
man zunächst auf deren Bestimmung Rücksicht nehmen miissen. 
Im großen und ganzen sind Bertholds Reden hauptsächlich 
Bußpredigten, die also an Zeit und Ort nicht gebunden sind, 
sondern die sündige Zuhörerschaft (vgl. Sanct. 12, 1. 54, 2), die 
vornehmlich aus Laien besteht, zur Einkehr in sich selbst, 
durch Schilderung der Laster (insbesondere der Habsucht, deren 
Bedeutung für die Zeit die Äußerung Bonaventuras an den 
König von Frankreich kennzeichnet, Analecta Franciscana 1, 
416) zur Abkehr von ihnen, durch Lobpreisen der Tugenden 
zur Ausbildung darin, ermahnen und bewegen sollen; die Aus- 
malung von Gottes Güte und Gerechtigkeit, von des Teufels 
Bosheit und List, von den Freuden des Himmels und den Mar- 
tern der Hölle, muß die Erschütterung der Gemüter bewirken. 
So ziemlich alle Aufzeichnungen Bertholdscher Predigten fallen 
ganz oder zum Teil unter diesen Begriff der Bußreden. Ins- 
besondere die sonst regulären Sonntags- und Evangelienpredigten 
des Rusticanus de Dominicis und die mehr allgemein gehaltenen 
des Rusticanus de Communi. Es gibt aber auch eigentliche 
Festpredigten Bertholds, wo, unbeschadet des sonstigen Inhaltes, 


70 V. Abhandlung: Schönbach. 


die Hervorhebung der Feier des Tages einen bestimmten An- 
teil beansprucht. Das ist beinahe durchweg in den Stücken des 
Rusticanus de Sanctis der Fall, aber auch in den nicht von Ber- 
thold selbst redigierten Sammlungen begegnen solche Festreden: 
ein schlagendes Exempel gewährt der Weihnachtssermon Spee. 
78,4 (Nr. 42, fehlt bei Jakob). Wieder einen besonderen Cha- 
rakter tragen die Predigten Bertholds, die auf ein geistliches 
Publikum berechnet sind. Ihrer ist eine ziemliche Anzahl vor- 
handen, sie beschüftigen sich, wofern sie ad sacerdotes gerichtet 
werden, mit Rechten und Pflichten des geistlichen Amtes (Spen- 
dung der Sakramente), legen rückbaltlos die Schäden des kirch- 
lichen Lebens bloß (was in den Predigten für Laien nur wenig 
berührt wird, in den deutschen Texten beinahe günzlich unter- 
bleibt) und mahnen zur Abhilfe, auch durch ausdrücklichen 
Hinweis auf die Vorschriften des kanonischen Rechtes. Eine 
besondere Gattung, auffüllig durch die große Zahl der Stücke 
(zu denen auch sechs deutsche gehören), sind die Klosterpre- 
digten oder, weiter gefaßt, die Reden an Religiosen. Es läßt 
sich daraus erkennen, daß Berthold in dieser Wirksamkeit (man 
denke an seine Stellung als Spiritual geistlicher Frauen, Studien 
1, 6 ff.) sich besondere Bedeutung und Ansehen gewonnen haben 
muß. Dem Inhalte nach befassen sich diese Predigten insbe- 
sondere mit den Vorgüngen des inneren religiósen Lebens, aber 
auch mit den Zuständen innerhalb der klösterlichen Gemein- 
schaften, dem alltäglichen Treiben darin, den Schwierigkeiten 
und Reibungen, über die Berthold erstaunlich genau unter- 
richtet ist, wie auch die ihm zuzuweisenden deutschen Texte 
des ,Geistlichen Baumgartens' lehren. Wiederum zu einer Gruppe 
für sich schließen sich Bertholds Missionspredigten zusammen, 
worunter ieh hauptsüchlich die Reden verstehe, welche er im 
Dienste der Ketzermission gehalten hat (Religionsunterricht 
Spec. 56, 4). Diese Stücke behandeln begreiflicherweise beinahe 
ausschließlich Fragen des Glaubens! (das Symbolum Apostoli- 
eum macht die Grundlage ganzer Reihen aus), Studien 3 habe 
ich sie analysiert und dabei ausgehoben und besprochen, was 


! Bekehrungen schreibt die späte Überlieferung Berthold zu, wenn es in 
Jakob Sturms Reimwerk: Beschreibung von Regensburg 1663 (Verhand- 
lungen des historischen Vereines für Oborpfalz und Regensburg, N. F. ?3 
[1875], 60 heißt: 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 11 


für unsere Kenntnis des deutschen Ketzerwesens wichtig sein 
kann. Nun wissen wir ferner (Eubel, Geschichte der ober- 
deutschen Minoritenprovinz, S. 251 ff.; Rieder, Das Leben Ber- 
tholds von Regensburg, S. 31), daß Berthold durch ein Dekret 
Papst Urbans IV. beauftragt wurde, Albertus Magnus, damals 
Bischof von Regensburg, in der Predigt für einen geplanten 
neuen Kreuzzug in das heilige Land zu unterstützen. Von den 
Predigten, die Berthold gemäß diesem päpstlichen Befehle ge- 
halten haben wird, hat sich, soweit ich weiß, nichts erhalten. 
An sich ist die Kreuzpredigt dieser Zeit, was sich aus den Ver- 
hältnissen Deutschlands sehr wohl begreift, ohne sonderlichen 
Erfolg geblieben und vielleicht sehon deshalb nicht aufgezeichnet 
worden; aber wir besitzen überhaupt sehr wenige Kreuzpre- 
digten, weil das Vorübergehende ihres Inhaltes sie zur Nieder- 
schrift und Sammlung wenig geeignet machte. Jedesfalls ist in 
die uns bewahrten Kodizes Bertholdscher Reden keine seiner 
Kreuzpredigten eingegangen und das ist wenigstens in einem 
Betrachte von Interesse, weil dadurch die sonst begründete 
Vermutung (Studien 7, 69f), die Vorlagen der Freiburger 
Handschrift und überhaupt die nicht von Berthold beeinflufiten 
Sammlungen seien vor 1263 entstanden, indirekt noch wahr- 
scheinlicher gemacht wird. — Endlich móchte ich noch auf eine 
besondere Eigenschaft des Inhaltes mancher Predigten Bertholds 
aufmerksam machen. Es gibt nämlich eine Menge kleinerer und 
größerer Abschnitte darin, die zwar sehr gut mit dem Haupt- 
stoff verbunden sind, jedoch hüchstens als Exempel oder Belege 
dem Zwecke der Predigt dienen; eigentlich teilen sie Kennt- 
nisse über sehr verschiedene Gegenstünde mit, und zwar mit 
solchem Interesse an der sachlichen Genauigkeit der Angaben, 
daß diese um ihrer selbst willen vorgebracht zu sein scheinen. 
Solche Stücke, in denen Abschnitte dieser Art vorkommen, bis- 
weilen sogar das Übergewicht besitzen, möchte ich Lehrpredigten 
nennen. Gewiß stellen sie keine durch die kirchliche Überlieferung 


In der Begräbnis kirch ligt noch bis diese Stunden 

Bertholdus, hier gebohrn, von dem man dieses schreibt: 

Daß 60000 Mann der Kirchen einverleibt 

Gehöret haben zu, was Ihnen Er gelehret, 

Sein Grab Stadt Regensburg zugleich den Hungarn ehret. 
Vgl. Analecta Franciscana 2, 84. 


19 У. Abhandlung: Schönbach. 


anerkannte Gattung dar, denn die Aufgabe der Predigt war 
allzeit auf das Erstreben rein religiöser Ziele gerichtet, allein 
es ist durchaus nicht unmöglich, daß bei Gelegenheit der aus 
Laien bestehenden Zuhörerschaft gewisse Kenntnisse aus Erd- 
kunde, Naturwissenschaften etc. vermittelt wurden. (Belehrungen 
historischen Inhaltes u. dgl. gehen auch in die politischen Kan- 
zelreden unserer Gegenwart ein.) Was zum mindesten Berthold 
anlangt, kann darüber kaum ein Zweifel herrschen. Am Schlusse 
der zweiten seiner Antichristpredigten (Studien 4, 31), in denen 
- er das Wissen seiner Zeit über die Eschatologie zusammenge- 
tragen hat, schreibt er selbst: omnia predieta de Antichristo ad 
hoc biis sermonibus inserui, ut, si non in presenti, saltim aliqua 
utilitas in posterum inde eliciatur et fideles confortentur in fide 
Domini — und bezeugt damit ausdrücklich den Lehrzweck 
dieser Stücke. Die sechs ersten Nummern der Sermones Spe- 
ciales bilden eine zusammenhüngende Beschreibung des Himmels- 
gebäudes, deren einzelne Teile auf einander bezug nehmen und 
sich gegenseitig erläutern. Es werden daran die wesentlichen 
Pflichten der Christenmenschen bildlich dargelegt, die Mit- 
teilungen über die Himmelskörper, ihr System, ihre Bewegungen 
gehen so ins Einzelne und werden mit solcher Genauigkeit der 
Zahlen vorgetragen, daß sie für sich Wert beanspruchen. Am 
Beginn der fünften Predigt heißt es Spec. 53, 1: et ideo ab 
initio mundi usque ad judicium sic jussit Dominus solem in- 
cedere et circuire semper per dimidium annum, per sex men- 
ses, cum sex generibus siderum, a solstitio in solstitium, et in 
judicio staret, ut omnes viventes ab initio mundi usque ad ju- 
dieium doceat omnes, quod tam multi cum sex generibus pec- 
catorum circueuntes dampnentur. in illis enim omnia includuntur, 
per que fideles dampnabuntur, et cottidie profundius, et cottidie 
plenam dietam perficit. et gratia ut dies decrescit, et pena ac 
infelicitas ut nox accrescit. et dicas descensum solis primo se- 
cundum litteram, totum simul non exponendo, et iterando valde 
caute, ne mentiaris, et post quodlibet in loco suo exponendo et 
iterando. Hieraus erhellt nicht bloß, wie genau Berthold die 
Benutzer seiner Predigten instruiert, wie die Aufzeichnung des 
einen Stückes die des vorangehenden berücksichtigt, sondern 
hauptsächlich, wie wichtig ihm die Korrektheit seiner Angaben 
über den Sonnenlauf ist: darüber darf nichts Falsches behauptet 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 13 


und von den Zuhörern aufgenommen werden; das beweist klar 
den lehrhaften Charakter dieser Reihenpredigt. Für die Gattung 
der lehrhaften Sermones wird man noch Stücke in Anspruch 
nehmen dürfen wie jenes an Frauen gerichtete, in dem die Zu- 
fälle und Gefahren der Schwangerschaft, des natürlichen und 
künstlichen Abortus, die mola u. dgl. mit einer Ausführlichkeit 
behandelt werden, die durch den bloß erbaulichen Zweck der 
Predigt nicht gerechtfertigt wird. Ebenso Stücke mit Belehrun- 
gen über die Liturgie, das Kirchenjahr und seine Feste usw. 
Zugleich erhellt wiederum, um wie vieles die lateinischen Texte 
an Mannigfaltigkeit des Inhaltes die deutschen übertreffen, vgl. 
Studien 6, 72ff. Daß aber Bertholds Predigtpraxis die seiner 
Zeit gewiesenen Grenzen überschritte, kann ich nicht finden. 
Es liegt also jedesfalls zumeist im Stil die auszeichnende 
Eigenart Bertholds beschlossen. Nun wäre es ja eigentlich hier 
nicht nötig, noch besonders von Bertholds Stil zu sprechen, 
zumal in den sieben Heften meiner ihm gewidmeten Studien 
ein ausreichendes Material für die Würdigung seiner stilistischen 
Qualitäten ausgebreitet vorliegt, allein ich will doch wenigstens 
für einige Hauptpunkte Beispiele ausheben, wo die starke, blut- 
volle, bildkräftige Persönlichkeit Bertholds vorbricht. Unzählig 
sind die Fälle von Entgleisungen oder lockeren Konstruktionen, 
die sich aus dem Einfluß bequemer mündlicher Rede auf die 
Niederschrift erklüren, deshalb mag ein Beispiel genügen, Spec. 
13, 2: prima igitur anime resurrectio sive penitentia, que ficta 
est, significatur per resurrectionem Samuelis factam, de qua 
legitur В. XXXVIII (1 Reg. 28, î Е; 1 Paral. 10, 13: die Hexe 


von Endor) quod Saul, volens sciscitari de eventu belli sui 


sequentis diei, petivit a quadam pythonissa — pythonem qui- 
dam tradunt artem esse suscitandi mortuos, quam Pythicus, id 
est Apollo, adinvenit — petivit, inquam, ut —. de hac susci- 


tatione dicitur a quibusdam, quod spiritus malignus apparuit in 
specie Samuelis, vel phantastica imago ejus ibi apparuit, que 
dicta est Samuelis; tradunt quidam, quod Deo permittente anima 
ipsius, tantum consimili corpore induta, apparuit ibi; alii vero, 
quod corpus tantum suscitatum est spiritu vivifico, anima in 
loco suo quiescente; sive igitur illo modo sive alio, ficta hec 
resurrectio significat fictam anime resurrectionem. Ein Begriff 
wird zerlegt, Domin. 54, 1: ideo dicit Abacue I (1, 15): ‚secum 


74 V. Abhandlung: Schönbach. 


traxit illud іп sagena sua‘. sagena est rete, totam aquam oc- 
cupans, et ipse temptationibus suis totum genus humanum oc- 
cupat: juvenes et senes, pauperes et divites, sanos et infirmos, 
feminas et viros (wie mhd.) impugnat. Umdeutung, Spec. 60, 6: 
nota opera misericordie mystice: qui esurientem et sitientem 
pane verbi Dei reficit vel potu sapientie refrigerat, et qui er- 
rantem in domum matris Ecclesie revocat, et qui infirmum in 
fide assumit, et qui in tribulatione aliqua seu carcere tristitie 
oppresse subvenit compatiendo et consolando. item edificatio 
ecclesiarum, claustrorum, altarium, luminarium, pontium, viarum 
et hujusmodi. Technik des Rätsels: es werden die einzelnen 
Qualitäten des Objektes beschrieben, dieses selbst jedoch erst 
zuletzt genannt; dadurch bekommen die abgebrauchtesten Sachen 
ein neues Kleid. Spec. 50, 3: dat Deus hominibus diversa magna 
dona, de parvulis taceo, que similiter dat formicis et brutis — 
sechs nämlich, und zwar: nam duo illorum prima, id est, pri- 
mum et secundum dat, ut servari possint; sed si non servantur, 
nunquam rehabentur. duo vero sic dat, ut nunquam perdi pos- 
sint in quocunque statu. duo autem, id est, quintum et sextum 
— ita die in qualibet inceptione trium membrorum —, ut ser- 
vari possint et perdi et multotiens rehaberi et perdi. (Die sechs 
sind: 1. virginitas, 2. tempus. — 3. gratia, das 4. fehlt. penitentia? 
— 5. misericordia, 6. justitia.) tempus nobile, quoniam inter omnia 
temporalia nihil est nobilius. sicut enim non recuperatur virgi- 
nitas, sic qui unum diem inutiliter expendit, nunquam recupe- 
rabit, sive vadat ad infernum sive ad celum. si enim damp- 
natur, semper plus ardebit; similiter nunquam illum diem, 
etiam si salvabitur, in celo recuperabit: semper enim pro per- 
ditione unius diei minus habebit gaudii, minus deliciarum in 
convivis, minus honorabitur et diligetur ab angelis et sanctis, 
et nisi hic satisfecerit, in purgatorio punietur. Möglichkeiten, 
Domin. 44, 1: quanta esset letitia pauperis, si princeps de pa- 
latio ei occurreret! Starke Behauptungen, Sanct. 139, 1: quod 
si aliquis in celestem Jerusalem vocaretur, omnia gaudia, que 
ibi sunt, non sibi sufficerent. non dico, quod hoc fieri possit, 
sed ut loquamur per impossibile, si fieret, nequaquam cum om- 
nibus bonis, que ibi sunt, satiari posset, nisi videret celestem 
patrem. Sanct. 187, 1: item si habueris omnem scientiam, ut 
per totum mundum facias pacem, omnia bona in mundo disponas 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIIT. 75 


tuo consilio, non tibi prodest ad salutem. item si haberes om- 
nem fidem, ut etiam omnes hereses, immo omnes infideles, pa- 
ganos, judeos, hereticos ad fidem trahas, si in peccato es, per 
hoe non salvaberis. item si omnes pauperes pasceres, omnia 
hospitalia rebus tuis sustentares, si tot ecclesias vel claustra 
edificares, quot sunt, et sustentationem eis dares, si a peccato 
non abstineres, dampnaberis. item si tradideris corpus tuum 
omnibus martiriis, penis, flagellis, genuflexionibus etc., si а pec- 
cato non abstines, Deum non placas. — ad quanta bona pecca- 
tori valeat penitentia, nunc subticeo. item diabolo nihil molestius 
est respectu peccatoris, quam ipsum abstinere a peccato et pe- 
nitere. non enim ipsum tantum molestares, o peccator, ut per 
impossibile loquar, si eum in camino poneres, si suspenderes, 
rotares, non tantum contristaretur, quo ad quid. — item nihil 
utilius peccatori, quam a peccato cessare et penitere. non sibi 
esset tam utile, si cotidie pro eo tot misse cantarentur, quot 
stelle sunt in celo, et quod omnes justi in terra pro eo orarent 
vel omnes sancti interpellarent, immo nec tam utile, si Christus 
nondum passus esset et adhuc pati deberet. quia tantum non- 
nisi pro contritis pateretur. immo in terra libentius vellem esse 
cum penitentia, quam in paradiso cum peccato, si possibile esset 
(vgl. Studien 7, 113. 127), nam tamen de illo ejicerer, ut Lucifer 
de celo et alii angeli infiniti — immo utilius esset peccatori 
penitere, quam quod sancta Maria cotidie de celo descenderet 
et loqueretur cum illo. nec mirum, cum Dominus loquereretur 
cum Juda, et tamen sit dampnatus. homini peccatori utilius 
esset penitere, quam quod Dominus illi daret sapientiam Salo- 
monis, potestatem Octaviani, vel multos cotidie comitatus. Do- 
min. 49, 2: et tu, o avare vel proprietarie, superbe ac invide, 
si sie raptus quondam fuisses ad tertium celum et Deum vi- 
disses et archana talia audisses, nisi hec deponas, perdis bona, 
que facis, et dampnaberis — Domin. 89, 2: et tu, o avare vel pro- 
prietarie, superbe ac invide, si sic raptus quondam fuisses ad 
tertium celum et archana talia audisses, nisi Вес deponas, perdis 
bona, que facis, et dampnaberis. Domin. 145, 2: ideo ne tardes. 
mors enim tantum cruciat corpus, quod parum cogitare potest tunc 
de anima. insuper et sensus debilitatur nimis. sed et ponatur, 
quod coram sacerdote fleat in morte et testamentum disponat 
et communicet et ungatur, adhuc autem dubito de ejus salute, 


76 У, Abhandlung: Schönbach. 


quia si timore mortis illud agit tantum, nec tamen facere vellet, 
si sanus esset, dampnaretur. insuper si certus esses, quod con- 
vertereris, tamen pro mundo toto in crastinum differre non de- 
beres conversionem, tum propter purgatorium, tum quia omnes 
imperatores recompensare non possent tantum gaudium ac glo- 
riam celi, quantum amittis hoc solo die existendo in peccato. 
Comm. 6, 4: ideoque qui ei beatum Jacobum vel aliquem alio- 
rum apostolorum, si possibile fuisset, pervertisset, sive beatum 
Nicolaum aut sanctum Martinum vel hujusmodi, ut nitebantur 
quidam tortores pervertere quosdam sanctos precipuos, supra 
modum Dominum offendisset. Spec. 65, 4: o peccator, crede 
mihi, si daretur tibi regnum, non tantum gauderes ut iste, qui 
in corde suo certus est certitudine vie de vita eterna; si decem, 
8i centum, si mille, si omnia, si quod mundus, si quod omnia, 
que in mundo sunt, tibi obedirent — dic aliqua — si stelle etc. 
hane letitiam et securitatem dat anime Deus, qui in ea est. 
ideo, o juvenes, cavete a peccato magno, ab hoc vel ab hoc. 
dicunt homines, quod illi vel illi beati sint, qui multas habent 
divitias vel honores vel delectationes mundi vel carnis etc. vere 
nequaquam, quia nihil habent delectationis intus in anima, ex 
quo Deus ab illa recessit per mortale, sed tantummodo habent 
ut brutum. (Wenn hier so leichterdings zehn, hundert, tausend 
Königreiche vergeben werden, so entspringt das derselben phan- 
tastischen Weltanschauung, wie sie das höfische Epos und das 
Mürchen besitzen.) Steigerung, Domin. 51, 1: nam gutta situle 
(Isai. 40, 15) crassior est gutta roris. dicit Sap. XI. (11, 23) 
totum mundum ut guttam roris, et hec est valde modica. mo 
dicum ergo est omnino hujus temporis habundantia, et tamen 
multi in hac gutta roris submerguntur. mirabile esset, si homo 
in cipho pleno aque submergeretur; magis, si in cocleari pleno aque; 
supra modum mirabile, si in gutta. sed videmus, quod multi 
hodie submerguntur in gutta roris temporalium. verum est, quod 
gutta roris sunt omnia mundana, et quid igitur est tua modica 
portio? о avare dives, tua domus et agri tui? о incontinens, 
tua incontinentia et tue delicie? о superbe, tua gloriola? ге 
muneratio totius mundi quasi nihil est sed hoc modo miseri 
non vident. Häufungen, Domin. 63, 1: vere digne exhorret 
Deus homicidas, quia, qui talis est, peccat contra Deum, cui 
occidit carissimam creaturam. si enim Deus hominem dampnat, 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 77 


qui furatur parum de frugibus aut pallium vel hujusmodi, quam 
dure dampnabit talem, qui illum oceidit, qui toti mundo pre- 
valet et quem emit se ipso? secundo contra omnium rerum 
naturam. unus angelus alterum sinit vivere, leo leonem, aquila 
aquilam, lupus lupum, serpens serpentem, bufo bufonem. tu 
ergo, cur leones, serpentes, lupos occidendo hominem ejusdem 
tecum nature crudelitate superasti? tertio, quia contra omnem 
Scripturam Veteris et Novi Testamenti egisti in hoc, quod 
Testamentum utrumque homicidium strictissime inhibet. cogitant 
hie forte quidam: ‚bene mihi, quia in hoc non sum reus!‘ audi, 
femina, que consilium ad venenum dedisti, rea es interfecti. 
similiter et, qui consilium ad expeditionem injustam dedisti; 
reus es omnium malorum, que in hoc contigerunt. similiter qui 
in incertum sagittasti etc. — precipue contra amicos ejus caros. 
si enim matrem habuit, cor ejus nimio dolore sauciasti. simi- 
liter, si patrem habuit, si filium et omnes caros amicos ejus. 
nisi ergo de peccato Deo satisfacias, omnes in judicio contra te 
graves deferent querelas. Spec. 61, 2: qui vero has insidias di- 
lectionis rerum affectat effugere, diligentissime consideret dis- 
cutiendo, qualiter, si qua ex concessu superioris diligat, quia 
tantum peccat religiosus diligendo parva ut magna, si equali 
affectu diligit. equaliter curat de libello ut de castro et econtra, 
de catto ut de equo, de cultello ut de oppido. affectum enim, 
non censum respicit. tantum punitus est Adam pro pomo unico 
quam Nabuchodonosor pro regno Jerusalem spoliato. — in ora- 
torio namque prudenter orandum est et divino officio insisten- 
dum, et hoc valde necessario, quia, qui debito modo scit ei 
intendere, in eodem completorio, in eisdem vesperis etc. plus 
in centuplo meretur, quam qui nescit et non curat. sunt autem 
quinque modi, quibus religiosos in oratione sive in divino officio 
diabolus decipere consuevit, quosdam primo modo, quosdam 
secundo etc. et propter hec quinque sunt necessaria. primum 
est in horis plena verborum prolatio; secundum mentis intentio; 
tertium cordis puritas; quartum vera humilitas; quintum lau- 
dandi strenuitas. propter hec quinque sunt quinque psalmi, qui 
dicuntur ‚Confitemini‘, quia in confessione divine laudis hec 
quinque sunt necessaria, et ideo etiam in textu Veteris et Novi 
Testamenti sunt quinque Alleluia, quod interpretatur ,Laudate 
Dominum‘, quia hiis quinque vult laudari. primum est, ut dixi, 


18 V. Abbandlung: Schönbach. 


plena sive perfecta verborum prolatio, ut de dicendis nihil ob- 
mittamus, non sincopizemus, non sillabas preseindamus, non 
verba integra transiliamus, sed perfecte, distincte et aperte, id 
est, expressa voce proferamus. debemus legere et psallere aperte 
et distinete. aperte quoad sententias, distincte quoad dictiones 
propter homines audientes, utroque modo propter angelos pre- 
sentes. — ita quidam sunt in lingua, scilicet tempore orationis, 
ac si ignem in ore portent et illum ejicere festinent: vix enim 
exspectant, donec verba ejiciant, ut parturiens et ut canis habens 
sagittam in femore (Eccli. 19, 12). — quidam ad placentiam et 
laudem hominum quasi lirando cantant. per talem cantum non 
Deo placent, immo displicent. laudemus strenuitate sive alacri- 
tate, ut strenue, viriliter, vivaciter, non tepide, non somnolenter, 
non accidiose, non desidiose. Variation, Spec. 50, 5: peccatores 
profani, ut Esau, vendunt попе pro modica lente, id est, pro 
vili et parvula delectatione maximam gloriam, quam hereditare 
debuerunt in celis. et abeunt parvipendentes, quod vendiderunt, 
ut patet, rident enim et derident, lasciviunt, ludunt, nihil curant 
de intolerabili dampno suo. sed sciant, quod multum flebunt, 
ejulabunt, irrugient et dolebunt in tantum, quod tot mortes pati 
vellent, quod non vendidissent, quot atomi sunt in sole, sed 
nihil valet, quia eis clausa est janua misericordie, ut patet in 
divite epulone, qui in tot annis habere non potuit guttam aque. 
si enim tantum flerent, quot sunt gutte maris, nihil proficerent. 
continget illis ut istis, qui nunc sunt in inferno per omnia tem- 
pora. vendiderunt, cum hic essent, celestia gaudia pro istis par- 
vulis delectatiunculis, iste pro hac, iste pro hac, abierunt parvi- 
pendentes et non curantes, quod fecerant. sed quid nunc? irru- 
giunt, clamant, ejulant etc., sed nunquam rehabebunt. Freib. 1, 
80*: inde est, quod quandoque videmus quosdam bonos cadere, 
qui valde boni videntur, et quosdam malos convertere, quia ille 
bonus habuit aliquid mali in occulto, per quod permittitur ca- 
dere, ut patet in edificio, quod in occulto ex aliquo stillicidio, 
quod negligitur, putrescit vel dissolvitur, et tandem aperte totum 
cadit. ita aliquis, qui bonus videtur, forte habet intra se invi- 
diam vel superbiam vel aliud malum, et tandem aperte ruit. 
ita econtra aliqui mali habent aliqua bona occulta, propter que 
Dominus illos trahit. Gesprüch, Spec. 69, 1: debilis est hostis, 
qui non potest vincere nisi volentem. si aliquis diceret tibi: ,con- 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 19 


cede mihi gladium tuum!‘, et responderes: ‚ad quid?', et re- 
sponderet: ‚ut te occidam*', si dicis: ,nolo', aliud non potest. ita 
die de lancea, cultello, igne etc. cum igitur rogat diabolus, ut 
aperias oculos ad hoc videndum, claude; aperire non potest tibi. 
ecce, quam impotens est, qui tantillum facere non potest. immo 
nec omnes demones. sic de ore, manu, pedibus. Vergleiche, 
Sanct. 161, 2: pauci tamen nunc sunt, qui habent nimis strictas 
conscientias, sed plurimi nimis largas, ut ocreas Golie. Domin. 
44, 2: sicut enim nullus guttas pluvie dinumerare potest, sic 
nullus gaudia illius terre. 84, 1: est peccator ut membrum pu- 
tridum, quod nihil de nutrimento recipit, et sicut ramus siccus. 
91, 2: sicut enim venit fulgur ter vel quater aut decies aut 
centies, et secuntur innumerabiles gutte pluvie, sic post fulgur 
tribulationis, quam ab inimico pertulisti, sequitur innumerabilis 
gloria et merces. 96, 1: vinea nova habet uvam acerbam in se, 
hec est invidia. 134, 2: (wenn das vierte Gebot erfüllt) sicut 
in sereno glacies, solventur peccata tua. Comm. 5, 3: luna est 
honesta matrona —. ad hoc dedit Dominus dentes et labia, ut 
fortiter claudantur. ideo enim Dominus dedit eis lenes voces, 
non arma ferre, et maxillas ligatas lenibus peplis, ut, quiequid 
faciant viri litigiosi, non salvari querentes, femine tamen non 
sieut contentiose, quia contendere non est officium honestarum 
feminarum et bonarum, sed diaboli. Sanct. 166, 1: plus diligerem 
ovum vel acum, quam quod haberem in me omnia peccata; ad 
nihil enim mihi valerent, nisi, quanto plura haberem, tanto plus 
eternaliter arderem. stultus et invirtuosus esset, qui ranam tan- 
tum diligeret, quod potius sibi vellet oculos erui quam illam 
deserere, similiter os et nasum, immo et se comburi cum omni- 
bus, que habet. multo stultior, qui peccatum, quod omni rana 
est ignobilius et vilius, deserere non vult (Märchen vom Frosch- 
könig? vgl. Studien 2, 91). Comm. 17,5 werden Kalbsfüße zur 
Disposition der Predigt verwendet: de uno vitulo (injustus 
timor) breviter me expedio, nisi quod ipsum et quatuor ejus 
pedes breviter nominabo. Sanct. 208, 2: sicut enim zelotes ter- 
renus pro puella, quam sibi copulari eupit, inter cetera quinque 
facit, quibus zelum suum illi aperit, sic et zelotes celestis. facit 
enim totum, quod debet et quod credit anime placere, pro modo 
loquendi. portat enim terrenus ille pro amore puelle, quam di- 
ligit, sertum, cirotecas depictas, calcios excisos, cingulum latum 


80 V. Abhandlung: Schónbach. 


atque depictum, vestesque curiales. secundo cantilenas amato- 
rias facit. tertio clenodia tribuit. quarto pro illa laborat. quinto 
aures puelle pulsat rogans per litteras, per nuntios et per 
seipsum. sic Deus ferventior omni zeloti terreno, ut animam 
tuam sibi placaret et attraheret. Alle einzelnen Momente werden 
dann auf die Passion Christi übertragen, z. B.: secundo canti- 
lenas amatorias in cruce decantavit, nec unam quidem, sed 
septem, omni instrumento dulciores, ad quarum melodiam sol 
in celo obscuratus est. Freib. 2, 27* steht der höchst unglück- 
liche Vergleich: nam qui sic Deum timet, quod tamen non cavet 
offendere eum, est sicut qui cum fatuo ludit, a quo timet ledi, 
et tamen provocat eum offendendo. Müssen solche Stellen als 
Extravaganzen einer ungebändigten Phantasie bezeichnet wer- 
den, so kann man andererseits leicht ungerecht werden, wenn 
man heute Bilder, Vergleiche usw. als geschmacklos verurteilt, 
die das Mittelalter naiv gar nicht als unpassend empfand. Es 
wird kaum einen mit lebhafter Einbildungskraft begabten Pre- 
diger aus jener Zeit geben, der sich nicht gelegentlich wider 
unseren heutigen Geschmack vergangen hätte. 

Überblickt man das im ganzen bisher vorliegende Material 
der lateinischen Predigten Bertholds von Regensburg, so läßt 
sich erkennen, daß die besonderen Eigenschaften ihres Stiles 
durch zwei Absichten entscheidend bestimmt werden. Der Redner 
will die Aufmerksamkeit einer großen Zuhörerschaft (für eine 
kleine reichen bescheidenere Mittel aus) anregen und wach er- 
halten. Diesem Zwecke dienen alle seine rhetorischen Kunst- 
griffe im engeren Sinne: wenn er die Hörer anruft, in Person 
anspricht, sich in Wechselrede mit ihnen unterhält, sich Ein- 
würfe machen läßt, an volkstümliche Vorstellungen anknüpft, 
das Objekt erst am Ende der Beschreibung nennt, das eigene 
Erfahren vorschiebt und endlich durch alle gebräuchlichen syn- 
taktischen Mittel der Rhetorik Spannung hervorbringt. Die also 
geweckte Aufmerksamkeit sucht der Prediger dann in Schwingun- 
gen zu versetzen, um die Zuhörer zu ergreifen und zu erschüttern 
(auf Tränen ist es abgesehen Freib. 1, Ais. 169°). Dabei bemüht er 
sich, hauptsächlich auf die Phantasie zu wirken: Bilder und Ver- 
gleiche, Übertreibungen ins Maßlose, Ausmalen und Verleben- 
digung, dramatische Inszenierung und Sprechen in Rollen, das 
ganze ungeheure Wissen des Redners, das den damaligen Kos- 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 81 


mos umspannt, und seine ebenso erstaunliche Bildkraft zwingt 
er in den Dienst dieser Aufgabe. So ruft er die gewaltigsten 
Eindrücke hervor, schmettert die Sünder zu Boden durch Furcht 
und Schrecken, hat er aber die Gemüter einmal in seiner Macht, 
dann gewinnt er sie durch milden Trost, richtet sie auf, flößt 
ihnen Hoffnung ein und schildert die unbekannte Herrlichkeit 
des himmlischen Jenseits mit ebenso hinreißender Begeisterung 
wie vorher die Greuel der Verdammnis. So konnte es leicht 
kommen, daß Bertholds Zeitgenossen in seiner Beredsamkeit 
nicht das Produkt einer ungewöhnlichen Energie sahen, ange- 
wandt auf Studien und rhetorische Übung, sondern vor allem 
das Außerordentliche, das Einzige in ihm erfaßten, das Über- 
natürliche und Wunderbare anriefen, um sich die machtvolle 
Persönlichkeit und ihre als Taten wirkenden Predigten zu er- 
klären. Für uns bleibt als nächste Pflicht übrig, uns um die 
historischen Kräfte umzusehen, welche Bertholds außergewöhn- 
liche Gaben in Bewegung gesetzt haben. — 

Zuvor jedoch sei es gestattet, auf einem Punkte etwas zu 
verweilen, der für die Geschichte der Überlieferung von Ber- 
tholds Predigten wichtig ist. Die ganze Frage, wie man sich 
das Entstehen lateinischer Niederschriften nach den von Berthold 
deutsch gehaltenen Predigten vorzustellen habe, muß hier noch 
einmal kurz aufgenommen werden. Ich habe sie bereits aus- 
führlich erörtert in meiner schon des öfteren angeführten 
Schrift ‚Über eine Grazer Handschrift lateinisch-deutscher Pre- 
digten‘ (1890) 8. 20 f., 45, habe eine große Anzahl von Bei- 
spielen aus der wohl durchgearbeiteten Geschichte der franzö- 
sischen Predigt beigebracht und bin zu folgendem Ergebnis 
gelangt: Es ist sehr unwahrscheinlich, fast unmöglich, daß 
deutsche Aufzeichnungen Bertholdscher Predigten unmittelbar 
vom Munde des Redners weg veranstaltet wurden; es ist wenig 
wahrscheinlich, obgleich möglich, daß eine gehörte Predigt Ber- 
tholds später deutsch aufgezeichnet wurde; es ist gewiß, daß 
nach Bertholds eigenem Zeugnis (Studien 5, 3) seine Predigten 
von zuhörenden Klerikern und Religiosen (vielfach fehlerhaft) 
sofort lateinisch niedergeschrieben wurden; es ist höchst wahr- 
scheinlich, daß Predigten Bertholds von Zuhörern auch nach- 
träglich lateinisch aufgezeichnet worden sind. Die Richtigkeit 


dieser Thesen ist von verschiedenen Fachgenossen stark ange- 
Sitzungsber. d, phil.-hist. Kl. 155. Bd. 5. Ahh, 6 


82 V. Abhandlung: Schönbach. 


zweifelt worden, insbesondere hat man den Parallelen aus der 
Entwicklung der französischen Predigt keinen Wert beimessen 
wollen. Jostes sagt in der Besprechung meiner Schrift im 
Historischen Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 12 (1891), 361 
kurzweg: ‚Die Zeugnisse aus Frankreich halte ich für völlig 
unzureichend, um die Hypothese Schönbachs irgendwie hin- 
reichend zu stützen.‘ Und auch Fr. Kauffmann hält (Theolog. 
Literaturztg. 1891, S. 252 ff.) zwar die von mir beigebrachten 
Parallelen für ‚lehrreich‘, aber doch nicht für zureichend, um 
damit eine Entscheidung der Frage zu begründen. Solche Zweifel 
schienen mir wohl berechtigt, wofern man nachweisen könnte, 
daß es wesentlich schwieriger war, eine deutsch gesprochene 
Predigt lateinisch aufzunehmen oder nachträglich niederzu- 
schreiben, als eine französisch gesprochene Predigt lateinisch 
wiederzugeben. Das ist nicht der Fall, hingegen glaube ich 
a. a. O. S. 25 ff. gezeigt zu haben, daß zwar eine französische 
Predigt sich zur Not französisch aufzeichnen ließ, daß es aber 
schon in der Beschaffenheit der Schrift sehr wesentliche Hinder- 
nisse für den gab, der eine deutsche Predigt deutsch nach- 
schreiben, ja auch später niederschreiben wollte. Es darf nicht 
übersehen werden, daß es nur für lateinische Aufzeichnungen 
gehörter Predigten ein kaufendes Publikum gab, sowohl in 
Frankreich als in Deutschland, nämlich Geistliche, die Muster- 
stücke erwerben, gelehrte Theologen, die ausgezeichnete Kanzel- 
reden studieren wollten. Ein Laienpublikum, das (französische 
oder) deutsche Predigten zu lesen wünschte, hat es erst, und 
zwar zunächst in Frauenklöstern zugleich mit den Anfängen 
der deutschen Mystik gegeben; die älteren Sammlungen deutscher 
Predigten, die gleichfalls nach lateinischen Vorlagen ausgearbeitet 
wurden, waren für Prediger bestimmt, die sie ablasen oder aus 
wendig lernten, nicht für Leser zur Erbauung. Jostes fragt 
а. a. O.: ,— oder sind die Predigten von Meister Eckhart u. а. 
auch aus dem Lateinischen zurückübersetzt?‘ Für ‚u. a.‘ kann 
ich die Frage nicht beantworten, weil ich nicht weiß, wen 
Jostes darunter versteht; was jedoch Meister Eckhart anbelangt, 
erwidere ich darauf, daß ich dies für sehr wohl möglich hielte, 
obzwar für Eckharts Predigten bereits, gemäß Denifles wichtigen 
Aufstellungen, ein zunächst weibliches Lesepublikum vorhan- 
den war. 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 83 


Für die äußeren Verhältnisse der altdeutschen Predigt 
sollen die Parallelen aus der Geschichte der französischen gar 
keine oder wenig Geltung besitzen. Frankreich ist während der 
besten Zeit des Mittelalters das klassische Land der Bildung, 
allenthalben ist es das gebende, es stellt die Muster auf, die 
anderwürts nachgeahmt werden, dort macht man zuerst die 
großen Fortschritte der Zivilisation, es ist das Vorland der 
europäischen Kultur des Mittelalters. Was für alle Gebiete der 
Kunst und Wissenschaft, des gesellschaftlichen Lebens gilt, da- 
von soll nun die Predigt eine Ausnahme machen, indes wir 
bereits wissen, daß die deutschen Prediger gerade während der 
den Mendikantenorden unmittelbar voraufgehenden Zeit, näm- 
lich im 12. Jahrhundert, am stärksten unter dem Einfluß der 
französischen Kanzelredner gestanden und im regsten literari- 
schen Verkehr die zu Paris gehaltenen Predigten von eigens 
geschickten und bezahlten Schreibern haben kopieren lassen, 
so daß sie dann binnen erstaunlich kurzer Frist in der Heimat 
benutzt und nachgebildet werden konnten (vgl. Studien 1, 141 f.). 
Daraus ersieht man, daß dieselben Bedingungen für die Predigt 
hier und dort bestanden, und man wird schließen dürfen, daß 
Zeugnisse aus der Geschichte der französischen Kanzelbered- 
samkeit, die noch immer sehr viel besser erforscht ist als die 
der deutschen, auch für diese Kraft und Wert besitzen müssen. 
Soweit ich zu sehen mag, gründet sich der Widerstand gegen 
das Heranziehen der französischen Analogien in diesem Falle 
nicht so sehr auf sachliche Bedenken, sondern auf die Abneigung 
wider das letzte Resultat meiner Untersuchungen, die Unecht- 
heit des Wortlautes der deutschen Sermone Bertholds. Es 
scheint manchem unerfreulich, den Besitzstand des Klassikers 
der mittelhochdeutschen Prosa preisgeben zu müssen, und des- 
halb werden hier Parallelen abgelehnt, die man andersfalls in 
der Beweisführung unbedenklich zuließe. Sicherlich ist es ein 
sehr anerkennenswertes Empfinden, aus dem solche Abneigung 
hervorgeht, wissenschaftlich diskutabel ist es für mich nicht. 

Doch hat mich diese Sachlage dazu bestimmt, in den Er- 
órterungen von Studien 6 meine Argumentation ausschließlich 
auf die Beschaffenheit der deutschen Texte selbst zu stützen 
und auf die Analogien aus der französischen Predigt einstweilen 


zu verzichten. Nunmehr, da ich meine Ergebnisse für gesichert 
6* 


84 V. Abhandlung: Schönbach. 


halte, verweise ich nochmals mit Nachdruck auf jene wichtigen 
Parallelen und füge hinzu, was ich inzwischen nachgesammelt 
habe. Über die таууратої (auch ireypazeis), welche die Predigten 
der griechischen (besonders des Origenes) und lateinischen Кіг- 
chenväter nachschrieben, handelt jetzt Eduard Norden, Die 
antike Kunstprosa (1898), S. 536, Anm. 1. Derselbe bespricht 
S. 645, wie Symmachus bei einer neuen Ausgabe der Nach- 
schriften seiner Reden Bemerkungen an den Rand geschrieben 
hat, die dann spáter in den alten Text mit aufgenommen wur- 
den. So sind auch die Predigten Augustins von Schnellschreibern 
aufgenommen worden, vgl. seine Vorbemerkung zur Enarratio 
des 51. Psalms sowie zu den 32 Sermonen über den 118. Psalm. 
Sehr beachtenswert sind die Mitteilungen Gregors des Großen 
über die Nachschriften seiner Predigten. In der Praefatio zu 
den Homilien in Ezechielem heißt es Patrol. Lat. 76, 185 A: 
homilias, quae in beatum Ezechielem prophetam, ita ut coram 
populo loquebar, exceptae sunt, multis curis irruentibus in abo- 
litionereliqueram. sed post annos octo, petentibus fratribus, notario- 
rum schedas requirere studui easque favente Domino transcurrens 
— emendavi. Noch wichtiger ist die Praefatio zu den Homiliae . 
in Evangelia, die ich wegen ihrer Detailangaben vollstündig 
hierhersetze, Patrol. Lat. 76, 1075 ff.: (an den Bischof Secundi 
nus) Inter sacra missarum solemnia, ex his, quae diebus certis 
in hac Ecclesia legi ex more solent, sancti Evangelii quadra- 
ginta lectiones exposui. et quarumdam quidem dictata expositio, 
assistente plebe, est per notarium recitata; quarumdam vero 
explanationem coram populo ipse locutus sum, atque ita ut lo- 
quebar excepta est. sed quidam fratres, sacri verbi studio fer- 
ventes, antequam ad propositum modum ea, quae dixeram, 
subtili emendatione perducerem, transtulerunt. quos recte ego 
quasi quibusdam famelicis similes dixerim, qui prius escas edere 
appetunt, quam plenius excoquantur. hoc vero ubi scriptum est: 
„Ductus est Jesus in desertum a spiritu, ut tentaretur a diabolo‘ 
(Matth. 4, 1), prius quidem quasi sub quadam ambiguitate ex- 
posui, sed eamdem | dubitationem certa notatione correxi. eas- 
dem quoque homilias, eo quo dictae sunt ordine, in duobus 
codicibus ponere curavi, ut et priores viginti, quae dictatae sunt 
(also wohl die vom Notarius vorgelesenen), et posteriores toti- 
dem, quae sub oculis dictae, in singulis essent distinctae cor- 


Studien zur Geschichte der nitdeusschen Predigt. VIII. 85 


poribus. quod vero quaedam antepositae sunt, quae in Evangelio 
post leguntur, quaedam vero postpositae, quae ante per evange- 
listam scriptae sunt, inveniuntur, nequaquam movere tuam 
fraternitatem debet, quia, sicut a me diversis temporibus dictae 
sunt, ita quoque sunt ab exceptoribus in codicibus арйтае. Tua 
itaque fraternitas, sacris semper lectionibus intenta, si praedic- 
tum locum Evangelii invenerit sub dubietate prolatum, vel eas- 
dem homilias repererit ita ut praedixi non esse dispositas, has 
inemendatas remansisse cognoscat et juxta eas, quas per prae- 
sentem portitorem mittere studui, corrigat, nulloque modo illas 
sine emendatione remanere permittat. editae autem in scrinio 
sancte Ecclesiae nostrae retinentur, ut si qui forte a tua frater- 
nitate longe sunt, hic inveniant, unde in his, quae emendatae 
sunt, certiores fiant. Bei dem ungemeinen Ansehen, das die 
Homilien Gregors in der ganzen Folgezeit genossen (Papst In- 
nozenz ПІ. predigte einmal italienisch nach einer ihm vorge- 
haltenen lateinischen Homilie Gregors, vgl. Michael, Gesch. des 
deutschen Volkes 2, 101), kann diese Darlegung leicht etwas 
Paradigmatisches gewonnen und wirklich unter ganz anderen 
Verhältnissen nachgewirkt haben. Gewiß hat der Fall Gregors 
starke Ähnlichkeit mit dem Bertholds, wie diesen das Vorwort 
zu den Rusticanis auseinandersetzt. Gregors Predigten sind 
(zum Teil) ‚vom Munde des Redners weg‘ in Kurzschrift auf- 
gezeichnet worden, übereifrige Kleriker haben diese Reporter- 
notizen sofort ausgearbeitet und solche Texte wurden alsbald 
verbreitet. Dem gegenüber hat dann Gregor die ausgearbeiteten 
Stücke (neben denen, welche er sonst diktiert hatte) sorgsam 
korrigiert, in eine bestimmte Ordnung gebracht und wünscht 
nun, daß sein autoritatives Exemplar (das er noch besonders 
im Kirchenschatz aufbewahren läßt) überall dort zur Verbesse- 
rung herangezogen werde, wo man fehler. und schadhafte 
Niederschriften besitzt. Bertholds Predigten sind von Klerikern, 
Ordensbrüdern und Lenten, die daraus einen Beruf machten, 
nach den Worten des Redners lateinisch aufgenommen worden 
(tironische Noten sind durchaus nicht ausgeschlossen), die Nieder- 
schriften wiesen jedoch manche Fehler auf. Darum entschloß 
sich Berthold, seine Predigten (nach Abschriften oder Entwürfen) 
zu sammeln und zugleich durchzubessern. Diese Rusticani sollen 
fortan die mangelhaften Exemplare vertreiben, ihnen allein 


86 V. Abhandlung: Schónbach. 


kommt die Autorität seines Namens zu. Der Unterschied be- 
steht nur darin, daß Gregors lateinisch (in der Vulgärsprache ?) 
vorgetragene Predigten lateinisch nachgeschrieben wurden, indes 
Berthold deutsch predigt, was die Nachschreiber lateinisch no- 
tierten. Die Möglichkeit dieses Verfahrens hatte ich noch 1890 
(vgl. meine Schrift, S. 26) bezweifelt, bald darnach mich jedoch 
vollkommen von ihr überzeugt. 

Schon mit dem 11. Jahrhundert beginnen reichlichere Zeug- 
nisse über französische Predigten und deren lateinische Nach- 
schriften, im 12. häufen sie sich. Altprovenzalische Sermone des 
12. Jahrhunderts hatte Armitage veröffentlicht, Paul Meyer re 
zensiert das Buch Romania 14, 289 ff. und widerlegt die Be- 
hauptung des Herausgebers, diese Predigten seien Notizen in 
provenzalischer Sprache nach lateinischen Kanzelreden. Viel. 
mehr hält Meyer sie für kurze und mangelhafte Bearbeitungen 
lateinisch aufgezeichneter Predigttexte. Die vielberegte Frage 
nach dem Ursprunge der franzósischen Fassungen der Predigten 
Bernhards von Clairvaux untersucht Léopold Delisle von neuem 
anläßlich der Mitteilungen Toblers über eine Handschrift dieser 
Stücke (Sitzungsberichte der Berliner Akademie vom 4. April 
1889) іш Journal des Savants 1900, 148—164. Die lateinischen 
Niederschriften von Bernards französisch gehaltenen Predigten 
sind, und zwar verschiedene Male, wieder französisch bearbeitet 
worden (vgl. Försters Edition von 1885 im zweiten Bande der 
Romanischen Forschungen und die vollständige Ausgabe im 
Bande 203 des Stuttgarter Literarischen Vereines, 1894). Die 
einzelnen Fassungen stehen zuweilen nicht weiter von einander 
ab als die Handschriften von Bertholds deutschen Predigten. 
Delisle gibt S. 150 ff. eine Probe, indem er den lateinischen 
und französischen Text eines Sermons in Cantica vergleicht; 
daraus ergibt sich S. 157, daß die lateinische Vorlage nach den 
Noten eines Zuhörers hergestellt wurde. Vgl. noch Journal des 
Savants 1903, S. 347 f. Ganz ebenso verhält es sich mit den 
franzüsischen Texten der Predigten des berühmten Erzbischofs 
von Paris, Maurice von Sully, die gleichfalls nach lateinischen 
Aufzeichnungen bearbeitet wurden, vgl. Paul Meyer in der Ro- 
mania 23 (1894), S. 177 ff., 497 ff. Zwei französische Predigten, 
die aus dem Latein übersetzt sind, veróffentlichte Paul Meyer 
in der Romania 16 (1887), S. 67 ff. Dazu vgl. Zeitschrift für 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 87 


romanische Philologie 2, 157 (aus G. Lücking, Die ältesten fran- 
zösischen Mundarten) ein Fragment aus Valenciennes, das die 
Aufzeichnung einer französischen Predigt mittels tironischen 
Noten in einem Gemisch von Französisch und Latein enthält, 
weil französisch nachzuschreiben dem Aufzeichnenden zu müh- 
sam war. Everardus de Villebene (oben S. 68 Anm.) sagt Graec. 
518, 254 von beauftragten und besoldeten Nachschreibern der 
Predigten: sic faciunt quidam, qui sermones frequentant et 
audientes predicatores ipsos dijudicant dicendo: ,iste est asini- 
nus, iste est verbosus, iste est ociosus‘, et quod audiunt, qua- 
ternis committunt (Du Cange 6, 604°), et parum vel nihil in 
cordibus suis reponunt. Am Ende des 14. Jahrhunderts werden 
die Predigten des Joannes Gerson aus dem Französischen ins 
Latein (sehr schlecht) übertragen und dann herausgegeben, vgl. 
Hist. littér. de la France 24 (1863), S. 376. Noch im 15. Jahr- 
hundert hat man in Frankreich französisch gehaltene Predigten 
lateinisch nachgeschrieben, im 16. dann wieder ins Französische 
übertragen (wie bei Geiler von Kaisersberg). Einen klassischen 
Fall bilden die Predigten des Michel Menot, die solchermaßen 
zur Verüffentlichung gelangten. Vgl. darüber den Aufsatz von 
Armand Gasté in den Mémoires de l'Académie nationale des 
sciences, arts et belles-lettres de Caen, 1897 und den Bericht 
von Joseph Couraye du Parc in der Bibliothèque de l'École des 
chartes, 58. Band (1897), S. 453. Ja, die bereits erwühnte Re- 
zension von Jostes bringt S. 361 Anm. eine Notiz, wornach 
franzüsische Predigten lateinisch aufgezeichnet wurden. 
Lateinische Nachschriften lateinisch gehaltener Predigten 
bezeugt Salimbene in seiner Chronik S. 136 (v. J. 1248), wo er 
berichtet, wie Bruder Marcus de Montefeltro sich die Reden 
Bonaventuras verschafft hat. Auf diese Weise wurden auch die 
Sermone des heil. Thomas von Aquino überliefert. Hierher ge- 
hört ferner, was Denifle in seinem Archiv, 5. Band (1889), 8. 351 
mitteilt: die Handschrift F. 36 der Amploniana in Erfurt enthält 
auf der Rückseite des zweiten Vorsetzblattes (Schrift des beginnen- 
den 14. Jahrh.) einen lateinischen Sermon Meister Eckharts und 
am Schluß die Notiz: iste sermo sic est reportatus ab ore magistri 
Echardi de Hochheim die beati Augustini Parisius (vgl. oben S. 82). 
Spürlich sind ältere Zeugnisse aus der Geschichte der 
deutschen Predigt, aber, wie ich schon wiederholt behauptete, 


88 V. Abhandlung: Schönbach. 


nur deshalb, weil die deutsche Predigt erst im 12. Jahrhundert 
selbständig wurde, das Material von dieser Zeit ab, welches in 
Handschriften sich verbirgt, noch nicht annähernd so energisch 
durchforscht worden ist, als dies in Frankreich geschah (solche 
Arbeiten de la longue haleine sind im allgemeinen bei uns nicht 
beliebt). Wattenbach erzählt in seinen Geschichtsquellen, 6. Aufl., 
2, 306: Irimbert, der Bruder des großen Abtes Gottfried von 
Admont, hält den Admonter Nonnen Vorträge durch das Fenster: 
einzelne Nonnen arbeiten Teile davon gemäß den lateinischen 
Nachschriften, die auf Wachstafeln hergestellt wurden, dann auf 
Pergament aus. Dagegen handelt es sich bei dem Gottesfreund 
(Denifle, Zeitschr. f. d. Altert. 24, 216) um deutsche Nachschriften 
deutscher Predigten, wenn es dort heißt, er sei nach dem Ап- 
hören einer Predigt Taulers (der vor Laien deutsch redete, vor 
Gelehrten lateinisch) in seine Herberge gegangen und habe den 
Sermon Wort für Wort aufgeschrieben. Daß die Sache an sich 
nicht wahr ist, weiß man aus Denifles Forschung; wenn aber 
sich dort der Meister über solche Fähigkeit des Laien wundert, 
so muß man den ganzen Vorgang im 14. Jahrhundert doch für 
möglich gehalten haben. Eine gute Analogie zu Berthold bietet 
Matthias von Liegnitz nach den Mitteilungen des Prälaten 
Adolf Franz im Katholik 1898, 1, 7: ‚Die Predigten über die 
Sonntagsepisteln sind von dem Magister Matthias in deutscher 
Sprache gehalten worden. Sie waren den Bedürfnissen der 
Scholaren, unter welchen sich viele Kleriker und Priester be- 
fanden, angepaßt. Wie der berühmte Prager Prediger Konrad 
von Waldhausen seine für die Scholaren gehaltenen Predigten 
in lateinischer Sprache hinterließ, so erachtete es auch Matthias 
von Liegnitz für nützlich, seine Predigten über die Sonntags- 
episteln für Scholaren in lateinischer Sprache niederzuschreiben.' 
Beachtenswert scheint mir auch der späte Fall des sel. Canisius. 
Dieser hat 1564/65 Predigten gehalten, er hat sie dann (Zeit- 
schrift f. Kathol. Theologie 6 [1882], S. 584) in einem Altöttinger 
Kodex lateinisch entworfen, in sehr raschen Zügen, am Schlusse 
gekürzt. ‚Öfters sind deutsche Schlagwörter eingestreut und 
heikle Stellen mit den auf der Kanzel zu brauchenden deutschen 
Ausdrücken genau aufgeschrieben. Am Rande vorkommende 
Wörter merken wiederholt die Gleichnisse an, deren sich der 
Prediger bedienen wollte, z. B. die Ziegel auf dem Dach.‘ Über 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. УШІ. 89 


die Technik, deutsch nach lateinischen Konzepten zu predigen, 
vgl. Geffcken, Bilderkatechismus, S. 14. 196 ff., nach dem Ma- 
nuale curatorum des Joannes Surgant. Noch im Jahre 1835 
schreibt an der Universität Göttingen Ad. von Warnstedt die 
Vorlesungen Jakob Grimms über Geschichte der deutschen Li- 
teratur ‚stellenweise raumsparend‘ lateinisch nach. Vgl. Roethe, 
Jakob Grimms Vorlesungen über deutsche Literaturgeschichte 
in den Nachrichten der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu 
Göttingen, Phil.-hist. Kl. 1899, S. 508 — 548, besonders 8. 512. 
Damit mag es einstweilen genug sein. — 

Für die Predigtweise Bertholds von Regensburg mufiten 
in erster Linie die Vorschriften und Gepflogenheiten des Mino- 
ritenordens, vor allem Lehre, Gebot und Beispiel des heil. Franz 
von Assisi maßgebend sein. Berthold gehörte gewiß noch der 
ersten Generation deutscher Minoriten an (Studien 1, 4. 11 f.), 
auf ihn wirkte, obgleich er den Stifter seines Ordens kaum 
persönlich kennen gelernt hat, noch ganz unmittelbar dessen 
ins Wunderbare entrückte Erscheinung. Das geht schon aus 
den Mitteilungen hervor, die er in seinen Predigten über Fran- 
ziskus gibt, Studien 5, 49. Die für Berthold gültige Regel ist 
die bullata von 1223 (H. Boehmer, Analekten zur Geschichte 
des Fr. v. A. 1904, S. 29—35). Aber er kennt auch die Regula 
prima von 1221 (Boehmer, S. 1—26; sie hat keinen Kursus, 
indes die Regula bullata deutlichste Spuren des Kursus an sich 
trägt), ihr entnimmt er seine Bestimmungen über die Praxis 
des Betens, Studien 7, 45 ff, vgl. Boehmer, S. 4. 31, 10. Die 
Regula bullata zitiert er ausdrücklich, Comm. 22, 2, anläßlich 
des Verbotes schlechter Gesellschaft: precipio firmiter etc., ut 
non habeant suspecta consortia vel consilia malorum (1. mulierum) 
== Abs. 11, bei Boehmer 31, 2 ff. Was nun die Anfänge der 
Minoritenpredigt belangt, schließe ich mich durchaus den An- 
sichten an, die Hilarin Felder in dem Buche: Geschichte der wissen- 
schaftlichen Studien im Franziskanerorden S. 33—57 vorträgt 
und wornach die einfache Bußansprache, die auch von Laien- 
brüdern ausgehen konnte, unterschieden wird von der eigent- 
lichen Predigt, zu der geistliche Bildung erfordert wird und 
eine besondere Erlaubnis, die auf eine vorausgehende Prüfung 
hin zu erteilen ist. Auch darin wird Felder recht haben, daß 
er den Inhalt der Minoritenpredigt in der älteren Zeit begrenzt 


90 У. Abhandlung: Schönbach. 


sein läßt durch die Vollmacht Papst Innozenz ПІ., poenitentiam 
praedicare. Das bildet ja auch nach meinen Darlegungen (oben 
S. 69 f.) den Hauptstoff der Predigten Bertholds, nur daß diese 
sich nicht auf die Besserung der Sitten beschrünken, sondern 
der Entwicklung des Ordens und der Zeit gemäß vielfach 
andere Interessen in ihren Bereich ziehen.  Freilich, was der 
heil. Franz selbst ausdrücklich vorschrieb, das war auch für 
Berthold wegweisend. In der Regula prima handelt cap. 15, 
De praedicatoribus (Boehmer, S. 15 ff.) eigentlich mehr davon, 
daß und wie die Minoritenprediger ihrer Zuhórerschaft ein Bei- 
spiel vorleben sollen, nur indirekt wird damit der Inhalt der 
Predigten umschrieben. Hervorgehoben werden vitia et peccata 
(Boehmer 16, 15) als die Angriffsobjekte für die predigenden 
Minderbrüder. Genauer bestimmt die Regula bullata Kap. ? 
(Boehmer 33, 30 ff.) den Predigtstoff: moneo quoque et exhortor 
eosdem fratres, ut in praedicatione, quam faciunt, — ad utili- 
tatem et aedificationem populi, annuntiando eis vitia et virtutes, 
poenam et gloriam cum brevitate sermonis. Man wird gestehen 
müssen, daß Bertholds Predigtpraxis diesem Gebote wirklich 
gefolgt ist (oben S. 69 ff), ebenso wie die des heil. Antonius von 
Padua, vgl. Lempp, Zeitschr. f. Kirehengesch. 13, 24 ff. 30; was 
über diesen, die Art und Wirkung seiner Reden berichtet wird 
(Lempp, a. a. O. S. 28. 32), findet sich auch über Berthold erzählt. 

Den Einflufj, welchen die Entwicklung des Minoritenordens 
auf die Predigt Bertholds ausgeübt hat, wird man erst bemessen 
kónnen, wenn die vollstindige Ausgabe der lateinischen Texte 
vorliegt. Jedesfalls kann ich jetzt schon versichern, daf die 
großen Kämpfe, welche während einiger Jahrzehnte innerhalb 
der Minderbrüder zwischen den Parteien der Idealisten und 
der Praktiker des Lebens stattfanden, bei Berthold keine Er- 
wähnung oder Anspielung finden, was sich ja von selbst ver- 
steht. Wer genau zusieht, wird nicht nur wahrnehmen, daß 
Berthold das Evangelium aeternum kennt und ehrt (Studien 
4, 1 £), sondern daß er seiner ganzen Haltung nach zu der 
strengeren Gruppe, den Spiritualen, gehört, die dem ursprüng- 
lichen Ideale der Bußbruderschaft des heil. Franz von Assisi 
zustrebte, wenngleich Berthold bei seinem fest ausgeprägten 
Sinn für kirchliche Zucht und geistliche Disziplin (auch der 
‚Baumgarten‘ bekundet ihn; vgl. ad Relig. 15, 5. 22, 16. 28,8. 


Studien zur Geschichte der altdentschen Predigt. VIII. 91 


29, 17. 37. 50, 5. 52, 10. 55, 8. — überall sind Minoriten ge- 
meint) gewiß niemals aus dem Geleise eines ernsten Ordens- 
mannes gewichen sein wird. 

Viel zuverlässiger ist, was sich schon jetzt über die Vor- 
bilder ermitteln läßt, die Berthold für seine Predigten benutzt, 
die er mit Vorliebe studiert, denen er mit Bewußtsein nach- 
geeifert hat. Denn dafür legen die von ihm selbst angeführten 
kirchlichen Autoren bestimmtes Zeugnis ab, wie sie Studien 5, 
9. 22. 25. 57. 60. 13 aus den einzelnen Sammlungen von mir 
zusammengestellt wurden. Ganz gleichmäßig führen sie alle zu 
demselben Ergebnis: unter sämtlichen von Berthold zitierten 
Kirchenschriftstellern nehmen immer wieder dieselben drei die 
ersten Plätze ein, hinter denen die übrigen an Häufigkeit der 
Anführungen weitaus zurückbleiben, nämlich die drei großen 
Prediger: Augustinus, Gregor und Bernard von Clairvaux. Ich 
ziehe gewiß keinen Fehlschluß, wenn ich die ganz schlagenden 
Zahlen der von Berthold beigebrachten Zitate als den konkreten 
Ausdruck des Verhältnisses ansehe, in dem sich Berthold zu 
den genannten Autoritäten befindet: insofern jemand durch das 
Studium der Literatur zum Prediger sich bilden kann — und 
das ist bis zu einem gewissen Grade sicher möglich —, inso- 
fern hat Berthold an Augustin, Gregor und Bernard sich ge- 
bildet und hat von diesen Männern zuvörderst predigen gelernt. 
Überlegt man sich die besonderen Eigenschaften von Bertholds 
Predigtweise und zieht dann die Qualitäten in Betracht, durch 
welche seine drei großen Muster sich RE dann 
erschließt sich eine Übereinstimmung in den Hauptpunkten, die 
ich als stringenten Beweis für die Richtigkeit meiner These 
ansehe. Nur läßt sich diese Übereinstimmung erst dann in 
allen Einzelnheiten aufzeigen, wenn die Gesamtausgabe der 
lateinischen Predigten Bertholds den Vergleich ermöglicht haben 
wird. Vorläufig beschränke ich mich auf etliche Bemerkungen, 
die allerdings Glaubwürdigkeit beanspruchen. Ich habe früher 
(oben S. 80%.) die Besonderheiten von Bertholds Predigtstil um 
zwei Punkte konzentriert: sein Bestreben, die Zuhörer auf- 
merksam zu machen und dann die Gespannten zu erschüttern. 
Die rhetorischen Mittel nun, welche zur Erreichung des ersten 
Zweckes dienen, beherrscht gerade Augustinus im höchsten 
Grade. Der Stil dieses Begründers des abendländischen Christen- 


92 Y. Abbandlung: Schönbach. 


tums ist hinlünglich bekannt, zudem noch aus der trefflichen Arbeit 
Regniers. Wer sich einigermaßen in Augustinus eingelesen hat, 
dem gewührt seine Darstellung ein so scharf umrissenes Bild 
seines Stiles, daß es nicht vergessen wird und einen Maßstab 
darbietet, der auch an Material von geringem Umfang (viel 
leicht zwanzig Druckzeilen) den Autor wiederzuerkennen ver- 
stattet. Und Berthold war mit Augustinus ganz genau vertraut, 
ihm sind die passenden Zitate bequem zur Hand, natürlich am 
meisten aus den Hauptwerken, aber auch aus Schriften, die 
nicht ganz am Wege liegen. Ich meine nun nicht, daß Berthold 
seine Rednerkünste und den lebhaften Ausdruck des Stiles, der 
den Zuhörer angreift, einfach Augustinus abgelernt hat, wohl 
aber behaupte ich, daß Bertholds Anlage und schulmäßige Rhe- 
torik durch das Studium Augustins ungemein gefördert und in 
die besondere Richtung dieses Schriftstellers gedrängt worden 
sind. Fast in noch höherem Grade behaupte ich Ähnliches 
über die Beziehung Bertholds zu Bernard von Clairvaux. Dieser 
Autor des 12. Jahrhunderts ist das bedeutendste Vorbild für 
die Schriftstellerei des 13., insbesondere der Mendikantenorden 
geblieben, ja noch ins 14. Jahrhundert hinein wird er am 
häufigsten angeführt und nachgebildet. Berthold hat sich ihn 
zum Muster genommen, nicht bloß in bezug auf seine Predigten 
an Geistliche und Religiosen im engeren Sinne, wo ja Bernards 
Sermone an die Kongregationen der Zisterzienser sich von selbst 
als höchstes Beispiel darboten, sondern auch im allgemeinen 
für die rednerische Technik, welche die Gemüter erschüttern 
will. Darin war nun allerdings Bernard ein ausgezeichnetes, ja 
ein Vorbild einzig in seiner Art, wie schon die Charakteristik 
lehren mag, die ich in den Studien zur Erzählungsliteratur des 
Mittelalters 1, 96 ff. versucht habe. Ihm hat Berthold, das 
zeigen die Ziffern der Zitate, mit noch größerer Beflissenheit 
nachgestrebt als der Rhetorik Augustins und wirklich ist auch 
ein Teil der Macht, die Gemüter zu ergreifen, durch diese 
Studien von Bernard auf Berthold übergegangen. Von Augusti- 
nus über Bernard zu Berthold läßt sich eine direkte Linie der 
Entwicklung des oratorischen Stiles ziehen. Nicht minder 
zeichnen sich die Homilien Gregors des Großen durch Lebhaf- 
tigkeit aus, allein sie ist von anderer Art als die Bertholds. 
Dagegen hat in anderem Bezuge Gregors Prosa für Berthold 


Studien zur Geschichte der alideuntschen Predigt. VIII. 93 


als Beispiel gedient, nämlich durch den schier unübersehbaren 
Reichtum an Bildern und Gleichnissen, eine Eigenheit, die 
Gregor zu seiner ganz besonderen Beliebtheit während des 
Mittelalters verholfen hat. Es sind somit gerade diejenigen 
Eigenschaften, welche dem Bilde von Bertholds Beredsamkeit 
seine bezeichnenden Züge verleihen, auch dieselben, welche 
die drei großen Prediger auszeichnen, die er sich ganz vor- 
zugsweise zu Führern in seiner Ausbildung als Kanzelredner 
erwählt hat. Es ist also möglich, einen wesentlichen Teil von 
Bertholds Predigttechnik mittels seiner nachweisbaren Studien 
an die Einwirkung älterer Vorbilder zu knüpfen. 

Nun ließe sich ja denken, daß auch Bertholds Gepflogen- 
heit, kurze Erzählungen, Fabeln und Exempel in seinen 
Predigten vorzubringen (den deutschen Texten fehlen sie aller- 
dings gänzlich bis auf eines), auf den Gebrauch Gregors des 
Großen zurückzuführen sei, der in seinen Homilien regelmäßig 
eine Geschichte vorträgt, zumeist solche, die schon in seinen 
eigenen Dialogen vorkommen. Ein Schluß der Art wäre nun 
doch voreilig, denn die Kunst, Predigten durch Anekdoten und 
Exempel zu illustrieren und zu beleben, wird just im 13. Jahr- 
hundert unmittelbar vor Berthold von Regensburg, zu seiner 
eigenen Zeit und lange darnach mit einem Eifer geübt, der 
bisweilen übertreibt und die Unterhaltung durch Erzählen zu 
einem Selbstzweck macht, der die erbauliche Wirkung stört 
und aufhebt. Berthold ist also mit seinen Geschichtchen durch- 
aus im Zusammenhange der Gewohnheiten innerhalb der Pre- 
digtpraxis seiner Zeitgenossen verblieben. Ich halte es nicht 
für überflüssig, hier zuvürderst auf einige Beispiele aus Ber- 
tholds lateinischen Texten hinzuweisen, da doch irgend jemand, 
von den deutschen Bearbeitungen ausgehend, überhaupt be- 
zweifeln könnte (vgl. aber Studien 6, 70 f.) daß Berthold in 
die Predigt Erzühlungen einflocht (allerdings gewührt schon 
meine Abhandlung ‚Über eine Grazer Handschrift lateinisch- 
deutscher Predigten‘, S. 54 Anm. und verstreut von S. 65 ab, 
für das Bertholdsche Gut des Kodex hinreichende Belege). Es 
ist nun nicht ganz leicht abzugrenzen, was bei Berthold als 
exemplum gelten soll. Denn er führt unter dieser Bezeichnung 
auch bloß Beobachtungen aus dem Tier- und Menschenleben 
an oder theoretische, vielleicht für den besonderen Zweck erst 


94 V. Abhandlung: Schönbach. 


zurechtgemachte Beispiele. Dahin werden wohl solche Fälle 
gehören: Sanct. 162, 1: trepidaverunt, ut elephas murem (vgl. 
Alexander Neckam, De naturis rerum, lib. 2, cap. 44 [ed. Wright, 
р. 225 f.]): odorem muris maxime fugiunt (elephantes). pabula 
etiam, que a musculis contacta sunt, recusant; wird aus Solin 
stammen (Polyhist. cap. XXV, 2). Auch Spec. 74, 5 über Ele- 
fant und Drache, wozu vgl. Neckam, De naturis rerum, lib. 2, 
cap. 145. Sanct. 81, 2: hec (medicina Salvatoris) enim fecit sa- 
lire uno saltu animam in celum a terra in morte post judicium, 
corpus similiter eum anima. hoc facit hominem tam sanum, ut 
nulla res eum ledere possit; tam pulchrum, quod fiat sole, non 
tantum stella, clarior; tam agilem, ut omni aére, immo vento vel 
fulgore agilior, sole penetrabilior, quia sol illesus penetravit 
vitium, corpus vero illesum milia muros; tam impassibile facit, 
non ut salamandra in igne vel alec in aqua (Freidank 109, 14 ff.), 
sed ut angelus in celo, quem nihil ledere potest, nec gladius 
nec fames nec infirmitas etc. Spec. 74, 4: exemplum eifi, sedis 
et corone. item qui ductus fuit in locum Indie. Spec. 90, 5: 
exemplum de sole et domo (Studien 7, 88). Freib. 2, 16*: exem- 
plum de illo, qui in turba cadit et alios super se ruere facit. 
88°: exemplum de sacco pleno stramine etc. 84^: exemplum de 
Шо, qui de ma. vanam gloriam habuit. — exemplum: si duo 
essent in domo tua et crederes esse eos amicos tuos et optimos, 
et unus illorum esset inimicus tuus mortalis, non esses secure 
cum eo et valde esset tibi semper cavendum. 84°: nota: aliquis 
bibulus, cum non habet vinum, delectatur odorare ad vas vini. 
sic gluto odorem odorare de coquina. Sanct. 142, 1: gulosi — 
ilum vendunt, qui pascit omnes in celo dulcissimo aspectu suo 
tam delectabiliter, ut etiam tempus non sentiant, immo illad 
tempus magnum milium ducentorum annorum juravit angelus 
non esse tempus. Spec. 80, 2: gaudium etiam magnum est ibi, non 
tale, quale habet ille, qui ab eculeo ducitur repente ad regnum. 

Fabeln, Domin. 85, 1 = Freib. 2, 182*: nota de cervo, ser- 
pente et aquila, et quanto virtuosius agitur, tanto anima interius 
sanatur, clarificatur et pulchrior efficitur. Domin. 144, 1 = 
Freib. 2, 1832: exemplum de serpente in sinu, qui ita hominem 
interficit, ас si multos ibidem haberet. Freib. 1, 19^: nota de 
pisce, qui de mari ascendit Renum. Freib. 2, 159*: exemplum 
de ape et scrabone. 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 95 


Erzählungen, Spec. 74, 5: exemplum, qui cattum plorare 
fecit sinapi. Sanct. 115, 1: (von der Beicht) tamen ne proditio 
fiat alterius criminis, sed, si culpa propria explicari non potest 
sine revelatione peccati alterius, licet illud confiteri cautiori 
tamen modo, quo prodest sine proditione persone, ut mulier de 
episcopo: a quodam magno prelato cognita sum. Spec. 14, 5: 
exemplum illorum, quos porci laceraverunt. Freib. 2, 27*: ita 
sompniavit dominus illorum diabolus, quod vellet esse similis 
Altissimo, sed invenit se in luto. est superbia ut vetule. dic 
de lacte (das Mädchen mit dem Milchtopf). 2, 220": nota de 
filio Parisius ad studium misso. 1, 70°: exemplum de muliere 
alba, que loquens vel faciens aliquid minus bonum coram viro 
suo erubescit, venit rubor in faciem, qui albedini junctus pul- 
criorem viro reddit. ita anima innocens ex modica offensa con- 
funditur et affligitur, pulchrior apparet sponso (vgl. die Rahmen- 
erzühlung in Gottfried Kellers ‚Sinngedicht‘). 1, 158°: exemplum 
de privignis. 1, 46*: nota de sene fatuo. 1,80%: item ut dicitur 
exemplum de vidua et homine clerico c. i. 2, 2504: exemplum 
de Clemente et matre sua et fratribus, qui etc. 


Aus dieser Zusammenstellung läßt sich erkennen, daß ich 
mit Recht Studien 6, 10 f. darauf hingewiesen habe, wie zurück- 
haltend die Rusticani bei der Aufnahme von Exempeln sind, 
sie gewähren nur etliche Fabeln. Hingegen enthält die Frei- 
burger Handschrift am meisten von solchen Erzählungen und 
Beispielen, sie wird auch darum der mündlichen Überlieferung 
am nächsten stehen. Aber selbst die mit strengster Einfachheit 
gestalteten Sermones ad Religiosos entbehren nicht gänzlich der 
Exempel, wie man aus dem Druck von Hoetzl entnimmt: 11, 
22: nota exemplum de fratre morituro; 22, 3: Hirsch und Schild- 
kröte; 37, 35: exemplum de sole; 37, 37: de fonte; 38, 30: 
exemplum de cribro; 96, 31: nota dicta de arbore; 91, 11: nota 
de elephante. — (Bei dieser Gelegenheit sei noch das Wortspiel 
erwähnt, das Comm. 18,5 steht: sunt enim quidam avari de 
Deo minus confidentes quam de judeo: serviens enim judeo con- 
fidit, quod sibi pretium post servitium persolvat et interim sibi 
cibum tribuat, avarus vero hoc de Deo non credit. Vgl. das 
Wortspiel zwischen verbera und verba, Relig. 27, 26. Das klingt 
fast wie bei Abraham a Sancta Clara.) 


96 У, Abhandlung: Schónbach. 


Soweit ich die verzeichneten Zitate auf bestimmte Fabeln 
und Geschichten beziehen kann, gehören sie sämtlich zu den 
meistverbreiteten Stücken der Erzählungsliteratur des Mittel- 
alters. Es wäre daher kaum möglich, irgend einen Autor oder 
eine Sammlung anzugeben, aus denen Berthold vorzugsweise 
geschöpft hätte. Vielleicht gewährt es einen Fingerzeig, wenn 
ich anmerke, daß eine ganze Anzahl der Stücke auch in den 
Predigten Jakobs von Vitry begegnet, die Berthold nachweis- 
lich gekannt hat. Teilt er doch mit diesem Prediger auch die 
Ansicht über das Fabelhafte mancher biblischen Erzählungen, 
wie sich weist, wenn man Bertholds Worte Studien 7, 39 mit 
den bei Pitra, S. 192 (vgl. unten) beigebrachten Jakobs von 
Vitry vergleicht, wo es über die Geschichte von Amasias 4 Reg. 14 
heißt: licet haec sunt secundum litteram fabulosa, non tamen 
fabulose dieta sunt. — 

Wir sehen also auch hier, in bezug auf Bertholds Exempel, 
daß er durchaus im Zusammenhange mit der Entwicklung der 
Predigt seiner Zeit steht und von seinen Vorgängern gelernt 
hat. Noch wichtiger ist vielleicht, daß auch das Verfahren, die 
Sünden einzelner Stände, besonders der Handwerker, Kaufleute, 
Dienstboten usw., durch im Leben beobachtete Beispiele scharf 
zu beleuchten, das von jeher den deutschen Texten solche An- 
ziehung verlieh, nicht von Berthold erfunden worden ist, son- 
dern auf älterer Technik beruht. Ich habe schon in meiner 
Arbeit ‚Über eine Grazer Handschrift lateinisch-deutscher Pre- 
digten‘ (1890), S. 55 f., dargelegt, wie Berthold und Maurice 
von Sully sich in diesen Dingen berühren, hier kann ich noch 
über einen sehr merkwürdigen Fall berichten. 

Im zweiten Bande der Analecta novissima Spicilegii Soles- 
mensis (1888) hat Kardinal Рита das Leben und die Werke 
von vier seiner mittelalterlichen Vorgänger auf dem bischöf- 
lichen Stuhle von Tusculum behandelt, darunter auch Jakob 
von Vitry, S. XX ff. 188. 344—461. Dieser berühmte franzö- 
sische Kanzelredner, Politiker und Prälat hat zwischen den 
Jahren 1180 bis 1240 gelebt, also bis zu dem Jahre, wo Ber- 
thold zu predigen anfing, vgl. Studien 7, 2 f.). Aus seinen Ser 
mones vulgares hat Pitra a. a. O. nach einer Vatikanischen 
Handschrift grófere Proben dargeboten, die Exempla daraus 
hat Th. Е. Crane im 26. Bande der Publications of the Folk- 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIIT. 97 


Lore Society (London 1890) gesammelt und mit lehrreichen 
Anmerkungen herausgegeben; die beiden umfangreichen Ser- 
mones ad Fratres Minores hat Prof. Dr. Hilarin Felder 1903 
(Rom, Befani = Spicilegium Franciscanum 5) veröffentlicht. 
Unter den Stücken bei Pitra befindet sich S. 431 ff. ein Auszug 
aus dem Sermo 56 ad mercatores et campsores, der S. 433 ein 
Verzeichnis betrügerischer Praktiken der Kaufleute enthält, das 
folgendermaßen lautet: 


Cupiditas autem forum suum tenet, in quo falsi tabernarii 
cum mensuris iniquis et dolosis, vinum vendunt. alii XI pro 
XII commodant; taxillos et candelas ad ludum, emungendo pe- 
cuniam, ministrant. falsi advocati linguas suas venales exponunt. 
meretrices cadavera sua omnibus vendunt. campsores denarios 
decurtant et rescindunt. aurifabri stannum argento miscent. falsi 
apothecarii et corruptis et veteribus speciebus electuaria con- 
ficiunt et sophisticant. venditores pannorum cum ulnis decurtatis 
pannos mensurant. carnifices carnes diu reservatas et fetidas et 
pisces putridos vendendo plures perimunt et necant. venditores 
equorum furfure eos inflant, et eorum morbos abscondunt et 
celant, et aliquando tam ex parte ementis quam ex parte ven- 
dentis pretium accipiunt, et mendaciis decipere non formidant. 


Quidam autem ex fraudulentis mercatoribus mensuram 
habent perforatam. hi sunt, qui mala intentione vel in peccato 
mortali opera degenerare faciunt. alii in mensura sua spumam 
supernatare faciunt, ut videatur plena. hi sunt hypocritae deci- 
pientes homines superficiali religione, similes Joen (!), qui sa- 
vonem, ut spumare faciat, capillis apponit. alii picem vel aliquod 
lignum in fundo mensurae apponunt, ut videatur magna ex- 
terius, cum tamen interius rarum capiat. — 


Diese Aufzühlung des um dreiffig Jahre ülteren berühmten 
Redners hat Berthold von Regensburg in seinem Sermo de ci- 
vitatibus zum guten Teile würtlich verwendet, vgl. Studien 6, 
98.159. (Aber auch sonst hat er Stellen der Sermones vul. 
gares gebraucht, z. B. Pitra 436. 439 f. 441. 442.) Das ist nicht 
zu verwundern, weil Jakob von Vitry schon wegen seiner Pre- 
digten für die Minoriten bei den Mitgliedern dieses Ordens 
einer besonderen Autorität genoß; auch Berthold kannte diese 


Reden und hat sie benutzt. 
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 155. Bd, 5. Abh. 7 


98 У. Abbandlung: Schönbach. 


Die Sermones vulgares des Jakob von Vitry waren übrigens 
noch für andere Prediger unter den Minderbrüdern der Zeit 
Bertholds vorbildlich geworden. Die von mir aus Pitras mangel- 
haftem Text ausgeschriebene Stelle war schon Barthelemy Нап- 
réau aufgefallen, der sie im Journal des Savants 1888, S. 416, 
übersetzte und in den Notices et Extraits des Manuscrits X XXII, 
2 (1888), S. 304, aus der besseren und reicheren Fassung des 
Man. lat. de la Bibliothèque Nationale Nr. 17509, fol. 116, ab- 
druckte. Dort hat er bereits angemerkt, daß diese Stelle auch 
von dem Minoriten Guibert de Tournay ausgeschrieben wor- 
den ist (er zitiert dafür Man. lat. de la Bibliothèque Nationale 
Nr. 9606, fol. 32 у°), der auf Befehl Papst Alexanders IV. seine 
populären Predigten redigiert und bald nach 1261, dem Todes- 
jahre des Papstes, herausgegeben hat (vgl. Lecoy de la Marche, 
La chaire franç., au XIII* siècle, Ze édit., р. 149. 509). Ich be- 
nutzte diese Predigten in der Handschrift Nr. 524 der Univer- 
sitätsbibliothek zu Graz, wo sich die Stelle in dem sermo se- 
cundus de mercatoribus fol. 2034 findet: | 

et nota diligenter auctoritatem Eccli. (20, 28) supradictam: 
difficile exuitur negotians ete. et non justificabitur caupo a pec- 
catis labiorum et a verbis fallacibus et mendaciis. unde alia 
translatio dieit: difficile exuitur negotians a crimine mendacii. 
unus jurat: ,tantum valet‘, alius affirmat: ,tantum non valet“. 

illi in angulis merces suas vendunt et suam collocant sta- 
tionem, ubi melius latere et fallere possunt. hii tenent forum 
suum falsi tabernarii, qui cum dolosis mensuris vinum vendunt. 
alii 11 pro 12 accomodant. alii taxillos et candelas ad ludum 
emungendo pecuniam ministrant. falsi advocati linguas suas 
venales exponunt, ita quod in articulo mortis loqui non possunt, 
quippe qui linguas suas vendiderunt. hic campsores denarios 
reseindunt, aurifaber stagnum argento miscet. falsi apoteccarii 
ex corruptis et veteribus speciebus electuaria conficiunt. ven- 
ditores pannorum cum ulnis decurtatis pannos mensurant. car- 
nifices carnes infectas et diu reservatas, pisces putridos ven- 
dendo plures necant. venditores equorum morbos eorum abscondunt 
et celant, equos furfure inflant. асбіопагії (== Agenten, Du Cange 
1, 63) rustusarii (l rusticarii?) ex parte ementis et vendentis 
pecuniam accipiunt. — (204°) ergo illi abhominabiles estimantur, 
qui, justitiam Domini minime considerantes, per immoderatum 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. ҮШ. 09 


pecunie ambitum polluunt merces suas, plus perjuriis honorando 
quam precibus. ‚Domine,‘ inquit, ‚memorabor justitie tue‘ (Psalm. 
10, 16), solius non fraudis ad licium admixte, nec in mensura 
пес in moneta nec in re ipsa. in mensura, quia quidam frau- 
dulenter habent mensuram perforatam, alii semiplenam; alii 
spumas supernatare faciunt, ut videatur plena; alii parvam, 
sed in profundo picem vel aliquem lignum ponunt, ut videatur 
magna. in moneta alii falsam monetam afferunt, alii fractam, 
alii recisam, alii plumbeam, alii ferream. — jure ipsa sunt sicut 
tabernarii et caupones fraudulenter ignorantibus emptoribus 
miscent aquam vino et bonum vinum et minus carum trahunt 
de eodem dolio. et vetule aquam ponunt in lacte, et quando 
vaccam vendere (204?) volunt, per aliquot dies lac a mamillis 
non extrahunt, ut mamillis turgentibus lactis copiam habere vi- 
deantur. et quando caseos vendere volunt, prius in pulmentis 
suis ponentes pinguedinem extrahunt; et philatas sive fustatas 
suas et filacia ad pondus volentes vendere, nocte precedente, 
ut magis ponderent, in humida terra reponunt. et carnifices, 
qui extrahunt sanguinem de baconibus, comprimendo eos quasi 
in torculari, priusquam vendant; et fauces veterum piscium tun- 
dentes rubescere faciunt vel sanguine tingunt, ut recentes vi- 
deantur, et inde homines sepe moriuntur. unde et, cum quidam 
christianus captus duceretur ante Soldanum, ut decapitaretur; 
‚si me,‘ inquit, ‚Soldane, interficitis, magnum dampnum incur- 
retis: non est annus, in quo non occidam plus quam centum de 
hostibus vestris peregrinis christianis, quibus carnes coctas ve- 
teres fetidas et pisces corruptos vendo.' tales negotiatores ejicit 
Dominus de templo (vgl. oben S. 49 Ё). — Es stimmen diese 
Angaben übrigens auch mit den Strafsatzungen stüdtischer 
Rechtsbücher der Zeit, vgl. Michael, Geschichte des deutschen 
Volkes im 13. Jahrhundert 1, 152 ff. 

Die Predigten des 1270 verstorbenen Guibert von Tournay 
waren handschriftlich sehr verbreitet und ein gut Teil von 
ihnen ist auch einmal 1518 gedruckt worden. Diese Beliebt- 
heit erklärt sich daraus, daß die Reden ziemlich allgemein 
gehalten, somit zu anderer Zeit und an anderem Ort verwend- 
bar waren. 

Es hat sich nun, wie ich glaube, mit ausreichender Be- 


stimmtheit erwiesen, daß die besondere Art der Predigt Bertholds 
7* 


100 V. Abhandlung: Schönbach. 


von Regensburg keineswegs ohne Voraussetzungen entstanden 
ist, sondern daß viele und wichtige ihrer Bestandteile auf die 
historischen Bedingungen von Bertholds Wirken, zunächst 
innerhalb des Minoritenordens, auf sein mit vollem Bewaußt- 
sein gepflegtes Studium großer Vorbilder und auf die seiner 
Generation überkommene Technik sich zurückführen lassen. 
Damit ist allerdings die Erscheinung Bertholds von Regensburg 
keineswegs ‚ausgerechnet‘, sie ist nur in ihre Zeit hineingestellt 
und mit ihr verknüpft. Für die Erklärung seines Wesens und 
seiner Tätigkeit fehlt noch ein Wichtigstes, die Kenntnis der 
Eigenart seiner Persönlichkeit, durch welche alle historischen 
Vorbedingungen, Umstände und Faktoren erst zu der Einheit 
seiner Leistung als Prediger verschmelzen. 

Das Äußere des Bruder Berthold könnten wir uns vor- 
stellen, wenn das Relief auf dem vom Hauptmann Woldemar 
Neumann geretteten Grabstein des Predigers (Verhandl. des 
histor. Vereins für Oberpfalz und Regensburg, М. Е. 31 == 39 
v. J. 1885, 8. 257 £.) ihn genau abbildete. Nun gibt es bekannter- 
maßen schon im 13. Jahrhundert einzelne vortreffliche Porträt- 
statuen in Deutschland (Graf Berthold von Zühringen, T 1218 
im Münster zu Freiburg, Herzog Heinrich IV. von Schlesien, 
1 12%, in der Breslauer Kreuzkirche, im 14. Jahrhundert 
Zeichnungen individualisierter Köpfe, z. B. im Prager Kuni- 
gundenpassional von 1312, vgl. К. Lamprecht, Zeitschr. f. d. 
Kulturg., N. F. 1, 9), allein dieses Bildwerk zu Regensburg 
scheint mur nur den Typus eines gelehrten Minderbruders vor- 
zustellen. Wenigstens in einem Punkte entspricht es gewiß nicht 
der Wahrheit: der Kopf auf dem Relief ist bartlos, Berthold 
jedoch trug einen Bart, wie er selbst sagt Freib. 1, 64*: — 
neque ut dicitur in Sententiis: ,omne, quod ex aliquo est, filius 
ejus est. ut ego non sum unguium et barbe (wohl mit einer 
Handbewegung verbunden) vel capilli mei pater. 

Über die Eigenschaften seines Charakters legt Berthold 
kein unmittelbares Zeugnis ab. Es gibt zwar ein paar Stellen, 
die als Belege für die besondere Demut des Redners aufgefaßt 
werden könnten, ich halte sie jedoch nur für oratorische Wen- 
dungen: Freib. 1, 80°; habet nuntios Dominus, quos mittit, 
unum vilem, quinque probos. misit me vilem; non audistis, quia 
peccator sum ut vos. habet alios nuntios gloriosos, mihi valde 


Studien zur Geschichte der altdeuischen Predigt. VIII. 101 


dissimiles, quos mittit. Comm. 26, 6: im Himmel non egebunt 
doctrina Veteris Legis (die Berthold zur Aufklärung der neuen 
verwendet hatte) vel alicujus mediocris predicatoris. Freib. 
2, 143^: avaritia — nam homo ab aliquo rogari potest vel pre- 
dicari, ut faciat, quod sibi utile est, fera autem a nullo. predica 
fere, quiequid vis, de celo vel de aliis, predam non dimittit. 
veniant angeli et rogent, non saneti, non homines hic, non 
Maria, non Christus. attendite, vos omnes, et hoc vobis ostendo 
esse verum. quod ego rogarem, nihil esset, quis enim ego sum? 

Wir sind also durchaus genótigt, aus dem Material der 
lateinischen Predigttexte Schlüsse auf das Wesen Bertholds zu 
ziehen, die deutschen Texte versagen sich einer solchen Be- 
handlung günzlich, wie schon die bisherige Literatur beweist. 
Daß Berthold von Regensburg mit ganz ungewöhnlich glünzen- 
den Gaben ausgestattet war, dessen versichert uns der staunens- 
wert rasche Erfolg schon seines ersten Wirkens (Studien 7, 2f.). 
Er ist seinen Zeitgenossen alsbald wie ein das Mittelmaß der 
Leistungen weit überschreitendes Phänomen vorgekommen, als 
ein Wunder, und ins Wunderbare sind auch die Berichte über 
seine Predigten sofort ausgeartet. Dem gegenüber beweist die 
Anekdote über Bertholds Gespräch mit dem König von Frank- 
reich, die gut überliefert ist und die ich für richtig halte, welch 
einfach nüchterner Sinn dem großen Prediger eigen war. Das 
Geschichtlein findet sich im Cod. Vaticanus ser. Ottob. Nr. 522, 
membr. васг. 14, fol. 142—506, einer Sammlung von Erzählungen 
zum Gebrauche von Predigern, die Analecta Franciscana (Qua- 
racchi 1885) 1, 413—419 abgedruckt ist, und lautet (fol. 231 г. 
S. 417) folgendermaßen: cum venisset ille sanctus et famosus 
praedieator divini verbi de Alemannia, frater Bertholdus, in 
Franeiam, voluit rex videre illum et alloqui. cui cum loque- 
retur latine, addidit: ‚non bene latinum, frater bone, novi‘. ‚lo- 
quimini secure, domine rex,‘ inquit frater Bertholdus, ,quia regi 
verecundum non est aut indecens falsum loqui latinum.‘ tandem 
inter confabulationes sanctas rex Navarre, qui praesens erat, 
talia postmodum narrabat: ‚multum dominus rex Francie et ego 
aedificati sumus de fratre illo magno praedicatore. cum enim 
dicerem domino regi Franciae, ipso fratre praesente: ,Domine, 
quidam operarii in Alemannia, conducti ad agrum die quodam 
praedicationis suae, longe a loco, ubi stationem locaverat frater 


102 V. Abhandlung: Schónbach. 


iste, rogabant mane dominum, qui eos conduxerat, ut permit- 
teret eos audire verbum praedicationis; quo non permittente, 
cum essent in agro laborantes, protestati sunt se audivisse prae- 
dicationem fratris et intellexisse, cum tamen distarent fortasse 
per leucam unam;' tune frater Bertholdus respondens ait: ‚non 
credatis, bone Domine, nec fidem adhibeatis relationibus hujus- 
modi, quae de me referuntur, quasi sint miracula. non enim 
fuit hoc verum, quantum credo, nec unquam audivi, quod hoc 
verum fuerit. sed sunt quidam homines, volentes aut pecuniam 
lucrari aut aliqua alia vana ex causa, qui sequentes me inter 
aliam multitudinem aliquando talia fingunt et aliis referunt.‘ 
qua quidem ratione ambo reges fuerunt aedificati multum, mani- 
feste videntes, fratrem illum tamquam fidelem dispensatorem 
divini verbi non vanam ab hominibus gloriam quaerere, sed 
Dei tantum honorem et animarum salutem affectare; plus veri 
tatem quam plebis favorem vanaeque laudis rumores diligere. 
— Darf man in der ersten Antwort Bertholds an den König 
von Frankreich über dessen mangelhafte Kenntnis des Latein 
(man könnte übrigens daraus schließen, daß Berthold nicht 
französisch verstand, weil der König mit ihm sich lateinisch 
unterhielt, vgl. Studien 7, 28 f.) einen Beleg für die Klugheit 
und Gewandtheit finden, die den deutschen Prediger befähigte, 
so viel mit den Großen der Erde zu verkehren, wie uns wirk- 
lich überliefert wird, so merkt man in der zweiten Anekdote, 
außer der dem Beruf angemessenen Bescheidenheit, auch den 
klaren Blick für die Wirklichkeit des Lebens. Gerade dafür 
bieten uns aber auch Bertholds Predigten selbst unzweifelhafte 
Zeugnisse. Wenn überhaupt durch sie etwas festgestellt wird, 
so ist es Bertholds Gabe der Anschauung, der Sinn für das 
Gegenständliche, das offene Auge für die Welt, ihr Großes und 
Kleines, ihr Schönes und Häßliches, ihr zusammenhangendes 
System und ihre einzelnen Sonderbarkeiten. Unter den Deutschen 
des Mittelalters, von denen wir literarische Überlieferung be- 
sitzen, wüßte ich außer Wolfram von Eschenbach kaum einen 
zu nennen, der so in die Welt zu schauen und aus ihr aufzu- 
nehmen wußte; freilich dem führenden deutschen Adel muß 
diese Fähigkeit in hohem Maße eigen gewesen sein. Für Ber- 
thold wird sie durch zahllose Stellen bezeugt: aus ihr quillt 
ihm der Stoff für die Unmasse kleiner Bilder und Vergleiche, 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 103 


die er gewiß oft nicht zur notwendigen Erhellung des Ab- 
strakten, sondern um ihrer selbst willen, wegen seines Genusses 
dabei, angebracht hat. Man lernt diese Besonderheit Bertholds 
schätzen, wenn man damit die Manier vergleicht, die sich für 
diese ‚Physik des täglichen Lebens‘, für die Observationen, die 
sofort in Moral umgesetzt werden, andere Prediger aus dem Ende 
des 13. Jahrhunderts, z. B. Jakob von Lausanne (vgl. meine 
Mitteilungen aus Grazer Hss. 3, 28—91), Guy d’Evreux usw. 
gebildet haben: wie steif theoretisierend, wie unlebendig, wie 
herangezwängt nehmen sich da die Dinge aus, welche Berthold 
in bequemster freier Fülle zuströmen! Gewiß war es dasselbe 
Vermögen, die Wirklichkeit zu überschauen und in ungeheurem 
Gedächtnis zu bewahren, die Berthold dazu ausgerüstet hat, in 
eminent praktische Fragen mit Geschick und Takt einzugreifen, 
wie das die neuerlich von Rieder untersuchten urkundlichen 
Zeugnisse berichten. Und über diese Gaben eines ausgezeich- 
neten Beobachters kann Berthold nicht bloß der Außenwelt 
gegenüber verfügt haben, er besaß und übte sie gewiß ebenso 
in der Seelenkunde, die durch eine ausgedehnte und vieljährige 
Beichtpraxis ihm zu einer wichtigsten Aufgabe geworden war; 
gerade darüber wissen die Zeitgenossen vieles zu erzählen, 
rühmen sie Bertholds scharfen Blick, aber auch seine Herzensgüte. 

Müssen wir aus Bertholds Predigten im ganzen den Ein- 
druck gewinnen, daß dem Redner eine außerordentliche Leb- 
haftigkeit eigen war, die man anzunehmen schon durch die 
äußeren Erfolge seiner Vorträge genötigt wird, so läßt sich das 
Wesen dieser Lebhaftigkeit noch genauer mit Hilfe einer Wahr- 
nehmung bestimmen: wer die lateinischen Reden Bertholds 
achtsam und in größeren Reihen nacheinander liest, dem muß 
auffallen, daß so überaus häufige Wechsel in den Stimmungen, 
anscheinend unvermittelte Übergänge, ja Sprünge von einem 
Extrem des Gefühls in das andere stattfinden, unleugbar Hei- 
teres oder wenigstens Unterhaltendes stellt sich neben tragisch 
rührende Abschnitte. Nun fällt ja gewiß manches davon unter 
den Begriff der Technik des Predigers, der gerade durch sol- 
chen Wechsel der Mittel sein Publikum mit voller Sicherheit 
beherrscht, allein so gleichmäßig allenthalben kann Berthold den 
Gefühlswandel solcher Art nur in seinen Vorträgen haben ein- 
treten lassen, wenn die Verfassung seines eigenen Gemütes 


104 V. Abhandlung: Schönbach. 


dafür vorzüglich veranlagt war. Dürfen wir vermuten, daß als 
Basis derartiger Beweglichkeit des Empfindens bei Berthold 
jene Mischung psychischer Qualitäten zu denken ist, die man 
mit einem noch nicht durch Besseres ersetzten Ausdruck als 
‚sanguinisches Temperament‘ bezeichnet, dann erklärt sich un- 
schwer diese charakterische Besonderheit des schnellen Stim- 
mungswechsels in seinen Darstellungen. In Predigten späterer 
Nachahmer Bertholds bis zum 15. Jahrhundert hinauf artet 
diese Eigenheit ins Groteske aus. 

In voll übereinstimmendem Zusammenhang mit dieser 
Darlegung steht es, wenn man als die Haupt- und Grundkraft 
von Bertholds Begabung die Phantasie erkennt (Studien 7, 135). 
Durch sie strömen dem Redner, sobald er den früher vorge- 
zeichneten Plan, die Ordnung des Stoffes, in lebendig rauschende 
Rede umsetzt, in unaufhörlicher Fülle die Gedanken und Bil- 
der, die Apergus aus dem Tagesleben, die Ergebnisse reichen 
und reifen Erfahrens zu, alles auf dem Untergrunde eines aus 
gebreiteten Wissens und umfassender Studien, dauernden Ü bens. 
War Bertholds Einbildungskraft bisweilen gar sehr geneigt, 
über die Stränge zu springen und maßlos ins weite zu schweifen, 
so ist sie gerade durch die Tradition der kirchlichen Lehre, 
an die sein Bildungsgang ihn gebunden hatte, strenge zurück- 
gehalten und auf wohltätiges Wirken eingeschränkt worden. 
Nur aus der katholischen Orthodoxie seiner Zeit und aus dem 
ernsten Geiste der Stiftung des heil. Franz von Assisi in ihrer 
reinsten Gestalt versteht sich die Erscheinung des Minder- 
bruders Bertholds von Regensburg: er wurzelt fest in seinem 
historischen Untergrunde und ist der volkstümlichen deutschen 
Predigt weit bis ins 15. Jahrhundert ein unerreichtes Vorbild 
geblieben, nicht als ein Wegweiser zur Reformation, wohl aber 
als der glänzendste Vertreter der ganz allmählich entfalteten, 
aus der gesamten Entwicklung der katholischen Kirche sich 
nährenden und aufbauenden Kanzelberedsamkeit des Mittel- 
alters. — 

Wohl weiß ich, daß die hier gezogenen Grundlinien der 
Persönlichkeit Berthold von Regensburg ziemlich grob und 
wenig scharf sich darstellen, sie geben kein volles, rundes, 
farbiges Gemälde, wie es dem gewaltigen Manne und seiner 
mächtig quellenden Lebenskraft entspricht. Aber deutlicher 


Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt, VIII. 105 


wird uns sein Wesen doch schon jetzt als bisher und so mag 
es einer künftigen glücklicheren Forschung anheimgegeben sein, 
die aus einer vollständigen kritischen Ausgabe der lateinischen 
Predigten wird schöpfen können — erstellt sie Prof. Hilarin 
Felder, so liegt sie damit in den besten Händen — diese Um- 
risse auszufüllen und das wahre Bildnis des größten deutschen 
Volksredners zu schaffen, das die deutsche Philologie dem An- 
denken Bruder Bertholds von Regensburg schuldet. 


Nachtrag zu S. 3 ff. 


Es ist nicht ohne Interesse wahrzunehmen, daß ein ähn- 
liches Verhältnis wie das zwischen Bartholomaeus Angelicus und 
Berthold von Regensburg einige Zeit später zwischen Bartho- 
lomaeus Angelicus und dem französischen Minoriten Nikolaus 
Bozon in England wiederkehrt. Dieser hat nämlich in seinen 
Metaphorae, den Moralisationen der von ihm zusammengetrage- 
nen Erzählungen ein ziemliches Teil seiner naturwissenschaft- 
lichen Kenntnisse aus dem Werke De proprietatibus rerum ge- 
schöpft, ohne es jedoch zu erwähnen, und vielmehr (wie Berthold) 
die Autoren unmittelbar angeführt, die er aus der Enzyklopädie 
des Bartholomaeus kennen gelernt hatte. Vgl. darüber Paul 


Meyers Einleitung zu den Contes moralisés des Nicole Bozon 
(Paris 1889), S. VI ff. 


Übersicht des Inhaltes. 


Vorbemerkung 8. 1. 

Das enzyklopädische Wissen Bertholds von Regensburg S.2. — Das Werk 
des Bartholomaeus Anglicus: De proprietatibus rerum S. 3. — Sein 
Entstehen 5. 5, — Es ist von Berthold benutzt worden 8. 8. — Вег- 
thold beobachtete selbst S. 10. 

Die Menschen bei Berthold S. 11. — Sie sind aus den Elementen geschaffen 
S. 11. — Mikrokosmus S. 13. — Schwächen S. 14. — Lebensdauer 
8. 15. — Gleichheit der Menschen 8. 15. — Arbeit S. 17. — Reich- 
tum, Geld S, 18. — Unendliche Zahlen 8. 19. 

Wohnhaus 8. 20, — Hausväter S. 21. — Hausfrauen S. 22, — Kindererziehung 
S. 22. — Kinderspielzeug 8. 23. — Kleider S. 24. — Spiegel В. 24. 

Sitzungsber. d. phil.-hist, Kl. 155. Bd. 5. Abh. 8 


106 V.Abh.: Schönbach. Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 


— Gastfreund, Nahrung 8. 24. — Ehebruch S. 25. — Abtreibung der 
Leibesfrucht 8. 27. 

Stände S. 28, — Ihre Zahl S. 29, — Kaiser 5. 34. — Königskrönung S. 35, 
Fürsten S. 36, — Beamte 5. 36. — Krieg und Kriegsleute 8.37 — 
Pferd S. 38. 

Adel und Herren S. 89. — Städte S. 45, — Acht В. 46, — Richter 8. 46. — 
Strafen S. 47. — Kaufleute und Handel S. 49. — Bauern S. 53, — 
Handwerker S. 53. — Dienstboten S. 55. — Künste 8. 57. — Malerei 
S. 57. — Musik S. 59. 

Verschiedenes. Hunde 8. 60. — Wein В. 61. — Finger S. 62. — Bettstatt 
З. 62. 

Bertholds Wirkung als Prediger S. 62. — Notwendigkeit eines Erklärunge: 
versuches 8. 63, — Die deutsche Predigt vor Berthold 8. 64. — Auf- 
treten der Mendikantenorden 8. 67. — Die Komposition von Bertholds 
Predigten 5. 69. — Ihr Inhalt 8. 69, — Lehrpredigten 8. 71. — Stil 
der Reden Bertholds S. 73, — Absicht: Aufmerksamkeit und Erschüt- 
terung 5, 80, 

Zeugnisse für das Entstehen der Aufzeichnungen mittelalterlicher Predigten 
S. 81, — Die Vorschriften Franz von Assisis über das Predigen S. 89. 
— EinfluB von Augustin, Gregor, Bernard von Clairvaux auf Berthold 
S. 91. — Bertholds Exempel S. 93. — Beziehungen zu Jakob von 
Vitry 8.96. — Praktiken der Handwerker und Kaufleute schildert 
Berthold nach Jakob von Vitry В. 97, — So tut auch Guibert von 
Tournay S. 98, — Bertholds historische Bedingtheit 5. 99. 

Persönlichkeit Bertholds von Regensburg S. 100, — Äußeres S. 100. — Be- 
scheidenheit S. 100. — Sein Gespräch mit den Künigen von Frank- 
reich und Navarra S. 101, — Nüchterner Sinn für die Wirklichkeit 
des Lebens В. 102. — Beobachtungsvermügen В. 103. — Lebhaftigkeit 
S. 103. — Stimmungswechsel S. 103, — Sanguinisches Temperament 
S. 104. — Hauptgabe: Phantasie S. 104. — Schluß S. 105. 

Nachtrag zu 8. 3 ff. S. 105, 





e em men, nn iii ee a а — — 


/ 


2 


с, 
A. 
со 
"m 
Ld 
"m 
— 
Q 
z^ 
5 
oO 
DM .. 
N 
O 


Zi | 
CECIL H. GREEN LIBRARY | 
STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES ` 
STANFORD, CALIFORNIA 94305-6063 
(650) 723-1493 
grncircGstanford.edu 


All books are subject to recall. 


DATE DUE 














LTE 


Ь105 025 451 274 








кешеа 


КЕ u ur 
€ eg, — 


І; —— 9r 
ad e "mr e Er 
f 


sd bé ct 


T m bnt 
d mnt 


"ol 
perte m t n A = 
7 eo dq ан 
зр ож vie fe 
anew 
TER 


M s 
«Жов met tte 


ka 
eu 
2964 


سے 
unten!‏